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Pflegediagnostik: Wie unterstützt NANDA-I den Pflegeprozess?
Prof. Dr. M. Müller Staub, Pflegewissenschafterin Pflege PBS, Wil CH / HANZE University, Groningen NL 2. Juni 2015, BESA Fachtagung, Bern
Zu meiner Person
n PhD Pflegewissenschaft: Radboud University, Nijmegenn Master in Pflegewissenschaft: Maastricht Universityn Master in Supervision/OE: Hochschule IAP, Zürich n Lehrdiplom WEG’, Zürich Leitung PE&QM, Waidspital ZürichProfessor, Lectoraat Nursing Diagnostics, HANZE University Groningen, NL
Inhaberin Pflege PBS, 2003 –
Präsidentin Schweiz. Verein für Pflegewissenschaft (VFP)
2
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Ablauf
• Patienten Beispiel: klinische Entscheidungsfindung
• Verantwortungsbereich Pflege Pflegeprozess – Advanced Nursing Process
• NANDA-I PD
• Studie Klassifikationen; Beispiele: Forschung P-Schwerpunkte und PD in Praxis
• Pflege-sensitive Patientenergebnisse (Ziele)
• Elektron. Pflegedokumentation
„nicht aus Haus“
Erschöpfung
„Haushalt nicht führen“
„Sitzt, bzw liegt herum“
Selbstversorgungsdefizite: Essen, Körperpflege, Toilettengang
“schreckhaft, ängstlich”
Grippe
Herzinsuffizienz
„keine Freunde/Fam“.
„Atemnot, keine Energie, immer müde“
Übergewicht
Furcht
Soz. Isolation
Klinische Entscheidungsfindung
n Hinweiszeichen erkennen (Lunney, 2010; Gordon, 2008, in press)
n Kritisches Denken: Reflexion, Einbezug von Situation + Umfeld
n Genauigkeit aufgrund von Wissen
Komplexe Denkprozesse: Pflegende beurteilen, welche Pflege Patienten brauchenZwischen Alternativen wählen, Hypothesen prüfen, validieren, priorisieren, sich entscheiden, Schlussfolgerungen ziehen
(Benner et al, 2008; Lunney, 2009, 2010a+b). Müller-Staub, M., Needham, I., Odenbreit, M., Lavin, M. A., & van Achterberg, T. (2008). Implementing nursing diagnostics effectively: cluster randomized trial. Journal of Advanced Nursing, 63(3), 291-301.Müller-Staub, et al., (2010). Geführte klinische Entscheidungsfindung zur Einführung von Pflegediagnosen – eine cluster-randomisierte Studie. Pflegewissenschaft, 12(04), 233-240.
19.06.15
Sechs PhD-Studien
Advanced Nursing Process Definition "Advanced Nursing Process“: Der vertiefte, fortgeschrittene Pflegeprozess besteht aus definierten, validierten Konzepten. Er umfasst: - validierte Assessments, - evidenz-basierte Pflegediagnosen - Pflegeinterventionen sowie - Pflegeergebnisse und beruht auf Pflegeklassifikationen. (Müller-Staub, Abt, Brenner & Hofer, 2015; Ackley & Ladwig, 2014)
Verantwortung der Pflege
Advanced Nursing Process (Fiechter & Meier 1987)
Informations- sammlung
Beurteilen der Angemessen-heit, Wirkung und Wirksamkeit der Pflege
Festlegen der Pflegeziele
Durchführen Pflege-massnahmen
Planen Pflegemass-nahmen
2
3
4 5
6
1
Outcomes / Zielerreichung
Doenges et. al/NOC
Pflegeinterventionen Doenges et. al/NIC
Outcomes / Zielsetzung
Doenges et. al/NOC
Probleme formulieren, Pflegediagnosen
490
490
554
Assessment Gordon/NNN Pflegediagnosen
NANDA-I 220
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Eine Pflegediagnose ist die klinische Beurteilung der Erfahrungen/Reaktionen von Einzelpersonen, Familien oder sozialen Gemeinschaften auf aktuelle oder potentielle Probleme der Gesundheit im Lebensprozess. PD bilden die Basis für die Wahl von Pflegeinterventionen, um Ergebnisse zu erzielen, für welche die Pflegende verantwortlich ist. (NANDA 1990; 2010; Doenges/Moorhouse 1994)
NANDA International: Definition Pflegediagnose
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Strukturelle Definition = Aufbau, Struktur von Diagnosen
PES-Format (bei BESA incl. R) n P = „Problem“ Definition des Gesundheitsproblems
E = „Etiology“ (Ätiologie) Gründe des Gesundheitsproblems = Verhalten, Pathophysiologie, psychosoziale, emotionale + Umgebungsfaktoren
n S = „Signs and Symptoms“ Bestimmende Merkmale, die auf die PD hinweisen n PR = Risikodiagnosen n Gesundheitsförderungsdiagnosen: Bereitschaft für.... n Syndromdiagnosen
NANDA-I: Beeinträchtigte körperliche Mobilität (00085)n Definition:
Eine Einschränkung der unabhängigen, zielgerichteten physischen Bewegung des Körpers oder einer oder mehrere Extremitäten
n Ursächliche Faktoren:Verminderte Muskelkraft, -kontrolle und/oder –masse, Gelenksteifigkeit oder Kontrakturneuromuskuläre Beeinträchtigung ...usw.
n Bestimmende Merkmale:Begrenzte BewegungsfähigkeitBegrenzte Fähigkeit fein-/grobmotorische Bewegungen auszuführen Schwierigkeiten, sich zu drehen verlangsamte Bewegungen Gangveränderungen ....usw. 19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Advanced Nursing Process: Pflegeplanung
Pflegediagnosen Problem/Ressource Ursachen Symptome Selbstversorgungs-defizit Körperpflege
Beeinträchtige Fähigkeit, Aktivitäten der Körperhygiene selbstständig auszuführen
Kognitive Beeinträchtigung Unfähigkeit einzelne Körperteile Wahrzunehmen Schmerzen
Unfähigkeit, den Körper zu waschen, zu kleiden, einer angemessenen Toilettenhygiene
Beschäftigungs-defizit
Verminderte Anregung, möchte gerne allein sein, da er im Leben viel arbeiten musste
Umgebungsbedingter Mangel an Beschäftigungsmöglich-keiten
Körperliche Einschränkung
Angst Pat. Angst hat vor Schmerzen und Sturz während der Mobilisation im Portolift
Veränderung als auch eine Bedrohung des Gesundheitszustand Stress
Physiologisch, erhöhte Anspannung, angespannte Gesichtszüge
Doenges, Moorhouse, & Murr, 2014
Advanced Nursing Outcomes
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Prävalenzstudien n Höchste Prävalenz in geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen:
Chronische VerwirrtheitMangelernährung SturzgefahrSelbstversorgungsdefizite
(Heering, 2011)
n Systematischen Literaturstudie: Schmerz die häufigste Pflegediagnose bei N= 4051 Patienten aus 12 verschiedenen Pflegesettings (Müller-Staub, 2007)
Häufige Pflegediagnosen Langzeitpflege
Akute/chron. Verwirrtheit
Beeinträchtigte Gedächtnisleistung
Wahrnehmungsstörung, visuell
Beeinträcht. verbale Kommunikation
Selbstversorgungsdefizit:Körperpflege, Kleiden, Essen, Toilettenbenutzung
Gefahr e. Immobilitätssyndroms
Beeintr. körperl. Mobilität:Bett-, Transfer-, Gehleistung)
Urininkontinenz
Chronische und akute Schmerzen
Erschöpfung
Angst / Unsicherheit
Machtlosigkeit
Trauern HoffnungslosigkeitUnwirksames CopingEntscheidungskonfliktBeeinträchtigte soziale InteraktionSoziale Isolation/Einsamkeit
(Lunney, 2006)
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Merke: NANDA-I plus NIC und NOC Standarisierte, interoperabel codierte und wissenschaftlich fundierte Klassifikationen sind eine notwendige Voraussetzung für die Sicherung von Behandlungskontinuität, Patientensicherheit und Qualität mittels Pflegedokumentation.
Gesundheitswesen und Kostenträger fordern standardisierte Daten zur Nachweisbarkeit von Leistungen und Qualität. (Bundesamt für Gesundheit BAG, 2007; Institute of Medicine, 2004; Jones, Lunney, Keenan, & Moorhead, 2010; G. Keenan et al., 2012)
19.06.15
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
NANDA Factsheet
Internationale Klassifikation der Pflegediagnosen NANDA-I n Internationale Vereinigung n Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegefachpersonen
- alle Kontinente, über 40 Ländergruppenn Jede Pflegefachperson kann Pflegediagnosen einreichen
(z.B. Manuel Schwanda, Österreich: Periop. Hypothermie, C. Heering, Schweiz: Beeintr. Sitzen, beeintr. Stehen)
n Strenger Überprüfungsprozess, Levels of Evidence
Claudia Leoni-Scheiber, MSc MScN Dipl. Stat. Raffaella Matteucci Gothe Prof. Dr. Maria Müller Staub, MNS
Advanced Nursing Process: Applaus oder Protest?
MESSINSTRUMENT
• „Positions on Nursing Diagnosis (PND)“ (Lunney, Krenz, 1994)
• Bipolare Ratingscale (20 gegensätzliche Adjektivpaare), 7-Punkt-Skala ð 20 bis 140 Punkte (je höher, desto positiver die Einstellung)
Vor der Interven+on
ERGEBNISDARSTELLUNG – Vorher-Nachher-Vergleich Stichprobe A
1
2
3
4
5
6
7
verständlich* sinnvoll*
angenehm*
überzeugend*
wertvoll*
positiv*
intelligent*
bequem*
leicht*
realistisch* hilfreich*
effektiv*
bedeutend*
relevant*
nützlich*
zweckmäßig*
akzeptabel*
gut*
originell*
wichtig*
vorher (n=187-193)
nachher (n=190-193) * = p<0,0001
Studienergebnisse: Adv. Nursing Process Kontrollgruppe
Patientin hat Dekubitus an der linken Ferse
Interventionsgruppe nach GCR
Gewebeschädigung: Dekubitus, Grad IIÄtiologie
Mechanische Faktoren (Druck, Scherkräfte, Reibung)ErnährungsdefizitBeeinträchtigte körperliche Mobilitätveränderte Durchblutung
Zeichen/Symptome “Gewebeschädigung an linker Ferse, 2x3 cm gross, 1 mm tief”
Kontrollgruppe Interventionsgruppe
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Studienergebnisse: Adv. Nursing Process
Kontrollgruppe
Pflegeziele1) “Wundheilung”
Interventionsgruppe nach GCR Pflegeziele
1) “Patientin weist eine komplikationslose Wundheilung auf
2) Patientin weist einen ausgeglichenen Ernährungszustand auf (keine Mangelernährungszeichen)
3) Die Patientin versteht ihren Zustand, kann die Ursachen erklären und macht bei den Massnahmen aktiv mit (Umlagern, Mobilisation)”
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Studienergebnisse: Adv. Nursing Process KontrollgruppePflegeinter-
ventionen 1) „4 stdl.
Umlagern“ 2) „Verband
täglich wechseln”.
Interventionsgruppe nach GCR Pflegeinterventionen1) „Wunde täglich beobachten und
dokumentieren2) Konstante, druckfreie Lagerung der Ferse3) Aguacelverband, nächster Wechsel am...4) Patientin alle 3 Std. mit Keilkissen umlagern 5) Patientin 3x tgl. zum Essen mobilisieren6) Beobachten und dokumentieren der Ess- und
Trinkmenge (siehe Protokolle) 7) Patientin über Zustand und Interventionen
informieren und anleiten“
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Studienergebnisse: Adv. Nursing Process Kontrollgruppe
Pflegeergebnis1) “Haut noch
gerötet, leichter Gewebedefekt”
Interventionsgruppe nach GCR Pflegeergebnisse1) „Gewebeintegrität: beobachtete Heilung mit
epithelisierter, trockener, irritations- und Geruch loser Haut, schmerzfrei
2) Ferse frei beweglich3) Erhöhte Selbstpflegefähigkeit= Patientin führt
Hautbeobachtung und Hautpflege durch, lagert sich um, lagert Fersen konstant Druck frei
4) Patientin erklärt Ursachen/Risikofaktoren des Dekubitus (Lagerung/Mobilität, Ernährung) und setzt Vorbeugungsmassnahmen um“.
Studien vor-nach Einführung PD: Resultate
PatientInnen signifikant erhöht:
- Bewältigung (Angstminderung, Erleichterung) - Selbstpflege- Funktionalität (Gehfähigkeit, Intakte Haut, Wundheilung) - Wissen (KH, Behandlung, Pflege)
Pflegeergebnisse
T-Tests und Mann Whitney Signifikanz Test p < 0.0001
3737 3737 3737 3737 3737 3737N =
ZEITPUNK
21
MEAN
ERG
5
4
3
2
1
0
-1
STATION
CX2
Y9
V6
Z2
XX2
N2
402393398399400
111614
2
2632
25
11010685108
109
724773
70
Einstellung & Erfahrungen Pflegender
Laramee, Bosek, Shaner-McRae & Powers-Phaneuf, 2012: Pflegende nicht zufriedener, schlechtere Einstellung zu E-Dok als vor Einführung (p= 0.0001) = Ohne Pflegeklassifikationen, System unvollständig
Estrada & Dunn, 2012: NANDA-I Diagnosen, NIC Interventionen in EHR: PD vorhanden, P-Plan ist besser, Pflege besser, P-Planung ist leicht (p= <.05), P-Dok genauer (p= <.0001). Pérez Rivas, Santamaria Garcia, Miguet Arenas, Deamud Lagos, & Garcia Lopez:
42 Spitäler, P-Prozess: Gordon Assessment, NANDA-I,NIC & NOC: 90% Qualitätsindikator erreicht, Outcomes 81.5 % erreicht
Erfolgsfaktoren n Positive Einstellung P-Prozessn Verbesserte, klinische Entscheidungsfindungn Erhöhtes kritisches Denkenn Umfassendes Assessment, exakte P-Diagnosen,
wirksamere Interventionen, erhöhte Patienten-Ergebnisse(Nilsson & Willman, 2000; Björvell et al., 2002, Florin et al., 2005; Müller-Staub et al., 2007, 2008b; 2009)
n Weniger Adverse Events: EBP = Klassifikationen (Zegers et al., 2011)
.
Fazit: Elektronik allein reicht nicht, aber.......
Pflegende brauchen
n Unterstützung durch Management / Beratung
n Ressourcen (Bücher NANDA-I, Gordons Assessment, gute Dok-Struktur und PES-Format (Paans, Nieweg, van der Schaans, & Sermeus, 2011)
n Sollten mehr auf Genauigkeit der PD achten (Wang, Hailey, & YU, 2011)
Fazit: Elektronik allein reicht nicht, aber.......
n Spezifisches Pflegeassessment (NNN-Klassen), führt direkt zu Pflegediagnosen
n NANDA - I Pflegediagnosen (Taxonomie voll integriert, codiert, PES-Format)
n Pflegeziele und -interventionen sind verknüpft mit Pflegediagnosen (Doenges et al., 2003/2013)
n Evaluation P-Prozess ist gegeben (Ammenwerth 2001/2003; Bakken 2005; Delaney 2000; Doenges et.al, 2008; Fischer 2006; Lunney, 2008; Müller-Staub, 2007/2008; Welton 2005/2008)
19.06.15 Pflege PBS, M. Müller Staub, PhD
Schlussfolgerungen n Empfehlung: NANDA
- Erfüllungsgrad der Kriterien - Praktische Erfahrungen
n Studien, Literatur - laufende Weiterentwicklung - Zusammenarbeit mit ICN
n http://www.pflege-pbs.ch n www.pflegeforschung.ch
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