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Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Lernen im Alter – eine entwicklungspsychologische Perspektive
Bildung und Lernen im und für das Alter
Dr. Vera Schumacher
12.04.2019 Seite 1Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Wieso eine entwicklungspsychologische
Perspektive?
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Lernen
Inhalt Umsetzung
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Lernen
Es gibt Lernprozesse, bei denen die Aussensteuerung durch Reize eine
ausschlaggebende Rolle spielt und andere, bei denen die Innensteuerung durch
subjektive kognitive Strukturierungsprozesse im Vordergrund steht.
Zu ersteren gehören Reiz-Reaktions-Lernen (klassische Konditionierung) und
instrumentelles Lernen (operante Konditionierung), zu letzteren Begriffsbildung
und Wissenserwerb sowie Problemlösen und das Lernen von Handeln.
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(Quelle: Göhlich & Zirfas, 2006)
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Aussensteuerung
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Klassische Kondinierung
Der Begründer des klassischen Konditionierens ist der russische Physiologe Iwan P. Pawlow (1849–1936).
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Ablauf: Experiment klassische Konditionierung
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 7
Quelle: https://prezi.com/rsudlobbpthu/grundprinzipien-der-
klassischen-konditionierung/
Vor der
Konditionierung
Während der Konditionierung
Nach der Konditionierung
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Blutdruck
• Nachdem eine den Blutdruck senkende Methode mit dem Klang einer Glocke gekoppelt worden ist,
kann bereits der Glockenschlag alleine das Senken des Blutdrucks auslösen.
Schmerzen
• Bei einer Verletzung oder einem Eingriff auftretende Schmerzen können sich auf nächste ähnliche
Situationen auswirken. ➔ Angst vor Schmerzen
Beispiele
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 8
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Weshalb ist die klassische Konditionierung in der psychologischen Forschung von Interesse?
• Therapie, Phobien usw.
Wie könnte überprüft werden, ob Personen verschiedenen Alters unterschiedlich schnell Reiz-Reaktions-
Verbindungen lernen?
• Lidschlag
• Galvanische Hautreaktion
• Handreflex
• Usw.
Fragen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 9
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Entwicklungspsychologische Perspektive
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 10
(Quelle: Kausler, 1994)
Kinder = 8-10
Junge Erwachsene = 18-25
Ältere Erwachsene = 62-84
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Entwicklungspsychologische Perspektive
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 11
(Quelle: Kausler, 1994)
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Verarbeitungsgeschwindigkeit
• Das Zeitintervall zwischen dem konditionierten und unkonditionierten Stimulus ist zu kurz für ältere Personen.
➔ eher unwahrscheinlich
Motivationale Faktoren
• Weniger starke Wahrnehmung von Angst bei älteren Personen. ➔ eher unwahrscheinlich
Sensitivität
• Altersbedingte Verluste der Sensitivität gegenüber dem Stimulus. ➔ eher unwahrscheinlich
Neurobiologische Unterschiede
• Altersbedinge Abnahme der Purkinjezellen im Cerebellum. ➔ eher wahrscheinlich
Erklärungsansätze
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 12
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Aussensteuerung
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Skinner hat mit Hilfe der Skinner-Box untersucht, welche Merkmale das Verhalten eines Tieres in welchem
Ausmass beeinflussen:
Operante Konditionierung
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 14
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Operante Konditionierung Verstärkung
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Darbietung derKonsequenz Entzug der Konsequenz
Angenehme Konsequenz Positive Verstärkung Negative Bestrafung
Unangenehme Konsequenz Positive Bestrafung Negative Verstärkung
Keine Konsequenz Löschung
Hinzufügen eines
angenehmen
Reizes
Entfernen eines
unangenehmen
Reizes
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Beispiele: Verstärkung (Verhaltensaufbau)
Positive Verstärkung
Ein Kind zeigt ein Verhalten, um eine positive Konsequenz (Belohnung) zu erzielen.
– Beispiel: Das Kind macht die Hausaufgaben und bekommt deshalb Schokolade.
(+ Schokolade (+))
Negative Verstärkung
Ein Kind zeigt ein Verhalten, um einer aversiven Konsequenz aus dem Weg zu gehen.
– Beispiel: Das Kind macht die Hauaufgaben und muss deshalb das Zimmer nicht aufräumen.
(- Zimmer aufräumen (-))
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Verhaltensaufbau
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Operante Konditionierung Bestrafung
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Darbietung derKonsequenz Entzug der Konsequenz
Angenehme Konsequenz Positive Verstärkung Negative Bestrafung
Unangenehme Konsequenz Positive Bestrafung Negative Verstärkung
Keine Konsequenz Löschung
Entfernen eines
angenehmen
Reizes
Hinzufügen eines
unangenehmen
Reizes
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Beispiele: Bestrafung (Verhaltensabbau)
Positive Bestrafung
Auf ein Verhalten folgt eine aversive Konsequenz.
▪ Beispiel: Das Kind hat die Aufgaben nicht gemacht und muss deshalb das Zimmer aufräumen.
(+ Zimmer aufräumen (-))
Negative Bestrafung
Auf ein Verhalten folgt der Entzug einer positiven Konsequenz.
▪ Beispiel: Das Kind hat die Aufgaben nicht gemacht und bekommt deshalb keine Schokolade.
(- Schokolade (+))
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Verhaltensabbau
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Gibt es Altersunterschiede beim Verhaltensaufbau durch positive Verstärkung?
Fragen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 19
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Material
Entwicklungspsychologische Perspektive
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 20
Quelle: Kausler (1994)
Junge Erwachsene = 19-25
Ältere Erwachsene = 64-76
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Das Verhalten beruht auf einem erlernten Mechanismus der nicht - wie bei der klassischen
Konditionierung - von altersbedingten biologischen Abbauprozessen beeinflusst wird.
Leistungsmotivation könnte bei der besseren Leistung (mit und ohne Belohnung) der jüngeren
Versuchspersonen eine Rolle gespielt haben.
Hinweis: Verschiedene verhaltenstherapeutische Ansätze wie beispielsweise das Biofeedback oder die
Dialektisch-Behaviorale Therapie basieren auf der operanten Konditionierung.
Erklärungsansatz
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 21
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Innensteuerung
Inhalt Umsetzung
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Elisabeth, 33 Jahre alt, ist seit acht Jahren eine erfolgreiche Projektmanagerin mit Aussicht auf eine
Beförderung. Die neue Position würde verlangen, dass sie noch mehr Zeit und Engagement in die Arbeit
investiert. Sie und ihr Mann würden jedoch auch gerne Kinder haben, bevor es zu spät ist. Elisabeth
überlegt sich folgende Möglichkeiten:
• Sie könnte die Beförderung annehmen.
• Sie könnte mit der Familienplanung beginnen.
Formulieren Sie einen Plan, welcher beschreibt, was Elisabeth in den nächsten 3-5 Jahren machen und
berücksichtigen sollte. Was für weitere Informationen benötigen Sie dafür?
Was wird mit dieser Fallvignette getestet?
Fallvignette
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Definition beziehungsweise Meta-Eigenschaften von Weisheit nach Staudinger und Baltes (1996):
• Weisheit beschäftigt sich mit wichtigen und schwierigen Fragen der Lebensführung und -deutung.
• Weisheit ist höchstes Wissen, Urteilsfähigkeit und Ratschlag.
• Weisheit ist Wissen mit aussergewöhnlicher Breite, Tiefe und distanzierter Ausgewogenheit.
• Weisheit ist in Entwicklung und Anwendung positiv ausgerichtet, entweder auf das eigene Wohlergehen
oder auf das von Anderen.
• Es herrscht breiter sozialer Konsens darüber, was Weisheit ist.
Weisheitsbezogenes Wissen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 24
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Basiskriterien
• Faktenwissen in grundlegenden Fragen des Lebens
• Strategiewissen in grundlegenden Fragen des Lebens
Metakriterien
• Lifespan-Kontextualismus
• Wert-Relativismus
• Erkennen von und umgehen mit Ungewissheit
Fünf Kriterien von Wissen und Urteilsfähigkeit (nach Staudinger und Baltes, 1996)
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 25
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12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 26
(Quelle: Smith & Baltes, 1994)
Junge Erwachsene = 25-35
Erwachsene mittleren Alters = 40-50
Ältere Erwachsene = 60-81
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Befunde
• Sehr wenige Antworten wurden als weise eingestuft (5%).
• Diejenigen Probleme, die relevanter für das eigene Leben waren, wurden von den jungen und älteren
Erwachsenen besser gelöst als solche, die weniger wichtig waren.
Erklärungen
• Zusammenhang mit kristalliner Intelligenz.
Befunde und Erklärungen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 27
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Kristalline Intelligenz
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 28
(Quelle: Schumacher & Martin, 2013)
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Innensteuerung
Inhalt Umsetzung
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Problemlösen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 30
https://www.mathematik.ch/spiele/hanoi_mit_grafik/
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Studie 1
Versuchspersonen:
• 73 (7-9 Jahre alt), 79 (10-13 Jahre alt) and 77 (14-17 Jahre alt)
Tests:
• Rapid Assessment of Problem Solving Test (RAPS)
Studie 2
Versuchspersonen:
• Pro Altersgruppe 14 Personen (20-29), (30-39), (40-49), (50-59), (60-69) und (70-79)
Tests:
• Twenty Questions Task
• Lösen einer lebensnahen Situation
Ablauf: Experiment Problemlösen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 31
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Material
Studie 1
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 32
(Quelle: Smith, 2015)
Instruktion
“We are going to play a question-asking game.
I am thinking of one of these pictures
(examiner gestures to the pictures) and your
job is to figure out which one it is. The way to
do this is to ask me questions that I can
answer “yes” or “no.” You can ask me any
question you want so long as I can answer it
“yes” or “no.” Try to ask as few questions as
possible. When you are ready, go ahead and
ask your first question.”
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Studie 1
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 33
(Quelle: Smith, 2015)
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
Studie 2
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 34
Künstliches Problem
(Quelle: Wadsworth Denney & Palmer, 1981)
Instruktion
I am thinking of one of these pictures and it is
your job to try to determine which picture it is.
The way you do this is by asking questions —
any question at all as long as I can answer it
either "yes“ or "no." So go ahead and ask a
question and try to figure out which picture I am
thinking of in the fewest number of questions
possible.
Material
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Material
Alltagsproblem
Stell dir vor, dass du mit dem Auto auf der Autobahn unterwegs bist. Plötzlich fährt dein Auto nicht mehr
weiter und draussen tobt ein heftiges Gewitter.
Studie 2
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 35
Psychologisches Institut – Gerontopsychologie und Gerontologie
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 36
Studie 2
(Quelle: Wadsworth Denney & Palmer, 1981)
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Befunde
• Die Anzahl der gestellten Fragen nahm kontinuierlich bis ins mittlere Erwachsenenalter ab (30-39 Jahre)
und dann tendenziell wieder zu.
• Die Anzahl der effizienten Fragen (constraint questions) nahm bis in mittlere Erwachsenenalter zu und
dann wieder ab.
Erklärungen
• Für die effiziente Lösung der Aufgabe benötigt es planerische Fähigkeiten. Diese scheinen bei
jüngeren Kindern noch weniger entwickelt zu sein oder von ihnen noch nicht richtig genutzt zu werden.
• Personen müssen über ein vertieftes Wissen bezüglich Strategien verfügen (Metakognition).
• Bei Kindern und älteren Erwachsenen wird die optimale Performanz aufgrund mangelnder Übung nicht
erreicht.
Befunde und Erklärungen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 37
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12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 38
Fazit
• Es scheint Lernprozesse zu geben, die durch das Alter beeinflusst werden.
• Klassische Konditionierung (Abnahme im hohen Alter)
• Problemlösen
• Die mit dem Alter einhergehende Verschlechterung in den Lernprozessen ist meistens auf biologische
Faktoren oder den fehlenden Gebrauch zurückzuführen.
• Klassische Konditionierung
• Problemlösen
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Sind die verminderten Lernprozesse bei Kindern und älteren Erwachsenen auf die gleichen Faktoren
zurückzuführen?
Wie beeinflusst das erlernte Wissen zukünftige Lernprozesse?
Welche biologischen Prozesse stecken hinter der Abnahme von Lernprozessen bei älteren Erwachsenen?
Welche weiteren Faktoren beeinflussen die Lernprozesse über die Lebensspanne?
Weiterführende Fragen
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 39
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Fragen?
12.04.2019 Lernen im Alter - eine entwicklungspsychologische Perspektive, Dr. V. Schumacher Seite 40
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