Semiologie der Fotografie Wolfgang Kemp Roland Barthes Viktor Burgin Ann Kathrin Bock Nina...

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Semiologie der Fotografie

Wolfgang Kemp

Roland Barthes

Viktor Burgin

Ann Kathrin Bock

Nina Strakeljahn

Gliederung

1. Überblick 2. Semiotische Interpretation (Roland Barthes)

• Denotierte/Konnotierte Botschaft• Das fotografische Paradox • Die Konnotationsverfahren

Fotomontage, Pose, Objekte Fotogenität, Ästhetizismus, Syntax

• Text und Bild • Die fotografische Insignifikanz

perzeptive, kognitive, ideologische/ethische Konnotation, Denotation

Gliederung

• Rhetorik des Bildes (Roland Barthes)

Die drei Nachrichten: linguistische, codierte ikonische und nicht codierte

ikonische Nachricht

Das denotierte Bild

Rhetorik des Bildes (Konnotatoren)

3. Erweiterte Semiotik nach Victor Burgin

1. Überblick

Bis 1945: Fotografie nicht von der Rezipientenseite her gedacht worden, sondern von der Medienseite

Nach dem 2. Weltkrieg: Erster Schritt in Richtung Rezipient: Auffassung der Fotografie als universales Verständigungsmittel

Aber: von dieser Theorie keine Bemühungen um den Sprachcharakter der Fotografie

In den 50er Jahren entwickelten Minor White, Henry Holmes Smith und andere Fotopädagogen „Reading Photographs“

White strebte unwissenschaftliches, unkritisches, subjektives Verstehen von Bildern an

Methode konnte sich jedoch nicht durchsetzen

1. Überblick

In den 60er Jahren begann man die Fotografie vom Standpunkt der Linguistik aus systematisch zu erforschen: „Semiotische Studien“ (Roland Barthes)

Semiotik versucht, ein Sprachmodell zu entwickeln verbindet Fotografie mit anderen

Kommunikationsstrukturen, z. B. Text

1. Überblick

Erweiterte Semiotik (Victor Burgin): Aufgabe der linguistischen Orientierung Schließt den Betrachter direkt als Konstitutionsfaktor des Bildes

und seiner Analyse ein Der „Blick“ ist nun Gegenstand der Aufmerksamkeit Operiert näher am Medium

2. Semiotische Interpretation

Sprachwissenschaftlich: Denotation: Hauptbedeutung; begrifflich, logisch

Konnotation: Nebenbedeutung; assoziativ, wertend

Bezeichnetes

Bezeichnendes

Ferdinand de Saussure

2. Semiotische Interpretation

Denotierte/Konnotierte Botschaftbezieht sich auf Zeichnungen, Gemälde, Film, Theater

Denotierte Botschaft: unmittelbar und augenfällige Betrachtung (Szene, Objekt, Landschaft)

Konnotierte Botschaft: zweiter Sinn; wie denkt die Gesellschaft über das Bild, Verweis auf Kultur

(Stereotypen, Schemata, Farben, Schriftzüge…)

Dualität der Botschaften

2. Semiotische Interpretation

Das fotografische Paradox

Das fotografische Bild ist eine Botschaft ohne Code, sie ist kontinuierlich

denotierte Botschaft vorhanden

man findet auch eine konnotative Botschaft, aber nicht auf der Ebene der Botschaft selbst, sie lässt sich auf der Ebene der Produktion und Rezeption erkennen: Fotografie ist ein ausgefeiltes, ausgewähltes, strukturiertes und konstruiertes Objekt, das nach professionellen, ästhetischen oder ideologischen Normen behandelt wird

2. Semiotische Interpretation

eine Fotografie wird gelesen und vom Publikum mit einem Zeichenvorrat in Zusammenhang gebracht

fotografisches Paradox: Existenz von zwei Botschaften der Fotografie, einer ohne Code und einer mit Code

2. Semiotische Interpretation

Die KonnotationsverfahrenDer Fotografie wird ein weiterer Sinn über die denotierte Botschaft hinaus gegeben

bei den drei ersten Verfahren wird das Wirkliche selbst verändert/modifiziert

Fotomontage Pose Objekt

2. Semiotische Interpretation

Fotomontage innerhalb der Denotationsebene wird die Fotomontage

nicht sichtbar sie manipuliert durch die Glaubwürdigkeit der Fotografie sie wirkt nur dann, wenn der Konnotationscode bekannt

ist

Senator Millard Tydings im Gespräch mit Earl Browder

2. Semiotische Interpretation

Pose kein spezifisches Verfahren der Fotografie bekannte und oft verwendete Haltungen der Rezipient liest eine bestimmt Botschaft, die vom

Objekt oder vom Fotografen gewollt ist

„betender“ Präsident Kennedy

2. Semiotische Interpretation

Objekte Bestimmte Objekte fungieren als Symbole und Verweise Die Dinge werden in einer bestimmten Weise zusammen

arrangiert

2. Semiotische Interpretation

Fotogenität

Bei der Fotogenität wird die konnotierte Botschaft durch Beleuchtungs-, Druck- und Auflagetechniken im Bild selbst verschönert

2. Semiotische Interpretation

Ästhetizismus zwei Möglichkeiten des Ästhetizismus in der Fotografie: 1. Fotografie als Malerei und Komposition = Kunst 2. Um ein subtileres und komplexeres Signifikat

herauszustellen, als dies andere Konnotationsverfahren erlauben würden.

2. Semiotische Interpretation

Syntaxmehrere Fotografien bilden eine Sequenz, der Konnotationssignifikant bildet sich durch die Verkettung der Elemente

2. Semiotische Interpretation

Text und Bild 1) Früher: Bild illustrierte das Wort Heute Umkehrung: Text bildet parasitäre Botschaft, die das

Bild konnotiert 2) Der Präsentationsmodus verändert den Konnotationseffekt:

je näher das Wort am Bild ist, um so weniger konnotiert es das Bild.

3) eine Verdopplung des Bildes durch das Wort ist unmöglich, denn beim Übergang von einer Struktur zur anderen entstehen zwangsläufig zusätzliche Signifikate

2. Semiotische Interpretation

Die fotografische Insignifikanz1. Perzeptive Konnotation Konnotationscodes sind historisch und kulturell Lektüre einer Fotografie hängt vom Wissen des Lesers ab Wahrnehmung: es gibt keine Wahrnehmung ohne

Kategorisierung, schon beim Wahrnehmen wird die Sprache

verbalisiert = konnotiert

2. Semiotische Interpretation

2. Kognitive Konnotation:• Lektüre hängt von der Bildung/Kenntnis der Welt des Lesers ab

3. Ideologische/ethische Konnotation:• Bringt in die Lektüre des Bildes Vernunftgründe, Werte ein

4. Denotation• Reine Denotation unmöglich?• Nein, traumatische Bilder, Schockfotos sind insignifikant,

denotativ• Traumas blockieren Sprache und Bedeutung• Je direkter das Trauma um so schwieriger die Konnotation

2. Semiotische Interpretation

Rhetorik des BildesDie drei Nachrichten

linguistische Nachricht: Bildunterschrift, weitere Texte im Bild um diese Nachricht entschlüsseln zu können braucht

man den sprachlichen Code

es kann eine zweifache linguistische Nachricht geben und zwar denotiert und konnotiert

2. Semiotische Interpretation

codierte ikonische Nachricht: bezieht sich auf das reine Bild, man findet Zeichen, die auf verschiedene Signifikate verweisensymbolische Nachricht konnotiert

nicht codierte ikonische Nachricht: die Zuordnung von Bezeichnetem und Bezeichnendem ist nicht willkürliches wird genau das abgebildet, was man auch wirklich siehtSignifikat und Signifikant sind im Prinzip tautologisch

fotografisches Paradox: Nachricht ohne Codebuchstäbliche Nachricht denotiert

2. Semiotische Interpretation

Das denotierte Bild man findet die buchstäbliche Nachricht nie in ihrer reinen

Formim Gegensatz zur Zeichnung ist die denotierte Botschaft im Bild viel reiner, das Bild ist natürlicher (durch das Mechanische ist es objektiv)

der Mensch überträgt mit verschieden Techniken einen kulturellen Code auf die Fotografie

2. Semiotische Interpretation

„Nur der Gegensatz zwischen dem kulturellen Code und dem natürlichen Nicht-Code kann dem spezifischen Charakter der Fotografie Rechnung tragen und die anthropologische Revolution würdigen, die die Fotografie in der Menschheitsgeschichte auslöste“ (Roland Barthes)

Fotografie erzeugt Bewusstsein des Dagegewesenseins (neue Kategorie des Raum-Zeitverhältnisses)

das denotierte Bild naturalisiert die symbolische Nachricht

2. Semiotische Interpretation

Rhetorik des Bildes symbolische, kulturelle oder konnotierte Nachricht

ästhetisches Signifikat die Lesungen (lectures) können bei einer Redeweise (lexie)

vielfach verschieden sein, das hängt vom Wissen des Betrachters ab

den besonderen Signifikaten entspricht keine besondere analytische Sprache (keine spezifische Meta-Sprache)

2. Semiotische Interpretation

Konnotatoren : Signifikanten der Konnotation ( Panzani-Werbung: Das Italienische etc.)

Gesamtheit der Konnotatoren ist die RhetorikRhetorik des Bildes ist besonders, weil sie den physischen Bedingungen des Gesichtsfeldes unterworfen ist, aber sie auch allgemein, weil sie Elemente formal verknüpft

durch die Konnotatoren kann nicht die ganze Redeweise erschlossen werden, es bleibt eine gewisse Denotation in der Rede erhalten

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

Victor Burgin: Victor Burgin: britischer Künstler; geboren 1941 in

Sheffield, England, studierte Kunst am Royal College of Art in London,

graduierte an der Yale University. Burgin arbeitet mit Fotografie und Film Seine Arbeit ist stark durch verschiedene Theoretiker und

Philosophen beeinflusst, insbesondere durch Karl Marx, Sigmund Freud, Michel Foucault und Roland Barthes

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

„Fotografien betrachten“ Modell der frühen Semiotik: Botschaft wird von Autor codiert

und vom Leser decodiert; Autoren/Leser blieben außerhalb der Codes, benutzen die Codes wie ein Werkzeug

Ein wichtiger Punkt blieb unberücksichtigt: genauso wie wir die Sprache sprechen, spricht die Sprache uns

das Subjekt ist nicht eine fixierte, aus sich heraus entstandene Ganzheit, es ist selbst Funktion textueller Operationen

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

Die Kamera gibt dem Betrachter einen Standpunkt vor Die Fotografie zeigt einen Ausschnitt der Welt, der in

Wirklichkeit so nicht existiert Bei der Betrachtung von Fotografien muss der Leser dem Bild

Informationen hinzufügen, die es selbst nicht liefert Diese Identitätsausstattung geschieht bei vertrauten

Gegenständen in einem kurzen Augenblick und unreflektiert Ähnlich ist es im Spiegelstadium bei Säuglingen: das Kind

unterscheidet nicht zwischen dem Spiegelbild und sich selbst. => imaginäre Ausstattung der Wirklichkeit

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

4 Grundtypen des Blicks: Der Blick der Kamera Der Blick des Betrachters Die Intra-diegetischen Blicke Der Blick des Akteurs in die Kamera

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

Bild: „General Wavel sieht seinem Gärtner bei der Arbeit zu“ => direkt Konnotation des Imperialismus („seinem“); Doch diese Analyse wird durch die Natürlichkeit/Zwanglosigkeit

entwaffnet Blick des Generals könnte auf den Gärtner gerichtet sein Andere Lektüre: Blick des Generals in die Kamera => auf den

Betrachter des Bildes gerichtet

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

Linie zwischen Blick des Gärtners und dem Betrachter wird durch Blick des Gärtners durchschnitten/abgeschnitten

=> der Arbeiter tritt zwischen General und Garten; => Bezug zu anfänglichen Konnotationen: Gärtner ist fehl am Platz; Bedrohung, Eindringling (in vermutlich sein eigenes Land)

Soll die Darstellung wirksam sein, muss sich die Ebene des Dargestellten nahtlos an die Ebene des Darstellenden anschließen. Hier durch die zentrale Position des Subjekts erreicht.

3. Erweiterte Semiotik nach V. Burgin

Position des Subjekt in Bedrohung: 1) mehrdeutige Form/Flächenbeziehungen 2) Spiegel erzeugt Mehrdeutigkeit: Standpunkt des Betrachters nicht mit Blick der Kamera

gleichzusetzen, da kein Anhaltspunkt, wem das Spiegelbild gehört, =>fast kein einheitliches Subjekt

Literaturverzeichnis

Wolfgang Kemp: Fotografie als Sprache. In: Theorie der Fotografie III1945-1980, Schiermer/Mosel, S. 24-29.Roland Barthes: Die Fotografie als Botschaft. In: Der entgegenkommende und derstumpfe Sinn, Suhrkamp, S. 11-27.Roland Barthes: Rhetorik des Bildes In: Theorie der Fotografie III1945-1980, Schiermer/Mosel, S. 138-149Victor Burgin: Fotografien Betrachten In: Theorie der Fotografie III1945-1980, Schiermer/Mosel, S. 251-260http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Burgin 2. 06. 2007http://www.museumofhoaxes.com/photos/images/09tydings.jpg 29. Mai 2007http://www.robertkleingallery.com/gallery/main.php?g2_view=core.DownloadItem&g2_itemId=17278&g2_serialNumber=329. Mai 2007http://bbeijo.no.sapo.pt/beijo034.jpg 29. Mai 2007http://www.site-magister.com/panzani.jpg 29. Mai 2007http://phomul.canalblog.com/images/IMG_8616.jpg 30. Mai 2007

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