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NEWSLETTER NO. 4
WissenschaftlicheZusammenarbeit –weltweitWorkshop auf der Krim
Treibhausgase in denUntergrundGEOTECHNOLOGIEN alsPlattform für das 1. NationaleForschungsprogramm...
GEOTECHNOLOGIEN im Gespräch......mit Prof. Dr. LarsStrömberg, VATTENFALL AB
Das System ErdeMehr wissen – schnellerhandeln
Auf dramatische Weise hat auch das vergangene Jahr wieder
gezeigt, wie verletzlich Mensch und Natur gegenüber
Naturgefahren sind. Sinnvolle Konzepte und Lösungsansätze
erscheinen nur möglich, wenn wir die Erde als System begreifen,
in dem alle natürlichen Vorgänge auf komplexe Weise mitein-
ander verbunden sind. Diesen Ansatz verfolgt das Forschungs-
und Entwicklungsprogramm GEOTECHNOLOGIEN, dass seit
2000 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geför-
dert wird. Seine 13 interdisziplinär ausgerichteten Schlüsselthe-
men ermöglichen es, den »Lebensraum Erde« von der globalen
Betrachtung aus dem Weltraum bis in die atomare Dimension
seiner einzelnen Bausteine zu untersuchen. Dadurch können
Ideen und Kenntnisse gebündelt und neue Synergien geschaf-
fen werden. Das Programm GEOTECHNOLOGIEN hat damit den
eingeleiteten Paradigmenwechsel von der disziplinäre n
Forschung zu interdisziplinären Konzepten und Lösungsan-
sätzen konsequent fortgesetzt und ausgebaut.
Exemplarisch für dieses Förderkonzept ist das enge Zusammen-
spiel von Geowissenschaftlern, Biologen, Chemikern und Inge-
n i e u ren bei der Erforschung der weltweiten Gashydrat-vorkommen. Deutsche Wissenschaftler besitzen hier, nicht
zuletzt aufgrund der intensiven Förderung im Rahmen der GEO-
TECHNOLOGIEN, ein weltweit führendes wissenschaftliches und
technologisches Know-how. Der GEOTECHNOLOGIEN – Science
Report No. 7, der in Kürze erscheinen wird, stellt die wissen-
schaftlichen und technologischen Ergebnisse der ersten
Förderphase (2001 – 2004) vor. Seit Ende 2004 werden nun vier
neue Forschungsverbünde mit einem Finanzvolumen von 7,6
Millionen Euro durch das BMBF gefördert. Den Start markierte
am 10. Februar 2005 ein Kick-Off-Meeting am IFM-GEOMAR in
Kiel. Das Treffen war Teil der Festveranstaltung anlässlich der
Verabschiedung von Prof. Erwin Suess in den Ruhestand. Durch
seine bahnbrechenden Forschungen auf dem Gebiet der
Gashydrate hatte Prof. Suess maßgeblichen Anteil am Erfolg der
Gashydratforschung in Deutschland und weltweit.
Technologische Innovationen und interdisziplinäre Forschung
auf »höchstem Niveau« garantieren die internationalen Klein-satellitenmissionen CHAMP, GRACE und GOCE. Deutsche
Forschungseinrichtungen, wie das GeoForschungsZentrum
Das System Erde
MEHR WISSEN –
SCHNELLER HANDELN
Liebe Leserin,lieber Leser!
Zum vierten Mal liegt Ihnen nun der Newsletter des FuE-
P rogramms GEOTECHNOLOGIEN vor. Traditionsgemäß bietet
er wieder einen Mix aus Berichten zu wichtigen Ere i g n i s s e n
und Erfolgen des letzten Jahres, Neuigkeiten und Zukunfts-
planungen des Forschungsprogramms. So wird aus verschie-
denen Bausteinen letztendlich ein in sich stimmiges Ganzes.
Dieser integrative Grundgedanke, der das Forschungspro-
gramm seit seiner Gründung bestimmt, beginnt nun auch im
G roßen konkrete Gestalt anzunehmen. Stück für Stück wer-
den die unterschiedlichen Forschungsbausteine des Pro-
gramms sinnvoll miteinander verknüpft, mit dem Ziel, die
E rde und seine verschiedenen Antriebsmechanismen als ein
System zu begreifen. Aktuelles Beispiel sind die in Kürze
beginnenden Forschungsarbeiten zu dem Themenschwer-
punkt »Frühwarnsysteme im Erdmanagement«, die das
Know-how gleich mehre rer Forschungsschwerpunkte der
GEOTECHNOLOGIEN integrieren, sinnvoll weitere n t w i c k e l n
und anwenden werd e n.
Das aktuelle Interview führen wir dieses Mal mit Prof.
Strömberg vom Energieversorger Vattenfall, dem drittgröß-
ten Stromproduzenten in Deutschland. Das Gespräch steht
stellvertretend für den »Brückenschlag« zwischen Wissen-
schaft und Wirtschaft, den das Programm GEOTECHNOLO-
GIEN inzwischen erfolgreich realisieren konnte.
Ihr
Ludwig Stroink Leiter Koord i n i e r u n g s b ü roGEOTECHNOLOGIEN
Mit modernsten Technologien das System Erde erforschen. Tauchroboter CHEEROKEE kurz vor seinem Einsatz
Newsl_04_neu.qxd 20.03.2006 15:12 Uhr Seite 2
Potsdam und das Institut für Astronomische und Physikalische
Geodäsie der Technischen Universität München sind an führen-
der Stelle in die wissenschaftliche Leitung und Koordination ein-
gebunden. Die spektakulären Ergebnisse der Missionen haben
im vergangenen Jahr nicht nur in der Fachwelt für Aufsehen
gesorgt. Auch die Breitenmedien haben vielfach über die ver-
schiedenen Missionen berichtet: wichtiges Indiz, welch große
Bedeutung die Forschungsarbeiten auch für das gesellschaftli-
che Umfeld besitzen. Die spektakulären Ergebnisse sind aber
nicht nur auf den erfolgreichen Schulterschluss der beteiligten
Wissenschaftsdisziplinen zurückzuführen: Sie sind auch exem-
plarisch für das integrative Förderkonzept von BMBF und DFG in
den GEOTECHNOLOGIEN. Knapp 10 Millionen Euro stellten
beide Institutionen bislang für diese Projekte zur Verfügung.
Nicht zuletzt Dank der intensiven Forschungsförderung ist
Deutschland ein inzwischen weltweit geschätzter Wi s s e n-
schafts- und Technologiepartner beim Bau und Einsatz von
Kleinsatelliten geworden. Durch die Bereitstellung weiterer För-
dermittel in Höhe von 7,5 Millionen Euro seitens des BMBF und
durch das Mitte 2006 beginnende DFG-Schwerpunktprogramm
»Massentransport und Massenverteilung im System Erde« kann
dieses Know-how nun gezielt ausgebaut und verwertet werden.
Das erste Statusseminar der drei Verbundprojekte TIPTEQ, SUN-
DAARC und NAMIBGAS als Beitrag zu dem Themenschwer-
punkt »Kontinentränder – Brennpunkte im Nutzungs- undGefährdungspotenzial der Erde« fand am 9. und 10. Juni
2005 am GeoForschungsZentrum in Potsdam statt. Aus
Indonesien und Chile, zwei besonders erd b e b e n g e f ä h rd e t e n
Gebieten, liefern die Projekte SUNDAARC und TIPTEQ unent-
behrliche Grundlagenkenntnisse für die Entwicklung einer neuen
Generation von Frühwarnsystemen. Sie werden daher wichtiger
Baustein zukünftiger FuE-Projekte des GEOTECHNOLOGIEN-
Schwerpunktes » F r ü h w a rnsysteme im Erd m a n a g e m e n t «sein. Integrativ zu den bereits ergriffenen Maßnahmen zum Auf-
bau eines Ts u n a m i - F r ü h w a rnsystems im Indischen Ozean, förd e r t
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ab
2006 damit auch die We i t e rentwicklung und praktische Er-
p robung von Frühwarnsystemen bei anderen geologischen Natur-
k a t a s t rophen. Für die nächsten vier Jahre stehen dafür neun
Millionen Euro zur Verfügung. Der Aufruf zur Einreichung von
P rojektvorschlägen endete am 3. Februar 2006. Ein unent-
behrliches Glied in der Frühwarnkette sind interoperable Infor-
mationsarchitekturen, die beispielsweise die verschiedenen Teil-
systeme sinnvoll miteinander verknüpfen. Wichtige Grundlagen-
erkenntnisse und erste Praxisanwendungen wurden dazu im
Rahmen des Themenschwerpunktes »Informationssystemeim Erdmanagement« erarbeitet. Im Rahmen der internationa-
len Münsteraner GI-Tage fand nach dreijähriger Förderphase am
22. Juni 2005 der Abschlussworkshop statt. Mehr als 60 Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten in Anwesenheit
der internationalen Gutachter ihre Ergebnisse vor. Eine abschlie-
ßende Gesamtübersicht erscheint in Kürze in der Reihe »GEO-
TECHNOLOGIEN – Science Report, No. 8«. Die gezielte Weiter-
entwicklung und Implementation dieser Informationstechnolo-
gien wird ein Schwerpunkt zukünftiger Forschungsaktivitäten
zur Entwicklung von Frühwarnsystemen sein. Die sinnvolle Ver-
knüpfung unterschiedlicher Forschungsbausteine des FuE-Pro-
gramms GEOTECHNOLOGIEN mit dem Ziel eines globalen Erd-
systemmanagements findet auf diese Weise Stück für Stück
seine praktische Umsetzung.
Tradition haben inzwischen die Special Sessions »GEOTECH-
NOLOGIEN« im Rahmen der Jahrestagungen der Deutschen
Gesellschaft für Geowissenschaften (DGG). Auch auf der letzt-
jährigen Veranstaltung in Erlangen erfreute sich die Session - mit
16 Vorträgen und sieben Postern eine der größten Veranstal-
tungen der Tagung – großen Zuspruchs. Auf der DGG 2006 in
Berlin stehen die GEOTECHNOLOGIEN daher wieder auf dem
Programm. Interessenten, die ihre Forschungsprojekte auf dieser
internationalen Plattform präsentieren wollen, sind bereits jetzt
aufgerufen, sich diesen Termin vorzumerken.
Ihre Pforten endgültig geschlossen hat die Wanderausstellung»In die Tiefe gehen«, die zwischen März 2004 und Oktober
2005 bundesweit in sechs Städten gezeigt wurde. Auf knapp
300 m2 wurden informativ und spielerisch die verschiedenen
Möglichkeiten vorgestellt, wie die Welt zu unseren Füßen nach-
haltig genutzt werden kann. Bahnhöfe, die im Untergrund ver-
schwinden, unterirdische Transportsysteme oder Speichermög-
lichkeiten für Treibhausgase. Derlei Beispiele gab es viele, und
mehr als 120.000 Besucher nutzten die Möglichkeit sich zu
informieren. Eine ausführliche Dokumentation der Ausstellung
ist unter www.geotechnologien.de zu finden. Aufgrund des
großen Erfolges der Wanderausstellung, ist das Koordinierungs-
büro GEOTECHNOLOGIEN nun gebeten worden, eine neue
Ausstellung zu konzipieren. »Unruhige Erde«, so der Arbeits-
titel der neuen Wanderausstellung, wird den Start der neuen
Forschungsprojekte begleiten, die sich auf die Entwicklung von
Frühwarnsystemen für Naturgefahren konzentrieren. Die Aus-
stellung will auf die große Bedeutung von extremen Naturer-
eignissen für Mensch und Umwelt eingehen. Noch sind die
Ausstellungsorte und -zeiten nicht endgültig beschlossen, aber
das Deutsche Museum in München und das Deutsche Technik
Museum in Berlin haben bereits ihr Interesse bekundet, auch
diesmal wieder mit dabei zu sein.
AufgenommenSeit 1. September 2005 ist Herr Diplom-Geophysi-
ker Simon Schneider für die Presse- und Öffent-
lichkeitsarbeit des Koord i n i e r u n g s b ü ros GEO-
TECHNOLOGIEN verantwortlich. Er folgt Frau
Cathrin Klitzsch, die nach der Geburt ihrer Tochter
aus dem Büro ausgeschieden ist.
AufgeschriebenGEOTECHNOLOGIEN Science Report No. 5und 6 erschienen
Science Report No. 5 stellt die neuesten Ergebnisse
deutscher Kontinentalrandforschung vor. Science
Report No. 6 fokussiert auf die geförderten FuE-Vo r-
haben im Rahmen der Forschungsinitiative »GEO-
TECHNOLOGIEN – CO2-Storage in Germany«.
Aufgerufen Seit Sommer 2005 ist die Internet-Seite w w w.
P l a n e t e r d e . d e Partnerseite des FuE-Pro g r a m m s
GEOTECHNOLOGIEN. Spannende Exklusiv-Berichte
zu laufenden Forschungsarbeiten der GEOTECHNO-
LOGIEN entführen Sie 2x monatlich in den aufre-
genden Alltag der Forscher und Forscherinnen.
AufgezähltGEOTECHNOLOGIEN in Zahlen• 8 von 13 Schwerpunktthemen gefördert
• Cirka 71 Millionen Euro Fördervolumen seit 2000
• 130 Forschungsverbünde mit
• 38 Universitäten, 18 außeruniversitären For-
schungseinrichtungen und 26 Industriepartnern
• 55 hochkarätige Experten aus 11 Nationen be-
gutachteten zusammen knapp 300 Pro j e k t-
skizzen und Forschungsanträge an das BMBF
• 210 Publikationen in nationalen und internatio-
nalen Fachzeitschriften
AngemerktWichtige Termine finden Sie unter
www.geotechnologien.de
News
Impressum
Herausgeber
Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN
Telegrafenberg, 14473 Potsdam
Tel.: (+49) 0331-62 01 48 00
e-mail: geotech@gfz-potsdam.de
www.geotechnologien.de
Texte: L. Stroink
Grafik: G. Schwalbe
Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm
GEOTECHNOLOGIEN wird durch das Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
gefördert.
No. 4, Februar 2006
Hangrutsch GondoBei diesem Erdrutsch am 14.10.2000 verloren im schweizerischen Gondo 13 Menschen ihr Leben. Eine neue Generation von Frühwarnsystemen sollzukünftig solchen Katastrophen vorbeugen.
Aus dem Weltraum in die Tiefe sehen: Satellitenbilder liefern eine Fülle vonInformationen, mit denen Wissenschaftler am chilenischen Kontinentalrand südlich von Concepción die Kontaktzone zweier Erdkrustenplatten erforschen.
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Zahlreiche Studien gehen heute davon aus, dass Kohle auch in
einem zukünftigen Energiemix Deutschlands eine maßgebliche
Rolle spielen wird. Dazu ist es jedoch notwendig, dass das
Kohlendioxid (CO2), das bei ihrer Nutzung entsteht, nicht in die
Atmosphäre gelangt. Eine Schlüsseltechnologie könnte dabei
die Abscheidung des Treibhausgases aus den Kraftwerksdämp-
fen und seine unterirdische Speicherung sein. Eine auch von
Klimaexperten weltweit akzeptierte Option zur Reduktion
anthropogener Treibhausgase.
Welche Perspektiven sich in Deutschland durch die unterirdi-
sche Speicherung von CO2 eröffnen, wird seit Mitte 2005 im
Rahmen des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN untersucht.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) för-
dert in dem ersten nationalen Forschungsprogramm zur CO2-
Speicherung zehn interdisziplinäre Forschungsverbünde aus
Wissenschaft und Wirtschaft mit knapp 7 Millionen Euro. Die
fünfzehn beteiligten Unternehmen steuern zusätzliche 1,3
Millionen Euro bei. Die Wissenschaftler und ihre Kollegen aus
der Industrie wollen in den nächsten drei Jahren ein abge-
stimmtes Konzept entwickeln, auf dessen Grundlage eine ver-
lässliche Bewertung dieser Technologie möglich sein wird.
EINE SICHERE UND DAUERHAFTE SPEICHERUNG
Im Mittelpunkt der Forschungsvorhaben steht die Entwicklung
von Technologien für eine sichere und dauerhafte Speicherung
von CO2. In Deutschland bieten sich dafür beispielsweise tieflie-
Der globalen Perspektive des FuE-Programms GEOTECHNOLO-
GIEN wird durch interd i s z i p l i n ä re und gre n z ü b e r s c h reitende Pro-
jekte Rechnung getragen. Zahlreiche Forschungsvorhaben sind
daher in internationale Programme eingebunden. In den Pro j e k-
ten zur Erforschung der Gashydrate ist das Netz der intern a t i o-
nalen Zusammenarbeit besonders dicht gewoben. Mit China und
den Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres konnte die Zusam-
menarbeit in den letzten Jahren sogar noch ausgebaut werden.
FOKUS SCHWARZES MEER
Mit dem Fokus Schwarzes Meer fand vom 17. bis 22. Mai 2005
in Sevastopol, Ukraine, ein internationaler Workshop statt.
Initiiert wurde das Tre ffen auf der Krim von Gerhard Bohrmann
vom DFG-Forschungszentrum »Ozeanränder« (RCOM) in Bre-
men und Koordinator des Ve r b u n d p rojektes METRO. Mitveran-
stalter waren das Kovalevsky Institute of Biology of the Southern
Seas (IBSS) in Sevastopol und das Center for Marine Geosciences
der Moscow State University (MSU) in Moskau. Der Wo r k s h o p
w u rde durch das BMBF und das FuE-Programm GEOTECHNOLO-
GIEN unterstützt. Der Forschungsverbund METRO (»METRO –
Methan und Methanhydrat im Schwarzen Meer: Strukturanalyse,
Quantifizierung und Dynamik des Methan-Reservoirs«) operiert
seit Ende 2004 im Schwarzen Meer. Bereits in der Frühphase des
Vorhabens sollten daher Akteure und Interessenten aus der
Region mit den deutschen Wi s s e n s c h a f t l e rn zusammengeführt
w e rden, um zukünftige Kooperationen rechtzeitig planen zu
können. Die traditionell guten Kontakte in diese Region können
somit konsequent fortgeführt und ausgebaut werd e n .
SCHLAMMVULKANE – EINE BISLANG W E N I GERFORSCHTE METHANQUELLE
Insgesamt nahmen 45 Wissenschaftlerinnen und Wi s s e n s c h a f t l e r
aus neun Nationen an dem Tre ffen teil. Dem dichten, knapp dre i-
tägigen Vo r t r a g s p rogramm schloss sich eine zweitägige Exkur-
sion zu den weltweit bekannten »Schlammvulkanen« der Krim-
Halbinsel an. Im Gegensatz zu den »normalen« Vulkanen quillt
aus Schlammvulkanen statt Magma lediglich kalter, wasserre i c h e r
Schlamm und Gas (Methan). Sie sind damit eine große natürliche
Quelle für das Klimagas Methan, das den Tre i b h a u s e ffekt 23 mal
wirksamer »anheizt« als CO2. An Land gibt es weltweit rund 600
Schlammvulkane, die relativ intensiv untersucht sind. Ihre Äqui-
valente am Meeresgrund sind dagegen noch wenig erforscht.
Das Schwarze Meer bietet dazu die besten Untersuchungsbe-
dingungen. Nirgends auf unserem Planeten lagert oberflächen-
nah mehr Methan als in diesem nahezu sauerstofff reien Meere s-
becken zwischen Kleinasien und Südosteuropa. »Zwischen 200
und 600 Schlammvulkane gibt es im Schwarzen Meer«, erläutert
Ge r h a rd Bohrmann. Damit sind aber noch lange nicht alle Methan-
quellen erfasst. Aus Untersuchungen russischer Wi s s e n s c h a f t l e r
ist bekannt, dass es allein im Schwarzen Meer rund 5.000 Stellen
gibt, an denen Methan freigesetzt wird
GROSSZÜGIGE UND HERZLICHE GASTGEBER
Nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht war das Treffen in der
Ukraine ein voller Erfolg. In knapp 40 Vorträgen informierten
sich die Teilnehmer über den augenblicklichen Stand der
Gashydrat- und Methanforschung im Schwarzen Meer. Großes
Interesse fand dabei auch das Konzept des FuE-Programms
GEOTECHNOLOGIEN, dass in einer ausführlichen Präsentation
vorgestellt wurde. Viel Zeit blieb aber auch für die Planung kon-
kreter Kooperationsvorhaben, beispielsweise mit der Akademie
der Wissenschaften von Kiew. Neben der hervorragenden Or-
ganisation der Veranstaltung verdient die große Gastfreund-
schaft der ukrainischen Kollegen besondere Erwähnung. Ob bei
der Stadtführung durch das historische Sevastopol, dem »Con-
ference Dinner« oder anlässlich eines Abendessens für die deut-
sche Delegation auf der Forschungsstation der ukrainischen
Akademie der Wissenschaften in Kerch: Überall zeigten sich die
Verantwortlichen als großzügige und herzliche Gastgeber.
Zwar nicht als direktes Ergebnis des Workshops in Sevastopol,
aber doch in dessen Umfeld, entwickelte sich die Zusammen-
arbeit zwischen RCOM und dem MSU in Moskau. An Bord des
russischen Forschungsschiffes PROFESSOR LOGACHEV stach
am 8. Juni 2005 bereits zum zweiten Mal eine Deutsch-Rus-
sische Wissenschaftlercrew unter Leitung von Michael Ivanov in
See, um die Schlammvulkane und die hiermit assoziierten
Gashydrate des Schwarzen Meeres zu untersuchen. Für das
Jahr 2007 ist die dritte Forschungsreise geplant; dann an Bord
des deutschen Forschungsschiffes METEOR. We i t e re Infor-
mationen unter: www.gashydrat.de und www.planeterde.de
Wissenschaftliche Zusammenarbeit – weltweit
WORKSHOP AUF DER KRIM STÄRKT
INTERNATIONALE KOOPERATION
Schlammvulkane auf der Krim-Halbinsel
Teilnehmer des internationalenWorkshops in der antiken Stadt vonChersonesus, die um 400 v. Chr. vonGriechen gegründet wurde.
Treibhausgase in den Untergrund
GEOTECHNOLOGIEN ALS PLATT-
FORM FÜR DAS 1. NATIONALE
FORSCHUNGSPROGRAMM ZUR
UNTERIRDISCHEN SPEICHERUNG
DES TREIBHAUSGASES CO2
CO2 aus Kraftwerksdämpfen abzuspalten und im Untergrund zu speichern könnte ein wichtiger Beitrag zur Reduktion anthropogener Treibhausgas-emissionen sein.
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gende Erdgas- und Erdölfelder an. Ebenso könnten in gro ß e r
Tiefe a u f t retende salzwasserführende Formationen und nicht
a b b a u b a re Kohleflöze als potenzielle Speicher genutzt werden. Sie
w e rden im Rahmen des Forschungsprogramms daher auf Herz
und Nieren geprüft. Aber auch andere, erst wenig untersuchte
Technologiekonzepte und deren Anwendungsmöglichkeiten
konnten sich bei dem anspruchsvollen Auswahlprozess durc h
i n t e rnationale Gutachter durchsetzen. Die Pro d u k t i v i t ä t s s t e i g e-
rung versiegender Erdgasvorkommen durch die CO2-Injektion ge-
hört ebenso dazu wie die Umwandlung des flüchtigen CO2 i n
feste kalksteinartige Verbindungen, die mikrobielle Umwandlung
von CO2 in Erdgas (CH4) oder die Behandlung von Flugaschen still-
gelegter Tagebaue mit dem Treibhausgas. Einen weiteren Schwer-
punkt bildet die Entwicklung und Optimierung von Sicherheits-
und Überwachungstechnologien. Ein vom GFZ-Potsdam koord i-
niertes Konsortium aus Te c h n o l o g i e u n t e rnehmen und For-
schungseinrichtungen konzentriert sich auf die Entwicklung von
faseroptischen Sensoren die eine permanente Überwachung
des Speichers ermöglichen. Ziel des Konsortiums ist es, mess-
technisch hochempfindliche, aber robuste und pre i s w e r t e
Lösungen anzubieten, die nach erfolgreicher Testphase in die
Produktlinien der beteiligten Firmen eingeführt werden können.
Trotz erhöhter Stromgestehungskosten, die heute noch mit der
Abtrennung und Lagerung von CO2 verbunden sind, könnte
sich die Technologie auch wirtschaftlich lohnen. So errechnete
das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass eine
S t romerzeugung aus emissionsfreien Kohlekraftwerken ab
einem Zertifikatpreis von über 30 Euro pro Tonne wirtschaftlich
werden könnte. Seit Einführung des CO2-Emissionshandels am
1.1.2005 stieg der Zertifikatpreis auf derzeit cirka 20 € / t CO2.
Auch die großtechnische Anwendung – Experten rechnen in
ungefähr 10 Jahren damit - und die erheblichen Exportchancen
dieser umweltfreundlichen Technologie eröffnen interessante
wirtschaftliche Perspektiven.
Die Startveranstaltung für alle geförderten Vorhaben fand am
22. und 23. September 2005 an der Bundesanstalt für Geo-
wissenschaften und Rohstoffe in Hannover statt. Sie wurde von
einem lebhaften Pressecho begleitet. Die wichtigsten Artikel
sind unter der Rubrik »Pressespiegel« auf der Internetseite
www.geotechnologien.de einzusehen.
Prof. Dr. Lars Strömberg, 59, hat über Thermo-
dynamik promoviert und ist neben seiner
Tätigkeit für Vattenfall auch Professor für
Energietechnologien an der Te c h n i s c h e n
Universität »Chalmers« in Göteborg.
Lars Strömberg ist Direktor des »CO2-free Power Plant
Projects« und verantwortlich für Forschung und Entwick-
lung auf dem Gebiet der Kohlendioxid-Forschung der
Vattenfall Gruppe.
Mit dem Projekt zum Bau eines CO2- f reien Kraftwerks soll
bis 2008 zunächst eine 30-MW-Pilotanlage am Standort
Schwarze Pumpe (Lausitz) gebaut werden.
GEOTECHNOLOGIEN im Gespräch...
...MIT PROF. DR. LARS STRÖMBERG,
DIREKTOR DES »CO2-FREE POWER
PLANT PROJECTS« BEI VATTENFALL
Schaufelradbagger imBraunkohle-Tagebau
GEOTECHNOLOGIEN: Herr Strömberg, um die anthro p o-genen CO2 Emissionen zu re d u z i e ren, denkt man welt-
weit über die Lagerung dieses Treibhausgases im Unter-grund nach. Welche Möglichkeiten sind aus Ihrer Sichthier re a l i s t i s c h .
L. STRÖMBERG: Wir sehen nur eine Möglichkeit: die Speicherung
in porösen Sandsteinen, beispielsweise in erschöpften Erdöl- und
E rdgaslagerstätten. Auch tiefliegende salzwasserführende Sand-
steinschichten, sog. Aquifere, kommen in Frage. Ich denke, es
gibt keine andere Möglichkeit, die für uns interessant sein könnte
- etwa wie in Japan, wo man über die Lagerung von CO2 i n
Ozeanen nachdenkt. Für uns ist das keine Alternative. Wir können
dies ökologisch nicht re c h t f e r t i g e n .
Bei Vattenfall verfolgen wir aktiv auch verschiedene Mög-
lichkeiten zur Energieversorgung aus regenerativen Quellen,
Bio-Fuels oder Windfarmen, zum Beispiel. Es zeichnet sich aber
ab, dass langfristig gesehen, insbesondere die CO2-Abtrennung
und die geologische Speicherung einen sehr wichtigen Beitrag
zur Reduzierung der anthropogenen CO2-Emissionen leisten
kann. Das hat der IPCC-Report gezeigt. (IPCC: Intergovernmen-
tal Panel on Climate Change; Anmerkung der Redaktion). Für
uns ist das sehr wichtig! Fossile Brennstoffe werden auch in
Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Daher gilt für uns: Es gibt
die technischen Möglichkeiten, es gibt die umwelt- und ener-
giepolitischen Aspekte und es ist der einzige Weg, die globale
Erwärmung zu bekämpfen.
GEOTECHNOLOGIEN: Denkt Vattenfall deshalb über den
Bau eines CO2-freien Kraftwerkes nach L. Stromberg: Schwarze Pumpe ist ein Ort in der Nähe von Cott-
bus in Brandenburg. Dort steht zur Zeit eines der größen Braun-
kohlekraftwerke in Deutschland mit cirka 2000 MW Leistung. Wi r
w e rden in den nächsten Jahren dort ein CO2- f reies Kraftwerk
bauen. Eine Pilotanlage mit 30 MW thermischer Leistung.
GEOTECHNOLOGIEN: Das Thema CO2-Speicherung handeltimmer auch von Nachhaltigkeit und nachhaltiger Politik.
Welche Rolle spielt die augenblickliche Diskussion überNachhaltigkeit für Sie?L. STRÖMBERG: Ja, das ist richtig. Für uns ist dies eine entschei-
dende Frage. Wir sind uns dabei über zwei Dinge im Klaren:
zum einen müssen wir CO2 abtrennen und lagern, um die glo-
bale Erwärmung zu stoppen. Zum anderen ist die Abtrennung
und Lagerung keine endgültige Lösung. Wir sehen darin eine
Brückenlösung, die zu wirklich nachhaltigen Lösungen führen
soll. Auch, weil die fossilen Brennstoffe nicht ewig ausreichen
werden. Kohle wird noch am längsten vorrätig sein und wir kön-
nen sie weltweit unter vergleichsweise sicheren Bedingungen
fördern. Vattenfalls Priorität ist die Kohle und die geologische
Speicherung von CO2 – das zusammen ist die Kombination!
Gleichzeitig müssen wir jedoch nach wirklich nachhaltigen
Lösungen suchen.
GEOTECHNOLOGIEN: Wie wichtig sind Forschung und Ent-
wicklung? Denken Sie, dass die Abtrennungs- und Spei-chertechnologien bald soweit sein werden, dass man siewirtschaftlich einsetzen kann?
L. Strömberg: Forschung und Entwicklung sind sehr wichtig!
Insbesondere für uns. Wir sind im Moment in einer Situation, in
der wir die Techniken zu weiten Teilen kennen. Wir müssen sie
nun umsetzen, in Versuchsanlagen und Demonstrationsbetrie-
ben. In Norwegen werden voraussichtlich in 2009 die ersten
CO2-freien Gas-Kraftwerke in Betrieb genommen. Bei Kohle-
kraftwerken wird es erste Pilotanlagen etwa in 2-3 Jahren ge-
ben, wie zum Beispiel unsere Pilotanlage in Schwarze Pumpe.
Um diese Technologie aber wirtschaftlich einzusetzen, wird es
sicher noch 15 Jahre dauern. Angetrieben durch den europäi-
schen Emissionshandel werden solche Techniken wirtschaftlich
immer reizvoller.
GEOTECHNOLOGIEN: Wo, denken Sie, steht die europäi-sche CO2-Forschung im internationalen Vergleich?
L. STRÖMBERG: An der Spitze. Auch wegen des europäischen
Emissionshandels
GEOTECHNOLOGIEN: Gibt es auch andere Nationen, dieauf diesem Gebiet Spitzenforschung betreiben?L. STRÖMBERG: Die Japaner. Sie leisten ebenfalls großartige
Arbeit. Da Japan sehr von fossilen Brennstoffen abhängig ist, vor
allem von Kohle, sind sie gezwungen, auf dem Gebiet der CCS-
Technologien zu forschen.
GEOTECHNOLOGIEN: Welche technologischen Entwick-lungen und Forschungen sind in den nächsten Jahren not-
wendig, um die CCS-Technologien umzusetzen?L. STRÖMBERG: Die wichtigste Frage ist: »Bleibt das CO2 auch
da unten?« Das wird auch für die öffentliche Akzeptanz dieser
Technologie von großer Bedeutung sein. Lässt sich das
Treibhausgas sicher in den Untergrund leiten und bleibt es dort
auf Dauer - das müssen wir hunderte Mal prüfen, bevor wir uns
an die Umsetzung der Technologie machen. Wir müssen
Vertrauen aufbauen und beweisen dass wir die Technik beherr-
schen. Vattenfall ist an vielen internationalen Projekten beteiligt,
die sich mit der Erforschung und der Entwicklung dieser Te c h-
nologie befassen. Auch in Projekten der GEOTECHNOLOGIEN.
Von den FuE-Projekten erwarten wir uns konkrete Fortschritte,
was die Sicherheit und Machbarkeit dieser Technologie angeht.
GEOTECHNOLOGIEN: In der Diskussion um CO2-Speiche-
rung taucht immer wieder auch die rechtliche Frage auf.Wie sehen Sie die augenblicklichen rechtlichen Rahmen-bedingungen zur CO2-Speicherung?
L. STRÖMBERG: Eine ganz wichtige Frage. Als die aktuellen
Gesetze geschrieben wurden, dachte noch niemand an die heu-
tigen technischen Möglichkeiten. Heute gibt es einen politi-
schen Druck, sich mit der Bekämpfung des Klimawandels aus-
einander zu setzen. Wir wollen vom CO2-Ausstoß wegkommen
und müssen daher auch an die geologische CO2-Lagerung den-
ken. Wir müssen aber einen europäischen Konsens finden.
Fragen wie »wie ist die Speicherung länderübergre i f e n d e r
Lagerstätten reguliert?« oder »wer übernimmt die Langzeit-
Verantwortung für die Sicherheit?« müssen auf internationaler
Ebene besprochen und beantwortet werden. Aber dieser
Prozess wird Jahre benötigen. Ich denke, dass es mehr als 10
Jahre dauern wird, bevor eine europäische Lösung gefunden
wird. Auch wenn wir jetzt damit beginnen.
GEOTECHNOLOGIEN: Herr Strömberg, ich danke Ihnen fürdieses Gespräch.
Das Interview führte S. Schneider. Übersetzt und gekürzt von
S. Schneider.
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