Schwere Verkehrsunfälle durch erkrankte/ältere ......5. Jahrestagung 16./17. April 2015 17. April...

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5. Jahrestagung 16./17. April 2015

17. April 2015 Amtsanwältin Maria Focken

Schwere Verkehrsunfälle durch erkrankte/ältere Fahrzeugführer aus juristischer Sicht

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Strafbarkeit

§ 315c Abs. 1 Nr. 1b StGB Straßenverkehrsgefährdung

§§ 229, 230 StGB Fahrlässige Körperverletzung

§ 222 StGB Fahrlässige Tötung

Sonst: Ordnungswidrigkeit (gem. § 2 oder § 23 Abs. 2 i. V. m. 75 Nr. 1 oder Nr. 9 FeV)

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Beweismittel – Beweisprobleme

Fallbeispiel Günther S.

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Polizeiliche Ermittlungen (1)

Beschuldigtenbefragung durch den Polizeibeamten B. im Krankenhaus Barmbek: (Spontan-?)Äußerung während der Belehrung:

„... die Ärzte wissen nicht, warum ich diese

(Krampf-)Anfälle bekomme.“

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Polizeiliche Ermittlungen (2)

Aussage der Mitfahrerin Vanessa S. gegenüber dem Polizeibeamten H. an der Unfallstelle:

„Mein Vater leidet unter Krampfanfällen und hat soeben einen Anfall erlitten. Er war nicht mehr

ansprechbar und aufgrund der Krämpfe konnte er das Fahrzeug nicht mehr kontrollieren. Aus Angst bin

ich aus dem noch anfahrenden Pkw gesprungen. ... Mein Vater nimmt Medikamente gegen sein

Krampfleiden. Ob er sie heute genommen hat, weiß ich nicht.“

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Polizeiliche Ermittlungen (3)

Aussage des Beifahrers Marc-Oliver S. an der Unfallstelle gegenüber dem Polizeibeamten H.: Nach dem Eindruck des Polizeibeamten war der Zeuge S. auch über das Krampfleiden des Fahrers informiert und wusste, was gerade mit Günther S. passiert ist.

„Herr S. hat kurz geflucht und beschleunigte sofort

das Fahrzeug. Sein gesamter Körper war steif

und verkrampft“

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Die Anklage

Vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger

Körperverletzung in zwei Fällen

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Hauptverhandlung (1)

• Angeklagter

• Zeugen - Vanessa S. (= Tochter des Angeklagten) - Marc-Oliver S. (= Freund der Tochter) - Fahrer der geschädigten Fahrzeuge

Keine Angaben

§ 52 StPO

Entschuldigt nicht erschienen

Angaben zum Unfallhergang aus ihrer

Sicht

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Prozessökonomie

§ 153a StPO (+ Verzicht auf Fahrerlaubnis)

?????

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Weitere Beweis- mittel

???

Ärztliche Unterlagen

Rettungskräfte

Polizeibeamte

Vernehmungsbeamte

Keine Schweigepflichtsent-

bindung!!

Verwer-tungver-bot

Zeugnis-verweige-

rungs-recht

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Durchsuchung gem. § 102 StPO

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Hauptverhandlung (2)

• Zeuge Marc-Oliver S.

• Urkunden

• Sachverständiger

Schildert Unfallhergang und beschreibt Verkrampfung des Beschuldigten; keine Kenntnis von früheren Anfällen.

Arztberichte zu früheren (Krampf-) Anfällen mit Hinweisen zur Fahruntauglichkeit

Aufzeichnungen des Beschuldigten zur Anfallhistorie und bisheriger Medikation

Unfallursache: epileptischer Anfall

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Das Urteil

Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung

Geldstrafe von 90 Tagessätzen

Führerscheinentzug mit Sperrfrist von 5 Jahren

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Beweisprobleme

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Unzureichende/fehlerhafte Unfallaufnahme durch Polizei

Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten

Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen („Co-Alkoholiker“)

Ärztliche Schweigepflicht

Unterbliebene Hinzuziehung eines technischen und/oder

medizinischen Sachverständigen

Fehlende Kenntnisse bei Ermittlungsbehörden

Unterlassene Blutentnahmen

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Unfall Nr. 1: 05.07.2004: Bundesstraße 49 im zwischen Pinneberg und Elmshorn

Verletzte Person + erheblicher Sachschaden

Einstellung gem. § 153a StPO (Auflage: Zahlung einer Geldbuße) Keine führerscheinrechtlichen Maßnahmen!

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Unfall Nr. 2: 22.12.2004 Landstraße + geschlossene Ortschaft im Bereich Pinneberg

Unfallverursacher wird eingeklemmt und erleidet lebensgefährliche Verletzungen + erheblicher Sachschaden

Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO

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Unfall Nr. 3: 28.12.2008: Beschleunigungsstreifen an der Autobahnanschlussstelle Kaltenkirchen erheblicher Sachschaden

Einstellung gem. § 170 Abs. 2 StPO (+ Entschädigung aus der Staatskasse für erlittene vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis)

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88jähriger Fahrzeugführer

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Aus ungeklärter Ursache beschleunigt; beim Rechtsabbiegen nach links von der Fahrbahn abgekommen; mit Felgen gegen den Kantstein geprallt und anschließend über eine Grünfläche bis zur Kollision mit einem Baum

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Verengung im Spinalkanal Therapiert durch eine Beinmanschette der Fa. Bioness (rechtes Bein?)

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Schlafapnoe 71jähriger Zahnarzt

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Demenz 67jähriger Arzt

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Verkehrsunfallstatistik Hamburg (2013)

61 - 65 66 - 70 71 - 75 76 - 80 81 - 85 86 - 90 plus 91

Anzahl Beteiligte nach Alter 5647 3882 3545 2051 940 422 76

Hauptunfallverursacher in Prozent 46,2 50,3 56,6 63,9 71,7 79,6 78,9

40,0

50,0

60,0

70,0

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0

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zah

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teili

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aktive Verkehrsteilnehmer nach Alter in 2013 und Anteil Hauptunfallverursacher

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11.439 Verkehrsunfälle mit Senioren (+ 361)

Verkehrsunfallstatistik Hamburg (2014)

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75jähriger Fahrer

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Die Folgen:

• Opfer

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Die Folgen:

• Opfer

• Täter

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HAMBURG-STELLINGEN Kieler Straße: Taxi erfasst Radfahrer - Lebensgefahr

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Der Radler wurde durch den Aufprall meterweit durch die Luft geschleudert. Ein Notarzt versorgte den Mann und brachte ihn in eine Klinik.

Hamburg. Schwerer Verkehrsunfall in der Nacht auf der Kieler Straße in Hamburg-Stellingen: Ein 72 Jahre alter Mann hatte gegen 23.20 Uhr versucht, mit seinem Fahrrad die Hauptverkehrsstraße zu überqueren. Dabei wurde er von einem Taxi erfasst, das stadteinwärts unterwegs war. Der 44 Jahre alte Fahrer hatte offenbar keine Chance gehabt, rechtzeitig zu bremsen. Der alkoholisierte Radler wurde nach dem Aufprall meterweit durch die Luft geschleudert. Ein alarmierter Notarzt versorgte den Mann und brachte ihn in ein Krankenhaus - es besteht Lebensgefahr. Zur Rekonstruktion des Unfallherganges haben die Verkehrsermittler der Polizei einen Sachverständigen hinzugezogen.

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Die Folgen:

• Opfer

• Täter

• deren Angehörige/Freunde

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Die Folgen:

• Opfer

• Täter

• deren Angehörige/Freunde

• Unbeteiligte Verkehrsteilnehmer

• Polizei/Rettungskräfte

• behandelnde Ärzte

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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Beweismittelbeschaffung (1)

Feststellungen am Unfallort

Hinzuziehung eines techn. und/oder medizinischen Sachverständigen

Blutentnahme/Haarprobe/Urinprobe

„Augen auf“ (Person/Fahrzeug)

Anfertigen von Lichtbildern (Verletzungen)

Beschuldigten-/Zeugenvernehmungen (Belehrung!!!)

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Beweismittelbeschaffung (2)

Frühzeitige Schweigepflichtsentbindung der behandelnden Ärzte

Durchsuchung der Wohnung (§ 102 StPO)

Befragung im persönlichen Umfeld

Suchlauf bei Feuerwehreinsatzzentrale

Nachfrage bei Versicherung/Bußgeldstelle

Körperliche Untersuchung gem. § 81a StPO

Sicherstellung der Schaublätter von Fahrtenschreibern

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