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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

Stefan Strohschneider

Friedrich-Schiller-Universität Jena

Kontaktadresse:

Stefan Strohschneider

Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Institut für Theoretische Psychologie

Markusplatz 3

96045 Bamberg

Keywords:

Kulturvergleichende Psychologie, Denken, Problemlösen, Funktionalismus,

Problemraum, Denkstil, Entscheidungsforschung, soziale Konflikte, komplexes

Problemlösen

Erscheint in:

G. Trommsdorff & H.-J. Kornadt (Hrsg). (in Druck). Kulturvergleichende Psychologie.

Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C, Serie VII, Band II. Göttingen: Hogrefe.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Inhalt

1. Einleitung: Zum Zustand der kulturvergleichenden Problemlöseforschung

2. Problemlösen als kulturelle Leistung: Konzeptuelle und theoretische Grundlagen

2.1 Zum Begriff des Problems

2.2 Methodische und erkenntnistheoretische Ansätze

2.3 Funktionalismus in der kulturvergleichenden Problemlöseforschung

3. Entscheidungsforschung: der Umgang mit Wahrscheinlichkeit und Risiko im

Kulturvergleich

3.1 Entscheidung zwischen Alternativen und das Phänomen der Overconfidence

3.2 Riskante Entscheidungen

3.3 Erklärungsansätze in der kulturvergleichenden Entscheidungsforschung – Eine

zusammenfassende Übersicht

4. Denk- und Problemlösestile

4.1 Konkretes versus abstraktes Denken

4.2 Vigilanz – Vermeidung – Hypervigilanz

4.3 Analytischer versus vorbild-orientierter Stil

4.4 Östliches versus westliches Denken

4.5 Stilunterschiede ost- und westdeutschen Denkens

4.6 Erklärungsansätze in der kulturvergleichenden Problemlösestilforschung –

Eine zusammenfassende Übersicht

5. Strategien des Problemlösens im sozialen Kontext

5.1 Strategien der Bewältigung interpersonaler Konflikte

5.2 Problemlösen in Gruppen: Kollektive Prozessverluste?

5.3 Effekte kultureller Homogenität und Heterogenität

6. Der Umgang mit komplexen Problemen

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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7. Die Ursachen kultureller Unterschiede beim Problemlösen: Versuch einer

Zusammenfassung

7.1 Wissen und Können

7.2 Motivation

7.3 Werte und Weltanschauung

7.4 Eigenschaften der kulturellen, ökonomischen und ökologischen Umwelt

8. Schlussbemerkungen

Literatur

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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1. Einleitung: Zum Zustand der kulturvergleichenden Problemlöseforschung

Die kulturvergleichende Untersuchung von Denk- und Problemlöseprozessen befindet sich zu

Beginn des 21. Jahrhunderts in einer ambivalenten Situation. Auf der einen Seite gibt es

keinen theoretischen, konzeptuellen und methodischen Grundkonsens, wie er andere

Teilgebiete der kulturvergleichenden Psychologie auszeichnet. Es ist bemerkenswert, dass in

der Neuausgabe des Handbook of Cross-Cultural Psychology (Berry, Poortinga & Pandey,

1996; Berry, Segall & Kagitcibasi, 1997) „Denken und Problemlösen“ praktisch nicht

vorkommen (ähnlich bei Matsumoto, 2001). In einer Publikationsübersicht des Journal of

Cross-Cultural Psychology finden Smith, Harb, Lonner und Van de Vijver (2001), dass im

Zeitraum von 1993 bis 2000 lediglich 7% aller publizierten Arbeiten zur Kategorie

„Cognition“ im weiteren Sinne gehören (ähnlich Weber & Hsee, 2000). Es scheint, dass die

verschiedenen Ansätze und Anläufe, die Völkerpsychologie, soziohistorische

Tätigkeitspsychologie und die frühe anthropologisch inspirierte Denkpsychologie vor dem

Zweiten Weltkrieg vorgelegt haben (vgl. dazu die Beiträge von Boesch & Straub sowie

Straub, im ersten Band), sich nicht in die Hauptströmungen der Psychologie der 80er und 90er

Jahre des 20. Jahrhunderts integrieren konnten.

Auf der anderen Seite ist ein wiedererwachendes Interesse an der kulturvergleichenden

Untersuchung von Denk- und Problemlöseprozessen zu beobachten. Aus verschiedenen

Bereichen sowohl angewandter Orientierung („Organizational Behavior“,

Managementpsychologie) als auch grundlagenbezogener Ausrichtung (Denk-, Sozial- und

Emotionspsychologie, Selbstkonzeptforschung) werden Fragen gestellt, die im Grunde eine

kulturvergleichende Problemlöseforschung beantworten müsste.

Wenn im Folgenden also der Versuch unternommen wird, einen Umriss dieses Gebietes

zu skizzieren, dann deshalb, weil es trotz aller Heterogenität und bisweilen mangelhaften

theoretischen Fundierung des Forschungsfeldes interessante, bisweilen überraschende

Befunde zu diskutieren gibt und dadurch eine weitere Stimulierung der Forschungstätigkeit

angeregt werden kann. Im Anschluss an eine knappe Diskussion der konzeptuellen und

theoretischen Grundlagen (Abschnitt 2) werden die dominanten Arbeitsbereiche der

gegenwärtigen Forschung herausgearbeitet und wesentliche Befunde dargestellt.

Schwerpunkte sind die Themen „kulturvergleichende Entscheidungsforschung“ (Abschnitt 3),

„Denk- und Problemlösestile“ (Abschnitt 4), „Strategien des Problemlösens im sozialen

Kontext“ (Abschnitt 5) sowie „komplexe Probleme“ (Abschnitt 6). Eine Zusammenfassung

verschiedener Erklärungsmodelle (Abschnitt 7) und eine knappe methodische sowie

metatheoretische Kritik beschließen das Kapitel.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Zwei Kautelen müssen den weiteren Ausführungen vorausgeschickt werden: „Die“

Kulturunterschiede im Denken und Problemlösen gibt es nicht, sondern nur spezifische

Differenzen und Ähnlichkeiten zwischen Mitgliedern bestimmter Kulturen. Die Datenlage

mahnt zu ständiger Vorsicht bei jeder Form der Verallgemeinerung über Kulturgrenzen oder

Problemtypen hinweg. Diese Begrenzung wird das gesamte Kapitel hindurch implizit

mitgedacht, auch wenn sie – vor allem aus Lesbarkeitsgründen – nicht immer und an allen

Stellen explizit gemacht wird. Eine zweite Vorbemerkung betrifft die Sprache: Manchmal

wird von „Chinesen“, „Amerikanern“, „Deutschen“ oder „Indern“ gesprochen, wenn

eigentlich von einer „(kleinen) Stichprobe männlicher chinesischer Studenten aus Hongkong“

o.ä. gesprochen werden müsste. Auch dieser Sprachgebrauch dient der Verständlichkeit des

Textes und stellt keine Hypothese über die Generalisierbarkeit von Befunden dar.

2. Problemlösen als kulturelle Leistung: Konzeptuelle und theoretische Grundlagen

2.1 Zum Begriff des Problems

Die Art und Weise, wie Menschen mit Problemen umgehen bzw. welche Probleme für sie

überhaupt existieren ist für viele Autoren ein wichtiges Bestimmungsstück des Kulturbegriffs.

Beispiele dafür sind die Definitionen von Hutchins (1995, S. 354: „Culture is an adaptive

process that accumulates partial solutions to frequently encountered problems”), von

Trommsdorff (1989, S 12: “Kultur beinhaltet die von einer sozialen Gruppe verwendeten

Deutungs- und Handlungsmuster, Wissen, Sprache und Techniken zur Bewältigung von

Anpassungsproblemen im Umgang des Menschen mit seiner Umwelt“) und von

Strohschneider (2001, S. 108: „Kultur ist das Medium, welches das individuelle Denken bei

der Reduktion von Unbestimmtheit entlastet oder sogar ersetzt“).

Für die klassische Denkpsychologie besteht ein Problem aus drei Bestimmungsstücken,

nämlich einem Ausgangszustand, einem Zielzustand und einer Barriere, die die

Transformation des Ausgangs- in den Zielzustand verhindert (Dörner, 1979, S. 10f.). Ein

Problem unterscheidet sich von einer Aufgabe grundsätzlich dadurch, dass es keine bekannte

Umwandlungsvorschrift gibt, die den Ausgangs- in den Zielzustand verwandelt. So betrachtet

bestünde die Funktion von Kultur darin, Probleme in Aufgaben zu verwandeln. Solange

Menschen in sich dynamisch verändernden Umwelten leben, wird dieser

Umwandlungsprozess nie vollständig gelingen können. Ein Grundannahmen der

kulturvergleichenden Problemlöseforschung besagt daher, dass Menschen in ihrer Kultur

nicht nur Wissen darüber erwerben, wie man Aufgaben erledigt, sondern auch darüber, auf

welche Art und Weise man Probleme angeht – Kultur formt das Strategierepertoire, das

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Menschen zur Bewältigung der auftauchenden Anpassungsprobleme zur Verfügung steht

(Gauvain, 2000; Strohschneider, 2001).

Es gibt verschiedene Versuche, Probleme zu klassifizieren – z.B. nach dem

Probleminhalt oder nach den formalen Eigenschaften der Barriere. Für die Zwecke dieses

Beitrags ist es sinnvoll, die Klarheit und Vollständigkeit der Problemstellung

(„Transparenz“), die Klarheit des Zielzustandes, den Umfang des Problems (und, damit in

Zusammenhang stehend, die kontextuelle Einbettung und Vorwissensabhängigkeit der

Problemlösung), den Bekanntheitsgrad der notwendigen Operatoren und die Dynamik der

Problementwicklung zu unterscheiden. Die aktuelle Forschungslandschaft untersucht

keineswegs alle Problemtypen, sondern setzt bestimmte Schwerpunkte:

So konzentrieren sich aus der Tradition der Entscheidungsforschung stammende

Arbeiten in der Regel auf vollständig transparente, statische Probleme sehr geringen Umfangs

mit vollständig angegebenem Operatorinventar. Meist handelt es sich um die Entscheidung

zwischen vorgegebenen Alternativen. Eine andere Klasse von Problemen liegt Arbeiten

zugrunde, die unter der Überschrift Denk- und Problemlösestile subsumiert werden können:

der Problemumfang ist (relativ) größer mit einer entsprechend verstärkten Bedeutung von

kontextuellen Faktoren und Vorwissen. Zentrale Anforderung ist das Entwerfen (oder

Auswählen) einer spezifischen Vorgehensweise, teilweise sind auch Zielvorstellungen zu

klären. Die Probleme bleiben aber statisch und (weitgehend) transparent. Ein dritter

Schwerpunkt untersucht den Umgang mit stark kontextualisierten, umfangreichen,

intransparenten und dynamischen Problemen, wobei man wiederum zwei Traditionen

unterscheiden kann. Die eine ist mit den Forschungsprogrammen cognition in action (Cole,

Gay, Glick & Sharp, 1971; Rogoff & Lave, 1984) oder everyday cognition

(zusammenfassende Darstellung bei Schliemann, Carraher & Ceci, 1997) verknüpft, die

andere mit dem sog. komplexen Problemlösen (Dörner, Kreuzig, Reither & Stäudel, 1983;

Frensch & Funke, 1995).

2.2 Methodische und erkenntnistheoretische Ansätze

Jede Schwerpunktsetzung ist – im Zusammenhang mit der Untersuchung kultureller Einflüsse

auf das Problemlösen – mit bestimmten theoretischen und methodischen Paradigmata

verbunden. So dominiert in der Entscheidungsforschung das experimentelle Vorgehen, d.h.

die kontrollierte Variation von Rahmenbedingungen mit nachfolgender Analyse der

Auswirkungen auf Variablen des Entscheidungsergebnisses – meist Präferenzurteile. Ein

vergleichsweise komplexes Beispiel für diese Vorgehensweise findet sich bei Yates, Lee,

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Shinotsuka, Patalano und Sieck (1998). In ihrer kulturvergleichenden Studie sollten

Probanden als Ärzte fungieren, die anhand einer Liste von Symptomen (unterschiedlicher

Validität) zu entscheiden haben, unter welcher von zwei (fiktiven) Krankheiten insgesamt 120

Patienten leiden und wie sicher sie sich ihrer Diagnose sind. Nach der Beurteilung jedes

einzelnen Datensatzes erhalten die Probanden ein Feedback über die Richtigkeit der Diagnose

und es folgt die nächste Entscheidung. Die Studie wird am PC durchgeführt, die

Protokollierung der Daten erfolgt automatisch und kann unmittelbar in umfangreiche und

detaillierte statistische Auswertungen überführt werden. Ein derartiges Vorgehen ist natürlich

nur im Rahmen eines deduktiv angelegten Forschungsprogramms sinnvoll, denn „Kontext“

spielt überhaupt keine Rolle und „Kultur“ kommt lediglich in Form der unterschiedlichen

Nationalität der Versuchsteilnehmer in Spiel.

Arbeiten mit dem Schwerpunkt auf der Generierung von Lösungsalternativen oder dem

Entwurf eines Lösungsplans bringen in der Regel den jeweiligen kulturellen Kontext sehr viel

deutlicher ins Spiel und widmen der Problematik des Kulturvergleichs verstärkte

Aufmerksamkeit. Es wird mit Stichproben von Probanden gearbeitet, die mit kontextuell zwar

angereicherten, aber meist geschlossenen Problemstellungen konfrontiert werden. Das

Untersuchungsmaterial wird so ausgewählt oder konstruiert, dass es für die untersuchten

Kulturen „typische“ Probleme widerspiegeln soll. Ein Beispiel sind die Problemstellungen bei

Haar und Krahé (1999) oder Strohschneider und Güss (1998). In beiden Untersuchungen

werden Probanden mit schriftlich ausgearbeiteten Szenarios („Vignetten“) konfrontiert, die

eine offene Problemlage schildern, bei Haar und Krahé (1999) z.B. einen Streit zwischen

einem jugendlichen Ego und dem Vater um Taschengeld und die Erledigung häuslicher

Pflichten. Die Probanden haben anschließend zu entscheiden, wie sie das geschilderte

Problem lösen würden, entweder in freier Form oder an Hand vorformulierter

Lösungsalternativen.

Die Vertreter der Forschungsrichtung, die umfangreiche, intransparente und

dynamische Problemstellungen bevorzugt, fordern am nachdrücklichsten, den jeweiligen

(kulturellen, sozialen) Kontext eines Problemlöseprozesses als konstitutiv zu begreifen und in

die Analyse mit einzubeziehen (Cole & Cole, 2000; Pucket, Pollina, Laipple, Tunick &

Jurden, 1993). Für einige Autoren impliziert dies die Ablehnung von Laborstudien: „The

point is that the tasks that are ‚typical’ in laboratory studies of thought are drawn from a

special category of cultural materials that have been isolated from the cognitive processes of

the larger cultural system. This makes these tasks especially unrepresentative of human

cognition” (Hutchins, 1995, S. 367; ähnlich Scribner, 1984, S. 37). Für andere Autoren

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dagegen steht die Reichhaltigkeit der Untersuchungsprobleme im Vordergrund und weniger

die Frage des Untersuchungsortes (Brehmer & Dörner, 1993). Im Allgemeinen liegt aber der

methodische Schwerpunkt bei teilnehmenden und nicht-teilnehmenden Beobachtungen,

Interviews und anderen qualitativen Verfahren der Datenerhebung (eindrucksvolle Beispiele

für die qualitative Methodik bieten Güss, 2000 sowie Van Vlaenderen, 2001).

Falls man nicht bei der reinen Deskription von Problemlöseprozessen stehen bleibt,

ergeben sich natürlich Schwierigkeiten aus der ungeklärten Validität der vorgenommenen

Interpretation und der ebenso ungeklärten Generalisierbarkeit der theoretischen

Schlussfolgerungen (vgl. dazu die Beiträge in Lonner & Berry, 1985, aber auch Paranjpe,

1997). An dieser Stelle sei lediglich darauf hingewiesen, dass viele Vertreter eines solchen

„weiten“ Problemlösebegriffs deshalb kulturvergleichenden Untersuchungen – wenn möglich

noch mit dekontextualisierten Untersuchungsaufgaben – kritisch gegenüberstehen (Cole,

1995, 1996; Shweder, 1990; im deutschen Sprachraum pointiert Liebing & Ohler, 1993).

2.3 Funktionalismus in der kulturvergleichenden Problemlöseforschung

Bei der Festlegung der Eigenschaften von Problemen, die empirisch studiert werden sollen,

geht es also um einen trade-off zwischen der Kontrollierbarkeit von abhängigen und

unabhängigen Variablen einerseits und der Nähe zur Lebensrealität der Probanden

andererseits, der je nach Erkenntnisinteresse und methodischer Ausrichtung anders

ausbalanciert wird. Die damit angerissene Debatte, wie die kulturvergleichende

Problemlösepsychologie betrieben werden sollte, kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft

werden. Sie ist mit so grundlegenden – divergierenden – erkenntnistheoretischen Annahmen

verknüpft, dass sie kaum entscheidbar erscheint und sich im Hinblick auf die konkrete

Forschungstätigkeit eher eine pragmatische Haltung empfiehlt (vgl. z.B. Poortinga, 1996).

Allerdings gibt es auch so etwas wie einen „roten Faden“. Bischof (1995) unterscheidet

in der psychologischen Theorienbildung zwischen einem proximaten und einem ultimaten

Funktionalismus. Der ultimate Funktionalismus erklärt Verhaltensunterschiede durch Rekurs

auf den jeweiligen Adaptationsgewinn („wozu?“). Der proximate Funktionalismus interessiert

sich für die psychischen Mechanismen, die ein bestimmtes Verhalten erzeugen („wie?“). Der

ultimate Funktionalismus scheint allgemein geteilte metatheoretische Grundlage der

kulturvergleichenden Problemlöseforschung zu sein: Menschen lösen Probleme nicht einfach

so, sondern weil sie davon einen Nutzen haben; und kulturelle Unterschiede in den Lösungen

oder in der Art und Weise des Lösens werden immer wieder auf den spezifischen Kontext

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zurückgeführt, in dem sie entstanden und sinnvoll sind (vgl. das sog. „ökokulturelle Modell“

von Berry, 1993).

Proximat funktionalistische Theorien sind dagegen in der kulturvergleichenden

Psychologie selten (s. dazu genauer Strohschneider, 2002). Auf einige wenige Ausnahmen

wird im folgenden Text eingegangen, im Großen und Ganzen aber beschränkt sich die

Theorienbildung auf die Angabe eines Zusammenhangs zwischen „Oberflächenvariablen“

wie z.B. Individualismus/Kollektivismus und strategischer Präferenz. Es ist nicht

auszuschließen, dass der bisweilen beklagte Mangel an Resonanz der kulturvergleichenden

Psychologie in der Mainstream-Psychologie (Cole, 1995) hier seine Ursachen hat.

3. Entscheidungsforschung: der Umgang mit Wahrscheinlichkeit und Risiko im

Kulturvergleich

Wie oben ausgeführt, operieren kulturvergleichende Studien aus dem schier unübersehbaren

Feld der Entscheidungsforschung mit statischen Problemen geringen Umfangs und bekannten

Operatoren – eben der Entscheidung zwischen zwei oder mehr Alternativen. In der Einleitung

zu den einschlägigen Untersuchungen findet man häufig die bedauernde Feststellung, dass die

Entscheidungstheorie eine im Wesentlichen westliche „Erfindung“ sei, dass die Gültigkeit

ihrer Axiomatik in anderen, nicht-westlichen Kulturen mehr Behauptung als empirische

Tatsache sei, dass aber die kulturvergleichende Forschung in diesem Gebiet noch sehr

unterentwickelt sei und sich weder empirisch noch theoretisch auf sicherem Eis bewege

(prototypisch: Chu, Spires & Sueyoshi, 1999). Auf dem Prüfstand steht damit der

„absolutistische“ (Lonner, 1993) Gültigkeitsanspruch der klassischen Entscheidungstheorie

(vgl. dazu auch Gigerenzer, 1998).

3.1 Entscheidung zwischen Alternativen und das Phänomen der Overconfidence

Die Abschätzung von Wahrscheinlichkeiten ist eines der Kernelemente der klassischen

Entscheidungstheorie, derzufolge Menschen sich beim Problemlösen sich für diejenige

Alternative entscheiden, für die das Produkt aus möglichem Gewinn und Wahrscheinlichkeit

des Eintretens größer ist als für ihre Konkurrenten. Einen guten Einstieg in die Diskussion der

kulturübergreifenden Gültigkeit von Annahmen der Entscheidungstheorie, bietet das sog.

Overconfidence-Phänomen: Wenn Probanden eine Wahl zwischen zwei oder mehr

Alternativen treffen müssen (z.B. „Welches Nahrungsmittel hat mehr Kalorien pro

Gewichtseinheit: Brot oder Reis?“) und zusätzlich anzugeben haben, wie wahrscheinlich sie

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mit ihrer Wahl richtig liegen (üblicherweise auf einer Skala von 50-100%), lässt sich häufig

das Phänomen beobachten, dass das Vertrauen in die Wahrscheinlichkeit der gewählten

Alternative stärker ist, als dies die erwartete Häufigkeit der Ereignisse (d.h. die

durchschnittliche Korrektheit der Antworten) eigentlich rechtfertigen würde.

Aufbauend auf den grundlegenden Arbeiten von Phillips und Wright (1977) und Wright

und Phillips (1980), die schon in den siebziger Jahren zeigten, dass die

Wahrscheinlichkeitsabschätzungen asiatischer Probanden extremer und weniger genau sind,

hat insbesondere die Arbeitsgruppe um Yates (z.B. Yates & Lee, 1996, Yates, Lee & Bush,

1997) wiederholt nachgewiesen, dass das Phänomen der overconfidence bei chinesischen

Probanden in erheblich stärkerem Maße auftritt, als bei US-amerikanischen Probanden und

über verschiedene Inhaltsbereiche und Aufgabentypen generalisiert (Yates et al., 1998).

Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass die Urteile von Untersuchungsteilnehmern

speziell aus Japan und Singapur besser „kalibriert“ sind als die westlicher Menschen (Lee et

al., 1995; Yates et al., 1989).

Dieser Befund höherer overconfidence bei Mitgliedern asiatischer Kulturen ist

interessant, weil er im Gegensatz zu naiv-psychologischen Annahmen steht. Man könnte ja

Overconfidence schlicht als Resultat einer individualistischen Überheblichkeit ansehen, was

offenbar zu einfach gedacht ist. Stattdessen wird über kulturelle Unterschiede in der

„quantitative sophistication“ (besonders im Zusammenhang mit der sozioökonomischen

Entwicklung von Kulturen) spekuliert oder über die Rolle der „kognitiven Differenziertheit“

beim präzisen Umgang mit Wahrscheinlichkeiten.

Auch kulturelle Unterschiede im Denkstil werden diskutiert. So argumentiert die Yates-

Gruppe (bes. Yates, Lee & Shinotsuka, 1996; vgl. auch Abschnitt 4.), dass overconfidence –

als universelles Phänomen – vor allem aus der Suche nach bestätigenden und der Ablehnung

widersprüchlicher Argumente resultiere. Sie sei umso ausgeprägter, je stärker die generelle

Neigung zur Vermeidung von Konflikten ist. Ein Beleg für diese These findet sich in einer

Arbeit von Chu et al. (1999), die japanische und US-amerikanische Probanden (Studenten)

bei einer typischen Entscheidungsaufgabe am Computer vergleichen. Inhaltlich geht es um

Abwägeprozesse beim (vorgestellten) Kauf eines Autos. Theoretisch wird zwischen

kompensatorischen und non-kompensatorischen Entscheidungsstrategien unterschieden; bei

ersteren werden konfligierende Attribute von Alternativen miteinander verrechnet, bei

letzteren nicht. Da die kompensatorischen Strategien deutlich konfliktträchtiger sind, wird

erwartet, dass japanische Probanden eher die non-kompensatorischen Strategien verwenden.

Dies können die Autoren anhand verschiedener abgeleiteter Variablen bestätigen. Hinweise

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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darauf, dass auch andere kulturelle Einflüsse wie etwa Machtdistanz oder „face“ beim

Umgang mit Wahrscheinlichkeiten eine Rolle spielen könnten, liefert eine Arbeit von Greer

und Stephens (2001).

3.2 Riskante Entscheidungen

Risiken sind ein unvermeidbarer Bestandteil der menschlichen Existenz. Die Frage allerdings,

welche Risiken Menschen bereit sind zu tragen und welche nicht, wird seit einer

grundlegenden Arbeit von Douglas und Wildavsky (1982) nicht nur als individuelles, sondern

auch als kulturelles Phänomen diskutiert: die Einschätzung von Risiken basiert auf der

selektiven Aufmerksamkeit gegenüber bestimmten Gefahren, während andere (für einen

Außenstehenden vielleicht viel relevanter erscheinende) weitgehend ignoriert werden können.

Jede Kultur zeichnet sich demnach durch ein bestimmtes „Gefährdungsprofil“ aus, das bei der

Bewertung von Risiken zur Anwendung gebracht wird. Dieses Gefährdungsprofil soll

funktional sein für die Aufrechterhaltung einer bestimmten Lebensweise (McDaniels &

Gregory, 1991).

Der Umgang mit Risiken ist demnach von der Weltanschauung abhängig, die in einer

Kultur gelebt wird. In diesem Zusammenhang hat eine Kategorisierung von Douglas (1970)

und Douglas und Wildavsky (1982; s.a. Dake, 1991; Goodwin, Nizharadze, Luu, Kosa &

Emelyanova, 1999) viel Aufmerksamkeit gefunden. Die Autoren postulieren vier

grundlegende Weltanschauungsmuster nämlich egalitär, fatalistisch, individualistisch und

hierarchisch. Individualistische Weltanschauungen betonen den freien Handlungsspielraum

des Menschen, egalitäre Weltanschauungen betonen die Grenzen individueller

Handlungsfreiheit. Eine hierarchische Weltsicht bindet den Handlungsspielraum an die

Position des Einzelnen im Kollektiv und Fatalismus schließlich betont vor allem die

Abhängigkeit von übergeordneten sozialen (oder metaphysischen) Mächten. Es ist zwar

plausibel anzunehmen, dass derartige Weltanschauungsunterschiede zur unterschiedlichen

Bewertung von Risiken führen, allerdings ist die Befundlage unübersichtlich. So beschreiben

Douglas und Wildawsky (1982, S. 10) generell individualistische Kulturen als risikofreudig,

da Unbestimmtheiten als Chancen geschätzt werden. In hierarchischen Kulturen würde

dagegen standardisiertes Vorgehen geschätzt; Kulturangehörige seien dort vorsichtiger und

risikovermeidend. Douglas (1985) schränkt diese allgemeine Aussage ein und meint, dass

hierarchisch organisierte Gruppen dazu neigen, technologische Risiken eher als Chancen zu

begreifen, während egalitäre Gruppen sie eher als Bedrohung für ihre Sozialstruktur

wahrnehmen. Palmer (1996) wiederum zeigt, dass eine hierarchische Weltanschauung mit

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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einer ausgewogenen Beurteilung technologischer Risiken einhergeht, eine egalitäre

Weltanschauung mit einer Konzentration auf das Gefahrenpotential und eine

individualistische Weltanschauung mit einer Betonung des potentiellen Nutzens solcher

Risiken. Immerhin wird das zugrunde liegende Denkmodell – kulturelle Abhängigkeit der

Bewertung z.B. technologischer Gefahrenpotentiale – auch durch eine Reihe von Arbeiten

unter dem sog. „psychometrischen Paradigma“ durch die Gruppe um Slovic bestätigt (Peters

& Slovic, 1996; Slovic, 1997; Slovic, Fischhoff & Lichtenstein, 1986).

Nun mag man leicht einsehen, dass sich Menschen verschiedener Kulturen hinsichtlich

der Einschätzung solcher „großer“ Risiken unterscheiden, zumal hier sehr viele Faktoren mit

hineinspielen, die eher sozioökonomischer als kultureller Natur sind. In einer Serie

kulturvergleichender Untersuchungen in China und Japan konnten Hsee und Weber (1999;

Weber & Hsee, 1998) einen schon eher überraschenden Befund nachweisen. Die Autoren

untersuchten mittels verschiedener Methoden die Bereitschaft finanzielle Risiken einzugehen

und fanden, dass – entgegen den gängigen Stereotypen (und auch entgegen den Vermutungen

der Probanden selbst) – chinesische P robanden risikofreudiger waren als amerikanische. Die

Autoren erklären dies mit einer „Polster-Hypothese“ (cushion hypothesis), derzufolge

chinesische Probanden finanzielle Risiken leichter eingehen können, weil sie Teil eines

sozialen Netzwerkes sind, das sie als Versicherung und Rückhalt im Falle eines unerwarteten

Verlustes nutzen können. Den individualistischen Amerikanern fehle ein solches soziales

Polster, was sich in größerer finanzieller Risikovermeidung niederschlage. Ableitungen aus

der Polster-Hypothese – z.B. dass sich dieser Kulturunterschied bei Risiken mit anderem

Charakter, der durch das soziale Polster nicht abgepuffert wird, nicht zeigt, konnten empirisch

bestätigt werden (Hsee & Weber, 1999). Allerdings ist darauf zu verweisen, dass die „Polster-

Hypothese“ bei finanziellen Entscheidungen im Widerspruch steht zu den Befunden b ei Yates

und Lee (1996), die im Zusammenhang ihrer Untersuchungen zur overconfidence

zusammenfassend feststellen, dass Chinesen generell risikovermeidend eingestellt wären.

Einen andersartigen Zugang wählen Weber, Hsee und Sokolowska (1998) in einer

Arbeit über Risiken im Sprichwort. Sprichwörter können wegen ihrer langen

Überlieferungsgeschichte als eine Art Kondensat kulturellen Wissens und kultureller

Grundeinstellungen zu diesem Thema angesehen werden (vgl. dazu Detje, 1996). Die Autoren

ließen zunächst durch uneingeweihte Beurteiler amerikanische, deutsche und chinesische

Sprichwörter aus den einschlägigen Sammlungen heraussuchen, die Aussagen zum Thema

„Umgang mit „Risiko“ machen (die Autoren bezeichnen die Auswahl als nicht vollständig,

aber repräsentativ). Anschließend wurden die Sprichwörter von Ratern aus allen drei Kulturen

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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daraufhin beurteilt, welche Einstellung zum Risiko in ihnen deutlich wird. In

Übereinstimmung mit der oben erwähnten Polster-Hypothese zeigte sich, dass chinesische

Sprichwörter ein riskanteres Vorgehen empfehlen als amerikanische. Außerdem beurteilten

chinesische Rater die gleichen Sprichwörter (unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft) als

stärker in Richtung Risiko tendierend als amerikanische Rater – allerdings nur im Bereich

finanzieller Entscheidungen, nicht im Bereich sozialer Risiken. Deutschland wird von den

Autoren (mit Verweis auf die deutsche Erfindung der „sozialen Marktwirtschaft“) übrigens

den eher kollektivistischen Kulturen zugerechnet, was in der Hypothese mündet, dass das

Ergebnismuster für Deutschland dem chinesischen ähnelt. Auch diese Erwartung wurde

bestätigt: Deutsche Sprichwörter empfehlen eher einen chinesischen als einen amerikanischen

Umgang mit Risiken – von der Tendenz her wären demzufolge „Wer wagt, gewinnt“ und

„Keine Rose ohne Dornen“ für deutsche Sprichwörter typischer als etwa „Besser den Spatz in

der Hand als die Taube auf dem Dach“ oder „Doppelt genäht hält besser“.

Eine Arbeit von Wang (1996) beschäftigt sich im Kulturvergleich USA – China mit

riskanten Entscheidungen aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens. In seiner

Untersuchung wird die Größe der von den Entscheidungen betroffenen Menschengruppen

zum relevanten Faktor: Sind nur wenige Menschen bzw. die eigene Familie betroffen, so

neigen sowohl chinesische als auch US-amerikanische Probanden zu riskanten Optionen, bei

großen Gruppen dagegen werden die US-amerikanischen Probanden deutlich konservativer,

die chinesischen nicht. Wang diskutiert diese Befunde im Kontext der evolutionären

Perspektive, wie sie von Tooby und Cosmides (Cosmides, 1989, Tooby & Cosmides, 1992)

vertreten wird und plädiert für eine Sichtweise, die die evolutionäre Adaptivität und

bereichsbezogene Spezifität von Entscheidungsmechanismen und -regeln in den Vordergrund

rückt – was als indirekte Unterstützung für die diskutierte „Polster-Hypothese“ verstanden

werden kann.

3.3 Erklärungsansätze in der kulturvergleichenden Entscheidungsforschung – Eine

zusammenfassende Übersicht

Wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben, ist die Befundlage im Bereich der

Entscheidungsforschung alles andere als einheitlich. Einer Reihe relativ robust erscheinender

Kulturunterschiede stehen Streubefunde und unvollständige, bislang widersprüchlich

erscheinende Ergebnisse gegenüber. Es ist deshalb sinnvoll zu fragen, ob sich zumindest auf

der Ebene der explikativen Konzepte eine gewisse Konvergenz feststellen lässt. Die Sichtung

der einschlägigen Erklärungsmodelle macht deutlich, dass auf der einen Seite nach

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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„Naherklärungen“ für einen spezifischen Befund gesucht wird, während auf der anderen Seite

umfassende kulturtheoretische Modelle diskutiert werden. Zu den „Nahursachen“ zählen – bei

kritischer Betrachtung ziemlich beliebig wirkende und wenig präzise ausgearbeitete –

Konstrukte wie die kulturell variierende „quantitative Kompetenz“, die während der

Sozialisation gelernten Einstellungen zu bestimmten Problemfeldern (z.B. Geld) oder die

„kognitive Differenziertheit“. Zweitens werden für die spezifische Form des Umgangs mit

Entscheidungsproblemen kulturtypische Denkstile verantwortlich gemacht. Dazu zählt vor

allem die Tendenz zum „kritischen Denken“ als Gegensatz zum konfliktvermeidenden

Ignorieren von widersprüchlicher, antinomischer Information (vgl. Abschnitt 4.).

Eine dritte Argumentationslinie bezieht sich auf übergreifende Unterschiede

hinsichtlich Wertpräferenzen und weltanschaulichen Grundhaltungen. Hierzu zählt z.B. die

oben beschriebene „Polster-Hypothese“, derzufolge Menschen aus kollektivistischen Kulturen

durch ihr soziales Netzwerk gegen Ereignisse mit extremer Wahrscheinlichkeit besser

abgesichert sind als Menschen aus Kulturen, die diese Netzwerke nicht bereitstellen, weshalb

sie eher bereit sind, finanzielle Risiken einzugehen – in Notfall wird man helfen! Dazu zählt

aber auch die Diskussion der Rolle wertbezogener Grundhaltungen wie „Machtdistanz“ oder

„Akzeptanz individueller Verantwortlichkeit“ beim Umgang mit riskanten

Entscheidungsoptionen. Noch umfassender schließlich sind Erklärungsmodelle, die

Unterschiede im Entscheidungsverhalten auf unterschiedliche Sozialstrukturen (hierarchisch,

egalitär, usw.) zurückführen bzw. die Funktionalität bestimmter Entscheidungspräferenzen im

Kontext ihrer evolutionären Adaptivität analysieren.

Natürlich stehen die verschiedenen Erklärungsversuche für kulturelle Unterschiede

beim Entscheiden nicht unbedingt in Widerspruch zueinander, sondern erscheinen eher

komplementär. Die Theoriebildung in diesem Bereich beschränkt sich aber bislang auf die

Angabe von Zusammenhängen zwischen kulturellen Variablen bzw. kulturell beeinflussten

psychologischen Variablen und Entscheidungspräferenzen. Die Auseinandersetzung mit

kulturell bedingten Unterschieden bei Entscheidungsprozessen selbst steht jedenfalls nicht im

Mittelpunkt der Forschungstätigkeit. Abschließend muss ein Aspekt erwähnt werden, der von

Weber und Hsee (2000, S. 41) stark betont wird: Unabhängig davon, welche der Erklärungen

nun im Detail den größeren Erklärungsanspruch vertreten darf, zeigen die empirischen

Befunde und theoretischen Modelle, dass selbst vergleichsweise schlichte

Problemlöseprozesse wie die Evaluation der Risiken finanzieller Engagements eine

subjektive, sozial konstruierte und emotional „aufgeladene“ Komponente aufweisen, die

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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durch die vollständig objektiven Komponenten rationaler, axiomatischer Modelle nicht erklärt

werden kann (vgl. dazu Gigerenzer, 1996).

4. Denk- und Problemlösestile

„Denken“ kann man mit Dörner (1979) als die kontrollierte Abfolge elementarer kognitiver

Prozesse zum Zwecke der Umwandlung eines irgendwie unbefriedigenden

Ausgangszustandes in einen (irgendwie befriedigenderen) Endzustand definieren. Die in der

kognitiven Anthropologie des 20. Jahrhunderts vehement ausgefochtene Debatte, ob denn nun

das Denken der Wilden nach eigenen Gesetzen verlaufe, prälogisch, magisch und diffus sei

(dies die Position von Lévy-Bruhl, 1956) oder aber die logischen Grundoperationen bei

Menschen aller Kulturen identisch seien, sie alle nach objektiver Erkenntnis strebten und ihre

Erfahrungen in logische Systeme einordneten (dies die Position von Levi-Strauss, 1968) setzt

sich in der zeitgenössischen kulturvergleichenden kognitiven Psychologie zwanglos fort,

wobei man wenigstens drei Denkrichtungen unterscheiden kann.

− Die angelsächsisch geprägte psychometrische Tradition, deren Schwerpunkt auf der

möglichst objektiven, validen, reliablen und vergleichenden Messung der geistigen

Leistungsfähigkeit bzw. deren Komponenten in verschiedenen Kulturen liegt.

− Die allgemeinpsychologisch geprägte Tradition, die von der Universalität

psychischer Module, Strukturen und Funktionsweisen ausgeht und in vergleichenden

Untersuchungen die Spezifität der operativen Abläufe zu verstehen sucht.

− Die kulturpsychologisch geprägte relativistische Tradition, die schon den Versuch

einer „objektiven“ Erfassung kognitiver Ereignisse für Unfug hält (weil die

Kategorien der Erfassung Resultat eines sehr kulturspezifischen Verständnisse von

Kognition seien) und für die deskriptive Erfassung kognitiver Prozesse in ihrem

jeweiligen funktionalen Kontext plädiert.

Dazu kommen die spezifischen methodischen Probleme: Denken erschließt sich nicht

über seine Ergebnisse, sondern über die Prozesse, die schließlich zu einem bestimmten

Ergebnis führen. Prozessorientierte Forschung ist methodisch vergleichsweise aufwendiger

als die Messung von Ergebnissen und hat insbesondere in „fremden“ Kulturen, mit ganz

besonderen Problemen zu kämpfen (Hess, 1987; Liebing & Ohler, 1993; s.a. Van de Vijver,

Band 1).

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Da für die psychometrische Tradition zusammenfassende Darstellungen existieren

(Carroll, 1993; Helms-Lorenz, Van de Vijver & Poortinga, 2003; Van de Vijver, 1997, 2000;

Van de Vijver & Willemsen, 1993) und auch die soziohistorisch-kulturpsychologische

Richtung in einigen neueren Veröffentlichungen recht umfassend dargestellt wird (Gauvain,

1993, 2000; Wortham, 2001), werden in den folgenden Absätzen einige Forschungsarbeiten

diskutiert, die eher der zweiten Tradition einer kulturvergleichend angelegten, aber

allgemeinpsychologisch orientierten Denkpsychologie zuzuordnen sind.

Ein großer Teil dieser Arbeiten lässt sich am besten unter der Überschrift „Denk- und

Problemlösestile“ subsumieren. Seit den frühen Arbeiten von Witkin und anderen über

Feldabhängigkeit/Feldunabhängigkeit bzw. kognitive Differenziertheit (Witkin, 1967, 1974;

Witkin & Berry, 1975; Wober, 1967) gibt es immer wieder neue Versuche, kulturelle

Unterschiede in kognitiven Prozessen über einen kulturtypischen „modalen“ Stil des

Umgehens mit Problemen aller Art zu erfassen (Berry, 1999). Unter „Stil“ wird im

Allgemeinen eine situationsübergreifende Präferenz für eine bestimmte (kognitive)

Vorgehensweise verstanden (Zhang & Sternberg, 2001). Ein Stil ist weder eine Fähigkeit

noch eine Persönlichkeitseigenschaft im engeren Sinne, sondern wird nach funktionalen

Gesichtspunkten herausgebildet oder erlernt und kann bewusst verändert oder durch einen

anderen Stil ersetzt werden (Hill, Puurula, Sitko-Lutek & Rakowska, 2000). Die Lage der

„kognitiven Stildebatte“ innerhalb der kulturvergleichenden Psychologie ist allerdings

unübersichtlich. Unterschiedliche methodische Ansätze und spezifische Erkenntnisinteressen

führen zu einer großen Zahl konkurrierender Stilkonzepte. Bei einigen Ansätzen stehen

regionale Aspekte im Vordergrund, bei anderen bestimmte kognitive Prozesse, bei wieder

anderen handelt es sich eher um universell gedachte Strategieklassifikationen und zwischen

allen bestehen variierende Grade an Überlappung. In den folgenden Abschnitten werden

einige der empirisch breiter fundierten neueren Stilkonzepte diskutiert, bevor abschließend

eine Zusammenfassung versucht wird.

4.1 Konkretes versus abstraktes Denken

„Abstraktes Denken“ ist eines der Themen im Schnittfeld von kognitiver Anthropologie und

kulturvergleichender Denkpsychologie, das in den vergangenen Jahrzehnten eine gewisse

Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Unter „abstraktem“ Denken wird dabei die Bildung

von und das Operieren mit Begriffen gemeint, die ihrer konkret-anschaulichen Eigenschaften

entkleidet worden sind. Wie bereits oben erwähnt, gab es in der Anthropologie des 20.

Jahrhunderts gewichtige Strömungen, die den „Unzivilisierten“ die Befähigung zum

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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abstrakten Denken absprachen, eine These, die in einer Anzahl sorgfältiger Studien empirisch

überprüft wurde. Mittlerweile scheint sich zu dieser Frage eine Art Konsens herausgebildet zu

haben (Bock, 1999; Valsiner, 2000; Van de Vijver & Willemsen, 1993), der hier in drei

knappen Punkten zusammengefasst werden soll:

1) Menschen in allen Kulturen verwenden komplexe kognitive Strategien um

Probleme, die in ihrem Kontext bedeutsam sind, zu lösen. Dies wurde

beispielsweise für das Vorgehen beim Malan-Spiel der liberianischen Kpelle

ebenso gezeigt (Cole et al., 1971) wie für Menschen, die in amerikanischen

Molkereien Milchbestellungen zusammenstellen (Scribner, 1984). Dabei können

erhebliche Abstraktionsleistungen beobachtet werden, wenn sie funktional

notwendig sind.

2) Die Übertragung dieser Strategien auf formal identische, aber abstrakt formulierte

Aufgaben fällt den Menschen dagegen häufig sehr schwer (Childs & Greenfield,

1980), wobei diese Schwierigkeiten keine besondere Spezialität sog. „primitiver

Kulturen“ zu sein scheinen (Scribner, 1984).

3) Abstraktions- und Transferleistungen scheinen vielmehr in erheblichem Ausmaß

von der formalen Schulbildung abhängig zu sein. Dabei ist weniger die schlichte

Schreib- oder Rechenfähigkeit wichtig (Berry & Bennett, 1991), als vielmehr der

Erwerb kognitiver Strategien zum Umgang mit symbolischen Repräsentationen,

wie sie in allgemeinen Transformationsregeln und Algorithmen verschiedenster

Fächer gelehrt werden. (Rogoff, 1981; Scribner & Cole, 1973). In ihrer

Überblicksarbeit zur kognitiven Entwicklung betont Gauvain (2000, S. 169-170) in

diesem Zusammenhang besonders die Rolle der Teilhabe von Kindern an den

Problemlöseaktivitäten von Erwachsenen. Von anderen Autoren (Strohschneider &

Güss, 1998, 1999) wird zusätzlich die Erfahrungsvielfalt als wesentliche

Voraussetzung für die Entwicklung transferierbarer Problemlösemethoden betont.

Abstraktes Denken ist auch ein wesentliches Element der kognitiven

Entwicklungstheorie Piagets, das nach seinem Stufenmodell zentrales Merkmal der Phase der

„formalen Operation“ ist. Piagets Theorie gab Anlass zu einer kaum überschaubaren Fülle

empirischer Untersuchungen, die sich mit der Angemessenheit der Stufenvorstellung, der

universellen Gültigkeit der Theorie und dem Problem der „Verschiebung“ (décalage –

Ungleichzeitigkeit eines Entwicklungsfortschritts in verschiedenen Sachgebieten) beschäftigt

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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haben. Die Erkenntnislage scheint jedoch nach wie vor nicht eindeutig zu sein, Übersichten

dazu liefern Dasen (1994), Laurenco und Machado (1996), Oesterdiekhoff (1991) und

Tryphon und Vonèche (1996). Diese Debatte kann hier nicht ausführlich nachvollzogen

werden, ein Beispiel soll jedoch die Problematik verdeutlichen. Eine der klassischen

Aufgaben, deren Lösung Piaget in der Phase des konkret-operationalen Denkens im Alter von

etwa 9 Jahren erwartet, ist die Wasserspiegel-Aufgabe. Auf der einen Seite zeigt sich, dass

selbst 17-40% US-amerikanischer College-Studenten nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu

lösen (Wittig & Allen, 1984), auf der anderen Seite gibt es konsistente Nachweise einer

Überlegenheit chinesischer Kinder und Jugendlicher bei Aufgaben dieses Typs (Li &

Shallcross, 1992). Li, Nuttall und Zhao (1999) vergleichen die Leistungen von chinesischen

und US-amerikanischen College-Studenten in einer Papier-Bleistift-Version dieser Aufgabe

und können Belege dafür finden, dass diese Überlegenheit damit zu tun haben könnte, dass

durch die Verwendung des chinesischen Schriftsystems ein besonders differenzierter Umgang

mit räumlichen Relationen gelernt wird, der bei der Lösung helfen könnte (vgl. dazu auch

Cai, 2000).

Während damit ein Argument ins Feld geführt wird, das die Bewältigung einer

konkreten Anforderung weniger an das Piaget’sche Stufenmodell als vielmehr an konkrete

sozio-kulturelle Entwicklungsbedingungen bindet, finden sich bei Slone, Tredoux und

Bokhorst (1996) Belege für eine universalistische Position. Die Autoren untersuchen

décalage-Effekte an Hand der Entwicklung der Erklärungskonzepte für Hitze und Kälte bei

Kindern dreier ethnischer Gruppen in Südafrika und kommen zu dem Ergebnis, dass es zwar

solche Verschiebungseffekte gibt (die für die orthodoxe Piaget’sche Theorie an sich schon ein

Problem darstellen), dass diese aber in allen untersuchten Kulturen so ähnlich verlaufen, dass

ein reiner Sachgebietsansatz nicht gerechtfertigt ist.

Bereits diese beiden Arbeiten deuten an, welche entscheidende Rolle den Methoden zur

Erfassung des abstrakten Denkens im kulturvergleichenden Kontext zukommt. Sobald die

Untersuchungsaufgaben Erfahrungen erfordern, die nicht in allen Vergleichskulturen

vorhanden sind (wie z.B. der Umgang mit Glasflaschen oder Pendelwaagen), ist es

experimentell nur schwer möglich, „kognitive Operation“ und „Erfahrungswissen“ analytisch

zu trennen. Es ist zu erwarten, dass die Auseinandersetzung um die interkulturelle Gültigkeit

der Theorie des formalen Denkens sensu Piaget erst dann konstruktiv weitergeführt werden

kann, wenn diese untersuchungsmethodischen Probleme gelöst sind.

4.2 Vigilanz – Vermeidung – Hypervigilanz

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Auf einem ganz anderen methodischen Ansatz, nämlich Fragebögen und Interviews, basiert

der Versuch einer universalen Stilklassifikation, der von der Gruppe um Radford und Mann

(Mann, Burnett, Radford & Ford, 1997; Mann et al., 1998; Radford, Mann, Ohta & Nakane,

1993) entwickelt wurde und zu einer größeren Zahl kulturvergleichender Untersuchungen

Anlass gegeben hat. Das Modell geht davon aus, dass Problemlösen und Entscheiden

universelle Anforderungen sind, auch wenn sich die jeweiligen Inhalte und

Rahmenbedingungen (z.B.: Wo bekommt man Informationen und Ratschläge her? Werden

Entscheidungen primär individuell oder in Gruppen getroffen? Welche Freiheitsgrade im

Entscheiden hat der Einzelne in welchen Bereichen?) unterscheiden mögen. Es werden drei

grundlegende Stile unterschieden, die in allen Kulturen beobachtbar sein sollen (zur Kritik

des universellen Anspruchs der Konflikttheorie s. Stewart, 1985):

− Vigilanz: Kennzeichen dieses Stils sind gründliche Informationssuche und möglichst

objektive Informationsbewertung sowie die rationale Analyse der

Entscheidungsalternativen.

− Defensive Vermeidung: Dieser Stil beschreibt die Flucht vor der Entscheidung durch

Verzögerung, Verantwortungsdelegation und Wunschdenken.

− Hypervigilanz: Das krampfhafte, impulsive, bisweilen panikartige Suchen nach

Auswegen aus dem Entscheidungskonflikt; die Tendenz, die erstbeste Alternative zu

wählen, um dem Stress zu entfliehen.

In der Fragebogenstudie von Mann et al. (1998) wurden die Konfliktlösungsstile bei

Studenten aus den USA, Australien und Neuseeland (individualistische Kulturen) sowie

Japan, Hongkong und Taiwan (kollektivistische Kulturen) miteinander verglichen. Dabei

zeigte sich, dass „Vigilanz“ der in allen sechs Kulturen gleichermaßen bevorzugte

Problemlösungsstil war. Kulturunterschiede ergaben sich hinsichtlich der Präferenz für

„Verzögerung“ und „Verantwortungsdelegation“ (als Aspekte der „defensiven Vermeidung“)

als auch bei der „Hypervigilanz“: Die Probanden aus den kollektivistischen asiatischen

Kulturen erreichten hinsichtlich dieser Stile bzw. Stilaspekte höhere Werte.

Ähnliche Befunde berichten Chu et al. (1999) sowie Radford et al. (1993). In der

letztgenannten Arbeit wird außerdem wahrscheinlich gemacht, dass das „Selbstvertrauen bei

Entscheidungen“ (decisional self-esteem) sowohl bei japanischen (kollektivistischen) als auch

bei australischen (individualistischen) studentischen Probanden positiv mit dem vigilanten

und negativ mit dem hypervigilanten und dem vermeidenden Stil korreliert ist.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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In einer Studie von Brew, Hesketh und Taylor (2001), in der konkrete

Entscheidungsdilemmata als Untersuchungsmaterial verwendet werden, wird dieses generelle

Befundmuster (kaum Unterschiede beim vigilanten Stil, deutliche Präferenzen für

Hypervigilanz und Vermeidung bei chinesischen Respondenten) auf einen übergeordneten

Problemlösestil zurückgeführt, den die Autoren „interdependenten Stil“ nennen. Diese

Verbindung von Werthaltungen und Denkstilen wird von Kühnen, Hannover und Schubert

(2001) theoretisch fundiert analysiert. Die Autoren unterscheiden in Anlehnung an die

Arbeiten zum Selbstkonzept von Markus und Kitayama (1991) zwischen dem

„kontextabhängigen“ und dem „kontextunabhängigen“ Denkstil. Es wird ein zweistufiger

Mechanismus vorgeschlagen, der die Unterschiede zwischen dependentem (abhängigem) und

interdependentem (unabhängigem) Selbstkonzept erzeugen soll: Zunächst werden durch das

Selbstkonzept bestimmte Wissensinhalte präaktiviert, die sich entweder auf das autonome

Individuum oder auf seinen sozialen Kontext beziehen. Daraus sollen unterschiedliche

Denkmodi resultieren – entweder die Analyse des Reizmaterials „wie es ist“, oder samt seines

(hinzugedachten) Kontexts – es variiert also das Ausmaß an Kontextbezug der

Informationsverarbeitung. Methodisch basieren die Arbeiten von Kühnen et al. (2001) auf

Priming-Techniken, mittels derer bestimmte Wissensinhalte präaktiviert werden. In

(monokulturellen) Untersuchungen mit studentischen Probanden kann in der Tat gezeigt

werden, dass durch ein Priming „abhängiger“ oder „unabhängiger“ semantischer Inhalte die

Performanz im „Embedded Figures Test“ beeinflusst werden kann. Dieses Modell harrt zwar

noch seiner interkulturellen Prüfung, ist aber weiterführend, weil es versucht, die psychischen

Mechanismen anzugeben, durch die Kulturunterschiede im offenen Verhalten entstehen.

4.3 Analytischer versus vorbild-orientierter Stil

In der Diskussion um die Besonderheiten der Psychologie des chinesischen

Entscheidungsverhaltens beschreiben Yates und Lee (1996) einen besonderen chinesischen

Problemlösestil, den sie „vorbild-orientiert“ („folk precedent matching“) nennen. Sie gehen

von einem handlungstheoretischen Dreistufenmodell aus, demzufolge Handeln entweder

automatisch, regelbasiert oder problemlösend-analytisch gesteuert wird. Die westliche

Entscheidungsforschung setze die problemlösend-analytische Steuerungsebene als den

Regelfall voraus, während sich chinesische Entscheider bevorzugt auf der regelbasierten

Ebene bewegen würden: Wenn sie mit einem unbekannten Problem konfrontiert werden,

besteht der erste – und oft genug zielführende – Schritt darin, nach vorbildhaften

Entscheidungen zu suchen, die sich auf den vorliegenden Fall übertragen lassen. Als

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Vorbilder kommen Ereignisse aus der persönlichen Biographie, aber auch aus überlieferten

Geschichten, Klassikern der Kultur- oder Militärgeschichte und anderes in Frage. Dieses

Vorgehen hat den Vorteil, dass es – im Vergleich zum analytischen Stil – relativ sparsam ist

und darauf basierende Entscheidungen nach außen leicht zu vertreten bzw. zu rechtfertigen

sind, solange die Vorbilder mit ihren Entscheidungen Erfolg hatten. Weber, Tada und Blais

(1999) erweitern diesen Ansatz zu einem allgemeinen Modell das fünf grundlegende

Entscheidungsstile postuliert:

1) Analytisches oder Kosten-Nutzen-orientiertes Entscheiden: „rational“, um

objektive Informationen bemüht, verschiedene Alternativen evaluierend.

2) Fallbasiertes Entscheiden: Das Entscheidungsproblem wird einer bestimmten

Kategorie von Problemen zugeordnet und dann die für diese Kategorie gültige

Vorgehensweise durchgeführt. Die Kategorien selbst können aus verschiedenen

Quellen stammen, z.B. aus beruflichen Routinen, aus sozial geteilten Stereotypen,

aus Vorbildern aus der Vergangenheit oder auch fest mit sozialen Rollen verknüpft

sein.

3) Argumentatives Entscheiden: Der Entscheidungsprozess besteht im Wesentlichen

aus einem Austausch von Argumenten (entweder internal, z.B. bei

Willensprozessen, oder real zwischen Gesprächspartnern).

4) Emotionsbasiertes Entscheiden: Die Entscheidung ergibt sich als „ganzheitlich-

affektive Reaktion“ auf eine bestimmte Situation.

5) Ereignis-schema- basiertes Entscheiden: Im Entscheidungsprozess werden

Szenarios darüber entwickelt, was die langfristigen Konsequenzen der

verschiedenen Entscheidungsalternativen sein könnten.

Systematische kulturvergleichende Untersuchungen zu dieser Stilklassifikation gibt es

bislang nicht, sie dürften auch schwer zu realisieren sein. Da verschiedene

Kontextdimensionen vermischt sind (individuelle versus soziale Entscheidungssituationen;

kognitive Prozesse im engeren Sinne versus „ganzheitliche“ Perspektive) ist kaum vorstellbar,

wie ein valides Untersuchungs- oder Beobachtungsinstrument aussehen sollte. Auf der

anderen Seite ist vielleicht gerade die Komplexität des Ansatzes eine Stärke, die es erlaubt,

Befunde, die in verschiedenen Kulturen mit unterschiedlichen Methoden erhoben wurden, zu

integrieren. Mit dieser Intention jedenfalls scheinen Weber et al. (1999) ihr Konzept zu

diskutieren wenn sie betonen, dass ein konkreter Entscheidungsstil im Wertekontext der

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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jeweiligen Kultur funktional sein muss (S. 47). Es ist zu erwarten, dass mit dem

„vorbildorientierten“ bzw. fallbasierten Stil ein Konzept in die kulturvergleichende

Problemlöseforschung eingeführt wurde, dessen Anwendbarkeit keineswegs auf China

beschränkt bleiben muss (vgl. den Typus des für Indien typischen „Passungsproblems“ bei

Strohschneider, 2001).

4.4 Östliches versus westliches Denken

Immer wiederkehrende Aufmerksamkeit ziehen die (scheinbaren) Unterschiede zwischen

„östlichem“ und „westlichem“ Denken auf sich, wenn sie auch nur selten zum Gegenstand

kritischer empirischer Studien gemacht wurden. Eine Ausnahme davon stellen die

Untersuchungen von Choi, Nisbett, Norenzayan und anderen dar, die sich zumindest mit

indirekten Methoden denkpsychologischen Ost-West-Unterschieden widmen. So konnten

Choi, Nisbett und Smith (1997) zeigen, dass für Menschen aus östlich- kollektivistischen

Kulturen beim induktiven Schließen die Verfügbarkeit sozialer Kategorien deutlich erhöht ist,

was sich bei Entscheidungen unter Unsicherheit dahingehend auswirkt, dass Informationen

aus dem sozialen Sektor stärker gewichtet werden als andere. Diese „Zugänglichkeits-These“

(accessability hypothesis) wird mittlerweile von verschiedenen Autoren vertreten (so Hong,

Morris, Chiu & Benet-Martinez, 2000; Kühnen et al., 2001) und als Erklärung für kulturelle

Unterschiede bei solchen Denkprozessen favorisiert, die im Wesentlichen aus dem Abruf von

Wissensinhalten bestehen.

In einer Arbeit von 1999 vertreten Peng und Nisbett die These, dass sich europäisch-

amerikanisches Denken durch eine quasi-aristotelische Grundstruktur auszeichne. Beim

Umgang mit widersprüchlichen Informationen oder inkompatiblen Entscheidungsalternativen

resultiert das in einer Tendenz, die konkurrierenden Planungen, Perspektiven oder

Behauptungen solange mit Informationen anzureichern und ihre Gegensätzlichkeit solange zu

polarisieren, bis sich eine davon als klar überlegen, „wahr“ oder „richtig“ herausstellt. Die

Grundstruktur des chinesischen Denkens bezeichnen sie demgegenüber als „dialektisch“, weil

es einem Modell folgt, das angesichts von (scheinbaren) Widersprüchen annimmt, dass beide

Positionen ein Element der Wahrheit in sich tragen. Der Denkprozess ist darauf gerichtet, die

Widersprüchlichkeit zu überwinden oder auch zu ertragen, indem die

Anwendungsbedingungen spezifiziert werden (s.a. Peng, 1997; sowie Ramanujan, 1989, für

eine indische Perspektive).

In einer Serie von Studien mit unterschiedlichem Material können Peng und Nisbett

(1999) zeigen, dass chinesische Probanden in der Tat dialektische Formen des

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Argumentierens („dialektisch“ im eben beschriebenen Sinn) deutlich gegenüber nicht-

dialektischen Formen bevorzugen. Bei amerikanischen Probanden zeigt sich dagegen das

umgedrehte Präferenzmuster. Einschränkend muss hier allerdings festgehalten werden, dass

die Autoren keine Denkprozesse untersucht haben, sondern Präferenzen für

Argumentationsmuster, was keinesfalls einander gleichgesetzt werden darf (zur Kritik dieses

Modells s. Ho, 1999 und Lee, 1999).

Neben dem Umgang mit Widersprüchen sind Dependenzanalysen ein wichtiges

Arbeitsfeld des Denkens. Dependenzanalysen sollen die Frage beantworten, warum ein

bestimmtes Ereignis X eingetreten ist. In der Sozialpsychologie ist in diesem Zusammenhang

der sog. „fundamentale Attributionsfehler“ bekannt geworden, demzufolge Menschen dazu

neigen, die Handlungen anderer auf deren Persönlichkeit zurückzuführen, ihre eigenen aber

auf situative Umstände (Jones & Harris, 1967). Aus der empirisch wiederholt belegten

Tatsache, dass der fundamentale Attributionsfehler in asiatischen Kulturen kaum oder gar

nicht beobachtet werden kann (s. z.B. Choi, Nisbett & Norenzayan, 1999; Morris & Peng,

1994) schließen Norenzayan und Nisbett (2000; Nisbett, Peng, Choi & Norenzayan, 2001) auf

einen generellen Ost-West-Unterschied im Umgang mit Kausalität, den sie im einen Fall (in

selten unglücklicher Wortwahl) als „analytisch“ bezeichnen, im anderen als „holistisch“.

Nach dem analytischen Kausalitätsbegriff werden Objekte auf Grund ihrer Eigenschaften

kategorisiert und ihr Verhalten wird anschließend mit Referenz auf ihre

Kategorienzugehörigkeit erklärt. Der holistische Kausalitätsbegriff „analysiert“

demgegenüber das Objekt hinsichtlich seiner Relationen zum umgebenden Feld und nutzt

dann diese Relationen zur Ereigniserklärung (s.a. Lloyd, 1996; Peng & Nisbett, 1996; sowie

zusammenfassend Nisbett, 2003).

4.5 Stilunterschiede ost- und westdeutschen Denkens

Mit „Ost-West-Unterschieden“ muss nicht nur der Gegensatz Europa/Nordamerika – Asien

gemeint sein. Die Autoren einer von Strohschneider (1996a) herausgegebenen Monographie

beschäftigen sich mit den Folgen der deutschen Teilung auf individuelle Denkprozesse. Wenn

man bereit ist, den damit implizierten Zynismus zu ertragen, kann man die deutsche Teilung

als gigantisches Experiment betrachten, das es erlaubt, die Auswirkungen bestimmter

kultureller Veränderungen auf verschiedene abhängige Variable zu analysieren (vgl. dazu

auch Trommsdorff, 1994). Ausgehend von Alltagsbeobachtungen wurde eine Serie von

kognitionspsychologischen Vergleichsuntersuchungen konzipiert, bei der verschiedene

unabhängige Stichproben beim Umgang mit ganz unterschiedlichen Problemstellungen

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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beobachtet wurden. Die Ergebnisse erlauben den Schluss, dass die weltanschaulichen,

soziopolitischen und gesellschaftlichen Unterschiede zwischen den beiden deutschen

Teilstaaten zu einer Bevorzugung unterschiedlicher Formen des Denkens geführt haben.

Strohschneider (1996b) konzipiert sie als unterschiedliche Stile des Umgangs mit

Unbestimmtheit:

Die von ostdeutschen Probanden bevorzugte Denkmethode bezeichnet er als „deduktiv-

analytischen Stil“: Grundlage des Denkens ist ein deterministisches Weltbild mit der

Annahme, dass Probleme lösbar sind, wenn man auf analytischem Wege zu ihren

grundlegenden Prinzipien vorgedrungen ist. Betont werden daher Denkprozesse wie Analyse,

Suchraumeinengung und Planung mit dem Ziel des Wissenserwerbs und Verständnisgewinns.

Maßnahmen zur Veränderung des Problems werden aus diesen Erkenntnissen abgeleitet, die

einleitend festgelegte Planung wird nur ungern revidiert. Die gesamte Vorgehensweise ist

sorgfältig und gründlich. In geschlossenen, analytisch durchdringbaren Pro blemräumen

resultiert eine ausgesprochene Findigkeit. Beim Versuch, Probleme gemeinsam mit anderen

zu lösen, wird die Gruppe zur wichtigen Sicherheitsquelle. Störungen des Gruppenkonsenses

sind daher bedrohlich und werden vermieden.

Die von den westdeutschen Probanden bevorzugte Denkmethode wird demgegenüber

als „induktiv-essayistisch“ charakterisiert. Grundlage des Denkens ist hier ein vielschichtiges

Weltbild auf dessen Basis man annimmt, dass manche Probleme lösbar sind, andere dagegen

nicht. Es gibt keine Suche nach allgemeinen Lösungsprinzipien, sondern man orientiert sich

am Auffälligen und Dringlichen. Betont werden kreative, suchraumerweiternde Prozesse

sowie das Handeln nach Versuch und Irrtum mit dem Ziel, die wichtigsten

Unzulänglichkeiten der Situation abzustellen. Die Maßnahmen zur aktiven Veränderung der

Problemlage werden nicht aus einem übergreifenden Plan abgeleitet, sondern ad hoc kreiert.

Es gibt deshalb weniger Beharren auf Prinzipien, die Vorgehensweise ist eher adaptiv,

erscheint flexibel – oft aber auch oberflächlich, man verliert bei Misserfolgen schnell die Lust

und zeigt nur geringe Anstrengungsbereitschaft. Beim Versuch, Probleme gemeinsam mit

anderen zu lösen, wird die Gruppe schnell zur Arena für Konkurrenzkämpfe. Man versucht,

die eigene Sichtweise der Dinge, eigene Lösungsideen durchzusetzen. Die resultierenden

Streitigkeiten kosten Zeit und erzeugen Unzufriedenheit, verringern aber die

Wahrscheinlichkeit dafür, dass wichtige Aspekte übersehen werden (s. dazu auch Abschnitt

5.).

Diese Beschreibung zweier Denkstile lässt sich in Beziehung setzen zur Gewissheits-

versus Ungewissheitsorientierung wie sie Huber (1993) als generelle kognitiv- motivational-

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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emotionale Haltung der Welt gegenüber diskutiert. Im Bezug auf das Problemlösen betrifft

diese Unterscheidung vor allem den Umgang mit Information, genauer die Dauer und

Ausrichtung der analytischen Phase. In einer deutsch-deutschen Vergleichsuntersuchung aus

den frühen 90er Jahren (Huber, 1993) erweisen sich Westdeutsche in der Tat als stärker

ungewissheitsorientiert, Ostdeutsche als stärker gewissheitsorientiert.

Natürlich sind derartige Unterschiede keine einander ausschließenden Gegensätze,

sondern Präferenzen, die sich in ihren jeweiligen kulturellen Kontexten nach funktionalen

Kriterien entwickelt haben. Strohschneider (1996b) spekuliert in diesem Zusammenhang über

die Rolle unterschiedlicher didaktischer Konzeptionen. So dominiere im früheren

Westdeutschland (vor allem im außerschulischen Bereich) eine „heuristische Didaktik“, eine

Lehrmethode, die die Suche nach brauchbaren Lösungen in den Vordergrund stellt. In der

DDR dagegen dominierte in allen Sozialisationsbereichen eine Didaktik (in Erinnerung an

Luthers Katechismus als „katechetische Didaktik“ bezeichnet), die auf der Basis einer

axiomatisch geschlossenen Weltanschauung lehrte, Lösungen für alle Probleme aus wenigen

Prämissen zu deduzieren (vgl. Erpenbeck & Weinberg, 1993).

Die empirischen Arbeiten, die diesem Modell zugrunde liegen, sind explorativ angelegt,

weshalb das Theorie-Datenverhältnis erheblich lockerer ist, als es eigentlich wünschenswert

wäre. Dennoch ist mit dieser Untersuchungsserie die Möglichkeit eröffnet, durch

Replikationsstudien die Frage zu behandeln, wie schnell kultureller Wandel (in diesem Fall

im Osten Deutschlands in Folge der Wiedervereinigung) zu einer Angleichung auch der

Denkstile führt.

4.6 Erklärungsansätze in der kulturvergleichenden Problemlösestilforschung – Eine

zusammenfassende Übersicht

Der einleitend beschriebene Zustand der scheinbaren Beliebigkeit von Stilkonzepten

unterschiedlichen Überlappungsgrades ist sicherlich dafür verantwortlich, dass das

Stilkonzept in der kulturvergleichenden Problemlöseforschung nicht den Raum einnimmt, den

es von seinen theoretischen Möglichkeiten her einnehmen könnte (Berry, 1999). Ein positiver

Aspekt ist zweifellos, dass Stile das „wie“ einer Entscheidung oder eines

Problemlöseprozesses beschreiben und Fragen der Wertung vermeiden. Man kann in

Anlehnung an Hill et al. (2000, S. 287f.) immerhin versuchen, in all dem „Stilrauschen“

einige (sicherlich nicht disjunkte) Kategorien zu identifizieren, die für die kulturvergleichende

Psychologie relevant sind. Es dürfte sich dabei um die Folgenden handeln:

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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− Ausmaß der Beachtung kontextueller Variablen (sowohl des sozialen Kontexts als

auch des intrapsychischen Kontexts) bei der Entscheidung/Problemlösung;

− Ausmaß der Geschwindigkeit und Gründlichkeit bei der Informationsverarbeitung,

Bewertung von Alternativen und Entscheidung;

− Analysierend-zergliedernde versus ganzheitliche Aufnahme und Verarbeitung von

Information;

− Bevorzugung symbolisch-abstrakter versus visuell-anschaulicher, konkreter

Repräsentationen;

− Bevorzugung induktiver versus deduktiver Schlussprozesse;

− Ausmaß der Beachtung von Vorbildern und Modellen (versus idiosynkratische

Lösungen);

− Ausmaß der Suche nach der „einen“, der „richtigen“ Lösung versus dialektisches

„sowohl – als auch“ oder „je nachdem“.

Was die theoretischen Vorstellungen zur Genese solcher Stile betrifft, so bestätigt sich

auch hier der öfter schon bemerkte Mangel an differenzierten Modellen. Neben dem

(kulturellen) Individualismus/Kollektivismus, der sich im Ausmaß problemlöserischen

Selbstvertrauens sowie in der Neigung zur Berücksichtigung der kontextuellen Einbettung

eines Problems niederschlagen soll, werden von verschiedenen Autoren Aspekte genannt, die

mit Bildung zu tun haben. So wird vermutet, dass das Ausmaß formaler Bildung ebenso wie

die Erfahrungsvielfalt die Neigung zum abstrakten Denken fördert, dass offene

Unterrichtsmodelle (im Gegensatz zu repetitiven) induktive Formen des Problemlösens

fördern, sowie dass konkrete Lehrplanunterschiede z.B. die Nutzung visueller Vorstellungen

beim Problemlösen förderlich oder hi nderlich sind.

Außerdem scheint natürlich die allgemeine Natur der Lebensumstände die Präferenz für

bestimmte Problemlösestile zu beeinflussen. Dies ist der Kerngedanke der „Zugänglichkeits-

Hypothese“, die letzten Endes nichts anderes besagt, als das im Falle von Unbestimmtheit

bekannte und vertraute Informationen verstärkt berücksichtigt werden – seien dies nun

Informationen über soziale Dimensionen des Problems, über seine Entstehungsgeschichte

oder über prototypische Lösungen, die aus der oralen und schriftlichen Tradition der Kultur

überliefert sind.

5. Strategien des Problemlösens im sozialen Kontext

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

27

Bisher wurden kulturvergleichende Untersuchungen betrachtet, die formale Aspekte des

Problemlösens und Entscheidens in den Vordergrund rückten, ohne dass dabei die inhaltliche

Seite der untersuchten Probleme besonders thematisiert wurde. Die in diesem Abschnitt zu

diskutierenden (im weitesten Sinne) sozialpsychologisch ausgerichteten Forschungsansätze

betonen demgegenüber die inhaltliche Seite, indem sie sich mit den verschiedensten Facetten

des Umgangs mit Problemen aus dem Bereich der sozialen Interaktion beschäftigen.

Theoretische Leitkonzepte sind die Ziele, die Menschen in ihren sozialen Interaktionen

verfolgen und die Strategien (verstanden als allgemeine Klasse von Lösungsansätzen oder

Vorgehensweisen), die sie dabei benutzen. Einschlägige kulturvergleichende Untersuchungen

lassen sich drei unterschiedlichen Themengruppen zuordnen. Es handelt sich dabei um (a)

kulturelle Unterschiede beim (individuellen) Umgang mit interpersonalen Konflikten; (b) um

die kulturvergleichende Untersuchung des Problemlösens in Gruppen und (c) um die

Auswirkungen kultureller Homogenität bzw. Heterogenität auf das Problemlösen von

Gruppen. Während es sich bei Thema (a) um kognitiv inspirierte Sozialpsychologie handelt,

haben die Studien zu den anderen Themenbereichen häufig einen ausgeprägt

betriebswirtschaftlichen oder angewandt-psychologischen Hintergrund. Einschränkend ist

vorwegzuschicken, dass als Untersuchungsinstrumente Fragebogenverfahren dominieren,

deren Validität selten genauer dokumentiert ist.

5.1 Strategien der Bewältigung interpersonaler Konflikte

Ein Streit zwischen zwei Schulfreunden, eine Auseinandersetzung mit dem Ehepartner, ein

Konflikt mit der Vorgesetzten – all das qualifiziert sich für die Beteiligten als möglicherweise

sogar ernsthaftes Problem. Es gibt einen unbefriedigenden Ist-Zustand, es gibt verschiedene

Handlungsoptionen (z.B. den Streitgegner attackieren, den Streit aussitzen, sich fügen oder

eine konstruktiv-harmonische Lösung finden) mit unklarer Erfolgswahrscheinlichkeit und es

gibt verschiedene Zielvorstellungen, z.B. die eigenen Interessen durchsetzen, den Streit

beenden oder auch den Gegner nicht weiter verärgern. Schon auf jeder vorwissenschaftlichen

Ebene ist klar, dass sich Menschen verschiedener Kulturen sowohl in der Art ihres Streitens

wie auch in den Zielen, die sie dabei verfolgen unterscheiden und es ist deshalb nahe liegend,

dieses Thema zum Gegenstand kontrollierter Vergleichsstudien zu machen.

Seit geraumer Zeit werden Befunde berichtet, dass Menschen aus individualistischen

Kulturen in interpersonalen Konfliktsituationen dazu neigen, konfrontierende Strategien zu

bevorzugen, während Menschen aus kollektivistischen Kulturen eher zu ausgleichenden oder

vermeidenden Strategien tendieren (Burgoon, Dillard, Doran & Miller, 1982; Hirokawa &

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Miyahara, 1986; Trubisky, Ting-Toomey & Lin, 1991). Als Ursache für diesen Unterschied

werden auf der einen Seite generelle kulturelle Werte (Individualismus – Kollektivismus,

Machtdistanz, Harmonie) diskutiert, auf der anderen Seite aber auch konkrete

Verhaltensnormen und die dazugehörigen sozialen Institutionen wie z.B. Wettbewerbe,

Parlamente, usw. (Peterson, Miranda, Smith & Haskell, 2003).

Ein Vergleich der konkreten Streitziele und Streitstrategien von Japanern und US-

Amerikanern war Gegenstand einer umfangreichen Serie von Studien des japanischen

Psychologen Ohbuchi (Ohbuchi, Fukushima & Tedeschi, 1999; Ohbuchi & Takahashi, 1994;

Ohbuchi & Tedeschi, 1997). Auch diese Autoren machen die mit „Kollektivismus“ bzw.

„Individualismus“ assoziierten Kulturunterschiede für unterschiedliche Vorgehensweisen

beim Umgang mit interpersonalen Konflikten verantwortlich. Es wird vermutet, dass die

konkreten Ziele, die jemand in einer Konfliktsituation anstrebt, Reflexion übergreifender

kultureller Werte sind. Fukushima und Ohbuchi (1996) unterscheiden (auf

faktorenanalytischer Basis) verschiedene Zielkatego rien, nämlich (a) „Ressourcen“ (dazu

zählen „ökonomische Ressourcen“ und „persönliche Ressourcen“ wie Privatheit oder

Handlungsfreiheit) und (b) „soziale Ziele“. Unter diese Kategorie fallen „Beziehung“ (eine

positive Beziehung zur anderen Konfliktpartei aufrecht erhalten oder erreichen),

„Feindschaft“ (den Konfliktgegner beherrschen oder verletzen), „Gerechtigkeit“ (Fairness und

sozialen Ausgleich wieder herstellen) und „Identität“ (Selbstwertgefühl und soziales Ansehen

schützen). Gemeinsam mit dominanten kulturellen Werten sollen nun die Ziele, die in einem

spezifischen Konflikt verfolgt werden, Einfluss auf die Wahl einer Konfliktlösungsstrategie

nehmen. Ohbuschi und Tedeschi (1997) schlagen die folgende Klassifikation von Strategien

vor:

a) Versöhnung („conciliation“): Die Konfliktpartei versucht, einen Ausgleich

zwischen den verschiedenen Interessen herzustellen („integration“) und negative

Emotionen zu dämpfen („appeasement“).

b) Behauptung („assertion“): Man versucht, seine eigenen Interessen deutlich zu

machen, den Konfliktgegner zu kritisieren, seinen Ärger deutlich zu machen und –

wenn möglich – Zwang auszuüben.

c) Vermeidung („avoidance“): Jede offene Auseinandersetzung wird vermieden und

die Konfliktpartei übt sich in strikter Selbstkontrolle.

d) Mediation („third-party-intervention“): Die Konfliktgegner suchen Rat und Hilfe

durch eine unbeteiligte dritte Partei.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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In der Studie von 1999 vermuten Ohbuchi et al., dass Japaner in sozialen Konflikten

mehr Beziehungsziele, aber weniger Ressourcenziele und weniger „Gerechtigkeit“ anstreben

als US-Amerikaner. Was die Konfliktlösungsstrategien betrifft, so wird zwar generell

erwartet, dass Japaner verstärkt „Versöhnung“ und „Vermeidung“ einsetzen und weniger

„Behauptung“, die Autoren differenzieren diese allgemeine Hypothese jedoch im Hinblick auf

die Konfliktziele: So sollen Beziehungsziele nur bei Japanern, nicht aber bei US-Amerikanern

mittels „Versöhnung“ und „Vermeidung“ angegangen werden, während „Gerechtigkeit“ und

„Ressourcenziele“ bei US-Amerikanern assertive Strategien motivieren, nicht jedoch bei

Japanern.

Diese Hypothesen konnten durch eine Fragebogenstudie mit amerikanischen und

japanischen Studierenden als Teilnehmer bestätigt werden. Die Versuchspersonen wurden

aufgefordert, sich an selbsterlebte soziale Konflikte zu erinnern und ihre Ziele, ihre

Vorgehensweise und den Grad der Zielerreichung zu kategorisieren bzw. einzuschätzen. US-

amerikanische Studenten verfolgten in ihren Konflikten „Gerechtigkeitsziele“ mit weitem

Abstand vor „Beziehungszielen“, bei den japanischen Studierenden war dieses Verhältnis

genau umgedreht. „Ökonomische Ressourcen“ nahmen (angesichts der Stichprobe wenig

überraschend) in beiden Gruppen den letzten Platz ein. Was die Strategien betrifft, so war bei

den japanischen Probanden „Vermeidung“ mit weitem Abstand die häufigste Vorgehensweise

vor „Versöhnung“ und „Behauptung“. Die US-amerikanischen Probanden bevorzugten

„Behauptung“ und „Vermeidung“. In einem gewissen Ausmaß variierte auch die Beziehung

zwischen Zielen und Strategien interkulturell: So war z.B. die Assoziation zwischen einem

„Fein dschaftsziel“ und einer assertiven Vorgehensweise in der US-amerikanischen Stichprobe

enger.

Einen vergleichbaren Ansatz verfolgen Haar und Krahé (1999) in einer deutsch-

indonesischen Vergleichsuntersuchung zu den Strategien sozialer Konfliktbearbeitung in der

Adoleszenz. Die Autorinnen gehen davon aus, dass sich Unterschiede in Individualismus-

Kollektivismus auf das Harmoniestreben auswirken, welches wiederum die Wahl einer

Konfliktlösungsstrategie beeinflusst. Daneben führen sie die Unterscheidung von „high versus

low-context cultures“ (Ting-Tomey, 1985) in die Debatte ein. In „low-context-cultures“

kommunizieren die Menschen vor allem auf der Ebene der expliziten Gesprächsinhalte, was

konfrontative Vorgehensweisen nahe legen soll. Für Menschen aus „high-context-cultures“

dagegen ist der gesamte Kontext eines Konfliktes wesentlicher als die konkreten

Gesprächsinhalte, was zu eher passiven, nicht-konfrontativen Vorgehensweisen führen soll

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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(vgl. auch Krahé, 2001). Haar und Krahé (1999) arbeiten mit einer Strategie-Kategorisierung

von Putnam und Wilson (1982), die Konfrontation, lösungsorientiertes Vorgehen

(Kompromiss) und Submission unterscheiden.

Die Jugendlichen wurden mit drei unterschiedlichen Konfliktszenarios konfrontiert und

hatten sich für eine von drei Reaktionsmöglichkeiten zu entscheiden. Dabei ergaben sich je

nach Konfliktgegner unterschiedliche Ergebnisse. Im ersten Szenario (Konfliktgegner war

hier ein Lehrer) bevorzugten beide Gruppen den „Kompromiss“, in Szenario zwei ging es um

einen Freundschaftskonflikt – hier verteilten sich die Reaktionen der indonesischen

Stichprobe gleichmäßig über alle drei Alternativen, die deutsche Stichprobe bevorzugte die

Konfrontation. Das dritte Szenario betraf einen Konflikt mit dem Vater, dabei reagierten die

deutschen Probanden vor allem mit „Kompromiss“, teilweise auch mit „Konfrontation“, die

indonesischen dagegen überwiegend mit „Submission“. In ihrer Diskussion heben die

Autorinnen u.a. darauf ab, dass „Unabhängigkeit“ wohl nur für die deutschen Jugendlichen

eine zentrale Entwicklungsaufgabe darstellt, nicht aber für die indonesischen, was die

differentiellen Ergebnisse erklären könnte (vgl. zu den Auswirkungen kulturspezifischer

Erziehungsideologien auf den Umgang mit sozialen Konflikten auch Keltikangas-Järvinen &

Terav, 1996).

Während es bei den bislang zitierten Untersuchungen im Kern um die Auswirkungen

von Individualismus versus Kollektivismus auf die Konfliktlösungsstrategien ging, stehen die

anderen drei der ursprünglich vier Hofstede`schen Kulturdimensionen (Hofstede, 1991) im

Zentrum einer Untersuchung von Van Oudenhoven, Mechelse und De Dreu (1998). In der

Einleitung zu ihrer Fünf-Länder-Studie (mit Probanden aus Dänemark, Großbritannien, den

Nie derlanden, Spanien und Belgien) diskutieren sie die Auswirkungen von Unterschieden in

den Dimensionen „Unbestimmtheitsvermeidung“, „Machtdistanz“ und „Maskulinität-

Femininität“ auf das Konfliktmanagement im Kontext wirtschaftlicher Organisationen. Im

Rahmen einer Fragebogenstudie wurde das Verhalten bei Konflikten mit Mitarbeitern,

Kollegen und Vorgesetzten erfragt, wobei „konstruktive“ und „nicht-konstruktive“ Strategien

unterschieden wurden. Erwartet wurde, dass hohe Machtdistanz (prototypisch: Belgien)

insbesondere bei Konflikten mit Vorgesetzten zur Anwendung wenig konstruktiver Strategien

führt, während für „Femininität“ (Dänemark, Niederlande) „konstruktive“

Problemlösungsformen insbesondere im Umgang mit Kollegen erwartet wurden. Auf der

Ergebnisseite zeigte sich, dass beide Hypothesen bestätigt werden konnten. Eine dritte

Hypothese allerdings, die für „niedrige Unbestimmtheitsvermeidung“ (prototypisch:

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Dänemark) eher „konstruktive“ Strategien vorhersagte, konnte dagegen nicht bestätigt

werden.

Es lässt sich also am Ende dieses Abschnittes lediglich mit einer gewissen Vorsicht

festhalten, dass die vorliegenden Befunde dafür sprechen, dass kultureller Kollektivismus mit

einer Tendenz zusammenhängt, alltägliche, nicht-existenzielle soziale Konflikte versöhnlich

zu lösen oder gleich zu vermeiden, während kultureller Individualismus mit einer Tendenz zu

assertiven und konfrontativen Strategien korreliert. Während die Untersuchung von V an

Oudenhoven et al. (1998) Hinweise darauf liefert, dass daneben auch weitere kulturelle

Faktoren eine wichtige Rolle spielen können, verweist die lange Tradition allem

anthropologischer Studien zum Thema „Verteilungskonflikte“ (Übersichten bei Fischer &

Smith, 2003; Foddy, Smithson, Schneider & Hogg, 1999; Ostrom, 1990) auf die Bedeutung

ökonomischer Faktoren, wie z.B. die objektive Knappheit des Streitgegenstandes und seine

Produktionsform (Berman, Murphy-Berman & Singh, 1985). Daneben aber ist ein

interessantes Ergebnis der hier diskutierten Untersuchungen, dass die Ebene der „Strategien“

für die Untersuchung von Kulturunterschieden analytisch fruchtbar sein kann. Strategien sind

auf der einen Seite situationsbezogen und relativ verhaltensnah, auf der anderen Seite können

sie offenbar zu allgemeinen Klassen zusammengefasst werden, die allgemeinere Aussagen,

über einen spezifischen Verhaltensanlass hinaus, erlauben.

5.2 Problemlösen in Gruppen: Kollektive Prozessverluste?

Jede Untersuchung zum Thema „Problemlösen“ basiert auf einem bestimmten Bild vom

Menschen als Problemlöser. Viele denkpsychologische Untersuchungen aus dem westlichen

Kulturkreis sehen den Problemlöser als reflexiv-analytisches, mit großen

Handlungsvollmachten ausgestattetes, aber alleine vor sich hin grübelndes Wesen. Natürlich

ist dies ein kulturell einseitiges Bild, für Menschen aus vielen anderen Kulturen erscheint die

Vorstellung eines „einsamen Entscheiders“ als Prototyp menschlichen Problemlösens

geradezu absurd: „The idea of a ‚decision’ is a quintessentially Western idea, an act of hubris

to a believer in Eastern philosophy and a joke to the enlightened” (Howard, 1980, S. 1).

Dennoch bedurfte es offenbar einer Vielzahl ernüchternder bis offen katastrophaler

Erfahrungen in interkulturellen Arbeitsgruppen im Gefolge der zunehmenden Globalisierung

der Wirtschaft (s. z.B. Adler, 1991; Maznevski, 1994), um Problemlöseprozesse in Gruppen

zum Gegenstand der kulturvergleichenden Forschung zu machen. Die Grundfrage ist dabei

zunächst, ob die Form und der Ablauf gemeinschaftlicher Problemlöseprozesse mit

unterschiedlichen kulturellen Wertvorstellungen zusammenhängen. Ausgangspunkt der

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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meisten Studien ist die Beobachtung, dass sich Menschen aus kollektivistischen Kulturen

konformistischer verhalten als solche aus individualistischen Kulturen und dass für sie

harmonische Beziehungen zwischen den Mitgliedern einer Gruppe erheblich größere

Bedeutung haben (Hui & Triandis, 1986; March, 1991; Shenkar & Ronen, 1987). Beim

Problemlösen in Gruppen führt das zu etwas, was als „Prozessverlust-Hypothese“ bezeichnet

wird: „Kollektivistische Gruppen“ (dieser etwas merkwürdige Ausdruck durchzieht leider die

gesamte Literatur) beschäftigen sich intensiv mit der Beziehungsgestaltung (Nibler & Harris,

1994). Diese Schwerpunktsetzung kostet jedoch viel Zeit, die dann für die Beschäftigung mit

der „eigentlichen“ Aufgabe fehlt, was schlechtere Lösungen zur Folge hat.

„Individualistischen Gruppen“ dagegen ist die Gruppenharmonie gleichgültig, sie haben daher

mehr Zeit für die Bearbeitung der Aufgabe und erreichen bessere Lösungen. Kurz gesagt,

Individualisten und Kollektivisten verteilen die zur Verfügung stehenden Ressourcen anders

auf die beiden Themen „Gruppenprozess“ und „Aufgabenbearbeitung“.

Sehr deutlich wird diese Hypothese z.B. in einer Studie von Harris und Nibler (1998)

bestätigt. Die Autoren sind an einem Vergleich von Gruppen- und Einzelleistungen

interessiert, wobei sie für formelle (d.h. „echte“) Gruppen und informelle (d.h. kurzfristig

zusammengestellte) Gruppen unterschiedliche Effekte vermuten. Untersucht werden 5er-

Gruppen aus China und den USA. Untersuchungsaufgabe ist das als „Überlebensaufgabe“

bekannte Problem, bei dem eine Reihe von Gegenständen nach ihrer Bedeutung für das

Überleben in einer extremen Umwelt geordnet werden muss (Nemiroff & Pasmore, 1975).

Hierbei zeigt sich üblicherweise, dass die von Gruppen erstellten Rangreihen besser sind, als

die (vorher erstellten) individuellen Rangreihen der Gruppenmitglieder. Eine Gruppe gilt

dann als effektiv, wenn ihre Rangreihe besser ist als die individuelle der Mehrzahl der

Gruppenmitglieder. Erwartet wird, dass in China „echte“ Gruppen (n = 21) effektiver sind als

informelle (n = 42), während in den USA informelle Gruppen (n = 35) besser abschneiden

sollen als formelle (n = 36). Diese Erwartung wird bestätigt. Insgesamt erweisen sich die

Gruppen aus beiden Kulturen als effektiver als Individuen, jedoch haben US-amerikanische

informelle Gruppen (91% effektive Gruppen) und chinesische formelle Gruppen (86%

effektiv) die jeweils besten Ergebnisse. Außerdem zeigt sich der oben erwähnte Effekt, dass

chinesische Gruppen mehr Zeit brauchen, die Gruppe zu regulieren (Lösungszeit rund 25

Minuten), während sich die amerikanischen Gruppen schneller auf die Aufgabe konzentrieren

können (Lösungszeit rund 9 Minuten). Leider bleibt unklar, worin diese „Prozessverluste“

eigentlich genau bestehen – in einer Nachbefragung zeigt sich lediglich, dass die Chinesen

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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stärker darum bemüht waren, sich in der Gruppe in einer sozial angemessenen Weise zu

präsentieren.

Interessant ist dabei die Frage: Was ist eigentlich für wen das primäre Problem? Für die

amerikanischen Probanden ist es vielleicht tatsächlich die Überlebensaufgabe, für die

chinesischen besteht das Problem vermutlich darin, ein spannungsfreies Gruppenklima zu

erzeugen. In der Tat können Misumi und Peterson (1985) und ähnlich Smith, Peterson,

Misumi, Bond und Tayeb (1989) mit Befragungsdaten zeigen, dass US-Amerikaner

aufgabenbezogene und sozio-emotionale Verhaltensweisen in Teams als unabhängig

voneinander betrachten, während dies für Respondenten aus Hongkong und Japan (und

übrigens auch aus Großbritannien) nicht gilt – hier sind aufgaben- und beziehungsbezogene

Aspekte der Gruppenarbeit untrennbar miteinander verwoben. Ähnliche Befunde berichten

Zeutschel und Tjitra (1997; Tjitra, 1999) auf der Basis von Beobachtungen deutsch-

indonesisch gemischter Arbeitsgruppen beim Umgang mit einem computersimulierten

Planspiel. Hier zeichneten sich die deutschen Teilnehmer durch ihre planmäßige und

arbeitsteilige, zweckrationale Struktur aus, während die indonesischen Teilnehmer eine zwar

unsystematische, aber breite und hinsichtlich der Aufgabenverteilung flexible

Vorgehensweise bevorzugten.

Ausschließlich auf Einzelfallbeobachtungen basiert die Studie von Schroll-Machl

(2000), in der sie Denkmodelle und Problemlösemuster von deutschen und amerikanischen

Projektgruppen vergleicht. Sie diskutiert die Reibereien, die sich in gemischtkulturellen

Gruppen ergeben, als Resultat des Aufeinanderprallens zweier prototypischer Schemata, wie

ein „vernünftiger“ Problemlöseprozess in einem Projektteam auszusehen habe. Das typische

deutsche Problemlöseschema sieht demnach eine klare Trennung von Konzeptions- und

Durchführungsphase vor, eine gemeinsame Ziel- und Ablaufplanung nach deduktiv-

analytischem Vorgehensmuster mit abschließender Planvereinbarung, an die man sich

zuverlässig hält. Ferner gebe es einen deutlichen Planungsoptimismus und eine tiefsitzende

Abneigung gegen Plankorrekturen „unterwegs“. Der amerikanische Prototyp setze

demgegenüber viel mehr auf Flexibilität und Feedback-gesteuertes „Durchwursteln“. Nach

einleitender Zieldiskussion kommt es zur Zerlegung des Gesamtprozesses in Zwischenziele

und deren Delegation an Teammitglieder, die diese dann eigenverantwortlich zu erreichen

haben. Der Prozess ist iterativ angelegt, sieht ständige Zwischenzielkontrollen vor und man

hat keine Probleme mit Änderungen. Aus deutscher Perspektive scheint das amerikanische

Vorgehen extrem aktionistisch, andersherum ist es schwer erträglich, wie lange die Deutschen

diskutieren, bevor sie zu arbeiten beginnen.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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5.3 Effekte kultureller Homogenität und Heterogenität

Nun ist die oben angesprochene These, dass Prozessverluste besonders in „kollektivistischen

Gruppen“ mit unklaren Statusverhältnissen zu verzeichnen sind, noch weiter zu

differenzieren. Eine weitere, ergänzende Vermutung, die sich schon aus den eben referierten

Arbeiten ableiten lässt, besagt nämlich, dass Prozessverluste mit dem Ausmaß kultureller

Heterogenität in einer Gruppe zusammenhängen (weil hier Diskussionen zur Klärung von

Wissens- und Prozessfragen notwendig sind). In einem deskriptiv angelegten Aufsatz

kritisieren Ilgen, LePine und Hollenbeck (1997) aus organisationspsychologischer

Perspektive die häufig vertretene (und auch empirisch belegte, s. Jackson, May & Whitney,

1995) Annahme „Heterogenität ist gut“ als zu schlicht. Entscheidend sei vielmehr die Frage,

wie gut strukturiert das anstehende Problem hinsichtlich der Klarheit der Problemstellung und

hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Maßnahmen oder Entscheidungsalternativen ist.

Gerade bei schlecht strukturierten Problemen können kulturell heterogene Teams

möglicherweise sogar im Nachteil sein:

− Problemklärung: Heterogene Teams werden gebildet, weil man annimmt, dass

heterogene Teams ein kompletteres Problemverständnis und breitere Lösungsansätze

erkennen können. Man könnte das als „nicht geteilte mentale Modelle“ bezeichnen.

Auf der anderen Seite mehren sich die Hinweise darauf, dass nicht-geteilte mentale

Modelle das Problemlösen in komplexen, zeitkritischen Situationen massiv

behindern (Orasanu & Salas, 1993; Stout, Cannon-Bowers, Salas & Milanovich,

1999).

− Diskussion und Analyse von Maßnahmen/Entscheidungen: Je heterogener ein Team

zusammengesetzt ist, desto wichtiger wird das Weitergeben, das Teilen von

Information über die zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen. Wie man aus

der sozialpsychologischen Forschung weiß, werden aber gerade wichtige „private“

Informationen in Gruppen nur schwer weitergegeben. Falls die Gruppe unter Druck

gerät und in Richtung „Gruppendenken“ tendiert, wird die Diskussion breiter

Informationsmengen sogar sehr unwahrscheinlich (Schulz-Hardt, 2003).

− Gruppenkonflikte: Je heterogener ein Team, desto wahrscheinlicher sind sachliche

und persönliche Konflikte, in deren Gefolge Gruppenkohäsion,

Kommunikationsstruktur und gegenseitige Unterstützung leiden (z.B. Pelled,

Eisenhardt & Xin, 1999).

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Ilgen et al. (1997) betonen, dass viele dieser Annahmen über kulturelle heterogene

Teams noch nicht ausreichend empirisch gesichert sind. Falls sie sich jedoch bestätigen

ließen, führten sie zu der paradoxen Einsicht, dass heterogene Teams dann gut sind, wenn

man sie eigentlich nicht braucht (nämlich bei sowieso schon wohldefinierten Problemen), und

gerade dann in Schwierigkeiten geraten können, wenn man sich von ihnen Vorteile erhofft

(nämlich bei schlecht strukturierten Problemen). In eine ähnliche Richtung argumentiert

Oetzel (1995) indem er betont, dass sich heterogene Gruppen zwar durch eine hohe Varianz

von Beiträgen der Einzelmitglieder auszeichnen, Konflikte aber wahrscheinlich sind und die

Konfliktlösungsstrategien aus den Dominanzverhältnissen resultieren: Konfrontation im einen

Fall, Vermeidung, Unterwerfung oder Kompromisssuche im anderen.

In einer Studie von Watson und Kumar (1992) wird das Thema „Gruppenheterogenität“

mit der Risikoneigung beim Problemlösen in Verbindung gebracht. Die Autoren gehen von

der Annahme aus, dass heterogene Gruppen mehr Prozessverluste ertragen müssen und daher

zu konservativeren Entscheidungen neigen. Untersucht wurden 32 studentische

Vierergruppen, die kulturell entweder homogen oder heterogen zusammengesetzt waren. Die

Teilnehmer hatten in alltäglichen Problemsituationen zu entscheiden, ob sie einem Freund

eine eher riskante oder weniger riskante Vorgehensweise raten würden. Ummittelbar im

Anschluss daran hatten sie einen Fragebogen zur Gruppeninteraktion zu bearbeiten. Als

Hauptergebnis ergab sich, dass die inhomogenen Gruppen deutlich weniger risikogeneigt

waren als die homogenen; die Fragebogendaten deuten darauf hin, dass die Gruppenkohäsion,

die Partizipation und Kommunikation in den inhomogenen Gruppen tatsächlich als schlechter

erlebt wurde, als in den homogenen. In der Diskussion vertreten die Autoren die Ansicht, dass

in homogenen Gruppen sehr schnell ein „Wir-Gefühl“ entsteht, das einer risikotoleranten

„Lasst es uns doch versuchen – Haltung“ Raum gibt (vgl. die Theorie des „Gruppendenkens“

bei Janis & Mann, 1977).

Um diese Interpretation theoretisch zu erweitern: In homogenen Gruppen entsteht

vermutlich durch den gemeinsamen kulturellen Hintergrund und die gemeinsamen

Anschauungen und Wissensbestände ein hohes kollektives Kompetenzgefühl, das es der

Gruppe ermöglicht, mit den Unbestimmtheiten der Problemstellung offensiv – d.h. riskant –

umzugehen. In inhomogenen Gruppen dagegen steigert die Verschiedenheit der Mitglieder

noch die subjektive Unbestimmtheit, man fühlt sich als Gruppe weniger kompetent und

vermeidet zusätzliche Risiken beim Entscheiden (Saha & Ghosh, 1999). Das Risikoschub-

Phänomen beim Problemlösen in Gruppen scheint also kein universelles Phänomen zu sein,

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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vielmehr gibt es offenbar auch das Gegenteil – eine Tendenz zum Konservativismus bei

Gruppenentscheidungen („cautious shift“). Während Watson und Kumar (1992) für den

cautious shift Prozessverluste aus dem Bereich Partizipation und Kommunikation

verantwortlich machen, diskutieren Yates und Lee (1996) die Rolle von Macht, Rang und

Status beim Entscheiden. Unter Bezugnahme auf eine frühe Arbeit von Hong (1978), der den

cautious shift bei chinesischen Entscheidungsgruppen belegte, weisen sie darauf hin, dass

chinesische Entscheidungsnormen sehr empfindsam auf Statusunterschiede reagieren (Sinha,

1991, nennt das die „Check with the boss – Haltung“; s.a. Tan, Wei, Watson & Walczuch,

1998). Gibt es in einer Gruppe keine, oder nur geringe Statusunterschiede und ist unklar, was

man „von oben“ erwartet, braucht die Gruppe Zeit, um einen Konsens herzustellen. Ein

schlichtes „die Mehrheit entscheidet“ würde hier nicht akzeptiert. Möglicherweise ist also der

abwertende Ausdruck „Prozessverlust“ gar nicht angebracht, weil eine konsensuelle

Entscheidung zwar mehr Findungszeit benötigt, später jedoch mit ganz anderer

Entschiedenheit durchgesetzt werden kann. Yates und Lee (1996, S. 346f.) betonen aber, dass

bei klaren Rangunterschieden innerhalb einer Gruppe auch in China schnelle Entscheidungen

getroffen und rabiat durchgesetzt werden können.

6. Der Umgang mit komplexen Problemen

Allison, Jordan und Yeatts (1992) haben Menschen unterschiedlichster Berufe und

Altersgruppen danach befragt, welche Eigenschaften die Probleme auszeichnen, mit denen sie

sich im Alltag herumschlagen müssen und weisen auf eine Reihe bedeutsamer Unterschiede

zu vielen Laborproblemen hin: So sind wichtige Entscheidungen im „wirklichen Leben“

meist soziale, nicht individuelle Akte, es geht um „echte“ Risiken, der Entscheidungsprozess

ist emotional „aufgeladen“ und stark vom jeweiligen Entscheidungskontext und -inhalt

abhängig. Studien aus der cognition-in-action – Tradition sowie Untersuchungen zum

komplexen Problemlösen versuchen, diese Merkmale empirisch umzusetzen und theoretisch

zu fassen. Während die erstgenannte Richtung dem Kulturvergleich insgesamt äußerst

skeptisch gegenübersteht (vgl. Abschnitt 2.2), gibt es erste kulturvergleichende Arbeiten vor

dem Hintergrund des komplexen Problemlösens. Diese Untersuchungen verwenden häufig

Computersimulationen, um die Eigenschaften „echter Probleme“ zu reproduzieren.

Computersimulationen sind interaktive und dynamische Problemstellungen, bei denen die

Versuchsperson(en) kontextuell reichhaltige, realitätsnahe und komplexe Sachverhalte unter

realistischen Bedingungen (vage Ziele, Informationsmangel, unklare Entscheidungsoptionen,

Zeitdruck, usw.) bearbeiten müssen. Im Vordergrund der Analyse steht meist nicht das

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Problemlöseergebnis oder dessen Güte, sondern der Prozess der Problembearbeitung

(Brehmer & Dörner, 1993). Es ist allerdings offensichtlich, dass die Adaptation solcher

Computersimulationen für den Einsatz in verschiedenen Kulturen ein aufwändiger Prozess

mit einer Fülle zumeist schwierig zu lösender methodischer Probleme ist.

Daneben ist die vergleichende Analyse komplexer Problemlöseprozesse auch ein

interpretatorisch schwieriger Akt. Es werden keine psychologischen „Variablen“ gemessen

und anschließend verglichen, sondern Prozesse beobachtet, aufgezeichnet und ausgewertet.

Prozessunterschiede sind schwierig zu quantifizieren und kaum eindeutig mit bestimmten

kulturellen Variablen in Beziehung zu bringen, da sich meist viele verschiedene Aspekte

gleichzeitig unterscheiden (z.B. die konkreten Ziele, die selbstgenerierten

Entscheidungsoptionen, die Strategie, die Informationspolitik); Unterschiede, die durch ein

komplexes – und auf statistischem Wege kaum eindeutig zu reduzierendes – Gefüge

individueller und kultureller Bedingungen verursacht sind.

Eine Serie von im wesentlichen explorativ angelegten Vergleichsuntersuchungen

zwischen Indien und Deutschland verdeutlicht die Erkenntnismöglichkeiten, aber auch die

Probleme dieses Ansatzes. Eine der komplexen Computersimulationen, die dabei eingesetzt

wurden, heißt „M anutex“. Bei diesem Spiel haben die Probanden die Aufgabe, eine kleine

Textilmanufaktur zu steuern. Dazu muss die Situation analysiert, Informationen integriert,

eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen, koordiniert und an die jeweilige Entwicklung

adaptiert werden. Die Sitzungen erstrecken sich über mehrere Stunden, die Kommunikation

mit dem Computerprogramm wird durch einen Versuchsleiter vermittelt. Die Simulation

erschien den Autoren für den kulturvergleichenden Einsatz in Deutschland und Indien

besonders geeignet, weil sie einen Kleinbetrieb abbildet, wie er in ähnlicher Form sowohl in

Deutschland als auch in Indien existiert und lediglich breit verfügbares Vorwissen über die

Grundstruktur von Produktions- und Geschäftsprozessen erfordert.

Für eine kulturvergleichend angelegte Studie (Ramnarayan & Strohschneider, 1997)

wurden Manager verschiedener deutscher und indischer Firmen als Probanden gewonnen.

Dabei zeigten sich erhebliche Unterschiede innerhalb der Gruppe der indischen Manager.

Führungskräfte aus traditionellen, streng hierarchisch aufgebauten indischen

Großunternehmen hatten mit der Anforderung zum selbständigen Entscheiden große

Schwierigkeiten. Sie waren insbesondere nicht in der Lage, sich durch gezieltes Sammeln von

Informationen ein brauchbares „mentales Modell“ des Problems, das Voraussetzung für

vernünftige Risikoabschätzungen ist, aufzubauen. Indische Manager aus „modernen“, nach

westlichen Vorbildern geführten indischen Unternehmen und deutsche Manager (ebenfalls

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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aus „modernen“ Unternehmen) schnitten vergleichbar gut ab, folgten aber unterschiedlichen

Strategien. Während die deutschen Manager von Anfang an ein ausgesprochen

„entschiedenes“ Vorgehen mit hochdosierten Maßnahmen zeigten, wählten die indischen

Manager eine „inkrementelle Strategie“: Sie begannen in der Anfangsphase mit eher

zurückhaltend dosierten Entscheidungen, betrieben ausgiebige Effektkontrolle und erhöhten

ihre Maßnahmenstärken dann Schritt für Schritt. Die Autoren weisen darauf hin, dass die

Strategien aller drei Gruppen sehr stark dem Vorgehen ähneln, das innerhalb der jeweiligen

Organisationskultur, aus der die Teilnehmer stammen, und für die Marktbedingungen, unter

denen sie operieren müssen, funktional ist. Dies deutet auf die Wichtigkeit des kulturellen

(und in diesem Fall: des ökonomischen) Kontexts für die Formung von Strategien. Diese

unterschiedlichen strategischen Präferenzen konnten von Strohschneider (2001) in einer

Untersuchung mit studentischen Probanden bestätigt werden.

Interessant ist, dass sich in beiden Untersuchungen keine wesentlichen

Kulturunterschiede hinsichtlich der Ziele, der operativen oder taktischen Entscheidungen oder

der Effektkontrolle nachweisen ließen (eine Ausnahme bilden die erwähnten „traditionellen“

indischen Manager). Auf dieser Ebene scheint lediglich die Tendenz zu bestehen, dass

deutsche Teilnehmer mehr Informationen über das Problem sammeln. Diese Vermutung

wurde insbesondere in einer Gruppenuntersuchung von Badke-Schaub und Strohschneider

(1998) gestützt. Die deutschen Teilnehmer (studentische Dreiergruppen) verwendeten

wesentlich mehr Zeit auf die Exploration des Szenarios als die indischen (und zeigten im

Übrigen die bereits erwähnte Tendenz zur expansiven, risikofreudigen Strategie).

Die verstärkte Tendenz deutscher Problemlöser, Probleme gründlich zu explorieren,

wurde auch in einer Untersuchung von Strohschneider und Güss (1998) belegt.

Untersuchungsinstrument war das „Planungsinventar“, ein auf fünf Vignetten mit

Alltagsproblemen basierendes schriftliches Verfahren, das zieloffen angelegt, aber (im

Gegensatz zu einer Computersimulation) natürlich statisch ist. Bei dieser Untersuchung

fanden die Autoren keine konsistenten strategischen Unterschiede zwischen deutschen und

indischen Versuchspersonen und auch eine durchaus vergleichbare Planungsneigung.

Allerdings zeigten die deutschen Probanden ein durchgängig stärkeres Bemühen um

Informationen über die Vorgeschichte der Probleme und die Bedeutung einzelner

Problemaspekte („Dependenzanalysen“). Die indischen Probanden kümmerten sich nicht

lange um die Entstehungsgeschichte des Problems sondern planten ihr Vorgehen auf der Basis

der vorhandenen Informationen – und waren anschließend sehr viel optimistischer, was den

Erfolg ihrer Bemühungen anbelangt.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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In einer experimentell angelegten Untersuchung von Strohschneider und Güss (1999)

wurde die Entwicklungshilfe-Simulation „Moro“ in verschiedenen Versionen eingesetzt. Die

Leithypothese der Studie war, dass deutsche Versuchspersonen mit einer Problemversion, die

aktives und entschlossenes Handeln erfordert, besser zurecht kommen würden als die

indischen, während diese sich bei einer Version, die eine expansive Strategie bestraft und nur

durch vorsichtiges und zurückhaltendes Eingreifen „zu retten“ ist, als überlegen erweisen

würden. Allerdings ließ sich diese Erwartung statistisch nicht sichern, was daran lag, dass die

deutschen Probanden bei beiden Problemversionen bessere Ergebnisse erreichten. An Hand

einer Detailanalyse der Protokolle konnten die Autoren zeigen, dass sich die deutschen

Probanden sehr viel stärker um ein Verständnis des Problems bemühten und verstärkt eine

aktive und kontrollorientierte Vorgehensweise zeigten. Vor allem aber begingen die indischen

Teilnehmer sehr viel mehr Problemlösefehler auf der taktischen Ebene. Beispielweise

ergriffen sie mehr Maßnahmen, ohne überhaupt deren Voraussetzungen zu kennen, sie

versäumten es öfters, Entscheidungen an sich ändernde Bedingungen anzupassen und

„vergaßen“ die Kontrolle von Maßnahmeneffekten. In der Interpretation beziehen sich die

Autoren besonders auf den unterschiedlichen Entscheidungsspielraum durchschnittlicher

deutscher und indischer Studenten sowie auf die unterschiedlich vielfältigen Erfahrungen im

Umgang mit Alltagsproblemen.

Ergänzend lassen sich an dieser Stelle eine Reihe von Arbeiten anführen, die theoretisch

anders gelagerte Erklärungskonzepte für strategische Unterschiede beim Umgang mit

komplexen Problemen anbieten. So werden beispielsweise die Auswirkungen von

Selbstkonzept-Unterschieden auf verschiedene Aspekte des problemlösenden Handelns

untersucht. Wenn man die klassische Unterscheidung zwischen abhängigem und

unabhängigem Selbstkonzept (vgl. Abschnitt 4.2, oben) heranzieht, so sollte ein abhängiges

Selbstkonzept vor allem zu einer sozialen Fokussierung des Problemraums und (sofern eine

relevante Bezugsgruppe betroffen ist) zu sozial defensiven Handlungsstrategien führen,

während ein unabhängiges Selbstkonzept einen ich-bezogenen Problemraum und

entsprechend assertive Strategien nahe legt. In diesem Sinne zeigt etwa Shirai (1996) an Hand

eines Vergleichs belgischer und japanischer Jugendlicher, dass ein abhängiges Selbst mit

Konfliktvermeidung, Anpassung an die Gegebenheiten, Bevorzugung sekundärer

Kontrollmechanismen aber offenbar wenig mit Vertrauen in die Zukunft zusammenhängt

(vgl. dazu auch Hernandez & Iyengar, 2001; Kobayashi & Friedlmeier, 1996; Trommsdorff &

Essau, 1998). Interessanterweise weist Hannover (2000) in einer Arbeit zur Genese des

Selbstkonzeptes darauf hin, dass Angehörige kollektivistischer Kulturen eine geringere

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Kontextabhängigkeit von Selbstschemata aufweisen als Angehörige individualistischer

Kulturen. Unter einer problemlöserischen Perspektive könnte dieser Effekt zu einer größeren

strategischen Flexibilität unabhängiger Selbstkonzepte beitragen.

Ein weiterer theoretischer Aspekt, der mit der Motivation zu aktivem Problemlösen

verbunden sein könnte ist die Zukunftsperspektive (Oettingen, 1997). Die Debatte um die

kulturelle Variation von Optimismus-Pessimismus als generelle Haltung der Welt gegenüber

hat eine Reihe empirischer Arbeiten hervorgebracht, die (auf Fragebogenbasis) tendenziell zu

zeigen scheinen, dass Menschen aus Ostasien sich im Vergleich zu Menschen aus dem

westlichen Kulturkreis durch eine verstärkte Neigung zu pessimistischem Denken

auszeichnen (Chang, 1996; Chang & D’Zurilla, 1996; D’Zurilla & Mayheu-Olivares, 1995).

Falls sich dieser Befund durch schärfere Untersuchungen bestätigen ließe, könnte dies

ebenfalls als Ursache für strategische Unterschiede beim Problemlösen interpretiert werden.

In diesem Sinne etwa vermutet Oettingen (1997), dass eine positive Sicht der Zukunft mit

Handlungsorientierung und Veränderungsmotivation verknüpft ist.

7. Die Ursachen kultureller Unterschiede beim Problemlösen: Versuch einer

Zusammenfassung

In einem Forschungsfeld, in dem die Befundlage lückenhaft und an verschiedenen Stellen

uneindeutig ist, wäre ein Gerüst zur Einordnung der verschiedenen Ergebnisse besonders

wünschenswert. Wie in den vorstehenden Ausführungen deutlich wurde, ist die überwiegende

Mehrzahl der vorliegenden Studien rein deskriptiv angelegt. Dies ist ein Beleg für die

Einschätzung, dass sich die kulturvergleichende Problemlösepsychologie noch am Anfang

ihrer Entwicklung befindet. Das zeigt sich auch daran, dass das, was man an Erklärungen für

Kulturunterschiede vorfindet, nur in wenigen Fällen spezifisch auf Problemlöseprozesse

zugeschnitten ist. Von vielen Autoren werden die gleichen Erklärungskonzepte verwendet,

die auch in anderen Bereichen der kulturvergleichenden Psychologie diskutiert werden. Das

weitere Nachdenken über die Ursachen kultureller Unterschiede beim Problemlösen lässt sich

wohl am besten stimulieren, wenn man diese Erklärungskonzepte zusammenfassend sichtet.

Damit ist keine „Generaltheorie“ beabsichtigt, sondern eher ein knapper Aufriss des

Spannungsfeldes zwischen individualpsychologischer und kulturtheoretischer Determination,

in dem sich Problemlöseprozesse entfalten.

7.1 Wissen und Können

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Unterschiede im problemlösenden Handeln können u.a. auf unterschiedliches individuelles

Wissen und Können zurückgeführt werden. „Quantitative Kompetenzen“, „kognitive

Differenziertheit“, „taktische und strategische Kompetenzen“ oder „strategische Flexibilität“

beschreiben derartige Konzepte. Auf der kulturellen Ebene werden für individuelle

Unterschiede auf dieser Ebene vor allem drei Ursachen diskutiert: Zum einen das Ausmaß an

formaler Schulbildung, das häufig mit der sozioökonomischen Entwicklung der Gesellschaft

zusammenhängt und vor allem die Fähigkeit zum Operieren mit abstrakten Repräsentationen

fördert und damit transferierbare Problemlöseleistungen ermöglicht. Zum zweiten kann die

Betonung spezifischer Entwicklungsaufgaben in Kindheit und Jugend (wie z.B. wie

„Unabhängigkeit“ oder „Selbständigkeit“) eine Rolle spielen. Drittens schließlich könnte die

Anforderungsvielfalt, der sich Menschen im Laufe ihres Lebens ausgesetzt sehen, eine

wichtige Rolle spielen. Es scheint so, als setze die Entwicklung vielfältigen und vielfältig

einsetzbaren Problemlösewissens voraus, dass man sich mit Problemen unterschiedlicher

Anforderungsstruktur in unterschiedlichen Realitätsbereichen auseinandersetzen muss.

7.2 Motivation

Schon der Versuch, ein Problem aktiv anzugehen bedarf des „problemlöserischen

Selbstvertrauens“ (Selbstwirksamkeitserwartung). Dazu gehört nicht nur das Erleben

individueller Leistungserfahrungen, dabei spielt vermutlich auch der subjektive

Handlungsspielraum eine Rolle. Bei der Ausprägung dieser motivationalen Größen spielt

Kultur einer Rolle, z.B. durch das Bereitstellen von Situationen, die Leistungserfahrungen

ermöglichen, durch die Pflege entsprechender Modelle und Vorbilder und durch die

Begrenzung des individuellen Handlungsspielraums. Ein großer Handlungsspielraum gibt

einem die Möglichkeit, Probleme selbständig zu definieren sowie Lösungen zu entwerfen und

durchzusetzen; ein kleiner Handlungsspielraum heißt, dass man vollständig auf

nachgeordnete, „operative“ Tätigkeiten begrenzt ist. In diesem Fall sinkt also die Motivation,

eine Problemlösung zu entwerfen und zu erproben, es sinkt indirekt auch die

Anforderungsvielfalt, der man ausgesetzt ist, und damit die Wahrscheinlichkeit des Erwerbs

abstrakten Problemlösewissens.

7.3 Werte und Weltanschauung

Unterschiedliche Werte und Einstellungen beeinflussen das Problemlösen in verschiedenster

Weise, z.B. in Hinblick auf die Ziele, die man verfolgt, in Hinblick auf die Gewichtung von

Informationen, in Hinblick auf die Strategien, die man für angemessen hält und in Hinblick

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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auf die konkreten Maßnahmen, die man schließlich ergreift. Kurz gesagt, Werte beeinflussen

die Konstruktion des subjektiven Problemraums. Auf der kulturellen Ebene spielt hierbei

wohl die Dimension Individualismus – Kollektivismus samt damit verwandter Werthaltungen

eine entscheidende Rolle. Das kollektivistische Verbundensein mit anderen Menschen

erfordert Zielsetzungen und Strategien, die auf Ausgleich bedacht sind, nicht aggressiv, und

langfristig angelegt. In (pointiert formuliert) individualistischen „Einzelkämpfer-Kulturen“

spielen derlei Erwägungen kaum eine Rolle, sie erfordern eher ichbezogene Zielbildung und

kurzfristig angelegte, assertive Strategien.

Zu diesem Aspekt könnte man auch die Verbindlichkeit des Normen- und Wertesystems

rechnen: Menschen, die im Geltungsbereich eines verbindlichen Normen- und Wertesystems

aufwachsen, werden nicht lernen, wie man sich mit unterschiedlichen Problemen erfolgreich

auseinandersetzt, sie werden vor allem Handlungsnormen lernen müssen. Es geht nicht

darum, „wie man es machen könnte“, sondern es geht darum, „wie man es richtig macht“. Der

Sinn eines Normensystems liegt ja gerade darin, die Notwendigkeit für individuelles

Problemlösen zu reduzieren, was vermutlich wiederum Auswirkungen auf die unter 7.1

erwähnte Anforderungsvielfalt hat.

In verschiedenen Ansätzen werden darüber hinaus die generalisierte Weltanschauung

und damit verknüpfte soziale Strukturen mit Unterschieden im problemlösenden Handeln in

Verbindung gebracht. So wird behauptet, dass die Art der Weltanschauung die Haltung

gegenüber Risiken beeinflusst aber auch determiniert, wie wichtig das Streben nach

langfristiger Harmonie ist, ob die Zukunftssicht insgesamt eher optimistisch oder

pessimistisch ist und welcher Aufwand z.B. für Beziehungspflege getrieben werden muss. Die

sozial-strukturellen Unterschiede z.B. zwischen hierarchischen oder individualistischen

Kulturen können das Ausmaß psycho-emotionaler Unterstützung des Einzelnen beeinflussen

und stellen unterschiedliche Institutionen für Konkurrenzkämpfe oder Gemeinschaftspflege

zur Verfügung.

Die dominante Weltanschauung einer kulturellen Gemeinschaft beeinflusst außerdem

die Erziehungsideologie und die angewendeten didaktischen Methoden. Die Frage, ob man

sich beim Problemlösen nach kulturell tradierten Vorbildern richtet oder ob eigenständige

Lösungen gesucht werden, die Rolle von (medial vermittelten) Sagen und Legenden

beeinflussen Problemlösewissen und strategische Präferenzen. Auch das Ausmaß an Teilhabe

an den Problemlöseprozessen anderer ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung.

7.4 Eigenschaften der kulturellen, ökonomischen und ökologischen Umwelt

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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Auf einer übergeordneten Ebene werden – meist unter einer evolutionären Perspektive –

Faktoren diskutiert, die die Funktionalität problemlöserischen Handelns in Bezug auf die

jeweilige Umwelt diskutieren. Hier wäre z.B. die Stabilität, Berechenbarkeit und Planbarkeit

der Umwelt zu nennen. Allgemein begünstigt eine stabile, fest gefügte und berechenbare

Umwelt die Routinisierung von Problemlösungen. Selbst in den Fällen, in denen Probleme

bleiben, ermöglicht eine berechenbare Umwelt Lösungen, die sich durch eine lange

Zeitperspektive, große Konkretheit und Strukturiertheit auszeichnen – einfach weil man die

Bedingungen, unter denen der Plan funktionieren muss, vorhersehen kann. Im Falle geringer

Stabilität der Umwelt erfordern die Rahmenbedingungen andere Strategien. Flexibilität wird

wichtig, denn es macht keinen Sinn, langfristig zu planen und Operatorsequenzen detailliert

festzuschreiben. Stattdessen sollte man eher kurzfristig denken, sich am Dringlichen

orientieren und ad-hoc-Lösungen bevorzugen (vgl. dazu Triandis, Vassiliou, Vassiliou,

Tanaka & Shanmugam, 1972).

Aber auch die Verfügbarkeit von Ressourcen (zeitlicher, materieller oder sozialer

Natur) scheint die Art des Problemlösens zu beeinflussen. Ressourcenmangel schränkt die zur

Verfügung stehenden Handlungsoptionen ein. Verfügt man über reichliche Ressourcen, liegt

eine schnelle, expansive und risikofreudige Vorgehensweise nahe. Sind die Ressourcen

knapp, muss man vorsichtig sein, darf keine Mittel vergeuden, keine Risiken eingehen und

muss Lösungsstandards vielleicht eher nach unten setzen (vgl. das Konzept der „Bricolage“

bei Lévi-Strauss, 1968; s.a. Berry, 1988). In dem Maß, in dem es kulturelle Unterschiede in

der Bereitstellung von Ressourcen gibt, sollten sich entsprechende Unterschiede in der

Vorgehensweise beim Problemlösen finden lassen.

Selbstverständlich handelt es sich bei all diesen Erklärungsansätzen weder um disjunkte

noch voneinander unabhängige Denkmodelle. Immerhin wird deutlich, dass die kognitiven

Kompetenzen und Präferenzen, die Form und Ablauf eines Problemlöseprozesses bestimmen,

in vielfältiger Weise mit dem kulturellen Kontext, in dem sie entwickelt wurden und in dem

sie sich funktional erweisen müssen, interagieren.

8. Schlussbemerkungen

Die Auseinandersetzung mit der Vorgehensweise und den Befunden der kulturvergleichenden

Problemlöseforschung wirft eine Reihe von Fragen auf, von deren Beantwortung die weitere

Entwicklung dieses Forschungsbereiches abhängen wird. Unter methodischen

Gesichtspunkten ist an erster Stelle die weithin dominierende Fragebogenmethode zu

kritisieren. Da Menschen ohne spezielle Anleitung nur schwer in der Lage sind, Auskunft

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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über ihre kognitiven Prozesse zu geben (Hertwig, 1998), lassen sich mit Fragebogenverfahren

bestenfalls die Ergebnisse eines Denk- oder Problemlöseaktes erfassen. Beobachtungsstudien

und Prozessanalysen werden zwar immer wieder gefordert, sind aber, wie berichtet, selten.

Ein anderer Kritikpunkt ist die generelle Forschungsstrategie, die, von einigen größer

angelegten Projekten abgesehen, zu häufig aus verfahrenstechnisch eingeschränkten „Ein-

Punkt-Studien“ besteht. Weber und Hsee (2000) plädieren nachdrücklich für ein

„Methodenmosaik“, die Untersuchung eines Phänomenbereichs mittels unterschiedlicher

Erfassungsmethoden bei unterschiedlichen Stichproben (ähnlich Dörner & Lantermann, 1991;

Strohschneider, 1996a, 2001). In diesem Zusammenhang ist auch die – bestenfalls aus

pragmatischen Gründen zu rechtfertigende – Bevorzugung studentischer Stichproben in

verschiedenen Forschungsprogrammen kritisch zu hinterfragen (Cole, 1996; Strohschneider,

1998). Gerade für explorative Studien wäre eigentlich eine möglichst große Vielfalt von

Probanden zu wünschen.

Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass der kulturvergleichenden

Problemlöseforschung ein einheitliches theoretisches Begriffssystem fehlt. Viele

Untersuchungen übertragen nicht nur Methoden, sondern auch konzeptuelle Ansätze aus

ihrem jeweiligen Herkunftsbereich weitgehend ungeprüft auf kulturvergleichende

Fragestellungen. Dies hat – neben anderem – eine starke Zersplitterung der

Forschungslandschaft zur Folge, die es Forschern erschwert, bereits vorliegende Erkenntnisse

für ihre eigenen Interessen zu nutzen.

Metatheoretisch betrachtet hat die kulturvergleichende Problemlöseforschung

überwiegend das funktionalistische Denkmodell adoptiert – kulturelle Unterschiede werden in

Hinblick auf ihre Adaptivität interpretiert. Häufig kann man sich allerdings auch des

Eindrucks nicht erwehren, dass diese Interpretationen post-hoc und etwas beliebig sind.

Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass die Dimension „Individualismus –

Kollektivismus“ und damit in Zusammenhang stehende Konzepte das interpretative

Lieblingskind auch der gegenwärtigen kulturvergleichenden Problemlösepsychologie sind.

Eine eindimensionale Theorie die alles erklärt, erklärt aber am Ende gar nichts mehr. Vor

allem fehlen Versuche zur kognitionswissenschaftlich inspirierten „mechanischen“

Theorienbildung – Theorien die die Interaktion von Individuum und Kultur auf der Ebene

elementarer psychischer Strukturen und Prozesse zu beschreiben versuchen. Solche

Theorieansätze sind ein Desiderat für die Zukunft, im Moment scheint die Zeit für eine

„Generaltheorie“ über kulturelle Einflüsse auf Problemlöseprozesse noch nicht reif.

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Problemlöseprozesse in kulturvergleichender Perspektive

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