Ueber die chemischen Verhältnisse des Rutheniums, verglichen mit denen des Iridiums

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XV. Ueber die chemischen Verhaltnisse des Rutheniums,

verglichen mit denen des Iridiurns. Von

DT. c. ChuS. (Bullet . de St. Pc'tersbourg.)

In einer in russischer Sprache verfassten Schrift habe ich meine bisheriqen, bei der Untersuchung des Platinriickstandes ge- machten Erfahrungen zusammengestellt. Spster gedenke ich, eine mit ZusItzen vermehrte dentsche Uebersetzung dieser Ab- handlung herauszugeben. Da aber diese Arbeit bis auf unbe- stimmte Zeit hinausgeschoben werden muss, so theile icli hier die Kesultate meiner neueren Untersuchungen iiber das Ruthenium summarisch mit , mir vorbehaltend , die Einzelheiten i n meiner ausfiihrlichen Ahhandlung genauer anzugeben.

Uas Ruthenium findet sich in den Hiickstiinden sowohl des russischen, als auch des amerikanischen Platinerzes , jedoch in der geringen l e n g e von 1-148. Ee ist ein Bestandtheil des Osmium-Iridiums, in welchem es zngleich mit Platin und Rhodium vorlrommt. Die bisher von mir analysirten Varietdten dieses Nine- rals enthielten 5-6: Ruthenium, 10s Platin, 14 -28 Rhodium, nebst Spuren von Kupfer, Eisen und Palladium. Anch das von H e r m a n n aufgestellte Irit enthalt bedeutende Antheile von Ruthenium (3$), Platin und Rhodium, neben einer vorwaltenden Menge von Osmium, Iridium und von Oxyden des Chroms, h i - diums und Eisens. Das Ruthenium kommt nicht in dem in Iio- nigswasser loslichen Theile des Platinerzes vor und wurde in den Platinruckstiinden aufgefunden, weil diese stets Osmium-Iri- dium enthalten.

ZurDarstellong des Ruthenium hediene ich mich gegenwirtig folgender, sehr leicht ansfiihrbarer Methode, welche ein sehr rei- lies Metal1 liefert. Osmium-Iridium wird in einem Niirser von Gusseisen zu einem moglichst feinen Pulver zerrieben, hierauf werden die VOII dem Morser abgeriebenen Eisentheile mit Salz-

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saure ausgezogen, und dam, mit Kochsalz gemischt, in einer Por- cellanrohre, beim Rothgluheu mit feuchtem Chlorgase behandelt. Die zum Theil aufgeschlossene l a s s e zieht man mit kaltem de- stillirtem Wasser aus, setzt znr concentrirten, rothbrannen, fast undurchsichtigen Losung einige Tropfen Ammoniak hinzu und erwlrmt in einer Porcellanschale. Bierbei fiillt ein voluminiises, schwarzbraunes Priicipitat h e m s , bestehend aus Ruthenium und Osmiumoxyd. Dieses wird nach dem Auswaschen mit einer hin- reichenden Menge Salpetersaure in einer Ketorte bis zur Trockene abdestillirt , wodurch das Osmiumoxyd als Saure entweicht. Das in der Retorte zuriickgebliebene Rutheniumoxyd wird hierauf mit Salpeter nnd kieselfreiem Aetzkali in einem Tiegel von reinem Silber eine Stunde liindurch miiglichst stark gegliiht, darauf die erkaltete Nasse mit destillirtem Wasser ausgezogen , die Losung in einer verschlossenen Flasche zum Abklaren stehn gelassen, die pomeranzengelbe Losung von dem Bodensatze mit einem Heber abgezogen ond endlich mit Salpetersiiure *) neutralisirt. Es setzt sich hierbei ein sammetschwarzes, voluminoses Rutheniumoxyd ab, welches, gut ausgesiisst und getrocknet, in einem Strome von Wasserstoffgas in der Gliihhitze reducirt wird. Bur durch Re- duction dieses Oxyds erhalt man das Ruthenium in metallisch gliinzendem Zustande.

Diese Methode der Trennung des Ruthenium yon deli iibri- gen Platinmetallen, rnit Ausnahme des Osmiums, griindet sich auf das Verhalten des Rutheniumsesquichloriirs, bestehend darin, dass die wtissrige Losung desselben beim Erhitzen in Rutheniumsesqui- oxydnl und freie tjalzsaure zerfillt. Das Osmium-Iridium mnss, um es vollkommeu aufzuschliessen, z u wiederholten Malen rnit Ghlor behandelt werden.

Das Ruthenium , auf diese Weise dargestellt, ist vollkommen rein, besteht aus metallglinzenden, grauweissen, eckigen, kleinen Stiicken, welche poros und den] Iridium sehr ahnlich sind. Das

*) Fiillt man die Liisung des rutheniumsauren Kali’s mit Schwefelslare, so gewinnt man bei der Reduction des Oxyds stets ein schwefelhaltiges Metall, weil das gefiillte Oxy-d immer etwas von der S % m aufnimnit, mit welcher das rutheniumsanre Kali zersetzt wurde. Dieser geringe hutheil von Schwefel l a s t sich beim Gliihen mit Wasserstoffgas schwierig entfernen, doch sehr lcicht, wenn man das Metall an der Luft stark g l iht , wobei es inOzyd ubergeht und der Schwefel als Schwefelslure entweicht.

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specifische Gewicht dieses porosen Rutlieniums ist gering , nam- lich 8,6 bei 16" C. ; liochst wahrscheinlich aber steht es anSchwere dem Iridium nur wenig nach, denn auf ahnliche Weise aus dem Iridiumoxyde Ir 0, dargestelltes, poroses Iridium zeigte ein spe- cilisches Gewicht von 9,8. Es ist sehr sprode u n d h s s t sich sehr leicht zu einem feinen schwarzgrauen Pulver zerreiben, schwer schrnelzbar, da es in der Flamrne des KnallgeblHses nur schwach zusammensintert. Seine Loslichkeit in Sauren ist eben so gering als die des Iridiums und Rhodiums; denn behandelt man es mit Konigswasser, so lost sich nur ein sehr geringer Antheil davon auf. Niichst dem Osmium hat das Ruthenium unter allen Platin- metallen die grosste Neigung, sich mit dem Sauerstoff zu verbin- den, denn es oxydirt sich sehr leicht beim Gliihen an der Luft und vor der oxydirenden Flamme des Lothrohres zu einem blau- schwarzen Oxyde. Beim Gliihen mit Kali oder Salpeter oxydirt es sich hoher und geht in Rutheniumsaore iiber.

Oxyde des Rutheniums.

Die Verhaltnisse der Oxydationsstufen des Rutlieniums sind denen des Iridiums ganz gleich. Es giebt deren 1, niimlich :

1) Das Rutheniurnomjdd, Ru 0 , wird erhalten, wenn man ein Aequivalent Rutheniumchloriir Ru CI,, mit etwas mehr als einem Aequivalente kohlensaoren Natrons innigst gemischt, in einer Atmosphlre von Kohlenslore stark gliiht und die gegliihte Masse mit Wasser auswascht. Das Alkali lost eine geringe Menge des Oxyduls mit biaugriiner Farbe und Iiisst das Oxydul als schwarzgraues Pulver zuriick. Es ist wasserleer, enthdt kein Alkali und lost sich nicht in Sauren.

2) Das Sesqzcioxydul, Ruz 0,.

a) Wusserleeres. Bildet sich beim anhaltenden Gliihen des feinzerriebenen Metalles. In sehr kurzer Zeit absurbirt es 18s Sauerstoff, hierauf schreitet die Oxydation sehr langsam wei- ter, bis es nach ein paar Stunden nahe an 248 absorbirt hat. Das Sesquioxydul hat eine blauschwarzeFarbe und ist unloslich in Slu- ren. Bei sehr anhaltendem Weitergliihen nimmt es sehr wenig an Gewicht zu, was andeutet, dass es auf diese Weise noch hoher oxydirt werden kann.

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b) Das Hydrat, Rug 0 3 , + Aq3, fiillt als ein schwarzbrau- nes Yriicipitat nieder, wenn man die Losung des Rutheniumsesr~uE- chloriirs mit reinen oder kohlensauren Alkalien behaudelt. Es enthalt, selbst nach dem sorgfdltigsten Auswaschen, stets 3-4 $ Alkali, lost sich leicht rnit pomeranzengelber Farbe in Sluren und zeigt heim Erhitzen in einer Atmosphiire von Kohlensaure ein plotzliches, starkes Ergliihen , wobei es wasserleer und unloslich wird. Das Hydrat lost sich nicht in einem Ueberschusse von Al- kalien.

3) Das Oxyd, RU 0,.

a) Wasserleeres geminnt man beim anhaltenden Gliihen des durch Schwefelhydrogen dargestellten Sulphuretes. Es hat eine schwarzgraue, in’s Griinliche spielende Farhe und ist unloslich in Sauren.

b) Elydrat. Bildet sich in ger inger lenye , wenn die Losung des Chlorids Ru C1, mit wenig Alkali erhitzt mird. Es fallt als gelbbraunes, gelatinoses Pracipitat heraus, hat grosse Aehnlich- keit mit einem unreinen Rhodiumoxyde, lijst sich mit gelber Farbe in Sauren und giebt bei der Concentration eine rosenrothe Lo- sung. Es enthalt sehr vie1 -4lkali und scheint sich auf nassem W e g e sehr leicht in einem Ueberschusse von Alkalien zu losen. Dieses Oxyd ist jedoch noch nicht analysirt worden.

Die ohigen Oxyde werden in der Gliihhitze nicht zu Metall reducirt. Mit Hydragen bei gewohnlicher Temperatur behandelt, reducirt sich das Oxydul, das Sesquioxydul jedoch nur beim Er- hitzen.

Diese Oxydationsstufe ist im isolirten Zustande noch nicht bekannt. Sie findet sich als basisch- rutheniumsaures Kali in der Losung des mit Kali und Salpeter oder chlorsaurem Kali gegliihten Metalles. Die Analyse dieser Verbindung hat Resultate gegeben, welche obiger Formel ~011- kommen entsprechen. Das rutheniumsaure Kali konnte bisher noch nicht krystallinisch dargestellt werden, weil die Losung desselben sich ungemein leicht zersetzt und in Sauerstoff und ein schwarzes Oxyd zerfallt. Die Losung des rutheniumsauren Kali’s hat eine prachtig orangengelbe Farbe, ist vollkommen neutral, wenn man bei der Darstellung nicht zu vie1 KaIi und Salpeter genotnmen hat ; ihr Geschmack ist stark zusammenziehend, wie Gerbsaure,

Es besteht in 100 Th. aus 76,5 Xu und 23,5 0.

4) Rutheniumsuure, Ru 0,.

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und sie farbt die Haut sogleich schwarz, durchAblaperunq des aus der Saure reducirten Oxyds. Sauren fallen darans ein schwar- zes Oxyd, welches der Analyse-nach die Zusammensetzung Rn 0, zu haben scheint. Da jedoch dieses Oxyd stets einen geringen Antheil der Saure enthiilt, durch Hiilfe deren es gefallt wurde, so wird die Analyse sehr schwierig und unsicher. Gegenwartig wird es mir sehr wahrscheinlich, dass dieses Oxyd nichts Anderes als Sesquioxydul ist.

Chloride des Ruthenizms.

Mit dem Chlor verbindet sich das Ruthenium in drei verschie- denen Verhaltnissen.

1) Rutheniumchloriir , K u CI,.

a) Utdosliclies bildet sich, wenn man pulverf6rmiges Ku- thenium in einer Kugelrohre bei schwacher Gliilihitze Iiingere Zeit hindurch niit trockenem Chlorgase behandelt. Hierbei wird mit dem Strome des Gases ein gelbbrauner Dampf von Ruthenium- sesquichlorur verfluchtigt, und in der Bugel bleibt das Chloriir als sohwarzes krgstallinisches Pulver zuriick , ohne dass das Metall an Volumen merklich zugenommen hat. M i t der Loupe bemerkt inan einige stark glznzende Krystalle. Man kann jedoch selten das Metall bei einmaligem Behandeln mit Chlor vollkommen satti- gen, sondern man muss das Chloriir fein zerreiben und nochmals mit Chlor behandeln ; dann erst erhiilt man ein Product, wvelches bei der Analyse eine obiger Formel entsprecbende Zusammen- setzung zeigt.

Das Chloriir ist vollkommen uuloslich in Siiuren, selbst Konigs- wasser greift es nicht an, Wasser zieht nur eiue Spur gebildeten Sesquichloriirs aus. Auch Alkalien wirken wenig darauf ein. Dampft man dariiber eine concentrirte Auflosiing von Aetzkali bis zur Trockne ab, zieht das Alkali mit CVasser aus und behan- delt den Ruckstand mit SalzsBure, so erhalt man nur eipe geringe Menge geliist , mit griinlicher Farbe, wdhrend das 8Ieiste.unge- lost bleibt, selbst wenn man es mit Kihigswasser behaudelt. Die Losung nimmt beim Erhitzen die Farbe des Sesquichlo- riirs an.

Wenn man die Losung des Rutheniumsesyui- ehloriirs langere Zeit mit Schwefelhydrogen behanttelt, so fallt

b) Losliches.

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ein braunes Schwefelmetall heraus, und die Fliissigkeit nimmt die charakteristische schijne blaue Farbe an. Man kann das freie Schwefelhydrogen aus dieser Flussigkeit durch einen Strom atmo- spharischer Luft entfernen und hat dann eine Losung des blauen Chloriirs mit freier Salzsiiure. Diese Losung scheint mir die des Chloriirs zu sein, obgleich ich fur die Richtigkeit dieser Ansicht nicht stehen kann. lileine Griinde dafiir sind folgende: 1) Die hoheren Chloride aller iibrigen Platinmetalle werden durch die Wirknng des Schwefel!iydrogens in niedere Chlorverbindungen ubergeftihrt. 2) Das Sesyoichlorur des Rutheniums nimmt heim starken Erhitzen, unter Entwickelung von Chlor, eine griine (ein Gemenge von blanem Chloriir und gelbbrauiiem Sesquichloriir), stellenweise eine blaue Farbe an. Man kann jedoch durch’s Er- hitzen des Sesyuichlorurs kein reines Chloriir darstellen, weil es theilweise i n ein basisches Salz zerlegt wird. Durch Analysen kann man niclit auf directem Wege die Zusammensetzung dieser Losung bestimmen, weil sie sich sehr leicht zersetzt u n d beim Ab- dampfen in Sesquichloriir iibergeht ; auch bildet sie mit Chlorka- lium kein Doppelsalz, das durch Alkohol fallbar ware. Ich suchte daher auf indirectem Wege mir eine Vorstellung von der h a m - mensetzung dieser blauen Verbindung zu verschaffen und fiillte das Oxyd durch Aetzliali. Die Zusammensetzung dieses Oxyds entsprach der Formel Ru, 0,. Dieses negative Resultat kann jedoch nicht als Gegenbeweis wider meine Ansicht dienen, weil ich die Bemerkung. geniacht habe, dass die niederen Oxydations- stufen mehrerer Platinmetalle, welche auf nassem Wege darge- stellt werden, sehr oxyphorische Substanzen sind, welche gleich dem Eisen - und Mauganoxydule sich hoher oxydiren *).

2) Rzitheiz~~smsesqziichlorur , Ru, CI,. Man erhalt es durch Ariflijsen des aus dem rutheniumsauren Kali gefallten, schwarzen Oxyds i n Salzsaure und Abdampfen zur Trockene. Es stellt eine hraungelhe, krystallinische, sehr hygroskopische, zerfliessliche Masse dar, welche beim starkeren Erhitzen dunkel- griin, an einigen Stellen blau wird. Das braune Sesquichlorur

*) Als Belege fur die Ansicht, dass die blaue Verbindung das Chloriir sein kiinne, mag noch der Umstand nngefiihrt werden, dass auch andere Re- dnctionsmittel das Sesquichlorijr blau fiirben, als z. B. Zink nnd Qnecksil- bercyanid.

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lijst sich unter Riicklassung einer geringen Menge gelbbraunen, hasischen Salzes mit schiiner pomeranzengelber Farbe in Wasser und Alkohol. Es hat einen rein zusammenziehenden, nicht me- tallischen Geschmack. Eine der ausgezeichnetsten Eigenschaf- ten dieses Chloriirs ist die, dass seine Losung beim Erhitzen sich in schwarzbraunes Oxyd und freie Salzsaure zersetzt.

Die Losung zeigt folgende Reactionen :

a) Alkalien, atzende und kohlensaure, dreibasisches phos- phorsaures Natron fiillen bei gewiihnlicher Ternperatur schwarz- braunes Rutheniumsesquioxydul-Hydrat, welches in einem Ueber- schusse des Fallungsmittels nicht geliist wird. Bei dieser Fallung bleibt jedoch ein Afitheil des Oxyds in der Fliissigkeit, - ein Verhalten, das alle Platinmetalle zeigen.

b) Boraxlosung bewirkt bei gewohnlicher Temperatur keine Fiillung, jedoch entfarbt sich die Fliissigkeit und wird griinlich- gelb.

c) Ameisensaures Natron entfiirbt beim Erhitzen die Lo- sung des Sesquichloriirs, ohne metallisches Ruthenium zu fallen.

d) Haliumeisencyaniir entfarbt anfangs die Losung, welche nach einiger Zeit griin wird.

e) QuecksiZbercyanid bewirkt , unter Fallung eines blau- schwarzen Niederschlages, eine blaue Fiirbung.

f) Zink fiirbt die LiSsung lasurblau, hierauf fallt Ruthenium heraus und die Fliissigkeit entfarbt sich.

g) Ammoniumsulphhydrat fallt ein schwarzbraunes Sulphuret, ein geringer Antheil bleibt gelost mit gelblicher Farbe. Dieser Niederschlag lost sich sehr wenig in einem Ueberschusse des Fal- lungsmittels.

h) Die concentrirte Losung des Sesquichloriirs giebt mit Chlorkalium und Chlorammonium krystallinische, in’s Violette spie- lende Niederschlage.

Diese Verhindung ist noch nicht im isolirten Zustande dargestellt worden ; sie findet sich aber in dem Doppelsalze des Kaliumrutheniunichlorids, dessen Darstellung spgter angefiihrt wird. Es hat eine rosenrothe Farbe und ist von dem Rhodiumchloride Rua CIG fast nicht zu unter- scheiden.

Beim Erhitzen fillt Sesquioxydalhydrat heraus.

3) RutheniumchZorid, Ru CI,.

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2 K CI, + Ru, C1,.

Diese Verbindung ist Yoti mir schon friiher beschrieben worden. Aus ilirer Zusammensetzung wurde das Atomgewicht des Ruthe- lliuins berechnet, welches dem Atomgewichte des Rhodiums=651 gleich z u sein scheint. Die Analysen der iibrigen Verbindun- gen des Rutheniums haben diese Annalime vollkommen bestatigt.

Dieses Salz ist i m krystallisirten Zustande glinzlicli unloslich in starkem Weingeiste und theilt in dieser Beziehung die Eigen- schaften aller Chiorverbindungen anderer Plntinmetalle mit Chlor- kalium und Chlorammonium ; wenn jedoch das Salz noch unkry- stallisirt in einer concentrirten Auflosung enthalten ist, so schlagt Weingeist nur einen Theil nieder, wahrend ein anderer gelost bleibt. Wenn ferner die Losung dieses Salzes mit einem anderen, in Alkohol Ioslichen Chloride gemisclit und bis zur Trockene ab- gedampft, dann rnit Alkohol digerirt wird, so lost sich nm so mehr Rutheniumsalz auf, j e grosser die Menge des loslichen Chlorids ist. Diese Eigenschaft besitzen auch die Doppelsalze anderer Platinmetalle , namentlich das in Alkohol vollig unlosliche Natrium - Rhodiumchlorid. Das Kaliumrutheniumsesquichloriir ist fast unloslich in einer concentrirten Auflosung des Salmiaks, und dieser Losung habe ich mich bedient, um das Salz von eiirer Bei- mengung von Chlorkalium zu befreien, was durch's Auswaschen mit Weingeist sehr schwer gelingt. Das Chlorammonium lasst sich dann leiclit init Weingeist ausziehen. Auch die 1)oppelsalze des Iridiums, Platins und Palladiums sind fast unloslich in Sal- Iniaklosung , wiihrend die S a k e des Rhodiums davon geIost werden.

2) Snzmaoniuna-Ruthe92iumsesqu~c~iloriir, 2 N, H, CI, +Ru2 CI,. Wenn die Llisnng des schcvarzen Oxyds in Salzsaure, mit Chlor- ammonium gemischt, stark concentrirt wird, so krystallisirt diese Verbindong heraus. Durch's Auswaschen mit Weingeist von 70" Alkoholgehalt Iasst es sich leicht von einem Ueberschusse des Chlorammoniums befreien. Das Salz ist dem Kalisalze so ahn- lich, dass man es dem Ansehen nach davon nicht unterscheiden kann; es krystallisirt i n Octaedern und cubischen Tafeln. Beim

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Gluhen in einer Atmosphlre von Wasserstoffgas hsst es 32,7$ Metall zuriick. Obgleich diese beiden Salze zietnlich schwer 16s- lich in Wasser sind , S O krystallisiren sie doch schwer aus einer sehr concentrirten Auflosung.

3) ivatriuna-Ri~theniumsesquichloriir. ? Diese Verbindung konnte nicht krystallisirt und in einem solchen Zustande darge- stellt werden, dass es zur Analyse mit Zuverlassigkeit hatte an- gewendet werden konnen. Es wurde eine lirystallinische, zer- fliessliche, in M'eingeist leicht losliche, braanrothe l a s e erhal- ten, welche heim Erhitzen sich blau und griin fiirbte und sich da- lier wie ein Gemenge von Chlornatrium und Rutheniumsesquichlo- riir verhielt.

Chlorbaryum mit dem Rutheniumsesquichlorure verhielt sich ganz ghnlich wie Chlornatrium.

4) Kalium - RzdheniumchZorid, B C1, + Ru GI,. Diese Ver- hindung wurde auf folgende Weise dargestellt. Man gliiht Ruthe- nium mit einer bedeutenden Menge Salpeter in einem Silbertiegel 2 Stunden hindurch, weicht die Masse in Wasser auf und digerirt sie mit Salpetersiure. Der dunkelbraunen Losung setzt man Salzsaure hinzu und concentrirt sic durch Abdampfen, wobei sie die Farbe des Sesquichloriirs annimmt. Hierauf lasst man s ie einige Zeit stehen, damit sich der grossere Theil des Salpeters herauskrystallisire, und giesst die Losung von den Hrystallen ab ; diese wird nun so lange abgedampft, bis sie beim ErkaIten zu einem krystallinischen Brei erstarrt. Die krystallisirte Masse giebt man auf ein Filter und wascht s ie mit einer concentrir- ten Salmiaklosung so lange aus, bis aller Salpeter und das freie Chlorkalium entfernt ist und ein fein krystallisirtes, rothes Salz zuruckhleibt. Zuletzt wascht man den Salmiak mit Weingeist von 70 $ Alkoholgehalt vollkommen aus *).

Das Salz erscheint als ein braunes, in's Rosenrothe spielendes, krystallinisches Pulver von sehr zusammenziehendem Geschmack. Bei starker Vergrosserung erscheinen die einzelnen Krystalle als durchsichtige, rosenrothe Prismen und sechsseitige Tafeln, welche dem drei - und einaxigen Systeme anzugehoren scheinen. Es ist sehr leicht loslich in Wasser, unlosfich in Weingeist und sehr

*) Man kann es auch darstellen, wenu man das Rntheniumesqnichloriir mit chlorsanrem Kali und freier Salzsinre erhitzt.

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wenig loslich in Salmiaklosung. Die Auflosung in Wasser hat eine tief rosenrothe Farbe und ist der Losung des Rhodiumchlo- rids SO ahnlich, dass beide nicht von einander unterschieden werden konnen. Beim Abdampfen der Losung scheidet sich eine geringe Menge eines grunen, basischen S a k e s ah, und vermischt man sie mit wenig kohlensanrem Kali , so scheidet sich beim Er- warmen ein braungelbes gelatinoses Oxydhydrat ab, welches sehr vie1 Kali enthhlt. Beim Erhitzen in einem PlatinIoffel gerath es in starkes Gluhen u n d wird unter Verpuffung umhergeschleudert. Bei einem grossen Ueberschusse von Kali bildet sich gar kein Niederschlag. Schwefelhydrogen wirkt wenig auf diese Losung ein ; erst nachdem man lange Zeit das Gas hat durchstromen las- sen, wird sie triibe ond milchig (durch Abscheidung von Schwe- fel), und erst spater setzt sich ein gelbbraunesSulphuret ab, wah- rend die Losung noch stark rosenroth gefarbt bleibt. Die blaue Reaction lasst sich in dieser Fliissigkeit nicht hervorbringen, selbst wenn man sie sechs Stunden hindurch mit Schwefelhydro- gen behandelt. Das Salz ist wasserlear und verliert beim Er- hitzen bis 180" C. auf ein Gramm nur einige Milligramme Feuch- tigkeit.

S u l p h u r e t e .

Es ist sehr wahrscheinlich, dass es so viele Verbindungen des Ruthenium rnit Schwefel giebt, als dieses Metall Oxydations- stufen hat. Die Darstellung dieser Verbindungen unterliegt vie- len Schwierigkeiten ; denn behandelt man die Liisungen der ver- schiedenen Chloride mit Schwefelhydrogen, SO erhalt man Nie- derschlage, welche keineswepes jenen Verbindungen entsprechen, soudern stets mehr Schwefel enthalten, also Gemenge von bestimmt zusammengesetzten Sulphureten mit Schwefel sind. Die Analyse dieser Korper ist sehr schwierig, weil sie Eigenschaften besitzen, welche die Resultate der Analysen sehr unsicher machen. Es oxydiren sich gewohnlich die Sulphurete beim Trockueii sehr leicht und gehen zum Theil in ein schwefelsaures Salz iiber. Man muss sie daher mit Wasser, welches mit H, S gesattigt ist, aus- waschen und im Vacuum trocknen. Beim Erhitzen in einer Atmo- sphiire von Kohlensaure ergliihen sie plotzlicli unter schwacher Verpuffung und Entwickelung yon Wasser und Schwefel, wah- rend ein graues, metallisches Pulver zuriickbleibt , welches die

Journ. f. prakt. Cliemie. X,,y91X. 2. 7

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Zusammensetzung Roa S, zu haben scheint. Mit rauchender Salpetersaure oxydiren sie sich sehr schnell unter Ergliihen, Fun- kenspriihen und schwacher Verpuffung. Salpetersaure von 1,2 spec. Gewicht oxydirt sie sehr leicht und lost sie auf. Wird aus diesen Losungen die gebildete Schwefelsaure durch ein Barytsalz gefallt, so schligt sich ein hellgelbes Pulver nieder, welches neben dem schwefelsauren Baryte etwas schwefelsaures Rutheniumoxyd enth8lt, welclies weder diirch Wasser, noch durch Sauren ausgezo- gen werden kann. Je mehr diese Verbindungen Schwefel ent- halten, desto heller sind sie yon Farbe. Unter der nicht unbe- deutenden Anzahl von Sulphureten, welche icli zu analysiren ver- suchte, hatte eins die Zusammeirsetzuiig Ru S l ; es besass im feuchten Zustande eine gelbbrauneFarbe, wurde aber beim Trock- nen schwarzhraun. Diese Verbindung wurde erhalten durch lan- gere Einwirkung des H,S auf die Losunp des Sesquichlorurs. Eiiie andere Verhindung war nach der Formel Ru, S3 zusam- mengesetzt ; sie hatte im feuchten Zustande eiue schwarzbraune Farbe und wurde erhalten, wenn das blaue Chloriir durch Schwe- felammonium gefdl t wnrde. Ich muss hierbei jedoch aufrichtig gestehen, dass ich selbst sehr wenig Werth auf die Resultate die- se r Analysen lege. Auf directem W e g e scheint sich das Ruthe- nium mit dem Schwefel nicht zu verbinden ; denn erhitzt man ein Gemenge von l e t a l l und Schwefel in einer Atmosphare von Koh- lensaure, so nimmt man keine Erscheinung wahr, welche auf eine chemische Einwirkung hindeutet ; der Schwefel dunstet und destil- lirt ab, und das Ruthenium hat nur einigeprocente an Gewicht zu- genommen.

Sa u e r s t o f fsal zj e.

Ueber diese Reihe von Verbindungen habe ich wenig Erfah- rung, weil mir das Material ausging und ich daher diesem Theile der Geschichte des Rotheniums weniger Aufmerksamkeit schenken konnte. Im Allgemeinen sind die Oxyde dieses Metalles sehr schwer loslich in Sauerstoffsauren, und ihre Darstellung witd da- durch sehr schwierig. Nur ein schwefelsaures Salz lasst sich leicht darstellen, wenn man das Sulphuret mit Salzsaure oxydirt und die Losung abdampft. Wan erhalt eine stark saure, dunkel- braune, klebrige Masse, welche stark Feuchtigkeit anzieht. Er- hitzt man diese bei 180" C., so blaht sie sich stark auf, es ent-

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weicht Schwefelsaure und das Ganze trocknet zu einer sproden, glanzenden, pomeranzengelben Masse ein, welche, zu Pulver aer- rieben, dem Musivgolde ahnlich ist, Feuchtigkeit anzieht, klebrig wird und sich mit gelber, in’s Rothliche spielender Farbe in Was- ser liist. Diese Verbindung hat die Zusammensetzung Ru O,+SOp Es ist necitrales schwefelsaures Rutheniumoxyd. Es hat einen sehr zusammenziehenden, etwas sauren Geschmack, lost sich leicht in Wasser, und diese Losung wird nur schwierig von H,S affi- cirt ; Alkalien bringen anfangs gar keine Reaction hervor, erst beim Abdampfen scheidet sich das gelbbraune, gelatinose Oxyd- hydrat aus. Die Gewinnnng dieses Salzes aus einem Sulphurete, welches aus einer Sesquichloriirlosung gefallt worden war, liefert den Beweis, dass die Sulphurete mit einem Ueberschusse yon Schwefel herausfallen. Gliiht man das trockene, schwefelsaure Salz, so entweicht die Schwefelsaure iind es bleibt ein Oxyd zu- ruck, Ru 0,, von schwarzgrauer Farbe, mit einem metallischen Glanze in Grun und Blau schillernd.

Bei der vergleichenden Untersuchung des Rutheniums und des Iridiums habe ich die Ueherzeugung gewonnen , dass man das reine Iridium bisher nicht gekannt, sondern Gemenge von Iridium und Ruthenium untersucht hat; daher haben sich denn auch meh- rere chemische Verhaltnisse bei meiuer Untersuchung ganz anders herausgestellt, als bei den Arheiten meiner Vorganger. Nament- lich hat Herr v. B e r z e 1 i u s hei seiner vortrefflichen Bearbei- tung der chemischen Geschichte der Platinmetalle ein ruthenium- haltiges Iridinm unter Handen gehabt, wie aus folgender Eror- terung unwiderleglich hervorgeht.

Hr. v. B e r z e 1 i II s *) giebt an, dass das Iridium, mit Salpeter oder Kali gegluht, eine braune Masse gebe, welche sich zum Theil in Wasser mit tief gelbbrauner Farbe lost. Diese Losung zersetzt sich sehr leicht durch die geringsten reducirenden Ur- sachen und lasst ein schwarzes Oxyd fallen. Der andere, in Was- se r unlosliche Theil der gegliihten Masse giebt, mit Salzsiure di- gerirt, ohne sic11 vollstdndig zn losen, eine dunkelbraune Auf- losung, welche Sesquichloriir enthalt.

Auf angegebene Weise verhalt sich jedoch nur das Ruthe- -

*) P o g g e n d o r f f ’ s Annalen, Bd. XIII. 7 *

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nium oder ein Ruthenium haltiges Iridium, wihrend das reine Iri- dium bei dieser Behandlungsweise ein von jenem durchaus ver- schiedenes Verhalten zeigt. Daher hatten auch das daraus darge- stellte Iridiumsesquichloriir und seine Doppelsalze Eigenschaften, welche nur dem Rutheniumsesquichloriir ziikommen , namentlich seine dunkle Farbe, die bedeutende tingirende Kraft , die Eigen- thiimlichkeit, unter gewissen Bedingungen seine Farbe in Blau, Violett, Roth und Griin umzuwandeln, und die dem reinen Iridiom- sesquichloriire keinesweges zukommende Eigenschaft, mit A Ika- lien einen braunen Niederschlag zu geben.

Das reine Iridiumsesquichloriir Ir, el6, namentlich das Ka- liumdoppelsalz, ist von mir dargestellt worden*). Es hat nur eine geringe, hell olivengriine Farbe und ist, zu Pulver zerrieben, fast weiss , liist sich leicht mit griingelblicher oder riilhlicher Farbe in Wasser und veriindert seine Farbe nicht**). Alkalien bringen in dieser Losnng keine Fdl i ing hervor; erst nach l in - gerer Zeit und beim Abdampfen fiirbt sich die Fliissigkeit blau und es fi l lt ein blaues Oxyd heraus. Es krystdllisirt in kleinen, selir

*) B e r z e l i u s ’ s Jahresbericht, 1845. S. 297. **) B e r z e 1 i n s” s Jahresbericht, 1845. S. 355. Herr V. B e r z e 1 i u s

hegt einige Zweifel iiber meine Angabe, dass das von ihm dargestellte Ka- liumiridiumaesquichloriir seine dunkle Farbe blos von einer Beimengung des Rutheniumsesiuichlorurs erbalten habe, und giebt als Gegenbeweis meiner Meinung das Factum a n , dass die Liisung des Kaliumiridiumchlorids beim 4bdamyfen bia zu einem sehr geringen Volumes, unter scheinbarer Ent- wickelnng von Chlor, sich intensiv chromgriin and. blau fiirbe, wobei das Salz seine Krystallisirbarlieit und Schwerliislichkeit einbiisst. Diese Erscheinung ist auch von mir bemerkt und in meiner ersten Abhandlung iiber den Platin- riickstand mitgetheilt worden. Diesea Verhalten kiiunte nur beweiseu, dass eine Verbindung yon Cblorid- und Sesquichloriirdoppelsalz, wofiir es von B. gehalteu wird, diese intensive Farbe besitze, nicht aber dass das reine, ungemengte Sesquichloriir eine dunkle Farbung habe. Such ist es keines- wegea schon ansgemacht, dass jene merkwiirdige Metamorphose des Chlorid- d z e s in einer theilweisen Reduction zu Sesquichloriir bestehe. Ich habe Grund, es zu bezweifeln , denn wird ein Gemenge von Sesquichloriir rnit Chlorid abgedampft , so tritt diese Erscheinung nicht ein, und reducirt man das Chlorid mit Zinnchloriir , so bemerkt man eine regelmiissig fortsehrei- teride Abnahme der Intensitat der Farbe, ohne auch im geringsten die dunkle Farbe des durch Abdampfen metamorpbosirten Chlorids wahnonelmen. Mir scheint es vielmehr wahrscheinlich, dass das Chlorid in eine von mir bemerkte indigoblaue , isomere Modification verwandelt werde, welche mit dem uoch unveranderten, rothbraunen Chloride die intensiv Chromgrune FSr- bung hervorbringt. Das reine Iridiumsesqnichloriirsalz hat stets die helloli- vengriiue Farbe, welche nicht veriindert wird, man mag die Liisung abdam- pfen, so oft man will. Nur durch Einwirknng yon Salpetersiinre geht ea sehr leicht in Chlorid iiber.

v e r g Ii c h e n m i t d e n e 11 d e s I r i d i u m s. 101

glanzenden, augitformigen Krystallen , welche nach der Formel 31i CI, + Ir2 CI, + Ays zusammengesetzt sind. Beim Trock- nen i n schwacher Warme verlieren sie ihr Wasser, werden un- durchsichtig und heller von Farbe.

Gluht man 1 Theil Iridium mit 5 bis 6 Theilen Salpeter zwei Stunden hindurch in einem Silbertiegel, so erhl l t man eine schwarzgruue Masse, welche sich zum Theil in Wasser mit tief in- digoblauer Farbe lost (basisches iridiiimsaures Iiali), wahrend ein schwarzes krystallinisches Pulver zuriickbleibt (saures iridiumsau- res Kali). Dieses Pulver ist nach dem Auswaschen vollkommen neutral und geschmacklos, entwickelt beim Uebergiessen mit Salz- sdure sehr vie1 Chlor und lost sich, wenn gleich sehr langsain, mit indigoblauer, sehr intensiver Farbe vollkommen auf. Es besteht das Pulver in 100 Theilen aus:

61,79 Iridium, 11,89 Kali, 14,99 Sauerstoff, 11,33 Ay.

Das blaue Chlorid ist sehr unbestandig und farbt sich schon nach mehreren Stunden chromgriin (ein Gemenge von blauem und rotlibraunem Chloride), spiiter geht es beim Erwarmen in das gewiihnliche rothbraiine Chlorid Ir CI, iiber, wobei das Ka- liumdoppelsalz herauskrystallisirt. Alkalien veriindern weder die Farbe dieses blanen Chlorids, noch bringen sie einen Nieder- schlag hervor ; dampft man aber die Flussigkeit ab, so fd l t blaues Oxydhydrat Ir O2 + Aq2 heraus. Ueber die Zusammensetzung dieses blauen Chlorids bin ich noch nicht im Reinen, da es sich nicht in fester Form darstellen Iiisst, sondern nur als Losung er- halten wird, welche sehr wenig haltbar ist und leicht in das ge- wiihnliclie rothbraune Chlorid iibergeht. Hiichst wahrscheinlich isk es eine isomere Modification des rothen Chlorids, denn da es durch Reduction der Iridiumsaure Ir 0,, unter starker Chlor- entwickelung, entsteht, so muss es eine niederere Chlorstufe als die sein, welche der Iridiumsaure entsprechen konnte; da es fer- ner ohne Concurrenz eines Oxydationsmittels in das Chlorid iiber- geht, so kann es keine iiiederere Chlorstufe als dieses sein. Es bleibt also nichts Anderes iibrig als anzunehmen, dass es entwe- der eine chemische Verbindung des gewohnlichen rothbraunen Chlorids mit Salzsaure , oder eine eigenthiimliche Modification des gewohnlichen Chlorids I oder aber ein Chlorid sei, welclies zwischen der Iridiumsaure und dem Oxyde mitten inne steht und

102 C l a u s : U e b . d i e chem. V e r h a l t n i s s e d e s R u t h e n i u m s ,

die Zusammensetzung Ir, + CI,, hat. Letzteres ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich.

Wird das Iridium mit Salpeter nicht in gehoriger Menge, oder nicht stark und anhaltend genug, gegliiht, so bleibt ein Theil Me- tall nicht gehorig oxgdirt zuriiclr; das saure iridiumsaure Kali ent- halt Metall, lost sich nicht mehr vollstdndig in Salzsdure und giebt bei der Analyse Resultate, welche der Zusnmmensetzung des Iridiumoxyds entsprechen.

Da nun die eben beschriebene Oxydationsstufe Ir 03, wie zu vermuthen war, eine Saure ist, so fragt sich, was das Iridiumses- quioxyd Ir O3 und das Sesquichloriir Ir CI, sei.

Ungeachtet ich mir sehr vie1 Miihe gegeben habe, ist es mir doch bisher nicht gelungen, aus dem Iridium auf die von Hewn v. B e r z e l i u s angeyebene Weise das Kalium -1ridiumsesqd- chlorid darzustellen. Gleich anfangs gerieth ich auf die Ver- muthung, dass dieses Salz miiglicher Weise eine Rutheniumver- bindung sein konne ; auch wurde diese Verbindung zur Wahr- scheinlichkeit, als ich das Ruthenium im Osmium-Iridium auffand, aus welchem Herr v. B e r z e l i u s jenes Salz dargestellt hatte. Allein da mir anfangs nur das Sesquichlorur dieses Metalles be- kannt war, welches eine pomeranzengelbe Lijsung giebt, von Alka- lien schwarz gefallt wird und mit H,S die bekantrte lasurhlaue Reaction giebt, wlihrend das Iridiumsesquichlorid sich in Wasser mit der Farbe des Rhodiumchlorids lost, mit Alkalien einen gelb- braurien Niederschlag giebt nnd von H,S nur wenig aflicirt wird, so blieben noch einige Zweifel ubrig. Diese Zweifel wur- den beseitigt, als es mir gelang, das Rutheniumchlorid - Doppel- salz darzustellen , welches auch in allen einzelnen Reactionen mit dem Iridiumsesquichloride ubereinstimmt. Das aus diesem Salze rediicirte l e t a l l gab, mit Salpeter gegluht, die bekannteReac- tion und bei der Behandlung eines Gemenges mit Kochsalz und Chlor das Rotheniumsesquichloriir. Zwar sind die analytischen Resultate iiber die Zusammensetzung dieser beiden Salze sehr ver- schieden nusgefallen, allein dieser Umstand kann nicht als Gegen- beweis wider meine Ansiclit dienen, da ich ein reines, aus Ruthe- nium dargestelltes Salz analysirte, wahrend Herr v o n B e r z e - 1 i u s , wie die Darstellungsweise nachweist und er selbst zugiebt, ein unreines , Kalium - Iridiomchlorid haltiges , welches hochst wahrscheinlich auch eine Beimengung von freiem Chlorkalium

v e r g l i c h e n in i t d e n e n d e s Tridiums. 103

enthielt, untersucht hat. Dass aber sein Salz eine Ruthenium- verbindung enthalten musste, geht aus der Darstellungsweise und dem Umstande hervor, dass die Rutheniumchloriddoppelsalze bei weitem loslicher als die des Iridiums sind.

Die Zusammensetzung des Rutheniumchloridsalzes war in 100 Theilen folgende:

26,82 Ruthenium, 35,50 Chlor, 37,68 Chlorkalium.

Nach der Rechniing musste sie seiii:

26,39 Ruthenium, 35,83 Chlor, 37,78 Chlorkalium.

Das fialiuin-Iridiumsesqoichlorid von B e r z e I i u s gal) :

23,92 Iridium, 24,18 Chlor, 51,91 Chlorkalium.

Das Metall dieses Salzes war sehr leicht mit Iridium zu ver- wechseln, weil es, mit Kochsalz gemischt und mit Chlor behan- delt, stets das Rutheniumsesquichlorur giebt , dessen Losung S O

grosse Aehnlichkeit mit dem Iridiumchloride hat, dass eine lan- gere Bekanntschaft mit dem Gegenstande dazu gehort, um sie un- terscheiden zu lernen. Auch ich habe das Ruthenium, nachdem ich schon einige seiner ausgezeichnetsten Eigenschaften erkannt hatte, zu wiederholten Malen fur Iridium gehalten, denn die cha- rakteristische blaue Reaction l&st sich nicht immer hervorrufen, namentlich nicht in den Sauerstoffsalzen und der hoheren Chlor- stufe. Auch ist die ebenfalls charakteristische Reaction mit Sal- peter in der Gluhhitze fruher dem Iridium zugeschrieben worden. Erst als ich mehrere Rutheniumverbindungen analysirt und eine vergleichende Untersuchung der Iridiumsalze beendigt hatte, schwanden alle Zweifel uber die Eigenthiimlichkeit des Ruthe- niums.

Man hat bisher das Iridiumsesquioxydul Ir, 0% fur die wich- tigste und am leichtesten darstellbare Oxydationsstuft, dee Jri- diums gehalten ; allein nach meinenErfahrungen kann dieses Oxyd

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iiur unter gewissen Uedingungen erhalten werden. Wird eine Losung des Iridiumsesquichloriirs mit Kali behandelt, so entstehk kein Niederschlag; erst beim anhaltenden Erhitzen farbt sich die Fliissigkeit indigoblau und lasst hieraitf ein dunkelblaues Oxyd, Ir 02 fAq2, fallen, indem zugleich Sauerstoff aus der Luft ab- sorbirt wird. Die dabei stattfindende Sauerstoffabsorption lasst sich durch folgenden Versuch unwiderleglich nachweisen. In eine zur Halfte mit Sauerstotf angefiillte und mit Quecksilber gesperrte Rohre wird ein Gemenge von Kali und Iridiumsesquichlo- riirlosung hineingebracht. Nach einiger Zeit fangt die Fliissig- keit an, sich von oben, an der Beriihriingsfliiche rnit dem Gase, nach unten intensiv violettblau zu farben, steigt in die Rohre em- por, farbt sich spiiter tief blau, wird undurchsichtig und setzt vie1 blaues Oxyd ab. Man sieht hieraus, dass die niedercn Oxy- dationsstufen des I r idium auf nassern W e g e nicht dargestellt wer- den kihnen, denn selbst das aus dem Iridiumchlorure durch Al- kalien abgeschiedene Oxydul geht in das blaue Oxyd iiher. I a n erhalt ein Sesquioxydul , wenn man das eutsprechende Oxydul- doppelsalz mit kohlensaurem Natron mischt iind in einer Atmo- sphare von Kohlensaure vorsichtig, bei schwacher Hitze, in wel- cher das Oxydul nichi reducirt werden kann, zersebzt. Das Ses- quiosydul bleibt nach detn Auswaschen der Masse als schwarzes, in Sauren unlosliches Pulver zuriick.

Von diesem Oxydule existirt ein Hydrat von weisser, in's Griinliche spielender Farbe, das jedoch schwer darzustellen ist, weil es sich sehr leicht oxydirt und in das hlaue Oxydhydrat ubergeht.

Die wichtigste und arn leichtesten darstellbare Oxydationsstufe des I r idium ist jedoch das Oxyd Ir 02, welches dem Chloride entspricht und sich stets bildet, wenn die Losung, gleich vie1 welcher Chlorverbindung, des lridiums mit Alkalien vermischt und IlngereZeit erhitzt wird. Es fallt als ein voluminoses, indigo- blaues Yricipitat nieder und enthalt immer, selbst nach dem sorg- faltigsten Auswaschen, 3 -4 p. C. Alkali. Seine Zusammen- setzung ist I r 0, + Aq2 und es enthalt im wasserleeren Zu- stande 14 p. C. Sauerstoff'. Beim Erhitzen in einem Strorne von Kohlensiiure zeigt es momentan ein starkes Ergliihen, wobei es schwarz, wasserleer, unloslich in SIuren wird und 1-19 p. C. Sauerstoff verliert. Das Hydrat lost sich, ohgleich langsam, voll-

v e r g l i c h e n rnit d e n e n d e s I r i d i u m s . 105

kommen in Salzsaure mit indigoblaner Farbe*) ; die Losung wird spater chromgriin und nimmt beirn Erhitzen die Farbe des gemohnlichen braunrothen Chlorids, in das es ubergeht, an. In verdiinnter Salpeter- und Schwefelslure ist es unloslich. Es ist das Oxyd der alteren Cliemiker, welches von den Neuern fur eine Verhindung von Oxydul und Sesquioxydnl angesehen wor- den ist.

Sehr bemerkenswerth ist die Einwirkung der Alkalien auf das Iridiumchlorid bei der Bildung dieses Oxyds. Vie dahei be- obachteten Erscheinungen blieben bisher ohne Aufkliirung. §chon i n meiner ersten Abhandlung iiber den Platinriickszand machte ich die Bemerkung, dass es mir vorkoinme, als wenn die Alkalien das Iridiumchlorid zu einer niederen Chlorstufe reduciren, denn sie entfarben die stark tingirte Losung dieses Salzes, ohne zu Anfange eine Fallung zu bewirken; allein der Urnstand, dass aus dieser Losung beim Erhitzeu Oxyd gefillt wird, stimmt, dern Anscheine nach, nicht rnit dieser Annahme uberein. Spater aber habe ich gefunden und kann jetzt auf eine unzweideutige Art nachweisen , dass eine soIche Reduction wirklich stattfindet. Reibt man namlich pulverformiges Kalium-Iridiumchlorid mit nicht z n concentrirter Kaliliisnng in einem Schiilchen mit dem Finger, so verwandelt sich dieses Salz fast vollstandig in ein hellgrlnes, krystallinisches Pulver, welches, unter dem Dlikroskope betrachtet, aus olivengriinen, augitformigen Krystallen besteht und das Ka- lium - Iridiumsesquichloriir ist, welches von der Kalilosung nicht zersetzt wird. Es last sich vollkomnen in Wasser mit blasser gelbgriiner Farbe.

Vermischt man eine concentrirte Losung des Iridiumchiorids mit Aetzkalilosung, so entsteht anfangs ein kirachrother Nieder- schlag von sehr kleinen Krystallen des Kaliumiridiumchlorids ; dieser lost sich aber spater auf, wobei die Fiussigkeit eine oliven- griine Farbe annirnmt. Thut man hierauf starken Weingeist hin- zu, so entsteht ein weisses, in’s Griinliche spielendes Priicipitat, das ebenfalls Kaliumiridiumsesquichloriir, aber in hochst fein zer- theiltem Zustande, vollkommen loslich in Wasser ist und nach der Analyse die Zusamrnensetzung jener Verbindung hat.

*) Dieser Umstand spricht ebenfalls f i r die dns icht , u-..- Chlorid eine i s m e r e Modification des braunrothen Chlorids ist.

106 Clans: Ueb. d i e chem. V e r h i l t n i s s e d e s R u t h e n i u n i s ,

Dieses merkwiirdige Factum lgsst sich nur durch die Annahme erklaren, dass das Kali dem Salze Chlor entzieht, ohne dieses durch Sauerstoff zu ersetzen, indem es bier eben so wie auf freies Chlor wirkt uiid auf einer Seite Chlorkalium, auf der an- deren chlorigsaures Kali bildet. Das dadurch erzeugte Kaliurn- sesquichloriir erleidet bei gewohnlicher Temperatur von einem Ueberschusse des Kali’s keine Zersetzung; wird die Losuag aber erwgrmt, so bemerkt man eine Farbenveriinderimg von Oliven- grdn in schwach Gelb. Diess ist der Zeitpunct, wo auch das Ses- quichlorur zersetzt und Sesquioxydul ausgeschieden wird ; allein dieses lost sich in dem Kali, und man bemerkt daher keine Trii- bung u n d keine Absoiiderung eines Niederschlages. Erhitzt man die Flussigkeit langere Zeit, so absorbirt sie Sauerstoff, und das Sesquioxydulhydrat scheidet sich, nach dem Uebergange in Oxyd, als bIaues Pracipitat ah.

Dass das Sesquioxydulhydrat in Kali gelsst is t , lasst sich durch folgenden Versuch nachweisen. Erhitzt man eine durch Kali reducirte, olivengrune Iridiumlosung his zu dem Puncte , wo sie sich entfarht, und thut man hierauf sehr vorsichtig, tropfen- weise, eine Saure hinzu, so scheidet sich ein weissgrunliches Pra- cipitat, das Iridiumsesquioxydulhydrat, ab, welches aber sehr bald unter Sauerstoffabsorption erst hellhlau, dann dunkler und zuletzt indigoblau wird u n d in Oxyd iibergeht.

Dieses Sesquioxydulhydrat sowohl als auch das Oxydhydrat sind in Alkalien loslich, aber nur in statu nascente; haben sie sich einmal abgeschieden, so losen sie sich nicht mehr auf.

Diese Einwirkung der Alkalien auf das Iridiumchlorid giebt uns Aufschluss iiber den Hergang bei der von D o b e r e i n e r entdeckten Methode der Darstellung des reinen Platinsalmiaks aus einer Auflosring des rohen Platinerzes durch die Anwendung von Kalkwasser. Fallt man namlich eine solche unreine Platin- losung, ohne sie zuvor rnit Kalkwasser behandelt z u hahen, mit Salmiak, so ist es vorzugsweise das Iridiumdoppelsalz, welches mit dem Platinsalmiak niederfallt, ihn verunreinigt und ihm eine mennigrothe Farbe mittheilt. Die Doppelsalze der iibrigen Pla- tinmetalle sind leichter loslich und werden nicht niedergeschla- gen. Behandelt man aber die unreine Platinlosung mit Kalkwas- ser , so wird das Iridiumchlorid in Sesquichlorur umgewandelt,

v e r g l i c h e n m i t d e n e n d e s I r i d i u m s . 105

und dieses wird, beim Fallen der Platinlosung mit Salmialr, nicht niedergeschlagen, weil es mit dem Salmiak ein leicht losliches Dop- pelsalz bildet. Die Alkalien konnen an Stelle des Kalkwassers angewendet werden , obgleich dieses den Vorzug verdient , weil es zugleich einen Theil des geliisten I r id ium, Osmiums , Rho- diums und Palladiums als Oxyde fallt. Dass dabei auch Platin abgeschieden wird, liabe ich schon friiher nachgewiesen.

Noch andere Reductionsmittel, als : schweflige Saure, Zinn- chloriir, Quecksilberchloriir, Weingeist, Schwefelhydrogen, Eisen- oxydulsalze, Cyankalium etc. reduciren das Iridiumclilorid zu Ses- quichloriir; aber die Reduction bleibt hier stehen und geht nicht his zum Chloriire weiter. Ich habe mir vergebliche Miihe gege- ben, auf dem Wege der Reduction das Iridiumchloriir und seine Doppelsalze zu gewiiinen, und ich qlaube daher, dass diese Ver- hindungen im reinen Zustande bisher noch nicht dargestellt wor- den sind. Zwar hat Herr v. B e r z e l i u s bei der Behandlung des pulverfiirmigen Iridiums, heim Gluhen in einem Strome von Chlor- gase, ein graugriines Chlorur gewonnen, welches, nach der Ana- lyse, die Zusammensetziing Ir CIS hatte; allein diese Substanz scheint mir nichts Anderes als ein Gemenge von unangegriffenem Metall nnd Sesquichloriir zu sein, denn seine Farbe ist ganz der des Sesquichlorurs ahnlich , und behandelt man es , nachdem es zum feinsten Pulver zerrieben worden, nochmals mit Chlor, so wird, ohne dass sich die Farbe der Verbindung verandert und ohne Bildung einer Spur von Chlorid, mehr Chlor absorbirt, und die Verbindung nahert sich dann der Zusammensetzung des Ses- quichlorurs. Miecht man das dnrch dreimalige Behandlung mit Chlor erhaltene Chloriir mit Kochsalz und behandelt man dieses Gemenge, bei einem eben so starken Hitzegrade, als zur Bildung des Chloriirs uiithig ist, mit Chlor, so erhhlt man ein Natrium- Iridiumchlorid, allein beim Auflosen in Wasser bleibt fast ein Drit- tel des Iridiums als Metall zuruck. Nimmt man zu diesem Ver- suche die dem Sesquichlorur sich nahernde Verbindung, so bleibt nur ein Zehntel Iridium ungelost. Auf trockenem Wege llisst sich jedoch kein reines Sesquichloriir darstellen, weil die Hitzegrade, bei welchen das Chloriir gebildet und wieder zersetzt wird, sehr nahe an einander zu liegen scheinen. Es bleibt also, meines Er- achtens, die Darstellung des reinen Chloriirs und seiner Doppel- salze eine noch zu liisende Aufgabe, denn die von Herrn v. B e r -

108 C l a u s : Ueb. d i e c h e m . V e r h i i l t o i s s e d e s R u t h e n i u m s ,

z e l i u s beschriebenen, auf anderweitige Weise dargestellten Chloriirsalze scheinen, der Beschreibung nach, Sesquichloriirsalze gewesen zu sein *).

Das metallhaltige, auf trockenem Wege dargestellte Sesqui- chloriir wird Y O U Alkalien wenig angegriffen und es lasst sich durch die Einwirkung derselben kein reines Oxydul oder Sesqui- oxydul darstellen, denn es verhalt sich in dieser Beziehung wie das Rutheniumchloriir. Ein geringer Antheil der Verbindung wird zwar zersetzt, und das ansgeschiedene Oxydul farbt dieMasse schwarz, allein diese euthalt noch vie1 Chlor und niir wenig Oxy- dul. In der Kalilosung bleibt ein Theil deu gebildeten Oxyds gelost, und die Fliissigkeit farbt sich anfangs rosenroth, dann vio- lett und zuletzt indigoblau. Sauren flllen aus dieser Losung das blaue Oxyd I r 02.

Dass aber eine Verbindung Ir CI, existirt, ist sehr wahr- scheinlich, denn es giebt ein Oxydul Ir 0, welches sich bildet, wenn schweflige Saure sehr anhaltend auf Kaliumiridiumchlorid einwirkt. Man erhalt dabei ein schwer losliches, weisses oder rosenrothes Doppelsalz, welches Iridiumoxydul, schweflige Siiure und Chlorkalium enthiilt. Es ist nur sehr Schade, dass man die schweflige Siiure aus diesem Salze nicht durch Salzsaure austrei- ben und das Chloriir darstellen kann.

Da es rnir gelungen ist , durch Reduction des Kaliumiridium- chlorids , mittelst schwefliger Saure, ein reines Iridiurnsesqui- chloriirsalz darzustellen, so versuchte ich, mir aus dem Platinchlo- ride auf ahnliche Weise eine entsprecliende Platinverhindung zu verschaffen ; allein es scheint die Verbindung Pt, CI, nicht zu existiren. Ich behandelte eine concentrirte Losung des Platin-

*) Dieser Anssprnch ist mehr als eine gewagte Voranssetznng, denn ich hahe nach der Anleitung von Herrn v. B e r z e l i n s die Chluriirsalze darznstellen versucht, aber itets Sesqnichlorurverbindnngen erhalten. In der Originalarbeit finde ich keine Analyie, sundern nnr eine Formel des Ammo- niomsalzes N, H, C1, 4- Ir C1, nnd die Bemerkung, dass in diesen Sal- zen die Menge des Chlors, welche mit dem Iridium verhunden ist, gleich sein so11 der , welche das andere Metal1 enthilt. Diesen Verhzltnisa findet sicb aber auch in den Sesquichlorurdoppelsalzen.

v e r g l i c h e n m i t d e n e n des I r i d i u m s . 109

clilorids so lange mit schwefliger Slure , bis dieselbe eben an- ling, rnit Salmiak keinen gelben Niederschlag zu geben und eine rothbraune , dem Iridiumchloride iihnliche Farbe anzunehmen. Hierauf vermischte ich sie mit einer gesattigten Losung von Chlor- kalium und erhielt sogleich einen gelatinosen Niederschlag, wel- cher aber sehr bald in kleine, glanzende, fleischrothe Prismen iiberging. Diese wurden auf einem Filter gesammelt, mit we- nigem kaltem Wasser und hierauf mit Weingeist ausgewaschen. Das Salz war leicht Ioslich in Wasser und gab eine rothe Losung; es hatte, der Analyse nach, die Zusammensetzung K C1, +H CIS, war also das Chloriirdoppelsalz von M a g nu s. Aus der von den Hrystallen gesonderten Fliissigkeit schoss , beim weiteren Ab- dampfen, nochmehr von diesem Salzean, aber in ziemlich grossen, glanzenden, prismatischen Krystallen, von rother, in's Braunliche spielender Farbe.

Da nun dieses Salz im wasserleeren Zustande eine rothe Farbe hat, da ferner das yon l a g n u s dargestellte reine Platinchloriir braun von Farbe war, so fragt sich, ob das durch starkes Erhitzen des Platinchlorids dargestellte graugriine Platinchloriir eine iso- mere Modification, oder eine etwas oxydhaltige Chlorverbindung sei. Bisher habe ich noch keine Zeit gehabt, diesen Gegenstaud durch Versuche aufzuklaren.

Auch versuchte ich das Verhalten des Platins beim Gliihen mit Salpeter zn priifen, um zu sehen, ob es nicht gleich dem hi - dium und Ruthenium in eine Saure Pt 0, verwandelt werden konne. Die geschmolzene Masse wurde mit Wasser ausgelaugt und das Ungeloste gut ausgesusst. Die Fliissigkeit enthielt etwas Pla- tinoxydkali, und derRiickstand bestand aus einem schwarzbraunen, an einigen Stellen gelhbraunen Pulver, welches sich ohne die geringste Entzoickelung von Chlor in Salzsaure zum Theil als Platinchlorid loste, zum Theil als Kalium - Platinchlorid und etwas metallisches Platin ungelost hlieb. Es war kein Grund vorhan- den, diese schwarzbraune Substanz zu analysiren, da aus demVer- halten hervorpeht, dass sie ein Gemenge von metallischem Pla- tin, Platinoxyd und Platinoxydkali war. Obgleich dieser Ver- such ein negatives Resultat gegeben hat, so schliesst er doch nicht die Mogliehkeit einer Verbindung Pt O3 ans.

Vergleicht man das Ruthenium mit dem Iridium, so sieht man, dass beide in ihren Verbindungen einem gleichen Typus folgen,

110 C l a u s : U e b . d i e c h e m . V e r h i l t n i s s e etc.

indem sie sich mit einer gleichen AnzahI Aequivalenten des Sauer- stoffes, Chlors und Schwefels verbinden ; allein die daraus hervor- gehenden Verbindungen der einzelnen Metalle sind ihren Eigen- schaften nach sehr verschieden. Wahrend die niederen Chlor- stufen des Iridiums sehr schwach tingirt sind und nach Maassgabe der Verbindung mit mehr Chlor intensiver gef i rbt werden, schei- nen die Chloride des Rutheniums die entgegengesetzte Eigen- schaft zu besitzen. Das Chloriir ist namlich schwarz oder im ge- losten Zustande intensiv blau, das Sesquichloriir pomeranzengelb und das Chlorid rosenroth. Die Iridiumchloridsalze gehoren ihrer Form nach dem gleichaxigen Krystallsysteme an, die Sesquioxy- dulsalze einem ungleichaxigen. Die Form der Rutheniumsalze ist in dieser Beziehung gerade die entgegengesetzte, denn das Chloridsalz krystallisirt in Prismen, das Sesquioxydulsalz in Cuben und Octaedern. Das Iridiumchloridsalz ist bedeutend schwerlos- licher als das des Sesquichloriirs. Die Loslichkeit der Ruthe- niumsalze verhalt sic11 gerade umgekehrt, denn das Chloridsalz ist bedeutend loslicher als das Sesquichlorur.

Nachdem ich mich mit den Fundamentalverbindungen des Iri- diums, mit Ausnahme des Chloriirs, dessen Darstellungsweise ich aufznfinden hoffe, bekannt gemacht habe, gedenke ich eine Unter- suchung des Rhodiums anzustellen, um es mit dem Ruthenium zu vergleichen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses so wenig untersachte Metall eine grossere Anzahl von Oxydations- und Chlorstufen hat, als man bisher aufgefunden hat, und dass es in seinen Verbindungen dern Typus des Kutheniums folgt. AlIein schon im voraus habe ich mich uberzeugt, dass die Darstellnng dieser Verbindungen mit grosseren Schwierigkeiten verkniipft ist als die der iibrigen Platinmetalle. Auch das Osmium habe ich in Beziehung zu seinen wichtigsten Verbindungen untersucht, aber Resultate erhalten, welche rnit den Untersuchungen desHerrn v. B e r z e 1 i u s ganz ubereinstimmen. Nachdern ich auf diese Weise eine genugsame Erfahrung uber das Verhalten der bisher bekannten Platinmetalle werde gesammelt haben, gedenke ich eine nochmalipe Untersuchung des Platinerzes und des Osmium- Iridiums vorzunehmen, nm zu entscheiden > ob in diesen Erzen noch andere, zu der interessanten Gruppe der Platinmetalle geho- rige Korper vorkommen. Nach rneinen bisherigen Untersuchun- gen ist es mir nicht unwahrscheinlich, dass noch ein neues Metall

O s a n n : B e m e r k u n g e n i iber d e n A u f s a t z etc. 111

darin enthalten sei. Der Platinruckstand eignet sich weniger zu einer solchen Arbeit, weil er eine nicht geringe 4nzahl anderwei- tiger Mineralien enthdt. deren Gegenwart die Untersuchung sehr erschweren wiirde.

XVI. Bemerkungen iiber den Aufsatz des Herrn Prof. C 1 au s, die von mir aufgefundenen neuen Metalle in dem Riickstand des Ural'schen Platins betreffend,

welcher in diesem Journal Bd. XXXVIII, 11. 3 mitgetheilt ist.

t "IY Prof. Oaevnn.

1) Hr. C 1 a us ist der Meinung, dass das Pluran gar kein Be- standtheil des Ural'schen Platins sei nnd dass die Auffindung die- ses Metalles irgend einem nngewohnlichen Zufall zuzuschreiben sei. Ich habe bei meiner ersten Untersuchung des Ural'schen Platins keinen anderen Korper zugleich untersucht. Was also gefunden wurde, musste in dem Riickstand des Ural'schen Platins enthalten sein. Dass es spater nicht aufgefunden worden ist, wird Niemand befremden, der die Eigenthiimlichkeit des Platinerzes in's Auge fasst. Diess Erz be- steht bekanntlich aus einzelnen Kornern. Konnte hier nicht der Fall eingetreten sein, dass der Ruckstand, den ich untersuchte, von einem Platinerze herriihrte, welches einzelne Pluran enthal- tende Korner enthielt?

2) Ich kann ebenfalls nicht der Meinung sein, dass das Polin unreines Iridium sei. - Ich will hieriiber meine neuesten Er- fahrungen mittheilen. Durch Behandlung eines Gemenges von Platinriickstand, Chlorkalium und chlorsaurem Kali mittelst Chlor- gas verschaffte ich mir eine Auflosung desselben. Die Auflo- sung wurde durch Ammoniak gefallt und die Fliissigkeit vom Nie- derschlage abfiltrirt. Das Filtrat wurde gekocht und hierdurch das sogenannte blaue Iridiumoxyd erhalten. Diess wurde vollig

Ich kann diese Ansicht nicht theilen.

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