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Es wird Zeit, dass Pflege wirksam
und wichtig ist!
Gabriele Meyer, Prof. Dr. phil.
Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft
Es wird Zeit, dass erkannt wird, wie wirksam und wichtig Pflege ist!
Es tut sich was in der Pflege in Deutschland …
Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhausbereichen gemäß Schlussfolgerungen der Expertenkommission Pflegepersonal im Krankenhaus
Sind nationale oder internationale Studien verfügbar, die einen Zusammenhang zwischen der Pflegekapazität und der Auswirkung auf die Versorgungs- und Ergebnisqualität nachweisen?
• Keine Studien, die einen ursächlichen oder assoziativen Zusammenhang zwischen Pflegekapazität und Versorgungs- und Ergebnisqualität untersucht hatten
• Demgegenüber: Etliche Befragungen Pflegender und anderer Berufsgruppen im Krankenhaus zur Einschätzung der Situation der Pflege (u.a. nach Einführung der DRG) und Einfluss auf Arbeitsgestaltung, Arbeitszufriedenheit, implizite Rationierung von Pflegeleistungen, Pflegequalität und Pflegeoutcomes
Sind nationale oder internationale Studien verfügbar, die einen Zusammenhang zwischen der Pflegekapazität und der Auswirkung auf die Versorgungs- und Ergebnisqualität nachweisen? • Größere Anzahl von Studien
• Griffiths et al. (2014): Einschluss von 35 Studien
– durchgehend Beobachtungsstudien, zumeist Querschnittstudien keine Aussagen über einen ursächlichen Zusammenhang
– Validität der Studien überwiegend beeinträchtigt
Sind nationale oder internationale Studien verfügbar, die einen Zusammenhang zwischen der Pflegekapazität und der Auswirkung auf die Versorgungs- und Ergebnisqualität nachweisen? • Durch große Beobachtungsstudien guter methodischer Qualität
belegt: Krankenhäuser bzw. Abteilungen mit besserer Pflegepersonalausstattung weisen eine geringere Mortalität auf und eine geringere Wahrscheinlichkeit, nach erlittener Komplikation zu versterben (failure to rescue) (Griffiths et al. 2014)
• Mit steigender Patientenzahl pro Pflegekraft steigt Sterblichkeitsrate (Rafferty et al. 2007, Kane et al. 2007, Shekelle et al. 2013)
(Griffiths et al. 2014)
• Belegter Zusammenhang zwischen niedrigerer Personalausstattung und höherer Rate von Fehlern bei der Medikationsverabreichung und versäumter Pflege
• Skill Mix mit höherem Anteil von RN in der klinischen Tätigkeit, Assoziationen zu: – niedrigerer Sterblichkeitsrate und niedrigerer Rate, nach erlittener
Komplikation zu sterben
– geringerer Rate von Infektionen chirurgischer Wunden, geringerer postoperativer Sepsisrate, weniger Stürzen, weniger Dekubitus, weniger Beschwerden durch Patienten, geringerer Krankenhausaufenthaltsdauer
• Ergänzend zu Griffiths et al. (2014) – Aiken et al. (2003) und Aiken et al. 2014: Assoziation zwischen
steigendem Bacheloranteil und reduzierter Mortalität
Welche Schlüsse können daraus in Bezug auf den Pflegeeinsatz oder auf normative Vorgaben zum Pflegeeinsatz in deutschen Krankenhäusern gezogen werden? • Sehr wahrscheinlich
Pflegepersonalausstattungsmerkmale hierzulande auch mit diversen entscheidenden Outcomes der Versorgungs- und Ergebnisqualität assoziiert
• RN4Cast Studie (Aiken et al. 2012): Patienten-Pflegekraft-Verhältnis in Deutschland deutlich schlechter als in 11 anderen europäischen Ländern und USA – ungünstigstes Patienten-Pflegekraft-Verhältnis mit Mittel
13 (±2,3) Patienten pro examinierter dreijährig ausgebildeter Pflegefachkraft und 10,5 (±1,6) pro Pflegendem jeglicher Qualifikation
– Vergleich Norwegen: 5,4 (±1,0) und 3,3 (±0,5)
Welche Schlüsse können daraus in Bezug auf den Pflegeeinsatz oder auf normative Vorgaben zum Pflegeeinsatz in deutschen Krankenhäusern gezogen werden? • Die diversifizierte Evidenzbasis aus internationalen
Beobachtungsstudien unterschiedlicher Validität, die Outcomes unterschiedlicher Bedeutung und Bestimmungsart, die unterschiedlichen Kontexte und Maßeinheiten für Personalausstattung lassen den Versuch scheitern, sichere Pflegepersonalausstattungsvorgaben abzuleiten.
Mitglieder der Expertenkommission Pflegepersonal im Krankenhaus
Herr Dr. Georg Nüßlein, MdB Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CS Ufraktion Herr Prof. Dr. Karl Lauterbach, MdB Stellvertretender Vorsitzender der SPD Fraktion Frau Maria Michalk, MdB Gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU -Fraktion Frau Hilde Mattheis, MdB Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Fraktion Herr Stefan Grüttner Hessischer Minister für Soziales und Integration Frau Cornelia Prüfer-Storcks Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien Hansestadt Hamburg Herr Karl Josef Laumann Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten und Bevollmächtigter für Pflege Herr Lothar Riebsamen, MdB Berichterstatter Krankenhauswesen der CDU/CSU Fraktion
Deutsche Krankenhausgesellschaft GKV Spitzenverband Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. Deutscher Pflegerat ver.di - Vereinte Dienstleistungsgesellschaft, Bundesvorstand Frau Hedwig François-Kettner Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V. Herr Prof. Dr. Norbert Roeder Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Münster Frau Prof. Dr. Gabriele Meyer Martin-Luther -Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät Herr Prof. Dr. Jonas Schreyögg Universität Hamburg, Hamburg Center for Health Economics Herr Dr. Frank Heimig Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH
Dabei sein ist alles?
There is a critical difference between going through the empty ritual of participation and having the real power needed to affect the outcome of the process.
Es tut sich was in der Pflege in Deutschland …
Pflegeberufereformgesetz
Es tut sich was in der Pflege in Deutschland …
§ 63 Abs. 3 c SGB V Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten, bei denen es sich um selbständige Ausübung von Heilkunde handelt
Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten auf die Pflege
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (2012):
Heilkundliche Tätigkeiten diagnosebezogen:
o Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 o Chronische Wunden (z.B. Ulcus cruris) o (Verd. auf) Demenz (nicht palliativ) o (Verd. auf) Hypertonus (ohne Schwangerschaft)
Heilkundliche Tätigkeiten prozedurenbezogen: u.a.
o Infusionstherapie/ Injektionen o Stomatherapie, Tracheostoma-Management o Anlage und Versorgung einer Magensonde o Versorgung und Wechsel eines suprapubischen Blasenkatheters o Schmerztherapie/-management o Patienten-, Case-, Überleitungsmanagement o Psychosoziale Versorgung
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PROGRESS BASED ON
TRADITION
Studienprogramm Bachelor of Science
Evidenzbasierte Pflege
Fachpraxis
Medizinische Fakultät
Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg
Universitäts-klinikum Halle
1. Primärqualifizierender Studiengang
- Studierende absolvieren einen akademischen Bachelor- Studiengang und gleichzeitig eine Ausbildung gemäß KrPflG
- Absolventen erhalten 2 Berufsabschlüsse
- Unterricht wird insgesamt auf akademischem Niveau durchgeführt
- das Studium umfasst 8 Semester
Struktur des neuen Studiengangs
2. Modellvorhaben gemäß §63 Abs. 3c SGB V
- Berechtigung, heilkundliche Tätigkeiten zu übernehmen gemäß der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (Diabetes mellitus Typ 2, Chronische Wunden)
Pflegeweiterentwicklungsgesetz (2008):
Pflege und Physiotherapie sollen erweiterte Tätigkeitsfelder
übernehmen
Empfehlungen des WR zu hochschulischen Qualifikationen für
das Gesundheitswesen (2012):
10-20% Pflegeabsolventen akademisch qualifiziert
Forderung VUD, VPU, MFT (2014):
Akademische Ausbildungsgänge in der Pflege (auch) an
Universitätskliniken und Medizinischen Fakultäten
Bachelor-Studiengang Management und Expertise im Pflege- und Gesundheitswesen
Bachelor-Studiengang Pflegewissenschaft
Dualer Bachelor-studiengang Pflege
Bachelorstudiengang "Berufliche Bildung: Pflegewissenschaft"
Innovative Pflegepraxis (B.A.) Master of Science Pflegewissenschaft
Masterstudiengang Health Management
Bachelor of Arts - Public Healthcare and Case Management
In den letzten 25 Jahren sind ca. 100 „Pflegestudiengänge“ entstanden
Systematik
Bachelor-Studiengang
Studiengang ohne Berufsqualifikation
Studiengang mit Berufsqualifikation
Ausbildungs- integrierend
Ausbildungs- begleitend
(Muths 2010)
1% der in der direkten Patientenversorgung tätigen Pflegefachpersonen in den deutschen Universitätskliniken sind hochschulisch qualifiziert Verdienst sehr unterschiedlich
Münstersche Zeitung vom 10.12.2009
Substitution
Pflege-geleitete primäre Versorgung im Vergleich zur ärztlichen
Versorgung hat positive Effekte auf die Behandlungszufriedenheit, auf
Krankenhauseinweisungen und Mortalität.
Allerdings mangelt es an aussagekräftige Wirksamkeitsstudien mit
hoher interner Validität.
“Nursing seems to be the only profession where people argue that too much education is the cause of problems.”
20 englischsprachige pflegewissenschaftliche Journale mit dem höchsten IF (2.103-1.221)
Einschluss: 223 Studien aus 21 EU-Ländern
Ergebnisse: 34% berichten Pflegeinterventionen
45% Beobachtungsstudien
39% qualitativ
12% experimentell
4% RCTs
Konfirmiert in:
Mantzoukas Int J Nurs Stud 2009; Forbes Int J Nurs Stud 2009; Yarcheski et al. Int J Nurs Stud 2012
LINKING EVIDENCE TO ACTION
• Researchers in nursing should design, undertake, and report fewer descriptive studies and more experimental research into the effectiveness of nursing interventions to ensure a more balanced proportion of intervention and descriptive research in nursing.
• Researchers should structure their studies to explicitly link the development, testing, evaluation, and implementation of nursing interventions in coherent programs of research activity rather than as stand-alone projects.
LINKING EVIDENCE TO ACTION
• Doctoral education programs for nurses should encourage students to undertake experimental work into the efficacy and effectiveness of nursing interventions.
Lost in Translation?
Bestandsaufnahme der Implementierungsforschung in Deutschland und Europa
Projekt im Auftrag des ZQP, Berlin
Wie oft werden Fachartikel gelesen?
Breimaier et al. J Clin Nurs 2011
n=1023 Pflegende (KH)
Zeit
Wissen
Interesse
Breimeier 2011: Barrieren bei der Umsetzung (n=634)
• Profession mit fehlender wissenschaftlicher Grundausbildung hat es schwer, wissenschaftliche Ergebnisse in die Praxis zu transferieren
• Wissenstransfer erschwert, durch Praxisferne der wissenschaftlichen Bezugsdisziplin
• In Deutschland kaum Pflegewissenschaftler, die direkt im klinischen Setting arbeiten
• Es fehlt an angemessen qualifizierten „Übersetzern“ der pflegewissenschaftlichen Evidenz in die Pflegepraxis
Strategien zur Überwindung von Barrieren der Implementierung von Evidenz Solomons, N. M., & Spross, J. A. (2011). Evidence‐based practice barriers and facilitators from a continuous quality improvement perspective: an integrative review. Journal of nursing management, 19(1), 109-120.
• Strategisch
– Ausbildung
• Kulturell
– EBP-Kultur
• Technisch
– Ressourcen, Instrumente
• Strukturell
– Pflegeexpert(inn)en
Haben Sie schon einmal in der Pflege gearbeitet? Eine Studie ist nicht
die Realität. Es geht schon bei den Einsparungen der Kassen los. Zu
wenig Personal, zu viele unausgebildete Kräfte und zu viele Renitente
Pflegefälle. Ich bin seit 45 Jahre in der Pflege und teilweise war es
ohne Fixierung nicht möglich um den Patienten zu schützen. Übrigens,
es wird nur fixiert wenn ein Richter dies erlaubt. Schön währe es,
wenn pro zwei Patienten oder Kunden, wie man heute sagt, eine
Pflegeperson vorhanden ist. Aber das sind unerfüllbare Träume. […]
Sicher ist es nicht in ihrem Sinn Patienten mit Medikamente ruhig zu
stellen, weil nicht mehr Personal eingestellt wird.
Bleibt nur die Alternative mit den Gittern.
Aranate schrieb am 25.05.2012 um 09.58 Uhr:
Andere Bewohner
Mehr Personal
Es wird Zeit, dass erkannt wird, wie wirksam und wichtig Pflege ist!
• Echte Partizipation in politischen Gremien und Politikberatung
• Verwissenschaftlichung der argumentativen Grundlagen (pflegesensitive Outcomes, Subsitution)
• Heilkundübertragung und akademisch ausgebildete Pflegende für die Pflegepraxis
• Bildungsinitiative in Aus- und Weiterbildung
• Relevante Pflegeforschung
• Übersetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis
• Nicht negativ-depressive Stimmung und vorwurfsvolle Haltung, sondern konstruktives Gestalten
• Pflegekammern müssen sich legitimieren
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
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