View
105
Download
1
Category
Preview:
Citation preview
Konzepte und Instrumente der "Neuen Regionalplanung"
WS 2007/08
290162 SE Seminar aus Humangeographie, 3 st., 6 ECTS-Punkte,
Di 13:00-16:00 Seminarraum d. Inst.;Leitung: Peter Weichhart
Studienassistenten: Christian Leupold und Sandra Barthel Seminarraum des Instituts
Einführung in das Thema
KINRegplEin01
Bedeutungszunahme der Regionalplanung
Seit etwa 15 Jahren wird in der Fachdiskussion mit zu- nehmender Deutlichkeit auf die Sonderstellung der
regionalen Planungsebene hingewiesen.
Diese mittlere Planungsebene, die früher durch eine eheruntergeordnete Position gegenüber der Landesplanung und
der örtlichen Planung gekennzeichnet war, scheint gegen-wärtig immer wichtiger zu werden.
Begründung: dramatische Veränderung der aktuellenStandortstrukturen und der räumlichen Entwicklungs-
dynamik im Postfordismus. Hintergrund: Globalisierungund Regionalisierung.
KINRegplEin02
Was versteht man unter „Raumordnung“?
Die Ordnung des Raumes:
die in einem Gebietvorfindbare aktuelle An-
ordnung physisch-materi-eller Dinge in ihrer räum-
lichen Verteilung und ihren Lagerelationen.
Wird von der Raumforschungund der Geographie unter-sucht (empirische Forschung).
Das Ordnen des Raumes:
die aktive Gestaltungsar-beit staatlicher Institutionen,die zu einer als wünschens-wert angesehenen Entwick-lung von Raumstrukturen
führen soll.
Wird von der Raumplanung,als Verwirklichung normativerVorgaben der RO-Politik durch-geführt.
KINRegplEin02b
KINRegplEin02c
„Raum“ versus „Räumlichkeit“
• Vorsicht: „Raum“ ist kein „Häferl“!
• Für die Raumordnung sind vor allem zwei Raumkonzepte von Bedeutung:
• Raum im Sinne von „Räumlichkeit“ (Relatio- nalität der Körperwelt)
• Raum im Sinne von „Territorium“ (Gültigkeitsbe- reich von Normen, Verwaltungsgliederung des Staates)
Raumordnung ist territorial organisiert und hat dasZiel, Räumlichkeit zu optimieren.
KINRegplEin03
Struktur der Raumordnung in Österreich
Träger Kompetenz Instrumente
Bund ÖROK
Kein Bundes-ROG, sektorale Planungen (Verkehr, Forst…)
(ÖROK: unverbindliche Empfehlungen)
Land Landesplanung, Auf-sichtsbehörde für alle
Planungsebenen
ROG (9x!), Landesentwick-lungsprogramme, Sachpro-
gramme
Gemeinden Örtliche Planung, Regionalplanung (unver-bindlich, selten genutzte Option)
Räumliches Entwicklungs-konzept, Flächenwidmungs-plan, Bebauungsplan, (Regionalpläne)
Warum ist Raumordnung so wichtig?I. Die zentrale Funktion der Raumordnung
Festlegung der Nutzungs-möglichkeit von Grund-stücksparzellen. Dadurchwird der Wert der Grund-stücke bestimmt.
Umwidmung von Grünland in der Stadt Salzburg: 200.000m2
6 Millionen € vs.80 Millionen €
KINRegplEin04
Wertsteigerung durch UmwidmungDurch Umwidmung von Grünland in die verschiedenen Formen von Bauland entstehen Milliardengewinne.
Eine Studie von KREUTZER, FISCHER & Partner (2005)legt für Österreich folgende Schätzwerte vor:
Pro Jahr werden in Österreich derzeit ca. 100 Millionen m2
Grünland in Bauland umgewidmet; Ausgangspreis: 220 Mio. €, Wert nach der Umwidmung: 3,5 Mrd. €.
Jährlich wird durch die RO eine Wertsteigerung von Grundstücken in der Höhe von 3,3 Mrd. € geschaffen.
Durch bestimmte Widmungen (EKZ, Megastrukturendes Einzelhandels) lassen sich auf Grundstücken
extrem hohe Renditen erzielen.KINRegplEin05
Ein großes Problem: Baulandmobilisierung
Entwicklung der Bau-landpreise in Salzburg
Bauland wird gehortet, weil die jährliche Wertstei-gerung höher ist, als die Rendite bei wesentlich
risikoreicheren anderen AnlageformenKINRegplEin06
Warum ist Raumordnung so wichtig?II. Verbauung zukünftiger Handlungsoptionen
Salzachtal bei Salzachtal bei Kuchl, GeorgenbergKuchl, Georgenberg
Die Folgen:Die Folgen:
„„Landschaftsverbrauch“Landschaftsverbrauch“
Photo: P. WEICHHARTKINRegplEin07
Plan und Wirklichkeit? Hochleistungs-trasse Westbahn?
42% aller Gebäude im Flachgaustehen im Grünland (§ 19/3)!
KINRegplEin08
Warum ist Raumordnung so wichtig?III. „Sozialisierung“ von Folgekosten
Die aktuelle Planungspraxis führt häufig dazu, dassder Nutzen von Widmungsentscheidungen „privati-
siert“, der dadurch produzierte Schaden jedoch„sozialisiert“ wird.
In derartigen Fällen kommen durch Standort- undWidmungsentscheidungen einzelne Grundstücks-eigner zu Vorteilen, die öffentliche Hand muss für
die Folgekosten aufkommen.
KINRegplEin09
Warum ist Raumordnung so wichtig?IV. Positionierung im Regionenwettbewerb
• Wirtschaft und Lebenswelt sind heute regional organisiert;
• Regionen sind eine komplementäre Struktur der Globalisierungsdynamik;
• Regionen sind das Resultat der sozialen Praxis, sie sind hybride Phänomene, die sowohl in der Wirtschaft als auch kulturell verankert sind;
KINRegplEin10
• der ökonomische Wettbewerb findet heute nicht nur zwischen Betrieben und Volkswirtschaften, sondern besonders zwischen Regionen statt;
• Regionen sind der Ort der ökonomischen Mo- dernisierung (Cluster, New Industrial Districts, kreative Milieus);
• erst auf der regionalen Ebene ist jene Vielfalt und Komplementarität von Standortgegeben- heiten präsent, die als Attraktoren für mobile Standortfaktoren wirken.
Warum wird die regionale Handlungsebene immer wichtiger?
KINRegplEin11
FreilassingTextilien
WalsEinkaufs-zentrum
Bad Reichenhall
Schwimmbad
EugendorfMöbelmärkte
WallerseeWallersee
HALLEIN
WOHNUNGWOHNUNGGemeinde Gemeinde
HofHof
AnifSuper-markt
SALZBURG
KuchlFach-schule
Schischule
Wohnen Sich versorgen Bildung
ArbeitenSozial-kontakte
Freizeit
Freunde
In der Agrar- und der Industriegesellschaft waren die Gemeinden die räumlichen Bezugs-einheiten sozialer und wirtschaftlicher Prozes-se. Heute sind diese Basiseinheiten groß-räumige Funktionalregionen, die zusätzlich durch komplementäre Bindungen zur Welt-wirtschaft gekennzeichnet sind. Sie stellenoperative Ausführungsorgane der Globalöko-nomie dar.
„Regionale Lebenswelt“
KINRegplEin12
Funktionalregionen
Sie entstehen durch die sozioökonomische Hand-lungspraxis (Pendlerverflechtungen, zentralörtliche
Beziehungen, Kaufkraftströme, soziale Inter-aktionen etc.).
Es handelt sich meist um Nodalregionen (Zentral-räume, Ballungsräume, Metropolregionen), die aus
einer Kernstadt und den mit ihr funktional ver-flochtenen Umlandgemeinden besteht.
Es gibt auch polyzentrische Funktionalregionen.
KINRegplEin13
P218/ProgReg/14
Außensaum desSalzburger
Zentralraumes
Quelle: Volkszählung 1991, Berufspendler
Anteil der Auspendleran den wohnhaftenBeschäftigten (%) Bis unter 5
5 bis <1010- < 2020-<4040 und mehr
Berufspendler 1991Berufspendler 1991
KINRegplEin14
Berufspendler 2001KINRegplEin15
Kundeneinzugsbereich derStadt Freilassing
S
KINRegplEin16
INI2001INI2001
KINRegplEin17
Aktuelle Funktionalregionen versus Territorien
Die territoriale Binnengliederung der Staaten istein Spiegelbild historischer Funktionalregionen und
bildet Aktivitäts- und Standorträume älterer sozio-ökonomischer Systeme ab.
Das zentrale Problem:Die administrativen territorialen Einheiten (Staaten,Länder, Gemeinden), die gleichzeitig die Grenzen
der Planungsregionen definieren, stimmen nicht mit den heute gegebenen funktionalen Raum-
einheiten überein.
KINRegplEin18
„„Kooperations-Kooperations-verbund“verbund“
Administrative Grenzen,aktuelle Planungsregionen
Die Grenze ist instabil und ändert sich mitdem Wandel der sozioökonomischen Praxis
Aktueller/potenziellerVerflechtungsbereich(Funktionalregion)
Quelle: P. WEICHHART, 2001
Planungs- und Planungs- und Entwicklungs-Entwicklungs-region, Pro-region, Pro-
grammregiongrammregion
Bereich gemeinsamer Ma-nagement- und Steuerungs-aktivitäten
Schaffung einer „Quasi-Gebietskörperschaft“mit Steuerungskompetenz für den Verflech-tungsbereich
KINRegplEin19
Warum sind in Ballungs- und Metropolregionen Steuerungsmaßnahmen
besonders wichtig?
Um im Wettbewerb der Regionen bestehenzu können.
In diesem Wettbewerb können sich jene Funktionalregionenam besten positionieren, in denen eine Optimierung derimmobilen Standortfaktoren gelingt. Damit erweist sich
die Steuerungsfähigkeit einer Region als Schlüsselvariableihres ökonomischen Erfolgs.
Dies setzt die Etablierung einer Programmregionund intensive interkommunale Kooperation voraus.
KINRegplEin20
„Stand der Technik“
1995
P228ROWien29
1998
Die Etablierungvon stadtregionalen Steuerungssyste-
men und Regional-programmen wird als Aufgabe von
nationaler Bedeu-tung angesehen.
2004
KINRegplEin22
Der „Arbitrageprozess“ als Motor des Wettbewerbs der Regionen
Regionen haben auf der Grundlage immobiler Pro-duktionsfaktoren „... die Möglichkeit, durch eine
attraktive Standortgestaltung mobile Produktions-faktoren anzuziehen … Eine schlechte Standortpo-
litik wird durch Abwanderung bestraft, eine gute durch Zuwanderung belohnt.“
(T. STRAUBHAAR, 1996, S. 225)
Die heute entscheidende Maßstabsebene derStandortpolitik ist dabei die Region.
KINRegplEin23
Die PointeEin erheblicher Teil der immobilen Standortfaktoren
einer Region wird vom Raumordnungssystem produ-ziert und ist das Produkt effizienter Koordinations-
und Steuerungsmaßnahmen.
Damit wird die Steuerungsfähigkeit von Regional-ökonomien zum Schlüsselkriterium für ihren wirt-
schaftlichen Erfolg.
Steuerungsfähigkeit setzt die Existenz einerdeckungsgleichen Programmregion mit ver-
bindlichen Regelwerken (Plänen) voraus, welche kommunale Egoismen verlässlich verhindern.
KINRegplEin24
Die „klassische“ Regionalplanung
Landesplanung
Orts-/Gemeinde-planung
Regional-planung
Aufgaben der Regional-Aufgaben der Regional-planung:planung:• Koordination, VermittlungKoordination, Vermittlung•Transformation Transformation • InteressensausgleichInteressensausgleich zwischen Landes- und zwischen Landes- und OrtsplanungOrtsplanung
Wirkungsgrad:Wirkungsgrad:• eingeschränkt, “weich”eingeschränkt, “weich”• eher Orientierungshilfe,eher Orientierungshilfe, unverbindlich unverbindlich • geringer Operationalisie-geringer Operationalisie- rungsgradrungsgrad
Methodisch-theo-Methodisch-theo-retische Begründung:retische Begründung:• ““Gegenstromprinzip”Gegenstromprinzip”• hierarchische Struktur hierarchische Struktur politischer und admi-politischer und admi- nistrativer Aufgaben-nistrativer Aufgaben- teilungteilung
Instrumente:Instrumente:• RegionalplanRegionalplan• ExpertenkonzepteExpertenkonzepte
KINRegplEin25
Ein neues Verständnis von RegionalplanungEin neues Verständnis von Regionalplanung
Landesplanung
Orts-/Gemeinde-planung
Regional-Regional-planungplanung
Aufgaben der Aufgaben der Regionalplanung:Regionalplanung:• Entwicklungsplanung Entwicklungsplanung • Mobilisierung autoch-Mobilisierung autoch- thoner Potentialethoner Potentiale• regionale Identitätregionale Identität• interkommunaleinterkommunale ArbeitsteilungArbeitsteilung• PPPPPP
Wirkungsgrad:Wirkungsgrad:• EffizienzsteigerungEffizienzsteigerung• höhere Verbindlichkeit höhere Verbindlichkeit • hoher Operationalisie-hoher Operationalisie- rungsgradrungsgrad
Begründung:Begründung:• Zunahme der Regio-Zunahme der Regio- nalisierungnalisierung• Wettbewerb der Wettbewerb der RegionenRegionen• interkommunaleinterkommunale Arbeitsteilung Arbeitsteilung • “ “postfordistische postfordistische Formation”Formation”
Neue Instrumente:Neue Instrumente:• RegionalmarketingRegionalmarketing• RegionalkonferenzenRegionalkonferenzen• MediationMediation• “ “Koopkurrenz”Koopkurrenz”• QualifikationQualifikation
KINRegplEin26
Formelle und informelle Instrumente
KINRegplEin27
Die „formellen“ Instrumente sind jene, die in irgendeiner Formgesetzlich vorgegeben sind, in Planungsverfahren eine festePosition besitzen und meist einen Teil des Verwaltungshan-
delns darstellen. Dazu zählen in Salzburg die im SROG defi-nierten Instrumente, die Regionalprogramme und Regional-pläne sowie Sachprogramme und genau genommen auch das Landesentwicklungsprogramm, das ja Vorgaben und
Festlegungen zur Regionalplanung enthält.
Die „informellen“ Instrumente dienen letztlich dazu, der Pla-nung „neue Kompetenzfelder zu erschließen“
(M. SCHÄDLICH, 1999, S. 40).
„Neue Kompetenzfelder“
KINRegplEin28
Diese neuen Kompetenzfelder stehen einerseits in Zusam-menhang mit der gegenwärtigen Umstrukturierung des Pla-nungssystems von der reinen Ordnungsplanung zur erwei-
terten Form einer Entwicklungsplanung und andererseitsmit den besprochenen sozioökonomischen Entwicklungen
des Postfordismus.
Die informellen Instrumente lassen sich nach ihrem Zweckoder ihrer Aufgabensetzung typisieren.
Aufgabenbereiche informeller Instrumente
KINRegplEin29
• Konzeptbildung, Konzeptentwicklung
• Information und Bewusstseinsbildung
• Kommunikation
• Integration sektoraler Handlungsfelder
• Entscheidungsfindung
• Implementierung von Innovationen
• Management und Umsetzung
• Marketing
Region als Ebene der gesellschaftlichen Steuerung
KINRegplEin30
Es geht letztlich darum, die Voraussetzungen für die Aufwer-tung von Regionen als eine bedeutsame politisch-admini-
strative und ökonomische Ebene der gesellschaftlichen Steuerung zu schaffen und den Steuerungsprozess selbst
zu gestalten (vergl. D. FÜRST, 1999, S. 351).
Es handelt sich um Verfahren und Aktionsweisen, mit deren Hilfe eine intermediäre Kooperation zwischen Staat, Kom-
munen und Privaten auf regionaler Ebene hergestellt werden soll.
Instrumente
KINRegplEin31
• Regionalinitiativen:
Unspezifische Sammelbezeichnung für verschiedenste Formen meist autochthon initiierter Bemühungen zur Entwicklung bestimm-ter Regionen verwendet. Es handelt sich um spontane Initiativen, die von Einzelpersonen, aber besonders auch von Institutionen wie Industrie- und Handelskammern, Vereinen, Kulturinstitutionen, re-gional verankerten Wirtschaftstreibenden oder spontan gebildeten Aktionsgemeinschaften in die Wege geleitet werden und oft eine relativ chaotisch-undeterminierte Entwicklungsdynamik aufweisen. Immer geht es dabei um den Versuch, Entwicklungsprozesse auf regionaler Ebene in Gang zu setzen.
KINRegplEin32
Instrumente
• Regionalmanagement
In einer allgemeinsten Formulierung könnte man mit „Regionalma-nagement“ jede Form von Aktivitäten bezeichnen, welche „...auf die kollektive Gestaltung von regionalen Entwicklungsprozessen...“ ab-zielen.
• Regionale Entwicklungsagenturen
Unspezifischen Bezeichnung für Organisationen, die in irgendeiner Weise mit Regionalentwicklung zu tun haben.
• Regionalkonferenzen
Neue Entscheidungsstrukturen unter verstärkter Einbindung regionaler Akteure.
Instrumente
KINRegplEin33
• Städtenetze und das „Netzwerkparadigma“
• Regionale Bildungsinitiativen und „lernende Regionen“
• Stadtmarketing und Regionalmarketing
• Regionale Einzelhandelskonzepte (REHAK)
Recommended