Ringvorlesung Wintersemester 2017/2018: Zukunft der Arbeit … · 2018-04-23 · Ringvorlesung...

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Arbeit und Gesellschaft im Wandel: Herausforderung DigitalisierungVortragsreihe am Institut für Sozialwissenschaften gemeinsam mit der Kooperationsstelle Hochschule – Gewerkschaften05.04.2018: Prof. Dr. Herbert Oberbeck: Einstieg in das Seminarprogramm

Ringvorlesung Wintersemester 2017/2018: Zukunft der Arbeit unter dem Zeichen von Digitalisierung und Automobilkrise

Prognosen zum Wegfall von Arbeitsplätzen durch Digitalisierung: Frey & Osborne (2013)

„Die Autoren untersuchen anhand von Experteneinschätzungen und beruflichen Tätigkeitsstrukturen die Automatisierbarkeit von Berufen in den USA. Nach ihrer Einschätzung arbeiten derzeit 47 % der Beschäftigten der USA in Berufen, die in den nächsten 10 bis 20Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit (>70%) automatisiert werden können.“ (ZEW Kurzexpertise Nr.57, S. i)

Ähnliche Zahlen finden sich in einer Prognose für die ING/DiBa-Bank: mehr als 10 Mio Arbeitsplätze in ihrer jetzigen Form bedroht.

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Prognosen: ZEW – Kritik an Frey/Osborne

• Keine Berücksichtigung makroökonomischer Veränderungen bei Frey/Osborne

• Überschätzung technologischer Rationalisierungspotentiale, Vernachlässigung organisationaler Strukturen sowie der arbeitspolitischen Konzepte für die Kombination Mensch/Maschine

• Von der Digitalisierungswelle sind in Deutschland deutlich weniger Beschäftigte betroffen (12%) – gering Qualifizierte und gering Verdienende Auch diese Zahl ist immer noch hochspekulativ – und lenkt von den aktuellen Herausforderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt ab

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Prognosen II: ZEW 2015

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• Der Begriff „Industrie 4.0“ ist Titel der Hightech-Strategie der Bundesregierung von 2011 (vgl. BMBF 2015). Er steht für eine vierte industrielle Revolution (u.a. Bauernhansl et al. 2014; Kagermann et al. 2013; Spath et al. 2013)

• Das grundlegende Konzept ist die so genannte selbstorganisierende Produktion. Hier sollen die Objekte, z.B. zu bearbeitende Werkstücke, mit „eigener Intelligenz ausgestattet werden und so Aufgaben der Koordination und Steuerung von Produktionsabläufen übernehmen können.“ (Uhlmann et al. 2013: 57).

• Intelligenz & Vernetzung im Produktionssystem

• Übertragung des 4.0-Konzepts auf Dienstleistungsbranchen (Medizin, Logistik u.a.)

Was ist Industrie 4.0?

Bildquelle: Kagermann et al. 2013: 26

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Entwicklungsstufen für Industrie 4.0

• Ein Modell zur Bestimmung des Umsetzungsgrades von Industrie 4.0 wurde für den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) entwickelt

• Es beschreibt den Umsetzungsgrad von Industrie 4.0 anhand von sechs Dimensionen, z.B. Strategie und Organisation

• Der Umsetzungsgrad wird anhand von jeweils sechs Entwicklungsstufen („außenstehend“ = Stufe 0, „Exzellenz“ = Stufe 5) in den einzelnen Dimensionen ermittelt

Der Umsetzungsgrad von Industrie 4.0 kann also als flächendeckend noch sehr gering beschrieben werden

Quelle: vgl. Lichtblau et al. 2015: 21ff

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Prognosen zur Arbeitsplatzentwicklung

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Herausforderungen zur Umsetzung von Industrie 4.0

Quelle: u.a. Hirsch-Kreinsen 2014; Krzywdzinski, Jürgens, Pfeiffer 2015; Pfeiffer/Suphan 2015

Mitarbeiterpartizipation und Datenschutz als kritische Faktoren!

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Einen technischen „one best way“ gibt es nicht

Quelle: vgl. Windelband 2014: 156f.; Spath et al. 2013: 50ff

• Bei einer Befragung durch das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) gaben 96,8% der Befragten an, dass menschliche Arbeit (Planung, Steuerung, Ausführung, Überwachung) in der Produktion in fünf Jahren eine wichtige oder sehr wichtige Rolle einnehmen wird

• Es wird angegeben, dass die nötige Flexibilität in der Produktion nur durch den Menschen gewährleistet werden kann

Szenario 1 wird momentan als wahrscheinlicher eingeschätzt: es entspricht den bisherigen Erfahrungen mit Automatisierungsschüben in Deutschland

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Veränderungen für die Arbeit und die Beschäftigung in der Automobilindustrie durch Digitalisierung

• Es ist von einer Übergangsphase in unterschiedlichen „Welten“ auszugehen (analoge, organisierte und digitale, „smarte“ Mobilität).

• Es entsteht gegenwärtig ein Verteilungskampf um die Definition von Paradigmen und Anteile an der Wertschöpfung.

• Geschäftsmodelle um Mobilität werden zu digitalen Allianzen und Koalitionen führen.

• Tätigkeitsstrukturen werden grundlegend verändert. Neue Tätigkeiten werden entstehen, bestehende werden z.T. „verschwinden“ oder sich grundlegend wandeln (z.B. in der Produktion von Antriebsaggregaten)

Werner Widuckel 2017Seite

Thomas Vietor 2018 Seite 11

Thomas Vietor 2018Seite 12

Thomas Vietor 2018 Seite 13

Was bedeuten diese Veränderungen für die Arbeit und die Beschäftigung in der Automobilindustrie?

• Das hierarchisch-funktionale Organisationsmodell gerät unter Druck. Die Verantwortung für Entscheidungen konzentriert sich nicht mehr nahezu ausschließlich auf Top-Hierarchen.

• Legitimation und Partizipation werden zu zentralen Herausforderungen für die Gestaltung von Organisationen und ihrer Kultur.

• Der Grad der Diversität in den Belegschaften und von Organisationsformen wird weiter zunehmen.

• Die Veränderungen von Organisation, Arbeits- und Familienstrukturen sowie Altersstrukturen verlangen einen veränderten Flexibilitätskompromiss (keimförmige Ansätze hierzu sind im diesjährigen Tarifabschluss für die Metall- und Elektrobranche enthalten)

Werner Widuckel 2017Seite 14

Die eigentlichen Herausforderungen

• Durch die sog. „digitale Revolution“ entsteht ein wachsender Bedarf an IT-Fachkräften (berufliches und akademisches Niveau) sowie an IT-Kompetenzen

• Unternehmen mit digital bestimmten Produktions- und Dienstleistungsprozessen erwarten einen Zusatzbedarf an Akademikern, Meistern und Fachkräften

• Fach- und Kommunikationskompetenzen sind erforderlich • in der Produktion• in der Entwicklung• in den Dienstleistungsfeldern (neue Geschäftsmodelle)

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Axel Plünnecke 2018Seite

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Axel Plünnecke 2018Seite 19

Innovation aus Sicht der Unternehmen

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Wo wird es Arbeit geben?Fachkräftelücke 2030 (in Tausend Fachkräften)

Quelle: Arbeitsmarktprognose 2030, BMAS 2013

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Die eigentlichen Herausforderungen II

• Stabilisierung des „Dualen Ausbildungssystems“ zur Sicherstellung des mittleren Fachkräftebedarfs

• Attraktivere Beschäftigungsbedingungen für Facharbeiter, Fachangestellte – Bezahlung, beruflicher Aufstieg

• Überwindung der Abschottung von dualer und akademischer Berufsqualifikation

• Aufbau und Ausbau wissenschaftlicher Weiterbildung in Hochschulen und Universitäten

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Literatur• Hirsch-Kreinsen, Hartmut (2014): Wandel von Produktionsarbeit – „Industrie 4.0“. In: WSI Mitteilungen 6/2014, S. 421-

429 • Pfeiffer, Sabine (2015): Warum reden wir eigentlich über Industrie 4.0? Auf dem Weg zum digitalen Despotismus. In:

Mittelweg 36, 6/2015, S. 14–36. Bauernhansl, Thomas (2014): Die Vierte Industrielle Revolution – Der Weg in ein wertschaffendes

Produktionsparadigma. In: Bauernhansl, Thomas/ten Hompel, Michael/VogelHeuser, Birgit (Hrsg.): Industrie 4.0 in Produktion, Automatisierung und Logistik. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 5-35

Plünnecke, Axel : Digitalisierung – Bedeutung für den Qualifikationsbedarf der Zukunft aus der Sicht der Wirtschaft (MS. Köln 6/2017)

Ingenics AG (Hrsg.)/Schlund, Sebastian/Hämmerle, Moritz/Strölin, Tobias (2014): Industrie 4.0 – eine Revolution der Arbeitsgestaltung. Wie Automatisierung und Digitalisierung unsere Produktion verändern werden. IngenicsAG/Fraunhofer IAO

BMAS: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2015): Grünbuch Arbeiten 4.0 http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-PublikationenDinA4/gruen-buch-arbeiten-vier-null.pdf?__blob=publicationFile

Frey, C. & Osborne, M.A.(2013). The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerization?.University of Oxford.

Plünnecke, Axel: Die Bedeutung der Digitalisierung für den Qualifikationsbedarf der Wirtschaft. Vortragsfolien zur Ringvorlesung “Zukunft der Arbeit unter dem Zeichen der Digitalisierung und Automobilkrise“ an der TU Braunschweig am 06.11.207.

Vietor, Thomas: Die Mobilität von Morgen – Perspektiven der Wissenschaft für Kunden und Beschäftigte. Vortragsfolien zur Ringvorlesung “Zukunft der Arbeit unter dem Zeichen der Digitalisierung und Automobilkrise“ an der TU Braunschweig am 08.01.2018.

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Widuckel, Werner: Perspektiven für Arbeit und Beschäftigung in der Automobilindustrie. Vortragsfolien zur Ringvorlesung “Zukunft der Arbeit unter dem Zeichen der Digitalisierung und Automobilkrise´“ an der TU Braunschweig am 20.11.2017.

ZEW –Kurzexpertise Nr.57: Übertragung der Studie von Frey/Osborne (2013) auf Deutschland (Autoren: Holger Bonin, Terry Gregory, Ulrich Zierahn), Mannheim, April 2015.

Video: https://www.youtube.com/watch?v=WSKi8HfcxEk (17.01.2018)

Weitere Literatur im Aufsatz Evers, Maren/Oberbeck, Herbert, Industrie 4.0 aus sozialwissenschaftlicher Perspektive: die Bedeutung betrieblicher Akteure und Interessenlagen. In: Deutsche Rentenversicherung Heft 1/2017, S. 61-70

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