Prof. Dr. Dipl.-Psych. Ludwig Haag Lehrstuhl für Schulpädagogik „Lehrerpersönlichkeit und...

Preview:

Citation preview

Prof. Dr. Dipl.-Psych.Ludwig HaagLehrstuhl für Schulpädagogik

„Lehrerpersönlichkeit und Klassenführung als zwei Seiten derselben Medaille

„Erfolgreiches Unterrichten“

„Ich setze es als bekannt voraus, daß der Grund von den Fehlern der Zöglinge wirklich oft in den Erziehern liege.“

(Salzmann: Ameisenbüchlein, 1806)

„Die wichtigsten Philosophen für Manager: Ausgewählt und kommentiert von Andreas Drosdek“

„Managen mit emotionaler Kompetenz - Handelsblatt: Die vier zentralen Skills für Ihren Führungsalltag“

„Arbeiten Sie an sich!

Halten Sie durch!

Verlieren Sie den Glauben an sich nicht!

Akzeptieren Sie Ihre Grenzen!

Geben Sie Ihre Ansprüche nicht auf!“

An anderer Stelle wird als Tipp zum Einsatz der Stimme gegeben:

“Besprechen Sie regelmäßig Ihren Anrufbeantworter neu, und hören Sie Ihre Aufzeichnung ab – so bekommen Sie ein besseres Gefühl für Ihre Stimme!“ (Cowley 2010, S. 82).

Notwendigkeit von Klassenführung

Vorläufer – notwendige Aspekte von Klassenführung

Was bedeutet Klassenführung? = Take-Home-Message

Historische Vertreter von Lehrerpersönlichkeit

Bedeutung von Lehrerpersönlichkeit

Lehrerpersönlichkeit: Was ist das?

Schlussgedanke

Notwendigkeit von Klassenführung

Ethymologie: „Management“

„mansionem agere“: „das Haus (für den Eigentümer) bestellen“

= Leadership

„manus agere“: „an der Hand führen“

= Klassenführung

John P. Kotter (1982):

Zwei archetypische Führungsfiguren:

Manager: eher Verwalter Leader: eher Visionär

Management stehe eher für Leadership bedeute, die Geführten mit

das perfekte Organisieren der Visionen zu inspirieren und zu motivieren.

Abläufe, planen und kontrollieren.

Doyle. W. (1986). Classroom organization and management.  In M. C. Wittrock (Ed.), Handbook of research on teaching (3rd ed.).  New York:  Macmillan.

D o y le (1 9 8 6 ) a n a l y s ie rt U n te rric h t a ls ä u ß e rs t k o m p le x e s G e sc h e h e n u n d b e sc h re ib t d ie se sm it H ilfe v o n se c h s D im e n s io n e n . U n te rric h t in d e r K l a sse se i g e p rä g t d u rc h :

M u ltid im en s io n a lity – g ro ß e A n z a h l a n E re i g n isse n , d e re n V e rn e tz u n g u n d m u ltip leK o n se q u e n z e n

Im m ed ia c y – E re i g n isse g e sc h e h e n sc h n e ll, fo l g e n sc h n e ll a u fe in a n d e r U n p red ic ta b ility – E re i g n isse n e h m e n u n e rw a rte te u n v o rh e rse h b a re W e n d u n g e n ,

w e rd e n g e m e in sa m p ro d u z ie rt u n d s in d d a h e r k a u m a n tiz ip ie rb a r H is to ry – frü h e re E rfa h ru n g e n in d e r K la sse fo rm e n n a c h fo lg e n d e E re i g n isse S im u lta n ity – v e rsc h ie d e n e E re i g n isse g e sc h e h e n z e itg le ic h P u b lic n e ss – K la sse n rä u m e s in d ö ffe n tlic h e P lä tz e , u n d E re i g n isse w e rd e n h ä u fig v o n

e in e m G ro ß te il d e r S c h ü le r m ite rle b t.

Unterricht ist geprägt durch:

- Multidimensionality

- Immediacy

- Unpredictability

- History

- Simultanity

- Publiceness

Hattie: “Visible learning” (2009)“Lernen sichtbar machen” (2013)

• Classroom Management d = .52

• Lehrer-Schüler-Beziehung d = .72

• Unterrichtsqualität d = .77

Qualität des UnterrichtsLernförderlichs Klima, Motivierung, Aktivierung,

Methodenvielfalt Passung

Lehrer-persönlichkeit

Professions-Wissen

Kompetenzen

PädagogischeOrientierungen

KlassenführungRegeln

Zeitnutzung

Umgang mit Störungen

AktiveLernzeit

Klassenkontext

Klassenklima, Klassenzusammensetzung

Angebots-Nutzungs-Modell (Helmke, 2003)

Merkmalskataloge guten Unterrichts

Lipowsky 2007 Meyer 2004 Helmke 2006

- allgemeindidaktische Merkmale- effektive Klassenführung- klare Strukturierung- kooperatives Lernen- Übungen und Wiederholungen- Hausaufgaben- Klassenklima- fachdidaktische Merkmale- kognitive Aktivierung- Fokussierung und inhaltliche Kohärenz-Rückmeldungen

- klare Strukturierung- hoher Anteil echter Lernzeit - lernförderliches Klima- inhaltliche Klarheit- sinnstiftendes Kommunizieren- Methodenvielfalt- individuelles Fördern- intelligentes Üben- transparente Leistungserwartungen- vorbereitete Umgebung

- effiziente Klassenführung und Zeitnutzung - lernförderliches Klima - vielfältige Motivierung- Strukturiertheit und Klarheit- Wirkungs- und Kompetenzorientierung- Schülerorientierung und Unterstützung- Förderung aktiven, selbstständigen Lernens- Angemessene Variation von Methoden und Sozialformen- Konsolidierung, Sicherung, Intelligentes Üben Üben- Passung an Schüler(gruppe)

Vorläufer – notwendige Aspekte von Klassenführung

Johann Friedrich Herbart (1776-1841)

“Und ich gestehe gleich hier, keinen Begriff zu haben von Erziehung ohne Unterricht; so wie ich rückwärts, in dieser Schrift wenigstens, keinen Unterricht anerkenne, der nicht erzieht” (1806).

1. Erziehender Unterricht

z. B. John Dewey (1859-1952)

„intellectual leader“

2. Reformpädagogische Ansätze

4. Sozialpsychologische Aspekte:Lehrererwartungen

Lehrererwartung Lehrerverhalten Schülerverhalten

1. Allgegenwärtigkeit und Überlappung

2. Reibungslosigkeit und Schwung

3. Aufrechterhaltung des Gruppen-Fokus:

Gruppenmobilisierung, Rechenschafts-prinzip und Beschäftigungsradius

4. Programmierte Überdrussvermeidung:

Valenz und intellektuelle HerausforderungAbwechslung und Herausforderung bei der Stillarbeit

5. Ökologischer Ansatz

1. Klassenraum vorbereiten

2. Regeln planen und Verfahrensweisen klar festlegen

3. Konsequenzen festlegen

4. Unterbindung von unangemessenem Verhalten

5. Regeln und Prozeduren unterrichten

6. Gemeinschaftsfördernde Aktivitäten

7. Strategien für evtl. Probleme

8. Überwachen des Schülerverhaltens

9. Vorbereiten des Unterrichts

10. Verantwortlichkeit des Schülers

11. Unterrichtliche Klarheit

Evertson & Emmer

Die Lernenden sollen eine aktivere Rolle übernehmen.

Unterrichten ist eher zu sehen im Sinne von - Unterstützen, - Anregen, - Bereitstellen günstiger Lernsituationen, - Beraten

6. Klassenführung in einer „neuen Lernkultur“

Was bedeutet Klassenführung?Take-Home-Message

Kommunikation Organisation

Regulation

Kommunikation: Lehrer müssen didaktisch anleiten und zum Lernen verpflichten.

Organisation: Lehrer müssen Lernumgebungen vorstrukturieren.

Regulation: Lehrende müssen Lerndisziplin garantieren.

(Haag & Streber, 2012) :

Kommunikation

1. „Erlernen“: Kommunikation als Basiskompetenz für Lehrkräfte:z. B.: Konstanzer Trainings Modell

2. bewusster Umgang mit eigenen Emotionen als notwendige Basis für gelingende kommunikative Prozesse im Unterricht

3. Aushalten Können insbesondere Belastungen im Schulalltag und widersprüchliche Handlungserwartungen (Antinomien)

Aufbau einer gewissen Distanz zu den SchülerInnen

4. Feedback über Unterricht

didaktische Entscheidungen, z.B. lernförderliche Lernumgebung

d.h. Unterricht als Mischung aus instruktionalen und konstruktionalen Elementen

Organisation

1. effektives Aufstellen und auch Einhaltung von Regeln, Ritualen und Prinzipien im Unterricht

2. sinnvolles „Bestrafen“

3. die Autonomie der SchülerInnen unterstützende Maßnahmen (z.B. Aufbau selbstregulierten Lernens)

Regulation

Persönlichkeitsentwicklung

Historische Vertreter von Lehrerpersönlichkeit

Griechische Wurzeln

Protagoras Gorgias Hippias

Sophisten:

Lehren ist Beruf

Sokrates:

Erziehen als persönliche Berufung

Johann Friedrich Herbart (1776-1841)

“Und ich gestehe gleich hier, keinen Begriff zu haben von Erziehung ohne Unterricht; so wie ich rückwärts, in dieser Schrift wenigstens, keinen Unterricht anerkenne, der nicht erzieht” (1806).

Erziehender Unterricht

John Dewey (1859-1952)

“Das Leben in der Demokratie erfordert Menschen, die ihre sozialen Fähigkeiten vielseitig entwickelt haben und dies auch künftig weiter tun.Erziehung muss deshalb vorrangig dazu beitragen, ‘die soziale Seite des menschlichenVerhaltens’ zu entfalten.”

• Erziehung als Auftrag des Unterrichts (durch Demokratie zu Demokratie)

• Projektmethode als ein möglicher Ansatz erziehenden Unterrichts

Kerschensteiner (1854-1932)(„Die Seele des Erziehers und das Problem der Lehrerbildung“, 1921)

„Ein Lehrer, der eine volle Persönlichkeit geworden ist, ist das wertvollste Bildungsgut, das die größte Wirkung auf die Schüler auszuüben vermag.“

Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

Bedeutung von Lehrerpersönlichkeit

1. Gutes Verhältnis zu Schülern

2. Persönliche Atmosphäre im Unterricht

3. Geschickte Unterrichtsgestaltung

4. Engagement für den einzelnen Schüler

5. Selbstreflexion bei unerwünschtem Schülerverhalten

6. Informiertheit über persönliche Probleme

Lehrerbefragung: „Worauf kommt es im Lehrerberuf an?“

1 Paidotrope Einstellung

2 Fachkompetenz

3 Kompetente Unterrichtsgestaltung

4 Objektive Benotung

5 Fähigkeit zu motivieren

Schülerbefragung: „Worauf kommt es im Lehrerberuf an?“

Lehrerpersönlichkeit: Was ist das?

Begriff der Persönlichkeit in der Psychologie:

Persönlichkeit ist ein Ensemble relativ stabiler

Dispositionen, die für das Handeln, den Erfolg

und das Befinden im Lehrerberuf bedeutsam sind.

- Hoher Einfluss genetischer Faktoren

- Tendenz sich in einer „passenden“ Umwelt aufzuhalten: d. h. Festigung vorhandener

Persönlichkeitsstrukturen

„Big Five“

FAKTOR FACETTENNeurotizismus/Belast-barkeit 

Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Depression, Soziale Befangenheit, Impulsivität, Verletzlichkeit

Extraversion 

Herzlichkeit, Geselligkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Aktivität, Erlebnishunger, Frohsinn

Offenheit für Erfahrungen 

Offenheit für Fantasie, für Ästhetik, für Gefühle, für Handlungen, für Ideen, des Normen- und Wertesystems

Verträglichkeit 

Vertrauen, Freimütigkeit, Altruismus, Entgegenkommen, Bescheidenheit, Gutherzigkeit

Gewissenhaftigkeit 

Kompetenz, Ordnungsliebe, Pflichtbewusstsein, Leistungsstreben, Selbstdisziplin, Besonnenheit

INTERESSENRICHTUNG BEVORZUGTE TÄTIGKEITENPraktisch-technische Orientierung 

Tätigkeiten, die Kraft, Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu sichtbaren Ergebnissen führen, z.B. zu technischen, handwerklichen oder landwirtschaftlichen Produkten

Intellektuell-forschende Orientierung 

Auseinandersetzung mit physischen, biologischen oder kulturellen Phänomenen mit Hilfe systematischer Beobachtung und Forschung

Künstlerisch-sprachlicheOrientierung 

Offene, unstrukturierte Aktivitäten, die eine künstlerische Selbstdarstellung oder die Schaffung kreativer Produkte sprachlicher, bildnerischer oder musikalischer Art ermöglichen

Soziale Orientierung 

Tätigkeiten, bei denen man sich mit anderen in Form von Unterrichten, Lehren, Ausbilden, Versorgen oder Pflegen befassen kann

Unternehmerische Orientierung 

Aktivitäten, die andere Personen beeinflussen, sie zu etwas bringen, sie führen und auch manipulieren

Konventionelle Orientierung 

Strukturiertes und regelhaftes Umgehen mit Daten, z.B. Aufzeichnungen führen, Dokumentationen anlegen, mit Büromaschinen arbeiten, also ordnend-verwaltende Tätigkeiten ausführen

Wichtig:

Recht unterschiedliche Personen können eine ähnlich wirkungsvolle, dabei jedoch ausgeprägte individuelle Art der Klassenführung realisieren. So wenden extravertierte Lehrer(innen) verstärkt kommunikative Strategien der Klassenführung an (z.B. Konflikte direkt ansprechen, das offene Gespräch mit den Schülern suchen), während introvertierte eher auf die Selbststeuerung und Schülermitbeteiligung setzen und die Sache in den Mittelpunkt stellen (z.B. Materialien übersichtlich bereitstellen).

Gut belegt ist der Expertenansatz:

„Der Lehrer als Experte“

- Inhaltswissen

- Curriculares Wissen

- Philosophie des Schulfachs

- Pädagogisches Wissen

- Fachspezifisch-pädagogisches Wissen

Fazit:

Lehrersein ist nicht angeboren,

Lehrersein bedeutet hohe Professionalität in der Ausbildung

- Fachwissen

- Fachdidaktik

- Pädagogisches Wissen

„Siehst du einen Schüler der sein Thema so schwer bewältigt wie Stahl, so kommt dieses wahrscheinlich daher,

das ihn sein Lehrer nicht freundlich, klar und richtig unterweist.“ Der Talmud

Fazit:

Lehrersein ist nicht angeboren,

Lehrersein bedeutet hohe Professionalität in der Ausbildung

- Fachwissen

- Fachdidaktik

- Pädagogisches Wissen

- plus: Wissen um die eigene Persönlichkeit

Schlussgedanke

Lehrkräfte haben nach Sigmund Freudeinen ‚unmöglichen Beruf’, weil sie sich ihres ungenügenden Erfolges sicher sein können.

Hans Aebli (1983):

“Wo eine gute Lehrerin, ein guter Lehrer am Werk ist, wird die Welt ein bisschen besser.“

51

Prof. Dr. Dipl.-Psych. Ludwig Haag

Lehrstuhl für Schulpädagogik

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Recommended