Fachspezifische und fachtypische Methoden der Arbeitslehre Die Zukunftswerkstatt

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Fachspezifische und fachtypische Methoden der Arbeitslehre

Die Zukunftswerkstatt

Die ZukunftswerkstattDefinition (allgemein):Zukunftswerkstätten sind Zusammenkünfte von Menschen, die in Sorge, um die Zukunft der Erde und das Überleben der Menschheit bemüht sind, wünschbare, mögliche, aber auch vorläufig unmögliche Zukünfte zu entwerfen und deren Durch-setzungsmöglichkeiten überprüfen. Im Unterricht sind Zukunftswerkstätten eine Methode zur Artikulation persönlicher Kritik, persönlicher Ängste, persönlich wahrgenommener Missstände, der Äußerung von Wünschen, Träumen, Idealvorstellungen und der gemeinsamen Bemühung um Lösungsmöglichkeiten auf einer realistischen Basis.

Die ZukunftswerkstattGeschichtlicher Ursprung: Als Vater der Zukunftswerkstatt gilt der Zukunftsforscher Robert Jungk (1913 – 1994).

Er stellte als Aktivist in den „sozialen Bewegungen“ der 1970er und 1980er Jahre fest, dass viele Menschen in der Phase der Kritik stehen und stecken blieben und dass kaum kreative Lösungsmöglichkeiten entwickelt wurden.

Gleichzeitig stellte er Handlungsbedarf fest wegen:

- bedrohl. Entwicklungen im Bereich Großtechnologie- Friedens- und Umweltgefährdung

Die ZukunftswerkstattGeschichtlicher Ursprung: JUNGK (1997 / 98): Zukunftswerkstätten sollen “als Instrument zur kreativen Weiterentwicklung der Demokratie” dienen. Die vielen – viel zu früh abgebrochenen - kreativen Kräfte vieler Menschen sollen nicht mehr unterdrückt, sondern gefördert werden. Man will keine Mitläufer, sondern Kreative Schöpfer, die mitmachen und etwas verändern.

Die ZukunftswerkstattGeschichtlicher Ursprung: Annahmen und Zielsetzungen Jungks:

- Der Begriff der Zukunft wird nicht mehr als schicksalshaft und fest, sondern als offen und gestaltbar gesehen.

-Menschen entwickeln mit dieser Methode alternative Zukunftsvisionen und Strategien zu deren Realisierung.Übertragung auf die Schule / den AWT-Unterricht:- Im Rahmen des Berufswahl vorbereitenden Unterrichts Aus-einandersetzung mit der gesellschaftlichen, sozialen Allokation;-Anstoß einer aktiven Beschäftigung mit eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und der eigenen Arbeitshaltung im Zusammen-hang mit eigenen Erwartungen, Wünschen und Ansprüchen.

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Basisdemokratie

Integration

Ganzheitlichkeit

Kreativität

Kommunikation

Provokation

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Basisdemokratie Demokratisierungsinstrument für maßgebliche Bürgerbeteiligung zur Ausgestaltung des Kommenden

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Integration Aufhebung des Gegensatzes von Experten und Laien, Aktiven und Passiven, Herrschenden und Beherrschten

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Ganzheitlichkeit Verbindung von Kognition und Emotion, Intellektualität und Spiritualität, Selbst- und Gesellschafts-veränderung

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Kreativität Schöpferische Fantasie und sozialer Erfindungsgeist sind gefragt

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Kommunikation Möglichkeit für die sonst Ungefragten in der Gesellschaft ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte, Vorstellungen und Ideen, Ängste und Befürchtungen zu äußern.

Die Zukunftswerkstatt

Allgemeine Zielsetzung von Zukunftswerkstätten:

Provokation Herausforderung an die staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen, aus der Bevölkerung kommende Lösungsvorschläge ernst zu nehmen.

Der Einsatz der Zukunftswerkstatt im Unterricht ermöglicht Verknüpfung von intuitiv-emotionalem und rational-analysierendem Lernen!

Die Zukunftswerkstatt

Die drei Phasen der Zukunftswerkstatt:1. Kritikphase

Alle Teilnehmer sammeln Missstände zu bestimmten Themen und bilden Schwerpunkte mittels einer Punktebewertung.

Methodische Unterstützung: Informationen jeder Art, Berichte und Fakten durch Erhebungen, ...

Die Zukunftswerkstatt

Die drei Phasen der Zukunftswerkstatt:2. Utopie- bzw. Fantasiephase

Die Kritik wird in wünschbare Zukünfte umdefiniert. Ohne Kritik und Selbstkritik sollen Mithilfe von Kreativitätstechniken – insbesondere dem Brainstorming – freie Fantasien entwickelt werden. (Die Befreiung von den Sachzwängen der realen Welt steht im Mittelpunkt. „Nichts ist unmöglich!“)

Methodische Unterstützung: Brainstorming, Diskussionsspiele

Die Zukunftswerkstatt

Die drei Phasen der Zukunftswerkstatt:3. Realisierungsphase

Die Utopien werden mit den gegebenen Bedingungen konfrontiert, auf ihre Umsetzung geprüft, Bündnispartner gesucht und nötige Umsetzungsstrategien entwickelt.

Methodische Unterstützung: Expertenhearings, Audiovisuelle Materialien, ...

Die Zukunftswerkstatt

Die drei Phasen der Zukunftswerkstatt -

Wichtiger Background für Lehrer: Das komplette kreative Potential können Zukunftswerkstätten nur bei gelindertem Zeitdruck freilegen – etwa in einer Projektwoche. Zumindest aber sollten sich die Phasen in Doppelstunden einfügen

Die ZukunftswerkstattBildungstheoretische Relevanz durch Einbeziehung von Fragestellungen, bildungstheoretisch bedeutsam sind: Klafki (1991): Aufnahme von Schlüsselproblemen gesellschaftlicher Ent-wicklung zur Aufnahme in einen neuen Allgemeinbildungs-kanon, sowie Bereitschaft zur Mitgestaltung.(= Problem der Selbst-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit)Hilligen (1985): Bedeutung des sog. menschenwürdigen Lebens.(= Problem der Gefahren und Chancen der Lebensveränderung)

Die ZukunftswerkstattBildungstheoretische Relevanz durch Einbeziehung von Fragestellungen, bildungstheoretisch bedeutsam sind: Steinmann und Ochs (1991): Bedürfnisbefriedigung bei gegenwärtiger Gefährdung und zukünftiger Behinderung.(= Problem der Erweiterung von Spielräumen wesentliche Kriterien zur Bestimmung der Lernbedeutung von Lernsituationen zu finden)

Weinbrenner und Häcker (1997): Zukunftswissen ist ein Relevanzkriterium für politische Bildung.

Die ZukunftswerkstattBildungstheoretische Relevanz durch Einbeziehung von Fragestellungen, bildungstheoretisch bedeutsam sind: Individualisierung und Pluralisierung, der Wegfall von Hierarchieebenen bei gleichzeitiger Zunahme von nötigen Entscheidungen verlangt zunehmend kreative Problemlöser.

Wer sich dem Prozess der Mitgestaltung nicht verweigert, dem dient die Zukunftswerkstatt zur Entwicklung der Persönlichkeit und Handlungskompetenz, weil...

Die ZukunftswerkstattBildungstheoretische Relevanz durch Einbeziehung von Fragestellungen, bildungstheoretisch bedeutsam sind:

...er sich festigt in Kritik und Urteilsfähigkeit. (Phase 1)

...die Entwicklung von Visionen die eigene Kreativität fördert. (Selbstreflexion über die eigenen Wertmaßstäbe) (Phase 2)

...strategisch-analytisches Denken die Entwicklung der Problemlösefähigkeit verbessert. (Phase 3)

Die Zukunftswerkstatt

Gründe für den derzeit noch seltenen Einsatz der Methode in der Schule: Relativ unbekannte Methode, in der Schulpädagogik meist nicht Bestandteil der ersten oder zweiten Ausbildungsphase Auch in Fortbildungsveranstaltungen oft gemieden!.

Der Begriff „Zukunftswerkstatt“ ist nicht griffig. Schulämter und Ministerien halten das Ganze noch für „Spielerei“ (zumindest in der Schule).Der Begründer der Methode, Gustav Jungk, betätigte sich als Vordenker einer umfassenden politischen Opposition, man könnte ihn als „Grünen – Fundi“ bezeichnen, was die Akzeptanz seiner Methoden und Ansätze neg. beeinflusste…

Die Zukunftswerkstatt

Gründe für den derzeit noch seltenen Einsatz der Methode in der Schule: - Hoher organisatorischer und zeitlicher Aufwand. Der 45 Minutentakt und die Fächerorganisation laufen dem zuwider.

- Diese Form der Kreativität wird mehr erwartet von freien Bildungsträgern, Volkshochschulen und Ferien- /Freizeitheimen.

- Zukunftswerkstätten lassen sich schwer in den „normalen“ Unterricht integrieren. Lehrer befürchten oft, dass am Ende eben „doch nichts herauskommt“.

Die Zukunftswerkstatt

Lehrplanverankerung:

Die Zukunftswerkstatt war im LPl. von 1997 als „permanente Zukunftswerkstatt“ zwischen 7. und 9. Klasse explizit vorgeschlagen. Im Lehrplan 2004 unterbleibt diese Festlegung!

Möglichkeiten des Einsatzes in verschiedenen Jahrgangsstufen beziehen sich auf die folgenden Lernzielbereiche:

Die Zukunftswerkstatt

Lehrplanverankerung:

7. Jgst:

Bereich „Arbeit und Beruf“, 7.1 „Erster Zugang zu betrieblicher Erwerbsarbeit und Beruf; 7.1.3: Persönliche Sichtweisen von Arbeit und Beruf

Die Zukunftswerkstatt

Lehrplanverankerung:

8. Jgst:

Bereich „Arbeit und Beruf“, 8.3 „Die persönliche Berufsorientierung“; 8.3.3: Entscheidungsphase und kritische Bestandsaufnahme des eigenen Berufswahlprozesses

Die Zukunftswerkstatt

Lehrplanverankerung:

9. Jgst:

Bereich „Arbeit, Beruf und Recht“, 9.1 „Arbeit und Beruf“; 9.1.1: Auf dem Weg in den Beruf

9.1.4: Bedeutung von Arbeit und Beruf in Gegenwart und Zukunft des Menschen

Die Zukunftswerkstatt

Weitere mögl. Beispiele f. Zukunftswerkstätten:

Komplex Themen

Arbeit, Beruf und Produktion

- Arbeitsgesellschaft im Jahr 2030- Geht uns die Arbeit aus?- Wie werden wir arbeiten?- Mitbestimmung und Arbeitsorganisation

Konsum und Freizeit - Viele kleine Selbständige oder Monopole- Virtuelle Genüsse in der

Informationsgesellschaft- Fremdbestimmung im Freizeitparadies

Umweltbelastung und Umweltschutz

- Lebensqualität in lebenswerter Umwelt- Die Entwicklung von Mobilität und

Energieversorgung- Umweltverträglicher Konsum von morgen- Der ökologische Nord-Süd Konflikt

Die ZukunftswerkstattProbleme und Grenzen der Methode im Unterricht: Diese resultieren im Wesentlichen aus einem unterschied-lichen Verständnis von Schule und Bürgerbewegungen:

- Bürgerbewegungen opfern freiwillig Zeit und nähern sich den Themen meist autodidaktisch - Für Schüler ist es zunächst oft befremdlich, Emotionen, Träume und Sorgen zu äußern - Bürgerbewegungen haben gewissen Problemdruck / sind für die Sache von sich aus sensibilisiert. - Schüler haben so gut wie nie eine gewisse Vorarbeit zu einem Thema geleistet.

Die Zukunftswerkstatt

Anforderungen an den Lehrer: Der Einsatz dieser Methode in der Schule erfordert besonderes Geschick des Lehrers. Handwerkszeug:ModerationshilfenStrukturierungshilfenInformationsbausteine

Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Zukunftswerkstatt zur reinen Gesellschaftskritik ohne begründete Prioritä-tensetzung und fundierte Kritik verkommen würde. Träumerei ohne Realitätsbezug wäre die Folge!

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