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Dr. Sabina Enzelberger WS 2008/09 Die historische Entwicklung westlicher Gesellschaften von der vorindustriellen Agrargesellschaft über die moderne Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft I. Teil: Vom Agrar- zum Industriestaat

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Dr. Sabina EnzelbergerWS 2008/09

Die historische Entwicklung westlicher Gesellschaften von der vorindustriellen Agrargesellschaft über die moderne Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft

I. Teil: Vom Agrar- zum Industriestaat

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Definitionen – Gesellschaft

Gesellschaft

Sozialstruktur

Sozialer Wandel

Modernisierung

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Definitionen - Gesellschaft

ENDRUWEIT:

„eine räumlich, zeitlich oder sozial begrenzte und zugleich

geordnete Menge von Individuen, die in direkten wie indirekten

Wechselbeziehungen verbunden sind …“

SCHÄFERS: „Organisationsform des menschlichen Zusammenlebens“.

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Definitionen – Sozialstruktur

Struktur (lat. struere = aufbauen, ordnen): Aufbau, innere Gefüge eines Phänomens bzw. die Untergliederung einer Erscheinung in verschiedene Elemente.

Ganz allgemein meint Sozialstruktur die „Struktur einer Gesellschaft“:

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Definitionen – Sozialstruktur

HRADIL:

„Gesamtheit der relativ dauerhaften sozialen Gebilde (Gruppie-

rungen, Institutionen, Organisationen) einer Gesellschaft, der

sozialen Beziehungen und Wirkungszusammenhänge innerhalb

und zwischen diesen Gebilden sowie deren Grundlagen“.

(HRADIL)

Soziale Gebilde:

Soziale Schichten, Familien, Betriebe, Recht, Wirtschaftsord-

nungen

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Definitionen – Sozialstruktur

GEISSLER:

Die Sozialstrukturanalyse zergliedert die Gesellschaft in ihre

relevanten Elemente und Teilbereiche und untersucht die zwi-

schen den Einzelelementen bestehenden relativ dauerhaften

Wechselbeziehungen und Wirkungszusammenhänge.

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Definitionen – Sozialstruktur

ENDRUWEIT:

a) Sozialstruktur als soziodemografische Grundgliederung der Bevölkerung:

• Altersstruktur• Geschlechtsstruktur• Haushaltsstruktur

sozialstatistische Aspekt der Klassifikation

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ENDRUWEIT:

b) Sozialstruktur als Grundgliederung der Bevölkerung

- nach der Verteilung zentraler Ressourcen - Bildungsstruktur- Berufsstruktur - Einkommensstruktur bzw.

- als Zusammenfassung dieser Gliederungen in eine Aufteilung nach Ständen, Schichten, Klassen, Lagen (oder Sozialmilieus und Lebensstile)

Gleichsetzung von sozialer Schichtung und Sozialstruktur

sozioökonomische Klassifikation

Definitionen – Sozialstruktur

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Definitionen – Sozialstruktur

ENDRUWEIT:

c) Sozialstruktur als zusammenfassende Charakterisierung einer bestimmten Gesellschaftsform

über die Zusammenfassung von spezifischen Einzelbefunden wird eine konkrete historische Gesellschaftsform mit einem einzigen Begriff typisiert

- Risikogesellschaft- Multikulturelle Gesellschaft- vorindustrielle Agrargesellschaft - Industriegesellschaft - nachindustrielle Dienstleistungsgesellschaft

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Definitionen – Sozialer Wandel

HRADIL:

Nachhaltige und verbreitete Veränderung sozialer Strukturen

(Strukturwandel)

Sozialstruktur: stabilen Muster der Gesellschaft

Sozialer Wandel: dynamischen Aspekte einer Gesellschaft.

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Definitionen – Modernisierung

ZAPF/ENDRUWEIT:

Die Modernisierung bzw. die Entwicklung zur modernen Gesellschaften vollzieht sich in den letzten 250 Jahren in

- Stadien der wirtschaftlichen Entwicklung (Industrialisierung)

- Stadien der politischen Entwicklung (Demokratisierung)

- weiteren kulturellen und individuellen Veränderungen (Rationalisierung, Säkularisierung, Emanzipation, Pluralisierung der

Lebensformen, Individualisierung)

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Definitionen – Modernisierung

BENDIX:

„Unter Modernisierung verstehe ich einen Typus des

sozialen Wandels, der seinen Ursprung in der englischen

industriellen Revolution von 1760-1830 und in der politischen

Französischen Revolution von 1789-1794 hat. (…)

Modernisierung (…) besteht im wirtschaftlichen und

politischen Fortschritt einiger Pioniergesellschaften und den

darauf folgenden Wandlungsprozessen der Nachzügler.“

Industrialisierung und Demokratisierung sind die beiden

zentralen Prozesse der Modernisierung.

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Definitionen – Modernisierung

Zumeist meint Modernisierung die Entwicklung in 3 Phasen

1. vormoderne einfache und arme Agrargesellschaft

2. moderne komplexe, differenzierte und reiche Industriegesellschaft

3. postindustriellen Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft

mit je typischer Ausformung der Sozialstruktur und der Arbeits-

und Lebensverhältnisse.

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I. 2. Die vorindustrielle feudale Agrargesellschaft

Struktur der Gesellschaft:

a) Vorwiegend agrarischer Charakter

b) Ständische Struktur

c) Zentrale Stellung von meist geheiligten Traditionen

d) Kirchliche Vormundschaft über kulturelle Normen, Lebensanschauung und -führung

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a) Agrarische Charakter (bis 2. Hälfte des 18. Jh.s)

85-90% in Landwirtschaft tätig, in ländlichen Siedlungen lebend

Kleine Städte

V. a. Ackerbürgerstädte

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a) Agrarische Charakter (bis 2. Hälfte des 18. Jh.s)

Agrarische Charakter betrifft auch: Kultur Lebenshorizonte und -führung Wirtschaftsdenken (Haus- und Subsistenzwirtschaft) Familienformen Erziehungspraktiken Berufsgliederung und -ausbildung politische und religiöse Deutungen

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b) Ständische Gesellschaftsordnung

Ständegliederung bestimmt die Sozialstruktur der feudalen Agrargesellschaft:

FRAGE:

Besonderheiten im Vergleich zur modernen Sozialstruktur einer Industrie- bzw. Dienstleistungsgesellschaft?

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b) Ständische Gesellschaftsordnung

Feudalismus (lat. feudum = Lehngut):

Form der sozialen, wirtschaftlichen, politischen und recht-lichen Gesellschaftsordnung in West- und Mitteleuropa seit dem Frühmittelalter

Grundelement: Lehnswesen

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b) Ständische Gesellschaftsordnung

Sozialstruktur: differenzierte Lehenspyramide

König

Adlige Oberschicht als Kronvasalle

After- bzw. Untervasalle

Bauern:

Zins und Abgaben an Grundherren

(Naturalien, Fron-, Kriegsdienste) Persönliche Abhängigkeit, Treueid

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b) Ständische Gesellschaftsordnung

Stände:

„Relativ scharf umrissene, durch Tradition, Sitte und Recht festgelegte

soziale Gruppen. Die durch Geburt – oder auch seltener durch

Verdienst (Ministeriale) – erworbene Standeszugehörigkeit ist mit

bestimmten Verpflichtungen, Privilegien oder Benachteiligungen

verbunden, die die gesamte Lebensführung umgreifen. Von ihr hängen

Ansehen und ‚Ehre’ ab; sie verpflichtet zu bestimmten Berufen und

regelt die berufliche Tätigkeit; sie schreibt einen ‚standesgemäßen’

Lebensstil, die Formen der Geselligkeit und die Erziehung der Kinder

vor; sie greift in die Wahl des Ehepartners und in das Religiöse ein und

bestimmt die politischen Rechte.“ (Geißler 2006, S. 27)

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b) Ständische Gesellschaftsordnung

Wechsel zwischen den Ständen nicht von persönli-cher Entscheidung, Ausbildung oder Leistung des einzelnen Individuums abhängig

Abstammungsgesellschaft statt Leistungsgesell-schaft

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Ländliche Sozialstruktur

Adel (1,5-2% der Bevölkerung)

Geistlichkeit bzw. Klerus

Bauern (85-90% der Bevölkerung)

Unterbäuerliche Schichten Heimarbeiter Tagewerker, Tagelöhner kleine Katenbesitzer Vagabunden, Bettler

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Hradil 2001

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Städtische Sozialstruktur

Vorbereitung der Modernisierung durch die politi-schen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in der Stadt:

Bürgerlich-rechtliche Freiheit (Stadtluft macht frei)

Berufsverbände (Zünfte, Gilden)

Ausgeprägter Erwerbssinn

Funktionsdifferenzierte Einrichtungen(Ämter, Schulen, spezialisierte Handwerker, Händler)

Güter- und Leistungsmärkte

Zweckrationale, anonyme und sachliche Sozialbeziehungen

Individuelle Unabhängigkeit

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Städtische Sozialstruktur

Patrizier Adlige und geistliche Stadtherren und ihre Ministeriale Fernhandelskaufleute (Magistrat) freie Grund- und Hausbesitzer

Bürger Handwerker (z.T. über 50% der Erwerbstätigen) Einzelhändler Städtische Beamte

Ackerbürger

Unterbürgerliche Schichten

Sondergruppen Geistlichen Juden

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Hradil 2001

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Quelle Hradil 2001

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Ständische Sozialstruktur

Leben der Individuen kontrolliert durch Grundherrschaft

Ständische Unterschiede

Stadt- und Dorfgemeinde

Familie

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c) Zentrale Stellung der Traditionen

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d) Kirchliche Vormacht

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Vergleich mit der gegenwärtigen Gesellschaft

Immobilität

Statik

Fehlende Individualisierung

FRAGE:

Wann beginnt Prozess der Individualisierung?

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Politische Macht im Feudalismus

Das Recht, im Staat zu regieren, war auf den Adel - in manchen Ländern nur auf den absoluten König - beschränkt

England: Absolutismus durch Revolution unter

O. Cromwell (1649) verhindert

Glorreiche Revolution (1688/89): Königsmacht durch Parlament begrenzt

Regierung: König, Adel, Teile des städtischen Großbürgertums

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Politische Macht im Feudalismus

Frankreich: Absolutismus seit (1614) Höhepunkt 1661-1715 unter Ludwig XIV Ende 1789 mit Französischen Revolution

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I.3 Die Französische Revolution und Auf- lösung der Ständischen Gesellschaft

Aufhebung der Steuerfreiheit des Adels des Erbadels der Leibeigenschaft der Frondienste der Bauern des geistlichen Zehnten der Zünfte

Einziehung der Kirchengüter (Verwendung als Nationalgüter)

Ende des Absolutismus (Ancien Regime)

Beseitigung der politischen und sozialen Macht des Adels

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Die Französische Revolution

Deklaration/Verankerung der Menschen- und Bürgerrechte 1789 Prinzipien des modernen liberalen westlichen Verfassungsstaates Freiheit und Rechtsgleichheit

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Die Französische Revolution

Beginn des modernen Prozesses der Demokratisierung Verfassungsgebende Nationalversammlung Beseitigung der feudalen Standesrechte 1792 Republik Demokratische Prinzipien in Verfassung Abschaffung des Zensuswahlrechts

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Die Französische Revolution

Auflösung der ständischen Sozialordnung!

Begründung bürgerlichen Zeitalters (1789-1918)!

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I.3 Die Französische Revolution

Weg in die moderne Gesellschaft:

Voraussetzungen für freie Marktwirtschaft/ Industrialisierung

Eröffnung des Weges von der Agrar- zur Industrie- gesellschaft

Demokratisierung der Gesellschaft

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I.3 Die Französische Revolution und Deutschland

Preußischen Staats- und Verwaltungsreformen (1808-1812):

Aufhebung aller Privilegien und innerer Schranken

Staatsbürgerliche Gleichheit

Einheitliches Recht (Code Napoléon 1804)

Motive:

Aufbrechen der ineffektiven Strukturen des absolutistischen Staates mit Ziel des Wiederaufstieg des preußischen Staates zur Großmacht nach der Niederlage Preußens (Schlacht Jena und Auerstedt 1806) Mitwirkungsmöglichkeiten für Staatsbürger (nicht mehr Untertanen) zur Gewinnung für den Befreiungskrieg

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I.3 Die Französische Revolution und Deutschland

Die Liberalisierung der preußischen Wirtschaft:

Bauernbefreiung

(ländliche) Gewerbefreiheit

Aufhebung der ständischen Zunftverfassung

Säkularisierung des Kirchengutes

Judenemanzipation

Wirtschaftsliberalismus (ADAM SMITH, 1723-1790)

zur Stärkung der wirtschaftlichen Potenz

Aufstieg des Bürgertums

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I.4 Die Entstehung der Industrie- gesellschaft im 19. Jh.

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Begriff „Industriegesellschaft“

HENRI DE SAINT-SIMON (1760-1825):

Neue industrielle Produktionsweise als wesentliches Merkmal:

Methodisch-systematische Anwendung technischen Wissens auf die Güterproduktion

Erhöhung von Präzision und Effizienz

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Begriff „Industriegesellschaft“

R. GEISSLER 2006: Erweiterter Begriff

Nicht nur auf neue maschinen-orientierte Produktion von

Massengütern in arbeitsteiligen Großbetrieben bezogen, sondern

auch auf die durch den technisch-ökonomischen Wandel

hervorgerufenen sozialen, kulturellen, politischen Veränderungen

in den außerökonomischen Bereichen (Familien, Erziehung,

Ausbildung, Berufsgliederungen, Ideologien und Sozialstruktur).

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1.4.1 Der technisch-ökonomische Wandel

Vorformen der industriellen Produktionsweise

Das Verlagssystem

Die Manufaktur

Fehlen des entscheidenden Elements der industriellen Produktionsweise: Einsatz von Maschinensystemen als Schlüsseltechnologie der Industrialisierung

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Verlagswesen

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1.4.1 Der technisch-ökonomische Wandel

Vorformen der industriellen Produktionsweise

Das Verlagssystem

Die Manufaktur

Fehlen des entscheidenden Elements der industriellen Produktionsweise: Einsatz von Maschinensystemen als Schlüsseltechnologie der Industrialisierung

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Entwicklungen im Zeitalter atemberaubender technischer Innovation

1705: Dampfmaschine von Newcomen 1762-1775:Verbesserungen der Dampfmaschine durch James Watt 1765: "Spinning Jenny" (v. engine), Spinnmaschine v. J.

HARGREAVES 1769: Baumwollspinnmaschine von ARKWRIGHT (Beginn maschineller

Garnproduktion in England) 1779: Mule (Maultier) - Spinnmaschine von CROMPTON

(Universalmaschine, die feine bis grobe Garne herstellte) 1784: Puddelverfahren bei Eisengewinnung von CORTE 1784: Mechanischer Webstuhl von CARTWRIGHT (mit Dampfmaschine

motorisiert) 1792: "Cotton Gin", Baumwollreinigungsmaschine von Whitney in USA 1800: Drehbank von MAUDSLEY

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Begriff „Industrielle Revolution“

ARNOLD TOYNBEE (1889-1975)

bezogen auf die bisher nicht gekannte Geschwindigkeit und Radikalität der wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen im Zuge der technischen Umwälzungen (Chemie-, Optik- und Elektrizitätsbereich)

P. A. SOROKIN (1889-1968):

Zahl der Erfindungen zwischen 1700 und 1900 übersteigt um das Sechsfache die Zahl der Erfindungen der 1.700 Jahre vorher.

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Neue Merkmale der industriellen Technik?

Neue Apparate und Maschinen: Kokshochöfen und Dampf-maschine

Neue Energiegewinnung und -produktion

Neue Apparaturensysteme

Verwissenschaftlichung der Technik

Moderne Organisation der Arbeit und Produktion

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Taylorismus –

FREDERICK WINSLOW TAYLOR 1856-1915

Ziel: Rationalität Effektivität Produktivität

Zielereichung durch:

System der wissenschaftlichen Erfassung und Gliederung der Arbeitsabläufe mittels Zeitstudien ( Standardisierung)

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Taylorismus – FREDERICK WINSLOW TAYLOR 1856-1915

STANDARDISIERUNG:

kollektive Arbeits- und Anstellungsbedingungen

immer wieder kehrende Arbeits- und Produktionsabläufe

Synchronisierung wie „rush hour, Fabriksirene, gemeinsamer Feierabend

FRAGE: Veränderungen in der Dienstleistungsgesellschaft?

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Taylorismus – FREDERICK WINSLOW TAYLOR 1856-1915

„Wissenschaftliche Betriebsführung“:

Trennung von Planung und Durchführung der Arbeit

Loslösung der Kontrolle des Arbeitsprozesses von (handwerklichen) Kenntnissen und Fertigkeiten des Arbeiters

Wissensmonopol um die beste Arbeitsdurchführung allein beim Management

Analyse und Planung des Arbeitsprozesses durch das neue hierauf spezialisierte moderne professionelle Management

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Taylorismus – FREDERICK WINSLOW TAYLOR 1856-1915

Rationelle, systematisch-wissenschaftliche Unter-nehmensführung und -planung:

unternehmerisches Rationalitätsprinzip höherer Grad an Arbeitsteilung Bürokratisierung (s. Angestellte)

Abb.: Werbeplakat für Taylorismus, Deutschland 1920er-Jahre

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Folgen des Taylorismus als moderne Arbeitsorganisation für die Arbeiterschaft

Standardisierung

Spezialisierung

Entzug der Kontrolle über die Produktion (Machtverlust)

Verlust des Arbeitsstolzes

Anreiz nur noch durch Leistungslohnsystem

DEQUALIFIZIERUNG

Psychische Belastung und Entfremdung

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Moderne Verkehrswege und Transportmittel

1807 Erster regelmäßiger Dampfschiffverkehr in USA (FULTON)

1814 Erfindung der Lokomotive durch STEPHENSON (von Stockton nach Darlington)

1816 Erstes Dampfschiff von Nordsee den Rhein hoch

1818 Erste Dampfschifffahrt von New York nach Liverpool

1825 Dampfschifffahrt auf dem Rhein

1825 Erste Eisenbahn in England

1834 Elektromotor durch JACOBI

1835 Erste Eisenbahn in Deutschland

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Die Eisenbahn als Wachstumsmotor der Industrialisierung

Verbilligung der Transportkosten

Wachsende Geschwindigkeit von Rohstoff-, Güter- und Personaltransport

Sombart: 1800: Postkutsche 50km/Tag 1900: Eisenbahn 800 km/Tag

Entstehung industrieller Ballungszentren

Förderung von Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie, Maschinenbau (1850: 5.000 km 1910: 63.000 km Schienennetz)

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Bedingungen der frühzeitigen Industrialisierung

in England 17. Jh.: Absolutismus, Grundherrschaft, Zunftzwang gelockert

Früh Voraussetzungen für freiere Marktwirtschaft (Gewerbefreiheit)

Günstige Lage am Meer

Landzersplitterung früh aufgehoben

Systematischer Fruchtwechsel

Viehzucht (Stallfütterung, Düngung)

18. Jh. verbesserte Lebensstandard

Bevölkerungsanstieg

Erhöhte Nachfrage nach gewerblichen Gütern (Textilien)

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Bedingungen der frühzeitigen Industrialisierung

in England

Steigendes Angebot an leistungsstarken Arbeitskräften

Produktionsüberschuss in Landwirtschaft, positive Handelsbilanz

Kapitalanhäufung, Kolonialbesitzes (Rohstoffe, Handel)

Finanzierung neuer Gewerbe und industrieller Maschinen

Calvinismus: kapitalistischer Wirtschaftsgeist

Wenig Einmischung des Staates

England als Mutterland der Industrialisierung und 1. Industrie- und Handelsmacht

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Verspätete Industrialisierung in Deutschland

Gründe:

Schwächung durch den Dreißigjährigen Krieg

Religiöse Spaltungen

Viel- und Kleinstaaterei (Zollgrenzen)

bis in 1. Hälfte des 19. Jh.s Hörigkeit der Bauern

schwach entwickeltes Bürgertum

absolutistische Regierungsformen – keine freiere Markwirtschaft

großen Entfernungen zu maritimen Handelswegen

( Zapf, Schäfers)

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Verspätete Industrialisierung in Deutschland

Beförderung der Industrialisierung durch

Stein-Hardenbergsche Reformen (1808-1812)

Deutschen Zollverein von 1834

Revolution von 1848

Gründung des deutschen Nationalstaates

Sieg über Frankreich 1870/71

Vereinheitlichung des Geld- und Münzwesens 1873

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Stürmische Industrialisierung in Deutschland (Gründerperiode ab 1848)

Dt. Schwerindustrie

Kohlebergbau

Eisen-, Stahlindustrie

Maschinenbau

Eisenbahnbau

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Deutschland wird industrielle Weltmacht

überholt England um die Jh. wende

Verfünffachung der industriellen Produktion zwischen 1870 und 1913

Neue (auch welt-)führende Industrien Ende des 19. Jh.s: Metallindustrie Chemieindustrie (BASF) optischen Industrie Elektrotechnikindustrie Energiegewinnung (Verbrennungsmotor, Elektrizität, elektrische

Motoren)

„Made in Germany“

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Gründerkrise

Organisation von Konzernen

„Organisierter Kapitalismus: Konzentration Kartellierung Verbandsbildung

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Voraussetzung der Industrialisierung in

Deutschland Modernisierung der Landwirtschaft:

neue Anbaumethoden (Fruchtwechsels) rationellere Ausnutzung des Bodens Ausweitung der Futterpflanzung und des Kartoffelanbaus Verbesserung der Düngung (Chemie), Viehzucht Maschinelle Ausrüstung

Steigerung der Erträge der Landwirtschaft zwischen 1874

und 1914 um 73%

Steigerung der Nahrungsmittelproduktion

Verbilligung der Lebenshaltung

Bevölkerungswachstum

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Ökonomische Indikatoren für Übergang zur

Industriegesellschaft

1. Anteile der Produktionssektoren an der Wertschöpfung

2. Anteil der Produktionssektoren an den Beschäftigten

Zu 1. Wertschöpfung:

Kurz vor 1890 hatte das produzierende Gewerbe die

landwirtschaftliche Produktion überholt.

Page 67: Dr. Sabina Enzelberger WS 2008/09 Die historische Entwicklung westlicher Gesellschaften von der vorindustriellen Agrargesellschaft über die moderne Industriegesellschaft

Geißler, S. 25

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Ökonomische Indikatoren für Übergang zur

Industriegesellschaft

Zu 2. Beschäftigte: Beginn der 1890er Jh.: sekundäre Sektor (Industrie,

Handwerk) überholt Landwirtschaft zahlenmäßig

1907: Anteil über 40%

Beginn des 19. Jh.s.: 80% der dt. Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig; Beginn des 20. Jh.s: ca. ein Drittel

Lohnarbeiter immer dominanter (64% 1882; 75% 1907) (Geißler)

Page 69: Dr. Sabina Enzelberger WS 2008/09 Die historische Entwicklung westlicher Gesellschaften von der vorindustriellen Agrargesellschaft über die moderne Industriegesellschaft

Geißler, S. 26

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„Industriekapitalismus“

Wichtigste Charakteristika des Kapitalismus:

Privateigentum an Produktionsmitteln Erzeugung von Mehrwert Gewinnstreben („Profitmaximierung“) Marktkonkurrenz (K. MARX 1818-1883)

(Geißler 2006)

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Kennzeichen eigentlicher Industrieproduktion

Effektivere, Kosten sparende Verfahren der Stahl- und Eisen-erzeugung (Kokshochöfen)

Massenhafte Nutzung bisher wenig verwendeter Rohstoffe (Kohle, Eisen)

Neue Formen der Energienutzung (künstliche Kraftstoffgewinnung: Dampfkraft, Elektrizität)

Neue technische Maschinensysteme und Großapparaturen

Rationalisierung

Erhöhung des Produktionsvolumens

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Kennzeichen eigentlicher Industrieproduktion

Groß- und Massenproduktion

Erfindergeist

Fortschrittsglaube

Verzahnung wissenschaftlicher Forschung und Produktion

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Kennzeichen eigentlicher Industrieproduktion

Rationalisierung nicht nur als Ersatz menschlicher Arbeit durch Maschine, sondern

auch im Sinne aller Maßnahmen zur Erhöhung der Rentabilität durch rationale Organisation und Planung der menschlichen Arbeit (Taylorismus)

Bürokratisierung und Verwissenschaftlichung kaufmännischer und verwalterischer Tätigkeiten (Management, Büroangestellte)

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Kennzeichen eigentlicher Industrieproduktion

Neue standardisierte Muster von Arbeits- und Zeitdisziplin

Spezialisierung (Auffächerung der Berufe und Tätigkeiten) und Arbeitsteilung

Maximierung (immer höhere Produktionszahlen)

Produktion statt in Kleingruppen (Familie, Heimindustrie) in Großgruppen/-betrieben

Modernes Verkehrswesen

Einsatz von immer mehr Kapital

Konzentration- und Zentralisationsprozesse im Produktionsbereich

Erschließung neuer Märkte

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Kennzeichen eigentlicher Industrieproduktion

Bezüglich NIP, NSP, Beschäftigungsanteil, Gesamtproduktion, Kapitaleinkommen und -stock, Wertschöpfung, Nettoinvestition: Industrie an 1. Stelle

Kapitalistische Eigentums- und Produktionsverhältnisse

Privateigentum an Produktionsmittel

Erzeugung von Mehrwert

Gewinnstreben (Profitmaximierung)

Marktkonkurrenz

FRAGEKennzeichen der Postindustrieller Produktionsweise?

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Aufhebung der Grundherrschaft

Bauernbefreiung

Aufhebung des Zunftzwanges

freier Handel und Gewerbe

Einschränkung der Adelsvorrechte

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Kapitalistische Marktwirtschaft bzw. der Arbeitmarkt entschei-den anstelle familialer Herkunft über die Lebenschancen

Umschichtung der Sozialstruktur von der Ständegesellschaftzur Klassengesellschaft

Expansion der marktbedingten sozialen Klassen (M. WEBER) im Wilhelminischen Kaiserreich (aus Ständen werden Klassen)

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Stände sind „relativ scharf umrissene, durch Tradition, Sitte und Recht

festgelegte soziale Gruppen. Die durch Geburt – oder auch seltener

durch Verdienst – erworbene Standeszugehörigkeit ist mit bestimmten

Verpflichtungen, Privilegien oder Benachteiligungen verbunden, die die

gesamte Lebensführung umgreifen. Von ihr hängen Ansehen und

‚Ehre’ ab; sie verpflichtet zu bestimmten Berufen und regelt die

berufliche Tätigkeit; sie schreibt einen ‚standesgemäßen’ Lebensstil,

die Formen der Geselligkeit und die Erziehung der Kinder vor; sie greift

in die Wahl des Ehepartners und in das Religiöse ein und bestimmt die

politischen Rechte.“ (Geißler 2006, S. 27)

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Die Zugehörigkeit zu den Klassen, die Stellung einer Klasse in der

Sozialstruktur und damit die klassenspezifischen Lebenschancen sind

dagegen in erster Linie von ökonomischen Faktoren bestimmt von:

von der Stellung im Produktionsprozess

Besitz und Einkommen

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Die neue Klassengesellschaft (H.-U. WEHLER)

Adel (1% der Bevölkerung):

Einbußen in wirtschaftlichen Stellung und rechtlichen Privilegien

Behauptung der Führungsrolle in Gesellschaft, Politik, Bürokratie, Wirtschaft und Militär (Dt. Spezifikum)

Bürgertum (höchstens ca. 15% der Gesamtgesellschaft)

a) Wirtschaftsbürgertum/ Bourgeoisie (5 % der Bevölkerung) Oberschicht mit großer wirtschaftlicher und politischer Macht

teilweise Feudalisierung

Korporatismus (dt. Spezifikum)

Verzicht auf demokratische Mitbestimmungsrechte

Defizit an Bürgerlichkeit

„Herr im Hause-Stil„ (dt. Spezifikum)

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

b) Bildungsbürgertum (ca. 1 % der Bevölkerung) obere Mitte der Gesellschaft

Ambivalenz von Bedeutungsgewinn und Prestigeverlust gegenüber Wirtschaftsbürgertum

Bedrohungsgefühl durch Aufstieg des organisierten Proletariats

Statusängste, Identitätsverlust

Anfälligkeit für Reichsnationalismus, Militarismus, Sozialdarwinis- mus, Antisemitismus

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Kleinbürgertum (10-15 % der Bevölkerung) Gewerbefreiheit, Industrialisierung Zerfall des

Stadtbürgertums

Alter Mittelstand

Untere Mitte der Gesellschaft Mittlere und kleinere selbständige Handwerker und Kaufleute Auf- und Abstiegsdynamik Gewinner und Verlierer

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Neuer Mittelstanda) Beamte b) Angestellte (1%) als neue Sozialfigur, bedingt durch

Unternehmenskonzentration Wachstum der Handels-, Warenhäuser und Filialketten Moderne Verkehrswesen Wachstum der Banken und Versicherungen Wachstum der staatlichen und kommunalen Verwaltung Schriftlichkeit und Arbeitsteilung in Produktion Trennung von Kopf- und Handarbeit (TALORISMUS) Büromäßige Organisation der Verwaltung, des Lohn- und

Rechnungswesens: Arbeitsvorbereitung Kontrolle Koordination Kaufmännische Tätigkeiten Verwaltung

Verwissenschaftlichung der Produktion

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Die Angestellten als neue Sozialfigur

Klare gemeinsame Abgrenzungskriterien gegenüber der Arbeiterschaft:

Nichtkörperliche Arbeit Bessere Ausbildung Höherer Verdienst Größere Arbeitsplatzsicherheit Bessere Aufstiegsmöglichkeiten Bessere Behandlung durch Unternehmer Eigenes Renten-Versicherungssystem Innerbetriebliche Privilegien (Urlaub, Prämien, kürzere Arbeitszeiten) Höheres Prestige Kein Arbeitnehmerbewusstsein Mittelstandsbewusstsein Orientierung am bürgerlichen Lebensmodell Aufstiegsorientierung

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Bäuerliche Besitzklassen und Landproletariat

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Von der alten Ständeordnung zur modernen Industriegesellschaft/Klassengesellschaft

Arbeiterklasse (1907 69%)

Aufstieg zur dominanten Klasse

Sehr heterogene Unterschicht

Marx: „Proletariat“

Unselbstständigkeit

Kein Eigentum

Gezwungen, Arbeitskraft gegen Lohn und Gehalt am Markt denen anzubieten, die über die wichtigsten Produktionsmittel verfügen

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Arbeiterklasse

Arbeits- und Lebensbedingungen: 1. Hälfte des 19. Jh.s: Pauperismus

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Arbeiterklasse (1907 69%)

2. Hälfte des 19. Jh.s Verbesserung des Lebensstandards Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität verbilligte Handelswaren aus Übersee neue Nahrungsmittelindustrie, Konserven, industriell erzeugte

langhaltbare Lebensmittel Sozial- bzw. Interventionsstaat Verdoppelung der Reallöhne zwischen 1871 und 1913 Verbesserung der Wohnungen Senkung der Arbeitszeit 1903: Verbot der Kinderarbeit in Deutschland Senkung der Arbeitslosenquote unter 3 % Gewerkschaften, Arbeitervereine Produktionssteigerung in der Landwirtschaft (Kunstdünger)

soziale Frage nicht beseitigt Arbeitskämpfe

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Die bürgerliche Gesellschaft (1789-1918)

SCHÄFERS 2002:

„Bürgerliche Gesellschaft ist … diejenige Organisation des Zu-

sammenlebens“, die entstanden ist durch die Innovationen der

Industriellen Revolution, „von den Bürgern getragen“ ist und in

den bürgerlichen Revolutionen des 17.-19. Jahrhunderts

durchgesetzt“ wurde.

Page 90: Dr. Sabina Enzelberger WS 2008/09 Die historische Entwicklung westlicher Gesellschaften von der vorindustriellen Agrargesellschaft über die moderne Industriegesellschaft

Die bürgerliche Gesellschaft (1789-1918)

Politische, soziale, ökonomische Emanzipation Politische Mitbestimmung Menschen- und Grundrechte Bürgerliches Recht Verfassungs- und Rechtsstaat Liberalismus - staatsfreie Sphäre Institutionalisierte Konfliktlösungen Säkularisierung Rationalisierung – methodische Lebensführung Autonomie Sachkompetenz Freie, nicht-zünftige Markt- und Konkurrenzwirtschaft Absicherung des Privateigentum

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Die bürgerliche Gesellschaft (1789-1918)

Individuelles Leistungsprinzip gegen Adel Handlungsraum autonomer Individuen (Freisetzung der Individuen) Tugendhaftigkeit (Arbeitsethos, Fleiß, Nützlichkeit) gegen Adel Unternehmerischer Wagemut und Gewinnstreben Arbeitsteilung Rationell-funktionell-sachliche Beziehungen Moral und Sittlichkeit gegen Adel Bildung statt Herkunft Materieller Wohlstand Soziale und geografische Mobilisierung Diesseitigkeit Intimsphäre der Kleinfamilie (Wohnstil) Bejahung von Wissenschaft und Technik Autonomes Wissenschaftssystem Hochkultur

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Deutsches Spezifikum der bürgerlichen Gesellschaft

Umsetzung bürgerlicher ökonomischer Prinzipien

Defizit an Bürgerlichkeit im politischen Bereich: Keine Vertretung liberaler und parlamentarischer Ideale Reichseinheit nicht unter bürgerlicher Führung monarchieorientiertes Bürgertum

halbe Macht des Bürgertums!

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Die verspätete Demokratie

WEHLER: „Deutsche Sonderweg in die Moderne“:

„Deutschland ist nicht nur eine verspätete Nation“

und eine verspätete Industriegesellschaft, sondern

erst recht eine verspätete Demokratie. In Deutsch-

land kann man trotz Bauernbefreiung, Gewerbefrei-

heit, Schulpflicht, kommunaler Autonomie nicht vor

Mitte des 19. Jh.s vom Beginn der gesellschaftlichen

Modernisierung sprechen:

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Die verspätete Demokratie

WEHLER: „klassisches Modernisierungsdilemma“: überaus dynamische und innovative Industriewirtschaft (weltweite

Spitzenposition)

erstaunliche Urbanisierungsleistungen

modernstes Sozialversicherungssystem

herausragende Leistungen in Wissenschaft und Technik

ABER erstarrtes autoritäres obrigkeitsstaatliches politisches

Herrschaftssystems

Fehlen der politischen Modernisierung: des bürgerlichen Liberalismus, Parlamentarisierung und Demokratisierung

Militarismus und Nationalismus

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Die verspätete Demokratie

H.-U. WEHLER: „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“

F. NAUMANN (1860-1919): „Industrievolk im Kleide des Agrarstaates“

Problemstau 1. Weltkrieg und Nationalsozialismus

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Bevölkerungsentwicklung, Migration und Urbanisierung

Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft: größtes Bevölkerungswachstum in der dt. Geschichte

(demografische Revolution)

größte Bevölkerungsbewegung in der deutschen Geschichte

Urbanisierung

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Industrialisierung

Der sozioökonomische Wandel im 19. Jh. beruht auf einem komplexen Wirkungszusammenhang und nicht nur auf technischen Entwicklungen, auch wenn diese einen „Knotenpunkt in dem vielschichtigen Wirkungsgefüge“ darstellen, von dem entscheidende Impulse für Veränderungen in allen gesellschaftlichen Sektoren ausgingen. (Geißler 2006).

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Kennzeichen von modernen Industrie-gesellschaften

Freisetzung und Marktabhängigkeit

Individualisierung

Urbanisierung und Urbanität

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Kennzeichen von modernen Industrie-gesellschaften

Konzentration der Arbeitskräfte (große Produktionszentren)

Stark differenzierte Berufsstruktur

Umschichtungsprozesse im Sozialgefüge Mehrzahl: unselbständige Arbeitnehmer Angestellte entstehen

Individuelle Leistungsgesellschaft

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Kennzeichen von modernen Industrie-gesellschaften

Soziale und regionale Mobilisierung

Trennung von Haushalt und Arbeitsstätte

Ausdifferenzierung autonomer funktionsspezifischer gesellschaftlicher Teilsysteme Komplexität der Gesellschaft

Rollendifferenzierung

Anonyme Beziehungen

Konsumgesellschaft - Trennung Produktion und Konsum

Wandel der Familienstrukturen

Rechtsgesellschaft (Rechtsgleichheit, Universalistische Normen)

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1. Phase der Individualisierung mit Beginn des Industrialisierungsprozesses

Aufbruch in die Moderne

Jahrhunderte alte Gefüge von Kontinuität und Beständigkeit zerstört

Die einzige Konstante ab jetzt: Veränderung

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1. Phase der Individualisierung mit Beginn des Industrialisierungsprozesses

Auf das Individuum bezogen meint Individualisie-rung die fortschreitende Freisetzung und Heraus-lösung des Individuums aus traditionellen kollek-tiven Lebenszusammenhängen und Bindungen und den Verlust von traditionalen kollektiven Vorgaben und Sicherheiten der Lebensführung aufgrund der Auflösung traditioneller soziokultureller Milieus (Stände-, Nachbarschaftszugehörigkeit) und kon-ventioneller Moralvorstellungen und Glaubens-systeme.

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1. Phase der Individualisierung mit Beginn des Industrialisierungsprozesses

Das Schwinden alter Bindungen schafft Wahlfreiheit in Bezug auf Wohnort Beruf Ehepartner Selbstbestimmung des Lebens

und befreit von Fesseln des Ständesystems der Zünfte der ländlichen Armut der Kontrolle der großen Haushaltsfamilie der Dorfgemeinschaft der Naturkräfte

und bringt für alle mehr Wohlstand

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1. Phase der Individualisierung mit Beginn des Industrialisierungsprozesses

Individualisierung schafft aber auch

Unsicherheit aufgrund des Verlusts an- alten Gewissheiten

- traditionellen Sicherheit gebenden Zweckgemeinschaften (Ganze Haus)

neue Abhängigkeiten z.B. vom - Takt der Maschinen

- Markt- dem Unternehmer.