Wie eine Fernsehserie die Ferienregion Wilder Kaiser ... · miges Konzept: tolle Schauspieler, ein...

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THEMA DES TAGES 23Dienstag30. MAI 2017

Drehplatz gilt. Hier wurden die „Lus-tigen Musikanten“ mit Marianneund Michael aufgenommen, die„Soko Kitzbühel“ und „Sing meinenSong – das Weihnachtskonzert“ so-wie aktuell „One night song“ mitRockkünstler Daniel Wirtz. Warumfunktioniert die Verfilmung des Gro-schenromans „Der Bergdoktor“ sogut? „Die Serie hat einfach ein stim-miges Konzept: tolle Schauspieler,ein gutes Drehbuch und natürlichden Wilden Kaiser“, bringt es derblonde Wirbelwind auf den Punkt.Der Ellmauer Tourismusdirektor giltals Netzwerker und Macher: Wennetwa für den „Bergdoktor“-Dreh um6 Uhr morgens eine Melkmaschinebereitstehen muss, organisiert PeterMoser diese noch in der Nacht.

Neue Märkte werden erschlossen„Der Bergdoktor“ zeigt in den 90-Mi-nuten-Filmen eine heile Welt, ver-strömt eine Magie, die sich mit derlandschaftlichen Schönheit des Wil-den Kaisers potenziert. Nur so kannsich auch Lukas Krösslhuber, Ge-schäftsführer Tourismusverband(TVB) Wilder Kaiser, den Werbeef-fekt durch die Serie erklären. Vorzehn Jahren, erzählt er, wurde derTVB fast bemitleidet, als bekanntwurde, dass „Der Bergdoktor“ hiergedreht werden würde. Das Mitleiddürfte mit Blick auf die Zahlen ver-flogen sein. Laut einer Gästebefra-gung über „T-Mona“ 2011 gaben71,4 Prozent der Befragten an, dass„Der Bergdoktor“ mitentscheidendfür die Wahl des Urlaubsziels WilderKaiser war. Krösslhuber spricht zu-dem allein von 1,2 Millionen Euro,die an Ausgaben vor Ort gelassenwerden. Dazu erobert die Ferienre-gion neue Märkte: Die Serie wird inNamibia, Kroatien, den USA, Indien,China, Bulgarien, Ungarn, der Slo-wakei, Kanada, Estland, Lettland,der Schweiz, Dänemark und Tsche-chien ausgestrahlt. Als im Vorjahr inSlowenien montags bis freitags „DerBergdoktor“ als „Straßenfeger“(Krösslhuber) lief, „überrollten“ Rei-sebusse die beschaulichen Orte.

Aber, betont Lukas Krösslhuber,es gab auch schon Tourismus vordem „Bergdoktor“ und es wird ihnauch danach noch geben. Die stär-kere Auslastung während der Saisonund eine bessere in der Nebensai-son, daran werde weiter gearbeitet,nennt er Projekte wie die Bergsport-woche im Juni und die Familien-herbstwochen. Außerdem werde die„E-Bike-Welt Kaisergebirge undKitzbühler Alpen“ ausgebaut, er-zählt er von neuen Radwegen wie dieRunden „Hohe Salve“ und „WilderKaiser“ sowie die Verbindung zwi-schen Söll und Kufstein, die 2018 fer-tig sein soll.

Es ist viel Bewegung drin am Wil-den Kaiser – und nicht nur da: „Es wirdspannend in der nächsten Staffel. Dableibt kein Stein auf dem anderen“,kündigt Hans Sigl beim Fantag die elf-te Staffel an, die 2018 ausgestrahltwird. Bis dahin lässt sich das „Berg-doktor“-Fieber gut behandeln: mit ei-ner „Kur-Tour“ zum Wilden Kaiser.Die gibt’s zwar nur auf Privatrezept,aber sie ist eine wirkungsvolle Medizinund das nicht nur bei Serien-Fernweh.

Ronja Forcher (l., hier mit Katja Bauroth)ist als Bergdoktor-Tochter Lilli Gruber inder Serie erwachsen geworden.

Dienstags und freitags (außer an Drehtagen) kann die „Bergdoktor-Praxis“ in Ellmau von 10 bis 12 Uhr besichtigt werden. Hier verkaufen Mit-arbeiter der Top-Skischule Fanartikel wie Bergdoktor-Heftpflaster (kl. Bild).

Martina und Moni haben für den FantagT-Shirts kreiert: „Martin, mein einzigerFreund“ steht darauf. BILDER: WIESER/BAUROTH

Margit Ferdigg zeigt im „Bergdoktor-Haus“ (Söll) aufdas Foto von Hans Gruber (Heiko Ruprecht) mit Lilli(Ronja Forcher) und deren verstorbener Filmmama (o.).

Bergdoktor Martin Gruber alias Hans Sigl bittet die 1300 Gäste beim Fantag in Scheffau, ein Geburtstagsständchen für seinen FreundKai zu singen, er filmt mit dem Handy. Vermutlich ist TV-Moderator Kai Pflaume gemeint, der tags drauf seinen 50. feiert.

Außerdem muss ich bei der Mama im-mer Geld abgeben“, witzelt der 47-Jährige, dass er sich keine andere Klei-dung leisten könne. Sigl gibt sich hu-morvoll, schlagfertig und wartet mitEntertainerqualitäten auf. Ein Fanmöchte wissen, wann es „Bergdok-tor“-Bettwäsche gibt, eine Touristinaus Florida, USA, bewirbt sich gleichals Krankenschwester und drei Män-ner stellen Fragen zum ärztlichen Se-rien-Auto, einen alten Mercedes 123.

Filme für GenerationenJa, es sind viele Männer unter denFans und auch viele Kinder. Denn der„Bergdoktor“ ist schon lange keinereine Frauensache mehr, wie oft be-lächelt wird. Es ist eine Serie für dieganze Familie, für Jugendliche ge-nauso wie für Junggebliebene. Sobunt gestaltet sich auch das Publi-kum am Fantag. „Der Bergdoktor istWellness für die Seele“, finden Ma-nuela und Rolf, die aus der Nähe vonKaiserslautern zum Fantag angereistsind. Zweimal pro Jahr kommt dasPaar mittlerweile in die Region, dieihnen die Arztserie mit ihren schönenLandschaftsaufnahmen schmack-haft gemacht hat. Moni und Martinasind aus dem Unterallgäu angereist:„Martin, mein einziger Freund“ stehtunter dem Foto von Serien-Star Siglauf ihren selbst kreierten T-Shirts,diesen Satz sagt Serien-Kumpel Ale-xander zu seinem Freund Martin.„Wir finden Hans Sigl toll. Und bei derSerie kann man herrlich abschalten“,sind sich die beiden Frauen einig.

Peter Moser hat sich unters Volkgemischt. Er ist der Mann, der dieFilme in die Tourismusregion holt,die schon seit 1938 als beliebter

Scheffau gekommen. Mit 1300 Fansist dieser ausverkauft. Bei 30 GradCelsius harren die vorwiegend deut-schen und österreichischen Anhän-ger auf dem Platz unterhalb der Kir-che aus, um launige Bühneninter-views zu erleben, selbst Fragen zustellen und schließlich Autogrammeund Fotos mit ihren Lieblingen zuerhaschen. Dafür nehmen sie War-tezeiten von bis zu vier Stunden inKauf. Die Anerkennung der Schau-spieler ist ihnen bei so viel Geduld si-cher. Kein Fan bleibt ohne persönli-che Begegnung mit den Stars.

Und die plaudern munter: RonjaForscher (20) freut sich, so schön „mitLiebe von den Fans geduscht zu wer-den“, steht selbstbewusst zu ihrenerotischen Playboy-Fotos und erzähltvon Theaterworkshops, die sie in denSommerferien mit ihrem Freund fürKinder und Jugendliche in Ellmau an-bietet (Buchung über den Tourismus-verband). Natalie O’Hara wirbt für dasStück „Geächtet“, in dem sie ab Herbstauf der Stuttgarter Theaterbühne zuerleben sein wird. Monika Baumgart-ner liebäugelt mit einem Auftritt bei„Dancing Stars“ (dem österrei-chischen Pendant zur deutschenTanzshow „Let’s dance“) und der 85-jährige Siegfried Rauch verrät, dass erals einstiger Traumschiff-Kapitän ein-mal die Brücke seines Schiffes nichtgefunden hat, und als er Passagierenach dem Weg dorthin fragte, ernteteer Lacher.

Hans Sigl muss derweil erklären,warum er immer dieselbe Serienklei-dung (hochgekrempelte Jeans) trägt:„Ihr seht doch, wie leer meine Arztpra-xis in der Serie immer ist und dannnoch die schlechten Kassentarife ...

dem Schlafengehen liest? Die Vorstel-lung beflügelt. Immerhin: Ab 12. Juniwird die nächste Staffel bis in den De-zember hinein gedreht. „Das ist dasBad – aber funktionieren tut hiernichts“, gewährt Margit Ferdigg nochEinblicke in eine Dusch-Attrappe undverrät, was kein Geheimnis mehr ist:Film ist’s oftmals mehr Schein als Sein.

„Wir lügen, wo wir können“Oder, wie es Hauptdarsteller HansSigl in Bezug auf die Drehorte undihre Besonderheiten humorvollbeim vorausgegangenen Fantag inScheffau ausgedrückt: „Wir lügen,wo wir können.“ Da wären etwa dieKulisse des Serien-Gasthauses „Wil-der Kaiser“, für die ein Bauernhausin Going herhalten muss, oder dieIntensivstation, auf der Klinikarztund Grubers Studienkollege Dr. Ale-xander Kahnweiler (gespielt vonMark Keller) um das Leben der Pa-tienten bangt, die in der EllmauerTennishalle eingerichtet wird. Die„Bergdoktor-Praxis“ in Ellmau ist einaltes Bauernhaus, das fast abgeris-sen worden wäre. In der Serie wirktes wie ein alleinstehendes Haus, inder Realität grenzen Wohnhäuseran. Dienstags und freitags, 10 bis 12Uhr (2 Euro mit Gästekarte), öffnenMitarbeiter der örtlichen Top-Ski-schule die Räume und verkaufenFanartikel vor Ort oder im neuenFilmshop unterhalb der Kirche.

Hans Sigl ist mit seinen KollegenMonika Baumgartner, Ronja For-cher, Siegfried Rauch, der in der Se-rie den Bergdoktor-Vorgänger Ro-man Melchinger spielt, und NatalieO’Hara, die Serien-Wirtin des „Wil-den Kaisers“, sind zum Fantag nach

Von unserem RedaktionsmitgliedKatja Bauroth

Es ist eine wahre Bilderbuchidylle:blühende Wiesen, Berggipfel, die inder Sonne glitzern, typische TirolerDörfer mit hölzernen Bauernhäu-sern. In der Ferienregion Wilder Kai-ser mit ihren Orten Ellmau, Schef-fau, Going und Söll scheint die Zeitstehengeblieben zu sein. Es geht ge-mütlich zu. Natur ist Trumpf, lädtzur Flucht aus dem Alltagsstress einund bietet Bewegungs- und Genuss-alternativen für die ganze Familie.Wandern, Klettern und Radfahrenim Sommer – vor allem mit demElektrobike – und Skifahren im Win-ter locken seit Jahrzehnten Urlauberan. Dass sich die Gästezahlen in denvergangenen sieben Jahren nahezuverdoppelt haben, daran hat die Fern-sehserie „Der Bergdoktor“ (ZDF/ORF)einen nicht unerheblichen Anteil.

Über eine Million Übernachtun-gen wurden im Winter 2015/16 ge-zählt, ähnlich hoch fällt die Bilanz imvergangenen Sommer aus. Mit einerdurchschnittlichen Einschaltquotevon etwa sieben Millionen Zuschau-ern und einem Marktanteil von über20 Prozent haben Doktor MartinGruber und seine Familie einen re-gelrechten Boom in der Region aus-gelöst. Tourismusverband und Ein-heimische machen sich die Haupt-abendserie zunutze und bieten per-fekt inszenierte „Bergdoktor“-Erleb-nisse an. Fanwochen und Bergfestemit den Schauspielern sowie geführ-te Touren zu den Drehorten gehörenzum ganzjährigen Programm undwerden bestens angenommen. Indiesem Jahr gibt’s sogar erstmalsdrei „Bergdoktor“-Fanwochen – dieerste vergangene Woche war ausge-bucht. Weitere folgen im September(9. bis 16.) und Oktober (7. bis 14.).

Zu Gast auf dem „Gruberhof“„Hier sitzen der Martin und der Hansund sprechen bei einem Glas Rot-wein über ihre Frauenprobleme.“Margit Ferdigg zeigt auf eine Sitz-ecke in der heimeligen Stube desKöpfinghofs in Söll und beschreibteine Szene, die jeder Fan der Serie„Der Bergdoktor“ kennt: Die Haupt-darsteller Hans Sigl (BergdoktorMartin Gruber; großes Foto) undHeiko Ruprecht (Hans Gruber, Mar-tins Bruder) tauschen sich über ihre(glücklosen) Liebschaften aus.

Das über 400 Jahre alte Bauern-haus gehört Margit Ferdiggs MutterAloisa Mayr. Es ist ein sonnig-war-mer Samstagnachmittag und die Fa-milie sitzt bei Schinken und Käse un-ter der Markise auf der Terrasse undgenießt den Blick auf das markante,schroffe Massiv des Kaisergebirges.Normalerweise ist es am Wochenen-de ruhig hier oben auf 1200 Metern.Derzeit pilgern jedoch viele Touris-ten zum Hof, der fußläufig, mit demFahrrad oder per buchbarer Trakto-renfahrt erreichbar ist. Und die Besu-cher aus aller Welt möchte die Eigen-tümerfamilie nicht mit hängendenMundwinkeln stehenlassen. „Es sindja Fantage“, kommentiert Margit Fer-digg die Ausnahmesituation in der Ti-roler Ferienregion und öffnet die Tü-ren des „Bergdoktor-Hauses“.

Seit die Serie hier, an einem derschönsten Flecken Österreichs ge-dreht wird, ist es bei Weitem nichtmehr so idyllisch einsam auf dem„Gruberhof“, wie er im Drehbuchgenannt wird – zumindest nicht wo-chentags zwischen Mai und Okto-ber, wenn Führungen angebotenwerden (5 Euro mit Gästekarte).Doch die Eigentümer des Köpfing-hofs tragen’s mit Fassung, immerhinspülen Filmproduktion und touristi-sche Vermarktung ein paar Euro indie Kassen. Und: „Mir bereitet esFreude, das Haus herzuzeigen“, sagtMargit Ferdigg. Die Besichtigungs-zeiten sind dabei terminiert.

2007 begannen die Dreharbeitenzur Serie und anhand der Fotos imFlur ruft Margit Ferdigg den Fansnoch einmal Situationen der bislangzehn ausgestrahlten Staffeln in Erin-nerung. Doch wie ist das während derDreharbeiten: Müssen die Eigentü-mer ausziehen? „Das ist unser Zweit-wohnsitz, wir wohnen in Söll“, erklärtMargit Ferdigg, erzählt von rund 20Drehtagen, die auf dem Hof pro Staf-fel stattfinden, und zeigt die Küche, inder die Gruber-TV-Mama Elisabeth(gespielt von Monika Baumgartner)gerne mit ihren Buben sowie EnkelinLilli (Ronja Forcher) sitzt. „Der Knob-lauch hängt hier seit Drehbeginn“,deutet die „Hausherrin“ auf einenentsprechenden Zopf und bietet erstmal einen Schnaps an. Herzliche Ti-roler Gastlichkeit eben.

Im ersten Stock befindet sich dieSchlafstube von Bergdoktor MartinGruber. Auf einem Regal steht eineSchüssel, in der Fans Briefe an denSchauspieler zurücklassen. Ob die

Doktor Gruber am Abend vor

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Wie eine Fernsehserie die Ferienregion Wilder Kaiser weltbekannt macht

In der Heimatdes Bergdoktors

Tipps und Infos

� Die Ferienregion „Wilder Kaiser“in Tirol, Österreich, liegt gut 110 Kilo-meter südlich von München und istmautfrei via Abfahrt Kiefersfelden zuerreichen. Die vier Kaiser-Orte sindEllmau, Going, Scheffau und Söll.

� Die Region bietet ganzjährig einUrlaubserlebnis für Aktivsportler,Genussurlauber und Familien. DieBergerlebniswelten „Hexenwasser“,„Elmis Zauberwelt“ und „KaiserweltScheffau“ sind ein Hit für Kinder.

� Die Region gehört zum weltweitgrößten E-Bike-Verbund und verfügtüber ein ausgebautes E-Tankstellen-netz, Verleihe und geführte Touren.

� Unterkünfte gibt es für jeden Geld-beutel – vom Bauernhof bis zum Top-Hotel. Tipp: Vierstern-Sporthotel Ell-mau (bei der 27- und 9-Loch-Golfan-lage): www.sporthotel-ellmau.com

� Tipp für „Bergdoktor“-Fans:„Bergfest – ein Tag unter Fernseh-freunden“ am 14. September imHexenwasser Hochsöll mit Serien-stars bei freiem Eintritt.

� Infos: Tourismusverband WilderKaiser, Dorf 35, A-6352 Ellmau,office@wilderkaiser.info, Telefon0043/50509, www.wilderkaiser.info

Hotel-Tipp: Das Sporthotel Ellmau ver-wöhnt seine Gäste auf höchstem Niveau– hier ein Blick in eine Suite.

Auffahrt zur Brenner-Alm in Ellmau: DieRegion ist herrlich zum Biken.

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