Schematherapie bei Borderline- Persönlichkeitsstörung Gitta Jacob Abteilung für Psychiatrie &...

Preview:

Citation preview

Schematherapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörung

Gitta Jacob

Abteilung für Psychiatrie & Psychotherapie

Borderlinetrialog Ansbach, 4.12.2009

2

Schematherapie

• Entwickelt für Nonresponder auf KVT• Patienten mit Persönlichkeitsstörungen bzw.

schwierigen interaktionellen Mustern dysfunktionale Muster werden erklärt mit

„Schemata“ als biografisch erworbene Erlebens- und Verhaltenskomplexe, die alle Ebenen von Handeln und Erleben beinhalten (Gefühle, Gedanken, Handlungen)

• 18 Schemata nach Young: Missbrauch, Verlassenheit, Unterwerfung, …

3

Schwerpunkte der Therapie

• Schwerpunkt auf der therapeutischen Beziehung (als Problem- und Lösungsfeld)

• Schwerpunkt auf zugrunde liegenden Mustern (Schemata, Vermeidung, Überkompensation)

• Umfangreicher Einbezug von Emotionen

• Bedürfnisorientierung als zentrales Konzept

• Kombination aus VT, Tiefenpsychologie, Gestalt/Psychodrama, humanistischer Therapie, mit handlungsleitendem Fallkonzept

4

Fallkonzeptualisierung (Modusmodell)

• Bildet alle wichtigen mit Schemata assoziierten Erlebens- und Verhaltensweisen ab (Emotionen, interpersonelle Probleme, Symptome)

• Durchgängige Grundstruktur:

Schemaassoziierte Emotionen: „Kindmodi“ (Vulnerabilität, Ärger, intensive Gefühle)

Schema-“Ursachen“/Introjekte: „Elternmodi“ (Druck auf sich selbst, Selbsthass, Schuldgefühle)

Schema-Bewältigung: „Bewältigungsmodi“ (oft als typisches Verhalten im Vordergrund sichtbar)

5

Moduskonzept – allgemeine Grundstruktur

Schmerzhafte Modi Bewältigungsmodi

Vermeidung (Distanzierter Beschützer) Unterwerfung Überkompensation

Kindmodi

dysf. Elternmodi

validierentröstenfördern

in Frage stellenbegrenzenbekämpfen

empathisch konfrontieren

validierenpro & contrareduzieren

ggfs. begrenzen

6

Allgemeines Modell der BPS

missbrauchtes oder verlasse-

nes Kind

strafender Elternmodus

wütendes Kind

Distanzierter Beschützer

7

BPS-Moduskonzept - Grundstruktur

validierentröstenfördern

in Frage stellenbegrenzenbekämpfen

empathisch konfrontieren

validierenpro & contrareduzieren

8

Veränderungsstrategien - Überblick

• Kognitiv: Umstrukturierung bezogen auf Schemata; Stärkung der gesunden inneren Stimme

• Emotionsorientiert: Übungen zum Ausdruck von Traurigkeit und Wut, um den Pat. zu stärken

• Verhaltensorientiert: Unterbrechung dysfunktionaler Verhaltensweisen, VT

• Therapiebeziehung: „Limited reparenting“ und „Limit setting“

9

Kognitive Techniken

• Gültigkeit von Schemata testen mit Pro- und Contralisten, Reframing

• Diskussion schemakongruenter Denkfehler und der Vor- und Nachteile von Copingstrategien

• Edukation (z.B. über die Bedürfnisse von Kindern, über normale Emotionen und Verhaltensweisen etc.)

• Schriftliche Unterlagen (Schemakarten, Schematagebuch)

10

BPS-Modi: Kognitive Interventionen

Psychoedukation kindliche

Bedürfnisse & Entwicklung

Schuldfrage & Angemessenheit

diskutieren

biografisch validieren;pro & contra

(früher und heute)

11

Veränderungsstrategien - Überblick

• Kognitiv: Umstrukturierung bezogen auf Schemata; Stärkung der gesunden inneren Stimme

• Emotionsorientiert: Übungen zum Ausdruck von Traurigkeit und Wut, um den Pat. zu stärken

• Verhaltensorientiert: Unterbrechung dysfunktionaler Verhaltensweisen, VT

• Therapiebeziehung: „Limited reparenting“

12

Emotionsorientierte Techniken

• Kindheitsimagination mit Vater, Mutter, wichtigen Bezugspersonen

• (verletzte) Bedürfnisse des Kindes in Imagination erfragen; Reparenting / Rescripting in Imagination

• „Stuhlarbeit“: Dialoge zwischen verschiedenen Anteilen; Dialoge zwischen Schema und gesunder Seite; Dialoge mit Elternfiguren

13

BPS-Modi: Emotionale Interventionen

Imagination mit Reparenting / Rescripting;

Wut ventilieren

Bekämpfen in Stuhldialogen

oder Imagination

konfrontieren, explorieren und

reduzieren inStuhldialogen

14

Veränderungsstrategien - Überblick

• Kognitiv: Umstrukturierung bezogen auf Schemata; Stärkung der gesunden inneren Stimme

• Emotionsorientiert: Übungen zum Ausdruck von Traurigkeit und Wut, um den Pat. zu stärken

• Verhaltensorientiert: Unterbrechung dysfunktionaler Verhaltensweisen, VT

• Therapiebeziehung: „Limited reparenting“

15

Verhaltensorientierte Techniken

Alle Techniken der VT:

• Rollenspiele, Exposition, Hausaufgaben etc.

• „unterfüttert“ mit schemaspezifischen Interventionen (z.B. Schemakarte, wichtige Modi einbeziehen)

16

BPS-Modi: Behaviorale Interventionen

gesunde interpersonelle Nähe fördern;Trost im Alltag

etablieren (Skills);Grenzen setzen

sich im Alltag wehren lernen (Skills);

pos. / erfolgreiche Aktivitäten;

Standards runter

Zeit in anderenModi fördern;

gesunde erwachseneInteraktion etablieren

17

Veränderungsstrategien - Überblick

• Kognitiv: Umstrukturierung bezogen auf Schemata; Stärkung der gesunden inneren Stimme

• Emotionsorientiert: Übungen zum Ausdruck von Traurigkeit und Wut, um den Pat. zu stärken

• Verhaltensorientiert: Unterbrechung dysfunktionaler Verhaltensweisen, VT

• Therapiebeziehung: „Limited reparenting“

18

Therapiebeziehung

• Herzliche, zugewandte, persönliche Beziehung als Grundlage („Limited Reparenting“)

• Verhalten des Pat. in der Therapie mit Schemata, Modi und Lebensmustern des Patienten in Verbindung bringen

• Empathische Konfrontation

• „Limited Reparenting“ = „Reparenting“ & „Limit setting“: Zuwendung und Grenzen

19

BPS-Modi: Beziehungsgestaltung

validieren;trösten;

Zuwendung; Wut ventilieren und begrenzen

Pat. davor schützen;

ggfs. angreifen

empathisch konfrontieren;

validieren;Fürsorge zeigen(entängstigen)

20

Verantwortung in der ST

• Eigenverantwortung gesunder Erwachsenenmodus

• Therapeutin als Modell für gesunden Erwachsenenmodus

• Patientin internalisiert gesunden Erwachsenen-Modus emotional/kognitiv/auf Verhaltensebene

zunehmende Zuschreibung von Verantwortung an Pat. im Verlauf der Therapie

• Beispiel Hilfsperson in Imaginationsübungen aber immer: Limited Reparenting

21

Studienlage

• Erste randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) publiziert in 2006

• Versorgungsstudie publiziert in 2009• Gruppenstudie – Pilot-RCT publiziert in 2009,

aktuell Start einer großen internationalen Studie (Leitung A. Arntz/Maastricht; in Deutschland beteiligt: Freiburg/UKF, Lübeck/UKSH, Hamburg/IVAH

• Weiterentwicklung: ST bei BPS stationär, ST bei anderen Störungen

22

RCT zu ST bei Borderline-PS

• Arnoud Arntz, Holland

• Giesen-Bloo et al. (2006), Arch Gen Psych

• Vergleich ST (n=44) vs. TFT (n=42)

• 3 Jahre, 2 Sitzungen pro Woche

• Ergebnis-Kriterien: Remission, BPS-Schweregrad, Psychopathologie, Funktionsniveau, Drop-outs

23

RCT: Ergebnisse

• Drop-out: 25% in ST, 50% in TFT

• Remission: 46% in ST, 24% in TFT

• Reliable change: 66% in ST, 43% in TFT

• Verbesserungen auf allen anderen psychopathologischen und behandlungsspezifischen Maßen, ST signifikant überlegen

24

RCT: Ergebnisse

25

RCT: Versorgungsstudie

• Nadort et al. 2009a, b, c, Amsterdam: Implementierungs- und Versorgungsstudie zu ST bei BPS (2 Sitzungen/ Woche, 2 Jahre, random. Telefonkontakt)

• Vergleichbare Effekte wie bei Giesen-Bloo et al. (2006)

• Standardisiertes Therapeutentraining mit Lehr-DVD funktioniert gut (hohe Adhärenz)

• Verzicht auf Telefonkontakt außerhalb office hours beeinträchtigt Effekte nicht und entlastet Therapeuten

26

RCT zu ST bei BPS in Gruppen

• Joan Farrell (J Behav Ther Exp Psychiatry, 2009), Indiana:

• Vergleich ST (n=16) vs. TAU (n=16)

• 9 Monate, insgesamt 30 ST-Gruppensitzungen

• Keine Veränderung in TAU, starke Besserung in ST

27

Ergebnisse der Farrell-Studie

28

Phase I

Stationäre ST in MainzVorbereitu

ng

Diagnostik&

Fragebögen

Team

Woche 5-12

Phase II

Woche 1-4

2 x Einzeltherapie

Skills Training

Schematherapie Gruppe

Patientengruppe

KörpertherapieMindfulness Gruppe

Info-Gruppe

Tagesrückblicksgruppe

1 x Einzeltherapie

Fallkonzept

29

Weitere laufende Psychotherapiestudien• Aktuell Start einer großen internat. Studie zu ST bei

BPS in Gruppen (Arntz, Farrell)• Start einer Studie zu stat. ST bei BPS in Mainz (Lieb)• Laufender großer RCT zu ST bei Patienten mit

anderen Persönlichkeitsstörungen (Arnoud Arntz, Maastricht)

• Laufender großer RCT zu ST bei forensischen Patienten (David Bernstein, Maastricht)

• Entwicklung von Konzepten zu ST bei anderen chronischen Störungen, z.B. chronische Depression, Zwang, etc.

30

Literatur zu ST bei BPS

• Arntz & van Genderen (in Druck): Schematherapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörung. Weinheim: Beltz. Erscheint im Februar 2010.

• Jacob, Lieb & Arntz (in Druck). Schematherapie bei Borderline-Persönlichkeitsstörung. Kapitel in Dulz et al., Handbuch Borderline-Störungen. Erscheint demnächst.

• Jacob, Lieb, Bernstein & Arntz (2009). Schematherapie mit dem Moduskonzept bei Persönlichkeitsstörungen. Up2date Psychiatrie, 3, 105-119.

31

Folien bei Anja Link

Bei Fragen: gitta.jacob@uniklinik-freiburg.de

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Recommended