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Donnerstag, 14. November 2013 Seite 5

WvO-Schüler nahmen an der Gedenkveranstaltung im Hessischen Landtag teil

Gedenkveranstaltung „Progrome“ in Wiesbaden

Landtagspräsident Norbert Kartmann und Hessischer Mini-sterpräsident Volker Bouffier im Gepräch mit den DillenburgerGymnasiasten.

Dillenburg/Wiesbaden. AmSamstag, dem 09.11.13 nah-men Oberstufenschüler derWilhelm-von-Oranien-Schuleaus Dillenburg, unter Leitungvon STD. Eckhard Scheld, ander Gedenkstunde des Hessi-schen Landtages zum 75. Jah-restag der Reichspogromnachtvom 9. November 1938 inWiesbaden teil. Bei der zentra-len Feierstunde des Landesim Plenarsaal sprachen Land-tagspräsident Norbert Kar t-mann und MinisterpräsidentVolker Bouffier Wor te desGedenkens.

Am 9. November 1938, vor75 Jahren, wurden überall inDeutschland Pogrome gegenjüdische Mitbürger durchge-führt. Synagogen, jüdischeGeschäfte, Wohnungen undFriedhöfe wurden in dieserNacht zerstört. Zehntausendejüdische Mitbürger wurden inKonzentrationslager gebracht,über 1000 Menschen fielendem Terror zum Opfer. Wie sollman daran erinnern? Ist Erin-nerung noch nötig? Mit diesenFragen beschäftigte sich zu-nächst Norbert Kartmann, Prä-sident des Hessischen Land-tags in seiner Begrüßung. Fürihn ist die Erinnerung, die wei-tergeben wird, die einzig wirk-liche Maßnahme gegen dasVergessen. Er appellierte andie Zuhörer, dass das Wissenüber dieses schreckliche Er-eignis an die Jugend weiterge-ben werden müsse, damit diesnicht in Vergessenheit gerateund sich solch ein schreckli-ches, menschenunwürdigesEreignis wie die Schoah nichtwiederhole. Für den Minister-präsidenten Volker Bouffierwar dieses Pogrom ein Fanalder Ver folgung, die im Holo-caust gipfelte. Er erinnerte auchan ein Wor t des israelischenFriedenspreisträgers Amos Oz,dass man die Vergangenheit

nicht ignorieren könne, son-dern sich ihr zu stellen habe.Es waren nicht nur die starkenWorte, die die beiden Politikerin ihren Reden gefunden hat-ten, mit dem Hinweis, dasswir zwar die Vergangenheitheute nicht mehr ändern kön-nen; dass wir aber die bleiben-de Verpflichtung haben, durchGedenken und Erinnern einZeichen zu setzen, sonderndas auch hier auch Im Hessi-schen Landtag eine neue Formder Erinnerungskultur gebotenwurde, die überzeugte. ImRahmen dieser Gedenkfeiergab es nämlich eine Rezitati-on der Schauspielerin LilliSchwethelm, die, musikalischbegleitet von ihrem Mann Ge-org Crostewitz, Gedichte undTexte der Auschwitz-Überleben-den Hilda Stern-Cohen, geb.1924 in Nieder-Ohmen und1997 in New York verstorben,vor trug. Was von dieser Ge-denkstunde in Erinnerungbleibt, ist auch diese beson-dere Art der Darbietung. DieKünstler hatten eine ausge-zeichnete Auswahl aus denTexten von Hilda Stern-Cohengetroffen. Erst nach ihremTode im Jahr 1997 hatte ihrMann ihre Texte gefunden, die2003 von der ArbeitsstelleHolocaustliteratur an der Ju-stus-Liebig-Universität Gießenherausgegeben wurden. In ih-rem Bericht „Die letzten Tagedes Seminars“ schildert HildaStern-Cohen ihre Erinnerungan die Pogromnacht in Würz-

burg, als sie Schutz und Hilfein einem nahegelegen Klostersuchte und die Tür ihr ver-schlossen blieb. Das erinnertdaran, dass als die Synago-gen brannten, auch viele Kir-chen stumm blieben. LilliSchwethelm versetzte sich inihrer Rezitation in die geäng-stigte Schülerin der Israeliti-schen Lehrer Bildungs-Anstaltin Würzburg und schaffte es,durch ihre Vor tragsweise undihre wechselnde Betonung, dieZuhörer in ihren Bann zu zie-hen. Gerade durch die beglei-tende Gitarrenmusik von Ge-org Crostewitz wurde die Wir-kung der Texte noch unterstri-chen und die Texte konntennachklingen. 1941 wurde Hil-da Stern-Cohen ins Ghettoverschleppt, wo sie ihre Elternund Großeltern verlor. 1944folgte dann die Deportationnach Auschwitz. Sie überlebteeinen der beiden berüchtigtenTodesmärsche und wartetedann bis 1946 in Österreichauf ihre Auswanderung zu Ver-wandten nach Amerika. In die-ser Zeit schrieb sie auch ihreErinnerung an das Ghetto inLodz sowie die Gedichte „Ge-nagelt ist meine Zunge“ und„Der Zug“, in welchem sie ihreFahrt nach Auschwitz be-schreibt. Schwethelm schlossihre Rezitation mit einem Zitataus der Dankesrede von ElieWiesel zur Verleihung des Frie-densnobelpreises aus demJahre 1986: „Frieden ist nichtGottes Geschenk an seineGeschöpfe; Frieden ist unserGeschenk aneinander.“ Es warbeeindruckend bei dieser Ge-denkstunde dabei zu sein se-hen. Mit einer konzentriertenAufmerksamkeit verfolgtenalle Teilnehmer das Programmund Abgeordnete erhoben sicham Ende des Vortrags von denSitzen, um sich bei den Künst-lern persönlich zu bedanken.Im Anschluss an die Gedenk-veranstaltung lud Landtags-präsident Norber t Kartmannnoch zu einem Empfang miteinem Imbiss in den Musik-saal des historischen Land-grafenschlosses. Dort hattendie Jugendlichen auch die

Möglichkeit, sich mit Abgeord-neten des Hessischen Land-tages zu unterhalten und überdas Erlebte auszutauschen.Ministerpräsident Volker Bouf-fier nahm sich Zeit, um mitden Schülern zu reden, er-mahnte sie, sich nicht wegzu-ducken, wenn die mit denBomberjacken kämen.„Schaut nicht weg, denn daswar das große Problem zurdamaligen Zeit“, so der Mini-sterpräsident und erinnerte dieJugendlichen noch einmal dar-an, dass Demokratie und Frei-heit bedeuten, keine Angstmehr haben zu müssen, dafürlohne es, sich einzusetzen.Landtagspräsident Norber tKartmann war von dem Auftre-ten und Verhalten der WvO-Schüler so angetan, die auchan einem freien Tag nach Wies-baden gekommen waren, sodass er sie für den Dezembernoch einmal in den HessischenLandtag einlud, um dann mitihnen über den neuen Land-tag und die anstehende Auf-gaben zu sprechen. KarinCaetani, Mitarbeiterin des Hes-sischen Landtags, ermöglichtder Gruppe anschließend nocheine Führung durch das histo-rische Landgrafenschloss. DieSchüler/innen freuen sich be-reits jetzt schon darauf, derEinladung des Landtagspräsi-denten folgen zu dürfen. Text:Jonas Becker, Silas Becker,Sarah Günther, Kester King

„Ich denke, wir sollten unsviel öfter klarmachen, dassnicht „einfach“ Friedenherrscht, sondern dass wirdafür kämpfen und einstehenmüssen.“ - Kristin Claas

„Die Art von Lilli Schwethelm,das Leben von Hilda Stern-Cohen darzustellen, war demTag und der Veranstaltung sehrangemessen und eindrucks-voll. Ihre Art des Vortrags warfür mich neu, aber sehr gut!Man konnte sich das Leid unddie Situation von Hilda SternCohen bildlich vorstellen. Dashat mir noch einmal einen ganzneuen Blick auf die Situationder Juden im damaligenDeutschland gegeben.“ -Madeleine Kraus

Gedenkveranstaltung „Pogrom“ in Wiesbaden

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Dillenburger Wochenblatt 14.11.2013, S. 5
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