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17. Januar 2013 um 17.00 Uhr THEMA: Das Widerrufsrecht für Verbraucher rechtliche Probleme, Rechtssprechung und die Anwendung in der Praxis WEBINAR

Händlerbund Webinar - Das Widerrufsrecht: Rechtliche Probleme, Rechtsprechung und die Anwendung in der Praxis

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Im Online-Handel sorgt das Thema Widerrufsrecht häufig für Auseinandersetzungen zwischen Online-Händlern und deren Kunden. Um die Fragen der Händler zu beseitigen hat der Händlerbund-Beirat das Widerrufsrecht und die damit zusammenhängenden Probleme, Rechtsprechungen und dessen Anwendung in der Praxis zum Thema eines Webinars gemacht. Frau Annegret Mayer, Leiterin der Rechtsabteilung des Händlerbundes, erläutert von den Grundlagen wie der prominenten Platzierung der Widerrufsbelehrung ausgehend auch kniffligere Themen aus diesem Bereich.

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17. Januar 2013 um 17.00 Uhr

THEMA: Das Widerrufsrecht für Verbraucher

rechtliche Probleme, Rechtssprechung und die Anwendung in der Praxis

WEBINAR

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WEBINAR SPIELREGELN

§ Webinar wird aufgezeichnet und nachträglich veröffentlicht

§ Präsentation wird als PDF veröffentlicht

§ Das Webinar dauert ca. 45 Minuten

§ Während der Präsentation kann eine Frage gestellt werden, die entweder

während der Präsentation oder im Anschluss beantwortet wird

§ Alle Umfragen vor, in und nach dem Webinar sind für interne Analysen und

werden, wenn überhaupt, anonymisiert veröffentlicht

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Themenübersicht:

1.  Allgemeines

Ø  Ursprung Ø  wesentliche Rechtsgrundlagen Ø  aktuelle Fassung Ø  Platzierung im Online-Shop Ø  Unterschied zur Rückgabebelehrung Ø  14 Tage oder 1 Monat?   2. spezielle Probleme

Ø  Wertersatz bei Ausübung des Widerrufsrechtes Ø  Rücksendekosten Ø  40,00 € - Klausel Ø  Ausschlussgründe

           

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Ursprung: § 312 b BGB – Fernabsatzverträge (Legaldefinition) „(1) Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.“ z.B. Brief, Fax, E-Mail, Telefon, Katalog (vgl. § 312 b Abs. 2 BGB) Ø Abwesenheit der Vertragsparteien Ø keine Möglichkeit die Ware zu besichtigen Ø keine persönliche Beratung durch den Verkäufer Ø besondere Vertriebsform; Entwicklung insbesondere aufgrund der Verbreitung des Internets Ø Widerrufsrecht dient dem Schutz des Verbrauchers Ø Information über das Widerrufs- oder Rückgaberecht gehört zum Umfang der gesetzlichen Informationspflichten bei Abschluss von Fernabsatzverträgen

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wesentliche Rechtsgrundlagen: •  § 312b ff BGB – Fernabsatzverträge

•  insbesondere § 312d BGB – Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen

•  §§ 355 ff. BGB – Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen, Einzelheiten des Widerrufsrechts, Anwendung der Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt (§§ 346 ff BGB)

•  Art. 246 EGBGB – Informationspflichten bei besonderen Vertriebsformen

 

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Widerrufsrecht für Verbraucher (Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann) Widerrufsbelehrung Widerrufsrecht Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312g Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. Der Widerruf ist zu richten an: Max Mustermann, Musterstr. 1, 44444 Musterhausen Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung sowie Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren beziehungsweise herausgeben, müssen Sie uns insoweit Wertersatz leisten. Für die Verschlechterung der Sache und für gezogene Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist. Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Gefahr zurückzusenden. Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang. Ausschluss des Widerrufsrechtes Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde, zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger von Ihnen entsiegelt worden sind sowie zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten (es sei denn, dass Sie ihre Vertragserklärung zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten telefonisch abgegeben haben). Ende der Widerrufsbelehrung

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Platzierung der Widerrufsbelehrung im Online-Shop Ø  klar und verständlich Ø  muss als solche erkennbar sein (nicht in AGB oder Impressum „versteckt“ – 2-Link-Rechtsprechnung) Ø  BGH, Urteil vom 20.07.06 - I ZR 228/03: „Erforderlich ist allein eine klare und verständliche Information, nicht mehr und nicht weniger. Danach kann es – wie im Streitfall – ausreichen, dass die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGB-InfoV erforderlichen Angaben mittels eines Links vom Verbraucher aufgerufen werden können.“

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Unterschied zur Rückgabebelehrung – (entweder oder)

Widerrufsrecht Rückgaberecht

steht dem Verbraucher per Gesetz zu (§ 312d Abs. 1 S. 1 BGB) steht dem Verbraucher nicht per Gesetz zu besteht nur, wenn anstatt des Widerrufsrechts das Rückgaberecht vereinbart wurde (§ 312 d Abs. 1 S. 2 BGB)

Ausübung in Textform (z.B. Brief, E-Mail, Fax) oder durch Rücksendung der Sache

Ausübung ausschließlich durch Rücksendung der Ware

Die Kosten der Rücksendung trägt grundsätzlich der Unternehmer, es sei denn dem Verbraucher wurden die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt (§ 357 Abs. 2 BGB) sog. 40,00 € - Klausel

Die Kosten der Rücksendung trägt immer der Unternehmer (§ 357 Abs. 2 BGB)

keine Angabe eines Grundes erforderlich warum am Vertrag nicht festgehalten wird

Gegenüberstellung und weitere Hinweise unter http://www.haendlerbund.de/hinweisblaetter

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a) Widerrufsbelehrung 14 Tage oder 1 Monat? Frage: Können Sie sicherstellen, dass die Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung dem Kunden spätestens bei Vertragsschluss oder unverzüglich danach in Textform (per E-Mail) zur Verfügung gestellt wird?

WB mit 14 Tages Frist kann mittlerweile auch bei eBay verwendet werden Aber Achtung!

Mitglieder des Händlerbund können in Ihrem internen Mitgliederbereich Einfluss auf die Frist nehmen Oder: Widerrufstextgenerator auf der Webseite unter http://www.haendlerbund.de/widerrufstextgenerator

Angebot: 14 Tage 1 Monat

ausschließlich Sofort-Käufe ✓ ✓ ausschließlich Auktionen ✗ ✓ Auktionen & Sofortkäufe ✗ ✓

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Spezielle Probleme:

Ø Wertersatz bei Ausübung des Widerrufsrechtes Ø Rücksendekosten Ø 40,00 € - Klausel Ø Ausschlussgründe

           

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Frist zur Erstattung von Zahlungen durch den Verkäufer: Auszug aus der Widerrufsbelehrung: „...Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang.“

Frist zur Rücksendung der Ware durch den Verbraucher: In der Widerrufsbelehrung nicht geregelt Aufforderung des Verbrauchers die Ware zurück zu senden.

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Wertersatz bei Ausübung des Widerrufsrechtes Auszug Widerrufsbelehrung - 14 Tage: „Widerrufsfolgen Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z. B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung sowie Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren beziehungsweise herausgeben, müssen Sie uns insoweit Wertersatz leisten. Für die Verschlechterung der Sache und für gezogene Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist....“

Es existiert keine allgemeine Definition oder Faustregel darüber, was zu einer Prüfung der Eigenschaften und Funktionsweise erforderlich ist (à Einzelfallbetrachtung) Maßstab der Prüfung sind die folgenden Punkte: - die Art und die Eigenschaften der Sache und - was zur Prüfung und zum Ausprobieren der Eigenschaften in objektiver Betrachtung erforderlich ist und - ob sich die fragliche Benutzung nach der Verkehrssitte noch in einem Prüfrahmen hält (Begr. RegE BT-Drucks 17/5097 S. 50)

Ø Abwägung zwischen dem Prüfinteresse des Verbrauchers und dem Verwertungsinteresse des Unternehmers

Ø Würdigung aller Umstände des Einzelfalls

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Beispiele zulässiger Prüfungen: - verpacktes Hemd anprobieren – auch mehrmaliges anprobieren möglich - Aufbau eines neuen PC um die Funktionsweise festzustellen - bloßes Entfernen der Schutzfolie des Buches - Aufbau von Möbeln im zerlegten Zustand - 2 Tage Probeschlafen auf einer Matratze (AG Köln, Urteil vom 4.4.2012 - 119 C 462/11)

- Aufstellen und Befüllen eines Wasserbetts (BGH, Urteil vom 3.11. 2010 - VIII ZR 337/09) Leitsatz des BGH „Der Verbraucher, der im Fernabsatz ein Wasserbett gekauft hat, schuldet im Falle des Widerrufs keinen Ersatz für die Wertminderung, die dadurch eintritt, dass er die Matratze des Betts zu Prüfzwecken mit Wasser befüllt.“

„Die erkennende Abteilung geht wie die Beklagte davon aus, dass eine fünftägige Nutzung einer Matratze zu Schlafzwecken über den Umfang der Prüfung der Kaufsache hinaus geht, eine derartig genutzte Matratze kann von der Beklagten nicht mehr als neuwertig veräußert werden. Ausreichend zur Prüfung der Qualität der Eigenschaften der Kaufsache wäre die Benutzung für eine Nacht, allenfalls über zwei Nächte, gewesen.“

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Beispiele übermäßiger Prüfungen (und damit unzulässig): - Tragen eines Kostüms zur Faschingsfete - Schutzfolie des Buches ist entfernt und die Seiten des Buches liegen nicht mehr glatt aufeinander - 5 Nächte Probeschlafen auf einer Matratze (AG Köln, Urteil vom 4.4.2012, 119 C 462/11)

„Die erkennende Abteilung geht wie die Beklagte davon aus, dass eine fünftägige Nutzung einer Matratze zu Schlafzwecken über den Umfang der Prüfung der Kaufsache hinaus geht, eine derartig genutzte Matratze kann von der Beklagten nicht mehr als neuwertig veräußert werden. Ausreichend zur Prüfung der Qualität der Eigenschaften der Kaufsache wäre die Benutzung für eine Nacht, allenfalls über zwei Nächte, gewesen.“

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Wertersatz für gezogene Nutzungen (§ 312 e BGB)

Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache (§ 357 Abs. 3 BGB)

Wertersatz für gezogene Nutzungen müssen Sie nur leisten, soweit Sie die Ware in einer Art und Weise genutzt haben, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht.

Für die Verschlechterung der Sache und für gezogene Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht.

Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist.

Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist.

Die Beweislast für eine übermäßige Nutzung trägt der Unternehmer, es gilt aber der Beweis des ersten Anscheins (Prima-facie-Beweis). In diesen Fällen obliegt es dem Verbraucher, andere Tatsachen vorzutragen (und ggf. zu beweisen), die diesen ersten Anschein erschüttern.

Sowohl bestimmungsgemäße, aber übermäßige, als auch zweckfremde Nutzungen der Kaufsache können somit eine Ersatzpflicht auslösen. Der Unternehmer trägt auch hier die Beweislast.

Kann nur verlangt werden, wenn der Kunde spätestens bei Vertragsschluss oder unverzüglich danach in Textform über die erweiterte Wertersatzpflicht belehrt wird ( § 357 Abs. 3 BGB). Ansonsten: Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten.

Weisen Kaufgegenstände Abnutzungs- und Gebrauchsspuren auf, so kann nach allgemeiner Lebenserfahrung von einer Nutzung, die über ein bloßes Prüfen der Ware hinausgeht, ausgegangen werden.

Widerrufsbelehrung mit einer Frist von 1 Monat

Widerrufsbelehrung mit einer Frist von 14 Tagen

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Höhe des Wertersatzes: Ø ist Einzelfallentscheidung

Ø keine pauschale Berechnungsgrundlage

Beispiel: Entscheidung des AG Köln, Urteil vom 4.4.2012 – Az: 119 C 462/11 - Nutzung einer Matratze durch Verbraucher über 5 Tage - Verkäufer machte Wertersatz i.H.v. 30 % des Kaufpreises für die Nutzung der Matratze geltend - 2 Nächte zur Prüfung der Matratze sind zulässig - Verkäufer bekam Wertersatz für 3 Nächte zugesprochen = 12 % des Kaufpreises

„Da die Beklagte für die Nutzung durch die Klägerin einen Wertersatz von 30 % des Kaufpreises = 98,70 Euro geltend gemacht hat, sieht das Gericht einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin für die zuzubilligende Prüfungszeit der Matratze von 12% = 39,48 Euro als berechtigt an, in Höhe von 18 % = 59,22 Euro war die Beklagte zur Aufrechnung mit ihrem Wertersatzanspruch berechtigt.““

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Rücksendekosten gilt nur für das Widerrufsrecht Kosten der Rücksendung können bei Sachen mit einem Preis bis 40,00 € vertraglich dem Verbraucher auferlegt werden, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht bei einem höheren Preis nur, soweit zum Zeitpunkt des Widerrufs die vereinbarte Zahlung noch nicht erfolgt ist (z.B. Zahlung auf Rechnung) Grundsatz: Preis der Ware bis 40,00 € à Rücksendekosten trägt der Verbraucher Preis der Ware über 40,00 € à Rücksendekosten trägt der Verkäufer Beachten Sie: Maßgeblich ist der Preis der zurückgesendeten Sache, nicht der Rechnungswert.

 

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Vorsicht - Abmahnfalle „40 € - Klausel“ Voraussetzung: Kostentragungsklausel in den AGB (allein Regelung in der Widerrufsbelehrung reicht nicht)

Hinweis in der Widerrufsbelehrung: „Der Kunde hat die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn der Kunde bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben.“ darf nur verwendet werden, wenn hierzu eine gesonderte Kostentragungsvereinbarung, z.B. in den AGB verwendet wird (§ 357 Abs. 2 BGB) Beispiel AGB-Klausel: „Für den Fall der Ausübung des für Verbraucher geltenden gesetzlichen Widerrufsrechtes bei Fernabsatzverträgen wird vereinbart, dass der Kunde die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen hat, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Kunde die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht. In allen anderen Fällen trägt der Anbieter die Kosten der Rücksendung.“ (Urteil des Oberlandesgerichtes Brandenburg vom 22.02. 2011 - Az: 6 U 80/10)

„Nach dem klaren Gesetzeswortlaut dürfen folglich nicht beliebige Rücksendekosten auf den Verbraucher abgewälzt werden, sondern ausschließlich die regelmäßigen Kosten. Mit außergewöhnlichen oder sonst besonderen Kosten, wie sie etwa durch Einschaltung aufwendiger Abholdienste anfallen können, darf der Verbraucher nicht belastet werden.“

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Beispiele für Rücksendekosten:

Beispiele: Käufer kauft einen DVD-Player für 90,00 €, eine Kaffeemaschine für 39,99 € und einen Toaster für 30,00 € a) der Käufer sendet den DVD-Player für 90,00 € zurück - Rücksendekosten trägt der Verkäufer b) der Käufer sendet die Kaffeemaschine für 39,99 € zurück - Rücksendekosten trägt der Käufer c) der Käufer sendet die Kaffeemaschine für 39,99 € und den Toaster für 30,00 € zurück - Rücksendekosten trägt der Käufer Besonderheit: d) der Käufer sendet die Kaffeemaschine für 39,99 € und den DVD-Player für 90,00 € zurück - Rücksendekosten trägt der Verkäufer, es sei denn, die Rücksendung der Kaffeemaschine führt zu höheren Rücksendekosten im Verhältnis zu Rücksendung allein des DVD-Players - dann Kostenteilung: Beachten Sie: Maßgeblich ist der Preis der zurückgesendeten Sache, nicht der Rechnungswert. • Rücksendekosten DVD-Player allein 5,90 €; • Rücksendekosten DVD-Player und Kaffeemaschine 10,90 € Ergebnis: 5,90 € trägt der Verkäufer 5,00 € trägt der Käufer (10,90 € - 5,90 €)

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unfreie Rücksendungen: Der Kunde macht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch und sendet die Ware unfrei an den Verkäufer zurück. Vorweg der Grundsatz: Unfreie Rücksendung müssen vom Verkäufer entgegen genommen werden. Etwaige durch die Nichtannahme der unfreien Rücksendung entstandene Kosten (z.B.: Lagerungskosten bei der DHL) sind vom Verkäufer zu tragen. Unfreie Rücksendungen deshalb bitte immer annehmen um weitere Kosten zu vermeiden! Darüber hinaus muss festgestellt werden, wie hoch der Wert der zurückgesendeten Sache ist:

Wert der zurückgesendeten Sache liegt unter 40,00 € Wert der zurückgesendeten Sache liegt über 40,00 €

der Kunde trägt die grundsätzlich die Kosten der Rücksendung, also auch die Kosten der unfreien Sendung zu erstatten sind dem Verbraucher: • Kaufpreis und Versandkosten (= Kosten der Hinsendung) • abzüglich 15,00 € (= Kosten der unfreien Rücksendung)

der Verkäufer trägt die Kosten der unfreien Rücksendung zu erstatten sind dem Verbraucher: • Kaufpreis • Versandkosten (= Kosten der Hinsendung)

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Ausschluss des Widerrufsrechtes: Auszug aus der Widerrufsbelehrung (gemäß § 312 d Abs. 4 BGB): „Ausschluss des Widerrufsrechtes Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde, zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger von Ihnen entsiegelt worden sind sowie zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass Sie ihre Vertragserklärung telefonisch abgegeben haben. Ende der Widerrufsbelehrung“

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a) Kundenspezifikation: Ø enge Auslegung Ø verneint bei Ware, die „... auf Bestellung des Verbrauchers aus vorgefertigten Standardbauteilen zusammengefügt wird, die mit verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung ihrer Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder getrennt werden können.“ (BGH, Urteil vom 19.03.2003 (AZ: VIII ZR 295/01))

Ø Kann die Ware ohne wirtschaftlich unzumutbare Einbußen wieder veräußert werden? Ø Ist die Ware bei Rücknahme für den Unternehmer wirtschaftlich wertlos? Ø Beweislast für den Ausschluss aufgrund der Kundenspezifikation liegt beim Unternehmer Ø Kundenspezifikation muss für jedes Produkt einzeln und individuell geprüft werden

Kundenspezifikation keine Kundenspezifikation

Maßanzug nach individuellen Körpermaßen, individuelle Farb- und Stoffauswahl, Nähte, Schnitt usw.

Maßanzug in Größe 50 schwarz

Notebook, das aus verschiedenen Komponenten (Baukastenteilen) zusammengebaut wurde

Visitenkarten

individualisierte Gravur standardisierte Gravur „Viel Glück!“

individualisiert bedrucktes T-Shirt z.B. bei einem Foto, welches der Kunde hochladen kann

bedrucktes T-Shirt mit Motiv für das sich leicht ein anderer Abnehmer finden lässt

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b) Waren,  die  auf  die  persönlichen  Bedürfnisse  des  Kunden  zugeschni7en  sind:   Ø gegenüber Kundenspezifikation kaum abzugrenzen → die unter a) benannten Kriterien sind entsprechend anwendbar Ø persönlicher Zuschnitt kann vielmehr erst dann angenommen werden, wenn die vom Kunden gewählte Komposition so speziell ist, dass sich das hieraus entstandene Produkt bei anderen Kunden nur unter großen Schwierigkeiten und mit erheblichem Wertverlust veräußern lässt (BGHZ 154, 239, 244) Beachten Sie: Bei der Beurteilung, ob eine Kundenspezifikation oder ein spezieller Zuschnitt vorliegen ist   Ø unerheblich ist, ob die Ware erst in Auftrag gegeben werden muss oder hergestellt werden muss Ø unerheblich ist, ob die Ware erst bei einem Hersteller bestellt werden muss

Klauseln in den AGB oder Hinweise in der Artikelbeschreibung, die das Widerrufsrecht von vornherein aufgrund einer „vermeintlichen“ Kundenspezifikation oder eines persönlichen Zuschnitts generell ausschließen, sind unzulässig und schränken das Widerrufsrecht des Kunden in unzulässiger Weise ein. Beispielklauseln / Hinweise in Artikelbeschreibungen: „INDIVIDUAL PRODUKT Dieser Artikel wird auftragsbezogen auf Ihr Wunschmaß zugeschnitten, daher handelt es sich um eine Sonderanfertigung. (BGB § 312d)“ „Ausnahme für Sonderanfertigungen Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Fernabsatzverträgen (§ 312d) zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind."

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c) Waren,  die  aufgrund  Ihrer  Beschaffenheit  nicht  für  eine  Rücksendung  geeignet  sind:   Ø Softwareprogramme Ø Bilddateien, die im Wege des Downloads vertrieben werden Ø Schnitt- und Häkelmuster Ø Bücher in Dateiform (E-Books) à aber: Widerrufsmöglichkeit besteht bis zum Zeitpunkt des Downloads

d) Waren,  die  schnell  verderben  können  oder  deren  Verfalldatum  überschri7en  wurde   Ø Lebensmittel Ø Schnittblumen Ø Arzneimittel Ø Kosmetika

Verderblichkeit muss nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift nicht unbedingt gegeben sein; erforderlich ist, dass das Öffnen der eigentlichen Verpackung die Ware (für andere) unbenutzbar macht aber: die Klausel „Kosmetik kann nur in einem unbenutzten Zustand zurückgenommen werden.“ (OLG Köln, Urteil vom 27.04.2010 – AZ: 6 W 43/10) ist unzulässig, da offen bleibt, ab wann das Widerrufsrecht ausgeschlossen (mit Entnahme eines Teils der Creme oder mit Öffnen der Tube oder mit Entfernung einer Versiegelung oder Öffnen einer Original-Umverpackung)

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e) Waren,  zur  Lieferung  von  Audio-­‐  oder  Videoaufzeichnungen  oder  von  SoHware,  sofern  die  gelieferten  Datenträger  von  Ihnen  entsiegelt  worden  sind     Unter Siegel ist eine Vorkehrung zu verstehen, die über die bloße Verpackung hinaus den ungehinderten Zugang versperrt. (BeckOK BGB § 312d, Rn 45) OLG Hamm, Urteil vom 30.3.2010 - 4 U 212/09: „Die Verwendung der Klausel „Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Lieferungen von ... Software, sofern die gelieferten Datenträger von Ihnen entsiegelt worden sind (z.B. Software-CDs, bei denen die Cellophanhülle geöffnet wurde).” ist als fehlerhafte Belehrung über die Ausnahmen des Widerrufsrechts wettbewerbswidrig.“ „...Entscheidend ist aber, dass eine solche Entsiegelung schon begrifflich voraussetzt, dass eine Verpackung, die der Verbraucher öffnet, auch als Versiegelung erkennbar ist. Diese Versiegelung soll dem Verbraucher deutlich machen, dass er die Ware behalten muss, wenn er diese spezielle Verpackung öffnet. Auch wenn ein ausdrückliches als solches bezeichnetes Siegel nicht erforderlich sein mag, genügt die übliche Verpackung solcher Ware mit Kunststofffolie, die auch andere Zwecke wie den Schutz vor Verschmutzung erfüllen kann, insoweit ohne jede Warnung nicht. Deshalb stellt auch das Öffnen einer Cellophanhülle, in der die gelieferten Datenträger verpackt sind, in den Augen des Verkehrs keine solche Entsiegelung dar, weil dieser Verpackung die Prüf- und Besinnungsfunktion fehlt....“ Versiegelung liegt vor: Ø CD oder DVD, die mit einem Klebestreifen oder Klebesiegel versehen ist, das aufgebrochen werden muss, um die Hülle zu öffnen Ø Software im Download oder per CD die erst durch Zusendung eines Codes oder einer PIN-Nummer funktioniert Entsiegelung ist dann gegeben, sobald der Verbraucher den Code erhalten hat.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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