Pharmakologie Zahnmedizin, J. Donnerer, 2003 · 50 % der Wirkung verursacht, eingezeichnet werden...

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Pharmakologie Zahnmedizin, J. Donnerer, 2003 Pharmakologie befasst sich mit

-Prüfung von Arzneistoffen am Tier und am Menschen -Verbesserung bekannter Pharmaka -Verhütung und Bekämpfung von Vergiftungen -Aufklärung der Pharmakokinetik und Wirkmechanismen (Pharmakodynamik) der Arzneistoffe

Toxikologie befasst sich mit

-Erkennung, Behandlung und Verhütung von Vergiftungen Pharmazie befasst sich mit

-den Eigenschaften der Pharmaka, deren Verarbeitung, Analyse und Vertrieb

Arzneistoffe sind Wirkstoffe, die zur Vorbeugung, Linderung, Heilung

oder Erkennung von Erkrankungen dienen (Solche Stoffe können chemische Verbindungen, aber auch Pflanzenextrakte, menschliches Plasma, oder auch abgetötete Viren oder Bakterien sein) Arzneimittel sind die zur Anwendung beim Menschen bestimmten

Zubereitungsformen von Arzneistoffen. (Z.B. Injektionslösungen, Tabletten, Salben, u. a.)

[Der Ausdruck Pharmakon ist gleichbedeutend mit Arzneistoff oder Arzneimittel]

“Droge” meist pflanzlicher Rohstoff für Arzneimittel oder Stimulanzien;

-kann aber auch Arzneimittel oder Rauschgift bedeuten. Rezept “Arzneispezialität” versus “Magistraliter Rezeptur” Generika

-Fertigarzneimittel, die unter einem nicht geschützten Freinamen (z.B. Diclofenac) im Handel sind (nach Ablauf des Patentschutzes für einen bestimmten Arzneistoff möglich); bei gängigen Arzneimittel üblich

z.B. vom Antirheuma-Wirkstoff Diclofenac gab es zuerst nur ein Arzneimittel mit dem Handelsnamen VoltarenR, heute gibt es mindestens 12 weitere Arzneimittel mit verschiedenen Handelsnamen, aber demselben Wirkstoff (eben

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Diclofenac)! Nachschlagwerke: -Austria Codex Fachinformation

-Vidal Arzneimittelkompendium Die staatliche Registrierung, die Herstellung und der Vertrieb der Arzneimittel sind geregelt durch:

-Arzneimittelgesetz 1983 + Novellierungen - Fachinformationsverordnung 1998 - Suchgiftverordnung 1997

-Rezeptpflichtgesetz 1972 + Novellierungen

Wirkungsmechanismen von Arzneistoffen Reaktion mit definierten Rezeptoren:

-Rezeptorstimulation durch Agonisten; -Rezeptorhemmung durch Antagonisten;

(z.B. Acetylcholin-, Noradrenalin-, Histamin-, Opioidrezeptoren) Beeinflussung von Enzymen:

(z.B. Hemmstoffe der Acetylcholinesterase, des “angiotensin converting enzyme”)

Interferenz mit spezifischen Transportvorgängen oder Ionenkanälen:

z.B. Diuretika interferieren mit Transportproteinen in der Niere; Lokalanästhetika hemmen Na+ -Kanäle; Ca2+ -Antagonisten hemmen Ca2+ -Kanäle

Bindung an essentielle Zellbestandteile oder an Substanzen des Zellstoffwechsels:

z.B. Zytostatika binden an DNA oder Mitosespindelproteine; Antibiotika binden an Bakterienzellbestandteile

unspezifische Membraneffekte:

z.B. bei Narkosemittel, aber auch hier werden spezifische Proteininteraktionen erkannt

1) Nähere Erläuterungen zu den Wirkungen an Rezeptoren: Rezeptoren sind Proteinmoleküle, die sich meist an der Zelloberfläche befinden. Bindet sich ein Agonist an den Rezeptor, so wird der Rezeptor aktiviert, die

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betroffene Zelle ändert ihren Funktionszustand. Z.B. eine Muskelzelle kontrahiert sich, eine Nervenzelle ändert ihre Erregbarkeit, eine Drüsenzelle sezerniert Sekret. Bindet sich ein Antagonist an den Rezeptor, so ändert sich am Rezeptorzustand und am Zustand der betroffenen Zelle nichts; der Antagonist verhindert aber, dass sich ein Agonist binden kann [=”Verschiebung der Dosis-Wirkungskurve nach rechts”]. Körpereigene Stoffe sind immer Agonisten (z.B. Adrenalin, Acetylcholin, Histamin, Serotonin), Arzneistoffe können Antagonisten, aber auch Agonisten sein. Beispiele:

Blutdrucksenkende Mittel = Antagonisten des körpereigenen Adrenalins Antiallergika sind Antagonisten des körpereigenen Histamins Muskelrelaxantien sind Antagonisten des körpereigenen Acetylcholins Schlafmittel sind Agonisten am Benzodiazepinrezeptor Insulin ist ein Agonist am Insulinrezeptor starke Schmerzmittel = Opiate sind Agonisten am Opiatrezeptor

Arten von Rezeptoren [Einteilung nach Art der Signaltransduktion]: - ligand-gesteuerter Ionenkanal - G-Protein-gekoppelter Rezeptor - Rezeptor mit Tyrosinkinase-Aktivität - Steroidhormonrezeptoren

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Bei allen pharmakologischen Wirkungen gibt es eine strikte Dosis-Wirkungs-Beziehung = Dosis-Wirkungs-Kurve: Abszisse - Konzentration/Dosis logarithmisch; Ordinate - % des max. möglichen Effektes, wobei die ED50=effektive Dosis, die 50 % der Wirkung verursacht, eingezeichnet werden kann. Wie bereits oben erwähnt, verschieben Antagonisten die Dosis-Wirkungs-Kurve des Agonisten nach rechts! Unterschiede zwischen kompetitiven und nicht-kompetitiven Antagonisten Da die meisten Pharmaka auch irgendwelche Nebeneffekte oder toxischen Effekte haben können, kann man auch für diese unerwünschten Effekte Dosis-Effekt-Beziehungen erstellen (Definition der toxischen Dosis 50 =TD50 oder experimentell früher LD50). Für ein gutes Medikament sollte der Abstand zwischen ED50 und TD50 groß sein, dann spricht man von einer “Großen Therapeutischen Breite”.

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Wirkungen der Katecholamine Noradrenalin/Adrenalin/Isoprenalin Blutgefäße: durch Vasokonstriktion Blutdruckanstieg ["1]; in niedriger Dosis

durch [ß2] auch Vasodilatation Herz: [ß1] Frequenz steigt - positiv chronotrop

Erregbarkeit erhöht - positiv bathmotrop Leitungsgeschw. gesteigert - positiv dromotrop Kontraktionskraft gesteigert - positiv inotrop

(Allgemein Sauerstoffverbrauch stark erhöht, Gefahr von Arrhythmien) Bronchialmuskulatur: [ß2] Bronchodilatation Darm u. a. glatte Muskulatur: Tonussenkung, Pendelbewegungen vermindert, gravider Uterus wird ruhiggestellt [ß2] Zentralnervensystem: Adrenalin bewirkt motor. Unruhe, innere Ruhelosigkeit, Tremor Stoffwechselwirkungen: [ß2] Glykogenolyse, Lipolyse -Anstieg der Glucose- u. Fettsäurespiegel im Blut

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Anwendung von Adrenalin: Lokal zur Vasokonstriktion, systemisch Adrenalin bei vasodilatorisch bedingtem Schock, z.B. bei Anaphylaxie Kontraindikationen: Hyperthyreose, Hypertonie, Gefäßsklerose, Neigung zu Arrhythmien "- und ß1-Rezeptoren stimulierende Sympathomimetika Anwendung: bei asympathikotoner Hypotonie und bei neurogenem Schock

-Etilefrin ["1,ß1] peroral -Norfenephrin ["1] parenteral

diese Substanzen werden langsamer als die natürlichen Katecholamine abgebaut; Nebenwirkungen am Herzen: Tachykardie, Extrasystolen. Cocain und Amphetamine wirken indirekt, indem sie die Wiederaufnahme von Noradr./Adr. hemmen oder diese freisetzen (vornehmlich im ZNS).

ß2-Sympathomimetika=Bronchodilatatoren lokale Anwendung - Inhalation als Pulver oder Spray (dadurch weniger NW auf das Herz) Salbutamol, Terbutalin, Fenoterol: Wirkdauer 4 - 6 h Salmeterol, Formoterol: Wirkdauer 12 h

"1-Rezeptorenblocker zur Blutdrucksenkung vermindern den peripheren Widerstand in den Gefäßen; Prazosin (kurze t½), Terazosin, Doxazosin (längere t½). Nebenwirkung: orthostatische Dysregulation =Schwindel, Ohnmacht beim Aufstehen

ß-Rezeptorenblocker sehr häufig verwendete Arzneimittel; schützen das Herz vor übermäßiger sympathischer Erregung (physisch oder psychisch ausgelöst), senken den Blutdruck - deshalb sind sie bei den meisten Herzerkrankungen indiziert, und bei den “Zivilisationskrankheiten”. Eine selektive Blockade nur der ß1-Rezeptoren ist meist erwünscht, aber nicht immer realisierbar! Denn die ß2-Blockade könnte Asthmaanfälle auslösen, die Blutzuckerregulation bei

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Hypoglykämie stören, die Hautdurchblutung vermindern. Weitere allgemeine NW: zu starke Bradykardie, Überleitungsstörungen, Einschränkung der Leitsungsfähigkeit Substanzen:

-Propranolol: unspezifisch ß1/ß2 Blockade -Atenolol, Metoprolol, Bisoprolol: ß1 selektiv! -Pindolol: hat zusätzlich noch eine intrinsische sympathomimetische Aktivität (verhindert zu starke Ruhebradykardie)

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Pharmakologie des cholinergen Systems Rezeptoren: nikotinische R. = ligand-gesteuerter Ionenkanal

(NM) - Neuromuskulär - Antag. Curare u.ä. (NN) - Ganglien, ZNS - Antag. Ganglienblocker (therapeutisch ohne Bedeutung)

Muskarinische R.= G-Protein Rez.(Antagonist überall Atropin u.ä.)

M1 - Ganglien, ZNS [PLC - IP3, DAG - Ca2+ ]; rel. selekt. Antag. Pirenzepin M2 - Herz [Aktiv. K+-Kanäle, Hemmung der Adenylatzyklase] M3 - glatte Muskulatur, Drüsen [sec.mess. wie M1] M4 - ähnlich wie M2 M5 - ähnlich wie M1

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Pharmaka: Muskarin-R.-Agonisten = Parasympathomimetika: von Acetylcholin abgeleitet - Carbachol, Betanechol [Indikation: bei postoperativer Darmatonie, bei Blasenatonie] Naturstoffe=Alkaloide: Muskarin, Pilocarpin (keine therapeutische Verwendung) Cholinesterasehemmer (sind indirekte Parasympathomimetika): Alkaloid

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Physostigmin, abgeleitet davon Neostigmin, Pyridostigmin, Distigmin [Indikationen: Myasthenia gravis, zur Aufhebung der Wirkung von Muskelrelaxantien]. neue Substanz: Tacrin, Rivastigmin, Galanthamin (gehen gut ins ZNS, bei Mb. Alzheimer wirksam) Muskarin-Rezeptor-Antagonisten = Parasympatholytika: Alkaloide Atropin [Indikation: Dräsensekretrionshemmung; um das Herz vor Vagusstimulation oder Bradykardie zu schützen] Quartäre Verbindungen: gehen nicht durch die Blut/Hirn/Schranke; für periphere Wirkungen ideal und bevorzugt verwendet; ansonsten Indikationen wie bei Atropin Ipratropium (auch zur Asthmatherapie geeignet) N-Butylscopolamin (auch als Spasmolytikum geeignet) Tropicamid: zur diagnostischen Pupillenerweiterung

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Neuromuskulär blockierende Stoffe =periphere Mm-relaxantien

Indikation: zur Muskerelaxation der quergestreiften Muskulatur im Rahmen von Narkosen; da auch die Atemmuskulatur gehemmt wird - immer beatmen! Alle Substanzen müssen injiziert werden! Nicht-depolarisierende,stabilisierende Substanzen (sind kompetitive Antagonisten des ACh am nikotinischen Rezeptor der neuromuskulären Endplatte) = Curaregruppe Curare wird aber heute nicht mehr verwendet; Mivacurium - Wirkdauer kurz=10-15min Alcuronium - Wirkdauer 30 - 40 min Pancuronium - Wirkdauer lang=120-180min Depolarisierende Substanzen (durch Dauerstimulation des nikotinischen Rezeptors an der neuromuskulären Endplatte kommt es letztendlich auch zur Muskelrelaxation) . Suxamethonium - Wirkdauer kurz=6-8min

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Lokalanästhetika

blockieren die Fortleitung des Aktionspotentials, d.h. der elektrischen Erregungswelle, an Nervenfasern. Dies erfolgt durch Hemmung des Natrium-Kanals. Die Lokalanästhetika haben einen pKa-Wert um 8, d.h. sie sind bei physiolog. pH teils dissoziiert, teils undissoziiert. Dies ist notwendig, damit sie an den Wirkort gelangen können: im undissoz. Zustand durchdringen sie die Nervenzellmembran, im dissoz. Zustand gelangen sie von der Innenseite her im Natrium-Ionenkanal zur Wirkung. Im sauren Gewebe = Entzündung (!) sind sie nicht so gut wirksam, weil sie dann vollständig dissoziiert/protoniert sind und die Zellmembranen nicht mehr durchdringen können! Wirkungen der Lokalanästhetika: - primär keine Fortleitung von Schmerzsignalen = völlige Schmerzfreiheit im Innervationsgebiet; -auch die autonomen Fasern werden blockiert = Vasodilatation; -zuletzt werden auch die motorischen Nervenfasern blockiert = Lähmung im Innervationsgebiet. Es gibt 2 chem. Gruppen von Lokalanästhetika: 1) Ester - z.B. Procain, (Tetracain; diese werden im Gewebe und durch die Plasmacholinesterase relativ rasch abgebaut, wirken nur kurz 2) Säureamide - z.B. Lidocain, Prilocain, Mepivacain, Ropivacain, Bupivacain, Etidocain; diese werden nur in der Leber metabolisiert, wirken deshalb im Gewebe länger! Lokalanästhetika werden auf die Schleimhaut- oder Hautoberfläche aufgetragen, sie können in das Gewebe oder direkt an Nervenbahnen gespritzt werden, oder sie können in Rückenmarksnähe oder direkt in den Liquor des Rückenmarks appliziert werden. Lokalanästhetika dürfen aber nicht in hoher Konzentration zum Herzen oder in höhere Gehirnregionen kommen (d.h. sie dürfen nicht in hoher Konzentration in die Blutzirkulation gelangen). Denn dann würden sie auch dort die Nervenleitung blockieren, was zum Herzstillstand oder, im ZNS, zu Krämpfen, Koma, Atemlähmung führen würde. Maximaldosen genau beachten! Deshalb sind oft bei Lokalanästhetikalösungen vasokonstriktorisch wirkende Substanzen beigemengt (Adrenalin), damit sie bei Injektion in das Gewebe nicht

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zu schnell von den Blutgefässen abtransportiert werden, und allgemein auch länger wirken. Bei Endarterien aber keine Vasokonstriktoren verwenden! Andere Nebenwirkungen der LA: Allergische Reaktionen Anwendungsformen der LA: Oberflächenanästhesie: Emla Creme = Lidocain+Prilocain, Lidocain-Sprays Infiltrationsanästhesie: Saüreamide Leitungsanästhesie, Plexusanästhesie: Säureamide Epidural- oder Spinalanästhesie: Säureamide [Sonderform: intravenöse Regionalanästhesie in peripheren Extemitäten]

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Histamin - Allergie - Antihistaminika Histamin wird bei allergischen Reaktionen vom Typ 1 aus Mastzellen freigesetzt und löst über H1-Rezeptoren -eine Steigerung des Tonus glatter Muskulatur (Bronchien, Darm) aus; -eine Vasodilatation; -eine Gefäßpermeabilitätssteigerung durch Öffnung interzellulärer Endothellücken; -Juckreiz durch Erregung sensibler Nervenendigungen (auch von Bedeutung, wenn Histamin von aussen durch Insektenstiche oder Brennessel in die Haut gelangt) Aus enterochromaffinen Zellen des Magens freigesetzt stimuliert es über H2-Rezeptoren -die Salzsäureproduktion der Belegzellen des Magens; -weiters kann über H2-Rezeptoren eine Vasodilatation ausgelöst werden. Die echte allergische “anaphylaktische” Reaktion kann in verschiedenen Stadien und Schweregraden auftreten (0) lokale Hautreaktion (I) Flush, Urtikaria, Rhinokonjunktivitis, Unruhe (II) Flush, Urtikaria, Larynxödem, Tachykardie, Hypotension, leichte Dyspnoe, Stuhl- u. Harndrang, Nausea (III) schwere Dyspnoe und Hypotension, Blässe, Bronchospasmus, Bewusstseinseintrübung, Stuhl- u. Harnabgang (IV) Herz- Kreislaufstillstand H1-Antihistaminika:

1. Generation - Diphenhydramin, Dimetinden (sind ZNS-gängig und bewirken eine Sedierung)

2. Generation - Cetirizin, Loratidin, Fexofenadin (keine Sedierung) H2-Antihistaminika:

Ranitidin, Famotidin (Anwendung in erster Linie zur Magensäuresekretionshemmung)

Antiallergische Therapie: !H1- und H2-Antihistaminika sind Therapie erster Wahl bei allen Stadien der allergischen Reaktion, vorallem bei kutanen Reaktionen, dazu !Glucocorticoide zur allgemeinen Gefäßabdichtung und Entzündungshemmung, !Adrenalin zur Vasokonstriktion,

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!Infusionslösungen (Volumenersatz bei Hypotonie), !ß2-Sympathomimetika bei Bronchospasmus , !Sauerstoffzufuhr. Anwendung der Medikamente lokal/s.c./i.m./i.v. je nach Bedarf

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Herzglykoside Indikation: Herzinsuffizienz

[Stauung im Blutkreislauf, Ödeme in Lunge, in der unteren Körperhälfte, Atemnot]

Die Kontraktion der Myofibrillen der Herzmuskelzellen wird ausgelöst durch intrazelluläre Ca2+-Ionen [in der Diastole werden sie in intrazellulären Tubuli gespeichert - in der Systole daraus freigesetzt] Herzglykoside (Digitalis) können die intrazelluläre Ca2+-Konzentration erhöhen und damit die Herzkraft steigern;

dies erfolgt nicht direkt, sondern indirekt über eine Hemmung der Na+-K+-ATPase in der Herzmuskelzellmembran - erst dadurch bleibt mehr Ca2+ in der Zelle.

Effekte auf die Herzfunktion: Kontraktionskraft u. -geschwindigkeit nehmen zu, venöse Stauungssymptome und Ödeme nehmen ab, die Herzfrequenz nimmt ab (allgemein: Ökonomisierung der Herzarbeit) Präparate: Digoxin (Acetyldigoxin, Metildigoxin)

Digitoxin; die Substanzen haben eine lange t½ von mehreren Tagen, d.h. die Patienten werden zu Beginn ‘eingestellt’ - und erhalten täglich nur eine Erhaltungsdosis. Es ist eine Dauertherapie. bei Digitalispräparaten muss die Tagesdosis sehr genau eingehalten werden; schon bei zweifacher Überdosierung kann es zu Intoxikation kommen! [Übelkeit, Herzrhythmusstörungen] Intoxikation mit Herzglykosiden allgemein: durch die totale Hemmung der Na+-K+-ATPase geht zu viel K+ verloren, letztendlich über die Niere ausgeschieden, zuviel Ca2+ in der Zelle – es kommt zu schweren Herzrhythmusstörungen, zu zentral ausgelöstem Erbrechen.

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Nitrate

Indikation: Angina pectoris Tritt auf, wenn die Koronararterien durch Arteriosklerose oder Gefäßspasmen eingeengt sind. Symptom ist ein typischer Schmerz im Bereich des Brustkorbes links ausstrahlend in li. Schulter u. Arm (vorallem bei Belastung). Es muss versucht werden, das Herz zu entlasten. Die Nitrate erweitern die Venen in der Peripherie, dadurch strömt weniger Blut zum Herzen zurück, es muss weniger Arbeit leisten; sie verbessern auch die Durchblutung des Herzmuskels.

[Die Wirkung erfolgt über das von den Nitraten freigesetzte NO, Stickstoffmonoxid]

Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Kopfschmerzen Für die Dauertherapie sind gut geeignet das Isosorbitdinitrat und das Isosorbitmononitrat. Für die Behandlung eines akuten Anfalls verwendet man Glyceroltrinitrat=Nitroglycerin als Spray oder als Zerbeisskapsel. Wichtig: damit die Substanz rasch und gut wirkt, muss sie im Mund bleiben [Resorption von der Mundschleimhaut aus], nicht verschlucken! Nitroglycerin wird auch als Pflaster=Nitro-Depotpflaster für die Dauertherapie verwendet.

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Calciumkanalblocker (Calciumantagonisten)

sie hemmen den Einstrom von Ca2+ Ionen in die glatten Muskelzellen, insbesondere der Gefäße im arteriellen Strombett [Konsequenz: Vasodilatation]; einige hemmen auch die Herzmuskelzellen und das Reizleitungssystem im Herzen [Konsequenz: Senkung der Frequenz, der Kontraktionsamplitude]. Indikationen: Hypertonie, Angina pectoris, Antiarrhythmikum Nifedipin-Gruppe = Nifedipin, Amlodipin: vaskuläre Selektivität Verapamil, Diltiazem: Effekte auch auf das Herz Nebenwirkungen eventuell durch zu starken RR-Abfall Schwindel, reflektor. Tachykardie [über den Barorezeptorreflex], Knöchelödeme.

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ACE-Hemmer und Angiotensin II-Antagonisten

sie hemmen die Aktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems und bewirken dadurch eine Gefässerweiterung [Blutdrucksenkung] und eine leichte Diurese. ACE-Hemmer blockieren das Enzym ‘Angiotensin Converting Enzym’:

Captopril, Enalapril, Lisinopril. Diese Medikamente werden gut vertragen, ev. Reizhusten. Zu Beginn der Therapie auf zu starken RR-Abfall achten! Angiotensin II Rezeptor-Antagonisten: Losartan, Valsartan

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Antikoagulantien Das normale Blutgerinnungssystem beruht auf einem Zusammenspiel vieler Enzyme und Proteine des Blutplasmas [12 Gerinnungsfaktoren - Endschritte Thrombin, Fibrin]. Für die Pharmakologie bedeutsam sind die Massnahmen zur Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes: immer wenn Thrombosen (Beinvenenthrombose, Herz-, Lungen-, Hirninfarkt) aufgetreten sind. Hier muss akut der Thrombus aufgelöst werden und anschliessend langfristig, als Prophylaxe, die Gerinnung gemindert werden. Auch beim Einpflanzen künstlicher Herzklappen oder Gefässprothesen muss antikoaguliert werden. Akute Thromboseprophylaxe oder Gerinnungshemmung: Heparine bzw. Niedermolekulare Heparine: es sind körpereigene Substanzen; sie verhindern die Aktivierung der Gerinnungskaskade, indem sie das körpereigene Antithrombin III stark aktivieren; dieses wiederum inaktiviert die Faktoren Xa u. IIa=Thrombin. müssen i.v. oder s.c. gegeben werden. Standardheparin = Na+-Heparin - zur Akuttherapie Niedermolekulare Heparine: (Dalteparin, Enoxaparin u.ä.) wirken länger, sind ideal zur Prophylaxe. Nebenwirkungen: Gefahr von Blutungen, allergische Reaktionen, Thrombozytopenie Typ I u. Typ II (wenn, dann auf Heparinoide wechseln!), Osteoporose, Haarausfall. Protamin ist ein chemischer Antagonist des Heparin. Orale Antikoagulantien für die Dauertherapie = Cumarine; sie verhindern die Synthese der aktiven Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X in der Leber Präparate: Phenprocoumon=MarcoumarR, Acenocoumarol=SintromR; Wirkungseintritt benötigt einige Tage. Patienten werden eingestellt, müssen genau nach Plan immer zur selben Tageszeit die Tabletten einnehmen- Kontrolle durch Gerinnungslabor! [früher Quick-Wert, heute INR-Wert] Patienten bekommen einen Ausweis! Auch hier besteht immer die Gefahr von starken Blutungen, vorallem schon bei kleinen Verletzungen. Bei Zahnextraktionen absetzen! Im Notfall muss man Gerinnungsfaktoren geben (Vit.K wirkt zu langsam). Andere NW: hämorrhag. Hautnekrosen, teratogen

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Thrombozytenaggregationshemmer Indikation: für die dauerhafte Prophylaxe z.B. von Herzinfarkt; bei arteriellem Shunt, bei Gefäßprothesen (“moderne Therapieform”). Es wird Acetylsalicylsäure [ASS] in niedriger Dosis, oder Ticlopidin, Clopidogrel, Abciximab, Tirofiban, Eptifibatid verwendet. Blutungsgefahr ist geringer, vorallem bei der ASS, bei den anderen aber doch gegeben; andere NW: Neutropenie, Thromopenie, Hautreaktionen. Im Labor(röhrchen) =in vitro kann man die Blutgerinnung auch durch Entzug von Ca2+-Ionen durch EDTA oder Citrat hemmen.

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Fibrinolytika

Die Fibrinolyse (Thrombolyse) soll innerhalb weniger Stunden nach Eintritt eines thrombotischen Gefäßverschlusses beginnen. Fibrinolytika lösen Fibrinthromben wieder auf: Streptokinase, Streptokinase/Plasminogen-Komplex, Urokinase oder Gewebeplasminogen-Aktivator; Anwendung als Injektion/Infusion; Cave: Blutungsgefahr -intensive Überwachung!

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Antibiotika Allgemeine Wirkmechanismen an den Bakterien und Spezifität der Antibiotika: -Zellwandsynthese (menschl. Zellen besitzen keine Zellwand) -Proteinsynthese (Bakterien haben andere Ribosomen) -DNA-Replikation (bakterienspezifisch) -Nukleotidbausteine (Bakterien synthetisieren Folsäure) Antibiotikaresistenz: kann sich manifestieren durch -Induktion von Enzymen (z.B. Penicillinase) -Änderung der Bindungsstellen f. Ab. -Änderung der Ab.-Aufnahme -Umgehungssynthesewege (z.B. für Tetrahydrofolsäure) Idealerweise sollte vor der Gabe eines Antibiotikums immer ein Antibiogramm gemacht werden, damit man den krankheitsauslösenden Keim und das am besten wirksame Antibiotikum kennt. Die vorgeschriebene Behandlungsdauer (z.B. 8-10 Tage) ist unbedingt einzuhalten -auch wenn der Patient schon gesund ist-damit wirklich alle pathogenen Keime abgetötet werden. Einige Probleme können bei der Antibiotikatherapie immer auftreten: -tritt Resistenz auf, dann muss man das Antibiotikum wechseln! Dies ist ein Problem im Krankenhaus, wo sich multiresistente “Hospitalismuskeime” ausbreiten können, die besonders in der Intensivmedizin gefährlich sind - allgemeine hygienische Massnahmen wichtig! -weil durch das Antibiotikum auch die normalen Darmbakterien (physiologische Darmflora) geschädigt werden, kann es immer wieder zu Verdauungsbeschwerden bis schweren Durchfall kommen!

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Beta-Laktam-Antibiotika Penicilline [Ab. Erster Wahl]: sie schädigen den Aufbau der Bakterienzellwand [enthält Mureinschicht; ß-Laktam-Antibiotika hemmen die Mureinsynthetase]; nachdem die menschl. Zellen keine derartige Wand besitzen, gibt es wenig

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Nebenwirkungen. Aber Vorsicht: Penicilline können Allergien auslösen-von leichteren Formen eines Hautexanthems bis hin zum anaphylaktischen Schock (z.B. bei Infusion des Penicillins). Deshalb immer den Patienten vorher fragen, ob er allergisch auf Penicillin ist bzw. auf Allergieausweis achten! Wenn ja, muss man ein anderes Ab. geben. Bei Infusion hoher Dosen von Penicilline könnten neurotoxische Symptome auftreten. Substanzen: Penicillin G - nur parenteral,

Penicllin V - oral wirksam, Oxacillin - Penicillinasefest Aminopenicilline Ampicillin, Amoxicillin - oral wirksam, breites Spektrum, + ß-Laktamase Hemmstoff (z.B. Clavulansäure) Acylaminopenicilline Mezlocillin u.ä. parenteral bei Problemkeimen

Cephalosporine: Wirkmechanismus wie bei Penicillinen, aber noch breiteres Wirkspektrum, als Ausweg bei Penicillinallergie; Beispiele Cefalexin, Cefixim, Cefaclor (oral); es gibt auch viele Präparate für Infusionen (Cefuroxim, Cefazolin). Etwas mehr NW als bei den Penicillinen (Niere, Leber) Atypische ß-Laktame: Imipenem, Aztreonam (parenteral, bei Penicillinallergie und Problemkeimen) Hemmer der Tetrahydrofolsäure-Synthese: Sulfonamid=Sulfamethoxazol/Trimethoprim-Komb.=Cotrimoxazol: Bedeutung hat wegen der Verfügbarkeit anderer Ab. mit weniger gefährlichen NW [Nierenschädigung, tox. allergische Reaktionen] abgenommen. Tetracycline: Breitspektrumantibiotikum; hemmen die Proteinsynthese in Bakterien, in den menschl. Zellen kaum. Tetracycline können sich in Knochen und Zähnen ablagern, deshalb nicht bei Kindern und Schwangeren geben! Wichtig: bei peroraler Gabe nicht gemeinsam mit Milch(produkten), Antacida, Eisenpräparaten geben, weil Ca2+ u. Fe2+ unlösliche Komplexe bilden - Ab. wäre dann unwirksam; 3 Stunden Zeitintervall. Indikation: Akne, als Alternative zu Penicillinen Beispiel: Doxycyclin, Minocyclin Makrolid-Antibiotika: hemmen die Proteinsynthese in Bakterien; Beispiele: Erythromycin, Roxithromycin, Clarithromycin: alle peroral; wenig spezifische Nebenwirkungen (ev. Bauchschmerzen), werden sehr häufig verwendet (chron.

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Bronchitis, Pneumonien; z.B. auch immer bei Penicillinallergie) Gyrasehemmer: hemmen die Funktion der Bakterien-DNA, sind neuere Antibiotika, Anwendung vorallem bei Harnwegsinfektionen, neuerdings auch bei Pneumonien; viele Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden, Knorpelschäden, Kopfschmerzen - nicht bei Kindern u. Schwangeren geben. Beispiel: Ofloxazin, Ciprofloxacin 2) Tuberkulostatika. Die Mykobakterien wachsen sehr langsam und bilden leicht Reisistenzen, deshalb muss man lange und mit Arzneimittel-Kombinationen behandeln! Andernfalls treten resistente Keime auf! Man beginnt mit 3-4 Präparaten für einige Monate und reduziert dann die Anzahl sukzessive. Tuberkulostatika 1. Wahl: Isoniazid (INH-Präparate) NW. ev. Nervenschädigung, deshalb Vit.B6 dazugeben; Rifampicin; NW ev. Leberbelastung; Harn kann orangerot gefärbt sein Pyrazinamid; NW ev. Leberbelastung Ethambutol; NW ev. Sehnervschädigung, regelmäßige Augenkontrollen Virustatika: die Behandlung von Virusinfektionen ist immer schwierig, weil sich die Viren in die menschl. Zellen einschleusen und auch deren Stoffwechsel in Anspruch nehmen; bei der Therapie werden deshalb auch leicht die menschl. Zellen in Mitleidenschaft gezogen. Für einige Viruserkrankungen (Herpes-simplex, Varizella-Zoster-Virus) gibt es gute Medikamente, für HIV-Viren nur eine suppressive Behandlung. Gegen Viruserkrankungen sind die Schutzimpfungen sehr wichtig! Aciclovir, Famciclovir: gegen Herpes und Varizella-Zoster Infektionen, sie hemmen die Virusvermehrung in der Zelle durch spezifische Hemmung der viralen DNA-Polymerase. Ganciclovir: wirkt auch noch gegen Cytomegalie-Infektionen Bei HIV/AIDS: Hemmstoffe der ‘Reverse Transkriptase’ wie Zidovudin, Lamivudin, Efavirenz; gemeinsam mit Proteasehemmern wie Indinavir, Lopinavir geben.

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Antimykotika: Am häufigsten sind oberflächliche Pilzinfektionen der Haut,

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Nägel, Schleimhäute, seltener sind Organmykosen. Deshalb wird auch oft nur eine lokale Therapie mit Salben und Cremes durchgeführt. Die Antimykotika hemmen meist die Synthese der Pilzzellmembran. Substanzen: Clotrimazol, Miconazol, Fluconazol. Vorsicht: Diese Antimykotika hemmen den Abbau anderer Medikamente, d.h. deren Wirkung kann dadurch wesentlich verstärkt werden!

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