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Claudia Heidl Lehrerin im Vorbereitungsdienst an der
Kugelgasse 17a Erich Kästner-Schule Marburg
35037 Marburg Paul-Natorp-Straße 9-11
e-mail: claudia-heidl@gmx.de 35043 Marburg
Mobil: 0171 3726716 Tel.: 06421 948190
Unterrichtsbesuch MLL, Prüfungssemester
Datum: 12.03.2021
Zeit: 1.+2. Stunde, 8.00-9.30 Uhr
Fach: Musik, Deutsch
Mentorin Musik: Maike Lagemann
Klassenlehrerin und Mentorin Deutsch: Silvia Türling
Ort: Aula / Klassenraum 4d
Ausbilderin: Elke Freiling-Fischer
Thema der Unterrichtseinheit Musik
Kann man Musik sichtbar machen?
Thema der Unterrichtseinheit Deutsch
Wir werden Dichter.
Thema der Stunde
Wir malen und dichten zur Musik.
Ziel der Stunde:
Die Stimmung eines Musikstückes wird zunächst in ein Bild und an-
schließend in ein Gedicht transformiert.
2
Inhalt 1. Bedingungsanalyse .......................................................................................................................... 1
1.1. Allgemeine Beschreibung der Lerngruppe .............................................................................. 1
1.2. Situation im Fach Musik .......................................................................................................... 2
1.3. Lernvoraussetzungen und Lernausgangslagen im Hinblick auf die heutige Stunde für das
Fach Musik ........................................................................................................................................... 2
1.4. Situation im Fach Deutsch ....................................................................................................... 3
1.5. Lernvoraussetzungen und Lernausgangslagen im Hinblick auf die heutige Stunde für das
Fach Deutsch ....................................................................................................................................... 4
2. Planungsüberlegungen zu Unterrichtseinheit im Fach Musik ......................................................... 4
2.1. Kompetenz zur Unterrichtseinheit .......................................................................................... 4
2.2. Tabellarische Übersicht zur Unterrichtseinheit ....................................................................... 5
2.3. Didaktische und methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit ..................................... 5
3. Planungsüberlegungen zu Unterrichtseinheit im Fach Deutsch ..................................................... 8
3.1. Kompetenz zur Unterrichtseinheit .......................................................................................... 8
3.2. Tabellarische Übersicht zur Unterrichtseinheit ....................................................................... 8
3.3. Didaktische und methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit ..................................... 9
4. Planungsüberlegungen zur heutigen Unterrichtsstunde .............................................................. 12
4.1. Lernziele der Stunde .............................................................................................................. 12
4.2. Didaktische und methodische Überlegungen zur heutigen Unterrichtsstunde .................... 12
4.3. Schwerpunkt Schüleraktivierung ........................................................................................... 15
4.4. Tabellarische Übersicht zum Stundenverlaufsplan ............................................................... 15
5. Literaturverzeichnis ....................................................................................................................... 17
6. Anhang........................................................................................................................................... 19
1
1. Bedingungsanalyse
An der Erich Kästner-Schule wird seit dem 22.02.2021 mit einem wöchentlichen Wechselmo-
dell gearbeitet. Die Lernenden tragen im Unterricht Mund- und Nasenschutz, den sie während
des Lüftens an ihren Plätzen sitzend zu sogenannten ‚Maskenpausen‘ abnehmen dürfen. Mas-
kenpause für Lehrer bedeutet, dass die FFP2-Maske vorübergehend gegen eine einfache Kli-
nikmaske getauscht wird. Partnerarbeit ist nach Absprache mit der Schulleitung mit Mund-
schutz erlaubt, sofern sich die Kinder dabei nicht berühren und auf genügend Abstand achten.
1.1. Allgemeine Beschreibung der Lerngruppe
Die Klasse 4d besteht aus 22 Schülerinnen und Schülern1, 15 Mädchen und 7 Jungen. Sie sind
zwischen 9 und 11 Jahren alt. In diesem Halbjahr unterrichte ich die Klasse mit wöchentlich
drei Stunden in Deutsch und zwei Stunden in Musik. In einer Deutschstunde ist meine Mento-
rin anwesend, um mir Feedback zu geben. Das Klassenklima ist geprägt von einem freundli-
chen Miteinander. Die Kinder haben ein Interesse am Befinden ihrer Mitschüler und regeln
ihre Konflikte weitgehend selbstständig, wozu spätestens im wöchentlichen Klassenrat Gele-
genheit ist. Der Großteil der Klasse arbeitet gerne und konzentriert und kann sich gut an Ver-
haltens- und Gesprächsregeln halten.
Aktuell ist die Klasse in zwei Gruppen geteilt, die wöchentlich abwechselnd zur Schule kom-
men, wobei Yousef (11;5) seit Beginn der Pandemie zu Hause arbeitet beziehungsweise zwi-
schenzeitlich mit seinen Geschwistern am Nachmittag separat unterrichtet wurde. Die vorlie-
gende Stunde wird in Gruppe B gezeigt, die in dieser Woche das zweite Mal anwesend ist.
Diese Gruppe besteht aus vorwiegend lernstarken und kreativen Kindern, wobei Louis eine
Ausnahme bildet. Louis (10;9) ist ein Junge mit wechselhaftem Temperament. Während er
sich manchmal nur schwer auf seine Arbeit einlassen kann, gelingt es ihm an anderen Tagen,
zügig zu beginnen und die Arbeit auch zu beenden. An unterrichtlichen Aktivitäten der Klasse
beteiligt er sich nur selten, ich vermute aus Angst vor Misserfolg. Er spricht gut auf Lob, Ermu-
tigung und individuelle Unterstützung an.
1 Im Folgenden abgekürzt mit SuS
2
1.2. Situation im Fach Musik
Die meisten Kinder freuen sich auf den Musikunterricht, arbeiten gerne und konzentriert mit
und sind leicht zu motivieren, besonders durch aktives Musizieren und Musik in Verbindung
mit Bewegung. In den zurückliegenden Stunden wurden die verschiedenen Parameter und
Qualitäten von Bewegung erkundet: Raum, Zeit, Kraft und Ausdruck. Die Bewegung wurde
teilweise mithilfe von Tüchern unterstützt. Ein erster Versuch, die Musik, die in der Bewegung
sichtbar werden kann, auch schriftlich zu fixieren, wurde unternommen, indem die Bewegung
der Kinder im Raum von einem Partner grafisch auf großem Papier nachvollzogen wurde. In
der vorangegangenen Stunde lag der Fokus stärker auf den Assoziationen, welche durch die
Musik erzeugt und von den Kindern zu Papier gebracht wurden.
Durch hohes Engagement und eine konzentrierte Arbeitshaltung fallen in dieser Gruppe Vi-
vien, Kaya, Mila und Rebekka auf. Maya, Aaron, Louis und Max nutzen das Platzangebot ge-
legentlich zum Rennen und müssen an die Aufgabenstellung erinnert werden. Louis ist häufig
schwer in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren, verweigert zunächst die Mitarbeit oder
stört mit abwertenden Bemerkungen. Gewährt man ihm die Freiheit, sich auch später noch
einzuklinken, tut er das jedoch meistens. Die grafische Umsetzung der Bewegungen seines
Partners hat er mit Freude unternommen.
Die Musikstunden fanden bislang häufig im Klassenraum statt. Für die Einheit nutzen wir nun
aber die Aula, da sie mehr Raum für Bewegung bietet. Das Verhalten beim Unterricht in der
Aula muss noch geübt und ritualisiert werden.
1.3. Lernvoraussetzungen und Lernausgangslagen im Hinblick auf die heu-
tige Stunde für das Fach Musik
Lernvoraussetzungen Lernausgangslagen Konsequenz
Die Lernenden können
ihre Aufmerksamkeit
bewusst auf den Hör-
sinn lenken
Vielen SuS gelingt das. Möglicherweise
haben Aaron und Louis zunächst Schwie-
rigkeiten, sich auf die Musik einzulassen.
In den vorangegangenen Stun-
den wurde das bewusste Zuhö-
ren geübt. Höraufträge helfen,
die Konzentration zu halten.
Die Lernenden können
sich frei zur Musik be-
wegen.
Viele bewegen sich gern und fantasievoll
zu Musik. Metrisch gebundene und ange-
leitete Bewegung ist ihnen vertraut, die
freie Bewegung weniger. Paulina, Vivien
und Lina sind dabei möglicherweise noch
etwas gehemmt. Aaron, Louis, und Max
finden es vielleicht peinlich und bewegen
sich bewusst übertrieben oder rennen.
Die SuS wurden in den vergan-
genen Stunden langsam an die
freie Bewegung zu Musik heran-
geführt.
Lehrkraft sucht Blickkontakt zu
einzelnen SuS und bewegt sich
ggf. selbst zur Musik, um Hem-
mungen abzubauen.
3
Regeln: Wir bewegen uns so,
wie die Musik es uns vorgibt. Je-
der achtet nur auf sich. Niemand
wird ausgelacht.
Die SuS können durch
Musik ausgelöste Emo-
tionen und Assoziatio-
nen im Bild darstellen
Das assoziative Malen wurde in der vo-
rangegangenen Stunde erstmals geübt.
Vorher wurden durch Musik ausgelöste
Bewegungen grafisch dargestellt. Der Ar-
beitsauftrag könnte für Louis, Max, Vivien
und Paulina zu abstrakt sein.
Lehrkraft macht an Beispielen
deutlich, was gemeint ist
Die SuS können sich
über ihre Ergebnisse
respektvoll austau-
schen
Das Interesse an den Werken der Mit-
schüler ist hoch. Lina und Paulina könn-
ten jedoch unsicher sein, ob sie ihres
präsentieren wollen. Louis zerstört seins
vielleicht. Selbstbewusst und offen gehen
Mila, Kaya und Maya mit ihren Bildern
um.
Aufforderung: Wir äußern uns
wertfrei und freundlich. Jedes
Bild ist richtig und gut, denn es
zeigt etwas Einzigartiges.
1.4. Situation im Fach Deutsch
Im Deutschunterricht sind die Kinder in der Regel motiviert und beteiligen sich rege am Un-
terrichtsgespräch. Insbesondere durch handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung lassen sie
sich für beinahe jedes Thema begeistern. Im Präsenzunterricht des ersten Halbjahres gab es
am Freitag regelmäßig eine freie Schreibzeit, die von den SuS sehr intensiv genutzt wurde.
Dort entstanden überwiegend fantasievolle Geschichten und Erlebnisberichte. In den zurück-
liegenden Wochen wurden im homeschooling Satzglieder behandelt, die Lernenden sind in-
folgedessen gerade besonders sensibilisiert für den Aufbau von Sätzen.
In Lerngruppe B zeigen Kaya (10;6), Maya (9;6), Mila (9;9), Vivien (9;8) und Aaron (10;2) auf-
fallend hohe Kompetenzen im sprachlichen Bereich. Alle genannten lesen gern und schreiben
lange, komplexe und wohlformulierte Geschichten.
Louis verfügt in Deutsch über einen Nachteilsausgleich der Stufe 3 und arbeitet an qualitativ
und quantitativ reduzierten Materialien und im Jojo Förderheft der Klasse 3. Er bekommt ver-
einfachte Klassenarbeiten und erhält keine Zeugnisnote. Er schreibt trotz grafomotorischer
Schwierigkeiten in den freien Schreibzeiten motiviert mithilfe eines Diktiergerätes und kann
so sein kreatives Potential besser nutzen. Er liest flüssig und hat einen altersgemäß gut entwi-
ckelten Wortschatz. Dennoch ist er häufig nicht in der Lage, Arbeitsaufträge ohne Unterstüt-
zung zu verstehen. In Gruppenarbeiten und bei Reflexionen bringt er sich nur selten ein. In
der vorliegenden Unterrichtsreihe zum Thema Gedichte arbeitet er im Klassenverband an der
gemeinsamen Aufgabenstellung und erhält von der Lehrkraft verbale Unterstützung oder ver-
einfachtes Material.
4
1.5. Lernvoraussetzungen und Lernausgangslagen im Hinblick auf die heu-
tige Stunde für das Fach Deutsch
Lernvoraussetzungen Lernausgangslagen Konsequenz
Die Lernenden können
aus einem (abstrakten)
Bild Wörter generieren
In der vorangegangenen Musikstunde
wurden Wörter gesammelt zu den Bildern
der Kinder. Mila, Rebekka, Kaya und
Maya gelang es bereits gut, passende
Wörter zu finden. Einige SuS brauchen
dabei Unterstützung.
Die SuS unterstützen sich ge-
genseitig beim Wörterfinden
Die Lernenden kennen
verschiedene Formen
von Gedichten
Elfchen und Avenida wurden in den zu-
rückliegenden Stunden behandelt. Die
Baupläne sind ihnen bekannt, werden
aber von Max, Rebekka, Paulina und
Louis noch nicht sicher angewendet.
Die Baupläne für Elfchen und
Avenida werden mithilfe des
Beamers projiziert
Die Lernenden können
die bekannten Gedicht-
formen für ihre eigene
Produktion nutzen
Louis hat bislang noch kein eigenes Ge-
dicht geschrieben. Alle anderen Kinder
haben bereits mindestens ein eigenes Elf-
chen und Avenida geschrieben.
Louis bekommt ein unterstützen-
des Arbeitsblatt2 und Hilfe durch
die Lehrkraft. Sollte Aaron früh
fertig sein, kann dieser mit ihm
zusammenarbeiten.
Die Lernenden können
ihre eigenen Gedichte
vortragen
Vorträge eigener Werke sind bei den
meisten Kindern sehr beliebt. Lina und
Paulina sind gelegentlich noch etwas
schüchtern, Louis vermeidet Präsentatio-
nen.
Jeder darf, keiner muss sein
Werk vorstellen. Als Unterstüt-
zung darf der Vortragende sich
ein Kind aussuchen, das mit
nach vorn kommt und das Bild
hält.
Die Lernenden können
ihren Arbeitsprozess re-
flektieren
Die Reflexionskärtchen sind bekannt.
Viele SuS äußern sich gern und differen-
ziert. Kaya, Maya und Mila können ihr
Vorgehen häufig präzise beschreiben.
Paulina, Lina und Louis melden sich in
Reflexionsphasen eher selten zu Wort.
Die Reflexionskarten enthalten
Formulierungshilfen. Jedes Kind
legt mindestens einen Muggel-
stein ab, aber nicht jeder muss
etwas dazu sagen.
2. Planungsüberlegungen zu Unterrichtseinheit im Fach Musik
2.1. Kompetenz zur Unterrichtseinheit
Die Lernenden können Musik mit Bewegung und außermusikalischen Gestaltungsmedien
ausdrucksbezogen umsetzen.3 Durch das Umsetzen von Musik wird das aktive Musikhören
unterstützt. Die Lernenden erweitern systematisch ihre Hörkompetenz und hören zuneh-
mend differenziert und kriterienorientiert. Sie entwickeln ihre Fähigkeiten, Gehörtes zu be-
schreiben und sich über gehörte Musik zu verständigen.4
2 Siehe Anhang S. 20. 3 Vgl. HKM 2011b, S. 16. 4 Vgl. HKM 2011b, S. 12.
5
2.2. Tabellarische Übersicht zur Unterrichtseinheit
Sequenz Inhalt
Bewegen zur Musik 1 Stunde
Unterschiedliche Qualitäten von Bewegung im Raum erkunden: Raum, Zeit, Kraft, Ausdruck (Anne Clark: Poem without words, L.v. Beethoven: 5. Sinfonie)
Stimmung der Musik in Bewegung und bildlich umsetzen 2 Stunden
Bewegungen spiegeln(Pink floyd: Shine on your crazy diamond), in PA auf Papier nachvollziehen: eine/r bewegt sich mit Tuch, die/der andere zeich-net die Bewegungen auf großem Papier (R. Schumann: Reiterstück, G. Bi-zet: La Toupie)
Musik assoziativ hören, innere Bilder generieren und malen, Beziehung zwischen Bild und Musik kommunizieren. (M. Mussorgsky: Der Gnom)
Assoziationen zur Musik bildlich und li-terarisch umsetzen 2 Stunden
Musik in Bewegung und auf Papier übertragen Wörter sammeln, welche die Grundlage für ein Gedicht bilden
Charakterika der verschiedenen Teile der Musik hören (Ennio Morricone: Filmmusik zu Marco Polo). Es werden unterschiedliche Titel zur Musik ver-teilt, die SuS notieren beim Hören der Musik Ideen zu einer möglichen Handlung. Vergleichen der Handlungsabläufe, darüber Erkenntnisse zum Aufbau des Stücks gewinnen.
Strukturen in der Musik erkennen und mithilfe von grafi-scher Notation nach-vollziehen 2 Stunden
Formteile der Musik erkennen (Yann Tiersen: Comptine d‘un été ). Die SuS nutzen dafür vorgegebene graphische Notationen, die sie in PA den Form-teilen zuordnen.
Formteile der Musik erkennen (Julius Fucik: Der alte Brummbär). Die SuS sollen in PA eigene grafische Umsetzungen für die unterschiedlichen Cha-rakteristika der Teile finden.
2.3. Didaktische und methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
Sowohl das Musik hören als auch das Musik umsetzen gehören zu den zentralen Inhalten des
Musikunterrichts in der Primarstufe5. Ursula Ditzig-Engelhardt unterscheidet verschiedene Ar-
ten des Hörens und betont, dass das emotionale Hören die hauptsächliche Motivation sei, sich
überhaupt auf Musik einzulassen.6 Deshalb kommt der Musikauswahl für den Unterricht eine
nicht zu unterschätzender Bedeutung zu, denn Musikunterricht ist vor allem dann erfolgver-
sprechend, wenn er „erfahrungs- und interessenorientiert an den Kindern ist“7. Das verlangt
von der Lehrkraft eine Offenheit gegenüber den musikalischen Präferenzen der SuS, die sich
beispielsweise in einer bewussten und vorurteilsfreien Auseinandersetzung mit populärer
Musik im Unterricht äußern kann. Als Musiklehrkraft sollte man sich aber dessen bewusst sein,
dass Kinder zu keinem Zeitpunkt so nachhaltig geprägt werden wie im Anfangsunterricht der
5 Vgl. HKM 2011b, S. 12. 6 Ditzig-Engelhardt 2009, S. 158f. 7 Brunner 2015, S. 202.
6
Grundschule.8 Es ist wichtig, diese „Offenohrigkeit“9 der Kinder zu nutzen, die im Verlauf der
Grundschulzeit stark abnimmt. Denn was sensorisch nicht oder nur einseitig entwickelt wird,
begrenzt uns langfristig in unserer Wahrnehmungsfähigkeit.10 Um den Erfahrungshorizont zu
erweitern, sollte den Lernenden in Verbindung mit klassischer Musik, traditioneller Musik und
zeitgenössischer Kunstmusik ein „vielfältiges Angebot an musikalischen Handlungsanlässen“11
unterbreitet werden.
Das Musik umsetzen kann im Unterricht auf vielfältige Weise geschehen. Da Musik, insbeson-
dere bei Kleinkindern, einen unmittelbaren Bewegungsreiz auslöst, ist die Umsetzung mit dem
Körper sicher die direkteste Form. Musik hören und sich zu Musik bewegen sind untrennbar
miteinander verwoben, denn „Bewegung ist Auslöser und Folge von Musik.“12 Der eigene Kör-
per ist dabei „Medium des Ausdrucks“13, mit ihm können Tempo, Metrum, Kontraste, Steige-
rungen und auch Stimmungen nachempfunden werden.
Ab dem Grundschulalter gehen die ganzkörperlichen Bewegungen allmählich zurück und wer-
den durch feinmotorische ersetzt oder zumindest ergänzt.14 So bieten sich also auch zuneh-
mend grafische Verfahren an, um Musik umzusetzen und darzustellen. Beim Malen zu Musik
wird ein Umgang mit kreativen Kräften eröffnet, der durch assoziatives Hören von Musik aus-
gelöst werden kann.15 Es werden eigene Gedanken und Vorstellungen mobilisiert und in kon-
kreter oder abstrakter Weise zu Papier gebracht.16 Bei der abstrakten Darstellungsweise kön-
nen Klangbilder entstehen, in denen „assoziativ die erlebte Musik in abstrakte Formen über-
tragen“17 wird, in denen also die Bewegung der Musik oder das Klingen und Verklingen eines
Tons dargestellt werden. Auch die Übersetzung von Emotionen in Farbflächen oder Strukturen
ist möglich. In Strukturbildern18 werden von den Lernenden Formverläufe nachvollzogen. Sie
dienen eher der analytischen Rezeption des Gehörten. Bei der konkreten Umsetzung entste-
hen gegenständliche Zeichnungen, wenn die Lernenden mit dem Gehörten beispielsweise
eine Handlung oder einen bestimmten Ort assoziieren.
8 Vgl. Fuchs 2010, S. 41. 9 Brunner 2015, S. 202. 10 Vgl. Kotte 2012, S. 13. 11 Brunner 2015, S. 202. 12 Amrhein und Bieker 1999 13 Jeschonneck 2008, S. 128. 14 Vgl. Ditzig-Engelhardt 2009, S. 158. 15 Vgl. Ditzig-Engelhardt 2009, S. 160. 16 Vgl. Brunner 2019, S. 139ff. 17 Oberhaus 2015, S. 289. 18 Oberhaus 2015, S. 287.
7
In der geplanten Unterrichtseinheit geht die Umsetzung stets von der Bewegung aus. Die Be-
wegung ist der erste Schritt zur Visualisierung des Gehörten und dient als Grundlage für die
bildliche Darstellung. Sie ist wie ein Vermittler zwischen dem Hören und dem Zeichnen zu ver-
stehen.
Durch die Visualisierung von Klängen und Musik lassen sich durch bewusstes Hören auch Er-
kenntnisse zu ihrer Struktur gewinnen. „Bewusstsein umfaßt sowohl analytische Fähigkeiten
als auch intuitive, integrierende.“19 Beim Malen zu Musik fließt das Analytische und das
Intuitive ineinander, steht gleichberechtig und wertfrei nebeneinander. Die „Kinder kommen
über ihr selbst gemaltes Bild zu Einsichten und Erkenntnissen über musikalische Bedeutungs-
zusammenhänge, die auf sprachlicher Ebene nur unzureichend vermittelt werden können.“20
Auf diesem Weg wird analytisches Hören angebahnt, das Bild hilft beim Erfassen von Aufbau
und Wirkung eines Werkes. Das Erkennen sich wiederholender Formteile und ihre mögliche
grafische Darstellung wird in den folgenden Stunden geübt. Die graphische Notation abstra-
hiert das Gehörte, ist Orientierungshilfe und Erinnerungsstütze, fördert aber auch das zielge-
richtete Hinhören. Der flüchtige Klangeindruck kann festgehalten, die persönliche, emotionale
Bewegtheit in etwas visuell Wahrnehmbares verwandelt werden, über das man sich auf einer
abstrakteren Ebene unterhalten und verständigen kann.
„Durch Musik ausgelöste Emotionen und Assoziationen in Worte fassen und darstellen“ 21 zu
lernen, gehört ebenfalls zu den Zielen, die mit dieser Unterrichtseinheit verfolgt werden. Das
„Sprechen über Musik kann zu einem verschärften Hörbewusstsein führen“ 22, der Eindruck
der Hörerlebnisses kann dadurch also vertieft und bewahrt werden. Die sprachlichen Äuße-
rungen können sich dabei, ähnlich der bildlichen Darstellung, auf die Wahrnehmung der mu-
sikalischen Strukturen beziehen aber auch Empfindungen beschreiben. Um die
Kommunikation über musikalische Phänomene zu unterstützen, wird im weiteren Verlauf der
Einheit gemeinsam mit den Lernenden ein Wortspeicher angelegt, auf den sie im Gespräch
zurückgreifen können. So wächst im Lauf der Zeit mit dem Wortschatz auch die
Kommunikationskompetenz23, die Fähigkeit, sich differenziert und nachvollziehbar zu äußern
und an musikalischen Gesprächen konstruktiv zu beteiligen. Darüber hinaus wird auch die
19 Ditzig-Engelhardt 2009, S. 160. 20 Ditzig-Engelhardt 2009, S. 177. 21 HKM 2011b, S. 20. 22 Ditzig-Engelhardt 2009, S. 182. 23 HKM 2011b, S. 9.
8
Sozialkompetenz24 gefördert, für deren Entwicklung vor allem Wahrnehmungsfähigkeit
grundlegend ist, die bei der gemeinsamen Bewegung im Raum wichtig ist.
3. Planungsüberlegungen zu Unterrichtseinheit im Fach Deutsch
3.1. Kompetenz zur Unterrichtseinheit
Die vorliegende Unterrichtseinheit ist dem Kompetenzbereich Sprache und Sprachgebrauch
untersuchen und reflektieren zuzuordnen. Die Lernenden lernen textuelle Gestaltungsmittel
funktional einzusetzen und experimentieren mit Sprache, indem sie mit Wörtern und Sätzen
spielerisch umgehen.25
3.2. Tabellarische Übersicht zur Unterrichtseinheit
Sequenz Inhalt
Einführung „Wir lernen verschie-dene Merkmale von Gedichten kennen“ 1 Stunde
- Lesedomino Reimgedicht - Bekannte Merkmale von Gedichten zusammentragen - PA in 5 Gruppen: 5 verschiedene Gedichttypen untersuchen (Reim-
gedicht, Bildgedicht, Haiku, Elfchen, Schüttelreim).
„Wir schreiben ein Elfchen“ 1 Stunde
- Ein Elfchen gemeinsam an Tafel analysieren und Bauplan erklären - Zerschnittene Elfchen in PA zusammensetzen - Selbst ein Elfchen schreiben ins Krickelheft, vortragen
Ein Parallelgedicht schreiben „Alles Wirrwarr?“ 1-2 Stunden
Gedicht Wirrwar- warwirr (Paul Maar) kennenlernen und untersuchen. Ein eigenes Wirrwarr-Gedicht schreiben:
- Aus dem Tierlexikon geeignete Namen auswählen, in PA ein Paral-lelgedicht schreiben, ggf. vortragen.
Selbständige Weiter-arbeit im Home-schooling der Folge-woche26
Eintragungen ins Dichterheft: - Bauplan Elfchen ins Dichterheft und ein eigenes schreiben/über-
tragen aus dem Krickelheft - Bauplan Wirrwarr-Gedicht ins Dichterheft übertragen und ein eige-
nes schreiben/übertragen aus dem Krickelheft. Bild dazu malen. - Für Louis: Baupläne übertragen und je ein Gedicht (ein vorgegebe-
nes auswählen oder ein eigenes) sauber ins Dichterheft abschrei-ben.
„Unterwegs auf spa-nischen Straßen – Avenidas“ 1 Stunde
Das Gedicht Avenidas (Eugen Gomringer) kennenlernen: - Durch Körperbewegung Struktur untersuchen - Bedeutung des letzten Wortes klären - ein eigenes Avenida schreiben
„Wir malen und dich-ten zur Musik“
- Musik in Bewegung übertragen, anschließend auf Papier visualisie-ren
24 HKM 2011b, S. 8. 25 Vgl. HKM 2011a, S. 20. 26 Siehe Anhang S. 21ff.
9
Doppelstunde Mu+D - Zum Bild werden Wörter, Assoziationen gesammelt, welche die Grundlage für ein Gedicht bilden
Selbständige Weiter-arbeit im Home-schooling der Folge-woche
- Bauplan Avenida ins Dichterheft und ein eigenes schreiben/über-tragen aus dem Krickelheft
- Bauplan Achrostichon ins Dichterheft übertragen und ein eigenes schreiben
„Wir schreiben ein Schneeballgedicht“
Beispiel zeigen, Schema erarbeiten, Ideen für den Anfang sammeln, eige-nes Gedicht verfassen
„Wir gestalten ein Bildgedicht“
Eine kurze Geschichte/ein Gedicht dient als Grundlage für Bildgedichte. Welche der enthaltenden Nomen eignen sich für die Darstellung als Bildge-dicht?
„Wir schreiben ein Rondell“
Musikalischer Impuls/Bildimpuls als Grundlage für ein Rondell
Reimgedichte rekon-struieren „Wo ist denn hier der Reim?“ 2 Stunden
Ein Reimgedicht wird als Fließtext präsentiert, Die SuS rekonstruieren die Vers- und Strophenform.
Gedicht wird in Streifen geschnitten und von den SuS in PA in eine mögli-che Reihenfolge gebracht. Gespräch über die verschiedenen Möglichkeiten im Hinblick auf Ablauf der Handlung und unterschiedliche Reimschemata
„Wir schreiben ein eigenes Reimge-dicht“ 1-2 Stunden
10 Wörter-Gedicht schreiben: - Gemeinsam Reimwortpaare sammeln an der Tafel - Einzelarbeit: Im Wörterbuch per Zufall 10 Wörter finden - Aus Reimwortpaaren und Zufallswörtern ein Gedicht schreiben
Gedichte-Quiz verschiedene Gedichtarten erkennen
Abschluss 1-2 Stunden
Jedes Kind gestaltet eine Seite für ein Klassen-Gedichte-Buch
3.3. Didaktische und methodische Überlegungen zur Unterrichtseinheit
Ein Gedicht ist nach Hassenstein ein trotz seiner Kürze „besonders reich und dicht strukturier-
ter Text […], bei dem die normalsprachliche syntaktisch-semantische Kodierung von der met-
rischen, also der Versifikation noch einmal überformt ist.“27 Gedichte folgen einer bestimmten
metrischen Form, haben einen besonderen Rhythmus, können verschiedene Formen von Rei-
men enthalten28 und sind häufig in Verse und Strophen gegliedert. Stärker als bei anderen
Textsorten „steht im Gedicht also der Klang, die Rhythmik und Färbung der Sprache im Vor-
dergrund und bestimmt die Gestaltung.“29 Gedichte gelten als Bildungs- und Kulturgut. Sie
werden als kulturelles Erbe aber nicht nur konserviert, sondern weitergetragen und modifi-
ziert.30
27 Vgl. Hassenstein 2001, S. 622 28 Vgl. Duden online 29 Becker et al. 2008, S. 83 30 Vgl. Bramberger 2018, S. 9.
10
Kinder kommen in ihrem Alltag mit Lyrik wohl am häufigsten in Form von Liedern in Kontakt,
aber auch Abzählverse und andere anlassbezogene Reimgedichte sind den meisten Kindern
bekannt und erfreuen sich meistens großer Beliebtheit. Darüber hinaus sollten Heranwach-
sende auch mit anderen Formen der Lyrik vertraut gemacht werden, um die große Bandbreite
dieser literarischen Gattung kennenzulernen und im spielerischen Umgang damit nicht zuletzt
ästhetische Erfahrungen zu machen. In einer zurückliegenden Einheit wurde die Ballade „Herr
von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ gelesen, strophenweise auswendig gelernt, analysiert,
illustriert und musikalisch umgesetzt. Zur Weihnachtszeit gab es im homeschooling die Auf-
gabe, eines von zwei angebotenen Weihnachtsgedichten abzuschreiben und auswendig zu
lernen. Unterschiedliche Gedichtformen und ihre produktive Aneignung waren bislang noch
nicht Inhalt des Deutschunterrichts. Da die Kinder im freien Schreiben von Geschichten bereits
große Freude am kreativen Ausdruck gefunden haben, erscheint es angebracht, ihnen weitere
Textsorten vorzustellen, um ihr Repertoire für die kreative Textproduktion zu erweitern.
Durch das phantasievolle und spielerische Umgehen mit unterschiedlichen literarischen Ge-
staltungselementen werden aber nicht nur kreative, sondern auch kognitive, emotionale und
soziale Entwicklungsprozesse der Heranwachsenden unterstützt. Die selbsttätige und koope-
rative Auseinandersetzung mit literarischen Texten kann das Selbstbewusstsein und die Per-
sönlichkeitsentwicklung der Lernenden stärken.31
Um Kinder für die stark verdichtete und formgebundene Sprache der Lyrik zu öffnen und zu
begeistern, sollte man sie in ihrer Sinnlichkeit, ihren Gefühlen und ihrer Phantasie ansprechen
und ihrem Tätigkeitsdrang gerecht werden.32 Denken, Handeln und Wissen gehören zusam-
men33 und nur in ihrer Verknüpfung kann Literaturunterricht in der Grundschule sinnvoll ge-
staltet und nach den Bedürfnissen der Lernenden ausgerichtet werden. Gedichte sind als Text-
form komplex, werden durch die rhythmisierte Struktur schnell als künstlich empfunden und
gelten häufig als kompliziert oder schwer verständlich. Es ist deshalb wichtig, den Lernenden
die Möglichkeit zu geben, sich den Strukturen entdeckend zu nähern, die enthaltenen „Linien,
Klänge, Farben, Barrieren, Rhythmen, Bilder“34 zu ertasten und zu erspüren. Durch einen
handlungs- und produktionsorientierten Unterricht werden verschiedene Zugänge ermöglicht
31 Vgl. HKM 2011a, S. 11. 32 Vgl. Haas et al. 1994, S. 17. 33 Flitner, Andreas: Lernen mit Kopf, Herz und Hand. Zitiert nach: Haas et al. 1994, S. 17. 34 Haas 2015, S. 54.
11
und es wird bei den Lernenden mehr Aktivität ausgelöst, als bei einem Vorgehen, das nur ei-
nen bestimmten Denkweg zulässt.35 Durch die Eröffnung individueller Lösungsmöglichkeiten
entsteht eine natürliche Differenzierung, die der Unterschiedlichkeit der Lernenden Raum
gibt.
Im handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht werden zwei Grundformen
des aktiv-produktiven Tuns unterschieden: ein Umgang mit gegebenen Texten, der durch
praktisches Handeln und den aktiven Gebrauch der Sinne bestimmt wird (Handlungsorientie-
rung) und das produktive Erzeugen von neuen Texten (Produktionsorientierung).36 Die vorlie-
gende Unterrichtseinheit stellt den Aspekt der Produktion stärker in den Mittelpunkt, nicht
ohne jedoch immer wieder Bezug zu nehmen auf bereits existierende Gedichte, die einerseits
eine ästhetische Erfahrung ermöglichen, andererseits in ihrem Aufbau und ihren Besonder-
heiten untersucht werden und als Grundlage für nachfolgende eigene Produktionen herange-
zogen werden. So wird ein tieferes Verständnis von Lyrik angebahnt, denn „ein handelnder
Umgang mit Gedichten realisiert ihre sinnliche Qualität und bereitet das kognitive Verstehen
vor.“37
Die Unterrichtsreihe folgt in ihrem Aufbau dem Prinzip vom Leichten zum Schweren. Für einen
motivierenden, spielerischen Einstieg wurde ein Lesedomino erstellt, bei dem sich den Lesen-
den durch die richtige Kombination der Endreime die richtige Reihenfolge erschließt. In der
ersten Stunde der Einheit werden von den Lernenden zunächst unterschiedliche Gedichtfor-
men hinsichtlich ihrer besonderen Merkmale untersucht. Zentral ist dabei die Entdeckung,
dass jedes Gedicht einer bestimmten Form folgt, es also auf die Struktur, auf die Anordnung
der Wörter, auf die Betonung und häufig auf die Anzahl der Silben oder Wörter ankommt. Die
Kinder erkennen, dass ein Gedicht nicht zwangsläufig Reime enthalten muss.
Mit Elfchen und Avenida stehen zu Beginn zwei Gedichtformen im Fokus, die einem einfachen
und leicht nachvollziehbaren Aufbau folgen und einen ermutigenden Einstieg ins gelingende
Schreiben eigener Gedichte ermöglichen. Es folgen Achrostichon, Schneeballgedicht und Ron-
dell. Die verschiedenen Gedicht-Formen werden zunächst handelnd untersucht und dann
schreibend nachvollzogen. Das Entdecken der jeweils besonderen Struktur kann dabei auf un-
terschiedliche Weise erfolgen. Bei Elfchen und Rondell können die Lernenden mithilfe eines
35 Vgl. Haas et al. 1994, S.19. 36 Vgl. Haas et al. 1994, S. 18. 37 Haas 2015, S. 55.
12
Bauplans den ursprünglichen Aufbau eines in seine Einzelteile zerlegten Gedichtes rekonstru-
ieren, wobei nicht immer eine eindeutige Lösung gegeben ist. Beim Avenida wird die Wieder-
holung der Formteile durch körperliche Bewegung nachvollzogen. Reimgedichte werden in
veränderter Form dargeboten, um im Prozess des Rekonstruierens die Merkmale zu untersu-
chen. Auch das Verfassen eines Parallelgedichts gehört zu den produktiven Verfahren zum
Ergründen der Struktur eines Gedichtes. Gemeinsames betontes Sprechen wird als weitere
Möglichkeit eingesetzt, um das Metrum eines Gedichtes erfahrbar zu machen. Um die The-
menfindung für die eigene lyrische Arbeit zu unterstützen, werden gelegentlich musikalische
oder künstlerische Impulse eingesetzt oder literarische Texte.
Zum Abschluss soll ein Klassen-Gedichte-Buch entstehen, zu welchem jedes Kind mindestens
ein Gedicht beiträgt.
4. Planungsüberlegungen zur heutigen Unterrichtsstunde
4.1. Lernziele der Stunde
Musik: Die Lernenden können einen musikalischen Impuls in Bewegung und Bilder übertragen
und über den Zusammenhang von Musik und Bild reflektieren.
Deutsch: Die Lernenden können auf Grundlage der Assoziationen, die sie zu Musik und Bild
gesammelt haben, ein Avenida oder Elfchen schreiben.
4.2. Didaktische und methodische Überlegungen zur heutigen Unterrichts-
stunde
In der vorliegenden Stunde sollen die Lernenden dazu angeregt werden, die in der Musik ent-
haltenen Impulse aufzunehmen und diese gestalterisch umzusetzen, zunächst in Bewegung
und Bilder. Dabei ist es ihnen freigestellt, ob sie die Impulse aus der Musik figürlich-konkret
oder abstrakt umsetzen. Im nächsten Schritt ist das Ziel, die vergegenständlichten musikali-
schen Impulse des Bildes zu versprachlichen und in eine neue Form zu bringen. Dazu soll, so-
weit möglich, der ursprüngliche, in Bewegung und Bild sichtbar gewordene musikalische Im-
puls bis zum Ende der beiden Stunden tragen. Hierzu scheint mir die gewählte Musik (Camille
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Saint-Saëns: Das Aquarium, Aus: Karneval der Tiere) besonders geeignet, da es sich hierbei um
eine sehr bewegte und farbige Musik handelt, die verschiedene Assoziationen ermöglicht.
Falls Einzelnen das Stück bekannt sein sollte, werden sie gebeten, den Titel nicht zu verraten,
damit ein offenerer Zugang zum assoziativen Malen möglich ist, der auch zum späteren Ver-
gleich der Arbeiten anregt.38
Die geplante Stunde setzt sehr auf die Kreativität der Kinder. Die gegebenen Impulse und Bei-
spiele sollen dabei nicht verengen, sondern anregen und einen breiten Interpretationsspiel-
raum eröffnen. Im Gedicht sollen die Kinder dann wieder eine Form finden, die es ihnen er-
möglicht, ihre Impulse mitzuteilen und der inneren Gestalt ihrer Vorstellungen Ausdruck zu
verleihen.
Die Kinder kennen die Umsetzung von Musik in Bewegung und bildliche Darstellung aus den
zurückliegenden Musikstunden. Dabei entstanden verschiedene Arten von Bildern. In der ers-
ten Stunde war es ein rhythmisch-grafisches Malen, das eher die Bewegung der Musik darge-
stellt hat. In der nächsten Stunde lag der Schwerpunkt mehr auf Assoziationen und inneren
Bildern, weshalb hier abstrakte Bilder entstanden, bei denen Form und Farbe vorrangig waren,
aber auch Bilder mit gegenständlichen Darstellungen, die Geschichten und Gedanken zur Mu-
sik zum Ausdruck brachten.39 In der vorliegenden Stunde wird, wie auch in den zurückliegen-
den, synchron zur Musik gemalt. Hier gehört „das Erlebnis des Hörens und Malens zum Ge-
genstand der Visualisierung, indem die Wahrnehmungsintensität während des Malens im Vor-
dergrund steht.“40 Im anschließenden Gespräch werden die Lernenden aufgefordert, über die
empfundene Stimmung, ihre Wahl der Farben und Strukturen oder auch über die dargestellte
Szene zu sprechen und so den Bezug zur Musik herzustellen.
Das Schreiben zu einem Musik- oder Bildimpuls ist den Lernenden aus dem kreativen Schrei-
ben bekannt. In dieser Stunde werden die verschiedenen Impulse zusammengeführt und es
sollen Atmosphäre und Stimmung aus Musik und Bild zu verdichteter Sprache, zu Gedichttex-
ten, zu Bildgedichten werden.41 Dafür stehen ihnen die bereits bekannten Formen des Elf-
chens und des Avenidas zur Verfügung. Diese eignen sich gut für die Umsetzung von assozia-
38 Vgl. Oberhaus 2015, S. 290. 39 Vgl. Ditzig-Engelhartd und Pauly 2011, S. 14 40 Oberhaus 2015, S. 290. 41 Vgl. Böttcher 2013, S. 87.
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tiven Impulsen und helfen durch ihre zwar strenge, aber doch überschaubare Form, die ge-
fundenen Wörter zu einem lyrischen Text zu verarbeiten. Das angebotene Unterrichtsarran-
gement bietet eine „herausragende Möglichkeit der ästhetischen Wahrnehmungsschulung,
der Kreativitätsförderung und des fächerverbindenden Lernens.“42 Die Lernenden erfahren
sich dabei selbst als kreativ und künstlerisch tätig. Sie erleben sich in einem schöpferischen
Prozess und erstellen selbst ein komplexes Kunstwerk.
Die Stunde stellt als fachdidaktisches Prinzip den Situationsbezug in den Mittelpunkt. In einer
besonderen, kreativ herausfordernden Situation müssen die Kinder die ihnen bekannten
sprachlichen Mittel einsetzen, um der Aufgabe gerecht zu werden, ein Gedicht zu schreiben.
Die geplante Stunde stellt in ihrem Aufbau kein geringes Wagnis dar und verlangt von der
Lehrkraft eine sehr sensible Führung. Es gilt, sowohl ermutigend und einladend auf die Ler-
nenden einzuwirken, ihnen bei Bedarf Hinweise und Angebote zu machen, ohne dadurch den
Spielraum einzuengen oder zu starke Vorgaben zu machen. Im Umgang mit den Schülerergeb-
nissen muss mit positiver Verstärkung und Zurückhaltung gleichermaßen gearbeitet werden,
denn es soll sich daraus keine Wertung ableiten lassen. Im Gespräch bei Rundgang und Refle-
xionen muss die Lehrkraft ein Sprachvorbild sein für respektvolle, wertschätzende und nicht-
wertende Äußerungen. Auch der Umgang mit möglicherweise ausbleibenden Ergebnissen
muss sensibel bedacht sein. Nicht jedes Kind wird auf Kommando kreativ sein können.
Durch die bewusst offene Aufgabenstellung gibt es viele individuelle Lösungsmöglichkeiten.
Sollte es für Einzelne dennoch zu schwierig sein, kann ihnen die Möglichkeit zur Arbeit mit
einem Partner eingeräumt werden. Bei Bedarf steht ein vorgedruckter Bauplan für ein Aven-
dia43 zur Verfügung, der Lücken zum Eintragen der gefundenen Wörter enthält. Sollten ein-
zelne Kinder früh fertig sein, werden sie aufgefordert ein weiteres Gedicht in der jeweils an-
deren Form zu probieren.
42 Böttcher 2013, S. 80. 43 Siehe Anhang S.
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4.3. Schwerpunkt Schüleraktivierung
Die Lernenden werden in der vorliegenden Stunde auf vielfältige Weise aktiviert. Durch die
Bewegung zur Musik werden die Lernenden zunächst physiologisch44 aktiviert. Die Körper-
funktionen wie Atmung und Herzschlag werden erhöht, was sich positiv auf die Konzentrati-
onsfähigkeit auswirkt. Jedes Kind ist hier involviert, unabhängig davon, in welcher Weise es
sich bewegt. Durch sinnliche Wahrnehmungen, insbesondere das Hören der Musik, im späte-
ren Verlauf aber auch durch das Betrachten der entstandenen Bilder, findet eine neurologi-
sche Aktivierung45 statt. Im gemeinsamen Wörterfinden wird durch geistige Anteilnahme an
der Ergebnissen der Mitschüler eine kognitive Aktivierung46 erreicht, die sich im Verfassen ei-
nes eigenen Gedichts dann weiter fortsetzt. Sie setzt aktive Denkprozesse in Gang und erlaubt
eine intensivere gedankliche Durchdringung des Lernstoffs, fördert das Einbetten in größere
Zusammenhänge und erleichtert infolgedessen auch die Anwendung des Gelernten in neuen
Situationen.47 Durch die Möglichkeit zur selbstständigen und kreativen Auseinandersetzung
mit dem musikalischen Impuls wird eine aktivierende Beziehung der Lernenden zum Lernge-
genstand, in dem Fall zum Gedicht, gefördert. Dieses aktiv-konstruktive Lernen fördert unter
anderem Kompetenzen zum eigenständigen Problemlösen und explorativ-kreativen Arbei-
ten.48 Der Erfolg einer solch offenen Herangehensweise ist jedoch nicht vorhersagbar, denn
der Unterricht „lässt sich als Angebot verstehen, das die Lernenden aktiv für sich nutzen [Herv.
i. O.] müssen, wenn sie davon profitieren wollen.“49
4.4. Tabellarische Übersicht zum Stundenverlaufsplan
Phase Geplanter Unterrichtsverlauf Sozial-form
Medien /Material
Vorberei-tung
Beim Eintreten in die Aula legt jedes Kind seine Jaxon-Kreiden auf einem vorbereiteten Platz am Rand ab.
Einstieg Begrüßungsrhythmical, Stundentransparenz Stehkreis
44 Mühlhausen 2015, S. 43. 45 Mühlhausen 2015, S. 43. 46 Mühlhausen 2015, S. 42. 47 Vgl. Heymann 2015, S. 7. 48 Vgl. Heymann 2015, S.8. 49 Heymann 2015, S. 7.
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Wahrneh-mungsübung
Augen schließen und erst öffnen, wenn der Ton der Klang-schale verklungen ist. Beim erneuten Anschlagen in Bewe-gung setzen und im Raum verteilen. Ist der Ton verklun-gen, lässt sich jeder dort nieder, wo er ist.
Steh-kreis/ Ple-num
Klang-schale
Hinführung/ Arbeitsauf-trag
- Auf die Musik hören und ihre Bewegungen mit dem Körper nachvollziehen
- Wenn die Musik leiser wird, zum Tisch gehen und malen, was die Musik dir gesagt hat
- Wörter, die dir beim Malen einfallen, auf Kartei-kärtchen schreiben und verdeckt ablegen
Lehrer-vortrag im Sitz-kreis
Erarbeitung
- Kinder bewegen sich zur Musik im Raum (mit Maske)
- Malen zur Musik am Platz (ohne Maske) - Notieren einzelner Wörter auf weiße Karteikärt-
chen
Einzelar-beit
C. Saint-Saëns: Aquarium Papier A2 Kreide Karteikar-ten A7 weiß und hellblau
Zwischen Reflexion
Erster Rundgang: Kommentarloses Betrachten der Bilder. Wortkärtchen liegen noch verdeckt Auftrag:
- Fällt dir zum Bild eines anderen Kindes ein Wort ein, schreib es auf ein hellblaues Kärtchen und leg es verdeckt dazu.
Einzelne SuS erklären, in welchem Zusammenhang bei ihnen Musik und Bild stehen. Dabei werden zunächst die eigenen, dann die fremden Kärtchen aufgedeckt. Gibt es Übereinstimmungen/Unterschiede?
Muse-umsrund-gang
Raumwech-sel
Bilder, Karteikarten, Kreide mitnehmen. Evtl. Toilette, trinken. Händewaschen.
Überleitung Lehrervor-trag
Wiederholung und Visualisierung der beiden Gedichtfor-men. Auftrag:
- Erstelle aus deinen gesammelten Wörtern ein Ge-dicht
Bau-pläne50 über Bea-mer
Erarbeitung
- Jedes Kind schreibt ein oder mehrere Gedichte, zunächst ins Krickelheft, dann aufs Bild
Einzelar-beit ohne Maske
Farbige Stifte
Ergebnissi-cherung
- Wer möchte, trägt eins seiner Gedichte vor. - Bitte ggf. ein Kind, dein Blatt zu halten
Plenum
Reflexion der Ergeb-nisse
Unterschiede/Gemeinsamkeiten der Gedichte/Themen Bündeln der Ergebnisse.
Plenum
Reflexion der Stunde
Reflexionskarten liegen in der Kreismitte, jeder legt 1-2 Muggelsteine. Wer will darf sich dazu äußern
Sitzkreis Reflexi-onskar-ten51
Abschluss Abschiedsrhythmical
50 Siehe Anhang S. 19. 51 Siehe Anhang S. 19.
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5. Literaturverzeichnis
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HKM (2011a): Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen. Primarstufe
Deutsch. Hessisches Kultusministerium.
18
HKM (2011b): Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen. Primarstufe
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gogik (Weinheim) 67 (2), S. 42–46.
Oberhaus, Lars (2015): Musik und bildliche Darstellung. In: Mechtild Fuchs (Hg.): Musikdidaktik
Grundschule. Theoretische Grundlagen und Praxisvorschläge. 1. Auflage. Innsbruck, Esslingen, Bern-
Belp: Helbling, S. 284–296.
19
6. Anhang
Themenkarten zur Unterrichtsreihe Musik:
Themenkarten zur Unterrichtsreihe Deutsch:
19
„Baupläne“ der beiden Gedichte
Reflexionskarten
20
Arbeitsblatt zur Differenzierung
21
Arbeitsauftrag für Gruppe A, die diese Woche Zuhause lernt.
1. Übertrage den Bauplan des Elfchens in dein Dichterheft
Schreibe nun ein selbstgeschriebenes Elfchen sauber ins Dichterheft. Nutze dazu deine Entwürfe oder Ideen aus dem Krickelheft.
2. Übertrage den Bauplan des Wirrwarr-Gedichts in dein Dichterheft
Schreibe nun ein selbstgeschriebenes Wirrwar-Gedicht sauber ins Dichterheft. Nutze dazu deine Entwürfe und Ideen aus dem Krickelheft. Es muss nicht von Tieren handeln, sollte aber auch aus zusammengesetzten Nomen bestehen. Male auf der nächsten Seite ein passendes Bild dazu.
52 Breuer 2012
Teile des Dichterhefts sind den Kopiervorlagen
des Matobe-Verlages entnommen52
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Alle Arbeitsblätter wurden mit dem Worksheet-Crafter selbst erstellt.
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