Let’s Play! Der deutsche eSports-Markt in der Analyse · 2017-02-01 · 05 Der deutsche...

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Let’s Play!Der deutsche eSports-Markt in der AnalyseNovember 2016

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

1. Hintergrund: Von der Community in den Mainstream?

2. Ein bunter eSports-Stakeholder-Mix

2.1. Ligen als solides Fundament

2.2. Profiszene lockt die Massen

2.3. Streaming schafft Reichweite

2.4. Games-Publisher binden Fans und Spieler

2.5. Investoren erwarten den Boom

Exkurs: Interview mit Tim Reichert (FC Schalke 04)

3. Evolution der Erlösstrukturen

4. Neue Zielgruppen durch TV-Präsenz

Exkurs: Case Study Sport1

5. Virtual Reality eröffnet neue Perspektiven

6. Marktaussichten: Wachstums-Champion eSports

Exkurs: Interview mit Alexander Müller (SK Gaming)

7. Ausblick: Nachhaltiges Wachstumspotenzial?!

Exkurs: Basis unserer Analysen

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Inhaltsverzeichnis

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

1. Hintergrund: Von der Communityin den Mainstream?

eSports rollt derzeit im Expresstempo in den Main-stream. Noch vor Monaten als Nische für wenigeHardcore-Gamer unterschätzt, wird eSports auch inDeutschland immer stärker von der Öffentlichkeitwahrgenommen. Die Zahl der Zuschauer steigtrasant, große Events finden mittlerweile in Stadienstatt, Preisgelder erreichen beachtliche Summenund prominente Investoren entdecken eSports fürsich. Auch für Medienunternehmen wird eSportszunehmend interessant: Sky und Sport1 widmendem Thema eigene Sendungen samt Live-Übertra-gungen und schaffen damit ein zusätzliches, großesPublikum. Die steigende Dynamik wird sich in denkommenden Jahren umsatzseitig widerspiegeln:Bis zum Jahr 2020 werden die eSports-Umsätze inDeutschland auf geschätzte 130 Mio. Euro steigen.

Weltweit und national haben sich Meisterschaftenund Ligen auf Amateur- und Profiniveau für zahlrei-che Games etabliert. Dabei sind die – an Zuschau-erschnitt, Spielerzahlen und der Preisgeldhöhegemessen – gefragtesten Computerspiel-GenresEchtzeit-Strategiespiele, Ego-Shooter und Sportsi-mulationen. Populäre Games im eSports sindLeague of Legends, Dota 2 sowie Counter-Strike:Global Offensive.

Deutschland spielt im globalen eSports-Kontexteine beachtenswerte Rolle: Mit der ElectronicSports League (ESL) wird die älteste und führendeeSports-Liga von der Firma Turtle Entertainmentaus Köln betrieben. Auch die Messe gamescom bil-det jedes Jahr im August ein riesiges und weltweitrelevantes Forum für eSports. Zudem finden mitder ESL One Frankfurt (Dota 2) und der ESL OneCologne (Counter-Strike) zwei der weltweit zuschau-erträchtigsten Turniere in Deutschland statt. Diebeiden Events zogen zuletzt an jeweils zwei Tagen30.000 bzw. 22.000 Zuschauer in die Arenen.

eSports bezeichnet das wettbewerbsmäßigeSpielen von Computer- und Videospielen im Mehr-spielermodus.Dieses erfordert sowohl motorische Fertigkeitenals auch taktisches Verständnis. eSports verstehtsich als eigene Sportdisziplin, wird aber inDeutschland noch nicht offiziell als eigene Sportartanerkannt.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

2. Ein bunter eSports-Stakeholder-Mix

Um eSports hat sich inzwischen ein Ökosystem mitzahlreichen Stakeholdern entwickelt. Vom jungenProfigamer bis hin zum klassischen TV-Senderprägen durchaus heterogene Akteure die eSports-Landschaft in jeweils unterschiedlicher Intensität.Abbildung 1 illustriert und kategorisiert diebeteiligten Stakeholder.

Die direkt oder indirekt engagierten Akteure außer-halb des Kernbereichs leisten dabei wichtige Bei-träge für eine weitere Entwicklung von eSports:So vermarkten Technologieunternehmen leistungs-starke Rechner und Grafikkarten sowie speziellePeripheriegeräte für eSports. Diese Technikanbieterwie NVIDIA oder ASUS nutzen eSports zudem alsWerbeplattform und positionieren sich durch Spon-soring von Spielern, Teams und Events. Werbetrei-bende Unternehmen sprechen dabei gezielt diejunge, technik-affine und zumeist männliche Ziel-gruppe an.

Telekommunikationsunternehmen bringen ihreleistungsfähigsten Netze mit kurzen Latenzzeitenzum Einsatz. Und schließlich bilden die Zuschauerund Hobby-Gamer die Basis für den Erfolg voneSports. Sie sind der Unterbau der Profi-Ligen undbringen als Endkonsumenten den entscheidendenTraffic auf Plattformen wie Azubu, Twitch, Hitboxund YouTube Gaming.Die entscheidenden Entwicklungsimpulse kommenjedoch aus dem Zentrum des Ökosystems. Dennaus der Vielzahl an Stakeholdern sind mit deneSports-Ligen, Profi-Gamern, Plattformbetreibern,Games-Publishern sowie Investoren fünf Gruppenals besonders relevant hervorzuheben.

Abb. 1 – eSports-Stakeholder und -Ökosystem

Quelle: Deloitte

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2.1. Ligen als solides FundamentAn eSports-Ligen und Turnieren herrscht keinMangel, zahlreiche Events konnten sich in den letz-ten Jahren in der Szene etablieren. Zu deren Finalstreffen die qualifizierten Spieler und Teams – auchClans genannt – mittlerweile auf großen Messenund sogar in Stadien aufeinander. Hervorzuhebenist hierbei die ESL als größte Liga ihrer Art mit welt-weit über 6 Mio. aktiven Spielern und über 0,5 Mio.Teams/Clans. Sie wurde im Jahr 2000 vom deut-schen Unternehmen Turtle Entertainment gegrün-det. Seither werden unter dem Schirm der ESLzahlreiche Turniere ausgespielt, wobei das ESL IntelExtreme Masters international die höchste Spiel-klasse der ESL darstellt. In Deutschland gilt die ESLMeisterschaft als eSports-Bundesliga und damitnational als wichtigster Wettbewerb.

Daneben werden preisgeldträchtige Ligen und Tur-niere von den Games-Entwicklern selbst veranstal-tet. So organisiert und finanziert der Entwickler RiotGames mit der League of Legends ChampionshipSeries (LCS) eine weitere europäische und nord-amerikanische eSports-Profiliga. Dagegen setztValve Corporation, der Entwickler von Dota 2, mit seinem jährlich stattfindenden Turnier The Interna-tional in Sachen Preisgeld weltweit Maßstäbe: ImJahr 2016 wurden über 20 Mio. US-Dollar an dieteilnehmenden Teams ausgeschüttet, wovon alleinedas Siegerteam über 9 Mio. US-Dollar erhielt. ZweiJahre zuvor lagen die Preisgelder noch bei gut derHälfte, was einmal mehr das Wachstum in dieserBranche unterstreicht.

2.2. Profiszene lockt die MassenAus den Millionen in Ligen und Turnieren aktivenAmateurspielern hat sich seit Ende der Neunziger-jahre eine Profiszene mit eigenen Stars etabliert.Konnten noch zu Beginn der Professionalisierungnur wenige Gamer ausschließlich von eSportsleben, so erspielen heutzutage zahlreiche Pro-Gamer jährlich Hunderttausende US-Dollar anPreisgeld und verfügen über lukrative Werbever-träge. In der Regel erhalten die Stars der Szenezudem monatliche Gehälter von ihren Clans oderLigen. Der Hauptfaktor für die wachsende Zahl anprofessionellen eSportlern sind neben den gut organisierten Liga-Strukturen sicherlich die konti-nuierlich steigenden Preisgelder. Allerdings befin-den sich an der Spitze der weltweiten Preisgeldlistehauptsächlich Nordamerikaner und Chinesen.16 der Top-20-Gamer stammen aus China, denUSA oder Kanada.

Wie ist die ESL Meisterschaft strukturiert? In den drei Games Counter Strike: Global Offen-sive, League of Legends und FIFA 17 treten diestärksten nationalen Spieler gegeneinander an,wobei der Modus der Games identisch ist. Alleaktiven Teilnehmer der ESL Meisterschaft müs-sen mindestens 16 Jahre alt sein und zur Identi-fikation einen Spielerpass, den sogenanntenESL Trusted 3 oder Pro besitzen. Dieser ist überdie ESL zu erwerben. Zudem müssen Einzel-spieler (FIFA 17) bzw. drei der fünf Team-Spieler(Counter Strike: Global Offensive, League ofLegends) ihren Wohnsitz in Deutschland, Öster-reich oder der Schweiz haben. Die große Mehr-heit der Gamer kommt allerdings aus Deutsch-land.

Zu Beginn jeder ESL Meisterschaft können sichTeams bzw. Einzelspieler über eine offene Quali-fikation qualifizieren und gegen die besten achtTeilnehmer der vergangenen Saison antreten.Dies findet in sogenannten Cups statt, welchejeweils als Frühjahrs-, Sommer- und Winter-meisterschaft ausgetragen werden. Die erfolg-reichsten Teilnehmer der Cups qualifizieren sichnicht nur für die Gruppenphase der ESL Meister-schaft, sondern sichern sich zudem einen Start-platz in den Cups der nachfolgenden Saison.Im Anschluss an die Cups erfolgt die Gruppen-phase. In zwei Gruppen kann man sich hier fürdas Finale qualifizieren.

Wie ist die LCS strukturiert?Die LCS ist grundsätzlich in eine europäischeund eine amerikanische LCS unterteilt. Dabeifungieren sogenannte Challenger Series alsQualifikationsturniere und ermöglichen denTeams, in die beiden LCS aufzusteigen. Auf na-tionaler Ebene können sich erfolgreiche Teams,zum Beispiel durch die deutsche ESL Meister-schaft, für die Challenger Series qualifizieren.In den LCS ermitteln jährlich jeweils zehn Teamsje drei Teilnehmer der im Herbst stattfindendenLeague of Legends World Championship, zu dernoch weitere Teilnehmer aus Asien und Latein-amerika hinzukommen.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

Auch wenn deutsche Profis in den Top 20 fehlen,ist eSports auch hierzulande durchaus lukrativ: Derderzeit bestbezahlte deutsche Gamer Kuro SalehiTakhasomi kam Mitte 2016 auf kumulierte Preisgel-der von über 1 Mio. US-Dollar und erreicht damitPosition 23 der Preisgeldliste im eSports. Bis Posi-tion 424 in diesem Ranking haben alle Spieler be-reits mindestens 100.000 US-Dollar in ihrereSports-Karriere erspielt.

2.3. Streaming schafft ReichweiteVerglichen mit den klassischen Sportligen wirdeSports deutlich stärker über das Internet konsu-miert. Dabei bilden die Streaming-Plattformen dasmediale Rückgrat: Azubu, Twitch, Hitbox oder You-Tube Gaming bringen eSports vom Amateur-Matchbis hin zu den großen Profiligen und -turnieren,meist sogar als Live-Ausstrahlung auf die Bild-schirme der Zuschauer. Manche Plattformen be-richten dabei ausschließlich über eSports, beianderen Angeboten ist eSports nur eine Content-Rubrik neben beispielsweise Spielebewertungenoder Playthroughs, also möglichen Lösungen vonGames. Die bekannteste, sich exklusiv dem ThemaeSports widmende Plattform, ist Azubu. Hier werdenneben Live-Matches auch Neuigkeiten, Spielanaly-sen und Statistiken zu eSports in Videoformat ange-boten. Azubu ist auch als Sponsor von Spielern undTurnieren aktiv. Twitch hingegen fokussiert seinAngebot nicht ausschließlich auf eSports, erreichtaber mit weltweit fast 10 Mio. Benutzern täglich diehöchsten Zuschauerzahlen und überträgt alle wich-tigen Ligen und Turniere live. Das daraus resultie-rende Potenzial hat auch Amazon erkannt undkaufte im August 2014 Twitch für 730 Mio. Euro.Google antwortete 2016 mit der Einführung vonYouTube Gaming, das Twitch die weltweit führendePosition streitig machen soll. Als Alternative im Be-reich Live-Streaming positioniert sich derzeit dieösterreichische Plattform Hitbox, die besonderenWert auf ein verzögerungsfreies Spielerlebnis – in-zwischen auch mit hoher 4K-Auflösung – legt. Mitderzeit 6 Mio. aktiven Nutzern ist Hitbox allerdingsnoch etwas vom Branchenprimus Twitch entfernt.

2.4. Games-Publisher binden Fans und SpielerDie Anbieter elektronischer Spiele haben einnatürliches Interesse an eSports, denn schließlichstehen hierbei ihre Produkte wie nirgendwo sonstim Mittelpunkt. Als ein wesentliches Marketing-In-strument schafft eSports starke Communities rundum die gespielten Games und bindet so Fans undSpieler. Dabei werden Strukturen der traditionellenSportligen imitiert und es wird eine eigene Fankul-tur mit Stars der Szene und Rivalitäten unter denTeams bewusst gefördert. Über die Ligen und Tur-

niere konserviert eSports das Interesse an den ent-sprechenden Spieletiteln und verlängert so derenLebensdauer. Auf diese Weise profitieren auch In-Game-Spendings – also Einkäufe, die mit realenWährungen im Spiel getätigt werden, um spezielleGegenstände, Charaktere oder Fähigkeiten freizu-schalten – erheblich vom nachhaltigen Engagementder Gamer. Im Gegenzug erfordert eSports einkonsequentes Engagement und zunächst auchbeträchtliche Investitionen vonseiten der Games-Publisher. Denn Turniere und Ligen für die eigenenGames gilt es zunächst zu initiieren und zu organi-sieren, sei es in Eigenregie oder über Kooperations-partner. Mit der zunehmenden Popularität voneSports dürfte sich das Engagement aber, stärkernoch als in der Vergangenheit, in immer mehrFällen auszahlen.

2.5. Investoren erwarten den BoomDie Zahl der eSports-Fans in Deutschland bietetbereits heute ein enormes Vermarktungspotenzial,und der Markt verspricht weiteres Wachstum. Fastfolgerichtig stiegen zuletzt die Investitionen in Ligen,Teams, Spieler und jene Unternehmen, die Pro-dukte und Services im Bereich eSports anbieten.Für besonders große Schlagzeilen sorgte hierzu-lande der Einstieg der Fußball-BundesligistenFC Schalke 04 und VfL Wolfsburg: Beide Clubs er-schließen mit eSports ein zusätzliches Geschäftsfeldund perspektivisch zusätzliche Einnahmen durchSponsoring, Vermarktung und Merchandising.Zudem stärken sie durch die globale Strahlkraft voneSports ihre Marke, insbesondere in den eSports-affinen Märkten in Asien und den USA. Allerdingshaben beide Clubs eine unterschiedliche Strategieentwickelt. Konzentriert sich der VfL Wolfsburg aktu-ell ausschließlich auf FIFA und damit ein fußballna-hes Spiel, so erfolgte der Einstieg des FC Schalke 04mit League of Legends – einem Spiel, das nicht mitFußball verbunden ist – und erst im zweiten Schrittwurde ein FIFA-Team etabliert.

Öffentliches Interesse haben auch die eSports-In-vestments bekannter Persönlichkeiten hervorgeru-fen: Der ehemalige Basketballspieler ShaquilleO'Neal und Baseballstar Alex Rodriguez beteiligtensich am US-Team NRG eSports, Schauspieler AshtonKutcher investierte in Unikrn, einen eSports-Wettan-bieter. Auch Private-Equity-Unternehmen habeneSports für sich entdeckt. Nicht zuletzt ihr Einstieghat die Preise der entsprechenden Lizenzen für dieweltweit besten Teams zuletzt in den Millionenbe-reich gehoben. Neben Preisgeldeinnahmen stehthier die Gewinn bringende Weiterveräußerung vonTeams und Lizenzen im Mittelpunkt des Interesses.

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Tim ReichertHead of eSportsFC Schalke 04

Tim Reichert ist seit Mai 2016Leiter der neugeschaffeneneSports-Abteilung desFC Schalke 04. Bereits 1997gründete er zusammen mitseinen Brüdern den eSportsGaming-Clan SK Gaming undabsolvierte eine Bankausbil-dung. Daneben war er langeJahre als Fußballprofi erfolg-reich und spielte unter ande-rem in der 2. Bundesliga beiRot-Weiß Oberhausen.Im Anschluss an seine sport-liche Karriere absolvierte erein Studium im Bereich„Business & Informations-technologie“ und arbeitetenach seinem Abschluss zu-nächst bei einer Medien-agentur bevor er wieder zuseinem Ursprung im BereicheSports und Fußball zurück-kam.

Exkurs: Interview mitTim Reichert (FC Schalke 04)

Was haben Sie gedacht, als Sie das erste Malvom Vorhaben des FC Schalke 04 gehörthaben, neben klassischen Sportarten aucheSports in den Verein integrieren zu wollen?

Reichert: Die Themen Unternehmensentwicklungund Erschließung neuer Geschäftsfelder betreffenheute jedes Wirtschaftsunternehmen und da schlie-ßen sich Sportvereine nicht mehr aus. Daher war esfür mich nicht überraschend, dass eSports ein rele-vantes Thema für Sportorganisationen wird. Dabeibin ich mir sicher, dass die Businessmodelle vonFußball und eSports nahe beieinander liegen, so-dass der Einstieg das natürliche Wachstum des FCSchalke 04 steigern kann und die bereits vorhande-nen Kompetenzen aus klassischen Sportarten indas neue Feld übertragen werden können, ohnegrundsätzlich alles neu aufbauen zu müssen. Hiersind die bestehenden Infrastrukturen sicherlichauch ein großer Vorteil von Fußballvereinen gegen-über anderen Investoren und Organisationen. Sokönnen beispielsweise die medizinischen Einrich-tungen des Vereins genutzt werden, um auch dieeSportler bestens zu betreuen.

Was war der konkrete Auslöser bzw. Punkt, andem vom FC Schalke 04 beschlossen wurde, ineSports einzusteigen, und wie ging man beider Planung und Entscheidung vor?

Reichert: Beim FC Schalke 04 beschäftigt man sichan verschiedenen Stellen mit dem Thema strategi-sche Unternehmensentwicklung. Dabei werden un-terschiedlichste Geschäftsfelder angeschaut undüberlegt, ob diese zum Verein passen und integriertwerden könnten. Eine Person, die sich auch mit die-sem Bereich auseinander setzt, ist auch der Ge-schäftsführer der Arena Management GmbH, derdurch Events mitbekommen hatte, dass in der letz-ten Zeit relativ viele, ausverkaufte eSports-Eventsstattgefunden hatten und eSports derzeit einenHype erfährt. Also wurde angefangen, sich mit demThema ernsthaft zu beschäftigen und man merkteschnell, dass es sich im Vergleich zu klassischenSportarten – die zwar kontinuierlich, aber langsa-mer wachsen – um einen Markt mit hohen Wachs-tumsraten handelt. Im nächsten Schritt wurdehinterfragt, ob eSports tatsächlich zum Verein passt.Ich habe dann zunächst in beratender Tätigkeit häu-fig mit den Verantwortlichen „auf Schalke“ zusam-mengesessen und darüber diskutiert, was manmachen könnte und wo Chancen und Potenziale lie-gen. Am Ende haben sich alle Beteiligten für einenEinstieg ausgesprochen.

Ergeben sich hieraus auch Internationalisie-rungsaspekte für den Verein?

Reichert: Selbstverständlich, dabei gibt es zweiBausteine, auf die aufgesetzt wird. Zum einen soll

Der FC Schalke 04 gab im Mai 2016 den Einstieg in eSports bekannt.In einem ersten Schritt wurde das Team „Elements“ akquiriert. DerFC Schalke 04 übernahm vier der fünf Spieler und den Liga-Startplatzdes Teams in der europäischen Ausgabe der League of Legends Cham-pionship Series. Diese Liga stellt die europäische Königsklasse dar, ver-gleichbar mit der UEFA Champions League. Im Juni vermeldete der Vereinauf seiner jährlichen Mitgliederversammlung den Einstieg in eine weitereeSports-Disziplin. Mit einem neu gegründeten FIFA-Team planen dieSchalker, an deutschen und internationalen Turnieren teilzunehmen.

Auf der Suche nach Nachwuchstalenten richtete der FC Schalke 04 imAugust ein Turnier, den sogenannten Knappen-Cup, aus. Der Fußballclubverfolgt die Strategie, junge, talentierte Spieler aus der direkten Umge-bung in das FIFA-Team einzugliedern. Allerdings musste der FC Schalke 04auch einen kleinen Rückschlag hinnehmen, als das League-of-Legends-Team die Championship Series nicht halten konnte und nun in derdarunterliegenden Challenger Series startet.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

das Investment in eSports mittelfristig – wie derFußball – ein rentabler Geschäftsbereich werdenund daneben den Fußball zu unterstützen. Derzweite und vielleicht noch wichtigere Aspekt ist,dass der Trend sehr global ist und gerade die Kern-märkte Asien und USA extrem eSports-affin sind.Man spricht also international eine ganz bestimmteZielgruppe an: junge, männliche Erwachsene, diezudem wahrscheinlich noch eine gewisse Affinitätzum Fußball haben. Aus unserer Sicht ergeben sichdadurch sehr viele Aktivierungsmöglichkeiten, fürdie ansonsten reines Marketingbudget in die Handgenommen werden müsste.

Wie identifizieren sich die Mitglieder des Ver-eins beispielsweise mit einem Titel wie Leagueof Legends?

Reichert: Darüber haben wir uns vor dem Einstiegsehr viele Gedanken gemacht. Denn die Frage warja, wie die Mitglieder diese Entscheidung am Endedes Tages aufnehmen werden. Der FC Schalke 04 ist ein eingetragener Verein, der neben seinemHauptbereich, dem Fußball, auch noch weitere Brei-tensportarten wie beispielsweise Basketball undHandball fördert. Deshalb ist der Verein es bereitsgewohnt, unterschiedliche Sportarten zu integrie-ren. eSports sehen wir dabei als Sportart an, auchwenn er in Deutschland noch nicht offiziell als sol-che anerkannt ist. Uns war bewusst, dass nicht alleden Einstieg in eSports befürworten werden, geradedie älteren Generationen. Auf der anderen Seitewaren wir sicher, dass die jungen Leute davon be-geistert sein werden und genau das war der Fall.

Weshalb engagieren sich Fußballvereine wieder FC Schalke 04 in Games wie FIFA?

Reichert: FIFA hat natürlich den Vorteil der einfa-chen Aktivierungsmöglichkeiten für die Clubs unddas Spiel ist sehr leicht in die Fanbasis zu transpor-tieren. So können beispielsweise Konsolen aufge-stellt werden, welche sich einer großen Beliebtheiterfreuen. Daneben passt es wunderbar in die Ge-samtstruktur und man hat gesehen, was uns derFIFA-Einstieg an medialer Aufmerksamkeit in

Deutschland gebracht hat. Das hat uns selber über-rascht, besonders wenn man auch mal das Invest-ment dagegenstellt. Im Vergleich dazu wurde derEinstieg in League of Legends in den internationa-len Medien viel stärker wahrgenommen. Bei FIFAwar dies – international betrachtet – nicht der Fall.Das liegt sicherlich daran, dass League of Legendsim Gegensatz zu FIFA ein Zuschauersport ist.

Das heißt, dass also viel mehr Leute auch gerne beiMatches zusehen und nicht nur selber spielen. Ge-nerell betrachtet ist FIFA also eine Art Kommunikati-onsmedium, um denjenigen, die bisher keinenBezug zu eSports haben, den Einstieg zu erleich-tern. Allerdings liegt FIFA natürlich auch thematischnäher für Fußballclubs als zum Beispiel League ofLegends, daher gehen wir aktuell davon aus, dassmittelfristig die meisten Bundesligaclubs ein FIFA-Team etablieren werden.

Vor Kurzem hat zum Beispiel Paris St. Germain an-gekündigt, in den Bereich eSports einsteigen zuwollen, jedoch nicht nur in FIFA, sondern auch in an-dere Titel wie League of Legends. Gerade hier wirdes spannend, denn der Einstieg erfolgt in der Liga,in der wir spielen. Dies macht es nun auch für Au-ßenstehende interessanter und damit spannender.Wir freuen uns schon sehr auf den direkten Ver-gleich.

Sie haben angekündigt, durch eSports auchdie Einnahmenseite weiter zu steigern. Gibt esbereits messbare Erfolge in den Erlösquellen?

Reichert: Wesentliche Zahlen können wir hier –auch aufgrund der Kürze unseres Investments –bisher noch nicht nennen. Zudem kann man vorhernie genau sagen, wie der Einstieg auch hinsichtlichzusätzlicher Erlösquellen aussehen wird. Grund-sätzlich sind wir aber auch für sogenannte „Ende-mic Partner“, also Unternehmen, die direkt mit derGaming-Industrie zu tun haben, auf einmal viel inte-ressanter geworden. Der Best Case wäre natürlich,dass diese Unternehmen langfristig auch den Fuß-ball als Plattform nutzen möchten und somit„Cross-Promotion“ betreiben wollen. Das wird si-cher passieren, aber man muss auch sehen, dasswir erst fünf Monate dabei sind. Am wichtigsten istdeshalb, dass wir hier nachhaltig agieren.So werden aktuell unsere Partner aus dem Fußball-bereich angesprochen, ob sie den Bereich eSportszur Ansprache einer neuen bzw. zusätzlichen Ziel-gruppe nutzen möchten und somit der MarkeFC Schalke 04 auch in diesem Bereich verbundenbleiben wollen.

„eSports sehen wir dabei alsSportart an, auch wenn er inDeutschland noch nicht offiziellals solche anerkannt ist.“

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3. Evolution der Erlösstrukturen

Nicht nur für die zahlreichen Investoren stellt sichdie Frage, ob und wie sich mit eSports Geld verdie-nen lässt. Wichtige Anhaltspunkte versprechen indiesem Zusammenhang die Betrachtung der rele-vanten Erlösquellen. Diese entsprechen grundsätz-lich jenen bei klassischen Sportarten. Bedingt durchdie frühe Marktphase unterscheidet sich allerdingsderen Stellenwert bei eSports zum Teil erheblichvon den traditionellen Ligen. Abbildung 2 illustriertund erläutert die vier wesentlichen Erlösquellendes eSports.

Aktuell stehen die Einnahmen aus Sponsoring undWerbung bei der Kommerzialisierung von eSportsim Mittelpunkt. Mit ihrem Engagement können Wer-betreibende mit der Gamer-Szene einen klar umris-senen online-affinen Adressatenkreis gezieltansprechen. Vielfach engagieren sich daher Unter-nehmen aus dem Games- und Hardware-Umfeld.So wurde die große Bedeutung für Games-Publi-sher zuvor bereits thematisiert. Aber auch fürImage-Kampagnen großer Marken und zur Anspra-che neuer Zielgruppen eignet sich der innovativeCharakter von eSports hervorragend. Beispielsweiseist die Bausparkasse Wüstenrot als Hauptsponsorder ESL Meisterschaft bereits im Bereich eSportsengagiert.

Deutlich ausbaufähig sind die eSports-Erlöse ausPremium-Content. Denn bislang sind noch fast alleEvents über die entsprechenden Plattformen kos-tenlos verfügbar. Lediglich für werbefreies Strea-ming werden die Zuschauer zur Kasse gebeten.Dies dürfte sich künftig ändern, denn die zuneh-mende Professionalisierung, das steigende Zu-schauerinteresse sowie die exponierte Bedeutungeinzelner Turniere und Ligen machen eSports-Übertagungen zu idealen Premium-Inhalten.

Tickets für Top-Live-Veranstaltungen kosten imeSports nicht selten 50 Euro und mehr. In Kombina-tion mit den hohen Zuschauerzahlen der wichtigenEvents werden Ticketeinnahmen zu einer signifikan-ten Erlösquelle. Bislang ist die Zahl der eSports-Großveranstaltungen allerdings noch überschaubar.Der professionell organisierte Ligabetrieb sowieimmer mehr etablierte Turniere bieten jedochRaum für Wachstum.

Bereits heute sind professionelle Merchandising-Strukturen im eSports aufgebaut. Fanartikel für un-terschiedliche Games, Ligen, Teams sowie derenTop-Spieler sind lizenziert und werden an die Fansder Szene vermarktet. Insbesondere die Spielertri-kots erfreuen sich großer Beliebtheit. Daher werdendie Merchandising-Umsätze absehbar analog zurwachsenden eSports-Fanbasis weiter steigen.

Abb. 2 – eSports-Erlösquellen

Quelle: Deloitte

Mit ihrem Engagementkönnen Werbetreibendemit der Gamer-Szeneeinen klar umrissenenonline-affinen Adressaten-kreis gezielt ansprechen.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

4. Neue Zielgruppen durch TV-Präsenz

eSports erobert in Deutschland nun auch das klas-sische Fernsehen. Im Juni wurde erstmals ein gro-ßes eSports-Event live im Free-TV übertragen: DerSender Sport1 zeigte das Finale der ESL One Frank-furt 2016, des größten „Dota 2“-Turniers Europas.Zuvor konnten bereits beim Pay-TV-Sender Sky diebeiden Halbfinalspiele und das Finale um die Meis-terschaft in der TAG Heuer Virtuellen Bundesliga liveverfolgt werden.

In anderen Ländern sind Live-Spiele im Fernsehenbereits länger üblich. Beispielsweise hat eSportsin Korea den Status einer traditionellen Sportart er-reicht, Live-Übertragungen und Hintergrundberichtesind dort regelmäßige Bestandteile des Fernsehpro-gramms. In Deutschland dagegen möchten dieSender zunächst ihre bestehenden Sportangebotemittels eSports diversifizieren. Zudem erschließensie sich ein neues, jüngeres Publikum außerhalb dertraditionellen Sportarten und damit insbesonderedes Fußballs. Auch lassen sich mit den TV-Übertra-gungen streaming-fokussierte eSports-Fans poten-ziell wieder an das lineare Fernsehen heranführen.

Allerdings muss eSports für das Format Fernsehengezielt aufbereitet werden: Die Übertragungen –insbesondere der komplexeren Spiele wie z. B.League of Legends oder Dota 2 – bedürfen einerintensiven Kommentierung, um auch eSports-Laienan das Geschehen heranzuführen. Zudem müssenhochwertige Hintergrundberichte die Wettbewerbein den richtigen Kontext setzen. Auf diese Weisekönnen Zuschauer jedoch stärker in die Szene ein-bezogen werden und steigern dadurch ihr lang-fristiges Interesse.

eSports wird von der Präsenz im linearen Fernse-hen profitieren und neue Anhänger gewinnen.Dies verdeutlicht der Vergleich mit Darts undSnooker. Als einzelne TV-Sender die in Deutschlandzuvor kaum populären Sportarten in ihre Pro-gramme aufgenommen haben, ist um diese in derFolge ein kleiner Boom entstanden – obwohl dieÜbertragungen zunächst nur in den Randzeitenstattfanden.

Schon in absehbarer Zeit ist zu erwarten, dass dieBroadcaster eSports noch konsequenter vermark-ten werden und dabei auf eine systematische Ver-knüpfung zwischen dem traditionellen TV undneuen Online-Angeboten setzen. Der Event-Charak-ter der Finalspiele macht diese zum idealen TV-Con-tent, daher finden diese ihren Platz im Fernseh-programm. Weniger relevante Veranstaltungensowie Vor- und Nachberichterstattungen werdendagegen auf den Streaming-Plattformen der Sendergezeigt. Zusätzlich sind die passenden News onlineverfügbar. Die Strategie dürfte sich bei eSports aus-zahlen, schließlich hat man es mit einer überwie-gend jungen, technik-affinen Zielgruppe zu tun.

Exkurs: Case Study Sport1Sport1 berichtete nach der Übertragung desFinals der ESL One Frankfurt 2016 wenig späterauch live von der europäischen League-of-Legends-Championship-Serie. Dafür starteteSport1 Kooperationen mit der ESL und RiotGames. Die Zusammenarbeit mit der ESL um-fasst mittlerweile auch den Bereich Merchandi-sing. So ist im Sport1-Online-Shop eine großeAuswahl an offiziellen eSports-Fanartikelnerhältlich.

Die deutschen eSports-Fans werden redaktio-nell mit umfangreichen Berichterstattungen imeSports Channel auf Sport1.de sowie über dieSport1 eSports App versorgt. Die Nutzer erhal-ten News, Statistiken, Videos und Hintergründezu den beliebtesten Spielen, den größten Starsund den bekanntesten Turnieren. Zudem wirdauf YouTube ein eigener eSports-Kanal betrie-ben. Ein regelmäßig gesendetes eSports-Maga-zin im Fernsehen gibt es bei Sport1 noch nicht.Die kontinuierliche Berichterstattung erfolgt aufden Online-Kanälen, das lineare TV wird für dieÜbertragung von Großereignissen genutzt.

Die umfangreiche Berichterstattung in denvergangenen Monaten verdeutlicht bereits densteigenden Stellenwert von eSports im Sport1-Portfolio. Besonders auffällig ist die systemati-sche Verknüpfung von TV und Online-Angebo-ten. Es wird interessant zu beobachten sein, obsich mit der steigenden Popularität von eSportsdie Anteile künftig stärker in Richtung des Fern-sehens verschieben werden oder ob der Bereichaufgrund seiner digitalen Zielgruppe weiterhinhauptsächlich online verfolgt werden wird.

eSports muss im TV-Pro-gramm intensiv kommentiertund aufbereitet werden.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

5. Virtual Reality eröffnet neue Perspektiven

Weiteren Rückenwind dürfte eSports durch VirtualReality (VR) erfahren. VR-Brillen gelten derzeit alsder wesentliche Wachstumstreiber im BereichConsumer Hardware: Bis 2020 sind im deutschenB2C-Markt für Virtual Reality laut einer Deloitte-Analyse durchschnittliche Zuwächse von knapp 60Prozent pro Jahr zu erwarten. Dabei gelten Gamesals das vielversprechendste Einsatzgebiet. Derzeitarbeiten praktisch alle großen Publisher an Titelnfür die virtuelle Realität. Schließlich soll VR zur größ-ten Revolution in der Games-Branche seit Jahrenwerden.

Auch für eSports versprechen die geschlossenenBrillen eine eindrucksvolle, immersive – und damitmöglichst stimmige und realitätsnahe – Erfahrung.Zuschauer erleben Events mit der neuen Hardwarenoch viel intensiver. Sie bringt die Fans näher an dieProtagonisten und vermittelt ihnen das Gefühl, alsseien sie tatsächlich vor Ort in der Arena. AuchVR-Content-Pionier Jaunt hat das Potenzial erkanntund Mitte des Jahres in Zusammenarbeit mit derESL eine VR-Dokumentation aller Intel-Extreme-Masters-Events umgesetzt.

Valve Corporation experimentiert ebenfalls schonseit Jahren mit VR. Der Publisher von Dota 2 undCounter-Strike war maßgeblich an der Entwicklungder High-End-Brille HTC Vive beteiligt. Künftigmöchte Valve Corporation die virtuelle Realität inseine eSports-Titel integrieren und zeigte dazu be-reits einen VR-Zuschauermodus bei Dota 2.

In den kommenden Jahren werden neue Brillen-generationen mit höherem Tragekomfort und bes-serer Auflösung die Attraktivität von VR weitersteigern. Und auch die passenden Inhalte werdenrasch bereitstehen. Das gilt besonders für Gamesund eSports. Denn Gamer sind typischerweiseleidenschaftliche Early Adopters. Die Kombinationmit VR wird voraussichtlich schon bald deneSports-Markt beleben.

Für eSports versprechenVR-Brillen ein besonders ein-drucksvolles, immersivesNutzungserlebnis.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

6. Marktaussichten:Wachstums-Champion eSports

eSports steht vor einem Boom: In den nächstenMonaten erschließt die Präsenz im TV neue Zu-schauergruppen. Zudem sind immer mehr Fans be-reit, für die Übertragung exklusiver eSports-Inhaltezu zahlen. Turniere und Ligastrukturen etablierensich weiter und Investoren bringen zusätzliches Ka-pital und frische Ideen. Schließlich erlaubt VR baldeine neue, immersive eSports-Erfahrung, waszudem auch neue Erlöspotenziale bietet.

All diese Faktoren werden dafür sorgen, dass dieeSports-Umsätze in Deutschland bis zum Ende die-ser Dekade nachhaltig steigen werden. Liegen diese2016 noch bei rund 50 Mio. Euro, so ist davon aus-zugehen, dass sich diese Zahl in zwei Jahren bereitsverdoppelt hat (s. Abb. 3). Im Jahr 2020 werdendann hierzulande voraussichtlich schon etwa 130Mio. Euro mit eSports umgesetzt. Damit würdediese Sparte in Deutschland jährlich im Schnitt umrund 27 Prozent wachsen. eSports-Umsätze bezie-hen sich hierbei insbesondere auf Erlöse aus Spon-soring & Werbung sowohl von den Clans als auchwährend der Events bzw. in den Ligen. ZusätzlicheEinnahmen ergeben sich durch das Ticketing imRahmen von großen Turnieren, Premium-Contentfür Analysen, werbefreies Streaming und Merchan-dising – hier speziell die Trikots der Gamer (s. Abb. 2).

Für die Marktabschätzung hat Deloitte die eSports-Erlösströme analysiert, nationale und internationaleVergleichsmärkte betrachtet sowie Branchenexper-ten interviewt. Dabei wurde deutlich: In den nächs-ten beiden Jahren dürfte sich umsatzseitig beson-ders die steigende eSports-Fanbasis bemerkbarmachen. Hier zeigen sich ganz wesentlich die positi-ven Effekte vom Sprung ins TV-Programm unddamit in den sogenannten Mainstream. Ab 2018 istzu erwarten, dass die Zuwächse weniger durch einegrößere Community, als vielmehr durch die Akzep-tanz neuer Bezahlangebote generiert werden.Jedoch gelingt den Anbietern dann zunehmend dieMonetarisierung der treuen eSports-Fanbasis.

Abb. 3 – Deutschland: eSports-Umsätze 1)

Anmerkung: 1) Enthält folgende Erlösquellen: Sponsoring/Werbung, Premium-Content, Eintrittsgelder & Merchandising.Quelle: Deloitte

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

Die respektablen Zuwächse bei Fans und Umsatz-zahlen bedürfen unbedingt einer Einordnung. Dennmitunter wird eSports bereits als echter Konkurrentfür die deutsche Nummer-eins-Sportart Fußball ge-handelt. Doch der spielt nach wie vor in einer ande-ren finanziellen Liga und wird diese Position auchauf absehbare Zeit behalten. Abbildung 4 illustriertdie aktuellen Umsätze und Zuwachsraten voneSports und den führenden deutschen Sportligen.Dabei zeigt sich eindeutig der exponierte Stellen-wert des Fußballs im deutschen Sport. Jedoch isteSports nicht mehr weit von den anderen etablier-ten Sportarten wie Handball, Basketball oder Eis-hockey entfernt. Hierbei ist anzumerken, dass dieangegebenen Umsätze der traditionellen Sportar-ten sich auf die jeweilige Top-Liga und nicht den ge-samten Markt beziehen. Jedoch wird sich eSportsbis zum Ende des Jahrzehnts diesen Ligen weiterannähern und vielleicht sogar die eine oder anderetraditionelle Liga hinter sich gelassen haben.

eSports-Anbieterngelingt zunehmend dieMonetarisierung dergroßen Fanbasis.

Abb. 4 – Deutschland: eSports im Vergleich zu anderen Sportligen

Anmerkungen: 1) Durchschnittswert über die letzten drei Jahre. 2) Es werden die letzten veröffentlichten Umsatzzahlen (exkl. Transfererlöse) dargestellt. Quelle: Deloitte

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Aktueller Umsatz (in Mio. Euro) 2)

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

Alexander MüllerGeschäftsführervon SK Gaming

Alexander Müller ist seit2006 Geschäftsführer vonSK Gaming und gilt inDeutschland als eSports-Urgestein. Er ist einer derGründer von Turtle Enter-tainment und war dort ver-antwortlich für den BereichMarketing. Neben seinerTätigkeit für SK Gaminggründete Alexander Müllerim Jahr 2014 3Sports MediaUG, eine Agentur zur pro-fessionellen Vermarktungvon eSports.

Exkurs: Interview mitAlexander Müller (SK Gaming)

eSports erlebt gerade einen kleinen Boom.Nimmt man dies bei SK Gaming im Tagesge-schäft bereits wahr?

Müller: Absolut. Wir merken sehr deutlich, wiesich die Wahrnehmung verschoben hat. eSportsrennt derzeit überall offene Türen ein. Vor einigenJahren noch mussten wir neue Kontakte zu mögli-chen Partnern extrem lange aufbauen und habenmeist mit 18 Monaten gerechnet, die es gedauerthat, bis man etwas Konkretes angehen konnte.Heute geht das deutlich schneller. Meist merkt mansehr schnell, dass die Frage, ob man sich im eSportengagiert, bereits beantwortet wurde. Es gehtlediglich um das Wie.

Hat sich die eSports-Landschaft in Deutsch-land in den vergangenen Jahren bereits verän-dert? Was waren die wesentlichen Entwick-lungstrends?

Müller: Definitiv. Wir sind in Deutschland mittler-weile viel internationaler aufgestellt. Während esvor einigen Jahren noch interessant war, ein Enga-gement rein im deutschen Markt zu platzieren, egalob nun mit einer Liga, einem Turnier oder einemrein deutschen Team, geht der Trend nun klar inRichtung internationaler Ausrichtung unter Berück-sichtigung der deutschen Community. Nehmen wirdie ESL. Die Auftritte auf der gamescom und diegroßen Veranstaltungen in Frankfurt (CommerzbankArena) oder auch in Köln (Lanxess Arena) sind abso-lute Leuchttürme. Hier wird international gespieltund Deutschland ist begeistert.

Welche sind aus Ihrer Sicht die wichtigstenErlösquellen für die Branche (Sponsoring/Werbung, Premium-Content, Merchandising,Eintrittsgelder)? Erwarten Sie hier künftigVerschiebungen?

Müller: Das ist abhängig davon, wer gefragt wird.Für die Teams sind es die Sponsoren, klar. Das istbei Ligen und Turnieren durchaus ein anderes Bild. Eintrittsgelder spielen schon eine tragende Rolle,

Merchandising wird immer wichtiger und Medien-rechte werden in Zukunft mit Sicherheit amstärksten zunehmen.

In den letzten Monaten sind zahlreiche neuePlayer in eSports eingestiegen. Wie könnensich „etablierte“ Akteure wie SK Gaminggegen diese behaupten?

Müller: Mit Know-how. Natürlich kann man mitKapital versuchen, etwas Konkurrenzfähiges zu er-stellen, aber die Community hat eine klare Meinung.Es sind die Brands, die Teams mit Historie, denenman zujubelt. Da gibt es jetzt schon fantastischeGeschichten, SK Gaming hat sicherlich auch eineeinzigartige. Langfristig zählt das, ganz klar. Das be-deutet aber nicht, dass man als Neuling keineChance hat. Man muss es aber sauber, richtig undkontinuierlich aufbauen und weiterentwickeln, dannwird man eine feste Größe im Markt. Kapital alleinereicht nicht.

Der eSports-Einstieg von Fußball-Bundesligis-ten ruft ein großes öffentliches Interesse her-vor. Beleben diese Clubs die Szene, odersehen Sie auch negative Aspekte?

Müller: Wenn sie es richtig machen, begrüßenwir es. Klar können diese Vereine auch Schadenanrichten im Markt, ich denke aber, dass wir das imDialog miteinander auch besprechen und angehenkönnen. Teilweise passiert das ja bereits, und inmeinen Augen funktioniert es bislang sehr gut.

Erwächst mit eSports nun eine echteKonkurrenz zu traditionellen Sportarten?

Müller: Nein. Eine Ergänzung. Die Faszinationam Counterstrike-Match SK Gaming vs. Virus Proist derzeit ähnlich wie ein Spiel FC Bayern Münchenvs. Real Madrid. Man möchte keins der beidenMatches verpassen. Wichtig ist, dass wir das imeSport auch so verstehen und nicht versuchen, inKonkurrenz mit den traditionellen Sportarten zutreten, das wäre der falsche Weg.

SK Gaming ist mit über 60 großen Meisterschafts-Titeln einer der führendeninternationalen eSports-Clans. Gegründet im Jahr 1997 in Oberhausen, ist manseither in unterschiedlichen Computer- und Konsolenspielen aktiv und erfolg-reich. SK Gaming gilt auch als Pionier der Vermarktung von eSports. In denvergangenen Jahren hat man zahlreiche Teams und Spieler als Stars der Szenepositionieren können. SK Gaming unterhält Büros in Köln und Los Angeles.

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Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

7. Ausblick: Nachhaltiges Wachstumspotenzial?!

eSports ist nicht mehr alleine die Domäne compu-terspielender Nerds, sondern spricht eine beachtli-che und kontinuierlich wachsende Zielgruppe an.Entwickelt sich eSports damit zu einer Sportartunter vielen? Mitnichten, denn spezifische Charakte-ristika machen eSports zum gefragten Betätigungs-feld für Unternehmen und Investoren.

Im Wesentlichen sind es fünf Faktoren, welchedie Attraktivität von eSports begründen:

1 Wie kaum eine andere Sportart verfügt eSportsüber eine starke und treue Community. VieleFans spielen die Games selbst und sind diesenbesonders verbunden. Über Social-Media-Kanälebesteht ein intensiver Austausch zu eSports, denauch Teams und Ligen zur kontinuierlichen Inter-aktion mit den Fans nutzen.

2 Verglichen mit traditionellen Sportarten ist dieeSports-Fanbasis deutlich homogener. Die An-hänger sind nicht ausschließlich, aber doch ten-denziell jung, männlich und technik-affin. Damitist ein gezieltes Targeting bei Werbe- und Pro-duktangeboten möglich.

3 eSports ist grundlegend digitalisiert. Auch überinnovative Kanäle und Plattformen lassen sich In-halte breit adressieren – oftmals kostengünstigerals über herkömmliche Medienkanäle. Denn an-ders als bei klassischen Sportarten könnenselbst Amateure ohne größeren Aufwand ihreMatches live streamen.

4 Die Zahl der eSports-Fans wächst in dennächsten Jahren aus den jungen Altersgruppen kontinuierlich nach.

5 eSports weist keine festgefahrenen Strukturenauf und entwickelt sich zusammen mit der dafürnotwendigen Technik weiter. Damit steigt seineAttraktivität für neue Akteure und Investoren.

Vor diesem Hintergrund wird sich die zuletzt schonhohe Dynamik innerhalb des eSports-Umfeldes wei-ter fortsetzen. Möglicherweise werden die nächstenMonate sogar entscheidend für dessen langfristigeEntwicklung sein. Mit neuen Investoren, Medien-partnern und Zuschauern könnte eSports in eineneue Größenordnung vorstoßen: Aktuell bereitenweitere Fußball-Bundesligisten ihren Einstieg ineSports vor. Daneben winken Investoren, angelocktvom vorhandenen Potenzial und den noch größe-ren Erwartungen, mit zusätzlichem Kapital. Fernseh-sender holen eSports aus der medialen Nische,

sodass die zusätzliche Reichweite fast zwangsläufigzu steigenden Zuschauerzahlen führen wird. Beglei-tet wird diese Entwicklung von einer intensiven Be-richterstattung. Es ist also davon auszugehen, dasseSports auch in den nächsten Jahren in allerMunde bleibt.

Das Szenario für die nahe Zukunft birgt aber auchdie Gefahr eines kleinen Hypes. Die beteiligten Ak-teure sollten daher die Perspektiven von eSportsrealistisch einschätzen und auf ein nachhaltigesWachstum setzen. Dabei kommt gerade den etab-lierten Playern aus dem eSports-Umfeld eine wich-tige Rolle zu. Sie müssen den Kern und Charaktervon eSports erhalten, denn bei aller Euphorie umdie zahlreichen neuen Anhänger dürfen die alten,treuen eSports-Fans keinesfalls verprellt werden.Diese bilden weiterhin die starke Basis und macheneSports zu dem, was es geworden ist: eine attrak-tive, schnell wachsende Alternative zu traditionellenSportarten mit einer extrem starken Community.

Basis unserer Analysen

Einschränkungen hinsichtlichder veröffentlichten InformationenDie Studie beinhaltet Informationen aus öffent-lichen oder anderen direkten Quellen. Wirhaben zum Zwecke dieses Berichts keine Über-prüfung oder Validierung der zugrunde liegen-den externen Informationen durchgeführt.

Für die Marktabschätzung hat Deloitte dieeSports-Erlösströme analysiert, nationale undinternationale Vergleichsmärkte betrachtetsowie Branchenexperten interviewt. Die darge-stellten Werte beruhen auf den daraus gewon-nenen Informationen und stellen somit eineSchätzung des zugrunde liegenden Marktes dar.

WechselkurseZur vereinfachten Darstellung sind alle Daten inEuro angegeben, auch wenn die Transaktionoder der Sachverhalt in einer anderen Währungkommuniziert wurde. Dazu wurden alle Finanz-zahlen mit dem jeweiligen Stichtagskurs des zu-grunde liegenden Datums umgerechnet.

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Klaus BöhmDeloitteDirectorLeiter MedienTel: +49 (0)211 8772 3545kboehm@deloitte.de

Karsten HollaschDeloittePartnerLeiter Sport Business GruppeTel: +49 (0)69 75695 6140khollasch@deloitte.de

Ralf EsserDeloitteManagerLeiter TMT ResearchTel: +49 (0)211 8772 4132resser@deloitte.de

Kim LachmannDeloitteSenior ConsultantSport Business GruppeTel: +49 (0)211 8772 3565klachmann@deloitte.de

Gregory WintgensBIU – Bundesverband InteraktiveUnterhaltungssoftware e.V.Marketing ManagerTel.: +49 (0)30 2408779 16wintgens@biu-online.de

AutorenRalf Esser, Kim Lachmann, Thanh-Liem Vo, Raoul Finzenhagen, Henrik Siedentopf

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte unsere Website auf www.deloitte.com/de/sportoder www.deloitte.com/de/tmt

Der deutsche eSports-Markt in der Analyse

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftungnach britischem Recht), ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen und ihre verbundenen Unternehmen. DTTL und jedes ihrer Mitgliedsunternehmen sindrechtlich selbstständig und unabhängig. DTTL (auch „Deloitte Global“ genannt) erbringt selbst keine Leistungen gegenüber Mandanten. Eine detaillier-tere Beschreibung von DTTL und ihren Mitgliedsunternehmen finden Sie auf www.deloitte.com/de/UeberUns.

Stand 11/2016

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