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Willkommen zur Eröffnungsveranstaltung der 53. IDW Arbeitstagung
Baden-Baden
Begrüßung durch den Vorsitzer des
Vorstands des IDWWP/StB Dipl.-Kfm.
Dipl.-Betriebsw. Rainer Plath
WP/StB Dipl.-Kfm. Dipl.-Betriebsw. Rainer Plath
Bericht über aktuelle Entwicklungen
Ministerialdirektor Dr. Eckhard Franz
Berufsrecht im Wandel?Nationale und europäische
Herausforderungen
Ministerialrat Thomas Blöink
Auswirkungen geänderter Vorschriften der 4. und 7.
EU-Richtlinie auf die handelsrechtliche Rechnungslegung
8
Schwerpunkte
Ziele der EU-Kommission und deren Umsetzung in den Vorschlägen vom 25.10.2011
Inhalt der Reformvorschläge zur Überarbeitung der 4. und 7. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie
Micro-Entities-Richtlinie Zeitplan zur Diskussion auf EU-Ebene
9
Ziele der Reform
Bürokratieabbau durch Vereinfachung von Rechnungslegungsvorschriften
Schaffung von mehr Klarheit durch verbesserte Vergleichbarkeit der Abschlüsse von grenzüber-schreitend tätigen Unternehmen
Schutz der Bilanzadressaten durch hinreichende, leicht verständliche Informationen
Transparenz bei Zahlungen der mineralgewinnen-den Industrie und der Forstwirtschaft an staatliche Stellen (Country-by-Country-Reporting)
10
Umsetzung der Ziele der Kommission
Zusammenführung der 4. und der 7. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie in einem Regelwerk
Entwurf einer Richtlinie, keine Verordnung Aber: Anhebung des Harmonisierungsniveaus und
teilweise Vollharmonisierung
11
IFRS für KMU?
Konsultation der Kommission, ob IFRS für KMU vorgeschrieben werden soll
Vorschläge enthalten weder Wahlrecht für Mitgliedstaaten noch für Unternehmen, IFRS für KMU statt der EU-rechtlichen Vorgaben anzuwenden
Kein einheitliches Meinungsbild in der EU Allerdings enthalten Vorschläge nach wie vor
Öffnungen für Mitgliedstaaten, die sich eher an IFRS orientieren
12
Einzelvorschläge der Kommission
„Think small first“, insb. beim Umfang der Anhangangaben für kleine Unternehmen
Reduzierung der Mitgliedstaaten-Wahlrechte Wegfall der Gliederungsoptionen und Definition „Substance over Form“
Erfasste Rechtsformen: Anknüpfen an bisherige Unternehmenskategorien
In Deutschland: Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften
13
Anwendungsbereich der Richtlinie (1)
Vollharmonisierung der SchwellenwerteAnknüpfen an bisheriges System
„Kleine“ Unternehmen 5 Mio. Euro Bilanzsumme 10 Mio. Euro Nettoumsatzerlöse 50 Beschäftigte
„Mittlere“ Unternehmen 20 Mio. Euro Bilanzsumme 40 Mio. Euro Nettoumsatzerlöse 250 Beschäftigte
14
Anwendungsbereich der Richtlinie (2)
Unternehmen von „öffentlichem Interesse“ („Public Interest Entities“, PIEs); kein ausschließlicher Bezug auf „kapitalmarktorientierte“ Unternehmen (Art. 2)
Vorschlag enthält keine eigene Definition der Unternehmen von öffentlichem Interesse
Dynamische Anknüpfung an bestehende Definition der Richtlinie zur Abschlussprüfung (2006), die derzeit selbst überarbeitet wird
15
Allgemeine Grundsätze (Art. 5) (1)
EU-Recht sieht heute Mitgliedstaaten-Wahlrecht vor, „substance over form“ national einzuführen:„Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, dass der Ausweis von Beträgen in Posten der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der Bilanz den wirtschaftlichen Gehalt des zugrunde liegenden Geschäftsvorfalls oder der zugrunde liegenden Vereinbarung berücksichtigt.“
Wahlrecht entfällt und Grundsatz wird Pflicht;Abweichung vom BilMoG-Ansatz
16
Allgemeine Grundsätze (Art. 5) (2)
Wesentlichkeitsgrundsatz („Materiality“):„Ansatz, Bewertung, Darstellung und Angabe in einem Jahresabschluss haben sich auf die Wesentlichkeit der jeweiligen Posten zu beziehen.“
Konzept war bisher nicht explizit in der Richtlinie enthalten
Vorschläge enthalten aber keine eigene Definition
17
Allgemeine Grundsätze (Art. 5) (3)
Wesentlichkeitsgrundsatz –Zusammenhang mit „Override-Prinzipien“ in Art. 4 und Art. 5 Abs. 3
Unternehmen erhalten weitreichende Freiheiten, die sich am „true and fair view“-Ansatz orientieren
Konzept ist nicht in diesem Umfang im deutschen Handelsbilanzrecht enthalten
18
Allgemeine Grundsätze (Art. 5) (4)
Grundsatz der vorsichtigen Bilanzierung(Art. 5 Abs. 1 Buchst. c ii) / Abs. 2)
Richtlinie lässt in Art. 6 und 7 alternative Bewertungsmethoden zu:Option zur Öffnung der EU-Regelungen zu IFRS-Konzepten
19
Änderungen im Einzelabschluss (1)
Mitgliedstaaten-Wahlrecht zum Ausweis von Forschungs- und Entwicklungskosten (Art. 9)
Alternative Darstellung der Bilanz weiterhin zulässig (Art. 10)
Verbot der LIFO-Bewertungsmethode (Art. 11 Abs. 8)
Bewertung von Rückstellungen (Art. 11 Abs. 11)
20
Änderungen im Einzelabschluss (2)
Umfang der Anhangangaben (Art. 17–19) wird grundsätzlich reduziert
Aber: Ausdehnung der Pflichtangaben für kleine Unternehmen(1) Art und Zweck der Geschäfte des Unternehmens, die nicht in der Bilanz enthalten sind, und ihre finanziellen Auswirkungen auf das
Unternehmen(2) Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen
21
Änderungen im Konzernabschluss
Leicht erhöhte Schwellenwerte für kleine und mittlere „Gruppen“ (Art. 24)
Konsolidierungspflicht (Art. 23) knüpft an verschiedene alternative Tatbestände an rechtliche Kriterien („Mehrheit der Stimmrechte“)
oder tatsächliche Kriterien („Beherrschender Einfluss
oder Kontrolle“)
22
Pflichtprüfung
Pflichtprüfung für mittlere und große Unternehmen bleibt erhalten (Art. 32)
Kommission streicht gegenwärtige Option für die Mitgliedstaaten, kleine Unternehmen der Prüfungspflicht zu unterwerfen
Aber: Damit wird den Mitgliedstaaten nicht verboten, weiterhin auch die Prüfungspflicht auch für kleine Unternehmen vorzusehen
23
Country-By-Country-Reporting
Anknüpfen an US Dodd-Frank Act Zielgruppe:
Mineralgewinnende Industrie / Forstwirtschaft bei Primärwäldern und nur große Unternehmen bzw. Unternehmen von „öffentlichem Interesse“
Bericht auf konsolidierter Basis pro Land zu „wesentlichen“ Zahlungen (z.B.
Gebühren, Steuern) an staatliche Stellen und ggf. auf Projekt-Basis
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Micro-Entities-Richtlinie (Einigung 2011) (1)
Kompromiss zur Befreiung von micro entities (Kleinstunternehmen) von Vorgaben der 4. RL:
Es bleibt bei einem Minimum an Angaben (aber Befreiung von Anhangangaben möglich)
Definition „Kleinstunternehmen“ 700.000 Euro Nettoumsatzerlöse 350.000 Euro Bilanzsumme zehn Arbeitnehmer
(mind. zwei der Kriterien über zwei Jahre unterschritten)
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Micro-Entities-Richtlinie (Einigung 2011) (2)
Kompromiss dürfte in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden und damit auch formell in Kraft treten
Ergebnisse des Kompromisses sollen – ohne weitere Änderungen – in die laufenden Beratungen zur Überarbeitung der 4./7. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie einfließen
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Zeitplan
Beginn der Beratungen im Dezember auf Ebene der Ratsarbeitsgruppen
Parallele Beratungen im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (Berichterstatter: MdEP Lehne (EVP))
Dänische Ratspräsidentschaft möchte das Dossier forcieren und möglichst weit vorantreiben
Kaffeepause
WP/StB Dipl.-Kfm. Matthias Spingler
Erfahrungen mit der Umsetzung des BilMoG
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Gliederung
Aktivierung von Entwicklungskosten Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung Pensionsrückstellungen Latente Steuern bei kleinen Kapitalgesellschaften Latente Steuern bei Personengesellschaften –
Gesellschafterebene Passive latente Steuern auf erworbenen Firmenwert
im Einzelabschluss Bewertungseinheiten (Hedge-Accounting) Konsolidierung von Zweckgesellschaften Anhangangaben Resümee und Ausblick
32
Aktivierung von Entwicklungskosten
§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB: Wahlrecht zur Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegen-stände des Anlagevermögens
Zielsetzung: zutreffendere Darstellung der VFE-Lage Gesetzliche Definition von Forschung und Entwicklung in
§ 255 Abs. 2a HGB dennoch Problem der Abgrenzung in der Praxis Spielraum für Bilanzpolitik
Sachliche Ansatzstetigkeit ist zu beachten Im Konzernabschluss einheitliche Handhabung
unabhängig vom Einzelabschluss Wahlrecht von Unternehmen bislang sehr selten genutzt
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Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung (1)
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB: Ansatz mit dem Erfüllungs-betrag
§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB: Abzinsungspflicht, wenn Restlaufzeit > 1 Jahr
Abzinsungszinssatz = Ø-licher Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre laut Bundesbank entsprechend der Restlaufzeit
Restlaufzeit ≤ 1 Jahr Abzinsungswahlrecht gilt auch für ursprünglich langfristige Rückstellungen Unklarheiten über unterschiedliche Ausübung
Bestimmung der Restlaufzeit (= Zeitraum bis zur erwarteten Inanspruchnahme) am Abschlussstichtag
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Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung (2)
Ist aufgrund unbestimmter Laufzeit jederzeit mit einer Inanspruchnahme zu rechnen, gilt nach Vorsichtsprinzip die Annahme einer sofortigen Inanspruchnahme
Rückstellungen für Verpflichtungen, die über mehrjährige Zeitspanne erfüllt werden Abzinsung der Teilerfüllungsbeträge individuelle ≙
Restlaufzeit Annahme gebündelter Erfüllung zu Beginn / Mitte / Ende
des Geschäftsjahres sehr langer Erfüllungszeitraum: Abzinsung der gesamten
Ausgaben über die Ø-liche Restlaufzeit der Verpflichtung über die Duration der Zahlungsreihe
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Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung (3)
Verteilungsrückstellungen Verpflichtung geht mit künftigen wirtschaftlichen Vorteilen
einher (Bsp. Rückbauverpflichtung) Regelfall
Annahme eines gleichmäßigen zeitlichen Anfalls der wirtschaftlichen Vorteile
Barwertverfahren (steigender operativer Aufwand) oder Gleichverteilungsverfahren (konstanter op. Aufwand)
Ausnahmenbei ungleichmäßiger zeitlicher Verteilung der Vorteile
korrespondierende Anpassung der jährlichen Zuführungsbeträge
keine wirtschaftlichen Vorteile sofortige Passivierung der Verpflichtung in voller Höhe
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Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung (4)
Ausweis § 277 Abs. 5 Satz 1 HGB: gesonderter Ausweis der
Aufzinsungsbeträge unter Zinsaufwand Davon-Vermerk oder Vorspalte keine Aufteilung des Zinseffekts in Laufzeit- und Zinssatz-
Effekt bei Nettomethode: Ausweis von Zinssatzänderungs-
effekten im Finanzergebnis oder operativen Ergebnis (Anhangangabe)
§ 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB: Anhangangaben Methode der Zinssatz- / Restlaufzeitermittlung bei nicht
ganzjähriger Restlaufzeit Erläuterung der Ersterfassung
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Rückstellungen – Erfüllungsbetrag und Abzinsung (5)
Praxis Probleme bei korrekter Abzinsung (Beträge / Verbuchung /
Ausweis) zusätzliche Zuführungs- und Neubewertungseffekte nicht abschließend geregelte Problemstellungen
individuelle Gesetzesinterpretation hohe Volatilität durch Änderung der Zinssätze und
Laufzeiten
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Pensionsrückstellungen (Übergang)
Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB: Wahlrecht zwischen(1) vollumfänglicher Zuführung im Umstellungsjahr oder(2) Verteilung bis max. 2024, jährliche Zuführung von mind. 1/15 Grundsatz: außerordentlicher Aufwand laufende Veränderung als Personal- und Zinsaufwand Ermittlung des Zinsaufwands auf Basis der Ist-Rückstellung
Bewertung mit dem neuen Konzept des Erfüllungsbetrags Abzinsung mit Marktzinssatz laut Bundesbank Vereinfachung: Annahme pauschaler Restlaufzeit von 15 Jahren
i.d.R. starker Anstieg der Pensionsrückstellungen bei Übergang auf HGB i.d.F. des BilMoG
Praxis einige Unternehmen nutzen Verteilung Problem: Ausschüttungen, obwohl bei voller Passivierung aller
Pensionsverpflichtungen keine (ausreichende) Basis vorliegt
39
Pensionsrückstellungen (Ausweis)
Ausweis Pflicht zur Saldierung mit Deckungsvermögen Bewertung des Deckungsvermögens mit
beizulegendem Zeitwert Bewertungshierarchie des § 255 Abs. 4 HGB
Ausweis einer Überdeckung als „Aktiver Unter-schiedsbetrag aus der Vermögensverrechnung“ auf Aktivseite
umfangreiche Anhangangaben § 285 Nr. 24 HGB: Berechnungsverfahren und
Annahmen § 285 Nr. 25 HGB: zusätzliche Angaben bei
Saldierung
40
Pensionsrückstellungen (Bewertung)
Praxis schlechte Anhangangabenqualität, fehlende
Parameterangaben große Bandbreite verwendeter Bewertungs-
parameter(Lohn- und Gehaltstrends, Fluktuationsrate)
Spielräume in der Bilanzpolitik mind. zwei Bewertungsgutachten
41
Latente Steuern bei kleinen Kapitalgesellschaften (1)
§ 274a Nr. 5 HGB: Befreiung von der Anwendung des § 274 HGB
Freiwillige Anwendung des § 274 HGB möglich Wahlrecht gilt nicht für den Konzernabschluss
42
Latente Steuern bei kleinen Kapitalgesellschaften (2)
Auffassung des IDW trotz Befreiung von § 274 HGB Ansatz passiver
latenter Steuern, wenn Tatbestandsvoraussetzungen für Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB erfüllt
gesonderter Ausweis in den Steuerrückstellungen Rückstellungsminderung durch aktive Steuerlatenzen
und steuerliche Verlustvorträge keine Berücksichtigung quasi-permanenter
Differenzen Abzinsung kann analog zu § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB
unterbleiben
43
Latente Steuern bei kleinen Kapitalgesellschaften (3)
Große Relevanz bei kleinen KapGes mit Holding-funktion als Organträger von mittelgroßen und großen KapGes
sachgerecht: freiwillige Anwendung des§ 274 HGB
44
Latente Steuern bei Personen-gesellschaften – Gesellschafterebene
Buchwert Beteiligung an PersGes in Handelsbilanz ≠ steuerlicher Wertansatz (nach Spiegelbildmethode)
quasi-permanente Differenz volle Berücksichtigung nach § 274 HGB seit BilMoG
Abhängig von Rechtsform des Gesellschafters KapGes latente Körperschaftsteuer Gewerbesteuer keine Steuerwirkung wegen
Kürzungsvorschrift Typische Fälle: Abschreibungen in Ergänzungsbilanz Sonderfälle: handelsrechtlich phasenverschobene
Gewinnvereinnahmung § 15a EStG-Verluste sind zu berücksichtigen
(IDW RS HFA 18)
45
Passive latente Steuern auf erworbenen Firmenwert im Einzelabschluss
Behandlung temporärer Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz, welche sich aus dem erstmaligen Ansatz eines im Rahmen eines asset deals entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts i.S.d. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB ergeben
Auffassung des IDW: analoge Anwendung der für den Konzernabschluss geltenden Erleichterungsregel (§ 306 Satz 3 HGB)
d.h. Steuerlatenzen auf Ansatzdifferenzen bei Geschäfts- oder Firmenwert nicht zwingend zu berücksichtigen
Erst in Folgejahren entstehende Differenzen sind in der jeweiligen Periode zu berücksichtigen
keine analoge Anwendung auf Folgejahre
46
Bewertungseinheiten (Hedge-Accounting) (1)
§ 254 HGB Wahlrecht zur Bildung von Bewertungs-einheiten durch Designation
Voraussetzung Einsatz gegenläufiger Finanzinstrumente vergleichbaren
Risikos als Sicherungsinstrument zum Ausgleich von Wertänderungen / Zahlungsströmen aus Grundgeschäft
lediglich nicht gesicherter Teil des Risikos verbleibt / wird bilanziert
Absicherungsfähige Grundgeschäfte Vermögensgegenstände, Schulden, schwebende
Geschäfte mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen
antizipative Bewertungseinheiten
47
Bewertungseinheiten (Hedge-Accounting) (2)
Nichtanwendung des Einzelbewertungsgrundsatzes sowie des Realisations- und Imparitätsprinzips auf die Bestandteile der Bewertungseinheit
Bilanzielle Abbildung: Einfrierungsmethode (Empfehlung) oder Durchbuchungsmethode
Anhangangabepflichten sehr umfangreich Praxis
von Wahlrecht wird unterschiedlich Gebrauch gemacht keine sachliche Stetigkeit bei Ausübung des Wahlrechts Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Wirksamkeit unvollständige Anhangangaben
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Konsolidierung von Zweckgesellschaften (1)
Neuer Konsolidierungstatbestand in § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB: Übernahme der (absoluten) Mehrheit der Risiken und Chancen
Gesamtbild sämtlicher Risiken und Chancen im Einzelfall entscheidend, d.h. gesellschafts- und schuldrechtliche Beziehungen nicht nur wirtschaftlich, sondern gesamtes inne-
wohnendes Risiko objektiv nachvollziehbare Berechnungsmethode
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Konsolidierung von Zweckgesellschaften (2)
Strittig: Kann eine Zweckgesellschaft Tochterunter-nehmen mehrerer Mutterunternehmen sein? § 290 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 HGB unwiderlegbare
Tatbestände, d.h. Mehrfachkonsolidierung möglich Praxis: Korrektiv der formalen Betrachtungsweise in
§ 290 HGB durch Konsolidierungswahlrecht bei dauern-der Rechtsbeschränkung in § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB
Konsolidierungspflichtige Zweckgesellschaft ohne Kapitalbeteiligung Aufnahme der neubewerteten Vermögensgegenstände
und Schulden in die Konzernbilanz Ausweis des neubewerteten Reinvermögens im
Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter
50
Anhangangaben (1)
Außerbilanzielle Geschäfte (§ 285 Nr. 3 HGB) Angaben zu Art, Zweck sowie Risiken und Vorteilen
von Off-balance-sheet-Transaktionen keine kompensatorische Betrachtung soweit für Beurteilung der Finanzlage notwendig
Geschäfte mit nahe stehenden Personen(§ 285 Nr. 21 HGB) nicht zu marktüblichen Bedingungen nahe stehend Beherrschung Art der Beziehung und Wert des Geschäfts
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Anhangangaben (2)
Derivate (§ 285 Nr. 19 HGB) wenn nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanziert nach Kategorien Angabe des beizulegenden Zeitwerts, soweit nach
§ 255 Abs. 4 HGB ermittelbar
Praxis: sehr unvollständige Umsetzung – hier besteht Entwicklungspotenzial
52
Resümee und Ausblick
Zurückhaltung bei Ausübung neuer steuerbilanzpolitischer Spielräume
Aufwandswirksame Übergangswahlrechte: meist sofortige Umstellung
Häufig Beibehaltungswahlrechte in Anspruch genommen, keine große Eigenkapitalmehrung
Detaillierungsgrad des Anhangs ausbaufähig Schwierige bis fehlende Vergleichbarkeit der Jahres-
abschlüsse 2010 Modernisiertes HGB mittelfristig eine echte IFRS-Alternative?
starke Deformationen der bisherigen HGB-Bilanz beseitigt (Pensionsrückstellungen, Sonderabschreibungen, Aufwandsrückstellungen)
Blaupause für 4. und 7. EU-Richtlinie?
53
WP/StB Prof. Dr. Hubertus Baumhoff
Praxisprobleme bei der Besteuerung von
Funktionsverlagerungen
55
Praxisprobleme bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen
A. ProblemstellungB. Die wesentlichen PraxisproblemeC. Instrumente zur Vermeidung der
FunktionsverlagerungsbesteuerungD. Fazit
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Praxisprobleme bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen
A. ProblemstellungB. Die wesentlichen PraxisproblemeC. Instrumente zur Vermeidung der
FunktionsverlagerungsbesteuerungD. Fazit
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A. Problemstellung (1)
Die Besteuerung von Funktionsverlagerungen zwischen international verbundenen Unternehmen wurde erstmals durch das UntStRefG 2008 in § 1 Abs. 3 Sätze 9 ff. AStG gesetzlich verankert
Einführung einer sog. „Einigungsbereichsbetrachtung“ (Preisuntergrenze Verkäufer vs. Preisobergrenze Käufer)
Konkretisierung des Gesetzes durch die sog. „Funktions-verlagerungsverordnung“ (FVerlV v. 12.08.2008) und die „Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung“ (VWG FVerl v. 13.10.2010)
Bewertung des mit einer Funktionsverlagerung übergehen-den „Transferpakets als Ganzes“ unter Einbeziehung des mit der Funktion verbundenen „Gewinnpotenzials“
Folge: Gesamtbewertung der Funktion (einschl. des funktionsbezogenen Geschäfts- oder Firmenwerts)
58
A. Problemstellung (2)
Hauptkritikpunkte zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe
Rechtsunsicherheiten praktisch sehr aufwendiges Bewertungsmodell des
Transferpakets vorzeitige Besteuerung von im Ausland erst
zukünftig entstehenden Gewinnpotenzialen unpraktikable „Escape-Klauseln“ des § 1 Abs. 3
Satz 10 AStG fehlende internationale Abstimmung
drohende Doppelbesteuerungen
59
A. Problemstellung (3)
Paradigmenwechsel bei der steuerlichen Aufdeckung stiller Reserven Ansatz gänzlich neu, ohne vergleichbare
Vorgängerregelung international nicht abgestimmter deutscher
Alleingang schwierige Steuerplanung in der Praxis hohes Doppelbesteuerungsrisiko
60
A. Problemstellung (4)
Koalitionsvertrag der CDU/CSU/FDP Regierungskoalition: „Entschärfung der Funktionsverlagerungs-besteuerung durch Einführung einer 3. „Escape-Klausel“ im sog. „EU-Umsetzungsgesetz“ (v. 08.04.2010) Einzelbewertung = Regelfall Gesamtbewertung = Ausnahmefall
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Praxisprobleme bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen
A. ProblemstellungB. Die wesentlichen PraxisproblemeC. Instrumente zur Vermeidung der
FunktionsverlagerungsbesteuerungD. Fazit
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B. Die wesentlichen Praxisprobleme (1)
1. Mangelnde internationale Akzeptanz und Abstimmung § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG
„Eine Funktionsverlagerung liegt vor, wenn eine betriebliche Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der übertragenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile von einem inländischen Unternehmen auf ein im Ausland ansässiges verbundenes Unternehmen übertragen bzw. zur Nutzung überlassen wird.“
Sämtliche Funktionen des betrieblichen Wertschöpfungs-prozesses können hiervon betroffen sein (z.B. Rohstoff- und Materialbeschaffung, Produktion, Vertrieb, Finanzierung, Forschung und Entwicklung, Verwaltung, Geschäftsleitung etc.)
Rechtsfolge: Bewertung des „Transferpakets als Ganzes“ unter Einbeziehung des der Funktion immanenten Gewinnpotenzials
Gesamtbewertung statt Einzelbewertung (z.B. auf Basis des IDW S 1 oder des IDW S 5)
63
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (2)
OECD-Bericht vom 22.07.2010 zu „Business Restructurings“ viele OECD-Empfehlungen stehen im Einklang mit dem
deutschen Besteuerungsansatz aber auch wesentliche Unterschiede, i.d.R. zu Lasten des
Steuerpflichtigen, wie z.B. bei der Bewertungseinheit des Transferpakets, welches über
den Betriebs-/Teilbetriebsbegriff hinausgeht, der Anwendung von Verfahren zur Unternehmensbewertung, der Einberechnung ausländischer Standortvorteile und
Synergieeffekte des übernehmenden Unternehmens oder dem Mittelwertansatz bei der Besteuerung ausländischer
Gewinnpotenziale Zunächst gilt lt. OECD der Grundsatz der Einzelbewertung
(„transaction-by-transaction“) Ausnahmen nur im Fall des „transfer of activity (ongoing
concern)“
64
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (3)
Gesamtbewertung nur dann, wenn eine „funktionstüchtige, wirtschaftlich zusammenhängende Geschäftseinheit“ übertragen wird= mehr als nur eine Funktion= eher vergleichbar mit Betrieb oder Teilbetrieb im steuerlichen Sinn
Erkenntnisse des 65. IFA-Kongresses im September 2011 in Paris mit dem Generalthema I: „Steuerliche Folgen von cross-border business restructurings“ viele unterschiedliche Ansätze weltweit, die i.d.R. nicht mit den
deutschen Besteuerungsregeln in Einklang stehen (Ausnahme: USA)
viele, aus deutscher Sicht wichtige Länder nehmen keine steuer-lich relevanten Verlagerungen an, wenn lediglich Chancen und Risiken verlagert werden
es wird lediglich auf die Angemessenheit der Verrechnungspreise nach der Verlagerung abgestellt und nicht auf die Verlagerung selbst
65
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (4)
Zwischenfazit deutscher Alleingang ist für die deutsche
Besteuerungspraxis höchst problematisch große Rechtsunsicherheit immense Doppelbesteuerungsrisiken Beseitigung der Risiken nur durch aufwendige
DBA-Verständigungs- bzw. EU/DBA-Schiedsverfahren möglich
Zweifel an der Europarechtskonformität der deutschen Funktionsverlagerungsbesteuerung
66
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (5)
2. Ausufernde Anwendung der gesetzlichen Regelungen durch die Finanzverwaltung
2.1. „Atomisierung“ des Funktionsbegriffs § 1 Abs. 1 Satz 1 FVerlV
„Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden“
Fin.Verw. (Tz. 16 VWG FVerl) Funktion ist tätigkeitsbezogen und objektbezogen zu
definieren (z.B. Produktion eines bestimmten Produkts/Vertrieb eines bestimmten Produkts für eine bestimmte Region)
67
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (6)
Kritik Funktion muss zwar keinen Teilbetrieb im steuer-
lichen Sinn begründen, diesem aber relativ nahe kommen
Organisatorische Geschlossenheit erfordert einen inneren betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhang zwischen den Teilaufgaben
Produkt- und marktbezogene Definition des Funktionsbegriffs führt zur „ausufernden Anwendung“ der Funktionsverlagerungsbesteuerung
Substitution der Herstellung eines Produkts durch ein Nachfolgeprodukt soll laut Fin.Verw. als Funktions-verlagerung behandelt werden (Tz. 23 VWG FVerl)
68
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (7)
2.2. Zeitlich begrenzter Kapitalisierungszeitraum bei der Bewertung des Transferpaketes
§ 6 FVerlV geht grundsätzlich von der Formel der „ewigen Rente“ aus:„Werden keine Gründe für einen bestimmten, von den Umständen der Funktionsausübung abhängigen Kapitalisierungszeitraum glaubhaft gemacht oder sind solche Gründe nicht ersichtlich, ist ein unbegrenzter Kapitalisierungszeitraum zu Grunde zu legen.“
Gegenbeweis kann geführt werden
69
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (8)
Betriebswirtschaftlich ist die Unterstellung eines unbegrenzten Kapitalisierungszeitraums unrealistisch bei Übertragung von Vertriebsfunktionen
Laufzeit des Vertrags gesetzliche Kündigungsfristen Produktlebenszyklen technische Entwicklungen Bedarfswandlungen am Markt
Literatur: Prognosezeitraum 3-5 Jahre
70
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (9)
2.3. Einbeziehung von Steuereffekten in die Bewertung des Transferpaketes
Berücksichtigung der Steuerbelastung des Veräußerungsgewinns auf Ebene des Verkäufers (sog. „Exit Tax“) bei der Ermittlung des Mindestpreises (= Preisuntergrenze des Einigungsbereichs) (Tz. 118 VWG FVerl)
71
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (10)
Berücksichtigung der steuerlichen Auswirkungen durch entstehendes Abschreibungspotenzial auf Ebene des Käufers (sog. „Tax Amortisation Benefit“ = TAB) bei der Ermittlung des Höchstpreises (= Preisobergrenze des Einigungsbereichs) (Tz. 125 VWG FVerl) Folge: Erhöhung des Verrechnungspreises für das
Transferpaket („Parallelverschiebung nach oben“) Eine Berücksichtigung dieser Effekte führt oftmals zu
unsystematischen Ergebnissen, da ein Einigungsbereich – wenn überhaupt – nur noch bei Vorliegen wesentlicher Standortvorteile zustande käme
72
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (11)
IDW Schreiben vom 09.08.2011 Unmittelbare Anwendung der Bewertungsstandards
IDW S 1 und IDW S 5 hat keine gesetzliche Grundlage; stattdessen ist für die Bewertung von Transferpaketen ein eigenständiges steuerliches Bewertungsverfahren gesetzlich vorgegeben
Die zwingende Berücksichtigung einer „Exit Tax“ und des „Tax Amortisation Benefit“ steht nicht in Einklang mit
den gesetzlichen Vorgaben des § 1 Abs. 3 AStG und der FVerlV,
dem Konzept des hypothetischen Fremdvergleichs sowie der Interpretation des Fremdvergleichsgrundsatzes durch
die OECD-RL
73
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (12) Weitere Kritikpunkte
Die Berücksichtigung einer „Exit Tax“ und eines „Tax Amortisation Benefit“ entspricht zwar in der Theorie den betriebswirtschaftlich anerkannten Bewertungsgrundsätzen. Praxisberichten zufolge spielen diese steuerlichen Aspekte insbesondere bei Unternehmensbewertungen im Rahmen von Akquisitionen keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle
Sowohl „Exit Tax“ als auch „Tax Amortisation Benefit“ führen zu einer Preiserhöhung zu Lasten des Käufers. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde im Rahmen einer fiktiven Verhandlungssituation auf den Verzicht dieser Besteuerungseffekte drängen
Auch auf Ebene der OECD ist eine Berücksichtigung der „Exit Tax“ und des „Tax Amortisation Benefit“ nicht vorgesehen. Ebenso erfolgt keine Berücksichtigung dieser Aspekte im Rahmen der Bewertung nach IDW S 1, auf den die VWG FVerl häufig Bezug nehmen
74
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (13)
2.4. Behandlung von Funktionsverlagerungen vor 2008
Gemäß § 21 Abs. 16 AStG sind die Regelungen zur Besteuerung von Funktionsverlagerungen i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erst ab dem VZ 2008 anzuwenden
Die Fin.Verw. (Tz. 181 ff. VWG FVerl) vertritt dagegen die Auffassung, dass die Einführung der Funktionsverlagerungsbesteuerung „vor allem klarstellende und präzisierende Wirkung“ habe. Die neuen Regelungen seien Ausfluss des seit jeher geltenden Fremdvergleichsgrundsatzes
75
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (14)
Dieser Auffassung ist entschieden entgegenzutreten Vor 2008 ist grundsätzlich von einer geschäftsvorfall- bzw.
transaktionsbezogenen Betrachtung auszugehen; erst seit 2008 ist eine ertragswertorientierte Gesamtbewertung nach dem Transferpaketansatz gesetzlich verankert. Gleiches gilt für die sog. „Einigungsbereichsbetrachtung“
Eine Transaktionsbündelung nach den Grundsätzen der „Palettenbetrachtung“ für Zwecke des Vorteilsausgleichs ist nur dann zulässig, wenn die Geschäftsvorfälle tatsächlich zusammenhängen oder Teilleistungen eines Gesamt-geschäfts sind (OECD-RL: „package deals“)
Für Funktionsverlagerungen unterhalb der „Teilbetriebs-schwelle“ gilt uneingeschränkt der Einzelbewertungsgrundsatz
Mittelwertansatz vor 2008 ohne Rechtsgrundlage Schätzungsbefugnis für Verlagerungsfälle vor 2008 ohne
Rechtsgrundlage
76
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (15)
2.5. Restriktive Anwendung der dritten Escape-Klausel Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG ist unter bestimmten
Voraussetzungen eine Abweichung von der Gesamtbetrachtung und stattdessen eine Einzelbewertung der übertragenen Wirtschaftsgüter zulässig (sog. „Escape-Klauseln“).
Dafür muss allerdings der Steuerpflichtige (Beweislastverteilung!) glaubhaft machen, dass keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile
(= erforderlich und > 25 % gemäß § 1 Abs. 5 FVerlV) mit der Funktion übergegangen sind oder zur Nutzung überlassen wurden oder
dass das Gesamtergebnis der Einzelpreisbestimmungen, gemessen an der Preisbestimmung für das Transferpaket als Ganzes, dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht oder
dass zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist und er es genau bezeichnet.
77
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (16)
Die 3. Escape-Klausel ist erst nachträglich (durch das EU-Umsetzungsgesetz) eingeführt worden, um in Verlagerungsfällen unterhalb der Schwelle des steuerlichen Teilbetriebs keinen Firmenwert ansetzen zu müssen (stattdessen nur Einzel-bewertung der übertragenen Wirtschaftsgüter)
78
B. Die wesentlichen Praxisprobleme (17)
Streitig ist, ob bei der 3. Escape-Klausel überhaupt die 25 %-Grenze gemäß § 1 Abs. 5 FVerlV anwendbar ist. Der Wortlaut der FVerlV stellt nur auf die 1. Escape-Klausel ab, so dass mit der (nachträglichen) Einführung der 3. Escape-Klausel durch das EU-Umsetzungsgesetz § 1 Abs. 5 FVerlV entsprechend hätte geändert werden müssen Sinngemäße Übertragung der 25 %-Grenze auf die
3. Escape-Klausel ist daher lediglich eine Interpretation der Finanzverwaltung (vgl. Tz. 75 VWG FVerl)
Hinweis des IDW (Stellungnahme v. 05.07.2011) an das BMF auf die Änderungsbedürftigkeit der FVerlV
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B. Die wesentlichen Praxisprobleme (18)
Verständnis der Fin.Verw. zielt darauf ab, den Anwendungsbereich der 3. Escape-Klausel erheblich einzuengen Auch bei Übertragungen unterhalb der Teilbetriebs-
schwelle soll ein funktionsbezogener Geschäfts- oder Firmenwert übergehen, der sich dann im Wertansatz der Einzelwirtschaftsgüter widerspiegeln soll
Bei der gesetzlichen Neuregelung (Einführung der 3. Escape-Klausel) handelt es sich angeblich (nur) um eine Verfahrensvereinfachung ohne materielle Besteuerungsauswirkung
Zweifel, ob der Wille des Gesetzgebers verwaltungs-seitig vollkommen umgesetzt wurde
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B. Die wesentlichen Praxisprobleme (19)
Eigene Auffassung Die 3. Escape-Klausel (Neuregelung) bedeutet im
Kern eine Änderung der Funktionsverlagerungs-besteuerung
Ansatz von Einzelverrechnungspreisen dann statthaft, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist und er es genau bezeichnet
Einzelbewertung wird zum Regelfall, Gesamtbewertung wird zum Ausnahmefall!
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Praxisprobleme bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen
A. ProblemstellungB. Die wesentlichen PraxisproblemeC. Instrumente zur Vermeidung der
FunktionsverlagerungsbesteuerungD. Fazit
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (1)
1.Funktionsverdoppelung § 1 Abs. 6 FVerlV:
„Eine Funktionsverlagerung … liegt nicht vor, wenn es … innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das nahe stehende Unternehmen zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion durch das zuerst genannte Unternehmen kommt“.
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (2)
2. Bagatellfälle (Veräußerung einzelner Wirt- schaftsgüter/Erbringung von Dienstleistungen)
§ 1 Abs. 7 FVerlV Ausschließliche Veräußerung oder Überlassung
von Wirtschaftsgütern Nur Erbringung von Dienstleistungen Entsendung von Personal im Konzern, ohne dass
eine Funktion übergeht Vorgang würde „zwischen voneinander unab-
hängigen Dritten nicht als Veräußerung oder Erwerb einer Funktion angesehen“
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (3)
3.Funktionsverlagerungen auf Routine-unternehmen (Funktionsabspaltung)
§ 2 Abs. 2 FVerlV Keine Funktionsverlagerungsbesteuerung, wenn
Funktion auf „Routineunternehmen“ (z.B. Lohn-fertiger) verlagert, die Funktion anschließend nur gegenüber dem verlagernden Unternehmen aus-geübt und der Liefer- und Leistungsaustausch nach der Kostenaufschlagsmethode abgerechnet wird
Übernehmendes Unternehmen erzielt nur den „Funktionsgewinn“
Funktionsgewinn = Normalverzinsung des investierten Kapitals
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (4)
4. Funktionsverlagerung auf Betriebsstätten Durch § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG werden nicht die Fälle
erfasst, bei denen eine Funktion auf eine ausländische Betriebsstätte übertragen wird Eine Betriebsstätte stellt keine „Person“ i.S.d. § 1 AStG
dar, sondern ist rechtlich unselbständiger Teil eines Unternehmens
Ein solcher unselbständiger Teil eines Unternehmens kann keine „Geschäftsbeziehung“ mit anderen Unternehmensteilen unterhalten
Ggf. künftige Ausweitung des § 1 AStG auf Betriebsstättenfälle
Ggf. jedoch Beachtung sonstiger Entstrickungs-tatbestände erforderlich
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (5)
5. Lizenzierung von Transferpaketen Wahlrecht zwischen „Übertragung“ und „Überlassung“
Lizenzierung als Alternative zur Sofortbesteuerung Grenzüberschreitende Funktionsverlagerung kann
durch „Übertragung“ oder „Überlassung“ des Transferpakets erfolgen
Gemäß § 4 Abs. 2 FVerlV faktisches Wahlrecht („im Zweifel“)
Bei „Überlassung“ bleibt das wirtschaftliche Eigentum an der Funktion beim verlagernden Unternehmen
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C. Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung (6)
6. Inanspruchnahme der Escape-Klauseln des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG
Die drei „Escape-Klauseln“ des § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG 1. Alternative:
Keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile sind Gegenstand der Funktionsverlagerung
2. Alternative:Die Summe der angesetzten Einzelverrechnungspreise entspricht, gemessen an der Bewertung des Transferpakets als Ganzes, dem Fremdvergleichsgrundsatz
3. Alternative:Zumindest ein wesentliches immaterielles Wirtschaftsgut ist Gegenstand der Funktionsverlagerung und der Steuerpflichtige bezeichnet es genau
Dann: Einzelbewertung statt Gesamtbewertung
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Praxisprobleme bei der Besteuerung von Funktionsverlagerungen
A. ProblemstellungB. Die wesentlichen PraxisproblemeC. Instrumente zur Vermeidung der
FunktionsverlagerungsbesteuerungD. Fazit
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D. Fazit (1)
Die neue deutsche Funktionsverlagerungsbesteuerung stellt einen fundamentalen steuerlichen Paradigmen-wechsel bei der Aufdeckung stiller Reserven dar
Die gesamtwertbezogene Einigungsbereichsbetrach-tung für das übergehende „Transferpaket“ ist inter-national nicht ausreichend abgestimmt bzw. verankert
Die deutsche Verwaltungspraxis – insbes. die VWG FVerl – gehen in ausufernder Weise über den Gesetzesbefehl hinaus, sind sehr fiskalisch ausge-staltet und spiegeln den Willen des Gesetzes- und auch des Verordnungsgebers m.E. nur unzureichend wider
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D. Fazit (2)
Das Doppelbesteuerungsrisiko für deutsche, international tätige Unternehmen wird dadurch hoch, eine Fülle von DBA-Verständigungs- und EU-/DBA-Schiedsverfahren hierzu wird die Folge sein
Es bestehen Zweifel an der Europarechtstauglichkeit des § 1 Abs. 3 AStG, da Funktionsverlagerungen über die Grenze hinweg steuerlich nachteiliger behandelt werden als vergleichbare Inlandsfälle
Die Praxis sollte alle Instrumente zur Vermeidung der Funktionsverlagerungsbesteuerung nutzen, um die steuerlichen Risiken für deutsche, international tätige Unternehmen in Grenzen zu halten
RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio
Die Stabilisierung des Finanzmarktes als
Verfassungsproblem
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Mittagspause
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