Ernährung bei Tumorerkrankungen · Ernährung bei Tumorerkrankungen Mathias Plauth Klinik für...

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Ernährung bei Tumorerkrankungen

Mathias Plauth Klinik für Innere Medizin Städtisches Klinikum Dessau

Vorlesung Ernährungswissenschaften 3. Master Semester, MLU Halle

Ernährungsmedizin Nützliche Informationen und Hilfen

Screening ESPEN Guidelines www.espen.org Leitfaden in Deutsch www.dgem.de NRS-2002 Formblatt in Deutsch www.dgem.de EZ-Erfassung SGA Formblatt in Deutsch www.dgem.de Leitlinien Deutsch 15 Leitlinien www.dgem.de aktualisiert 2013-2015 Leitlinien International www.espen.org dzt. in Aktualisierung

68-Jährige eingewiesen wegen 10 kg Gewichtsverlust (- 14 %) in 6 Mon.

63 kg, 167 cm BMI 22.9 kg/m2

Sono: 9 cm großer Tumor medial der Milz

Kolo: Karzinom li Flexur

CT: Tumor der linken Flexur, mesenteriale LK, keine Lebermetastasen

Hb 6.0 mmol/l, Trf-Sät 7 %, Transferrin 1.8 mg/l, Ferritin 256 mg/l

CrP 65 mg/l, Albumin 32 g/l

OP

Frage: Hat diese Patientin ein ernährungsbedingtes Risiko?

Risikofaktor Mangelernährung Fallbeispiel

Nebendiagnosen: - Krankheitsspezifische Mangelernährung

- Anämie durch Eisenmangel und inflammatorischen

Status

Krankheitsspezifische Mangelernahrung (DRM) definiert durch:

1. Body-Mass-Index (BMI) < 18.5 kg/m2, oder

2. unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 10 % in den letzten 3 - 6 Monaten,

oder

3. BMI < 20 kg/m2 und unbeabsichtigter Gewichtsverlust > 5 % in den

letzten 3 – 6 Monaten

Eisenmangel: Trf-Sättigung

Entzündung: Albumin , Transferrin , CrP , Ferritin

Folge: Erhöhtes Risiko für postop. Infektion,

Wundheilungsstörung, Anastomoseninsuffizienz, etc.

Risikofaktor Mangelernährung Fallbeispiel

Valentini et al, Akt ErnährMed 2013, 38:97-111

Kondrup et al. Clin Nutr 2003, 22:321-336 und 415-421

Teil 1: Vorscreening

• Ist der Body Mass Index < 20,5 kg/m² ? ja nein

• Gewichtsverlust in den vergangenen 3 Monaten ? ja nein

• Verminderte Nahrungszufuhr in der vergangenen Woche ? ja nein

• Ist der Patient schwer erkrankt? (z.B. Intensivtherapie) ja nein

Wird eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet, wird mit dem Hauptscreening fortgefahren

Werden alle Fragen mit „Nein“ beantwortet, wird der Patient wöchentlich neu gescreent.

Wenn für den Patienten z.B. eine große Operation geplant ist, sollte ein präventiver Ernährungsplan verfolgt werden, um das assoziierte Risiko zu vermeiden.

Mangelernährung - Screening Nutrition Risk Screening NRS-2002

Kondrup et al. Clin Nutr 2003, 22:321-336 und 415-421

Teil 2: Hauptscreening

Störung des EZ: Punkte

Keine 0

Mild 1

DKG >5%/3 Mo. oder Nahrungszuf.

50-75% des Bed. d.verg. Woche

Mäßig 2

DKG >5%/2 Mo. o. BMI 18,5-20,5

und reduzierter AZ oder Nahrungszuf.

25-50% des Bed. d. verg. Woche

Schwer 3

DKG >5%/1 Mo. (>15%/3 Mo.)

oder BMI <18,5 kg/m² u. reduz. AZ

oder Nahrungszuf. 0-25% d. Bed. d.

verg. Woche

Krankheitsschwere: Punkte

Keine 0

Mild 1

z.B. SH-Fraktur, chron. Erkr. bes. mit Komplik.: Leberzirrhose, COPD, chron. Hämodialyse, Diabetes, Krebsleiden

Mäßig 2

z.B. gr. Bauchchirurgie, Schlaganfall,

schw. Pneumonie, hämatologische Krebserkr.

Schwer 3

z.B. Kopfverletzung, KM-Transplant.,

ITS-pflichtige Pat. (APACHE-II >10)

Alter: + 1 Punkt, wenn Alter 70

Mangelernährung - Screening Nutrition Risk Screening NRS-2002

Detsky et al, JPEN 1987, 11:8-13

Anamnese

Änderung des Gewichts - in den letzten 6 Monaten

- in den letzten 2 Wochen

Nahrungsaufn. im Vgl. zu Normalsituation - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Gastrointest. Sympt. > 2 Wochen - ja

- nein

Körperliche Leistungsfähigkeit - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Befund

Verlust von subkutanem Fett

Muskelatrophie

Knöchelödeme, Anasarka, Aszites

Erfassung des EZ Subjective Global Assessment (SGA)

Ernährungszustand des Tumorpatienten Gewichtsverlust bei Erstdiagnose

Bei 3.047 Patienten aus ECOG Studien

Gewichtsverlust:

• 31 - 87 % aller Patienten

85% bei Pankreas- bzw. Magenkarzinom

• 15% mit Verlust > 10 %

30% bei Pankreas- bzw. Magenkarzinom

• kürzere Überlebenszeit

• schlechteres Ansprechen auf Chemotherapie

• geringere Leistungsfähigkeit

De Wys et al, Am J Med 1980, 69:491-7

Arends J, Aktuel Ernaehr Med 2012, 37:91-106

Mangelernährung bei Tumorpatienten Ursachen

Detsky et al, JPEN 1987, 11:8-13

Anamnese

Änderung des Gewichts - in den letzten 6 Monaten

- in den letzten 2 Wochen

Nahrungsaufn. im Vgl. zu Normalsituation - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Gastrointest. Sympt. > 2 Wochen - ja

- nein

Körperliche Leistungsfähigkeit - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Befund

Verlust von subkutanem Fett

Muskelatrophie

Knöchelödeme, Anasarka, Aszites

Erfassung des EZ Subjective Global Assessment (SGA)

Nutrition Day: 30-Tage Sterblichkeit Bedeutung des Verzehrs

Hiesmayr et al. Clin Nutr 2009, 28:484-491

Frühstück Mittagessen Abendessen

Nutrition Day: 30-Tage Sterblichkeit Bedeutung der Ernährungsanamnese

Hiesmayr et al. Clin Nutr 2009, 28:484-491

Haben Sie in den letzten 3 Monaten

ungewollt Gewicht verloren?

Wie gut haben Sie in der

letzten Woche gegessen?

norm

al

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as

wenig

er

< 5

0 %

kein

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Anga

be

< 2

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Nein

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Ja

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kein

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Appetitlosigkeit bei Tumorpatienten Behandlungsoptionen

• Bitterstoffdrogen

Bittermandel, Ingwer, Salbei, Schafgarbe

(z.B.) Amara-Pascoe® Tropfen

• Kortikosteroide (4 Wochen) verbessern Appetit und körperliche

Leistungsfähigkeit. Cave: Infektionen

• Gestagene verbessern zwar Appetit, Körpergewicht,

Wohlbefinden, steigern aber eher Fett- als Muskelmasse.

Cave: Thrombosen

• Cannabis weniger wirksam als Gestagene

Arends J, Aktuel Ernaehr Med 2012, 37:91-106

Detsky et al, JPEN 1987, 11:8-13

Anamnese

Änderung des Gewichts - in den letzten 6 Monaten

- in den letzten 2 Wochen

Nahrungsaufn. im Vgl. zu Normalsituation - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Gastrointest. Sympt. > 2 Wochen - ja

- nein

Körperliche Leistungsfähigkeit - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Befund

Verlust von subkutanem Fett

Muskelatrophie

Knöchelödeme, Anasarka, Aszites

Erfassung des EZ Subjective Global Assessment (SGA)

Krebserkrankung und Gewichtsverlust Ursachen

• Übelkeit und Erbrechen

• Störungen bei Kauen, Schlucken

• Störungen der Speichelbildung

• Störungen der Speisepassage

• Störungen der Nährstoffaufnahme

Dysphagie - Ösophagusstenose Palliation durch Endoskopie

Ösophagusstent (Choo-Stent)

Tumorkachexie Kopf-, Hals-, Ösophagustumoren

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 32:

Bei Kopf-, Hals- oder Ösophagustumoren mit erheblicher Schluckstörung sollte bei unzureichender oraler Nahrungsaufnahme eine enterale Sondenernährung durchgefuhrt werden.

(B; starker Konsens)

Tumorkachexie Radio- oder Radiochemotherapie

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 33:

Liegen bei einer intensivierten oder von Chemotherapie begleiteten Strahlentherapie Rachen oder Ösophagus im Strahlenfeld, kann wegen der zu erwartenden lokalen Mukositis die prophylaktische Einbringung einer Sonde zum Zweck einer enteralen Ernährung sinnvoll sein.

(KKP, starker Konsens)

Empfehlung 34:

Die Sondenernährung kann transnasal oder transkutan erfolgen, bei bestehender oder zu erwartender schwerer radiogener Mukositis kann eine PEG jedoch einer nasogastralen Sonde vorgezogen werden.

(KKP; starker Konsens)

Detsky et al, JPEN 1987, 11:8-13

Anamnese

Änderung des Gewichts - in den letzten 6 Monaten

- in den letzten 2 Wochen

Nahrungsaufn. im Vgl. zu Normalsituation - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Gastrointest. Sympt. > 2 Wochen - ja

- nein

Körperliche Leistungsfähigkeit - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Befund

Verlust von subkutanem Fett

Muskelatrophie

Knöchelödeme, Anasarka, Aszites

Erfassung des EZ Subjective Global Assessment (SGA)

Detsky et al, JPEN 1987, 11:8-13

Anamnese

Änderung des Gewichts - in den letzten 6 Monaten

- in den letzten 2 Wochen

Nahrungsaufn. im Vgl. zu Normalsituation - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Gastrointest. Sympt. > 2 Wochen - ja

- nein

Körperliche Leistungsfähigkeit - unverändert

- verändert, seit .... Wochen

Befund

Verlust von subkutanem Fett

Muskelatrophie

Knöchelödeme, Anasarka, Aszites

Erfassung des EZ Subjective Global Assessment (SGA)

Arends J, Aktuel Ernaehr Med 2012, 37:91-106

Mangelernährung bei Tumorpatienten Ursachen

Ernährung bei Tumorerkrankung Kachexie

Ernährung bei Tumorerkrankung Adipositas

Krebserkrankung Risikofaktor sarkopenische Adipositas

Baracos V, 2012

BMI 17 kg/m² BMI 25 kg/m² BMI 38 kg/m²

Alle 3 Patienten haben die gleiche Muskelmasse!

subkutanes Fett viszerales Fett intramusk. Fett Skelettmuskulatur

2115 Patienten mit GI- bzw. pulmonalen soliden Tumoren (2004-2007)

250 auswertbare CT zur Beurteilung sarkopenische Adipositas

Überleben

Krebserkrankung Risikofaktor sarkopenische Adipositas

Prado et al, Lancet Oncology 2008, 9:629-35

Prognostische Bedeutung des Phasenwinkels (BIA)

Krebserkrankung Risikofaktor niedriger Phasenwinkel

Norman et al, Am J Clin Nutr 2010-92:612-9

n = 183

n = 179

Bestimmung der Körperkompartimente auf Basis der engen Korrelation von Körperwasser und Körperimpedanz: VKörperwasser= pL2/R

Länge

Fläche

Strom

BIA Gerät

Körperzusammensetzung Bioelektrische Impedanz-Analyse (BIA)

Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) Phasenwinkel a

Tumorkachexie Pathophysiologie - Stadien

Arends J et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

Appetitverlust, reduzier-ter Verzehr durch:

• Veranderte ZNS Appetitsignale mit Symptomen durch Tumor oder Therapie (Nausea, Diarrhoe, Schmerz)

• Organische Hindernisse (orale Mukositis, GI-Trakt Stenosen)

Kachexie: Anorexie und Gewichtsverlust aggra-viert durch:

• Katabole Signale (inflammatorische Zytokine), die den Verzehr weiter verschlechtern und den Stoffwechsel-bedarf erhöhen

Sarkopenie Folge von:

• Aufgebrauchten Reserven

• Verlust an Körperzellmasse , v. a. Muskulatur

Tumorkachexie Immunsystem und Stoffwechsel

Arends J et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

Tumorkachexie - Pathophysiologie Kardinale Prozesse und therapeutische Ansatzpunkte

Arends J et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

1Holmes MD et al, JAMA 2005 2Meyerhardt JA et al. J Clin Oncol 2006 3Meyerhardt JA et al. J Clin Oncol 2006

Krebs und Sport Risikofaktor körperliche Inaktivität

Körperliche Aktivität und Tumorrezidiv

Relatives Sterberisiko

bei Aktivität von MET·h pro Woche

n < 3 > 9 > 18

Mamma-Ca1 2.987 1,0 0,55* 0,60*

Kolorektal-Ca I-III2 573 1,0 0,57 0,39*

Kolorektal-Ca III3 832 1,0 0,90 0,55*

MET = metabolic equivalent task (1 kcal/kg/h), 9 MET·h ≈ 2-3 Std. anstrengendes Gehen

Wall & van Loon, Nutr Rev 2013, 71: 195-208

Muskelverlust durch Immobilisation 5 % in einer Woche

14 Tage Knieimmobilisierung (Gips, junger Proband)

Studien zu Muskelverlust durch Ruhigstellung

Wall et al. Am J Physiol Endocrinol Metabol 2016, 310: E137-E147

Muskelverlust durch Immobilisation Anabole Resistenz - 25 g Eiweiß Testmahlzeit

Fraktionelle myofibrilläre Proteinsyntheserate nach 5 Tagen einseitiger Knieimmobilisation (Gips)

bei jungen Probanden

mobil immobil mobil immobil

postabsorptiv postprandial

Arends J, Aktuel Ernaehr Med 2012, 37:91-106 Dullo AG, Clin Nutr 1997, 16(Suppl1):25-35

Gewichtsverlust bei Krebserkrankung Ist die verlorene Muskelmasse wieder zu gewinnen?

Wiedergewinn von verlorenem Körpergewicht und Muskelmasse bzw. Fettmasse nach mehrmonatigem Hungern bei gesunden Männern

Tumorkachexie Krebsdiäten

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 20: Zum Erhalt bzw. zur Vergrößerung der Muskelmasse sollten parallel zur Ernährungstherapie bewegungstherapeutische Maßnahmen angeboten und von geschultem Personal angeleitet werden.

(B; starker Konsens)

Veronika Carstens, Schriftenreihe Natur und Medizin, 1989

zitiert nach H. Kasper, Tumordiät - Fakt oder Fantasie?

„Meiden sollte man Zucker und weißes Mehl ... sie sind wertlos und

enthalten darüber hinaus die Rohstoffe für die krankhaft gesteigerte

Milchsäure der Krebszelle.

Ernährung bei Tumorerkrankung Krebsdiäten

?

Veronika Carstens, Schriftenreihe Natur und Medizin, 1989

zitiert nach H. Kasper, Tumordiät - Fakt oder Fantasie?

„Meiden sollte man Zucker und weißes Mehl ... sie sind wertlos und

enthalten darüber hinaus die Rohstoffe für die krankhaft gesteigerte

Milchsäure der Krebszelle.

Der Tumorpatient hat es selbst in der Hand, ob der Tumor schnell oder

langsam wächst.

Ernährung bei Tumorerkrankung Krebsdiäten

??

Veronika Carstens, Schriftenreihe Natur und Medizin, 1989

zitiert nach H. Kasper, Tumordiät - Fakt oder Fantasie?

„Meiden sollte man Zucker und weißes Mehl ... sie sind wertlos und

enthalten darüber hinaus die Rohstoffe für die krankhaft gesteigerte

Milchsäure der Krebszelle.

Der Tumorpatient hat es selbst in der Hand, ob der Tumor schnell oder

langsam wächst.

Hält er eine eiweißarme Diät ein, kann sich der Tumor nicht

mehr weiterentwickeln, weil auch der Tumor zum Wachstum

Eiweiß benötigt. Andererseits baut der Körper bei fehlender

Eiweißzufuhr dort Eiweiß ab, wo er es am ehesten entbehren

kann, nämlich im Tumor.“

Ernährung bei Tumorerkrankung Krebsdiäten

? ? ?

Tumorkachexie Krebsdiäten

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 15: Sogenannte „Krebsdiaten“ werden nicht empfohlen. Diatvorschriften, die die Nahrungsaufnahme bei Patienten mit (drohender) Mangelernährung einschränken, können potenziell schädlich sein und sollten vermieden werden. (KKP; starker Konsens)

Ernährungsempfehlungen Tumorpatienten ohne Mangelernährung

Energie 25-30 kcal/kg tägl. Verzehr reduzieren Rotes Fleisch Geräuchertes / Gepökeltes / Gesalzenes Tierische / gesättigte Fette Alkohol Verzehr erhöhen Weisses Fleisch (Geflügel, Fisch) Getreideprodukte Gemüse Einfach ungesättigte Fette (Olivenöl) Stichworte „Mediterrane Diat“ 5 Portionen Obst / Gemüse täglich

Meyerhardt al, JAMA 2007, 298:754-764

Ernährung bei Darmkrebs Hilft die richtige Ernährung?

Untersuchung von 1009 Patienten

mit Chemotherapie nach Darmkrebsoperation

Ergebnisse nach 5.3 Jahren

Sterblichkeitsrisiko 132 % 32 %

Unabhängig von Geschlecht, Alter, Nodalstatus, BMI, Niveau körperlicher

Aktivitäten, Performance Status zu Beginn oder Behandlungsgruppe

Ernährung des Tumorpatienten Lehrbücher

Ernährung des Tumorpatienten Leitlinien, Lehrbücher

Energie [kcalkg-1

d-1]

ESPEN 2006 20 - 35

DGEM 2015 25 - 30

ESPEN 2017 25 - 30

Scheppach et al. 2003 1.2 x REE

Arends & Zürcher 2004 35

Bozzetti & v. Meyenfeldt 2011 30

Arends 2011 25 - 30

Bozzetti 2013 30

Clin Nutr 2006, 25: 245-259; Clin Nutr 2017, 36: 11-48 Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74; Stein & Jauch, Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie Springer 2003; Hartig W, Ernährungs- & Infusionstherapie, Thieme 2004; Sobotka L, ESPEN Blue Book, Galen 2011; Löser C, Unter- und Mangelernährung, Thieme 2011; Elia M, Clinical Nutrition, Wiley-Blackwell 2013

Ernährung des onkologischen Patienten Energieverbrauch

Gibney et al, Metabolism 1997, 46:1412-27

NSCLC nicht mangelernährt REE 106 % TEE/REE 1.36 Moses et al, Br J Cancer 2004, 90:996-1002

Kachexie, Pankreaskarzinom Kontrollen REE 109 % TEE/REE 1.24 1.50 Bozzetti & v. Meyenfeldt, ESPEN blue book, 2011

Konklusion REE 23 kcalkg-1

d-1 TEE 27-31 kcalkg-1

d-1

Ernährung des Tumorpatienten Leitlinien, Lehrbücher

Energie Eiweiß

[kcalkg-1d-1] [gkg-1

d-1]

ESPEN 2006 20 - 35 1.2 - 2.0

DGEM 2015 25 - 30 1.2 - 1.5

ESPEN 2017 25 - 30 >1.0 (- 1.5)

Scheppach et al. 2003 1.2 x REE -

Arends & Zürcher 2004 35 1.2 - 2.0

Bozzetti & v. Meyenfeldt 2011 30 1.0 - 1.5

Arends 2011 25 - 30 -

Bozzetti 2013 30 1.2 - 2.0

Clin Nutr 2006, 25: 245-259; Clin Nutr 2017, 36: 11-48 Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74; Stein & Jauch, Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie Springer 2003; Hartig W, Ernährungs- & Infusionstherapie, Thieme 2004; Sobotka L, ESPEN Blue Book, Galen 2011; Löser C, Unter- und Mangelernährung, Thieme 2011; Elia M, Clinical Nutrition, Wiley-Blackwell 2013

Tumorkachexie Entzündung und Stoffwechsel

Arends J et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

Arends J, Aktuel Ernaehr Med 2012, 37:91-106

Mangelernährung bei Tumorpatienten Ursachen

Nach Arends J, 2013

Mangelernährung bei Tumorpatienten Systemische Entzündungsreaktion

CRP Spiegel erhöht

bei > 80 % fortgeschr. Tumorerkrankung Arends 2004

bei 50 % Pankreaskarzinom Wigmore 2004

CRP Spiegel korreliert mit

Anorexie Arends 1999

Energieumsatz Falconer 1994

Gewichtsverlust Falconer 1995

CTx-Toxizität Charles 2006

Überleben Deans 2004

• Die Glukose-, nicht aber die Ketonkörperverwertung der Muskulatur ist durch die Insulinresistenz bei Tumor-patienten gestört

• Glukoseaufnahme und -verwertung von Tumorzellen sind unabhängig vom arteriellen Glukoseangebot

• Tumorzellen verwerten Fett oder Ketonkörper in weitaus geringerem Maße als die Muskulatur

• Fettreiche Ernährung kann Körpergewicht und Magermasse bei Tumorpatienten verbessern

Ernährung des Tumorpatienten Insulinresistenz – Argumente für fettreiche Ernährung

Holm E, Stoffwechsel und Ernährung bei Tumorpatienten. Stuttgart, Thieme, 2007 Breitkreutz et al, Wien Klin WSchr 2005, 117:685-92

Maligne Tumorkrankheit Metabolische Veränderungen

Arends J et al, Aktuel Ernaehr Med 2003, 28 Suppl1: S61-S68

Substrat

Stoffwechsel

Glukose Proteine

Muskel

Proteine

Leber Fette

Neogenese +

Recycling +

Insulin-

resistenz +

Synthese -

Katabolie +

Turnover +

Synthese +

Lipogenese -

Lipolyse +

freie FS +

Maligne Tumorkrankheit Metabolische Veränderungen

Arends J et al, Aktuel Ernaehr Med 2003, 28 Suppl1: S61-S68

Substrat

Stoffwechsel

Glukose Proteine

Muskel

Proteine

Leber Fette

Neogenese +

Recycling +

Insulin-

resistenz +

Synthese +

Lipogenese -

Lipolyse +

freie FS +

Synthese -

Katabolie +

Turnover +

Tumor induzierter Proteolyse-induzierender Faktor (PIF)

• nachweisbar im Urin von Patienten mit Gewichtsverlust

bei Pankreas-, Lungen- Mamma-, Ovarial-Ca und CRC

• 24.000 KD sulfatiertes Glykoprotein

• führt im Tiermodell zum Phänotyp der Tumorkachexie

• Eicosanoid (HETE) vermittelte Steigerung der

Proteolyse über den Ubiquitin-Proteasom Abbau

• durch EPA antagonisierbar

Tisdale, Science 2000, 289:2350-2354

Tumorkachexie Pathophysiologische Mechanismen

Enterale Ernährung - Tumorpatienten w-3 Fettsäuren - Pankreaskarzinom

Fearon et al, Gut 2003, 52:1479-86

Dosisabhängige Wirkung auf Körpergewicht und Magermasse

Tumorkachexie w-3 Fettsäuren, Fischöl

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 28: Patienten mit Tumorkachexie kann zur Verbesserung systemischer Inflammationsmarker, des Appetits, der Nahrungsaufnahme, des Körpergewichts und der Lebensqualität Eicosapentaensäure (EPA, 1.5 - 2.5 g, auch als Bestandteil von Fischöl) verabreicht werden.

(C, starker Konsens)

Ernährung des Tumorpatienten Basismaßnahmen

• Die Ernährung im Therapieplan nicht vergessen !!!

• Ausgewogene, gefällig präsentierte Kost

• Individuelle Abneigungen beachten

• Kleine Portionen, hohe Nährstoffdichte

• Soziales Umfeld

• Appetitstörung (z.B. durch Schmerzen, Nausea) medikamentös kontrollieren

• Appetitstimulantien (Medroxyprogesteron, Prednisolon) enttäuschend

• Trinkdiäten als Ergänzung

Ernährung des Tumorpatienten Therapiekonzepte

Arends J et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

Ernährungsberatung, Anreicherung, Trinknahrung (Antiphlogistika erwägen)

Trink- oder Sondennahrung (ausreichende Energie- und Eiweiß-

zufuhr, Antiphlogistika erwägen)

Palliative Ernährung, Stillen von Hunger und

Durst

Gewichtsverlust < 5% Anorexie

Tumorstoffwechsel

Gewichtsverlust > 5% oder BMI <20 kg/m2 und Gewichtsv. >2 % oder Sarkopenie und Gewichtsv. >2%

Katabolie, kein Ansprechen auf Therapie,

Lebenserwartung < 3 Mon.

Präkachexie Kachexie Refraktäre Kachexie

Tumorkachexie Ernährungsberatung

Arends J et al, Aktuel Ernahrungsmed 2015, 40: e1-e74

DGEM Leitlinien 2015 Empfehlung 14: Zur Steigerung der oralen Nahrungsaufnahme sollten möglichst immer qualifizierte Ernährungsberatungen angeboten werden, inkl. einer Anreicherung der Speisen und/oder dem Angebot oraler Trinknahrungen.

(B; starker Konsens)

Studienplan

n = 111, kolorektale Karzinome, Radiotherapie

Gruppe 1: Diätberatung (individuell, angepasst an kalkulierten Bedarf), normales Essen

Gruppe 2: Proteinreiche Supplemente (10 g Protein, 100 kcal/100ml)

Gruppe 3: Normalkost, ad libitum

Ernährung bei Tumorerkrankung Diätberatung bei Radiotherapie

Ravasco et al, J Clin Oncol 2005, 23:1431-1438

Ernährung bei Tumorerkrankung Diätberatung bei Radiotherapie

Ravasco et al, J Clin Oncol 2005, 23:1431-1438

Energieaufnahme Proteinaufnahme

Während der Intervention:

Wöchentlicher Kontakt mit der Diätassistentin

Ernährung bei Tumorerkrankung Diätberatung bei Radiotherapie

Ravasco et al, J Clin Oncol 2005, 23:1431-1438

Energieaufnahme Proteinaufnahme

Während der Intervention:

Wöchentlicher Kontakt mit der Diätassistentin

75 kg Patient 0.6 gkg-1

d-1

75 kg Patient 1.0 gkg-1

d-1

Ernährung des Tumorpatienten Fazit

• Drohenden Gewichtsverlust und Entwicklung einer systemischen Entzündungsreaktion rechtzeitig erkennen

• Symptome wirksam kontrollieren (GI-Symptome, Schmerzen)

• Trainingsprogramm zur Prävention der Sarkopenie und zur Muskelstärkung einsetzen

• Regelmäßige professionelle Ernährungsberatung (bedarfsgerechte, verträgliche und akzeptierte Kost) anbieten

• Einsatz von Medikamenten zur Appetitsteigerung und anti-inflammatorischen Behandlung erwägen

• Stets ausreichende Zufuhr aller Nährstoffe sicherstellen

ESPEN Expert Group: Call to action Improved Nutritional Care for Patients with Cancer

• Screening auf ernährungsbedingtes Risiko aller

onkologischer Patienten unabhängig von BMI und

Gewichtsverlauf; regelmäßiges Re-Screening.

• Verbesserte Erfassung des Ernährungszustandes durch

Bestimmung von Körperzusammensetzung, Biomarkern der

Entzündung (z.B. Glasgow Prognose Score), Grundumsatz

und körperlicher Fitness.

• Einsatz der Ernährungstherapie nach individuellem

Ernährungsplan mit Fokussierung auf erhöhten Verzehr,

Verminderung von Entzündung sowie Steigerung der

körperlichen Aktivität.

Arends et al, Clin Nutr 2017, 36: 1187-1196

Ernährung bei Tumorerkrankung Adipositas

Ernährung und Darmkrebs Risikofaktor Adipositas

Bardou et al, Gut 2013, 62:933-947

David LA et al, Nature 2014, 505:559-563

Ernährung und Darmbakterien Rasche Veränderungen der Darmflora

Ernährung und Darmkrebs Risikofaktor Adipositas

Adipositas erhöht das Risiko an Darmkrebs zu erkranken

um 30 %

um 3 % für jedes kg/m2

Bardou et al, Gut 2013, 62:933-947 Ma et al, PLOSone 2013, 8:1 e53916

Ernährung und Darmkrebs Risikofaktor Adipositas ?

Anstieg von Darmkrebs bei jungen Menschen Jahrgang 1990: Enddarmkrebs 4 x häufiger als bei Jahrgang 1950

Siegel et al, J Natl Cancer Inst 2017, 109: djw322

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