Doppelschöpfungen in der Popmusik

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Präsentation über eine experimentelle Studie zu der Frage, wie wahrscheinlich zufällige oder unbewusste Doppelschöpfungen in der Popmusik sind. Vorsichtige Antwort: Unbewusste Entlehnungen sind wahrscheinlich nicht unwahrscheinlich.

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Wie wahrscheinlich sind Doppelschöpfungen in der

Popmusik?

Klaus Frieler* & Frank Riedemann***Universität Hamburg,

**HfMT, Hamburg

Hintergrund

•Zufällige Doppelschöpfungen sind häufige Verteidigungs-strategie bei Plagiatsprozessen

•Forensische Musikpsychologie

Hintergrund

• Drei Arten von Urheberrechts-verletzungen1. Echter Plagiarismus2. Unbewusste Entlehnung3. Zufällige Doppelschöpfung

Hintergrund

• Wirft Forschungsfragen auf zu– kreativen Prozesse bei der

Popsongkomposition– melodischem Gedächtnis– stilistischen und kognitiven

Randbedingungen in der Popmusik• Wie groß ist der Raum der

Popsongs?!

Hintergrund

• Bisher kaum empirische Forschung• Wie kann man sich der Frage

experimentell nähern?

Experiment

• Produktionsparadigma• Backingtrack (p, git, bs, dr)• Taktweise Akkordfolge I VI IV V (G

Em C D), zweimal gespielt• Moderates Tempo 120 bpm

Aufgabe

• Die Vpn sollten eine eingängige, poptaugliche (gesungene) Melodie zu dem Backingtrack erfinden

• Keine weiteren Vorgaben• Vpn wurden nicht über die wahre

Intention des Experiments informiert

Vorgehensweise

• Aufnahme der Melodien durch die Experimentatoren zu Hause mit Laptop und Head-set

• Backingtrack konnte von einer Website heruntergeladen und die Melodien zurückgesendet werden (http://www.mu-on.org/kreativkaraoke)

Teilnehmer

• 16 Vpn, durchschn. Alter aM = 35.2 (sd = 12.6), 7 F/9 M• Musikalische Erfahrung von 0 bis

45 Jahren: aM = 17.63, sd = 14.73• Std/Woche aktiver Musik: aM = 7.88, sd = 10.74

Teilnehmer

• 15 Vpn brauchten weniger als eine Stunde, einige sogar weniger als 30 min für die Aufgabe

• 7 Vpn erfanden auch Text• Alle Vpn fanden die Aufgabe

„einfach“ oder „sehr einfach“• Alle Vpn hatten „Spaß“ oder „großen

Spaß“ (Kommerzielles Potential für KreativKaraoke?!)

Melodien

• Insgesamt 19 Melodien der Vpn • Dazu 5 Melodien von Hits über

dieselbe Akkordfolge• Insgesamt 24 Melodien

Datenanalyse

• Melodien wurden manuell transkribiert und digital kodiert

• Aufteilung in Viertaktphrasen• 34 Phrasen insgesamt, 26 in einem

reduzierten Set ( = ohne kleinere Varianten)

Melodienstatistik

• Anzahl der Noten: 7 to 28, aM = 16.3, sd = 6.32• Drei Typen von Notendichten:

– Langsam (aM = 9.85, 13 Mel.), – Medium (aM = 16.74, 13 Mel.) – Schnell (aM = 25.38, 8 Mel.)

Phrasenanalyse

Phrasenanalyse

Tonale Analyse – ChromaklassenNur diatonische Tonhöhen

Tonale Analyse – Zentraltöne

• Reduktion der Melodien taktweise auf Zentraltönte (manuell)

• Bezug des Zentralton zur Tonart oder zum entsprechenden Akkord, eg. 1355

• Tonale Reduktion: 23/26 verschiedene Formen

• Akkordische Reduktion: 22/26 verschiedene Formen

⇒ große Bandbreite kreativer Lösungen

Huron-Kontur

Ähnlichkeitsanalyse

3. Vergleich der Vpn-Melodien mit den Hitmelodien

4. Vergleich der Vpn-Melodien untereinander

Ähnlichkeitsanalyse

3. Ähnlichkeitsmatrizen mit erprobten Ähnlichkeitsmaßen auf verschiedenen Dimensionen (SIMILE)

4. Auswahl von Melodien mit hohen Ähnlichkeiten auf mehr als einer Dimension

5. Endauswahl manuell

Vpn vs. Hits

• Eine Vpn (TK9682) produzierte zwei Viertaktphrasen mit jeweils großer Ähnlichkeit zu zwei verschiedenen Hits

Vpn vs Hits

• TK9683-1 vs Pink

Vpn vs Hits

• Sam Cooke vs TK9683-2

Vpn vs. Hits

• Überprüfung in einem Hörexperiment (N = 23, dead-pan MIDI, Ähnlichkeitsskala 1-10)TK9683-1 vs Pink: aM = 6.1, sd = 1.99TK9683-2 vs Cooke: aM = 8.2, sd = 1.07

Vpn vs. Hits

• Vpn TK9683 gab an beide Songs vage zu kennen

• Gutachter bestätigte hohe Ähnlichkeit von TK9683-2 zu Sam Cooke

• Aufgrund der Unterschiede vermutet er eine „unbewusste Entlehnung“

Vpn untereinander

• Drei Phrasen zeigten hohe Ähnlichkeit untereinander

• Alle drei Phrasen– folgen im wesentlichen den

Akkordgrundtönen– zeigen häufige Tonwiederholungen– besitzen starke Akzente auf der

Zwei

Vpn untereinander

JOE28-1

JAG23

MAR17

Vpn untereinander

• Bestätigung in einem Hörexperiment (N = 23, dead-pan MIDI, Ähnlichkeitsskala 1-10)– JOE28-1 vs MAR17: aM=7.3, sd=1.99– JAG23-2 vs MAR17: aM=6.1, sd=1.07

Zusammenfassung

• Der Fall TK9683 wahrscheinlich „unbewusste Entlehnung“

• Die anderen Fällen eher triviale Melodien, wohl durch den Backingtrack induziert wurden

• Insgesamt aber hohe Variablität der Melodien!

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unbewusste Entlehnungen zufällige und Neuschöpfungen in Popmusik nicht unwahrscheinlich sind

Ausblick: Hitforschung

• Das gesammelte Material ist gut geeignet für „Hitforschung“

• Bereits einige Pretest durchgeführt: Einschätzung der Hittauglichkeit von MIDI und Audioversionen

• Einschätzung der Gesangsqualität

Ausblick: Hitforschung

• Metrischer Faktor für Hitpotential (MIDI)• Keine Korrelation der Hitpotentiale

zwischen MIDI und Audioversionen• Hitpotential der Audioversionen vor allem

durch Gesangsqualität bestimmt• Die besten Sänger produzierten die

Melodien mit dem größten MIDI Hitpotential und umgekehrt

• tbc

Danke!

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