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AUSGABE Frühjahr 2016
Zeitschrift für daoistische chinesische Medizin nach dem Radloff-Konzept Reinhard Bayerlein
REINHARD
BAYERLEIN
ZEITSCHRIFT FÜR
DAOISTISCHE CHINESISCHE
MEDIZIN 1/16
1
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Chinesische Medizin (CM) ist ein weites Feld und die Auseinandersetzung
damit kann zweifelsohne eine Lebensaufgabe sein. Doch diese
Auseinandersetzung gibt demjenigen, der nicht aufhört die Zusammenhänge
zu ergründen, viel mehr zurück, als es im ersten Moment scheint. Denn wer
die Inhalte erfasst wird in seiner persönlichen Entwicklung zweifelsohne
bereichert.
Die Inhalte der CM basieren allesamt auf dem Prinzip der Polarität. Das was
uns als Daoismus bekannt ist, ist ein philosophisches System, welches das
Wesentlichste aller physikalischen Grundgesetze in Bezug zu der uns
umgebenden Realität bringt. Doch die CM hat es geschafft nicht nur eine
praxisbezogene Philosophie zu entwickeln. Nein, sie ermöglichte es diese
sogar auf die Vorgänge im Organismus zu beziehen und damit zu heilen. Ich
bin fest davon überzeugt, dass die Abwendung von diesen Inhalten, wie es in
Bereichen der sogenannten „modernen TCM“ heute geschieht, eine Sackgasse
darstellt, die der multifaktoriellen Realität unseres Wesens, aber auch dem
von Krankheit, nicht gerecht wird. Der Mensch ist ein Wesen welches aus
Körper, Seele und Geist besteht und eine Therapie, die den Anspruch hat
ganzheitlich zu sein, muss diesem Anspruch selbstverständlich auch gerecht
werden.
So hoffe ich, dass die Traktate, die ab jetzt in loser Folge erscheinen werden,
dazu beitragen, dass wir wieder etwas von der Demut zurückgewinnen, die
uns der Daoismus zu lehren versucht und den wir auch im System der
klassischen (nicht unbedingt der TCM) chinesischen Medizin ebenfalls finden
können.
Ich wünsche uns allen ein erfolgreiches 2016 und tiefe Einsichten
R.Bayerlein
2
KURZE EINFÜHRUNG
Die Geschichte der Chinesischen Medizin (CM) beginnt sicher mindestens
2000 Jahre vor Christi Geburt. Mit der Zeit entwickelten sich natürlich
verschiedene Lehrkonzepte, doch war es der Daoismus, ein religiös-
philosophischen1 System, welches die Medizin in China grundlegend
beeinflussen sollte. Der Daoismus selbst beschreibt ein unerklärbares Dao,
welches sich dem Mensch in Form von sich gegenseitig ergänzenden
Polaritäten zeigt. Diese Polaritäten werden hier als Yin und Yang bezeichnet
und sind, wie wir später sehen werden, die Grundlage der gesamten uns
umgebenden Realität.
1 Religio= Rückbindung, Philosophie=Weisheitsliebe
3
Eines der heute fraglos wichtigsten Bücher für CM-Therapeuten stellt das
Hunag Di Nei Jing, Su Wen und das Nan Jing dar. Es stammt wahrscheinlich
aus dem 1. oder 2. Jahrhundert und der Sinologe W. Schmidt schreibt dazu:
„Themenschwerpunkten der drei Bände ergeben sich daraus, dass das Suwen ("Einfache Fragen") eigentlich einen Einführungsband in die grundlegenden Konzepte der TCM und somit eine Art Grundkurs seit alters dargestellt hat. Das Lingshu ("Wundersame Türangel") geht vor allem auf die Klinik verschiedener Krankheitsbilder und die therapeutischen Anwendungsgebiete wie Akupunktur, Moxibustion usw. in Theorie und Praxis ein. Von alters her stellte es somit den „Oberkurs" für angehende TCM-Therapeuten dar. Das Nanjing ("Schwierige Fragen") schließlich ist redaktionell ein kurzer Nachtragsband zu den in den beiden vorherigen Bänden angesprochenen Stoffen….
„Das gesamte Werk ist ja nicht aus einem einzigen Guss zu einer bestimmten Zeit von einem einzigen Autor verfasst und damit im Aufbau klar und folgerichtig konzipiert. Vielmehr stellt es eine Kompilation verschiedener Texte unterschiedlicher Autoren aus möglicherweise verschiedenen Zeiträumen und Orten dar. Gewisse Unebenheiten wie inhaltliche Sprünge, Wiederholungen usw. sind deshalb unvermeidbar. Und schließlich ist zu beachten, dass das Werk zeitgebundene Aussagen zum Beispiel zur Systematik der Meridiane, Akupunkturpunkte und vor allem der Klassifikation und Systematik der Pulse macht. Vieles, was sich inhaltlich hierzu in den Texten des Gesamtwerkes findet, stammt sehr wahrscheinlich aus der Han-Zeit und trägt somit späteren Entwicklungen auf den Gebieten der Meridianlehre, Punkstellensystematik und der Pulslehre keineswegs Rechnung. (Dr. Wolfgang Schmidt, Sinologe und Übersetzer und Herausgeber)“
Wir müssen uns deshalb bewusst sein, dass es weitere und unterschiedliche
Entwicklungen gegeben, hat, welche bestimmte Bereiche weiter
ausdifferenziert hatten, was aber auch bedeutet, dass sich die jeweiligen
politischen Anschauungen ebenfalls in den späteren Werken
niedergeschlagen haben. 1913 wurde der letzte chinesische Kaiser abgesetzt
4
und es begann in China die „moderne Zeit“. Hierzu orienteierte man sich
weitgehend am Westen. Dies steigerte sich weiter, als Chiang Kai-shek 1927
Chef der Nationalregierung wurde. Kai-shek war der Ansicht, dass
traditionelle Einstellungen in einem modernen Staat keinen Platz mehr
haben sollten. Und so förderte er die Einführung westlicher Denkweisen, der
westlicher Medizin und behinderte Folgerichtig gleichzeitig massiv die
Ausführung der alten „überkommenen“ klassischen Medizin. Diejenigen, die
diese alten Medizinkonzepte vertraten, wanderten in andere Länder aus und
so wurde glücklicherweise auch einiges an Literatur und Wissen erhalten.
Wenigstens diese Einstellung gegen die klassische Medizin wurde von seinen
Nachfolger Mao tse Tung übernommen. Mao führte die Erneuerung des
Staates fort und die Auseinandersetzung mit klassischen Elementen wurde
mit der Androhung von Aufenthalten in Umerziehungslagern unter Strafe
gestellt. Konsequenterweise kam es deshalb auch zu Bücherverbrennungen
und anderen Säuberungsaktionen, die sich bis heute auf die kulturelle
Entwicklung Chinas auswirkten.
Als Mao einige Zeit an der Regierung war, zeigte sich, dass die
Vertreibungsaktionen seines Vorgängers, aber auch die seiner eigenen Politik,
zu einem Mangel an Medizinern geführt hatte. Der Mangel an Ärzten war
teilweise so groß, dass sich Mao gezwungen sah eine kostengünstige
Medizinversorgung, besonders für die ländliche Bevölkerung dieses großen
Landes zu organisieren. So wurden das jetzt nur noch spärlich vorhandene
Wissen, dass besonders in Laienkreisen vorhanden war, gesammelt,
strukturiert und ideologisch geordnet2. Diese zuerst aus der politischen
Notwendigkeit geborene, günstige Variante der Gesundheitsversorgung für
das Volk, war der Grundstock für die Entwicklung der „Modernen“ aber als
„Traditionelle Chinesische Medizin“ (TCM) bezeichneten Medizin. Wie schon
erwähnt benötigte Mao und seine kommunistische Partei China (KPCh)3
hierfür ein System, welches Konform mit den politischen Ansichten des
Marxismus4 war. So musste man das ursprüngliche System, welches aus den
2 Das meint, dass man es von Bezügen zu emotionalen und spirituellen Bezügen befreite. 3 Die KPCh wurde 1921 gegründet. Die Volksrepublik China wurde 1949 ausgerufen. 4 Die sozialistischen Ansichten von Marx, Engels und Lenin wurden von Mao entsprechend den herrschenden Bedürfnissen in eine eigenständige politische Sichtweise verändert. Sie wurde durch das so genannte „Rote
5
Elementen Körper, Seele und Geist bestand, in an ein den westlichen Denk-
und Wertemodelle angepasstes System transportieret werden. Da „Religion
Opium fürs Volk5“ ist, entfernte man die Inhalte die mit den Bereichen Seele
und Geist assoziiert sind und beschränkte sich primär auf die
Auseinandersetzung mit den materiellen Inhalten. Emotionalität wurde in
diesem System als Folge der Wirkungen von Substanzen beschrieben und
damit als die Folge physiologischer (biochemischer) Vorgänge betrachtet6.
Zwar fanden die oben genannten Begriffe in das System der modernen TCM
ihren Eingang, jedoch handelt es sich dabei oft nur um reine
Lippenbekenntnisse. Die Inhalte wurden aufgrund des Fehlens von Wissen
über die klassischen Inhalte „verwestlicht“ und der analytisch-westlichen
Denkweise angepasst.
Müller 7 verweist darauf, dass beispielsweise im Rahmen der Entstehung der
TCM in den fünfziger Jahren Wirkungen und Syndrommuster, die mit der
Kräutertherapie assoziiert sind, auf die Indikation von einzelnen
Akupunkturpunkten übertragen wurden. Als Beispiel dienen hier die
Anwendung von Qi-Fluss fördernden Kräutern und die Hinzunahme von
Punkten die ebenfalls den Qi-Fluss fördern sollen, obwohl diese
möglicherweise aus energetischer Sicht überhaupt nicht indiziert sind. Doch
die Kräutertherapie wirkt ihrem Wesen nach auf die biochemischen Vorgänge
und damit primär auf die materielle Ebene, während Akupunkturpunkte
deutlich einen Bezug auf die immaterielle energetische Qi-Ebene haben. Eine
Übertragung von Kräuterindikationen auf Akupunkturpunkte erscheint
deshalb nicht stimmig zu sein. Selbstverständlich haben die Kräuter auch
energetische Wirkungen, jedoch können sich deren Effekte bei größeren
Störungen innerhalb des Leitbahnsystems nicht direkt optimal entfalten.
Buch“ verbreitet. 1966 kam es nach dem ideologisch bedingten Bruch mit der Sowjetunion, zum, als Kulturrevolution bezeichneten, Umbruch. Der Kulturrevolution lag die Theorie einer andauernden revolutionären Umgestaltung von Kultur und Gesellschaft zugrunde. Die Ideale des Kommunistischen Denkens sollten im gesamten chinesischen Volk verankert werden. Hierzu wurden Umerziehungen im großen Stil vorgenommen um so genannte „konterrevolutionäre“ Tendenzen im Keim zu ersticken. 5 Marx/Engels 6 Auch unsere Wissenschaft hat die Idee, dass Emotionen und das Leben eine FOLGE von funktionalen, physikalischen Prozessen ist.
6
So ist es eben häufig nötig das Leitbahnsystem zu behandeln, um die
Informationsübermittlung innerhalb des Meridiansystems überhaupt zu
gewährleisten! Eine der besten Möglichkeiten, die ich hierzu kenne, ist die
Leitbahntherapie des Radloff-Konzepts (APM n.Radloff). Dadurch werden die
vielfältigen Wirkungen der Kräutertherapie überhaupt erst ermöglicht! Ein
funktionierendes Leitbahnsystem ohne größere Flussstörungen, ist somit
eine wichtige, auf jeden Fall aber optimierende Voraussetzung für einen
physiologisch optimal arbeitenden Organismus, da im Meridiansystem auch
das Nähr-Qi für die Organe, transportiert wird. Dies ist einer der
Ansatzpunkte der Leitbahnbehandlung im Rahmen des Radloff-Konzepts.
An dieser Stelle sei deshalb ebenfalls nochmals nachdrücklich darauf
hingewiesen, dass Aussagen, nur die Kräutertherapie sei in der Lage
chronische und innere Leere-Erkrankungen zu heilen, nicht der Tatsache
entsprechen. Diese Ansichten entstammen nicht den Klassikern, sondern sind
erst später verbreitet worden7. Im Ling Shu (Kap.1) ist zu lesen, dass wer dieser
Meinung ist, einen Denkfehler begeht:
„Auch ältere Erkrankungen sind natürlich mit Akupunktur heilbar. Wer dies in Abrede stellt, kann nicht Meister der Heilkunst genannt werden.“
Die Praxis bestätigt diese Aussage täglich.
Die moderne TCM, der Begriff wurde etwa um 1960 geprägt, ist heute in
erster Linie auf Vorgänge ausgerichtet, die sich auf rein materiellen Bereichen
abspielen8, weshalb die Kräutertherapie eine so herausragende Rolle spielt.
Gerade hier leistet die moderne TCM aber auch eine ausgezeichnete Arbeit!
Die in China allgemein vertretene Aussage, dass die „moderne TCM“ zu 80%
aus Kräuterheilkunde und die restlichen 10% aus Diätetik und je 5%
Bewegungstechniken und Akupunktur (!) besteht, zeigt, dass der
Schwerpunkt gerade auf der Beeinflussung biochemischer Vorgänge beruht.
7 J. V. Müller / Chinesische Medizin wohin? 8 Dies soll nicht als Wertung verstanden sein!
7
Diese konsequente Ausrichtung auf eine rein wissenschaftlich-materielle
Betrachtung des Phänomens Akupunktur und Energetik führen dann zu
Aussagen wie der von Prof. Huang, Vizepräsident des
Akupunkturforschungsinstituts der Akademie für TCM:
„Die Meridiantheorie hat ihre historische Aufgabe… erfüllt, ist aber inzwischen zu einem Engpass (bottle neck) geworden, die die weitere Entwicklung der Akupunktur im 21. Jahrhundert behindert.“ 9.
Es ist aktuell so, dass wenn junge Akupunkturstudenten nach China gehen, um dort Akupunktur lernen, ihre Frage bezüglich einer Wandlungsphasenakupunktur dort meist auf Unkenntnis stoßen. Gründe sind hierfür beispielsweise die schon erwähnten kulturhistorischen Entwicklungen. So wundert es auch nicht, dass in der Zwischenzeit nun viele westliche Akupunktur-Lehrer den Chinesen die differenzierten Akupunkturtechniken und das Wandlungsphasen-Modell lehren! Es ist natürlich zu hoffen, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird. Um Akupunktur zu lernen muss man heute (Stand 2016) deshalb nicht unbedingt nach China. Sehr gut hingegen ist, wie schon dargestellt, die Ausbildung in Kräuterheilkunde, weil dort kontinuierlich Forschungen betrieben wurden. So kommt über die Umwege aus anderen Ländern, das komplexe Wissen der Klassischen Chinesischen Medizin, nach und nach wieder nach China, in die Wiege dieses Systems, zurück.
Klaus Radloff schöpfte, wie auch die großen Vertreter der Akupunktur in den vierziger und fünfziger Jahren, aus den französischen Übersetzungen der Klassiker sowie Übersetzungen von Hüboter, Giesen, Bachmann, Brodde, Busse, Fisch, del Fuye, Nguyen, Stiefvater und vielen anderen, die sich um die Verbreitung der Akupunktur verdient machten. Im Großteil dieser Literatur waren noch die energetischen Grundlagen von Yin und Yang die Basis der Behandlung und nicht, wie heute, die Syndrom-Lehre!
Heute gehört die Akupunktur zu den wissenschaftlich am besten untersuchtesten Methoden in der Naturheilkunde. Einige Indikationen sind
9 DZA 2/2008 S.65
8
von den Krankenkassen anerkannt und besonders im Rahmen der Schmerztherapie genießt die Akupunktur bei Ärzten eine große Akzeptanz. Doch die Akupunktur ist natürlich viel mehr als eine reine Schmerztherapie, denn mit ihr ist es auch möglich auf organischer Ebene reproduzierbare Effekte zu erzielen. Da die Bestrebungen, die Wirkungen der Akupunktur zu beweisen ungebrochen sind, können wir in den nächsten Jahren mit weiteren wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit der Akupunktur rechnen.
Diese positive Entwicklung sollte von und dadurch bereichert werden, dass wir
wieder Elemente der ursprünglichen ganzheitlichen Betrachtungsweise
hinzufügen.
DIE WURZEL
Das System des Daoismus ist die Basis der gesamten chinesischen Medizin. Ich
stelle diese Behauptung aus der Überzeugung heraus auf, dass die Grundlage
der energetischen Denkweise sich immer wieder auf die Gesetzmäßigkeit der
Dualität beruft.
Über die daoistische Lehre von Yin und Yang soll an dieser Stelle nicht mehr
allzu viel ausgeführt werden, da man davon ausgehen kann, dass das Gesetz
der Polarität weitgehend bekannt ist10. Yin und Yang stellen das
grundsätzlichste Prinzip der chinesischen Philosophie dar und die
Auseinandersetzung mit dem I Ging11 zeigt, welche komplexe Vorgänge und
philosophischen Überlegungen damit assoziiert sind. Yin und Yang stehen an
dieser Stelle als übergeordnete Prinzipien, die nur in der Bedeutung einer
analogen Betrachtungsweise nachvollziehbar sind.
10 Die Teilchenphysik hat die Existenz des Polaritätsgesetzes belegt. Heute teilt man in der
Elementarteilchenphysik, alle bekannten Teilchen in zwei polare Gruppen ein. Aus diesen beiden polaren Gruppen
besteht letztlich das gesamte Universum, und konsequenterweise somit auch der Mensch. Es handelt sich dabei
um die Bosonen, zu denen Teilchen wie Photonen, W, Z Gluonen usw. gehören und um die Gruppe der
Fermionen, zu denen die Elektronen, Protonen, Quarks und andere Teilchen gehören.
11 Buch der Wandlung. Ein chinesischer Klassiker, der die Auswirkungen kosmischer Gesetzmäßigkeiten im menschlichen Dasein darzustellen versucht.
9
YIN YANG Erde Himmel
Feucht Trocken
Kalt Warm
Leere Fülle
Norden Süden
Passivität Aktivität
Frau Mann
Mond etc. Sonne etc.
Leider wird diese Tatsache, dass das Polaritätsgesetz die Grundlage dieses
Systems ist, meist vergessen. Was dadurch zustande kommt, dass versucht
wird dieses Konzept zugunsten westlicher wissenschaftlicher Prinzipien
umzuformulieren.
Dieser Versuch misslingt zwangsläufig, da es sich beim Daoismus um ein
analoges12 Denkmodell handelt. Die Zuordnungen zu Yin und Yang folgen
genau diesem Denkmodell. Das Modell zeigt weiter, dass Yin und Yang die
übergeordneten Kräfterichtungen des Qi sind. Genau an diesen beiden
grundlegenden regulierenden polaren Kräften setzt, wie oben beschrieben,
die Grundidee der CM an.
Die Auseinandersetzung mit dem Konzept von Yin und Yang trägt somit viel
zum Verständnis der Akupunktur bei und sollte von jedem, der sich
ganzheitlich mit dem Thema der CM beschäftigt, unbedingt erfolgen.
Grundsätzlich macht es Sinn sich hier dem Studium von Lao Tse´s Dao te
Ging und dem I Ging hinzuwenden13. Als persönlichen Hinweis möchte ich
davor warnen, allzu schnell der Meinung zu sein, dieses scheinbar „banale
System“ verstanden zu haben! Im Gegenteil, ich kenne erstaunlicherweise
12 Eventuell vergleichbar mit dem Periodensystem der Chemie. Analoges Denken meint das Denken in vertikal zusammenhängenden Eigenschaftsketten. 13 Übersetzungen gibt es hier unterschiedliche und es lohnt sich mehrere Ausgaben zu haben.
10
kaum jemanden, der diese Zusammenhänge richtig erfasst hat! Das mag an
unserer schnelllebigen Zeit und der Informationsflut liegen, die dazu führt,
dass man vieles nur kurz überfliegt und oft keine Zeit für einen tieferen
Einstieg hat.
Das Konzept von Yin und Yang ist essentiell und nimmt deshalb eine
übergeordnete Stellung innerhalb der Energetik und auch der damit
verbundenen physiologischen Prozesse ein!
Die Abbildung zeigt, wie sich aus dem DAO (Monade) die Polarität von Yin
und Yang abgespalten hat, woraus dann durch weitere Verbindungen, die
gesamten Bausteine der Materie gebildet wurden.
Eng verbunden mit dem Daoismus ist die Person des Lao-Tse. Lao-Tse wird
das Dao Te Ging zugeschrieben, dass er im Jahre 600 v.Chr. geschrieben
haben soll. Das Dao Te Ging, gilt als eines der wichtigsten Beschreibungen
der Zusammenhänge darüber, wie sich Yin und Yang dazu verwenden
11
lassen, um ein tugendhafter Mensch zu werden. Das Dao Te Ging ist heute
eines der bedeutendsten und meistübersetzten Bücher der Weltliteratur. Lao
Tse berichtet vom göttlichen Urgrund, dem Dao und dessen Wirkkraft im
Menschen.
Der Text selbst ist in 81 Kapitel gegliedert und diese wiederum sind in zwei
Abteilungen geteilt. Abschnitt 1 beinhaltet die Kapitel 1-37 und handelt in
erster Linie vom Dao, Abschnitt 2 enthält die Kapitel 38-81 und handelt
hauptsächlich von der praktischen Anwendbarkeit des Dao. Lao-Tse gilt als
der philosophische Theoretiker des Daoismus. Ein anderer Vertreter dieser
Richtung, Dschuang Tse, er lebte etwa von 365-290 v.Chr., gilt eher als der
Mystiker. Sein Werk, „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“ enthält
beeindruckende Ausformulierungen daoistischer Gedanken.
Die Auseinandersetzung mit dem Daoismus möchte ich jedem empfehlen,
der sich tiefer in das Verständnis der Energetik der Akupunktur und der
damit verbundenen Konzepte einarbeiten möchte. Lao-Tse´s und Dschuang
Tse´s Werke möchte ich Ihnen hierzu besonders ans Herz legen.
12
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