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Wissenschaftliche Sitzungen 1. Halbjahr 2016
Nordrhein-Westfälische Akademie
der Wissenschaften und der Künste
3
54
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste
Wissenschaftliche Klassensitzungen und
Akademieveranstaltungen für alle Klassen
der Nordrhein-Westfälischen Akademie
der Wissenschaften und der Künste im
1. Halbjahr 2016
Die Akademie ist eine Vereinigung führender Forscherinnen und Forscher
des Landes und die Heimat von zurzeit 14 wissenschaftlichen Forschungsvor-
haben. In der Akademie pfl egen die Mitglieder wie in den weiteren sieben
deutschen Landesakademien den wissenschaftlichen Gedankenaustausch
untereinander sowie mit Vertretern von Politik und Gesellschaft und unter-
halten enge Kontakte zu anderen wissenschaftlichen Einrichtungen im
In- und Ausland.
Die Nordrhein-Westfälische Akademie ist in drei wissenschaftliche Klassen,
Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin sowie Ingenieur-
und Wirtschaftswissenschaften, und eine Klasse der Künste gegliedert. In
ihnen fi ndet das eigentliche wissenschaftliche und diskursive Leben der
Akademie statt. Die regelmäßigen nichtöff entlichen Klassensitzungen bieten
die Gelegenheit zur Diskussion wissenschaftlicher Forschungsergebnisse oder
künstlerischer Fragestellungen, in ihnen werden für die akademieeigenen
Schriftenreihen vorgesehene Publikationen vorgelegt. Die Vielfalt der vertrete-
nen Fachrichtungen bietet die Gewähr für disziplinenübergreifenden Gedan-
kenaustausch und interdisziplinäres Arbeiten.
76
JK Dienstag, 19.01.2016 um 18.00 Uhr (ÖV)
Konzert zum Neuen Jahr
Aufnahme der neuen Mitglieder des Jungen Kollegs
G Mittwoch, 10.02.2016 um 15.00 Uhr
Der Reliquienkult im Kampf der Kirchen von Rom und Konstantinopel um den
Vorrang, oder: Wie russisch ist die Krim?
Prof. Dr. Rainer Stichel, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
A Dienstag, 16.02.2016 um 17.00 Uhr (ÖV)
Abenteuer Universum – von fl ackernden Sternen und Schwarzen Löchern
Abschlussveranstaltung des Akademie-Forschungsprojektes „Erforschung
junger Sterne und Quasare“
NM Mittwoch, 17.02.2016 um 15.30 Uhr
Sternentstehung in turbulenten Molekülwolken
Prof.'in Dr. Stefanie Walch-Gassner, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Von bekannten zu ungewöhnlichen Atombindungen:
Kovalente Dreifachbindungen in Natur, Anwendung und Forschung
Prof. Dr. Holger Braunschweig, Würzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
IW Mittwoch, 02.03.2016 um 15.30 Uhr
Hydraulic Fracturing: Die Technologie, ihre Chancen und potentielle Risiken
Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Emmermann, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Staatsverschuldung und Niedrigzinsen: Quo vadis, Europa?
Prof. Jörg Rocholl, PhD, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
G Mittwoch, 09.03.2016 um 15.00 Uhr
Autobiografi eforschung. Alte Fragen – neue Perspektiven
Prof.'in Dr. Martina Wagner-Egelhaaf, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
NM Mittwoch, 16.03.2016 um 15.30 Uhr
Die Mechanik von bakteriellen Biofi lmen
Prof.'in Dr. Berenike Maier, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
Der Titel des Vortrags lag zum Redaktionsschluss noch nicht vor.
Prof. Dr. Nils Metzler-Nolte, Bochum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22
G Mittwoch, 13.04.2016 um 15.00 Uhr
Sprachtod in Afrika
Prof. Dr. Bernd Heine, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
NM Mittwoch, 20.04.2016 um 15.30 Uhr
Intravitales, funktionelles Imaging mit Zweiphotonenmikroskopie: neue
Einblicke in Leberfunktionen und Prinzipien der Gewebeorganisation
Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler, Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Übersicht 1| 2016
98
Magnetic Soft Matter – Travelling Length and Time Scales
Prof.'in Dr. Annette M. Schmidt, Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
A Mittwoch, 11.05.2016 um 17.00 Uhr (ÖV)
Jahresfeier der Akademie – Aufnahme der neuen Mitglieder
Festvortrag von Prof. Dr. Hans R. Schöler, Münster
G Mittwoch, 08.06.2016 um 15.00 Uhr
Die fi nnische Altertumswissenschaft und Deutschland
Prof. Dr. Heikki Solin, Helsinki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
IW Donnerstag, 16.06.2016 um 12.30 Uhr
Th emenklassensitzung:
Stadtregionen – Metropolen der Zukunft! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Stadtsoziologie
Prof.'in Dr. Susanne Frank, Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Regionalplanung, Umwelt und Verkehr, Zentrale-Orte-Konzepte,
Stadtentwicklung statt Mega-Cities
Prof. Dr.-Ing. Dirk Vallée, Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Smart Cities als Prozess
Prof.'in Dr. Ina Schieferdecker, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Klimaschutz, Wachstum und Lebensqualität in Metropolen
Prof. Dr. Jürgen Aring, Dortmund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Lösung der Energieprobleme in Metropolen
Prof. Dr. Martin Faulstich, Clausthal-Zellerfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
NM Mittwoch, 22.06.2016 um 15.30 Uhr
Aerosole in der Troposphäre: Quellen, luftchemische Prozesse und
Auswirkung auf Klima und Gesundheit
Prof.'in Dr. Astrid Kiendler-Scharr, Jülich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Wie entdecke ich …?
Prof. Dr. Frank Glorius, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1110
Legende / Erläuterungen
A = Akademieveranstaltung für alle Klassen
G = Klasse für Geisteswissenschaften
NM = Klasse für Naturwissenschaften und Medizin
IW = Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften
K = Klasse der Künste
JK = Junges Kolleg
ÖV = Öff entliche Veranstaltung
Weitere Informationen zu den Klassensitzungen sind zeitnah im Internet zu fi nden.
Bitte beachten Sie bei den genannten öff entlichen Terminen die Einladungen und
hierbei eventuelle Terminänderungen. Weitere Terminhinweise fi nden Sie unter
www.awk.nrw.de.
Die Klassensitzungen sind grundsätzlich nur für die Mitglieder der Akademie und
der Stiftung der Freunde und Förderer der Akademie zugänglich.
1312
G Mittwoch, 10.02.2016 um 15.00 Uhr, 568. Sitzung
Der Reliquienkult im Kampf der Kirchen
von Rom und Konstantinopel um den
Vorrang, oder: Wie russisch ist die Krim?
Prof. Dr. Rainer Stichel, Münster
In einer Rede am 4. Dezember 2014 führte der russische Präsident V. V.
Putin aus, auf der Krim befi nde sich »die geistige Quelle der Herausbildung
der vielgestaltigen, aber monolithischen russischen Nation.« Denn dort
»empfi ng der Fürst Vladimir die Taufe, und danach taufte er auch die ganze
Rus’.« In dem Vortrag soll ein anderes Bild von der geschichtlichen Bedeu-
tung der Krim im 9. Jahrhundert entworfen werden. Im Jahre 861 überführte
der von Konstantinopel ausgesandte Missionar Konstantinos/Kyrillos die
Gebeine des hl. Papstes Clemens von dem Ort seines Martyriums auf der
Krim nach Rom, wo sie in der ihm geweihten Kirche (San Clemente) beige-
setzt wurden. Als angeblicher Nachfolger des hl. Petrus, der den Primat des
römischen Bischofs bezeuge, nahm Clemens in dem Gefl echt der successio
apostolica eine bedeutende Stellung ein, und seit der Translation der Cle-
mens-Reliquien nach Rom propagierte die Kirche von Rom, um ihren
Vorrang zu festigen, den Clemens-Kult in ganz Europa bis nach Skandinavien
und bis nach Kiev unter Einbeziehung der Krim. Demgegenüber wird die
Kirche von Konstantinopel andere Erinnerungsstücke der Heiligen Geschichte
ins Feld führen – und auf dem Gebiet der alten Rus’ den römischen An-
spruch schließlich verdrängen. Die Erforschung dieser Zusammenhänge
führt zu einem diff erenzierteren Bild, als Präsident Putin es in seiner Rede
vorgestellt hat.
Prof. Dr. Rainer Stichel, geboren 1942 in Berlin, war nach dem Studium der
Byzantinistik, Slavistik und Klassischen Philologie an der Freien Universität
Berlin, in Heidelberg und Paris seit 1971 Mitarbeiter des christlichen
Archäologen Friedrich Wilhelm Deichmann am Deutschen Archäologischen
Institut in Rom, danach Referent an der Bibliotheca Hertziana, dem kunst-
historischen Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Rom. Nach neunjähriger
Tätigkeit in Rom habilitierte er sich 1981 an der Universität zu Köln für das
Fach Byzantinistik. Seit 1984 Heisenberg-Stipendiat, folgte er 1985 einem
Ruf auf den Lehrstuhl für Byzantinistik an der Universität Münster, den er
bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahre 2007 innehatte. Für das
Akademische Jahr 1987/88 lud die Harvard-Universität ihn als Senior
Research Associate an ihr byzantinistisches Studienzentrum Dumbarton Oaks
in Washington ein. 1994 und 1997 lehrte er als Directeur d’études invité an der
École Pratique des Hautes Études (Sorbonne) in Paris. Er ist Ordentliches Mit-
glied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Mit-
glied des Redaktionskollegiums des »Wörterbuchs der russischen Sprache des
11.–17. Jahrhunderts«, das vom Institut für russische Sprache (Moskau) der
Russischen Akademie der Wissenschaften und der Künste herausgegeben
wird.
NM Mittwoch, 17.02.2016 um 15.30 Uhr, 573. Sitzung
Vortrag 1
Sternentstehung in turbulenten
Molekülwolken
Prof.'in Dr. Stefanie Walch-Gassner, Köln
Neue Sterne, welche unserer Sonne sehr ähnlich sind, bilden sich kontinuier-
lich in der Milchstraße. Pro Jahr sind es ca. 2 Sonnenmassen an Gas, welches
in neue Sterne gepackt wird. Die jungen Sterne werden in dunklen und kalten
Gaswolken geboren, die hauptsächlich aus molekularem Wasserstoff bestehen.
Die Dichte des Gases in diesen sogenannten „Molekülwolken“ ist geringer als
das beste Hochvakuum auf der Erde, dennoch kommt aufgrund der Größe
Wissenschaftliche Sitzungen 1 | 2016
1514
dieser Wolken so viel Masse zusammen, dass diese unter ihrem eigenen
Gewicht einbrechen und kollabieren. Nach ca. 100.000 Jahren führt dieser
Kollaps zur Entstehung eines (oder mehrerer) neuer Sterne.
Junge Sterne sind im Allgemeinen umringt von einer Scheibe aus Gas und
Staub, durch welche Materie Drehimpuls verlieren und somit auf den zentralen
Stern akkretiert werden kann. Darüber hinaus bilden sich auf Zeitskalen von
ca. 10 Millionen Jahren Planeten wie Jupiter und Erde in diesen Akkretions-
scheiben, falls die Scheiben selbst lange genug existieren. Insgesamt ist die
Entstehung von jungen Sternen und andersartigen Planeten langwierig und
komplex, da viele nicht-lineare physikalische Prozesse wie Eigengravitation,
Magneto-Hydrodynamik, Strahlung, und die Chemie von Gas und Staub zu-
sammenwirken. Das Problem der Sternentstehung wird daher mittels drei-
dimensionaler Computer-Simulationen angegangen, mit welchen der Kollaps
der Molekülwolken und die Entstehung und Entwicklung von neuen Sternen
und Planeten verfolgt werden kann. Auf diese Art und Weise können die
Anfangsbedingungen in den Molekülwolken, wie deren Dichteprofi l, Turbu-
lenz oder Umgebungsdruck, systematisch variiert werden, um die wichtigsten
Parameter zu identifi zieren, welche den Sternentstehungsprozess maßgeblich
beeinfl ussen. In diesem Vortrag gebe ich einen kurzen Einblick in die wich-
tigsten physikalischen Prozesse und zeige, wie man Sterne am Computer
entstehen lassen kann.
Prof.’ in Dr. Stefanie Walch-Gassner ist seit November 2013 Professorin für
Th eoretische Astrophysik an der Universität zu Köln. Momentan ist sie auf
einer „Tenure-Track“ W3 Stelle. Davor verbrachte sie zwei Jahre am Max-Planck-
Institut für Astrophysik in Garching und drei Jahre an der Universität Cardiff
in Wales, UK, als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc). Ihre Doktorarbeit
schloss sie nach Studium der Physik in München und Regensburg Ende 2008
erfolgreich an der Ludwig-Maximilians-Universität in München ab. Ihre neueste
und wichtigste Errungenschaft ist der Gewinn eines ERC Starting Grants.
Vortrag 2
Von bekannten zu ungewöhnlichen Atom-
bindungen: Kovalente Dreifachbindungen
in Natur, Anwendung und Forschung
Prof. Dr. Holger Braunschweig, Würzburg
Die drei im Periodensystem benachbarten leichten Elemente Stickstoff , Kohlen-
stoff und Bor sind die einzigen, die aufgrund ihrer elektronischen und physikali-
schen Eigenschaften mit sich selbst ungestörte, kovalente Dreifachbindungen
ausbilden können. Tatsächlich kommen von den beiden erstgenannten entspre-
chende Moleküle wie etwa der Distickstoff |N≡N| oder das Acetylen H–C≡C–H
natürlich vor, sind also seit rund 13 Mrd. Jahren im Universum vorhanden. Eine
analoge Substanzklasse des Bors, die sogenannten Diborine, kann jedoch nur im
Labor synthetisiert werden, was erstmals im Jahr 2012 gelang.1
Der Vortrag schildert kurz die z.T. enorme Bedeutung, die die Kohlenstoff - und
vor allem Stickstoffb asierten Dreifachbindungssysteme für uns haben, bevor er
sich der Synthese und den Eigenschaften der Diborine zuwendet. Die z.T. über-
raschenden und chemisch einzigartigen Charakteristika der Bor-Bor-Dreifach-
bindung lassen sich über einen Vergleich der elektronischen Eigenschaften mit
denen von N2 und C2H2 erklären.
Prof. Dr. Holger Braunschweig wurde 1961 in Aachen geboren und ist Lehr-
stuhlinhaber und Vorstand des Instituts für Anorganische Chemie an der
Universität Würzburg. Er hat in Aachen Chemie studiert und am Lehrstuhl
von Prof. P. Paetzold promoviert und habilitiert. Weiterhin verbrachte er ein
Postdoktorat bei Prof. Michael Lappert, FRS an der University of Sussex und
war Reader am Imperial College, London, bevor er 2002 einem Ruf auf die
Nachfolge von Prof. Helmut Werner nach Würzburg folgte.
[1] H. Braunschweig, R. D. Dewhurst, K. Hammond, J. Mies, K. Radacki, A. Vargas
“Ambient-Temperature Isolation of a Compound with a Boron-Boron Triple Bond”
Science 2012, 336, 1420–1422.
1716
Seine Arbeitsgebiete liegen im Bereich der Bor-, Element- und Metallorgani-
schen Chemie und umfassen weitreichende Interessen in den Bereichen
Synthese, Katalyse und molekulare Materialien. Seine Arbeiten sind in über
400 Publikationen dokumentiert, die überwiegend in erstrangigen Fachjour-
nalen veröff entlicht wurden. Seine Studien etwa zu Übergangsmetallborylen-
komplexen, Bor-Heterocyclen oder Bor-Bor-Bindungen wurden in zahlreichen
Artikeln und Reportagen gewürdigt, u.a. in Beiträgen zu New Scientist, Th e
Times of London, Science, Nature, Nature Chemistry, Chemical and Enginee-
ring News, Chemistry World, Spektrum, Chemie in unserer Zeit und Ange-
wandte Chemie.
Prof. Braunschweig erhielt 2009 den Gottfried Wilhelm Leibniz Preis der DFG
und wurde mit den Arduengo, Steinhofer, Bruker, ScotCHEM und Frontiers
Vorlesungen im In- und Ausland ausgezeichnet. Er ist ordentliches Mitglied
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie
der Wissenschaften, Leopoldina sowie korrespondierendes Mitglied der
Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Unter
anderem erhielt er den Main Group Chemistry Award der Royal Society of
Chemistry und wurde zur Unterstützung seiner Arbeiten bereits zweimal mit
einem Advanced Grant des European Research Council ausgezeichnet. Seit
2007 ist er Fachkollegiat der DFG für Anorganische Molekülchemie.
IW Mittwoch, 02.03.2016 um 15.30 Uhr, 102. Sitzung
Vortrag 1
Hydraulic Fracturing: Die Technologie, ihre
Chancen und potentielle Risiken
Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Emmermann, Berlin
Hydraulic Fracturing, umgangssprachlich als „Fracking“ bekannt, ist eine
kritisch und kontrovers diskutierte Technologie, die zwei Hauptanwendungs-
gebiete hat: die Gewinnung von Erdgas aus gering permeablen Gesteinen im
geologischen Untergrund und die energetische Nutzung von tiefen Erdwärme-
Reservoiren (petrothermale Geothermie).
Der Vortrag gibt einen Überblick über die vielfältigen Facetten des Th emas
Fracking. Im Mittelpunkt stehen dabei die Technologie selbst – von den
Grundlagen des Frac-Prozesses über die Untergrunderkundung bis zu den
Tiefb ohr- und Frac-Techniken – sowie die wirtschaftliche und energiepoliti-
sche Bedeutung von Fracking im Rahmen der Energiewende für den Standort
Deutschland. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Diskussion von Gefah-
renquellen und potenziellen Risiken für Mensch und Umwelt, wie z.B. Trink-
wasser-/Grundwasser-Kontamination, Chemie der Frac-Fluide und induzierte
Seismizität. Es werden diverse Techniken und Maßnahmen zum Risikomoni-
toring und zur Risikovermeidung vorgestellt.
Auf der Basis von wissenschaftlichen oder technischen Argumenten lässt sich
ein generelles Verbot von Fracking nicht begründen. Der Einsatz der Techno-
logie muss jedoch strengen Sicherheitsstandards folgen, klar geregelt sein und
umfassend überwacht werden. Es wird deshalb vor einer grundsätzlichen Ent-
scheidung der Politik die Durchführung von ausgewählten Pilot-/Testprojekten
mit wissenschaftlich-technischer Begleitung empfohlen. Dabei könnte auch
das Th ema Kommunikation und Akzeptanz exemplarisch behandelt werden.
1918
Prof. Dr. Dr. h. c. Rolf Emmermann (Jg. 1940), nach Studium der Geowissen-
schaften (mit Schwerpunkt Mineralogie, Geochemie und Lagerstättenkunde),
Promotion und Habilitation, 1974 Berufung auf eine Professur an der TU
Karlsruhe. 1981 bis 2005 Lehrstuhlinhaber für Mineralogie und Direktor des
Instituts für Geowissenschaften an der JLU Gießen. 1991 Gründungsdirektor
und von 1992 bis 2007 Vorstandsvorsitzender des GeoForschungsZentrums
Potsdam GFZ.
Vortragsrelevante Aktivitäten: 1985 bis 1995 Koordinator des DFG-SPP „Konti-
nentales Tiefb ohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland KTB“ und
Wissenschaftlicher Direktor des gleichnamigen BMBF-Großforschungsprojekts.
1996 bis 2012 Executive Chairman des International Continental Scientifi c
Drilling Program ICDP und Koordinator des DFG-SPP „ICDP“.
Auszeichnungen / Mitgliedschaften: Ehrendoktorwürde der TU Braunschweig,
Distinguished Career Award der Geological Society of America, Großes Bundes-
verdienstkreuz. Gründungsmitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften, Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen und der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mitglied der Academia Europaea
und von acatech-Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.
Aktuelle Tätigkeiten: Vorsitzender des Kuratoriums der Humboldt-Universität
zu Berlin und des Landeshochschulrats Brandenburg.
Vortrag 2
Staatsverschuldung und Niedrigzinsen:
Quo vadis, Europa?
Prof. Jörg Rocholl, PhD, Berlin
Europa steht im Zuge der verschiedenen Krisen der vergangenen Jahre am
Scheideweg. Die Verschuldung vieler europäischer Staaten ist nach wie vor
hoch, und sie steigt in vielen Staaten weiter. Hinzu kommt eine beträchtliche
private Verschuldung in vielen dieser Staaten, die die Handlungsspielräume
wirtschaftlicher Akteure einschränkt und mittelbar zu weiteren Herausforde-
rungen für die Staaten führt. Die gegenwärtige Niedrigzinsphase erleichtert
zwar staatlichen und privaten Schuldnern den Zugang zur Finanzierung, aber
sie stellt neue Fragen nach den längerfristigen Auswirkungen auf fi skalische
Solidität, Finanzmarktstabilität und privaten Vermögensaufb au. Diese Th emen
und ihre ökonomischen wie politischen Implikationen stehen im Mittelpunkt
des Vortrags.
Prof. Jörg Rocholl, PhD ist Präsident der ESMT European School of Manage-
ment and Technology in Berlin und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat
beim Bundesfi nanzministerium. Er ist darüber hinaus stellvertretender Vor-
sitzender des Wirtschaftsbeirats der Deutschen Welle und Forschungsprofessor
am ifo-Institut in München und Duisenberg Fellow der Europäischen Zentral-
bank (EZB). Prof. Rocholl absolvierte ein Studium der Wirtschaftswissenschaf-
ten an der Universität Witten/Herdecke, das er als Diplom-Ökonom (mit Aus-
zeichnung) abschloss. Er promovierte danach an der Columbia University in
New York und erhielt einen ersten Ruf als Assistant Professor an die University
of North Carolina in Chapel Hill. Seit dem Jahr 2007 lehrt und forscht Prof.
Rocholl an der ESMT, deren Präsident er im Jahr 2011 wurde. Seit 2010 ist er
Lehrstuhlinhaber des „EY Chair in Governance and Compliance“.
2120
G Mittwoch, 09.03.2016 um 15.00 Uhr, 569. Sitzung
Autobiographieforschung.
Alte Fragen – neue Perspektiven
Prof.'in Dr. Martina Wagner-Egelhaaf, Münster
Autobiographische Zeugnisse spielen in verschiedenen Disziplinen eine Rolle.
In der Literaturwissenschaft werden sie unter gattungsgeschichtlichen und
künstlerisch-literarischen Gesichtspunkten analysiert, während sie in der
Geschichtswissenschaft, aber auch in den Sozialwissenschaften, häufi g als
Quellentexte gelesen werden. Die Frage nach dem Verhältnis von Fakten und
Fiktion gehört daher zu den Grundfragen der Autobiographieforschung.
Obwohl die Postmoderne sowohl das mit sich identische Subjekt als auch die
‚große Erzählung‘ dekonstruiert hat, ist das autobiographische Genre lebendiger
denn je, hat gar bis in den Bereich der sozialen Netzwerke hinein vielfältige
mediale Erweiterungen erfahren. Allerdings verändern sich nicht nur die
Gegenstände, sondern gleichermaßen die wissenschaftlichen Zugriff e – und
mit ihnen wiederum die Untersuchungsobjekte selbst. Aus der französischen
Th eoriediskussion ist der Begriff der ‚Autofi ktion‘ auch in Deutschland über-
nommen worden, über dessen Brauchbarkeit lebhaft diskutiert wird. Neue
Herausforderungen stellen sich im Zuge einer transkulturellen Erweiterung
der Autobiographieforschung, die sich mit Phänomenen der Gattungsmischung,
der Mehrsprachigkeit und veränderten kommunikativen Funktionen des
Genres auseinanderzusetzen hat.
Prof.’ in Dr. Martina Wagner-Egelhaaf schloss nach dem Studium der Germa-
nistik und der Geschichte an der Universität Tübingen und einem einjährigen
Auslandsaufenthalt am University College London 1987 ihre Promotion in
Tübingen mit einer Arbeit zur Mystikrezeption in der Literatur der Moderne
ab. Von 1988 bis 1994 war sie als Wissenschaftliche Assistentin an der Univer-
sität Konstanz tätig, wo sie sich 1994 mit einer Arbeit zur literarischen Melan-
cholie habilitierte. Im Anschluss an die Habilitation erhielt sie 1995 einen Ruf
an die Ruhr-Universität Bochum für das Gebiet Neugermanistik, insbes.
Literaturtheorie und Rhetorik. Seit 1998 ist sie als Professorin für Neuere
deutsche Literaturgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Moderne
an der Universität Münster tätig. 2002 wurde sie mit dem Frauenförderpreis
der Universität Münster ausgezeichnet. Von 2004–2010 war sie Mitglied im
Senat und im Hauptausschuss der DFG. Seit 2008 ist Martina Wagner-Egelhaaf
Principal Investigator im an der Universität Münster eingerichteten Exzellenz-
cluster „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moder-
ne“. 2010 wurde sie in den zentralen Auswahlausschuss der Alexander von
Humboldt-Stiftung berufen und in das AcademiaNet Ausgezeichnete Wissen-
schaftlerinnen aufgenommen; ebenfalls seit 2010 ist sie Mitglied im Ausschuss
der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG). Sie hat Gastprofessuren
in den USA, in Japan, China, Usbekistan und Kroatien wahrgenommen.
NM Mittwoch, 16.03.2016 um 15.30 Uhr, 574. Sitzung
Vortrag 1
Die Mechanik von bakteriellen Biofi lmen
Prof.'in Dr. Berenike Maier, Köln
Biofi lme lösen als bakterielle Rückzugsgebiete Probleme bei der Antibiotika-
behandlung sowie der Reinigung von medizinischen Schläuchen aus und
tragen zur Verbreitung von resistenten Krankheitserregern bei. Ein Biofi lm
entsteht, wenn sich Bakterien an Oberfl ächen anheften und dort vermehren.
Dieser kann – auch wenn ursprünglich aus einem einzelnen Bakterium
entstanden – Zellen mit verschiedenen Eigenschaften entwickeln. Es ist
jedoch nur wenig darüber bekannt, wie diese Heterogenität zur Strukturbil-
dung solcher Biofi lme beiträgt. Wir untersuchen, wie die Wechselwirkungs-
kräfte zwischen den Bakterien im Biofi lm dessen Architektur beeinfl ussen.
Insbesondere konnten wir zeigen, wie Unterschiede in der physikalischen
Interaktion zwischen Bakterien zu einer Sortierung der Zellen führen und
damit die Architektur von Biofi lmen bestimmen. Spezifi sche mechanische
Kräfte bilden den Schlüssel zur Struktur in Biofi lmen. Bakterien mit unter-
schiedlichen Oberfl ächenstrukturen organisieren sich dabei wie beim Tau-
ziehen: die Zellen bewegen sich in die Richtung, in der sie die stärkste Kraft zu
anderen Bakterien aufb auen können. Die unterschiedliche mechanische
Interaktion kann also die Architektur von Biofi lmen bestimmen. Ähnliche
2322
Mechanismen sind bereits für die Trennung von Zellen in der embryonalen
Entwicklung bekannt. Wir haben damit Hinweise auf eine grundlegende
Gemeinsamkeit der Entwicklungsprozesse von Biofi lmen und Embryonen:
Diff erentielle physikalische Wechselwirkungen zwischen den Zellen sind für
die Sortierung wichtig.
Prof. Dr. Berenike Maier ist seit 2011 Professorin für Biophysik am Institut für
Th eoretische Physik der Universität zu Köln. 1998 legte sie das Diplom in
Physik an der Technischen Universität München ab und wurde 2001, eben-
falls an der Technischen Universität München, bei Professor Erich Sackmann
promoviert. Bis 2003 war sie Postdoctoral Research Fellow an der Columbia
University New York. Bis 2004 leitete sie eine Emmy-Noether-Forschungsgruppe
an der Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität, München. Von
2004 bis 2011 war sie Professorin für molekulare Biophysik am Institut für
Allgemeine Zoologie und Genetik der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster.
Vortrag 2
Details zum Vortrag standen bei Redaktionsschluss noch nicht fest
Prof. Dr. Nils Metzler-Nolte, Bochum
Prof. Dr. Nils Metzler-Nolte ist Professor für Anorganische Chemie an der
Ruhr-Universität Bochum. Nach seinem Abitur in Hamburg 1986 legte er
1988 das Vordiplom in Chemie an der Universität Hamburg ab. Sein Diplom
erhielt er 1991 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und wurde
1994 zum Dr. rer. nat. mit der Dissertation „Synthese, Reaktivität und elektro-
nische Struktur von Alkylboranen“ promoviert. Danach hatte er von 1994 bis
1995 einen Postdoc-Aufenthalt an der University of Oxford. Von 1995–2000
war er Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Strahlenchemie in Mülheim
an der Ruhr. Im Jahr 2000 wurde er an der Ruhr-Universität Bochum habili-
tiert und war von 2000–2006 Professor für Pharmazeutische und Bioanorga-
nische Chemie an der Universität Heidelberg, bevor er 2006 den Ruf auf den
Lehrstuhl für Anorganische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum erhielt.
G Mittwoch, 13.04.2016 um 15.00 Uhr, 570. Sitzung
Sprachtod in Afrika
Prof. Dr. Bernd Heine, Köln
Wie überall in der Welt sterben auch in Afrika Sprachen in alarmierendem
Umfang aus. Aber im Gegensatz zu den Beobachtungen, wie sie in anderen
Teilen der Erde, etwa in Amerika oder Australien, gemacht worden sind, ist
hierfür in Afrika in der Regel nicht die zunehmende Globalisierung und der
Einfl uss von Weltsprachen wie Englisch oder Spanisch von Bedeutung; viel-
mehr ist Sprachwechsel in Afrika fast ausschließlich das Ergebnis eines Prozes-
ses, in dem einheimische Sprachen andere afrikanische Sprachen ersetzen.
Die Gründe, die für Sprachwechsel in Afrika verantwortlich gemacht werden
können, sind vielfältig; es lassen sich aber einige Hauptfaktoren festmachen,
die in dem Vortrag vorgestellt werden. Am Beispiel der Akie-Sprache von
Tansania soll die Situation beleuchtet werden, der sich vom Aussterben be-
drohte Sprachen auf dem afrikanischen Kontinent ausgesetzt sehen. Diese
Sprache, die zur nilotischen Sprachfamilie gehört, wird nur noch von weniger
als zweihundert traditionellen Jäger-Sammlern gesprochen. Die Akie-Sprecher
sind sich der bedrohlichen Lage bewusst, in der sich ihre Sprache und traditio-
nelle Kultur befi nden und haben Verhaltensformen entwickelt, um sich dieser
Lage zu entziehen.
Prof. Dr. Bernd Heine wurde 1939 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren, 1968
wurde er an der Universität zu Köln promoviert und 1971 habilitiert. 1978
wurde er auf den Lehrstuhl des Instituts für Afrikanistik dieser Universität be-
rufen und zum Direktor des Instituts ernannt. Er nahm Gastprofessuren u.a.
an den Universitäten Hamburg und Graz, an der Ecole des Hautes Etudes
(Paris), in den USA (Dartmouth College, University of New Mexico), Australien
(Melbourne), Afrika (Nairobi, Kapstadt), Südamerika (Rio de Janeiro) Japan
(Tokio), Süd-Korea (Gwangju) und China (Shenzhen, Guangzhou) wahr; zur
Zeit ist er Yunshan Chair Professor an der Guangdong University of Foreign
Studies in China. Darüber hinaus war er zu einjährigen Forschungsaufenthal-
ten im Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences (Stanford), im
Institute for Advanced Study (Melbourne) und im Netherlands Institute for
Advanced Study (NIAS, Wassenaar) eingeladen.
2524
Er ist Fellow of the British Academy, Honorary Member of the Linguistic
Society of America, Distinguished World Class Scholar (Ministry of Education,
Science, and Technology, Süd-Korea), und seit 1999 korrespondierendes Mit-
glied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der
Künste. Zu den rund 40 von ihm veröff entlichten Büchern zählen Auxiliaries
(Oxford University Press 1993), Possession (Cambridge University Press
1997), sowie als Herausgeber Th e Oxford Handbook of Linguistic Analysis
(2010).
NM Mittwoch, 20.04.2016 um 15.30 Uhr, 575. Sitzung
Vortrag 1
Intravitales, funktionelles Imaging mit
Zweiphotonenmikroskopie: neue Einblicke
in Leberfunktionen und Prinzipien der
Gewebeorganisation
Prof. Dr. med. Jan G. Hengstler, Dortmund
Eine grundlegende Eigenschaft von Geweben und Organen ist ihre Fähigkeit
zur Regeneration. Begrenzte Zerstörungen lösen in der Regel koordinierte
Prozesse aus, bei dem ausgehend von überlebenden Zellen die funktionelle
Gewebestruktur in voller Komplexität wieder hergestellt wird. Unter noch
nicht vollständig verstandenen Umständen wird diese perfekte Regeneration
gestört. Stattdessen kommt es dann zur narbigen Ausheilung. Für manche
Organe hat diese Narbenbildung fatale Folgen, zum Beispiel die Zirrhose der
Leber. Eine kritische Frage besteht nach wie vor darin, welche Ereignisse für
ein Umschalten von perfekter zu narbiger Ausheilung verantwortlich sind. Zur
Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen hat sich in unserem Labor funktio-
nelles Imaging mit Zweiphotonen-Mikroskopie bewährt. Diese Technik
ermöglicht nicht invasive Zeitraff eraufnahmen lebender Organe bei einer
Aufl ösung von weniger als 500 nm. Während des Imaging können einzelne
Zellen mittels Laserbestrahlung oder auch größere Zellverbände modifi ziert
oder zerstört und die Konsequenzen verfolgt werden. Eine Schlüsselbeobach-
tung besteht darin, dass nur die Zerstörung bestimmter Zelltypen des Leberge-
webes, nämlich der sinusoidalen Endothelzellen, Narben zur Folge hat,
während nach ausschließlicher Zerstörung der Hepatozyten eine perfekte
Regeneration beobachtet wird. An diesem und weiteren Beispielen werden
Möglichkeiten und Grenzen der intravitalen modellgestützten Zweiphotonen-
mikroskopie erläutert werden.
2726
Prof.’ in Dr. Annette M. Schmidt ist seit April 2010 Professorin für Physikali-
sche Chemie an der Universität zu Köln. Von 1991 bis 1989 studierte sie an der
RWTH Aachen und der Reichsuniversität Groningen Chemie. 1989 schloss sie
das Studium mit ihrer Diplomarbeit „Development of Semi-interpenetrating
Polymer Networks for Medical Applications“ ab. 2001 wurde sie mit ihrer
Arbeit „Biodegradable Polymer Network Systems with Shape Memory Eff ect
and Crystallizable Switching Segment“ an der RWTH Aachen promoviert und
leitet seit 2002 das „Smart Nanosized Materials“ Team am Institut für Organi-
sche Chemie und Makromolekulare Chemie der Heinrich-Heine-Universität
Düsseldorf. 2009 wurde sie an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen
Fakultät der Heinrich-Heine-Universität habilitiert und hatte von 2009 bis
2010 eine Vertretungsprofessor für Organische Chemie an der Rheinischen
Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn inne bis sie dem Ruf der Universität zu
Köln folgte. Neben einer ganzen Reihe von Preisen und Auszeichnungen hat
sie auch eine Emmy Noether-Gruppe von 2007 bis 2010 geführt.
Prof. Dr. Jan Hengstler, geboren 1965, hat an der Universität Mainz Medizin
studiert (1984–1990) und am Institut für Toxikologie promoviert (1991).
Weitere Stationen führten über die Abteilung für Molekulare Toxikologie
(Leitung 2003–2007) und das Institut für Rechtsmedizin (kommissarische
Leitung: 2006–2007) an das Leibniz-Institut (IFADO) an der TU Dortmund
(seit 2007). Jan Hengstler ist Toxikologe mit Schwerpunkt Lebertoxizität. In
seiner Gruppe entwickelte er in vitro Systeme für Toxizitätstestungen, welche
inzwischen weltweit eingesetzt werden. Neben angewandter Forschung
interessiert sich seine Arbeitsgruppe für Grundprinzipien der Gewebeorgani-
sation. Um zu verstehen, wie Millionen an Zellen koordiniert werden, um ein
hochspezialisiertes funktionelles Gewebe zu bilden, setzt die Gruppe mathe-
matische Modelle, als auch intravitales Imaging und Geweberekonstruktions-
techniken ein.
Vortrag 2
Magnetic Soft Matter – Travelling Length
and Time Scales
Prof.'in Dr. Annette M. Schmidt, Köln
We consider a material to be soft when it easily and readily adapts to an
external stress, being of crucial impact for the performance of biological tissue
and in many areas of material science. Time-dependent and viscoelastic
processes, as prominent in many soft matter systems such as polymer- and
colloid-based materials, are often dominating the mechanical response. When
taken into account properly, dynamic processes in complex fl uids, solutions
and melts can be exploited for novel adaptive and responsive systems.
Th e talk will summarize examples from our lab demonstrating the potential of
dipolar nanoparticles and their tailored interaction with polymer matrices and
external fi elds for the investigation of the quasi-static and frequency-dependent
properties of soft matter on the nanoscale. Th e dynamic behavior of ferromagnetic
organic-inorganic hybrid nanoobjects can further be adopted for swimming objects
that can be propelled by chemical fuel under very low Reynolds number conditions.
2928
G Mittwoch, 08.06.2016 um 15.00 Uhr, 571. Sitzung
Die fi nnische Altertumswissenschaft und
Deutschland
Prof. Dr. Heikki Solin, Helsinki
Die moderne historische Altertumswissenschaft ist in Finnland während der
langen Ära von Fridolf Vladimir Gustafsson (Ordinarius für römische Literatur
18–19) Ivar August Heikel (Ordinarius für griechische Literatur 18–19)
angelegt; in dieser Zeit hat auch die deutsche Sprache ihre ersten Schritte als
Kommunikationsmittel unserer Altphilologen und Althistoriker gemacht (und
ist bis zu den fünfziger Jahren die führende Sprache in unserer international
gerichteten Altertumswissenschaft geblieben). Besonders wird derjenigen
Forscher gedacht, die in Deutschland studiert haben; außer Gustafsson und
Heikel können z. B. Sundwall und Gummerus genannt werden (beide dann
später gefeierte Wissenschaftler). Ein wichtiger Punkt war die Einführung der
Seminarübungen aus der Praxis in deutschen Universitäten in der zweiten
Hälfte des 19. Jh. Ein besonderer Nachdruck wird auf die vermeintlichen Nazi-
verbindungen unserer Altertumswissenschaftler gelegt, etwa Sundwall und
Gummerus. Der erste ist nicht ganz rein, der zweite war zwar ein eifriger Anti-
russe und Verehrer der deutschen Kultur (und Pfl eger der deutschen Sprache),
aber mit dem Nazismus hatte er nichts gemeinsam. Aus der Nachkriegszeit
kann daran erinnert werden, dass eine Anzahl junger fi nnischer Altertums-
wissenschaftler in Deutschland als Humboldt-Stipendiaten studiert haben.
Prof. Dr. Heikki Solin wurde 1938 in Helsinki geboren. Er besuchte das
Normallyzeum Helsinki wo er 1956 sein Abitur absolvierte. Nach seinem
Studium der klassischen Philologie an der Universität Helsinki erhielt er seinen
Magister 1963 von der Universität Helsinki wo er 1971 auch zum Doktor der
Philologie promoviert wurde. Nach mehreren Lehrtätigkeiten als Griechisch-
und Lateinlehrer war er von 1985 bis 2003 Professor für Latein an der Univer-
sität Helsinki. Er ist Mitglied vieler nationaler und internationaler wissenschaft-
licher Organisationen, mehrerer Wissenschaftsakademien und vielgefragter
Redner bei wissenschaftlichen Veranstaltungen.
IW Donnerstag, 16.06.2016 um 12.30 Uhr, 103. Sitzung
Themenbezogene Klassensitzung
Das neue Format der Th emenbezogenen Klassensitzung (Th emenKS) soll dazu
dienen, Problemstellungen hohen Komplexitätsgrades sowie wichtige Zukunfts-
probleme aus Sicht der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften zu hinter-
fragen, zu analysieren und – über Klassengrenzen hinweg – zu diskutieren.
Th emenKS fi nden im halbjährlichen Rhythmus statt; sie beginnen jeweils zur
Mittagszeit, umfassen vier bis maximal fünf Vorträge unterschiedlicher Schwer-
punktsetzung und erstrecken sich über den ganzen Nachmittag.
Sinn und Zweck des neuen Formats ist es des Weiteren, im Wechsel mit der
traditionellen Klassensitzung (KS) den Zusammenhalt der Mitglieder in der
Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften zu verstetigen. Ebenso soll
der Diskurs zwischen Mitgliedern anderer Klassen der Akademie, des Jungen
Kollegs sowie eingeladenen Fachkollegen aus Universitäten und wissenschaftli-
chen Einrichtungen befördert werden. Dies ermöglicht zahlreiche Wechsel-
wirkungen über Klassengrenzen hinweg. Zugleich wird der satzungsgemäße
Anspruch der Akademie betont, auch eine Arbeitsakademie zu sein.
In der ersten Th emenKS dieses Jahres, die am Donnerstag, 16. Juni 2016, ab
12.30 Uhr, stattfi ndet, ist das Leitthema
Stadtregionen – Metropolen der Zukunft!
Die Zahl der Stadtbewohner wird aktuellen Studien zufolge bis 2050 weltweit
die 6 Milliardengrenze überschreiten. Mehr als 70% der Weltbevölkerung lebt
dann voraussichtlich in Städten oder Stadtregionen, die sich zunehmend zu
Metropolen oder auch sogar Mega Cities entwickeln. Das bedeutet, dass
allergrößte Herausforderungen der verschiedensten Art zu bewältigen sind,
über die man sich rechtzeitig Gedanken machen muss: Nur so können im
Vorfeld des sich abzeichnenden Zukunftsszenarios die richtigen Weichen
gestellt und die richtigen Entscheidungen getroff en werden!
3130
Die technische, wirtschaftliche, soziale und auch kulturelle Leistungsfähigkeit
bzw. Funktionstüchtigkeit dieser Metropolen, vor allem aber auch die Lebens-
qualität und das Wohlbefi nden der Bewohner von Metropolen hängt dabei sehr
davon ab, dass die zukünftigen Stadtregionen als ganzheitliche, vernetzte,
sozio-technische Systeme angesehen werden, die in Wechselwirkung zueinan-
der stehen und aufeinander angewiesen sind. Es wird darauf ankommen, dass
Bereiche wie „Stadt- und Raumplanung“, „nachhaltiges Bauen“, „Verkehr“,
„Verwaltung“, „Finanzmanagement“, „Kommunikations- und Informationstech-
nik“, „Energieversorgung“, „Logistik“, „Industrie und Handwerk“, „Sozialwesen“,
„Sport“, „Kultur und Kunst“ sowie „Freizeit, Unterhaltung und Erholung“ zum
Wohle der Gesellschaft synergetisch zusammengeführt werden.
Im Rahmen der 5. Th emenbezogenen Klassensitzung ist es aus zeitlichen
Gründen nicht möglich, sich mit allen oben angesprochenen Problembereichen
auseinanderzusetzen. Es ist aber auch nicht sinnvoll, das Th ema nur aus der
Sicht der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften zu betrachten. Vielmehr ist
eine klassenübergreifende Sicht auf das Th ema „Metropolen der Zukunft“
erforderlich, wobei neben den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften auch
die Gesellschafts- und Sozialwissenschaften sowie die Kunst zu Wort kommen
sollen. Dies hat zu folgendem Vortragsprogramm geführt:
Vortrag 1
Stadtsoziologie
Prof.' in Dr. Susanne Frank, Dortmund
Prof.’ in Dr. Susanne Frank ist seit 2007 Professorin am Fachgebiet Stadt- und
Regionalsoziologie der Technischen Universität Dortmund. Sie beschäftigt sich
mit dem Wandel von Siedlungsstrukturen in urbanen Regionen mit Familien in
der Stadt und dem Wandel von Beziehung von Stadt und Natur. Susanne Frank
hat von 1987 bis 1994 an der Universität Freiburg Soziologie und Wissenschaft-
liche Politik studiert. Von 1994 bis 1997 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Lehrstuhl „Globalisierung und europäische Kultur“ am Institut für Soziolo-
gie der Universität Freiburg. Bis 1999 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Lehrstuhl für „Soziologie und Sozialgeschichte der Stadt“ an der Bauhaus-
Universität Weimar. Seit 2000 ist sie Teilnehmerin an der Internationalen
Frauenuniversität „Technology and Culture“, bis 2002 hatte sie eine Lehrtätig-
keit am Institut für Soziologie der Universität Freiburg und der Staatswissen-
schaftlichen Fakultät der Universität Erfurt inne. 2003 wurde sie zur Dr.-phil. an
der Universität Freiburg promoviert. Bis 2007 war sie Juniorprofessorin für
Stadtsoziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität
zu Berlin.
Vortrag 2
Regionalplanung, Umwelt und Verkehr,
Zentrale-Orte-Konzepte, Stadtentwicklung
statt Mega-Cities
Prof. Dr.-Ing. Dirk Vallée, Aachen
Prof. Dr.-Ing. Dirk Vallée hat von 1984 bis 1991 an der RWTH Aachen Bau-
ingenieurwesen mit der Vertiefung Verkehrswesen und Raumplanung studiert.
Anschließend war er von 1991 bis 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Verkehrswissenschaftlichen Institut der RWTH Aachen bevor er nach erfolgrei-
cher Promotion im August 1995 zum Verband Region Stuttgart wechselte. Dort
bearbeitete er als Referent für Verkehrsplanung insbesondere den Regionalver-
kehrsplan (1995 bis 2001) und war als Projektleiter S-Bahn-Erweiterungen für
die Planung und Umsetzung diverser S-Bahn-Ausbauvorhaben verantwortlich.
Vor der Berufung auf den Lehrstuhl für Stadtbauwesen und Stadtverkehr an der
RWTH Aachen zum 1. März 2008 war Dirk Vallée vom April 2002 bis Februar
2008 leitender Technischer Direktor beim Verband Region Stuttgart und als
solcher Leiter der Abteilung Planung. In dieser Position war er verantwortlich
für die integrierte Siedlungs-, Verkehrs- und Landschaftsplanung in der Region
Stuttgart.
Prof. Dr.-Ing. Dirk Vallée arbeitet vor allem an der Schnittstelle zwischen For-
schung, Planungspraxis, politischer Entscheidungsvorbereitung und -fi ndung
sowie der Umsetzung konkreter Maßnahmen. Aktuelle Th emenschwerpunkte
3332
sind die Konsequenzen und Anpassungsstrategien zum demografi schen Wandel
sowie zum Klimawandel, zukünftige Mobilitätsformen sowie Verkehrsmodelle.
Mitgliedschaften:
• Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft (DVWG)
• Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV):
Arbeitsausschuss 1.2 Erhebung und Prognose des Verkehrs (seit
1997); Querschnitts-Arbeitskreis QA 7 „Postfossiler Verkehr“
(seit 2010); Arbeitskreis 1.1.30 Demografi sche Veränderungen im
Verkehr (2004 bis 2006)
• Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL):
Mitarbeit in verschiedenen Arbeitskreisen der LAG Baden-Württem-
berg; Berufung zum korrespondierenden Mitglied 2004; stv. Leiter
der LAG Baden-Württemberg 2005 bis 2009; Wahl zum ordentlichen
Mitglied 2008; Berufung zum Mitglied des Informations- und
Initiativkreises Regionalplanung 2005; Leitung des Arbeitskreises
„Strategische Regionalplanung“ seit 2008
• Beirat für Kommunalentwicklung Rheinland-Pfalz (seit 2009)
• Wissenschaftlicher Beirat des Deutschen Instituts für Urbanistik
(Difu) (seit 2010)
Vortrag 3
Smart Cities als Prozess
Prof.'in Dr. Ina Schieferdecker, Berlin
Prof.’ in Dr.-Ing. Ina Schieferdecker studierte Mathematische Informatik an der
Humboldt-Universität zu Berlin und promovierte 1994 an der Technischen
Universität Berlin zu leistungserweiterten Spezifi kationen und der Analyse von
Dienstqualitätseigenschaften. Von 1997 bis 2004 war sie Leiterin des Kompe-
tenzzentrums für Testen, Interoperabilität und Performanz (TIP) und bis
Dezember 2013 Leiterin des Kompetenzzentrums für Modellierung und Testen
(MOTION, heute System Quality Center – SQC) am Fraunhofer Institut für
Off ene Kommunikationssysteme (FOKUS), Berlin. Seit 1. Januar 2015 leitet sie
das Institut gemeinsam mit Prof. Dr. Manfred Hauswirth. Prof. Schieferdecker
leitet an der Freien Universität Berlin die Fachgruppe Modellbasierte Entwick-
lung und Qualitätssicherung von Software-basierten Systemen. Von 2003–2011
hat Prof. Schieferdecker an der Technischen Universität Berlin zum Entwurf
und Testen von Telekommunikationssystemen gelehrt. Sie war Gastforscherin
u.a. am International Computer Science Institute (ICSI), Berkeley/USA, am
Centre de recherche informatique de Montréal (CRIM), Canada, an der Univer-
sity of Oslo, Norwegen und der University of Queensland, Brisbane/Australien.
Von 2008 bis 2011 war Ina Schieferdecker Direktorin des Integrierten Gradu-
iertenprogramms für Human-Centric Communication.
Vortrag 4
Klimaschutz, Wachstum und Lebensqualität
in Metropolen
Prof. Dr. Jürgen Aring, Dortmund
Prof. Dr. Jürgen Aring ist Vorstand des VHW-Bundesverbandes für Wohn- und
Stadtentwicklung in Berlin. Er studierte Geographie, Bau- und Planungsrecht,
Soziologie, Ökonomie sowie Städtebau in Münster und Oslo. Nach Mitarbeit im
DFG-Forschungsprojekt Krisenregion im Ruhrgebiet wechselte er 1989 zum
Beratungsunternehmen empirica. 1999 wurde er an der Universität Oldenburg
mit dem Th ema „Suburbanisierung“ promoviert. 2002 gründete er das Büro für
Angewandte Geographie. 2005 wurde Jürgen Aring zum ordentlichen Professor
für Stadt- und Regionalplanung an die Universität Kassel berufen, wo er bis
2012 tätig war. 2011 folgte er einer Einladung zu einer Gastprofessur im Gebiet
Raumplanung an der ETH Zürich. 2012 bis 2014 übernahm er eine Vertre-
tungsprofessur für Raumwirtschaftspolitik an der TU Dortmund.
3534
Vortrag 5
Lösung der Energieprobleme in Metropolen
Prof. Dr. Martin Faulstich, Clausthal-Zellerfeld
Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich ist seit 2013 Lehrstuhlinhaber für Umwelt- und
Energietechnik an der Technischen Universität Clausthal. Zugleich ist er Ge-
schäftsführer von CUTIK (Clausthaler Umwelttechnikinstitut GmbH) und seit
2008 Vorsitzender im Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregie-
rung in Berlin. Davor war er von 2003–2012 an der Technischen Universität
München als Professor für Rohstoff und Energietechnologie tätig. Zugleich war
er Gründungsdirektor des Wissenschaftszentrums Straubing und von 2000–2012
Vorstandsvorsitzender der ATZ (Entwicklungszentrum Energie, Rohstoff e und
Materialien), Sulzbach-Rosenberg, Stiftung im Geschäftsbereich des Bayrischen
Wirtschaftsministeriums. Er ist Mitglied in vielen Gremien im In- und Ausland
und ein vielgefragter Redner bei wissenschaftlichen Veranstaltungen.
NM Mittwoch, 22.06.2016 um 15.30 Uhr, 576. Sitzung
Vortrag 1
Aerosole in der Troposphäre:
Quellen, luftchemische Prozesse und
Auswirkung auf Klima und Gesundheit
Prof.'in Dr. Astrid Kiendler-Scharr, Jülich
Die Auswirkungen von Aerosolen auf Luftqualität und Klima sind trotz
intensiver Forschung mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine Hauptursache
dieser Unsicherheit ist die komplexe Zusammensetzung von Aerosolen, die
aus einer Vielzahl anorganischer und organischer Verbindungen aus sowohl
natürlichen wie auch anthropogenen Quellen bestehen. Zur Entwicklung und
Umsetzung von Reduktionsmaßnahmen ist das Verständnis der Quellen
atmosphärischer Aerosole notwendig. In dem Vortrag werden der aktuelle
Wissenstand, Forschungsfragen und eigene Beiträge aus Simulations- und
Feldexperimenten erläutert und im Kontext der Auswirkungen von Aerosolen
auf Klima und Gesundheit diskutiert.
Prof.’ in Dr. Astrid Kiendler-Scharr ist 1973 in Innsbruck geboren, verheiratet
und hat 2 Kinder. Nach dem Studium der Physik (1991–1996, Universität
Innsbruck) hat Astrid Kiendler-Scharr am Max-Planck-Institut für Kernphysik,
Heidelberg in der Abteilung Atmosphärenphysik (Prof. Frank Arnold) ihre
Promotion mit Schwerpunkt auf der Entwicklung einer massenspektrometri-
schen Flugzeuggetragenen Apparatur zur Spurenstoff detektion durchgeführt
(1996–1999). Nach Postdoc Zeiten und Aufenthalt in den USA war Astrid
Kiendler-Scharr von 2006 bis 2010 Leiterin einer Nachwuchsgruppe zum
Th ema „Stabile Isotope in Aerosolen“ am Forschungszentrum Jülich. Seit 2012
ist Astrid Kiendler-Scharr Direktorin des Instituts für Energie- und Klimafor-
schung, IEK-8: Troposphäre, am Forschungszentrum Jülich und Professorin
für Experimentalphysik an der Universität zu Köln. Ihre wissenschaftlichen
Interessen liegen im Bereich Atmosphärische Chemie, Aerosol Physik und
Chemie, und Austauschprozesse zwischen Atmosphäre und Biosphäre im
3736
Kontext von Klimaänderung. Methodische Schwerpunkte sind dabei die
Entwicklung massenspektrometrischer Methoden zur Spurenstoff analyse und
Anwendung in Simulations- und Feldexperimenten. Sie hat seit 2012 neun
Doktorarbeiten betreut und ihre wissenschaftlichen Ergebnisse in 73 referier-
ten Zeitschriftenbeiträgen veröff entlicht. Astrid Kiendler-Scharr ist als Mitglied
in Lenkungsgruppen internationaler Projekte und als Principal Investigator in
nationalen und internationalen Projekten verantwortlich. Seit 2013 ist Astrid
Kiendler-Scharr Ombudsperson für gute wissenschaftliche Praxis am Forschungs-
zentrum Jülich. Sie ist Mitglied der Europäischen Geophysikalischen Vereini-
gung (EGU), der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und amtierende
Präsidentin der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF).
Vortrag 2
Wie entdecke ich …?
Prof. Dr. Frank Glorius, Münster
Katalyse ist eine Schlüsseltechnologie unserer modernen Gesellschaft. Sie
ermöglicht erhöhte Selektivität und Effi zienz chemischer Umsetzungen,
wodurch eine nachhaltige (= umweltfreundliche = kostengünstige) Produktion
möglich wird. Während rationales Design und Schritt-für-Schritt-Verbesserungen
einen gewissen Fortschritt ermöglichen, erfordern zahlreiche große Herausfor-
derungen die Entdeckung neuer und zuvor unerwarteter Ergebnisse. Die Frage
„Wie kann ich entdecken?“ ist daher essentiell für den wissenschaftlichen
Prozess. In diesem Vortrag werde ich Entdeckungen meiner Gruppe und den
Weg dorthin diskutieren.
Prof. Dr. Frank Glorius studierte Chemie an der Universität Hannover, der
Stanford University (Prof. Paul A. Wender), dem Max-Planck-Institut für
Kohlenforschung und der Universität Basel (Prof. Andreas Pfaltz), sowie an
der Harvard University (Prof. David A. Evans). Er begann seine unabhängige
Forscherkarriere 2001 am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung (Mentor:
Prof. Alois Fürstner) und wurde 2004 C3-Professor an der Philipps-Universität
Marburg. Seit 2007 ist er Lehrstuhlinhaber für Organische Chemie an der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Er beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Katalysekonzepte und ihrer
Implementierung in der Organischen Synthese. Seine Gruppe ist besonders an
N-heterocyclischen Carbenen (NHCs), C-H-Aktivierung, asymmetrischer
Arenhydrierung und NHC-Organokatalyse, Photoredoxkatalyse, heterogener
Katalyse, der Herstellung maßgeschneiderter Oberfl ächen-modifi zierter Nano-
partikel und der Entwicklung nützlicher Screening-Technologien interessiert.
Die bisherige Arbeit wurde durch eine Reihe bedeutender Auszeichnungen
gewürdigt, wie z. B. den OMCOS-Preis, den Leibniz-Preis der DFG, eine
ERC-Grant und zudem auch die Auswahl als Th omson Reuters Highly Cited
Researcher 2014 und 2015.
38
Impressum
HerausgeberNordrhein-Westfälische Akademie
der Wissenschaften und der Künste
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40217 Düsseldorf
Tel. 0211 61734-0
Fax 0211 61734-500
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Redaktionsschluss: 15. Dezember 2015. Aktuelle Informationen zu
nachträglichen Programmänderungen fi nden Sie im Internet unter
www.awk.nrw.de.
RedaktionEsther Polito, Birgit Haneklaus, Bernhard Scharfenberger
GestaltungAtelier für Mediengestaltung
www.afm-koeln.de
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