Foto: Bartenschlager Aus der Sicht von Kranken · Der heilige Georg zählt zu den Vierzehn...

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KIRCHE UND WELTDK-EXTRA Nr. 92, Donnerstag/Freitag, 18./19. April 2019 16KIRCHE UND WELTDK-EXTRA Nr. 92, Donnerstag/Freitag, 18./19. April 2019 16

MultireligiöseStadtDie Kirchenführer in Jerusa-lem haben zum Erhalt Jeru-salems als multireligiöse undmultikulturelle Stadt aufge-rufen. „Mögen alle abraha-mitischen Glaubensrichtun-gen in ihr eine Stadt des Frie-dens und der Ruhe finden“,heißt es in der vom Lateini-schen Patriarchat in Jerusa-lem verbreiteten gemeinsa-men Osterbotschaft der Kir-chen im Heiligen Land. DasFest der Auferstehung sei ei-ne Erinnerung daran, dassdie Menschen ein AbbildGottes seien und ihre Würderespektiert und geehrt wer-den müsse. „Wir beten uner-müdlich für alle Regionender Gewalt und der Not, ins-besondere der Gewalt gegenUnschuldige (...) In unserenGebeten erinnern wir unsauch an alle Frauen und Kin-der, die auf der ganzen Weltmit Gewalt und Ungerechtig-keit konfrontiert sind“, so dieKirchenführer. KNA

Spendenkampagne fürGeläut der ThomaskircheUm Solidarität mit Flüchtlin-gen und Seenotrettern imMittelmeer zu zeigen, hän-gen etwa 15 evangelische Kir-chengemeinden in Hanno-ver Rettungswesten an ihreKirchtürme, hier an der Beth-lehem-Kirche in Hannover-Linden. Die Aktion unterdem Motto der biblischen

Jahreslo-sung „Su-che denFriedenund jageihm nach“startete amPalmsonn-tag. Man-che Kir-chenge-meindenbeginnenmit der Ak-tion amersten

Sonntag nach Ostern . DieAktion läuft jeweils vier Wo-chen. Damit unterstützen dieKirchengemeinden die Ar-beit des internationalen Akti-onsbuendnisses „Seebrü-cke“, das sich für sichereFluchtwege nach Europaund eine Entkriminalisie-rung der Seenotrettung ein-setzt. epd/Foto: Schulze/epd

ReligionundeuropäischeGeschichteDer mit 50 000 Euro dotierteLeopold-Lucas-Preis derEvangelisch-TheologischenFakultät Tübingen geht heu-er an den britischen Kirchen-historiker und anglikani-schen Theologen DiarmaidMacCulloch. Der Preisträgergehöre zu den „weltweit be-deutendsten Reformations-und Frühneuzeithistori-kern“, teilte Dekan MichaelTilly mit. Den Preis erhalteder Brite wegen seiner Ver-dienste um ein umfassendesVerständnis des komplexenVerhältnisses von Religionund europäischer Geschich-te. Er zeigte, wie die Reforma-tion von 1490 bis 1700 diekirchliche, politische und ge-sellschaftliche Landkarte Eu-ropas umpflügte. MacCul-loch ist seit 1997 Professor fürKirchengeschichte an derUniversität Oxford. epd

MuslimischeGefängnisseelsorgerIn einem nach Angaben derOrganisatoren bundesweiteinmaligen Modellprojektsind in Bremen zehn Musli-minnen und Muslime zu Ge-fängnisseelsorgern ausgebil-det worden. Sie absolvierteneinen 52 Stunden umfassen-den Kurs, wie der Senat derHansestadt mitteilte. Er seigemeinsam von der SchuraBremen und dem Justizsena-tor organisiert worden. Be-teiligt gewesen seien auchDozenten des Instituts für is-lamische Theologie der Uni-versität Osnabrück. KNA

KURZ NOTIERT

Der Drachentöter

Von Edmund Speiseder

Der heilige Georg gehört zuden Vierzehn Nothelfern. Beiden Griechen wurde er „Erzmär-tyrer“ genannt und im christli-chen Altertum und im Mittelal-ter von allen Blutzeugen ammeisten verehrt. Er gilt als dasheroische Vorbild für alle Stän-de. Viele Wunder werden seinerFürbitte zugeschrieben; vor al-lem ist er zum Symbol christli-cher Tapferkeit geworden. Alsstolzer Ritter hoch zu Roß, dereinen Drachen tötet, so kenntman die seine Darstellung. SeinPferd ist deshalb braun, weil seinGedenktag, der 23. April, in dieSaatzeit fällt, zum Unterschiedzu Sankt Martin, der auf weißemPferd erscheint, weil sein Pferdam 11. November, zu Beginn derWinterzeit, gefeiert wird.

Georg soll um das Jahr 280 inKappadozien geboren sein,schon in jungen Jahren das Waf-fenhandwerk gewählt habenund in den Militärdienst des Kai-sers eingetreten sein. Er begann

Der heilige Georg zählt zu den Vierzehn Nothelfern und gilt als Kämpfer gegen den Unglauben

also mit dem natürlichen Hel-dentum, um zum übernatürli-chen zu gelangen. Sehr bald er-hielt er den hohen Rang einesObersten und hatte als Tribundes Kaisers immer Zugang zumImperator der seine Tapferkeitstets schätzte. Als die Christen-verfolgung einsetzte, machteder Militär, der sich zu Christusund der neuen Lehre bekannte,dem Kaiser wegen dieser Verfol-gung Vorwürfe. Eine derartigeWiderrede war aber nicht ge-fragt, und so verscherzte Georgdas Vertrauen, das er bis datogenossen hatte. Diokletian ließden jungen Offizier in Ketten le-gen.

Georg hatte große Qualen zuerleiden und blieb in seinerÜberzeugung und seinem Glau-ben standhaft. Über Nacht, soberichtet die Legende, heiltenseine Wunden und Zeichen derQualen über Nacht. Georg er-hielt den Namen „der großeMärtyrer!“ und wird mit demheiligen Demetrius (8. Oktober)und dem heiligen Theodor (9.

November) wegen der überstan-den Qualen als Soldatenheiligerverehrt. Weil er seinen Glaubentrotzt aller Widrigkeiten nichtverleugnete, hieb man ihm denKopf ab. Die Urkirche und Hei-ligenverehrung verstand dies so,dass dieser Heilige den Drachendes Unglaubens besiegte.

Georg wurde zum Bannerträ-ger der Kreuzfahrer, zum Natio-nalheiligen der Engländer. Er istPatron des Ritterordens St. Ge-org sowie der PfadfinderschaftSt. Georg. Deren Mitglieder be-trachten ihn als Vorbild, der vor-gelebt hat, treu, mannhaft undmit reinem Herzen zu sein. Vie-lerorts gibt es die Georgiritte, beidenen die Pferde gesegnet wer-den. Besonders in Süddeutsch-land und im benachbartenOberösterreich ist dieser Brauchbis heute lebendig. Zahllose Kir-chen und Altäre sind ihm ge-weiht. Eine der eindrucksvolls-ten Darstellung des Drachentö-ters besteht im Hochaltar desKlosters Weltenburg, den EgidQuirin Asam 1721 schuf. DK

Aus der Sicht von Kranken

Geschaffen haben ihn Chris-toph Kreitmeir, Priester undSeelsorger im Klinikum Ingol-stadt, und Claudia Kriesche. Ent-standen ist dieser Kreuzweg ausdem persönlichen ErfahrungenKreitmeirs: Als Klinikseelsorgerhat er viel mit Leiden, Sterben,Tod und Trauer zu tun. Im vori-gen Jahr durchlitt er selbst zwei-mal lebensbedrohliche Krank-heiten. Er besuchte das Grab derheiligen Anna Schäffer in Min-delstetten und wandte sich mitseinen Anliegen an sie. „UnterTränen“, wie Kreitmeir berich-tet. Der Katholik wähnte sich ander richtigen Adresse: AnnaSchäffer war nach einen Unfall,bei der ihre beiden Beine unheil-bar verbrühten, zeit ihres Lebensbettlägerig und von Schmerzenheimgesucht. Der Seelsorger tat

ein Gelübde: „Wenn du mirhilfst, mache ich dich noch be-kannter als du schon bist.“ Derfromme Handel funktionierte.Kreitmeir fand Helfer, die Mittelgegen seine Schmerzen wussten.Nun war er am Zug. Er nahmKontakt zu Claudia Kriesche auf.„Mit ihr hatte ich schon einigereligiöse Projekte gemacht.“ Sieist eigentlich GeschäftsführendeAssistentin in einem Unterneh-men, daneben eine gute Foto-grafin und Betreiberin einer reli-giösen Homepage. Derzeitmacht sie – neben ihrem Beruf –eine Ausbildung zur Grafik-De-signerin. Claudia Kriesche istkirchlich engagiert. Auf ihrerHomepage www.recordare.desetzt sie zum Beispiel schöneKirchen in Szene.

Gemeinsam dachten sich diebeiden ein Konzept aus. Entste-hen sollte ein „Kreuzweg derKranken“ zu Ehren von AnnaSchäffer. Eine Grundlage bildeteder eindrucksvolle Kreuzweg,den der Eichstätter Künstler Ra-phael Graf für die Wallfahrtsstät-te in Mindelstetten geschaffenhat. Kriesche fotografierte dieeinzelnen Szenen, bearbeitetedie Bilder künstlerisch und gra-fisch und fügte auf diese Weiseneue Bildaussagen hinzu. Dazustellten sie Zeilen aus Gedichten,die Anna Schäffer verfasst hat

Claudia Kriesche und Christoph Kreitmeir setzen Kreuzweg in Bezug zur heiligen Anna Schäffer

Von Josef Bartenschlager

Ingolstadt (DK) Den Kreuzweg zugehen und zu beten ist in der Kar-woche nicht gerade ungewöhn-lich. Auch virtuelle Kreuzwegesind inzwischen keine Seltenheitmehr. Seit Palmsonntag ist einsolcher öffentlich zugänglich: Ersticht durch seine Vielschichtig-keit und seine Perspektive her-aus, denn er beschreibt Leiden,Sterben und Auferstehung ausder Sicht von Kranken.

und kombinierten diese spiritu-ell höchst bemerkenswertenAussagen mit jeweils einem Zitatdes Psychiaters Viktor E. Frankl,der für Kreitmeir eine besondereBedeutung hat. Dabei werdendie einzelnen Stufen des Krank-heitsverlaufes mit Jesu Kreuz-weg auf psychologisch-spirituel-le Weise eng miteinander verwo-ben. Jede Station wird durch einbesonderes Gebet abgeschlos-sen.

Dieser virtuelle Kreuzweg be-steht aus lediglich acht Statio-nen, die aber mit großer Intensi-tät erfahren werden können.

Die provokante Aussage „Kreuz-weg – Ein Königsweg“ steht amAnfang. Schon hier hat ClaudiaKriesche viel Symbolik ins Spielgebracht. Zu sehen sind Statio-nen aus Anna Schäffers Leben,darüber ein waagrechter golde-ner Balken, auf dem Jesus unterdem Kreuz kriecht – auf einenKelch zu. Er befindet sich direktüber der im Bett siechenden An-na Schäffer, die wiederum einKruzifix anblickt.

In den einzelnen Stationenwird der Bezug zwischen AnnaSchäffers Krankheit und JesuLeidensweg hergestellt. So lautet

eine Gedichtzeile der Heiligen:„Im Leiden habe ich dich liebengelernt“. Die Krankheit brichtins Leben der jungen Frau ein.Jesus wird zum Tod verurteilt.Claudia Kriesche hat ein feinesNetz über Jesus gelegt – Aus-druck seines Gefangenseins. Derbewusste Einsatz von Licht er-zeugt eine eigenen Ästethik: DieDesignerin setzt Rot ein, aberauch Blau. Diese Farbe steht fürden Tod. „Der Tod kommt kalt“,sagt Pfarrer Kreitmeir. Er hat ei-nen Satz Frankls ausgewählt,den er als seinen „geistigen Va-ter“ bezeichnet. „Krankheit isteine Bewährungsprobe dermenschlichen Freiheit“, hat derösterreichische Neurologe, derJude war, niedergeschrieben.Die Via Dolorosa wird hier nichtallein als Schmerzensweg, son-dern auch als Trost, Hoffnungund Sinngebung mit der Bitte anGott gesehen, „das Geheimnisder Auferstehung neu zu erfah-ren. Denn am Ende steht ebennicht der Tod, sondern das neueLeben. Auch dieses Motiv hatClaudia Kriesche sehr ein-drucksvoll und trostreich gestal-tet.

Kreuzweg der Kranken, zu er-leben im Internet unterwww.christoph-kreitmeir.desowie unter www.recordare.de.

Dem heiligen Georg sind zahlreiche Darstellungen gewidmet, so auchin der Kirche in Aresing bei Schrobenhausen. Foto: Speiseder

Mit viel Lichtsymbolik ist der virtuelle Kreuzweg gestaltet. Foto: Kriesche

Claudia Kriesche und Christoph Kreitmeir begutachten am Bildschirm ihr Werk. Die beiden haben einen virtuellen „Kreuzweg der Kranken“ geschaffen, der eine ungewöhnlichePerspektive einnimmt und vielschichtige Ansätze zur Betrachtung bietet. Foto: Bartenschlager

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