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Lernunterlage Perspektiven und Denkweisen (bagru-P.net)
1. Einführung Soziologie braucht Theorie und Empirie Individuen sind Träger_innen organischer, sozialer und kultureller Merkmale und in sozialen
Netzen gebunden Erklärungsmodelle:
o Wirtschaftlich: alle Handlungen sind rational (rational-choice-theory)o Soziologisch: alle Handlungen finden innerhalb eines gesellschaftlichen Rahmens statt und
lassen sich nicht unabhängig davon erklären Erkenntnisstrategie der Soziologie:
o Reflexivität und Perspektivenwechselo Kritikfähigkeit: Vertrautes auf den Prüfstand stelleno Wirkungszusammenhänge ergründeno Funktionen sozialer Erscheinungen erkenneno Historizität des Gegenstandes bedenken
2. Entwicklung der Soziologie Umbrüche:
o Wirtschaftlich: Feudalismus Kapitalismuso Politisch: Absolutismus moderner Nationalstaato Sozialstrukturell: ständisch geordnete industrielle Klassengesellschafto Kulturell: Ausdifferenzierung der Wissenschaften; Säkularisierung
VordenkerInnen:o Aufklärung (Kant, Hegel, …)o Gesellschaftsvertrag (Hobbes, Rousseau, …)o Liberalismus & Utlitarismus („Handle so, dass das größtmögliche Maß an Glück entsteht!“)
Adam Smith („invisible hand“) John Stuart Mill („maximaler Gewinn bei minimalem Aufwand“)
Wegbereiter Auguste Comte [Positivist]o Aufgaben der Soziologie:
Suche nach universell gültigen Gesetzen Beobachtung objektiver Tatbestände Erklärung durch Gesetze Nutzbarmachung für Entscheidungen
o „Natürliches“ System Gesellschaft: Soziale Statik Theorie von der natürlichen Ordnung Soziale Dynamik Theorie vom Fortschritt [Fließgleichgewicht], weil Streben
nach Glück, kurze Lebensdauer, Anwachsen der Bevölkerung, geistige Entwicklungo Dreistadiengesetz:
Das theologische [fiktive] Stadium Erkenntnis der göttlichen Ordnung Das metaphysische [abstrakte] Stadium Suchen nach abstrakten Prinzipien Das wissenschaftliche [positive] Stadium Erkenntnis von Gesetzen
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3. Weichenstellung durch die Klassiker „Das Soziale“ ist mehr als die Summe der einzelnen Teile Émile Durkheim [Positivist]
o Das „Normale“ wird erschlosseno „Soziale Tatsachen“ sind Konstruktionen, die sich verselbständigen
Holismus [Ganzheitslehre]; Antireduktionismus Selbstmord-Studie
o Egoistischer Selbstmord (Individualisierung Krisensituation wird nicht aufgefangen)o Altruistischer Selbstmord (Wert des Kollektivs z.B. Selbstmordattentäter_innen)o Anomischer Selbstmord (schwerwiegende Änderungen im sozialen Status)o (Fatalistischer Selbstmord)
Gesellschaftstypologie und Lösungen des Integrationsproblems:o Einfach strukturierte, segmentäre Gesellschaften „mechanisches Solidarität“
(Kollektivbewusstsein)o Höhere arbeitsteilig differenzierte Gesellschaften „organische Solidarität“ (Gesellschaft
beruht auf Arbeitsteilung und Kooperation) Max Weber [Realist]
o Protestantismusthese (Kompatibilität der protestantisch-religiösen Ethik und dem kapitalistischen Prinzip der Akkumulation)
Prädestinationslehre beruflicher Erfolg als Zeichen des Auserwähltsein Puritanismus Pflicht zur Arbeit und zur asketischen Lebensführung
o Auswirkungen: Zeitvergeudung als schwerste aller Sünden Arbeit wird zum Selbstzweck des Lebens Gewinnstreben als gottgewollt
4. Anthropologie (die Wissenschaft vom Menschen) Arnold Gehlen (Vertreter der philosophischen Anthropologie konservativer Gegenspieler der
Frankfurter Schule)o Menschen als „Mängelwesen“ „Instinktreduktion“
Edward Osborne Wilson (Soziobiologie) biochemische Evolution; sinnfrei, genetisch codiert Günter Dux soziokulturelle Evolution; sinnhaft bestimmt, geistbasiert kultureller „take-off“
in der frühen Ontogenese (Entwicklungsgeschichte)
5. Genetischer Strukturalismus Pierre Bourdieu [Realist]
o „Die feinen Unterschiede“ unterschiedliche Präferenzen je nach „Klasse“o Relationales Denken Erforschung der Strukturen
Objektivismus & Subjektivismuso Objektivismus (Gesellschaft wie ein Ding harte Strukturen)o Subjektivismus (Gesellschaft ist freier Wille keine Strukturen)
Habitus (verbindet den Objektivismus und Subjektivismus)o Die Struktur der Lebensbedingung erzeugt einen Habitus Lebensstil / „Geschmack“
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Kritik:o Marxistische Kritik (zu wenig objektivistisch)o Weberianische Kritik (zu objektivistisch, zu ökonomistisch, zu determiniert, …)o Empirische Kritik (Inaktualität 40 Jahre alte Studie; andere Länder, andere Sitten)
6. Pierre Bourdieu, „Ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital“ 3 Kapitalsorten:
o Ökonomisches Kapital (Geld)o Kulturelles Kapital (Bildung)o Soziales Kapital (Beziehungskapital)
7. Gerhard Schulze, „Erlebnisgesellschaft“ Gerhard Schulze [Realist, konstruktivistische Tendenzen] 5 Milieus:
o Niveaumilieu (Hochkultur, Weiterbildung, politische Partizipation, Distanzierung zur U-Kultur, Dominanzstreben, Kopfarbeiter_in, Eltern haben höhere Bildung, …)
o Selbstverwirklichungsmilieu [„Künstler_in“]o Integrationsmilieu (Fernsehserien, offen, Nachbarschaftskontakte, mittlere_r
Angestellte_r, konform, …)o Unterhaltungsmilieu [„Miami Beach“]o Harmoniemilieu (hohe Lebenszufriedenheit, verheiratet, Arbeiter_innenmilieu, …)
Kritik:o Methode Studierende als Interviewer_inneno Nebeneffekte der Ungleichheitsforschung Abwertungen
8. Von Klassen und Schichten zur Individualisierung / Ulrich Beck, „Risikogesellschaft“
Zeit TheoretikerIn Konzept Kriterium / Dimension19. Jh. Marx 2 antagonistische Klassen
Arbeiter_innen versus KapitalÖkonomisch
1900 Weber Klassen und Stände Ökonomisch und sozial (gegen Eindimensionalität)
1950er Schelsky Schichten („Nivellierte Mittelstandsgesellschaft“)
Einkommen, Status, Schule
1980er Beck Individualisierung Risiko und Wahl1990er Schulze, SINUS Milieu < Kultur; Bourdieu Vertikale und horizontale
Ungleichheiten
Ulrich Beck [Realist, konstruktivistische Tendenzen]o „Fahrstuhleffekt“ aufgrund der Individualisierungstheorie (Ungleichheitsrelation besteht
immer noch, aber auf höherem Niveau die ganze Gesellschaft ist mit dem Fahrstuhl eine Etage höher gefahren „Wohlstandsexplosion“
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o 5 Gründe: Mobilität soziale und geographische Mobilität Sozialstaat Sozialversicherung, Gesundheitssystem, … Bildung Bildungsexpansion: Auf- und Abwertung von Bildungsabschlüssen;
einerseits werden diese für den Einstieg ins Berufsleben immer wichtiger, andererseits werden diese durch Angebot und Nachfrage zunehmend entwertet, weil immer mehr Menschen Zugang zu Bildung haben dauerhafter Ausschluss bildungsferner Bevölkerungsgruppen
Großstadt Arbeitsmarkt
o Daraus folgt: Denken in Großgruppenkategorien (Klasse, Schicht, …) nicht mehr angebracht Einzelschicksale keine Solidarisierung mehr? (z.B. Arbeitslosigkeit) Individualisierung bedeutet nicht zwangsläufig Vereinzelung
o Kritik: Christoph Butterwegge „Paternostereffekt“: wie es für die einen nach oben
geht, geht es für die anderen nach unten. Die „neoliberale Modernisierung“ ersetze für die Mittelschichten Aufstiegshoffnung durch Abstiegsängste und vermehre die Armutspopulationen
9. Soziales Handeln und Interaktion Behaviorismus Verhalten von Menschen mit den Methoden der Naturwissenschaft
o John B. Watson: Reiz-Reaktions-Modell [S-R-; Stimulus-Response-Modell] Der (z.B. akustische)
Reiz ist die Ursache für eine bestimmte Handlung. Problem der unbekannten „black box“ sämtliche psychische und kognitive
Prozesse können nicht erfasst werden Rational-Choice-Theorien (Tauschtheorien)
o Georg Simmel Soziales Verhalten als Tauschvorgang „Geld“ wird „Gott“o Rational-Choice Rationalitätsunterstellung (Menschen handeln rational)o Kritik:
Aspekte der Entscheidungssituation (keine vollständige Marktübersicht, Präferenzen sind dynamisch „rationale“ Entscheidung subjektiv und deswegen nicht messbar oder vorhersehbar „irrationales Verhalten“
Entscheidungshandeln ist eine Mischung aus rationalen und emotionalen Entscheidungselementen in den allermeisten Situationen (z.B. Wahlentscheid) ist dieses Modell unangemessen um menschliches Handeln zu erklären
o „Homo oeconomicus“ [Wirtschaftsmensch] (eigeninteressiert, rational handelnd, seinen eigenen Nutzen maximierend, auf Restriktionen reagierend, über feststehende Präferenzen verfügend, …)
„RREEMM“ [Resourceful-Restricted-Evaluating-Expecting-Maximizing-Man] (Siegwart Lindenberg ergänzt das Modell des homo oeconomicus indem er es um die condition humana erweitert)
o „Homo sociologicus“ [Mensch der Soziologie] (Mensch als gesellschaftliches Wesen, Begegnung immer in sozialen Rollen – Gegenmodell des homo oeconomicus)
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Soziales Handeln als sinnorientiertes Handelno Max Weber [Realist]o Definition und Aufgabe der Soziologie:
Soziales Handeln deutend verstehen und ursächlich erkläreno Formen sozialer Beziehungen:
Vergemeinschaftung : „Von ‚Gemeinschaftshandeln’ wollen wir da sprechen, wo menschliches Handeln subjektiv sinnhaft auf das Verhalten anderer Menschen bezogen wird. Bestandteil des Gemeinschaftshandelns ist die Erwartung gegenüber einem bestimmten subjektivem Verhalten anderer. Subjektiv sinnhaftes Verhalten kann daher erwartet werden, wo Verständigung stattfindet oder Abmachungen getroffen werden.“
Vergesellschaftung: „Vergesellschaftetes Handeln (Gesellschaftshandeln) wollen wir ein Gemeinschaftshandeln dann soweit nennen, als es 1. sinnhaft orientiert ist an Erwartungen, die gehegt werden auf Grund von Ordnungen 2. deren ‚Satzung’ rein zweckrational erfolgt im Hinblick auf das als Folge erwartete Handeln der Vergesellschafteten, und wenn 3. die sinnhafte Orientierung subjektiv zweckrational geschieht.“ vgl. Durkheims mechanische bzw. organische Solidarität
o Bestimmungstypen des sozialen Handelns: Zweckrationales Handeln : rationale Abwägen zwischen Zweck / Zielen, Mitteln
und Folgen Wertrationales Handeln : orientiert sich am bewussten Glauben, am (ethischen,
ästhetischen, religiösen u.a.) Eigenwert einer Handlung; handeln ohne Rücksicht auf vorauszusehende Folgen im Dienst der Überzeugung
Affektuelles Handeln : ausgelöst durch eine momentane Gefühlslage und Emotionen
Traditionales Handeln : eingelebte Gewohnheit Symbolischer Interaktionismus
o Herbert Blumero Grundannahmen:
Menschen handeln gegenüber Dingen auf der Grundlage der Bedeutungen, die diese Dinge für sie besitzen
Die Bedeutung der Dinge entsteht durch soziale Interaktion Die Bedeutungen werden durch einen interpretativen Prozess verändert, den die
Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzto George Herbert Mead
Selbstbewusstsein/Identität und die Fähigkeit zum Denken entwickelt der Mensch erst innerhalb und mithilfe sozialer Beziehungen [Kommunikation].
Dementsprechend sind Individuum und Gesellschaft prozesshaft verwoben und bedingen sich gegenseitig.
Symbole als BedeutungsträgerInnen
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10. Gesellschaft als normative Konstruktion Gesellschaft als „natürliche“ oder „konstruierte“ Gegebenheit? Verhaltensgleichförmigkeiten
o z.B. Straßenverkehrsordnungo erst, wenn Normen gebrochen werden, werden sie ersichtlicho durch Normen geht Handlungsspielraum verloren
Verhaltensregelmäßigkeiten:o Individuelle Verhaltensregelmäßigkeiteno Soziale Verhaltensregelmäßigkeiten
Nicht normierte Verhaltensregelmäßigkeiten Normierte Verhaltensregelmäßigkeiten
Sittennormen Rechtsnormen
3 Prinzipien der normativen Koordinierung (nach Heinrich Popitz):o Allgemeine Normen („Jede/r-und-Keine/r-Prinzip“) Zugehörigkeit zur Sippe, Stamm,
Volk)o Nicht reziproke Partikularnormen („Anderssein“)o Reziproke Partikularnormen („Gleichheit“)
11. Rollentheorie „Homo sociologicus“ siehe S. 4 Sozialer Status
o Klare Strukturen geben Hierarchien voro Statusübertragung von Mann auf Frau „Frau Doktor“ (sic!)
Soziale Rolleno führt zu speziellen Verhaltensweisen (Erfüllen der Erwartungen)o Bezugsgruppen: Schüler_in – Lehrer_in ≠ Schüler_in – Direktor_in ≠ Schüler_in ≠ Eltern
Rollenkonflikte (nach Robert K. Merton)o Intrarollenkonflikt (unterschiedliche Rollenerwartungen; z.B. Mutter- / Vaterrolle, ...)o Interrollenkonflikt (Konflikt zwischen mehreren Rollen eines Akteurs / einer Akteurin)
Thomas-Theorem o „Wenn Menschen Situationen für real halten, dass haben sie auch reale Konsequenzen“
Interaktionistische Rollentheorie (nach G. H. Mead)o Rollen als Verhaltensfigureno Gesten und Symbole: Durch Interpretation von Gesten und Sprache des anderen / der
anderen wird es mir, so Mead, möglich, den Erwartungen des anderen gerecht zu werden. Die "Fähigkeit, von der Position des Anderen (sic!) aus zu denken, nennt Mead Rollenübernahme"
12. Entwicklung sozialer Handlungsfähigkeit I: Sozialisation Mensch wächst in Rollen hinein In verschiedenen Kulturen werden verschiedene Menschen „produziert“
(unterschiedliche Kinder-, Geschlechterrollen, ...) auch subkulturelle Unterschiede (z.B. Erziehung in der „Unterschicht“ und in der „Oberschicht“)
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Hospitalismusstudie (nach René Spitz) Entwicklungsstörungen bei Waisenhauskindern Zuwendungsnetz macht aus biologischen Menschen soziale Menschen
„Nature“ oder „Nurture“? Komplexe Wechselwirkung zwischen (Erb-)Anlage und Umwelt Primärsozialisation (Erfahrungen als Kleinkind, Kindergarten, Volksschule) Entwicklungstheorien
o Sigmund Freund ES: Triebe ICH: rationaler Teil des Selbst ÜBER-ICH: Gewissen
o Jean Piaget Sensomotorisches Stadium (Berühren von Gegenständen) Prä-operationales Stadium (symbolische Beschreibungen, egozentrisches
Weltbild, kein Perspektivenwechsel) Konkret-operationales Stadium (noch kein hypothetisches Denken) Formal-operationales Stadium (z.B. im Rahmen von Physik-/Chemieunterricht)
o Lawrence Kohlberg - „Heinz-Dilemma“ (Medikament für krebskranke Frau) Heteronorme Orientierung moralischer Realismus Soziale Orientierung moralischer Partikularismus Autonome Orientierung moralischer Universalismus (mit Abschluss der
Pubertät)
13. Entwicklung sozialer Handlungsfähigkeit II: Identität Identitätsmodell (nach G. H. Mead) Entstehung der Identität 3 Medien:
o Sprache (der Worte, der Gesten, der Mimik) löst bestimmte Reaktionen aus Interaktion gibt Hinweise auf sich selbst
Signifikante/r Andere/r: Interaktion mit dem Kind – „Du darfst das nicht“ auf Person bezogene Norm
Generalisierte/r Andere/r: die personalisierte Norm wird generalisierto Spiel [play] z.B. Rollenspiele Kinder versetzen sich in verschiedene Rollen und lernen
so unterschiedliche Reaktonen kennen o Wettkampf [game] z.B. Mannschaftssport die Mannschaft gibt dem/der Einzelnen
die Identität Zwischenspiel EGO – ALTER EGO („das andere Ich“ / „die zweite Identität“ Phasenmodell der Identität (I – ME – Dialektik):
o I: „impulsives Ich“ subjektive Komponenteo ME: „reflektiertes Ich“ objektive Komponente (von der Gesellschaft geprägt)
Ich-Wir-Balance (nach Norbert Elias)o Starke Wir-Identität / schwache Ich-Identitär wenig differenzierte Gesellschaften,
geringe Individualisierungo Schwache Wir-Identität / starke Ich-Identität stärker differenzierte Gesellschaften,
Individualiserung „homo clausus“ (frei nach Descartes: „cogito ergo sum“) Identitätsbildungsprozesse in der individualisierten Gesellschaft (nach Heiner Keupp)
o Substantialistisches / klassisches Identitätskonzept: Identität ist Substanzo Postmodernistisches Identitätskonzept: Identität existiert nicht mehr (Patchwork-
Identität); Körperkult (Piercing, Tattoos, Schönheits-Ops) Identität7
14. Entwicklung sozialer Handlungsfähigkeit III: Interaktionsordnung Kategorisierung von Personen (Stigmatisierung) Interaktion als Risiko Erving Goffman
o Nicht-zentrierte Interaktion (vier Personen warten an der Bushaltestelle)o Zentrierte Interaktion (zwei Personen reden, tanzen, ...)
Stigmatisierungsprozesseo Virtuale soziale Identität (soll)o Aktuale soziale Identität (ist / Differenz zu soll)
Theatermetaphoriko Bsp.: KellnerIn (Vorderbühne: Speisesaal, Hinterbühne: Küche)
Ethnomethodologie (nach Herold Garfinkel)o will abstrakte Theorien über die soziale Wirklichkeit vermeiden (keine Psychologisierung)o mit welchen alltagspraktischen Handlungen wird die soziale Wirklichkeit hergestellt?o Beschreibung der Methodeno Die impliziten Regeln alltäglicher Interaktion werden durch ‚Krisenexperimente‘ manifest
Annahmen der Ethnomethodologie:o Die Sprache ist unpräzise (von okkasionellen oder indexikalen Ausdrücken durchzogen)o Diese indexikalen Ausdrücke werden von den TeilnehmerInnen im Interaktionsverlauf
ständig interpretierto Damit Interaktion flüssig verläuft, müssen die TeilnehmerInnen auf Grundlage von
Vertrauen in korrekte Interpretationsleistungen der anderen TeilnehmerInnen handelno Die TeilnehmerInnen an der Interaktion interpretieren die Phänomene so, dass für sie
nachvollziehbar Sinn entsteht - es findet ständig eine sinnhafte Normalisierung statto Die sinnhafte Normalisierung wird interaktiv hergestellt, aktiv aufrechterhalten und
mitunter sozial eingefordert (siehe Krisenexperimente)
15. Autorität – Macht – Herrschaft Soziologischer Machtbegriff (Was passiert in einem Machtverhältnis?)
o Aktion: eine Seite mach etwas (bewusst oder unbewusst) Reizo Reaktion: andere Seite reagiert (bewusst oder unbewusst)
Machtauswirkung: physische oder psychische Überlegenheit Autorität
o Institutionell-funktional (z.B. Fachwissen einer Anwältin; öffentliche Positionen)o Personenspezifisch (z.B. Charisma)
Autorität schwächste Art der Macht kein Zwang Autorität anzuerkennen Autorität als spezifische Gebundenheit eines Menschen an einen anderen Menschen
Anerkennung einer gewissen Überlegenheit einer anderen Person Verhalten / Denken kann bewusst gesteuert werden
Bestätigung des Selbstwertgefühls wird bei Autoritätsperson gesucht Entwicklung von Streben nach Anerkennung:
o 1. Schritt: Gruppen (z.B. Alter, Geschlecht)o 2. Schritt: fortschreitende Arbeitsteilung erworbene Rollen (Anerkennung der
persönlichen Leistung)o 3. Schritt: öffentliche Rollen Leistung will gewürdigt werden
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Methoden autoritativer Machtausübung sind das Geben und Nehmen von Anerkennung und Anerkennungserwartungen
Macht Machtdefinition von Max Weber: Macht bedeutet den eigenen Willen auch gegen Widerstand
durchzusetzen Ausdrucksformen von Macht:
o Soziale Primärbeziehung (z.B. Arbeitsplatz, Paarbeziehung) Physische Gewalt Psychische Gewalt Ideologische Gewalt
o Organisationsstrukturen Strukturelle Macht
o Politische Macht Prozesse der Machtbildung (nach Heinrich Popitz) – Wie setzt sich eine Minderheit gegenüber
einer Mehrheit durch?o Das Problem der Organisationsfähigkeit (der Mehrheit)o Solidaritätskerne und knappe Güter (Minderheit hat etwas, was die Mehrheit braucht,
oder haben/benutzen möchte)o Ordnungssicherheit als Wert (z.B. Willkürakte der Führungsschicht, Diktaturen, ...)
Resümmee:o Macht entsteht Privileg (knappes Gut) wird definiert und wahrgenommeno Macht bekommt Struktur die mächtigen differenzieren zwischen sich und den andereno Macht stabilisiert Menschen wollen Sicherheiten und richten sich in sozialen
Positionen ein Risiko diese zu verlieren ist zu groß Herrschaft 3 Idealtypen (nach Max Weber):
o Charismatische Herrschaft (z.B. charmismatische FührerInnenpersönlichkeit, Hitler, ...)o Traditionale Herrschaft (z.B. katholische Priester)o Legale Herrschaft (z.B. gewählte/r BundeskanzlerIn)
16. Globalisierung Fünf Dimensionen der Globalisierung:
o Verdichtung von Raum und Zeito Zunahme kultureller Interaktioneno Globale Probleme werden als gemeinsam wahrgenommen (z.B. CO2-Problematik)o Zunahme globaler Verbindungen und Abhängigkeiteno Transnationale Netzwerke (z.B. NGOs)
Ökonomische Globalisierung Weltsystemtheorie (nach Immanuel Wallerstein)
o Weltsystem (Wirtschaft) mit Ursprung in Europa im 16. Jh.o Zentrum und Peripherie Peripherisierungo Arbeitsteilung zwischen Zentrum und Peripherie z.B. Kolonialisierungo Zyklische Rythmen (Kondratjew-Zyklen Theorie zur zyklischen Wirtschaftsentwicklung
führen zu regelmäßigen krisenhaften Zuspitzungen, die auch zum Ende hegemonialer
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Phasen beitragen und vor allem die Mobilität innerhalb des Weltsystems beträchtlich erhöhen.
o Konflikte (Als Krise bezeichnet Wallerstein die Tendenzen, die seiner Meinung nach zum Untergang des kapitalistischen Weltsystems, wohl in den nächsten 30 Jahren, führen)
Zentrum und Peripherie:o Peripherie einfache Güter & billige Arbeitskräfteo Zentrum hoch entwickelte Technologie & teure Arbeitskräfte (höhere Bildung und
höherer Organisationsgrad der Gewerkschaften) „outsourcing“, um Lohnkosten zu sparen
Politische Globalisierung Netzwerkgesellschaft im Informationszeitalter (nach Manuel Castells)
o New Economy (Weltwirtschaft gab es schon immer – globale Wirtschaft ist neu)o Globale Wirtschaft politisch konstituierto Neuorganisation der Machtbeziehungen Kapital ist global, Arbeit ist lokalo Zusammenbruch der Sowjetunion, aufgrund der strukturellen Unfähigkeito Schlussfolgerungen:
Globalisierte Reiche – lokalisierte Armeo 3 Phasen der Menschheitsgeschichte:
Natur (kämpfen ums Überleben, ab dem 16. Jh.) Kultur (schafft sich in der Moderne Autonomie von der Natur) Kultur bezieht sich nicht mehr auf Natur sondern auf Kultur Beherrschbarkeit
der Natur Kulturelle Globalisierung – 3 Thesen
o Kulturelle Homogenisierung McDonaldization (nach George Ritzer) Amerikanisierung (überall gleiche
Kleidung, Fernsehserien, Musik, Getränke, ...) Kulturindustrie (Adorno / Horkheimer) Kultur als Industrieprodukt
Menschen sind „reagierende Lurche“ Kulturimperialismus
o Kulturelle Fragmentierung Lokale Traditionen werden durch Globalisierung eher gestärkt als vergessen Glokalisierung (nach Roland Robertson) von oben: Globalisierung, von unten:
Lokalisierungo Hybridisierung (nach Jan Nederveen Pieterse) z.B. Mississippi Massala, Weißwurst
Hawaii 3 Gruppen, die von Globalisierung profitieren (nach Flickstein):
o Gebildeteo EigentümerInnen (von Produktionsanlagen, ...)o White collars (ManagerInnen, ...)
Eher gegen die Globalisierung:o Ältere Leuteo Blue collars lokale ArbeiterInnen
„Revival of Ethnicity“ (nach Wallerstein) Ethnizität kulturelle Kämpfe um soziale Position Schock der Globalisierung:
o Machtgewinn des Kapitalismuso Sozialstaat als Verlierer
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o Schock der Struktur
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Günter Duxo „Sinnvolles Leben“ in einer „gerechten“ Gesellschaft Chance auf hinreichende Teilhabeo Problem des Sozialstaats:
Indogene Sichtweise: Produktivität trug dazu bei, dass der Markt (allein) nicht integrieren kann
Exogene Sichtweise: wie soll der Staat eingreifen, wenn er nicht die Macht dazu hat?
o Sozialstaat ist vom Integrationsstandpunkt her gescheitert und zur „Armutsverwaltung“ verkommen.
17. Wissenschaftstheorie 3 Grundrichtungen
o Positivismuso Realismuso Konstruktivismus
Positivismus o Wandte sich gegen die Metaphysik des Mittelalters wir glauben an das was wir sehen
könneno Methoden (naturwissenschaftlicher Art):
Beobachtung Experiment
o Explanandum (das zu Erklärende) – Explanans (das Erklärende Gesetze [Prämissen])o Erklärungen:
Deduktiv-nomologische Erklärungen Induktiv-statistische Erklärungen
o Logischer Positivismus (nach Sir Karl R. Popper) Kübeltheorie (Die Kübeltheorie bezieht sich auf die Sichtweise, dass Erkenntnis
durch passive Wahrnehmung des Menschen entsteht, und dass sich die Aktivität höchstens auf Anhäufung, systematische Auswahl und manchmal Synthese von Wahrnehmungsberichten erstreckt. Dieses Verständnis findet sich insbesondere in konstruktivistischen, aber auch in positivistischen und naturalistischen Erkenntnismodellen. Sinnbildlich entspricht damit der Geist einem Kübel, der mit dem Wasser der Erkenntnis gefüllt wird)
Scheinwerfertheorie (Die Scheinwerfertheorie hingegen besagt, dass Erkenntnisgewinnung nur durch die aktive, kreative Beteiligung des Menschen stattfinden kann. Erkenntnis findet demnach statt, indem der Mensch aktiv Vermutungen aufstellt und Einzelaspekte davon durch Wahrnehmung beleuchtet, ähnlich einem Scheinwerfer in der Dunkelheit. Das trifft auch auf Beobachtungssätze zu, womit sich die Scheinwerfertheorie insbesondere gegen die Idee einer reinen Wahrnehmung stellt. Im Unterschied zur Kübeltheorie geht die Scheinwerfertheorie jedoch davon aus, dass Beobachtungssätze trotzdem wahr sein können.)
Falsifikation (man kann niemals „verifizieren“ sondern nur „falsifizieren“) Aufgabe der Wissenschaft (neue Hypothesen Hypothesen testen (m.H.
Beobachtung / Experiment) Versuch die eigene Hypothese zu falsifizieren
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Positivismus Realismus KonstruktivismusPositivismus versus kritischer Rationalismus
Naiver versus kritischer Realismus KonventionalismusHermeneutikPostmoderne
Realität: Beobachtung & Experiment Realität: strukturiert Wirklichkeit: unser KonstruktErfahrung Erfahrung Erfahrung: theorieimprägniertTheorie: universale Gesetze Theorie: „Warum?“-Prozesse, die
Phänomene generierenTheorie: undeterminiert, durch empirische Daten
Konstruktivismus o Sind Problemstellungen „konstruiert“? Bsp.: vom ptolemäischen zum heliozentrischen
Weltbildo Empirische Daten erlauben immer mehrere Interpretationeno Die Realität ist erfunden eine Wahrheit gibt es nicht
Einstufung von DenkerInnen / WissenschafterInnen
PositivistInnen RealistInnen KonstruktivistInnen+ Auguste Comte+ Émile Durkheim+ Sir Karl Popper („Logischer Positivismus“)
+ Max Weber+ Pierre Bourdieu (hat Konzept Habituskonzept, zeigt abr auch die „harte Wirklichkeit“)
+ Pierre Duhem+ Willard V. O. Quine+ Norwood Russell Hanson+ Jean-Francois Lyotard+ Ulrich Beck (Risikogesellschaft, Fahr-stuhleffekt, Individualisierungsthese)+ Gerhard Schulze (Erebnisgesellschaft)+ Niklas Luhmann
18. Postmoderne Die Postmoderne versucht den Anspruch des Elitären zu überwinden Moderne Postmoderne
o Fortschritt Diskontinuitäto Kohärenz Differenzo Universalität Partikularität
Theorie der Postmoderne (nach Jean-Francois Lyotard)o Situation des Wissens (postindustrielle Dienstleistungsgesellschaft)o Legitimation des Wissens (Wer entscheidet was Wissen ist?)
Wittgensteins Hauptthese Sprachspielo Delegetimation des Wissens
Kritik:o Relativistisch? / Neokonservativ? / Veraltet?
Niklas Luhmanno Kritik der Postmoderne
Strukturelle Merkmale fehlen aus einem Begriff wird eine Theorie geformto Systemtheoretisches Denken
Beobachten der Beobachtung (BeobachterIn erster Ordnung & BeobachterIn zweiter Ordnung)
Kommunikation als Grundbegriff der Systemtheorie – Kommunikationsbegriff: abgelaufene Kommunikation (was kommt bei mir an?)
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o Weltgesellschaft als Kommunikationssystem – 4 Erkenntnisblockaden – Wie soll man Gesellschaft nicht sehen:
die Gesellschaft besteht aus Individuen Gesellschaften teilen eine Kultur Nationalstaaten Gesellschaft bestehend aus Menschengruppen
Funktion Erweiterung von Wissen
Kollektiv verbindliche Entscheidung
Stabilisierung normativer Erwartungen
Regulierung von Knappheit
Medium Wahrheit Macht Recht GeldCode Wahr / Unwahr Macht / keine
MachtRecht / Unrecht Haben / Nichthaben
Kommunikation Wissenschaftliche Aussage
Politische Entscheidung
Rechtsaussage Wissenschaftliche Transaktion
o Moderne Gesellschaft als Produkt funktionaler Differenzierung 3 Typen sozialer Differenzierung : (soziale Ungleichheit existiert, aber es ist nicht
mehr die Struktur, die sie ausmacht; Sie können reich sein und haben in der Wissenschaft trotzdem nichts zu sagen; Sie können die besten Noten haben und trotzdem arm sein)
Segmentäre Differenzierung Stratifikatorische Differenzierung Funktionale Differenzierung
… eine Welt, in der sich auch die „Nobelpreisträger (sic!) selbst ihre Schuhe putzen müssen“
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