Instrumentelle Aktivierungsanalyse an Lunarem Material

Preview:

Citation preview

Journal of Radioanalytical Chemistry, Vol. 28 (19 75) 20 9 2; 9

INSTRUMENTELLE A K T I V I E R U N G S A N A L Y S E AN LUNAREM M A T E R I A L

M. GEISLER

Zentralinstitut fiir Isotopen. und Strahlen]orschung der A kademie der Wissenschaflen der DDR, Leipzig (DDR}

Lunar soil samples of the Luna 16 and Luna 20 missions were analysed by neutron activation in a neutron generator and a nuclear reactor, respectively, and following gamma- spectrometry by NaI(T1) and Ge(Li) detectors. By 14 MeV neutron activation there were determined the abundances of 5 major elements (O, Mg, Al, Si, Fe) and by reactor activ- ation the abundances of 18 major and trace elements (Na, K, Sc, Cr, Mn, Fe, Co, Mo, La, Ce, Sm, Eu, Tb, Yb, Lu, Hf, W, Th) and the detection limits of 4 additional ele- ments (As, Rb, Sb, Cs). The standard rocks BM and GM of the ZGI were used as stand- ards in the reactor activation analysis.

Einleitung

Bei der Untersuchung der Elementzusammensetzung lunaren Materials stellt die Aktivierungsanalyse eines der wichtigsten Verfahren dar. In ihrer instrumentellen Variante bietet sic die M6glichkeit, das kostbare Probenmaterial nach der Analyse in unversehrter Form vorliegen zu haben.

Dureh die Aktivierung mit 14 MeV-Neutronen aus Neutronengeneratoren kOnnen einige Elemente im Makrokonzentrationsbereich bestimmt werden, w~hrend die Ak- tivierung mit thermischen Neutronen aus Kernreaktoren den Bereich der Spurenkon- zentrationen erschliet~t.

Im Rahmen der Beteiligung der DDR an der Untersuchung der von den sowjeti- schen Sonden Luna-16 und Luna-20 zur Erde gebrachten Proben erhielt auch unser Institut entsprechendes Analysenmaterial. Die Untersuchung erfolgte durch Funken- queUenmassenspektrografie, Aktivierungsanalyse und Autoradiografie.

Hier soU tiber Methodik und Ergebnisse der aktivierungsanalytischen Arbeiten be- richtet werden. Dabei wird im ersten Tell die Analyse durch Generatoraktivierung behandelt, w/ihrend sich der zweite Teil mit der instrumentellen Analyse durch Akti- vierung im Reaktor besch~iftigt. In beiden F~llen wurde das angelieferte Probenma- terial ohne besondere Behandlung als Ganzes oder ein Aliquot davon, jedoch ohne die Auswahl besonderer Spezies, zur Analyse eingesetzt.

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 209 14

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

Aktivierung mi t 14 Me~C-Neutronen

A uswahl der Kernreaktionen

Bei der Akt ivierung geologischer Proben mi t einer dem lunaren Material ~ihnlichen

chemischen Zusammense tzung durch 14 MeV-Neutronen lassen sich folgende Radio-

nuklide nachweisen: 16N, 24Na, 27Mg, 28A1, Z9Al und S6Mn.

Nr.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

Tabelle 1 Kemreaktionen bei der Bestimmung yon Makrokomponenten in lunarem

Material dutch 14 MeV-Neutronen

Akt ivier u ngsem pfindlich keit, Kernreaktionen Halbwertszeit E, MeV

XIO 3 Zerf" g-] - s e c " t

i + O ( n , p ) l 6 N

i 9F(n, t~)J 6 N

28 Si(n, p)2 SAl

3, P(n, or) ~ 8AI

2 ~ A l ( n , -r) 2s AI

2 + Si(n, p)29AI

27Al(n ' p)27 Mg

~ Si(n, c02 ~Mg 2 6 Mg(n, 3,) 2 7Mg

2 +. Mg(n, p)2 4 Na

~Al (n , t~) ~ 4 Na

3Na(n ' ~/)2 +Na s 6 Fe(n, p)S 6 Mn

s 9Co(n ' cos + Mn

s s Mn(n, .y)s + Mn

7 $

2.24 m

6.6 m

9.5 m

15.0 h

2.58 h

6.13; 7.10

1.78

1.27; 2.43

0.84; 1.01

1.37; 2.75

0.85; 1.81

2.11

160

160

510

290

6.6

93

2.3

2.7 2.0

4.9

1.8

In d e f Tabelle 1 sind d i e wichtigsten Kernreakt ionen zusammengestel l t , die diese

Radionukl ide ergeben. Aul~er den for die 14 MeV-Neutronen typischen Reak t ionen

sind auch (fi, 3,)-Reaktionen beriicksichtigt, da wegen der Moderat ion durch die Ab-

schirmung in Targetn/ihe auch mi t geringen thermischen Neutronenflt issen zu rechnen

ist. Die in der le tz ten Spalte angegebene Akt ivierungsempfindl ichkei t in Zerf'~illen

pro Gramm und Sekunde wurde aus den K e m d a t e n ftir eine Akt ivierungsdauer yon

10 rain. bei einem Neutronenfluf i v o n 10 a n �9 cm -2 �9 sec -~ berechnet . Aus dieser

Gr6 t~ ist zu entscheiden, welche der zum gleichen Nuklid fi ihrenden Reakt ionen

als Best immungsreakt ion anzusehen ist und welche eventuell zu korr igierende St6r-

reakt ionen sind.

210 J. Radioanal. Chem. 28 (1975)

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

Es sind Analysen hinsichtlich der Elemente O, Mg, A1, Si und Fe m6glich. Reak- tion (1) dient zur Bestimmung von O. St6rungen dutch F sind ohne Heranziehung anderer Methoden zur F-Bestimmung nicht korrigierbar, liegen aber wegen der ge- ringen F-Gehalte in lunarem Material unterhalb der Fehlergrenze for O (ca. 1%). Dasselbe gilt for P im Falle der Si-Bestimmung dutch Reaktion (3). Diese ist aber der Reaktion (6) wegen der um fast zwei Gr6t~enordnungen h6heren Empfindlich- keit unbedingt vorzuziehen. Die St6rung durch thermische Neutronen iiber Reak- tion (5) wird im Analysenverlauf gemessen und korrigiert. AI wird tiber Reaktion (7) bestimmt, (8) und (9) sind als Korrekturen zu benicksichtigen. Mg und AI ge- ben tiber (10) und (11) etwa die gleiche Empfindlichkeit. Deshalb mut~ zur Be- stimmung von Mg am 24Na das tiber (7) bestimmte AI korrigiert werden. Reak- tion (12) ist zu vernachl~tssigen. Probeaktivierungen yon AI und Na2CO3 ergaben, dab sich ihre Empfindlichkeiten wie 50 : 1 verhalten. Das bedeutet bei einem zu erwartenden Na-Gehalt von etwa 0.3% eine AI-Korrektur von nur 0,006%. Bei der Bestimmung von Fe tiber die Reaktion (13) scheint rein vonder Empfindlichkeit her Co tiber (14) stark zu st6ren. Das Verh~iltnis yon Fe zu Co in lunarem Mate- rial yon ca. 3000 (s.u.) fuhrt zu einer relativen Korrektur unter 0,1%, so daft (14) vernachlEssigt werden kann. Reaktion (15) wird mit dem tiber die Reaktoraktivie- rung ermittelten Mn-Gehalt berticksichtigt.

Experimentelles

Die Aktivierungen wurden mit einem Neutronengenerator vom Typ Texas Nu- clear 9900 durchgeftihrt, der bei Neutronenquellst~irken zwischen 1 "1010 und 2" 10 l~ n" sec -1 betrieben wurde. Der Zahlenwert der Neutronenflul~dichte (in n . cm -2. sec - t ) am Ort der Probe ist etwa zwei Gr61~enordnungen kleiner.

Der Probentransport ist zwisehen Generator und Met~stelle mit einer mit einem Kompressor betriebenen Ein-Proben-Rohrpost bei Transportzeiten yon weniger als 1 see mtiglich. Bei Benutzung l~ingerlebiger Nuklide k~Snnen in einer Mehrproben- rotationsanordnung I bis zu 7 Proben gleichzeitig einander gleich und in sich rota- tionssymmetrisch aktiviert werden. Der Transport zum Detektor erfolgt dann yon Hand, und die Proben werden nacheinander gemessen. Durch die so m/Sgliche gleich- zeitige Aktivierung von Probe und Standard wird der Einflut~ yon Neutronenflut~- schwankungen ausgeschaltet.

Zur Detektion der Gamma-Strahlung dienten am Rohrpostende zwei 3" • 3" NaJ(T1)-Detektoren in Verbindung mit einem Einkanalanalysator oder bei Proben- wechsel yon Hand ein 3"X 3" NaJ(Tl)-Detektor in einer 7 cm-Bleiabschirmung. Aul~er zur Einkanalregistrierung des ~6N wurde ein 4096-Kanal-Analysator (Nu- clear Chicago) eingesetzt.

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 211 14"

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

Wegen der geringen Probenmenge (ca. 50 mg) wurden Spezialprobenbeh~ilter an- gefertigt, die mit entsprechenden Zwischenstticken sowohl in den Rohrpostkapseln gehaltert als auch statt der sonst iiblichen 10 ml-Kapseln in die Mehrprobenrotations- anordnung eingesetzt werden konnten. Als Material diente jeweils Poly~ithylen vom VEB Orbitaplast G61zau (Mirathen). Die Spezialkapseln waren Zylinder mit einem stempelf6rmigen Deckel, die far die Probe einen Hohlraum yon 7 mm Durchrnesser und 1,5 mm H6he besagen.

Da auger ftir Sauerstoff die Strahlungsmessung durch die Stimseite erfolgte, si- cherte die geringe Schichtdicke vernachl~issigbare Selbstabsorption. Zum verlustlosen Offnen der durch den ~iugeren Luftdruck geschlossen gehaltenen Kapseln wurde ein Spezialwerkzeug verwendet. Als Standards ftir Mg, AI, Si und Fe dienten die Ele- mente in pulverisierter Form. Mn (zur Korrektur am Fe) wurde als MnO2 verwen- det, und als Sauerstoffstandard wurde Quarz gem6rsert.

Von den Halbwertszeiten und den zu messenden Energien her lassen sich die benutzten Nuklide in drei Gruppen einteilen, die zur Erreichung hoher Empfindlich- keit jeweils verschiedene Aktivierungsdauern und Megregimes erfordern. Zun~ichst mug der Sauerstoff fiber 16N mit Rohrposttransport bestimmt werden. Die l~inger- lebigen Nuklide 56Mn und 24Na bedingen l~ngere Aktivierungsdauern, und wegen der Oberlagerung der Gamma-Energien des 27Mg und des s 6Mn ist auch das 2 7Mg aus dieser Aktivierung zu messen. Kiirzere Aktivierungsdauern und damit h~iufigere Analysenwiederholungen gestattet das 28A1 zur Si-Bestimmung.

Die Sauerstoffbestimmung dutch 16N erfolgte tiber eine Einkanalregistrierung des Energiebereiches zwischen 3.5 und 7.5 MeV bei 20 sec Megdauer nach einer 20 sec- Aktivierung und 2 sec Pausenzeit. Probe, Standard und Leerkapsel wurden je zwei- mal aktiviert und zu einem Auswertezyktus zusammengefagt. Jeweils 10 solcher Zyklen wurden absolviert. Die Blindwertz~ihlrate aus dem Sauerstoff des Kapselma- terials lag bei etwa 60% der Nettoz~ihlrate der Probe.

Zur Si-Bestimmung wurden Probe, Standard und Leerkapsel gemeinsam 5 min in der Mehrprobenrotationsanordnung aktiviert. Nach einer Pause von 1 min zum Abklingen des 16N wurde die 1.78 MeV-Linie des 28A1 in der Probe zweimal 3 min und im Standard zweimal 5 min gemessen sowie zur Blindwertkorrektur des Stan- dards an der Leerkapsel 5 min. Danach ist die 28A1.Aktivit~it der Probe auf weniger als 0,1% ihres Anfangswertes abgeklungen und die BeitrSge der l~ingedebigen Nuk- lide 24Na und S6Mn im 1.78 MeV-Bereich kOnnen zur Korrektur gemessen werden. 6 Aktivierungen wurden durchgeftihrt. In zwei weiteren Aktivierungen wurde der Si-Blindwert der Leerkapsel und mit dem A1-Standard statt der Probe der Einflug der St6rung durch thermische Neutronen tiberprtift.

Zur Bestimmung der Elemente Mg, A1 und Fe wurden Probe, Leerkapsel und Standards von Mg, AI und Fe sowie von Si und Mn (Kontrolle der St6rreaktionen)

212 ,1. Radioanal. Chem. 28 {1975)

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

30 min in der Mehrprobenrotationsanordnung aktiviert. Zuerst wurde das 27Mg ge-

messen und die 0.84 MeV-Linie gemeinsam mit der 1.01 MeV-Linie vom Compton- untergrund h6herenergetischer Linie unter Zugrundelegund eines linearen Verlaufs desselben abgetrennt. Die folgenden S6Mn.Messungen zur Fe-Bestimmung bezogen sich auf die 0.85 MeV-Linie und dienten gleichzeitig zur Korrektur des s 6Mn.Bei" trages bei der 27Mg.Messung"

Die S6Mn-Messungen diJrfen erst ca. 1,5 h nach Aktivierungsende beginnen. Dann ist das 27Mg auf ca. 0,2% ders 6Mn.Aktivit~i t abgeklungen.

Die 24Na-Messungen wurden als Integration 0ber den Bereich des Spektrums ober- halb der 2.11 MeV-Linie des S6Mn durchgeftihrt, also von etwa 2.25 bis 2.9 MeV. In diesem Bereich entstehen aber bei der verwendeten Detektorgeometrie vom s 6Mn noch Summenlinien geringer lntensit~t. Wenn man verlangt, dat~ diese geringer als 1% der zu erwartenden 24Na-Z~ihlrate sein sollen, kann man aus Messungen der Summenlinienintensit~iten herleiten, dat~ die 24Na-Messungen ca. 5 h nach Aktivierungs- ende beginnen k6nnen. Dieser Analysenzyklus wurde ftir jede der beiden Proben drei- mal abgearbeitet.

Zur Auswertung wurden die Z~ahlraten jeweils auf den Zeitpunkt des Aktivierungs- endes bezogen, wobei wegen der z.T. unterschiedlich langen Met~zeiten auch der zeitliche Abfall w~ihrend der Met~dauer beriJcksichtigt werden mutate. Die Z~hlrate Z (in Imp/min) zu Bestrahlungsende ergibt sich aus der fiber die Dauer t M zur Zeit t B nach Aktivierungsende gemessenen Impulszahl S (in Imp) zu

?~ exp (;~ t B) Z - - ' 8

1 - exp ( -~ t M)

Jede zur Gehaltsbestimmung direkt dienende Ziihlrate (aut~er Korrekturen) wurde w~ihrend jedes Aktivierungszyklus mehrmals gemessen.

liar zeitliches Abklingen bewirkt, daf~ bei den sp~teren Messungen die auf das Aktivierungsende bezogenen Z~ihlraten eine gr6fSere Standardabweichung besitzen. Zur Beriicksichtigung dieser Tatsache wurden bei der Mittelung der Zahlraten Gewichte eingefiihrt, die dem Quadrat der Standardabweichung umgekehrt proportional waren.

Ergebnisse

In Tabelle 2 sind die Ergebnisse ftir die Luna-16 und die Luna-20-Probe zusam- mengeste|lt. Man sieht, dat$ entsprechend tier verschiedenen Herkunft der Proben in den Makrokomponenten betrachtliche Unterschiede auftreten. Der hohe A1- und der geringe Fe-Gehalt in Luna-20 gegeniaber Luna-16 bewirken, daf~ in Luna-20-Material mehr Sauerstoff gebunden sein mutL Berechnet man den in den Oxiden der gemes-

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 213

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSA/"ALYSE

senen Elemente gebundenen Sauerstoff, dann ergibt sich, daft der Sauerstoffgehalt in Luna-20 um 3% h6her sein mtifSte als in Luna-16. Das ist abet gerade die ge- messene Differenz.

Die angegebenen Fehler sind einfache Standardabweichungen, die wie folgt zu- stande kommen. FOr jede gemessene Z~ihlrate wurde der Erwartungswert der Stan- dardabweichung berechnet und bis ins Endergebnis fortgepflanzt. AufSerdem wurde die Standardabweichung des Mittelwertes der Gehalte aus den Analysenwiederholun-

gen berechnet. Diese beinhaltet nattirlich nun auch Einfltisse der Reproduzierbarkeit

Tabelle 2 Ergebnisse der Bestimmung yon Makrokomponenten in lunarem Material durch

Aktivierungsanalyse mit 14 MeV-Neutronen

Element

O Mg AI Si Fe

(;ehalt, %

l.una-I 6

40.8~0.9 5.4~0.2 8.3•

20.5~0.2 12.5~0.2

Luna-20

43.7• 5.7~0.4

12.7~0.3 21.2~0.1 5.8~0.1

der Geometrien usw. und wird im allgemeinen grOf~er sein als dig aus der Z~ihlsta- tistik. In den F~llen, in denen nur wenige Einzelwerte vorliegen (Mg, AI, Fe) kann

zufa!lig aber auch die Wiederholungsstandardabweichung kleiner ausfallen als die aus

der Z~lstatistik. Deshalb wird im Ergebnis immer der gr61~ere der beiden Werte an- gegeben. Die im Mittel geringeren Fehler bei Luna-20 sind vor allem auf hohere Neutronenfl~se zuruckzufiihren.

Der Korrekturbeitrag durch St6rreaktionen ist aufSer for die AI-Korrektur am Mg

im allgemeinen klein. Er betr~igt f0r AI (0,77 -+ 0,11)%, fiir Si (0,16 -+ 0,04)% und

f'tir Fe (0,103 + 0,003)%, wobei mehrfache Storungen bereits zusammengefat~t sind.

Reaktoraktivierung

Experimentel les

Ein Teil der Probe aus der Generatoraktivierung bei Luna-16 und bei Luna-20 ein yon der Generatoraktivierung unabh/ingiger Teil wurde durch Reaktoraktivierung und anschliel~ende Gammaspektrometrie analysiert. Die Situation der Reaktoraktivie-

214 J. Radioanal. Chem. 28 (1975)

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

rungsanalyse war gekennzeichnet durch eine Entfernung von ca. 120 km zwischen Reaktor und Ort der Messung. Das hat zur Folge, daft einige kurzlebige Nuklide nicht erfafit werden konnten. Dieser Mangel konnte abet durch den Einsatz des Neutronengenerators teilweise wieder ausgeglichen werden. Die Proben wurden je- weils 20 h im B-Kanal des Forschungsreaktors des ZfK Rossendorf bei Neutronen- fl0ssen von 1,5 bzw. 3" 1013 n . cm -2 �9 sec -1 aktiviert. Sie waren in Quarzampullen

eingeschmolze n. Die Einwaage betrug ca. 5 mg. Zur Kontrolle der Variation des Neutronenflusses innerhalb der Aktivierungskapsel waren die Ampullen mit Cu-Mo- nitoren versehen.

Als Standards wurden die Standardgesteine BM (Basalt) und GM (Granit) des ZGI Berlin verwendet, wobei wegen der ~hnlichkeit zu lunarem Material BM als Hauptstandard fungierte und GM nur in wenigen F~illen herangezogen wurde, in denen die entsprechende Linienintensit~it in BM zu gering war. Der Einsatz derar- tiger Standards bringt Vor- und Nachteile. Zum einen sind gleiche Mel~bedingungen ftir Probe und Standard leicht zu realisieren, ahnliche chemische Zusammensetzung kordgiert in gewissem Grade automatisch den Einflut~ von St6rreaktionen und die Standardpr~paration ist sehr leicht. Andererseits ist die Genauigkeit der Resultate durch den Fehler der Gehaltsangaben for das Standardgestein begrenzt.

Die Messung der Gammaspektren erfolgte mit einem koaxialen Ge(Li)-Detektor yon 23 cm 3 aktivem Volumen (tschech. Prod.), der fiber einen Tennelec-Vorver- st~irker und einen Low-Noise-Amplifier an einen 4096-Kanal-Analysator (Nuclear Chicago) angekoppelt war. Das Energieaufl6sungsvermogen der Anordnung war ge- kennzeichnet durch eine Halbwertsbreite von 2.7 keV for die 1332 keV-Linie des 6~ Aut~er bei Messungen mit grol~em Probe-Detektor-Abstand befand sich der Detektor in einer 3 cm-Bleiabschirmung.

Abb. 1 zeigt als Beispiel eines der gemessenen Spektren. In den meisten Fallen wurden die Spektren bei einer Kanalbreite von ca. 0.5 keV pro Kanal registriert.

Das Gamma-Spektrum jeder Probe wurde zu verschiedenen Zeiten nach Aktivie- rungsende aufgenommen, um sowohl noch relativ kurzlebige Nuklide als auch nach deren Abklingen die langlebigen mit hoher Genauigkeit zu erfassen. Die Mel~schema- ta for Luna-16 und Luna-20 waren etwas unterschiedlich und erstreckten sich i~ber einen Zeitraum yon 50 Tagen nach der Aktivierung bei Luna-16 und yon 24 Tagen bei Luna-20. Tabelle 3 enth~ilt in Spalte 5 die Mel~zeitpunkte f'or Luna-20.

Weiterhin gibt diese Tabelle Aufschlul~ iiber die benutzten Radionuklide, insbe- sondere iiber die in die Auswertung einbezogenen Gamma-Linien. Es sind auch einige Nuklide aufgefiihrt (76As, S6Rb, 122Sb ' 134Cs), die in der Probe nicht, wohl aber im Standard nachgewiesen wurden und damit die Bestimmung einer Nachweis- grenze for die Probe erm6glichten.

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 215

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

~o . O O

t - - : = I

| = " * - ' , e - = n

/ " - , , , , .,s ,,,,~, -~ i i : - ~' ~ ~ li "~",'L .i i ~ ~ .~ g i ,

a ~;I

' lii

r I _ _ _ 1 I I ! ~ 50 100 150 200 250 300

E,~ keY

Abb. 1. ~,-Spektrum der Luna-16-Probe (niederenergetischer Teil):Aktivierungsdauer 19 h, Pausenzeit 28 d, MeJ~dauer 15 h, Probengewicht 4.15 mg

Die letzte Spalte enthiilt die Anzahl der pro Element ermittelten Einzelwerte,

wobei diese aus der Auswertung verschiedener Linien als auch aus wiederholten

Messungen rest:ltieren k6nnen.

Die ersten Messungen nach Aktivierungsende wurden in den Aktivierungsampullen durchgeftihrt. Wegen der gr6fSeren Detektorabstiinde reicht dabei die Genauigkeit

der geometrischen Fixierung aus. FiJr die weiteren Messungen wurden die Proben und

die Standards zur Beseitigung des Blindwertes und zur besseren Reproduzierung der

Mefigeometrie in spezielle Plexiglaskapseln umgeftillt, die die Probensubstanz auf ein

Volumen yon 4 mm Durchmesser und maximal 1 mm H6he konzentrierten.

Die Auswertung der Spektren erfolgte in den meisten F~illen mit einer leicht mo- difizierten Variante eines von MILLS 2 angegebenen Programms auf einer BESM-6. Nach Gl~ittung des Spektrums und Peaksuche tiber die zweiten Ableitungen werden

die Linien iterativ an Gaufikurven auf einem quadratischen Untergrund angen~ihert.

Es k6nnen bis zu 5 nicht vollst~indig getrennte Linien in einem Fittingprozel~ ge-

meinsam behandelt werden.

216 J. Radioanal. Chem. 28 (1975)

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

Tabelle 3 Radionuklide, Halbwertszeiten, Gammaenergien und Met~zeitpunkte for die instrumentelle

Reaktoraktivierungsanalyse yon Luna-20-Material

Element Radionuklid Halbwertszeit Ausgewertete Me~datum nach Anzahl .-/-Energien, keV Aktivierung, d d e r Messwerte

Na

K Sc

Cr

Mn |:c Co

As Rb Mo

Sb Cs La Ce

Sm Eu

Tb

Yb Lu

- ttf W

Th

~4Na 42 K 468C

S~Cr

S6Mn SgFe, S4Mn

6OCo

76As

S6Rb 99 mTc

aaZSb

13*Cs 14OLa

l a l C c

lS3Sm lSZEu

16OTb 169yb, tTsy~

177Lu

~S~Hf 187 w

23~pa

15 h

12.4 h 84 d

27.8 d 2.58 h

45 d, 303 d 5.26 a

26.8 h 18.7 d

6 h (66 h)

65 h 2.05 a

40.2 h 32.5 d

46.8 h

12.4 a

72.1 d 32 d, 4.2 d

6.7 d 42.5 d 23.8 h 27.4 d

1368

1525 889, 1120

320

847 192,1099,1292,835

1173, 1332

559 1077

141

564 6O5

2 1

7, 14, 24 7, 14, 24

0 7, 14, 24 7, 14, 24

7 7, 14

7

7 7, 14

329,487, 816, 1595 145

103

122, 244, 1408

880 177, 198, 283,396

208

482 479

312

7, 14 14, 24

7, 14

14, 24 7, 14, 24 7, 14, 24 7, 14, 24

14, 24 2

7, 14, 24

2

3

6

3

2

12 6

1

2 1

1

2 5 2

2

6

3 10

3 2

3 3

Ergebnisse und Diskussion

Tabelle 4 zeigt die ennit tel ten Gehalte bzw. Nachweisgrenzen. Sie st immen gut

mit den durch FunkenqueUenmassenspektrografie 3 gemessenen und auch denen an-

derer Autoren 4-6 i]berein. Als Fehler ist wiederum wie bei der Generatoraktivierung

das Maximum yon Z~ihlstatistik und Wiederholungsstandardabweichung angegeben.

Dabei ist allerdings zu bemerken, dab z.T. keine vollst~indige Versuchswiederholung

vodiegt, da nicht mehrfach aktiviert und nicht neu eingewogen wurde. Letzteres war

bei der Generatoraktivierung auch nicht der Fall, der relative W~igefehler aber wegen

der gr6fSeren Probemenge gefinger. Die Elementgehalte der Standardgesteine wurden

aus Lit. ~ entnommen.

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 217

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

Tabelle 4 Ergebnisse der Reaktoraktivierungsanalyse an lunarem Material

Element Gehalt, pore

Luna-16 Luna-20, Probe A Luna-20, Probe B

Na

K

Sc Cr Mn

F:c, %

Co As Rb Mo

Sb Cs La Ce Sm Eu Tb Yb

Lu Hf W

Th

3040 x 80

1080 • 200 55 • 0.9

1860 ~ 30 1660 ~ 40

12.7 • 0.1 27.0 • 0.5

~7 ~38

~0.6 ~0.6

11.7 • 0.4

2420 • 100 2810 • 110

18.0 • 0.2 1190 -+ 20

732 • 39 809 • 36

6.13 -+ 0.04 25.5 • 0.6

<16 5.0 • 0.7

~0.7 8.38 • 0.16

48 • 2 22.5 9.0 • 0.3 3.9 2.0 • 0.05 0.96 2.3 • 0.4 1.4 7.2 • 0.5 4.2 0.65 • 0.04 0.39 7.4 • 0.2 3.1

16 • 4 42

1.3 -+ 0.3

• 1.4

• 0.1 • 0.04 -+ 0.6 • 0.2 +- 0.02 • 0.4 *- 3

39 -+ 2 1.0 -* 0.1

2450 -+ 140 2790 -+ 90

560 -+ 80 19.0 -* 0.2

1450 -+ 20 751 • 28 872 -* 2 5

6.61 • 0.14 45.9 -* 0.9

~4 ,~19

3.5-+ 0.4

~0.5 ~0.8

7.42 -* 0.16 20.4 • 0.8

3.6 • 0.1

0.93 • 0.04 1.6 • 0.6

3.9 • 0.1

0.40 • 0.02 2.9 • 0.3

38 • 2 46 -+ 2

0.7 • 0.1

Bei der Analyse des Luna-16-Materials waren in der Probe zwar l STW-Linien sehr

gut auszuwer ten , n icht aber in den Standards . Deshalb wurde der W-Gehalt un te r

E inbez iehung der Akt iv ie rungsquerschni t te , der relativen De tek to rempf ind l i chke i t usw.

durch Bezug auf andere E lemen te der Probe berechne t . Dazu wurden 10 wei tere

E lemente der Probe benu tz t . Der W-Gehalt von 16 p p m liegt wel t tiber dem anderer

P roben und l~it~t eine K o n t a m i n a t i o n vermuten . Auch andere A u t o ren 4,s be r ich ten

tiber e rh6h t en W-Gehalt in Luna-16-Bodenproben .

Deshalb wurden bei den Luna-20-Unte r suchungen spezieUe W-Standards pr~pariert

und 4 Luna-Proben parallel aktiviert , um bei einer eventuel len K o n t a m i n a t i o n ihre

Homogenit~it priifen zu k6nnen . Bis zu den W-Messungen (Mn, Na, W), die noch

218 y. Radioanal. Chem. 28 (1975)

M. GEISLER: INSTRUMENTELLE AKTIVIERUNGSANALYSE

in den Aktivierungsampullen stattfanden, gibt es deshalb in Tabelle 4 jeweils vier unabh~ingige Werte. Anschlief~end wurden je zwei Aktivierungsampullen in jeweils eine MefSkapsel vereinigt, die den Spalten A Und B der Tabelle 4 entsprechen.

Es wurde mit 41 ppm im Mittel auch for Luna-20 ein sehr hoher W-Gehalt ge-

funden. Es konnte aber zwischen den 4 Teilproben keine signifikante Inhomogenit~t

festgestellt werden. Zwar ist die relative Standardabweichung eines Einzelwertes ftir W aus der Analysenwiederholung mit 8% grOt~er als die aus der Z~ihlstatistik (5%),

aber in die erstere gehen ja weitere Fehlereinfltisse ein, und das Verh~iltnis der bei-

den Fehlerarten ist for die anderen beiden, an 4 Proben bestimmten Elemente (Mn, Na) ~ihnlich, n~imlich beide Male 8% : 4%. Daher mul~ auf eine ziemlich gleichm~i-

f~ige W-Kontamination geschlossen werden.

Im Gegensatz zu W wurden nun erstaunlicherweise an einigen anderen Elementen

signifikante Differenzen zwischen den Teilproben A und B yon Luna-20 gefunden,

die gr6f~te for Co mit einem Faktor 1.8 zwischen beiden Werten. Aber auch Cr

und sogar Fe sind in Teilprobe B erh6ht, w~ihrend Sc und die seltenen Erden in B

gegentiber A eine zu niedrigeren Werten deutende Tendenz zeigen. Ein Ansatzpunkt

einer m6glichen Erkliirung sind die yon VINOGRADOV 8 for Luna-20 erw~ihnten

"meteoritischen" Metallk6rnchen, die auch JI~ROME u. Mitarb. s zur Deutung der

etwas h~heren Co-Konzentration in Luna-20 bei allgemein geringeren Metallgehalten

heranziehen und die bei ihrem Vorhandensein dann natiiflich auch zu Inhomogeni-

t~iten ftihren k6nnen.

Diese Inhomogenit~iten sind auch m6glicherweise der Grund ftir die schlechtere

Obereinstimmung der Fe-Werte aus Generator- und Reaktoraktivierung bei Luna-20 gegeniiber Luna-16.

Die fiir 4 Elemente angegebenen Nachweisgrenzen entsprechen einer mit einem

relativen Fehler yon 100% bei einem 95%igen Vertrauensintervall nachweisbaren

Konzentration.

Literatur

1. M. GEISLER, Isotopenpraxis, 7 (1971) 319. 2. S. J. MILLS, Nucl. Instr. Meth., 81 (1970) 217. 3. H.-J. DIETZE, pers6nliche Mitteilung. 4. YU. A. SURKOV, F. F. KIRNOZOV, I. N. IVANOV, G. M. KOLESOV, B. N. RIVK1N, A. P.

SHPANOV, J. Radioanal. Chem., 18 (1973) 169. 5. D. Y. Jt~ROME, J.-C. PHILIPPOT, Geochim. Cosmochim. Acta, 37 (1973) 909. 6. J. C. LAUL, R. A. SCHMIDT, Geochim. Cosmochim. Acta, 37 (1973) 927. 7. R. SCHINDLER, Z. Angew. Geol., 18 (1972) 221. 8. A. P. VINOGRADOV, Geochim. Cosmochim. Acta, 37 (1973) 721.

J. Radioanal. Chem. 28 (1975) 219

Recommended