Ueber die Natur des Leidenfrost'schen Versuchs

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VI. Ueber die Natut des Le z'den.fr 0s t 'schen Versuchs ;

von N. W. F i s c h e r zu Bresluu. (Yorgelesen in der schlcsischen Gesellschaft fur vaterljndische Kultur,

den 6. October 1830.)

A u i i e r den fruhern Naturforschern haben in neuerer Zeit D i i b e r e i n e r und M u n c k e *) Untersuchungen iiber die- ses hiichst interessante PhYnomen angestellt, rind sowold die Bedingungen, unter welchen es erfolgt, als auch die Natur desselbeu auszumitteln gesucht. Indem auch ich einen kleinen Beitrag zur Auflrliirung dieser Erschcinung in dem Folgenden geben will, schicke ich, mit Ueberge- hung aller theoretischen Erbrterungen , dasjenige voraus, was sich aus den Untersuchungen dieser beiden Natur- forscher als Tbatsache ergeben hat. Dieses ist:

I) So wie auf verschiedenen Metallen, so wird auch von verschiedenen Fliissigkeiten, wie von Weingeist, AetLer, Itherischen Oelen, und auch oom Quecksilber, diese Er- scheinung eben so \vie vom Wasser hervorgebracht (nach D b b e r ein er), nicht aber von fettenoelen (nachMunc k e).

2) Die Temyeratur, die das Wasser bei dieser Er- scheinung zeigt , ist ungefahr der Siedepunkt desselben (nach D b b e r e in er).

3) Es findet kein wahrnebmbarer Abstand zwischen dem Tropfeu und der Metallflache statt, und das Rotiren des Tropfens ist keineswegs diesem Phiinomen eigen, son- dern riihrt nur von der Bewegung, die dem auf die Me- tallfliiche gebrachten l'ropfen anfangs erheilt worden ist und dergl. her (nach Muncke) .

Meine Versuche bestitigten vollkommen diese Anga-

*) Diere Annal. BJ. 89. S. 235. P.

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ben, nur fand ich, dafs es keineswegs, wie allgemein an- genommen wird, gleicbgiiltig ist, his zu welcbem Grade das Metall erhitzt wird, d. h. iiber den Siedepunkt des Wassers, sondern daCs bei einer starken Gliihbitze das Wasser ungeacbtet der schwachen -AdhYsion zum Metall und der Kiigelgestalt dennoch siedet und folglich verdun- stet, wodurch auch der l’iopfen mehr oder weniger tr& erscheint, welcher hingegen bei dem eigentlichen Phiins men vollkommen klar und durchsichtig bleibt. Man kann sich daron leicht ubeneugen, wenn m?v auf das bis zum starken W h e n erhitzte Metall eine veriiiiltnifsmtifssig ge- ringe Menge Wasser bringt, oder indem man das hinrei- chend erhitzte Metall, nacbdem bereits Wasser darauf g s bracht vyorden ist, der fernern Einwirkung geliuder Hitze aussetzt. Ferner fand ich die Telnperatur der Wasser- kugel vom Siedepunkt, mit DO b e r e in e r, bis zu 560 R, je nachdem ich sie zu Adfang des Versucbs, d. h. indem &en das Wasser auf das erhitzte Metall gebracht wor- den ist, oder zu Ende desselben, d. h. unmittelbar vor dem Moment untersuchte, in welcbem das Wasser die &gelgestalt verliert, mit dem Metall vollkommen adliarirt und folglich verdunstet. Weit michtiger fur die Theorie dieses Phiinomens war das, was ich uber das verschiedene Verbalten der verschiedenen Fliissigkeiten beobachtct habe, ein Verhalten, welches bisher ails dem Grunde iibersehen worden ist, weil inan voraussetzte, dafs, so wie dieser Er- scheinung bei den verschiedenen Fliissigkeiten dennoch ein und dieselbe Ursache zum Gruiide liege, auch die Wir- kung, die etwa neben der Erscheinung selbst auf die ver- schiedenen Flussigkeiten hervorgebracht wird , oder die Veranderung, die sie etwa erleiden, dieselbe sey, was je- doch nicht der Fall ist, wie ans Folgendem erhellet.

Bei Anwendung von Weingeist stellt sich sogleich der Geruch der sogeiiannten Lampensaure dar, d. h. also der Weingeist erleidet hicr dieselbe Zersetzung , welche

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bei der Davy’schea Gliihlampe erfolgt. Der Aether ent- ivickelt cinen scharfen, die Respirationsorgane, so wie die Augen sehr reizenden unsichtbaren Dunst.

Die titherischen Oelc, und unter diesen auch Ter- pciithin und Steiniil, entwickeln starke weifse Dampfe, welclie entweder keinen eigenthumlichen odcr einen ganz verschiedenen von dem des atherischen Oels selbst zci- gen. - Daraus geht nun mit Gewifsheit hervor, da€s bci dicsem Phsnouien die Zersetzung der angewandten Flus- sigkeiten statt findet, und es mufs sich naturlich dcr Ge- danke aufdrsugen, dafs dieses auch beiin Wasser der Fall ist. Wenn aber nach einem3ersuche von D i i b e r e i n e r (s. Schweigg . J. f. Chemie und Physik. Bd. 29. S. 44.) die Bestandtheile des Wassers nicht in Luftgestalt ent- mickclt werden, so kiinnte man;zuvGrderst entgegensetzen, dafs diescr Versuch aus dem Grundc die Ansicht von dcr Zersetzung des Wassers nicht hinreichend widerlegt, weil die Dauer dcsselben nur sehr kun war, und zur Darstel- lung der luftformigcn Bestandtheile selbst bei Anwendung eiuer schwacbcn galvauiscbeu Ssule verhkiltnifsmiifsig vie1 Zcit erfordert wird. (Nach meioen im vorigen Jahre an- gcsteilten Versuchen init Saulen von 2 - 4 eitiziilligen Plattenpaarcn, wird die Entwicklung dicser Luftarten erst nach 10 - 20 Minutcn wahrgenoinmen, wiihrend andere Wirkungen, wie Reduction von Metansalzen und dergl., schon nach + bis 1 Minute erfolgen.) Dann abcr und gcsetzt dcr D ii b c r e in e r’sche Versuch bewiese vollkom- men, dnfs dic Bestandtheile des Wassers nicht entwickclt wcrden, so kiiiinte man dennoch, nach hnalogie dcr ubri- gcn Fliissiglseitcn , cine Zersetzung des Wassers aiineh- men, init deiu Unterschied jedoch, da€s die Prodiicte der Zersetzung sich bier niclit isolirt darstcllcn, sondern wic- dcr zu Wasscr verbiiidcn, so d a t beiin Wasser dns PIIS- iiomeii in eiiieiii abwechseludeu Treiincn und Verbinden der Eestaudtldlc bestehe, was abcr nur bcim Wasser der Fall scyn kmu, iiidclu scine Bestaurlthcile, zwei eiiifachc

517 Stoffe, die sich nur in dern einenVerhAltnisse verbinden, eben so leicht unter giinstigen Umstanden sich zu W w ser vereinen, als das Wasser zersetzt wird, nicht aber bei den andern Fliissigkeiten, bei deren Zersetzung eigenthu- liche und znsammengesetztc Producte erhnlten werden.

Dieser Annahme von dein Verhaltcn des Wassers stehet jedoch das Verhalten des Quecksilbers entgegen, ivelchcs, nach D t ibe re in er , dieb Phiinomen ebenfalls hemorbringen SOH, was jedoch nach meiuen Versuchen keineswegs der Fall ist , vielinehr erfolgt bier entweder das Verdampfen dieses Metalls, ob es gleicli die Kiigel- gestalt beibeh5lt, sehr schnell, wcnn es in den bis iiber den Siedepunkt des Qiiccksilbcrs erhitztcn Platinliiffel ge- than wird, oder es erfolgt unmittclbar einc starke Adhs- sion, Amalgamation, wenn der Liiffel bis zuin starkcn Glii- lien erliitzt morden ist, odcr endlich das Quecksilber be- hiilt seine Kugelgestalt und verdunstet gar uicht odcr schr mibedeutend, wenn die Temperatur des Liiffels niedriger als dcr Siedepunkt des Quecksilbers war, oder was das- sclbe ist, wenn in den stark erhitztcu LiiZfel verhaltnifs mst ig vie1 Quecksilber gethan wird.

Nach Beseitigung dieses, glaube ich, als Ergebnifs mcincr Untersuchung Folgcndes anfstellcn zu kiinncn:

Wenn jiichlige und zusammengwetzte FLuss&kci- ten - und nur bei diescn iindet das Phhoinen statt - nuf MetalZe gebracht werden, die siarker erhitet sind, als zum Yerdampfen derselben nuthig isf, so erfoigt weit nicjir dns %ersetzen a h das Verflchtigen, Bci den an- dercn Fliissigkeitcn stellen sich d a m eigcnthiimliche Pro- ducte dar, bcim Wasser hingegen werden entwedcr die &staudthcilc nur nach langcr Wirkimg wahrgenommcn, odcr sic vercinigen sich wiedcr zu Wasscr, und werdcn dolicr gar nicht in Luftgestalt cntwickelt.