Stadt braucht Kreativwirtschaft

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Ein Thema, welches Insider schon lange auf dem Schirm haben, scheint doch endlich auf breiteres Interesse zu stoßen.

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MITTWOCH, 7. MÄRZ 2012 NUMMER 56 35Feuilleton regional

Seit längerer Zeit würden die Kreis-archäologen nach einem geeignetenStandort suchen, um die Funde ausder Region zu präsentieren, so dieAntwort.

Ein wesentliches Manko brachtedie Frage einer Lehrerin nach demVerbleib von Neu-Ulms archäologi-schen Sammlungen ans Licht. Dieseseien in der alten FH eingelagert.

der Kreativen im Verhältnis zur Be-völkerung des Landes. „Cultificati-on“ sei das Tor zur Attraktivität ei-ner Stadt, so Dengler; es gehe da-rum, die „kreative Klasse“ als Wirt-schaftsfaktor zu nutzen. „Peoplefollow people“ – ein Ansatz, denbeispielsweise die Stadt Weimarschon im 18. Jahrhundert pflegte.„Teilweise interessante Aspekte“attestierte Neu-Ulms Zweiter Bür-germeister Gerhard Hölzel den Vor-trag.

Hölzel sieht in Neu-Ulm positiveAnsätze im Bestreben, Wirtschaftund Kultur zusammenzubringen,um Ziele zu realisieren. „Berlin he-runtergebrochen auf Neu-Ulm“sieht Hölzel allerdings Vorbehaltegegen die „Zwischenansiedlung“von Kultur.

Gerhard Hölzel wünschte sich inder Fortsetzung der Reihe in Zu-kunft mehr Dialog zwischen Bür-gern und Politik. Heinz Koch vonder Neu-Ulmer Marketing-Ge-meinschaft „Wir in Neu-Ulm“ wiesauf einen fertigen Entwurf des ame-rikanischen Künstlers Frank Stellazur Gestaltung des Neu-Ulmer Pe-trusplatzes hin. Koch forderte dieUnterstützung kreativer Initiativen.Mit einer Realisierung des Stella-Entwurfs könne Neu-Ulm auf-trumpfen. „Das wäre fast wie dasUlmer Münster!“

Dass es in Neu-Ulm nur wenigRäume für Kreativstätten gibt, be-dauerte Neu-Ulms Dritte Bürger-meisterin Christa Wanke; hier seider Erhalt der Insel als „einmaligerSolitär“ der Stadt wichtig. Unterdem Diktat der Haushaltskonsoli-dierung sei die Entwicklung einerKreativwirtschaft nicht möglich.

VON DAGMAR HUB

Neu-Ulm Welchen Beitrag kann dieKreativwirtschaft leisten, um Neu-Ulm attraktiver zu machen? DerAuftakt einer neuen Veranstal-tungsreihe „Kultur im Dialog“ inNeu-Ulm versuchte, im vom Abrissbedrohten Konzertsaal ein zahlreicherschienenes Publikum aus Politik,Wirtschaft und Bürgern über denweichen Standortfaktor Kultur inNeu-Ulm ins Gespräch zu bringen.Dass dem Gespräch dabei nur wenigZeit blieb, war dem nahezu 90-mi-nütigen Vortrag des IngolstädterStadtplaners Siegfried Dengler ge-schuldet, der kurzfristig für den er-krankten Nürnberger ReferentenPeter Hautmann eingesprungenwar.

Dengler, Autor des Buches „Kulturals Chance und Impuls für die Stadt-entwicklung“, erläuterte in seinemReferat anhand zahlreicher Statisti-ken die Thesen seines Buches, dassdie Ansiedlung von Kultur ein Wegist, die eigene Stadt attraktiver zumachen, basierend auf den Thesendes umstrittenen amerikanischenBestsellerautors Richard Florida.

Florida klassifiziert Städte nachihrer Förderung von Toleranz, Ta-lent und Technologie in einem Dop-pelbruch: der Anteil der Kreativeneiner Region im Verhältnis zur Be-völkerung geteilt durch den Anteil

Stadt braucht KreativwirtschaftKonzertsaal „Kultur im Dialog“ untermauert ein Wechselspiel hin zu neuer Attraktivität

Vor seinem Vortrag innerhalb der Reihe „Kultur im Dialog“ zeigte sich Ingolstädter Stadtplaner und Buchautor Siegfried Dengler an der Seite von Neu-Ulms 2. Bürgermeister

Gerhard Hölzel im Nebenraum der Gaststätte im Konzertsaal vor der historisierenden Panoramaansicht des alten Ulm. Fotos (2): Alexander Kaya

„Die Ansiedlung von Kulturist ein Weg, die eigene Stadtattraktiver zu machen.“Buchautor und Stadtplaner Siegfried Dengler

Erstmals nutzte die Stadtverwaltung den vor grundlegenden Veränderungen stehen-

den Konzertsaal als Forum einer Vortragsreihe – zum Auftakt „Kultur im Dialog“.

Wie war ihr Eindruck bei der „Kulturim Dialog“ im Konzertsaal?Es waren teils Kulturschaffende da,teils Bürger und Politiker. Es warfür mich eine gelungene Auftaktver-anstaltung der von uns initiiertenReihe „Kultur im Dialog“.

Was halten Sie von einer Stella-Um-gestaltung des Petrusplatzes?Hölzel: Die Idee der Hinzuziehungdes bereits vorhandenen Entwurfsdes amerikanischen Post Pop Art-Künstlers Frank Stella ist wunder-voll. Doch die Frage stellt sich im-mer nach der Realisierungsmöglich-keit, inwieweit dies finanzierbarwäre. Außer Frage steht, dass derPetrusplatz eine Umgestaltung not-wendig hätte. Im Augenblick sind inder jetzigen Finanzlage jedoch keineMittel dafür vorgesehen.

Die Kreisarchäologie ist längst aus un-serem Scharff Museum ausgezogen –und hat noch immer keine neue Hei-mat. Hat die Stadt da keine Ver-pflichtung?Hölzel: Wir haben da sicherlich eineinnere Anteilnahme, aber eine Ver-pflichtung. Dies ist Sache des Land-kreises. Die archäologischen Be-stände sind momentan in der altenFH eingelagert. Der Kreis ist be-müht, entsprechende Räume füreine Dauerpräsentation zu kriegen.Da sind interessante Funde vomDonau-Iller-Raum dabei. Dabeiwäre von Interesse, an erreichbarerStelle ein neues Domizil zu finden.Das tut sie sich momentan nochschwer. Sie sehen, ich breche eineLanze für die Kreisarchäologie undihre Sammlung, die sicher sehrwertvoll ist. Doch ich stehe zu unse-rer Entscheidung für unser Museumfür Kunst und Kids – unsere Besu-cherzahlen sprechen für sich. Unse-re Entscheidung war richtig. Ar-chäologie ist, wie gesagt, mehr oderweniger Kreisangelegenheit.

Was denkt sich die Verwaltung für dieZukunft des Konzertsaals? Gibt es daeine Standortbestimmung zwischenErhalt oder Abriss?Hölzel: Das Problem ist, dass wirnicht Eigentümer sind. Wie Sie wis-sen, gibt’s einen neuen Investor.Wir haben nur beratende Funktion,es ist Sache unserer Stadtplanung.Ich für meinen Teil kann nur hoffen,dass der größte Teil des Konzert-saals erhalten werden und das beste-hende Café integriert werden kann.Das Café-Restaurant Konzertsaal istein beliebter, gesellschaftlicher Mit-telpunkt – schon vor dem Krieg.Auch jetzt hat der Konzertsaal, ausdem ja das Augus Theater Neu-Ulmausgezogen ist, mit diesem gastro-nomischen Bürgertreff von KarinEck eine klare Aufwertung erhalten.Ich hoffe, dass wir das wieder hin-kriegen.“ (roma)

KlareAufwertung

Nachgefragt»BEI GERHARD HÖLZEL

Gerhard Hölzel (SPD) ist2. Bürgermeister derStadt Neu-Ulm und Leiterdes Fachbereichs 2Schulen, Kultur, Sport,Soziales.

Kultur kompakt

Jazzpianist Pieranunzispielt Scarlatti-Sonaten

Nach längerer Pause mal wieder inUlm zu erleben: Italiens Jazzmusi-ker Numero Uno, Enrico Pieranun-zi gastiert zum Auftakt seinerDeutschlandtournee am Mittwoch,14. März, um 20 Uhr, im Stadt-haus. Er gilt als Europas führenderModern-Jazz-Pianist. Zwei Malwurde er bereits mit dem „DjangoD’Or“ als bester europäischerJazzmusiker ausgezeichnet. Piera-nunzi, der auch lange Jahre eineklassische Musikprofessur innehat-te, kann auf Konzerte und Platten-einspielungen mit Musikern wieChet Baker, Joe Henderson, PhilWoods, Lee Konitz, Art Farmer,Paul Motian oder Jim Hall verwei-sen. Seine Trioaufnahmen mit ame-rikanischen Stars wie Charlie Ha-den und Paul Motian, bzw. MarcJohnson und Joey Baron gehörenmit zum Exquisitesten, was es anPianotrios zu hören gibt. Er wirktin über 20 Filmen des italienischenMeisterregis-seurs FedericoFellini mit. Seinjüngstes Solo-Projekt: seineBeschäftigungmit dem Sona-tenwerk seinesbarockenLandsmannesDomenico Scar-latti: ein neuzeitlicher Improvisatordes Barockzeitalters. (az)

O Beginn des Konzertes ist um 20 Uhr.Karten im Vorverkauf sind bei traffiti inder Neuen Straße sowie im 3. OG desStadthauses erhältlich.

Enrico Pieranunzi

LANGENAU

Echo-Jazz-Preisträgerinsingt GershwinIm letzten Jahr wurde Lyambikomit dem Echo Jazz als „Sängerindes Jahres“ ausgezeichnet: Seit zehnJahren gehört ihre warme Stimmezum Besten und Erfolgreichsten inSachen Jazz aus Deutschland. Jetztstellt Lyambiko ihr neues Album„Lyambiko sings Gershwin“ amSamstag, 10. März, um 20 Uhr imLangenauer Pfleghof vor. Die Sän-gerin entwickelte zusammen mitden Musikern ihrer Band – Mar-que Lowenthal (Klavier), RobinDraganic (Bass) und Heinrich Ko-ebberling (Drums) – ihre eigene In-terpretation der Songs, die einst alsMusical-Nummern und für dieJazz-Oper „Porgy and Bess“ ge-schrieben wurden. (az)

O Karten gibt es beim Kulturamt Lange-nau, Telefon 07345/9622143.

ULM

Trias spieltWeltmusik im StadthausDas Trio Trias musiziert am Sams-tag, 10. März, um 20 Uhr, imStadthaus. Geiger Petr Hemmer,Markus Munzer-Dorn an der Gi-tarre und Pianist Tobias Wahren be-geben sich auf Entdeckungsreiseund präsentieren dabei einen ganzpersönlichen Weltmusik-Stil.Auch ihr neues Konzertprogrammwill auch im Stadthaus musikalischund geografisch grenzenlos bleiben.Es vereint Musik aus allen TeilenEuropas, dem Nahen Osten undSüdamerika. Tango darf nicht feh-len, aber auch Klezmer und Bossanova klingen an, Irisches und Jaz-ziges, Valse musette, schräge Bal-kan-Rhythmen und lyrisch-swin-gende Eigenkompositionen. (az)

Von der Karaoke-Showzur Cavewoman

Mit der Ariane Müller Band steigtam heutigen Mittwoch ab 20 Uhrim Roxy die Horror Music Show,wo Laien mit einer richtigen Bandauf der Bühne arbeiten können:Live-Erlebnis und Spaß fürs Pu-blikum. Ausverkauft (wie auch be-reits der Freitag) ist am Donners-tag die Premiere von „Cavewoman“mit Heike Feist. Die nächsten Auf-führungen sind erst wieder am 15.und 16. Juni. (az)

I Infos auch onlinewww.roxy.ulm.de

● Neue in der Riege der Dozentender Ulmer Schule der KünstlergildeUlm sind Vesna Kovacic, Dietmar H.Herzog, Peter Schoppel, DorotheeHerrmann, Fredrik Lindqvist, MarkKlawikowski und Wolfgang Men-nel. Ein roter Faden in den neuenKursen ist das Thema „Zeit“. Info-telefon: 0731/9260011. (roma)

Ulmer Schule

nen historisch charakteristischen Bau-werks durch einen neuen Investorzieht das Augus Theater im Sommer indie „Hieberpassage“ um. Debattenhalten an, nächste Woche wird dieKonzertsaal-Statik geprüft. (roma)

● Errichtet wurde der Konzertsaal1902 ursprünglich im Stil der Grün-derzeit. Nach Rockkonzert-Ära der1970er als „Musikamt“ wurde erTheatersaal. Nach Erwerb des Ecke Sil-cher-/Krankenhausstraße gelege-

Konzertsaal im Blick

Künstlerische SpurensicherungAusstellung Akademietheater-Zöglinge erzählen in der Künstlergilde die alte Geschichte ihres neuen Theaterhauses

VON ROLAND MAYER

Ulm „Spurensicherung“ kommt ausder Kriminalstatistik. In der neuenAusstellung der Ulmer Künstlergil-de greift dieser Begriff auf die Kon-zeptkunst über.

Regie- und Theaterpädagogik-Studenten der Adk Ulm breiten hierdie künstlerischen Verwertungenihrer Fundstücke aus, die bei derGeneralsanierung des neuen Akade-mietheaterhauses am Unteren Kuh-berg zutage kamen: Eine frischePräsentation mit Installationscha-rakter, die auf Vergänglichkeit undZeitlosigkeit ebenso abhebt wie aufdie Suche nach dem eigenen Ich.

„Doppelbegabungen“, sagt Flo-rian Arnold, 2. Vorsitzender derKünstlergilde und Akademiethea-ter-Dozent, der Frühjahr 2011 im

Rahmen des Adk-Kurses „Kultur-geschichte“ Inhalte und Ziele der„Spurensicherung“ analysierte. Bo-ris Brandner etwa pointiert die Fra-

ge der Identität an Alltagsgegen-ständen und vergänglichen Medien.Vergilbte Zeitungsreste werdenzum collagierten „Zeitungsmobil“,

eine WG dient als Lieferant fürGeistesblitze. Zum Medium der Fo-tografie greift Sita Vorholzer, die dieMauer als Ausdrucksmittel nutztund damit gleichnisartige Sequen-zen fabriziert. Mia Contantines fo-tografische „Wäscheleine“ lugt derSchalk durch die Kameralinse. Jan-nis Weinert und Johana Tautz er-zählen durch alte Fensterrahmen dieGeschichte eines Hauses, die beiJoana Tautz zur künstlerischen„Spurensicherung“ wird. Außer-fahrplanmäßig steuert Simone Zill-hardt erfrischende Zeichnungen bei.

O Ausstellung „Spuren“ in der Künstler-gilde (Nagelstraße 24) bis 18. März.

Zwischen Lene Lennermanns Hängeskulpturen („Modellierte Zärtlichkeit“, links) und

„Kaffeekleid“ gruppierten sich die Adk-Zöglinge zur Vernissage. Foto: Roland Mayer

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