18
Andy Wilson Foto: © 2011 by Schattenblick Interview mit Andy Wilson in HamburgSt. Pauli am 3. November 2011 FAO warnt vor drohender Epidemie eines Pflanzenpathogens Grundnahrungsmittel Kassawa für viele Millionen Einwohner Ostafrikas gefährdet

$ -9F@5; @9?HFCB=G7

  • Upload
    others

  • View
    10

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

MA-Verlag Elektronische Zeitung Schattenblick Freitag, 1 8. November 2011

Neueste tagesaktuelle Berichte . . . Interviews .. . Kommentare . . . Meinungen .. . . Textbeiträge .. . Dokumente . . .

Andy Wilson ist Mitglied der Asso-ciation ofMusical Marxists (AMM)und gehörte lange Jahre der SocialistWorkers Party (SWP) an, die er nachwie vor als seine politische Heimatversteht. Der anregende und unter-haltsame Abend mit den AMM-Ak-tivisten [1 ] in einer Seemannskneipenahe der Reeperbahn ließ noch genü-gend Raum für ein ausführliches Ge-spräch, in dem angerissene Fragen zupolitischen und kulturellen Positio-nen der revolutionären britischenLinken ausgeführt und erweitertwerden konnten.

Schattenblick: Andy, könntest du et-was über deinen Werdegang als po-litischer Aktivist berichten?

Andy Wilson: Ich war Matrose in derRoyal Navy und sehr engagiert in an-tirassistischer und antifaschistischerArbeit, auch weil meine Familie in derAnti-Nazi League aktiv war. Aberschließlich wurde ich wegen meinerantifaschistischen Aktivitäten aus derKöniglichen Marine hinausgeworfen.Ich hatte Matrosen dazu gebracht, an-tirassistische Konzerte zu besuchenund sich für den Antifaschismus ein-zusetzen. Das geschah während desFalklandkrieges, gegen den ich michzwar ausgesprochen hatte, ohne je-doch besondere Aktionen zu unter-nehmen. Man unterzog mich einerSicherheitsüberprüfung, und nachdemich dort erklärte, nicht in diesemKrieg kämpfen zu wollen, wurde ichhinausgeworfen.

Andy WilsonFoto: © 2011 by SchattenblickKurz daraufwurde ich Mitglied derSocialist Workers Party (SWP). Siewar damals die größte trotzkistischeOrganisation Britanniens, größerauch als der trotzkistische Flügel derLabour Party namens Militant. Icharbeitete für die SWP als Organiserin Liverpool, war jedoch nicht nurAktivist, sondern auch sehr interes-siert an Theoriebildung. Ich enga-gierte mich in einer Reihe theore-tischer Debatten in der SWP über dieBedeutung des Klassenbewußtseinsund der politischen Führung. Dar-über geriet ich in Konflikt mit derParteispitze, was schließlich dazu

Andy Wilson (AMM) -

Klassenkampf, Parteiräson und Dissidenz

Interview mit Andy Wilson in Hamburg­St. Pauli am 3. November 2011

Carl Froch plant über den Tag

hinaus . . . (Seite 1 5)Viertes Duell zwischen Pacquiao

und Marquez geplant . . . (Seite 1 5)

POLITIK / REDAKTION

SPORT / BOXEN

Verstärkt Klimawandel die Ausbrei-

tung des Kassawa-Virus CBSD?

FAO warnt vor drohender Epidemieeines PflanzenpathogensGrundnahrungsmittel Kassawa fürviele Millionen Einwohner OstafrikasgefährdetIn Ostafrika breitet sich unter denKassawa-Pflanzen eine Viruskrank-heit aus, die beträchtliche Erntever-luste auslöst und sich zu einer Epide-mie weiterentwickeln könnte. Davorwarnte diese Woche Mittwoch dieFAO (Food and Agriculture Organi-zation) der Vereinten Nationen. [1 ]. . . (Seite 7)

POLITIK / KOMMENTAR

Obama droht - Strategische Offensi-

ve im asiatisch-pazifischen Raum

Man könnte es als offenes Geheimnisbezeichnen, daß die Vereinigten Staa-ten und ihre Verbündeten aufmittlereund lange Sicht die Konfrontation mitChina und Rußland suchen. Im erbit-terten Ringen um geostrategischeAusgangslagen und Zugriff auf dieschwindenden Sourcen des Überle-bens forcieren Washington und dieNATO die Einkreisung und Ein-schnürung beider konkurrierendenGroßmächte . . . (Seite 8)

Page 2: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 2 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

führte, daß ich aus der SWP ausge-schlossen wurde.

Mein damaliger Eindruck war, daßsich die SWP immer stärker zu einerhierarischen bürokratischen Organi-sation entwickelte. Nicht, daß das dieganze Partei betraf, aber die Politikder Führung nahm zusehends büro-kratische Züge an. Darum drehte sichdieser Konflikt. In den frühen 1990erJahren gab ich ein Kulturmagazinheraus, an dem sich SWP-Genossen,aber auch Personen außerhalb derPartei beteiligten. Als Vorwand zumeinem Ausschluß, der etwa 1993erfolgte, wurde der Vorwurf einerAbspaltungstendenz erhoben.

SB: Wie bist du auf die Forderunggekommen, kulturellen Belangen ei-ne größere Rolle in der Parteiarbeitzuzumessen?

AW: Das geschah fast von selbst.Wir diskutierten über Klassenfragenund Georg Lukács fast wie Philoso-phen, doch ich war schon vor meinerZeit als politischer Aktivist künstle-risch auf dem Feld elektronischerMusik tätig. Musik war immer sehrwichtig für mich, doch ich brachtesie nicht wirklich mit Politik in Ver-bindung, weil es sich um ein persön-liches Interesse handelte. In der SWPherrschten jedoch fürchterliche An-sichten über Kultur vor. So vertratdie Führung, daß die Arbeiterklassesich die Kultur der Bourgeoisie an-eignen sollte. Es wäre wichtig, daßArbeiter sich der Hochkultur zuwen-deten, etwa Ludwig van Beethovenoder Honoré de Balzac. Als passio-nierter Musiker gelangte ich zu derAuffassung, daß die SWP zwar übereinige der besten Aktivistinnen undAktivisten Britanniens etwa im Be-reich der Gewerkschaften verfügte,aber die Unentschiedenheit in Sa-chen Kultur der Partei eher schade-te. Zwar waren die Genossinnen undGenossen in Diskussionen überKlassenfragen überaus versiert, aberauf dem Gebiet der Kultur merkteich, daß ich ihnen neue Horizonte er-öffnen konnte. Bei der Frage revolu-

tionärer Kultur ging es nicht darum,wer nun richtig oder falsch lag, son-dern daß überhaupt darüber debat-tiert wurde. In diesem Bereich hattedie Parteiführung das Nachsehen,weil sie die dort entstehenden Dis-kussionen ideologisch nicht auf Li-nie bringen konnte. Ich sprach dieSubjektivität der Genossinnen undGenossen an und brachte sie dazu,über ihre Position als Mensch, Mar-xist und Revolutionär nachzudenkenund politische Schlußfolgerungendaraus zu ziehen.

SB: Welche Art von Gegenkulturoder nicht-bourgeoiser Kultur hattestdu damals im Sinn?

AW: Es ging nicht darum, eine be-stimmte Form von Kultur oder Ge-genkultur zu empfehlen. Im SocialistWorker, dem Parteiorgan der SWP,erschien damals ein Artikel über Ma-donna, in dem sie aufgrund der Kon-trolle, die sie über ihre Vermarktungausübte, als emanzipatorisches Vor-bild für Frauen verteidigt wurde.Dieser eher profane Artikel war fürmich Anlaß zu einer intensiven De-batte mit dem Zweck, sich darüberklar zu werden, wie man mit der All-tagskultur, ihrer kapitalistischenForm und ihrem Einfluß aufunsereExistenz umgeht. Für mich war eserfrischend, völlig unabhängig vonlangweiligen Belehrungen über dieParteidoktrin direkte Gespräche mitGenossinnen und Genossen zu füh-ren, auch wenn ich nicht mit ihnenübereinstimmen sollte.

SB: Meinst du nicht, daß subjektiveGefühle gerade auch im Bereich derPopkultur stark von den kommerzi-ellen Bedingungen der Musik- undWerbeindustrie beeinflußt sind?

AW: Natürlich! Die Popkultur wirdvon der Kulturindustrie dominiert.Ich bin in der Punkszene großgewor-den. Punkrock war für die Anti-NaziLeague von zentraler Bedeutung.Seine Kommerzialisierung ist eingutes Beispiel dafür, wie die kapita-listische Klasse uns unserer Kultur

beraubt. In seinen Ursprüngen warPunkrock eine Bewegung derjeni-gen, die diese Musik machten. Eswar eine große Befreiung. Wenn mansich vor dem Beginn der Punkbewe-gung für Rockmusik interessierte,hatte man es mit dem Spektakel desProgressive Rock zu tun, der De-monstration des Könnens und derVirtualität der großen Acts. AlsPunkrock begann, merkte ich zumersten Mal, daß es etwas in der po-pulären Kultur gab, das wie ich war,worin ich mich wiedererkennenkonnte, eine Stimme der Arbeiter-klasse. Natürlich unternahm die Kul-turindustrie alle Anstrengungen, umsich dieser Entwicklung zu bemäch-tigen, und sie war schließlich erfolg-reich damit.

Aber das ist nur ein Beispiel. Über-all in der Musik, wo auch immer sieherstammt, gibt es große Künstler,die den Gebrauchswert der Musikuniversell machen. So war John Col-tranes Musik ein Versuch, die Wider-sprüche zwischen verschiedenenGenres dialektisch zu überwindenund eine universelle Form der Musikzu schaffen. Das findet allerdings in-nerhalb der Musikindustrie statt.Wenn wir also über Kultur sprechen,sprechen wir immer auch über Kapi-tal und Arbeit, über die Kulturindu-strie und die Bourgeoisie, überKlassenbewußtsein, Bewußtsein undden eigenen Standpunkt in der Welt.Die Kulturgeschichte ist die Ge-schichte des Kampfes schöpferischerMenschen um die Hervorbringungihrer Kunst. In ihr geht es nicht nurum den künstlerischen Ausdruck,sondern auch die Erschaffung vonSprachen und Artikulationsweisen,in denen sich der Kampfum die Weltmanifestiert.

SB: Eine große Stärke des Kapitalis-mus liegt darin, daß er antagonisti-sche Entwicklungen vereinnahmt.Wo siehst du die Möglichkeiten fürdie Musikkultur und die Künste ins-gesamt, dazu eine unvereinnahmba-re Gegenposition zu beziehen?

Page 3: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 3

AW: Menschen bewegen sich vonvornherein in Widersprüchen. Ichdenke, Punkrock hat mich zum Re-volutionär gemacht, weil die eigeneStimme, die ich darin entdeckte, ei-ne Schlüsselfunktion hatte. GroßeMusiker kämpfen immer gegen dieVereinnahmung ihrer Musik und de-ren Reduzierung auf einen Stil. Ichdenke, daß es unsere Aufgabe ist, dieVerbindung zwischen den Produkti-onsbedingungen, unter denen Kunstentsteht, und dem antikapitalistischeKampf herzustellen, der künstleri-schem Schaffen ohnehin inhärent ist.Kapitalismus macht im Kern allesgleich, er ebnet Unterschiede ein, umalles gegeneinander austauschbar zumachen. Wer tatsächlich um einepersönliche Form der Artikulationringt, muß dagegen kämpfen. Werein großer Künstler werden will,muß auf gewisse Weise antikapitali-stisch vorgehen, selbst wenn er ideo-logisch prokapitalistisch eingestelltist. Wenn Kapitalismus zur Folgehat, immer wieder dieselbe Platte zumachen, weil man sie demselben Pu-blikum verkaufen will, hat er denKünstler unterworfen. Wenn dieserversucht, seine Musik weiterzuent-wickeln, ist er bereits im Konfliktmit dem Kapitalismus als Produzen-ten.

SB: Nicht viele Musiker scheinen zuversuchen, die durch diese Produkti-onsbedingung gesetzte Grenze zuüberwinden.

AW: Es trifft wohl zu, daß wir nichtfrei von diesen Bedingungen seinwerden, bis wir den Kapitalismus be-seitigt haben, aber es ist ein perma-nenter Kampf. Was ich nicht fürakzeptabel halte ist die Idee, daß derKapitalismus immer siegen wird,weil er es bisher getan hat. Es gibtimmer Nischen des Widerstands, undzur Zeit entwickelt sich eine großeantikapitalistische Bewegung. Es istnicht nur eine moralische Verpflich-tung, sich gegen dieses System zustellen. In der künstlerischen Praxiskämpft man immer gegen den Kapi-talismus, indem man versucht, die

Reduktion der eigenen Arbeit auf ei-ne bloße Ware zu verhindern. Ichmeine nicht die Art und Weise, wiesie verkauft wird, ich meine die Mu-sik selbst.

John Coltrane ist ein gutes Beispiel."My Favourite Things" war ein kon-troverses Stück. Er hätte es so langeverändern können, bis es populär ge-worden wäre und viele Platten ver-kauft hätte. Aber er hat immer darumgekämpft, den Umgang mit seinemInstrument, dem Saxophon, zu ver-bessern und seinen musikalischenHorizont zu erweitern.

SB: John Coltrane war kein Musiker,der die Massen mobilisierte.

AW: Nein, nicht wirklich. Es warauch nicht seine Aufgabe, denn erwar nicht Lenin. Genau genommenwerden vermut-lich Millionen Al-ben von JohnColtrane verkauft,insbesondere diein Zusammenar-beit mit MilesDavis entstande-nen Platten. Tat-sächlich erinnertmich seine Musik,wenn ich mir denspäten Coltraneetwa auf "Live inSeattle" anhöre,stark an Punkrock, und das war einepopuläre Bewegung. Wir müssen dieVorstellung hinter uns lassen, daß eseinerseits um Brot und Spiele für dieMassen und andererseits um die in-teressanteren Dinge für die Elitengeht. Ich stamme aus der Arbeiter-klasse, und es hat lange gedauert, bisich John Coltrane entdeckt und zuschätzen gelernt habe. Aber ich habees getan, und warum sollten es ande-re nicht auch tun.

SB: Was denkst du über junge Men-schen, die sich für globale Popproduk-te wie Lady Gaga begeistern oder einenHipHop glorifizieren, dessen Werte al-les andere als emanzipatorisch sind?

AW: Mich interessiert, warum sieLady Gaga mögen. Ich sehe in ihreine Art David Bowie. Als ich 13oder 14 Jahre alt war, war ich einDavid-Bowie-Fan. Ich war sogarim David-Bowie-Fanclub, was ichheute allerdings bedauere. Mich in-teressiert, wie Menschen diese Wi-dersprüche überwinden können.Was immer man von Lady Gaga,einem Massenprodukt der Kultur-industrie, halten mag, die Frage istdoch, ob die Kids anfangen, sich zufragen, warum sie Lady Gaga mö-gen. Wenn sie andere Dinge erle-ben, werden sie sich darüber hinausentwickeln und ihre WidersprücheSchritt für Schritt bewältigen. Ichbin mir nicht wirklich klar darüber,warum Jugendliche Lady Gaga an-hören, und gerade deshalb finde ichdiese Frage sehr interessant.

Hitzige Debatte ­ Keith Fisher, BenWatson, Andy WilsonFoto: © 2011 by SchattenblickSB: Die Jugendlichen, von denen dieRiots im Sommer ausgingen, schie-nen weitgehend in die Konformitätder herrschenden Popkultur einge-bunden zu sein. Woher, meinst du,kam dieser plötzliche antagonisti-sche Impuls?

AW: Es ist vergleichbar damit, daßArbeiter, die eigentlich reformistischdenken, den Kampf aufnehmen. Ichbin kein Reformist, sondern Revolu-tionär, aber ich verstehe, daß Refor-misten nicht aus ihrem Selbstver-

Page 4: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 4 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

ständnis heraus zu kämpfen begin-nen, sondern weil sie angegriffenwerden oder negativen Entwicklun-gen ausgesetzt sind. Werden sie dannmit neuen Vorstellungen konfron-tiert, die in ihrer Situation mehr Sinnmachen, dann verändern sie ihre Ein-stellung womöglich. Ich glaubenicht, daß eine bessere Kultur dieKids dazu brächte, eher oder ent-schiedener zu revoltieren. Aber ichwürde mit ihnen über ihre kulturel-len Vorlieben sprechen, um zu erfah-ren, wie sie denken und was dieseKämpfe mit mir zu tun haben.

SB: Meinst du, daß diese vor allemspontan ausgebrochenen Riots Ge-danken bei den Jugendlichen ansto-ßen werden, die ein Bewußtsein überihre gesellschaftliche Situationschaffen und in eine organisierte Be-wegung münden könnten?

AW: Das wird sicherlich bei einigender Fall sein, die verhaftet werdenoder auf andere Weise mit der Staats-gewalt zu tun bekommen. Es wirdKampagnen zu ihrer Verteidigunggeben. Die Riots selbst waren wie ei-ne Explosion. Es war etwa so, alshätte man den Deckel über Londongelüftet. Ich lebe in Hackney einigeStraßen entfernt von einer großenArbeitersiedlung. Als es losging, warich gerade in einem Pub. Ich hattedas erste Mal seit Jahren wieder dasGefühl, die Wirklichkeit Londons zuerleben.

In den Riots konnte man das Ergeb-nis von mehr als 20 Jahren sozialde-mokratischer Politik und deranschließenden Amtszeit der ToryParty erkennen. Es drückt sich in derGhettoisierung ganzer Stadtteile so-wie dem systematischen Abschrei-ben ganzer Schichten der britischenGesellschaft aus, die bereits unterhoher Arbeitslosigkeit und mangeln-den Ausbildungsmöglichkeiten lei-den. Die Menschen werden zurUnterschicht degradiert und bleibenin ihren Vierteln sich selbst überlas-sen. Das ging lange Jahre gut, dochmit dem Anwachsen des ökonomi-

schen Drucks kam es plötzlich zurExplosion. Wenn man sich auf einerKarte Londons anschaut, wo dieRiots ausbrachen, dann sieht man,daß es sich meist um die ärmsten Re-gionen Londons handelte. Es warenkeine Folgen der Gangkultur, son-dern innerstädtische Aufstände derärmsten, am meisten ausgeschlosse-nen Gruppen der Gesellschaft mittenim Herzen der britischen Hauptstadt.

Es war, als habe jemand alle Lichterangemacht, so daß man plötzlich dieWidersprüche im Zentrum des briti-schen Kapitalismus erkennen konn-te. Die Krise enthüllt sich in derPraxis und nicht dadurch, daß die re-voltierende Jugend über ein antika-pitalistisches Bewußtsein verfügt.Sie ist Produkt des Kapitalismus, unddiese Praxis wird nicht über sich hin-ausgehen, indem es zu immer mehrund immer größeren Riots kommt.Einige der jugendlichen Protestlersind im College und gehören der Stu-dentenbewegung an, die sich in denletzten Jahren gebildet hat. Dieseverbündet sich zusehends mit der Ar-beiterbewegung, die etwa mit denStreiks im öffentlichen Dienst all-mählich wieder auflebt. Wir hoffen,daß all diese Entwicklungen zusam-mengehen und dabei neue Ideen überOrganisation und Militanz entstehen.Was die jugendlichen Protestler, dievon der Polizei aufgegriffen wurden,betrifft, so geht es jetzt vor allemdarum, sie zu verteidigen. Im weite-ren Verlaufwerden die Entwicklun-gen, die den Riots zugrundelagen,auch die Proteste im öffentlichenDienst, der Pensionäre und Studen-ten befeuern.

In meinem Leben als Kommunist hatsich etwas ähnliches zum letzten Malbei den großen BergarbeiterstreiksEnde der 1980er Jahre zugetragen.Nach der Navy habe ich ein Studiuman der Universität aufgenommen.Meine Familie besteht schon seit Ge-nerationen aus Bergarbeitern. Ob-wohl Margaret Thatcher durch denSieg über die Bergarbeiter praktischdas Rückgrat der britischen Arbeiter-

klasse gebrochen hat und allgemeinein Gefühl der Niederlage vor-herrschte, begannen die verschiede-nen Teile der Arbeiterbewegungschon damals damit, sich in neuenBündnissen zu reorganisieren. Dieherrschende Klasse hat die Ausein-andersetzung mit großem institutio-nellen und finanziellen Aufwandbetrieben, weil sie wußte, daß dieBergarbeiter das Herz der britischenArbeiterklasse sind. So hat Thatcherdie Strategie verfolgt, den Stahlar-beitern Zugeständnisse zu machenund Kohlelager anzulegen, um dieBergarbeiter zu isolieren.

Nun haben die Herrschenden keinenManövrierraum mehr. Die heutigeConDem-Regierung greift die Stu-denten, den öffentlichen Dienst undalle anderen auf einmal an. Aufdereinen Seite hat sie keine Optionen,weil sie über keine Ressourcen fürderartige Spaltungsstrategien mehrverfügt, auf der anderen Seite hat siekeine Erfahrung im Umgang mit so-zialen Konflikten. Es ist eine neueGeneration von Tory-Abschaum.Wir stehen am Beginn eines umfas-senden Angriffs auf die Arbeiter-klasse, und schon in diesemanfänglichen Stadium erleben wirdie größten innerstädtischen Riotsund die größte studentische Protest-bewegung seit den frühen 1980erJahren. Damals wollten die ToriesStudiengebühren einführen, aber wirstoppten sie, indem wir mit großenDemonstrationszügen drei oder vierBrücken über die Themse blockier-ten und die Londoner City zum Still-stand brachten. Es war eine sehrgroße Studentenbewegung. In denfolgenden 20 Jahren hat es nichtsVergleichbares gegeben.

Vor anderthalb Jahren habe ich eineVeranstaltung über die Krise abge-halten und über meine Erfahrungenals Studentenaktivist berichtet. An-schließend sind einige Studenten ausdem Publikum auf mich zugekom-men und haben gefragt, wie man ei-ne Besetzung organisiert und wannman zu einem solchen Mittel greifen

Page 5: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 5

sollte. Sie fragten mich nach dentechnischen Details einer solchenAktion. Sie wußten nichts darüber,weil sie, wie sie mir erklärten, keineTradition des Protestes mehr hätten.Einige Monate später gab es überallim Land Besetzungen ohne dieseTradition und ohne die Kontinuitätkommunistischer Militanz unter Stu-denten. Sie haben diese Traditionwieder aufleben lassen.

SB: Wer gehört für dich zur Arbeiter-klasse? Meinst du nur Lohnabhängi-ge oder auch Erwerbslose undVersorgungsbedürftige?

AW: Mein Begriff von Arbeiterklas-se bezieht sich aufdie Menschen, diedas Problem lösen können. Das um-faßt weit mehr Menschen, als tradi-tionell zur Arbeiterklasse gezähltwerden. Wie ich schon gesagt habe,komme ich aus einer Bergarbeiterfa-milie. In der kleinen Stadt, in der ichaufgewachsen bin, gab es drei Koh-legruben. Seit der Niederschlagungder Bergarbeiterstreiks weisen dieStädte in dieser Region einen sehrhohen Prozentsatz an Langzeiter-werbslosen auf, inklusive allem, wasdamit einhergeht wie etwa Drogen-mißbrauch. Wir gehen davon aus,daß diese Menschen sich wieder er-heben werden. Das Problem derRiots in den Innenstädten bestehtdarin, daß die Jugendlichen nur rea-gieren, aber das Problem nicht lösenkönnen. Die einzigen, die das in Bri-tannien wirklich schaffen, sind orga-nisierte Arbeiter. Mit ihren Streiksstellen sie die Machtfrage. Du kannsteine Regierung mit Streiks in dieKnie zwingen. In den Riots greifenMenschen aus purer Verzweiflungörtliche Läden an, aber die Ladenin-haber stehen vielleicht auf der sozia-len Leiter nur eine Stufe höher als dievöllig Ohnmächtigen.

Die Regierung hofft, daß sie damitdurchkommt, die Polizeikräfte zuverstärken, härtere Gesetze zu verab-schieden und drakonische Strafen zuverhängen. Das wird sie sicherlichversuchen, um die Situation unter

Kontrolle zu bekommen. Aber dieMenschen, die dagegen etwas unter-nehmen können, befinden sich in derorganisierten Arbeiterbewegung. Ichbin auf jeden Fall der Ansicht, daß alldiejenigen, die von der kapitalisti-schen Gesellschaft unterdrückt wer-den, auf der Seite der organisiertenArbeiterbewegung stehen sollten.

SB: Welche Rolle wollt ihr als AMMdabei spielen und welche Bedeutunghat der Begriff der Subjektivität indieser Entwicklung?

AW: Was wir nicht wollen, ist, etwasähnliches wie die alte Kommunisti-sche Partei wiederzuerrichten, in derdie Arbeiterbewegung als eine ArtArmee fungiert, die von ihren Füh-rern mobilisiert wird, um Forderun-gen durchzusetzen. Ich habe inlangen Diskussionen festgestellt,daß niemand genau weiß, was unterrevolutionärem Bewußtsein zu ver-stehen ist. Einige Genossinnen undGenossen sind der Ansicht, daß dasrichtige Bewußtsein darin besteht,mit der Parteilinie übereinzustim-men und ihrer Doktrin gemäß zuhandeln, um den bourgeoisen Staatzu stürzen. Für mich schließt revo-lutionäres Bewußtsein viel mehr ein.Als Marx über revolutionäres Be-wußtsein sprach, meinte er damitnicht die Befolgung des Parteipro-gramms, auch wenn dies dazugehö-ren und die Festschreibung einesProgramms ein wichtiges Elementder Entwicklung revolutionären Be-wußtseins sein kann. Letzten Endessprechen wir darüber, daß die Men-schen auf fundamentale Art undWeise die Fähigkeit wiedererlangen,Selbstvertrauen zu entwickeln, zusprechen, zu kämpfen und dabei zurealisieren, daß sie die Gesellschaftkontrollieren können. Das beinhaltetFragen der Subjektivität und nichtnur das Abgeben eines Wahlzettelsoder den Beitritt zu einer klassen-kämpferischen Partei. Es geht dar-um, über die eigene Anteilnahme andiesen Dingen, über die eigene Ver-antwortung als Revolutionär nach-zudenken.

SB: Fürchtet ihr nicht, dabei eine In-dividuation nach Art der postmoder-nen Ideologie zu fördern, wo es amEnde "Anything goes" heißt?

AW: Ich sehe die Gefahr, daß man soüber uns denkt. Aber in dem, was wirtun, ist diese Gefahr nicht begründet.Wenn wir über Subjektivität spre-chen, dann meinen wir die Subjekti-vität menschlicher Wesen, die aufphysische und soziale Weise die Ar-beiterschaft verkörpern. In der bour-geoisen Kultur ist es nicht erlaubt,über die tiefsten subjektiven Erfah-rungen zu sprechen, weil siefurchterregend sein könnten. Diebourgeoise Kultur schließt sie aus.Nichtsdestotrotz ist diese tiefsteSubjektivität das, was wir mit allenanderen gemeinsam haben. Indemwie über Subjektivität sprechen, ver-suchen wir hervorzubringen, daß wirüber eine objektive Gemeinsamkeitverfügen.

Wir haben in unserem Vortrag heuteabend über Musik als eine Form derPsychoanalyse gesprochen. Psycho-analyse ist eine sehr diffizile Ange-legenheit. Man kann seine Freundenicht analysieren, weil das ein Af-front ist. Wir wollen eine Situationschaffen, in der jeder damit beginnenkann, die eigenen subjektiven Über-zeugungen auf politische Weise zuentwickeln. Wir meinen, die Logikdieses Prozesses ist militant und re-volutionär, nicht privat und nur sub-jektiv. Für uns gibt es keine bloßeSubjektivität. In den tiefsten Ab-gründen der Menschen haben wir al-le etwas miteinander gemein, unddas ist ausgesprochen objektiv.

Einer der Gründe, warum ich einsehr engagiertes Mitglied der SWPwurde, war ein Erlebnis bei einemTreffen der Studentenunion. Dorthielt ein Student, der aus einer rei-chen Familie kam und mit 20 Jahrenschon Millionär war, eine wirklichdämliche Rede. Einer der führendenSWP-Aktivisten fragte mich, warumich nicht aufstehe und eine Gegenre-de halte. Ich entgegnete ihm, daß ich

Page 6: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 6 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

kein Selbstvertrauen hätte und be-fürchtete, vor all diesen Leuten nurdumm dazustehen. Der SWP-Ge-nosse meinte, daß es doch darumginge, ob das, was ich zu sagen hät-te, wichtig sei oder nicht. Der Arbei-terklasse wird eingetrichtert, daßalles, was sie zu sagen hat, irrele-vant ist, während dieser Millionärvon Geburt an glaubt, daß alles, waser sagt, überaus wichtig ist. Der Ge-nosse forderte mich auf zu sprechen,nicht weil ich an mich glaube, son-dern aus der inneren Haltung her-aus, daß ich etwas wichtiges zusagen habe. Aus diesem Grund wur-de ich SWP-Mitglied. Als sie michausschlossen, begründeten sie diesdamit, daß ich Streit in die Partei ge-tragen hätte und loyaler hätte seinsollen.

Meiner Ansicht nach besteht meinBeitrag, den ich bei der SWP oderjeder anderen kommunistischen Or-ganisation einbringen kann, darin,Überlegungen zur herrschenden Si-tuation und ihrer Veränderung anzu-stellen. Dein besonderer Standpunktist der größte Beitrag, den du für ei-ne Organisation leisten kannst.Nicht mit allen anderen Aktivistin-nen und Aktivisten übereinzustim-men und Teil einer Masse zu sein,sondern an seiner Entwicklung alsKommunist zu arbeiten, auch wenndie Bürokraten dich dafür kritisie-ren, daß du aus der Reihe tanzst.Wenn wir uns nicht alle auf dieseWeise engagieren, wie sollte mandann eine revolutionäre Partei auf-bauen? Eine revolutionäre Partei istein Versuch, die Klassenerfahrungzu generalisieren und etwas zuschaffen, was darüber hinausgeht.Wenn man diese Erfahrungen nichteinbringt, dann hat man nichts ande-res beizutragen als etwa den Verkaufder Parteizeitung. In dem Moment,in dem du deine Kritik artikulierst,wird dir gesagt, daß das nur deinesubjektive Meinung sei. Aber einerevolutionäre Partei besteht aus sol-chen Meinungen und aus der Zu-sammenkunft der Aktivistinnen undAktivisten.

Das Wort Subjektivität ist überfrach-tet, denn in unserer Gesellschaftmeint es deine private Einstellung. Inder Konsumgesellschaft ist der Ver-braucher König, und wir können al-le die Kleidung kaufen, die unserePersönlichkeit ausdrückt. Aber wirtragen doch alle dieselben blödenKlamotten, und es gibt ohnehin nurzehn große Ladenketten. Dement-

sprechend wirst du als Aktivist fürdeinen subjektiven Beitrag kritisiert,aber es ist deine Pflicht, die eigeneSituation zu verstehen, indem du sieals Marxist analysierst und zurückins Kollektiv bringst.

Fußnote:

[1 ] http://www.schattenblick.de/inf-opool/musik/report/murb0003.html

BOULEVARD / TEST & SPASS / KALENDERBLATT

Kurzweiliges für Freitag,, den 18. November 2011Aphorismus

Verkennung unendlich

Den unendlichen Ozean der Verkennungzu überbrücken, kann nur gelingen,wenn ihm weitere Verkennungenhinzugefügt werden.

HB

Wo St. Pauli noch nicht vollends gentrifiziert ist ...Fred's Schlemmer Eck am Hamburger Berg 10Foto: © 2011 by Schattenblick

Page 7: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 7

In Ostafrika breitet sich unter denKassawa-Pflanzen eine Viruskrank-heit aus, die beträchtliche Erntever-luste auslöst und sich zu einerEpidemie weiterentwickeln könnte.Davor warnte diese Woche Mittwochdie FAO (Food and Agriculture Or-ganization) der Vereinten Nationen.[1 ]

Durch den Befall mit der von Virenübertragenen Cassava Brown StreakDisease (CBSD) ist insbesondere dasGebiet der Großen Seen mit denLändern Ruanda, Uganda, Burundisowie DR Kongo und Tansania be-troffen. Die FAO hat einen dringen-den Appell ausgesprochen, mehrGeld in die Erforschung des Virus,die Überwachung der Anbauflächeund Ausbildung der Bauern, damitsie Schutzmaßnahmen gegen die Vi-rusverbreitung einhalten, zu inve-stieren. Die PflanzenkrankheitCBSD tritt zusätzlich zum weit ver-breiteten Befall von Kassawa mitdem Mosaikvirus Cassava MosaicDisease (CMD) auf und hat ihn hin-sichtlich des angerichteten Schadensabgelöst.

Die ostafrikanische Bevölkerung be-streitet rund 30 Prozent ihrer tägli-chen Kalorienzufuhr über Kassawa,in Uganda ist die Knolle sogar für 80Prozent der Bevölkerung das Haupt-nahrungsmittel. Bei einer Infektions-rate von 85 Prozent im Jahr 2008 läßtsich ahnen, wie folgenschwer dieVerluste in diesem Land wiegen. [2]In ganz Ostafrika ist sowohl die Er-nährungs- als auch ökonomischeGrundlage von 200 Millionen Men-schen in Ostafrika durch das Virusgefährdet. [3]

Die Forschungsorganisation Consul-tative Group in International Agri-

cultural Research schätzt, daß CBSDeinen Schaden in Höhe von über 100Millionen US-Dollar im Jahr 2003verursacht hat. In Ostafrika werdenpro Jahr über 30 Millionen TonnenKassawa produziert. Die Knolle istvergleichsweise genügsam, siewächst auch in nährstoffarmen undwenig feuchten Böden. Sie kannzwei Jahre im Boden bleiben und istaus diesen Gründen besonders fürSubsistenzbauern gut geeignet. Kas-sawa wird aber auch industriell an-gebaut, beispielsweise für dieStärkeproduktion.

Wissenschaftler vermuten, daß derKlimawandel generell die Ausbrei-tung von Pflanzenkrankheiten ver-stärken wird. Das könnte bereits indiesem speziellen Fall für CBSD zu-treffen, wenngleich die Experten da-zu noch keine gesicherten Erkennt-nisse haben. Sie forschen daran. Tratdie Viruskrankheit zu Beginn des 20.Jahrhunderts hauptsächlich in ostafri-kanischen Küstenregionen endemischauf, was dort keine größeren Verlustenach sich zog, wanderte sie vor eini-gen Jahren nach Zentral- und Südwe-stuganda, Westkenia und in denNordwesten sowohl Tansanias alsauch der DR Kongo. Außerdem wirddas Pflanzenpathogen in immer grö-ßere Höhen angetroffen. Die tenden-zielle Erwärmung Ostafrikas in denzurückliegenden Jahren könnte alsodie Ausbreitung des Virus beschleu-nigt haben.

Doch das Virus selbst wandert nicht,sondern der Träger, die Weiße Flie-ge. Bemisia tabaci, eine Variante die-ser Mottenschildlaus, die sich vonPflanzensaft ernährt, gedeiht optimalbei Temperaturen zwischen 27 und30 Grad Celsius. Eine Erhöhung derDurchschnittstemperatur, wie sie tat-

sächlich für Teile Ostafrikas in denletzten Jahren registriert wurde,könnte also die Vermehrung undVerbreitung dieses Pflanzenschäd-lings begünstigen.

Ein Befall der Kassawa ist nicht im-mer an den vergilbten Blättern zu er-kennen. Je nach Region kann dieganze Knolle Schaden erleiden odernur die Knollenspitze. Es gibt zwarKassawa-Arten, die tolerant gegen-über CBSD sind, aber regelrecht re-sistente Arten wurden bislang nochnicht entdeckt. Auch an der Resi-stenzentwicklung wird noch ge-forscht. Bis dahin wird versucht,anfällige Arten zumindest durch to-lerante Arten zu ersetzen. Durch be-stimmte Handhabungen der land-wirtschaftlichen Werkzeuge - insbe-sondere gründliches Reinigen - undim hygienischen Umgang mit derKnolle, dem Stengel und den Blät-tern kann zumindest eine allzu ra-sche Verbreitung des Virusverhindert werden, aber vollständigaufhalten läßt es sich dadurch nicht.

In vergangenen Jahr hat das NationalAgricultural Research Institute Ru-andas eine Untersuchung durchge-führt und dabei festgestellt, daß 15,7Prozent der lokalen Kassawa-Artenund sogar 36,9 Prozent der verbes-serten Arten von der Infektion befal-len sind. [4]

Keine der Kassawa-Varianten, diezur Zeit an die Bauern ausgegebenwerden, scheint tolerant gegenüberCBSD zu sein, berichtete Jan Helsen,Leiter der von der EuropäischenUnion finanzierten Regional Cassa-va Initiative in Eastern and CentralAfrica der FAO. Es sei dringend er-forderlich, mehr über die Ausbrei-tung und Schwere des Ausbruchs zu

POLITIK / REDAKTION AFRIKA

Verstärkt Klimawandel die Ausbreitung des Kassawa-Virus CBSD?

FAO warnt vor drohender Epidemie eines PflanzenpathogensGrundnahrungsmittel Kassawa für viele Millionen Einwohner Ostafrikas gefährdet

Page 8: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 8 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

erfahren, tolerante Pflanzenarten zuidentifizieren und landwirtschaftli-che Strategien im Umgang mit derPflanze zu entwickeln. Dazu habedas International Institute of Tropi-cal Agriculture (IITA) schon guteVorarbeit geleistet.

Das Hauptproblem bei der Identifi-zierung der Krankheit hat damit zutun, daß zwar die Blätter normal aus-sehen, aber dennoch die Knollenspit-ze befallen sein kann und die Bauerndas natürlich erst sehen, wenn sie dieKassawa ausgegraben haben. Dasaber ist bereits der Zeitpunkt, an demdie Knolle verbraucht oder verkauftwerden soll. Also kommt es vor, daßein Bauer erst zum Zeitpunkt derErnte mitbekommt, daß er und seineFamilie eine geringere oder gar kei-ne Ernte einfahren und vor dem Ruinstehen.

Für die nächsten Jahre und Jahrzehn-te rechnen Klimaforscher damit, daßsich Afrika weiter erwärmt und sichdie Klimazonen verschieben. Inmanchen Studien wird sogar von derEntstehung gänzlich neuer Klimazo-nen ausgegangen. In dem Zusam-menhang wird von zwei Trends

gesprochen. Erstens: Eine Reihe vonPflanzenarten wird das Tempo, mitdem sich das Klima ändert, nichtmitmachen und verschwinden.Zweitens: Pflanzenpathogene neh-men zu. Beide Entwicklungen ver-schärfen den sowieso schon schwer-wiegenden Nahrungsmangel unterden Menschen Afrikas.

Der Alarmruf der FAO wegen desBefalls von Kassawa mit der Virus-krankheit CBSD und der Warnung,daß die Ausbreitung an der Schwel-le zur Epidemie steht, erfolgt durch-aus passend zur UN-KlimakonferenzEnde November, Anfang Dezemberin Durban, Südafrika. Dort treffensich führende Vertreter der UN-Mit-gliedsstaaten, um über eine Nachfol-geprogramm zum Kyoto-Protokoll,das am 31 . Dezember 2012 ausläuft,zu beraten. Die Gefährdung der Er-nährungsgrundlage von HundertenMillionen Bewohnern der Erde alsFolge des Klimawandels wird zwareines der Schwerpunktthemen derVerhandlungen, aber zurückliegendeKonferenzen dieser Art haben ge-zeigt, daß auf ihnen nicht nur vielüber heiße Luft diskutiert, sondernselbige auch produziert wird .. .

Anmerkungen:

[1 ] "Cassava virus on verge of epide-mic in East Africa", FAO, 16,November 2011 http://www.fao.org/news/story/en/item/94313/icode/

[2] "East Africa: New Cassava Di-sease Threatens East Africa", DailyTrust, 1 6. November 2011http://allafrica.com/stories/201111170130.html

[3] "Rescue Cassava from being de-stroyed by a 'new disease'", Associa-tion for Strengthening AgriculturalResearch in East and Central Africa(ASARECA), aus dem Internet ab-gerufen am 17. November 2011http://www.asareca.org/-resources/reports/ASAR_artic-leCBSD.pdf

[4] "East Africa: Urgent Action Nee-ded to Stem Cassava Virus Threate-ning Region - UN Agency", 1 6.November 2011 http://allafri-ca.com/stories/201111161079.html

POLITIK / KOMMENTAR

Obama droht - Strategische Offensive im asiatisch-pazifischen Raum

Man könnte es als offenes Geheim-nis bezeichnen, daß die VereinigtenStaaten und ihre Verbündeten aufmittlere und lange Sicht die Konfron-tation mit China und Rußland su-chen. Im erbitterten Ringen umgeostrategische Ausgangslagen undZugriff auf die schwindenden Sour-cen des Überlebens forcieren Wa-shington und die NATO dieEinkreisung und Einschnürung bei-der konkurrierenden Großmächte, anderen Schwächung und letztendli-chen Unterwerfung sich das Schick-sal der USA als globale Übermachtentscheidet. In Osteuropa ist das at-

lantische Bündnis bis an die russischeGrenze vorgerückt, in Asien treibtWashington unter enger EinbindungTaiwans, Südkoreas und Japans dasContainment Chinas voran. Zwi-schen beide schiebt sich der Stoßkeilwestlicher Kriegsführung bis in denzentralasiatischen Raum vor.

Wenngleich die verlustreichen Feld-züge im Irak und in Afghanistannoch längst nicht beendet sind undman dem Iran mit einem Angriffs-krieg droht, verstärken die USA ihrewirtschaftliche wie militärische Prä-senz im asiatisch-pazifischen Raum.

Vor dem 19. Gipfeltreffen der Süd-ostasiatischen Staatengemeinschaft(ASEAN) in Indonesien umriß Prä-sident Barack Obama während einerRede vor dem australischen Parla-ment in Canberra die Strategie seinesLandes in dieser Weltregion:

"Nach einem Jahrzehnt mit zweiblutigen und teuren Kriegen wendendie USA ihre Aufmerksamkeit nunauf das riesige Potenzial der Asien-Pazifik-Region. [1 ] Ich habe einestrategische Entscheidung getroffen:Als Pazifiknation werden die USAeine größere und langfristigere Rol-

Page 9: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 9

le in der Gestaltung dieser Regionund ihrer Zukunft spielen. Wir sindhier, und wir werden hier bleiben."Die US-Präsenz genieße für seineRegierung oberste Priorität. Redu-zierungen der Ausgaben seines Lan-des für Verteidigung erfolgten nichtzu Lasten dieses Ziels. Da außer derMehrheit der Atommächte auch"rund die Hälfte der Menschheit" inAsien beheimatet sei, werde die Re-gion "in hohem Maße bestimmen, obdas kommende Jahrhundert vonKonflikt oder Zusammenarbeit, un-nötigem Leid oder menschlichemFortschritt gekennzeichnet seinwird", sagte Obama. [2]

Die explizite Warnung vor Konflik-ten, die Erwähnung der Atommächteund der Verweis auf die volle Kriegs-kasse verliehen der Rede des US-Prä-sidenten einen bellizistischenUnterton, der keinen Zweifel an derBereitschaft Washingtons ließ, dieHegemonialinteressen mit militäri-schen Mitteln durchzusetzen. Wie umkeinen Zweifel am Adressaten dieserDrohkulisse zu lassen, fügte Obamahinzu, man werde sich um weitereMöglichkeiten einer Zusammenar-beit mit Peking bemühen, daruntereine bessere Kommunikation zwi-schen den Streitkräften beider Län-der. Dadurch sollten ein besseresVerständnis gefördert und Fehlkalku-lationen vermieden werden. WieObama betonte, fürchte man Chinanicht und wolle das Land nicht vonseinen Wirtschaftsbündnissen imasiatisch-pazifischen Raum aus-schließen. Die USA erwarteten je-doch, daß Peking die Verpflichtungenanerkenne, die es mit sich bringe, ei-ne Weltmacht zu sein.

Zuvor hatte Obama den Ausbau derUS-Streitkräfte auf dem australi-schen Kontinent angekündigt. BisMitte 2012 sollen Militärflugzeugeund bis zu 2.500 Mann, darunter vie-le Elitesoldaten der Marines, nachDarwin in den Norden des Kontin-ents verlegt werden. Sie könnten inkürzester Zeit Hilfsaktionen startenoder auf Sicherheitsaspekte in der

Region reagieren, erklärte Obamaeuphemistisch. Ziel sei ein Signal,daß die beiden Länder im Angesichtjeglicher Gefahr zusammenhielten,unterstrich US-Verteidigungsmini-ster Leon Panetta. Australiens Pre-mierministerin Julia Gillard erklärte,der Schritt werde die Zusammenar-beit beider Länder in der Regionstärken. Die wechselweise Behaup-tung, diese Vereinbarung schaffe kei-nen US-Militärstützpunkt inAustralien und sei nur von vorüber-gehender Dauer, kann man getrostunter Propaganda zur Beschwichti-gung der australischen Öffentlichkeitverbuchen.

Berücksichtigt man, daß Darwin nur820 Kilometer von Indonesien ent-fernt ist, zeichnet sich das VorhabenWashingtons ab, neben den Stütz-punkten in Japan und Südkorea, dieseit dem Zweiten Weltkrieg existie-ren, nun auch den südlichen Teil derGroßregion besser abzudecken. DasSüdchinesische Meer ist der mariti-me VorhofChinas und dessen wich-tigster Handelsweg, weshalb esPeking als seine Einflußsphäre aus-gewiesen hat, in der man keine Ein-mischung der USA dulde. Diesenehmen jedoch wie selbstverständ-lich für sich in Anspruch, ihre Flug-zeugträgerverbände und U-Boote bisdicht vor die chinesische Küste zusteuern, als sei dies nicht pure Ag-gression, sondern die selbstverständ-liche Gepflogenheit einer globalenOrdnungsmacht. Umgekehrt wirddas Flottenprogramm Pekings zu ei-ner expansionistisch motivierten Be-drohung der gesamten Regionerklärt, der man frühzeitig entgegen-treten müsse. Wie nicht anders zu er-warten, äußerte das chinesischeAußenministerium Zweifel an derNotwendigkeit der US-Truppen inAustralien, was noch eine zurückhal-tende Reaktion auf die offensichtli-che Stoßrichtung dieser verstärktenMilitärpräsenz war.

Inzwischen ist Barack Obama zumGipfeltreffen der asiatischen Staats-und Regierungschefs nach Indonesi-

en weitergereist. Die USA sind erst-mals zu einem Gedankenaustauschmit den ASEAN-Staaten und ihrenPartnern in der Region, darunterChina und Japan, eingeladen. [3] Aufder indonesischen Insel Bali wollendie führenden Repräsentanten derzehn Mitgliedsländer Birma, Brunei,Indonesien, Kambodscha, Laos, Ma-laysia, Philippinen, Singapur, Thai-land und Vietnam unter anderemüber die bis 2015 angestrebte Frei-handelszone beraten. Die Anwesen-heit Wen Jiabaos und BarackObamas dominiert in ihrer Polaritätdas Gipfeltreffen, das dadurch fastschon den Charakter einer wirt-schaftlichen, politischen und letztenEndes militärischen Richtungsent-scheidung, zumindest aber einerdiesbezüglichen Sondierung an-nimmt. [4]

Der erste offizielle Beschluß desGipfels, daß Birma im Jahr 2014 denASEAN-Vorsitz übernimmt, be-scherte den USA eine diplomatischeNiederlage. Sie wollten dem Landnoch keinen normalen Status zuge-stehen, da die Militärjunta erst imMärz beendet und von einer "diszi-plinierten Demokratie" abgelöstwurde. [5] Für Birma, das fast 50Jahre von Militärs regiert und dreiJahrzehnte lang geächtet war, ist diesein beispielloser diplomatischerDurchbruch, für die USA ein Nasen-stüber, den Washington zähneknir-schend hinnehmen muß, da sehr vielmehr in dieser Weltregion auf demSpiel steht.

Fußnoten:

[1 ] http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1 518,798305,00.html[2] http://orf.at/stories/2089911 /[3] http://www.stern.de/politik/aus-land/obama-in-australien-usa-will-pazifik-beziehungen-staerken-1752146.html[4] http://www.dw-world.de/dw/function/0,,1 23370_cid_15538298,00.html[5] http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1233147

Page 10: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 1 0 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

Xabier MakazagaDemokratie und Folter - Das Beispiel Spanien

SPUCKNAPF / SCHNAPPSCHUSS

BUCH / SACHBUCH / REZENSION

Demokratie und Folter, passen dieseBegriffe überhaupt zusammen?Schließen sie sich nicht - zugespitztgefragt - definitionsgemäß aus, weildie Einhaltung der Menschenrechteund damit die Erfüllung des Rechts-staatsversprechens innerstes Merk-mal eines demokratischen Staatessei, weshalb, sollte es doch einmal zusolchen Übergriffen kommen, diestaatlichen Kontrollmechanismenund -institutionen greifen, den Miß-stand beheben und die Verantwortli-chen zur Rechenschaft ziehenwürden? Viele Menschen, nicht nurin Spanien, sondern auch in den üb-

rigen Staaten der sogenannten inter-nationalen Gemeinschaft, die sichzur Schutzpatronin von Demokratieund Menschenrechten erklärt hat,würden wohl Einwände dieser Arterheben, sollten sie mit der Aussage,daß Folter auch in Demokratien eingroßes Problem darstellt oder dar-stellen könnte, konfrontiert werden.

Gerade weil die meisten MenschenFolter und Diktatur synonym zu set-zen gewohnt und deshalb geneigtsind anzunehmen, daß Folter undDemokratie miteinander unvereinbarwären, dürfte das Ende 2009 in Spa-

nien erschienene Buch des baski-schen Aktivisten Xabier Makazagaüber Folter bzw. Foltervorwürfe inSpanien in seiner im Verlag Assozia-tion A in diesem Jahr herausgebrach-ten deutschsprachigen Ausgabe mitdem Titel "Demokratie und Folter -Das Beispiel Spanien" versehenworden sein. Xabier Makazaga, umdies gleich vorwegzunehmen, istkein neutraler Beobachter oder un-parteiischer Berichterstatter in dieserhochbrisanten und politisch prekärenThematik. Als Aktivist der baski-schen Unabhängigkeitsbewegungging er in den 1980er Jahren nachFrankreich, wo er verhaftet wurdeund eine zehnjährige Gefängnisstra-fe verbüßte, bevor er an Spanien aus-geliefert wurde.

Als Betroffener schilderte er die Si-tuation nach seiner Festnahme inFrankreich auf eine Weise, die alssubjektiv bewertet werden mußschon deshalb, weil es zur Objekti-vierung des Geschilderten der Bestä-tigung einer Instanz bedürfte, die zuTatsachenfeststellungen dieser Art injuristischer und damit auch politi-scher Hinsicht autorisiert ist:

Wenn nicht wirklich so oft mit soschrecklichen Folgen an die spani­schen Folterer ausgeliefert wordenwäre ­ wie könnte man uns glaubenmachen, dass uns eben dieses Schick­sal unmittelbar bevorstehen würde?Die ganze Macht der psychologi­schen Folter liegt in der höllischenAngst, die das Opfer verspürt, wennes davon überzeugt ist, in den hinrei­chend bekannten Klauen derer zulanden, die es aus den Berichten der­jenigen kennt, die früher in dieseHölle hinab gestiegen sind.Ich musste diese bittere Erfahrung1987 nach meiner Verhaftung inBordeaux machen. In diesem Jahr

Page 11: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 11

hatten die französischen Behördenmit dem juristischen Argument Ge­fahr im Verzug über hundert baski­sche Flüchtlinge den spanischenFolterern überlassen. Zur selben Zeitnutzten sie die erzeugte allgemeineAngst, um falsche Geständnisse zubekommen. (S. 76)Die Tatsache, daß der heute in Brüs-sel lebende Autor dieses Buch - wieschon sein vorheriges, das im Jahre2008 für das im (spanischen) Bas-kenland aktive AntifolterkomiteeTAT ("Torturaren Kontrako Taldea")verfaßte Werk "Das Netz. Folter imRechtsstaat Spanien" ("La red. Eltormento en la España constitucio-nal") - aus eigener Betroffenheit undpolitischer Überzeugung verfaßt hat,berührt den Wahrheitsgehalt seinerSchilderungen und Ausführungennicht unbedingt. Der Begriff "Wahr-heit" beinhaltet nämlich entgegender weitverbreiteten Vorstellung kei-neswegs eine neutrale Position bzw.Objektivität. Die gemeinsame indo-germanische Wortwurzel "uer" desalt- wie mittelhochdeutschen Adjek-tivs "war" und des lateinischen Wor-tes "verus" in der Bedeutung von"vertrauenswert" deutet an, daß die-ses Wort ursprünglich bedeutete, je-mandem "eine Gunst oderFreundlichkeit zu erweisen". Eben-sowenig, wie die Schilderungen Ma-kazagas per se als "Wahrheit"ausgewiesen werden können, lassensie sich ad hoc widerlegen. Wer dereinfach anmutenden Frage, ob imheutigen Spanien noch gefoltertwird, nachgehen und sie unter Ver-wendung seriöser Quellen beantwor-ten möchte, steht letzten Endes vorder Entscheidung, wessen "Wahr-heit" er geneigt ist zu glauben undwessen nicht.

Im Prolog des Buches wird daraufhingewiesen, daß die Berichte vonMenschenrechtsgruppen ein Bildzeichnen, das der vorherrschendenAuffassung, die Folter sei in Spani-en während des Übergangs von derFranco-Diktatur zur Demokratie ver-schwunden, widerspricht. So soll die

in Madrid ansässige Organisation"Koordination zur Folterprävention"C.P.T. ("Coordinadora para la Pre-vención de la Tortura") in ihren Be-richten festgestellt haben, daßzwischen 2001 und 2009 "minde-stens 6310 Personen angezeigt [ha-ben], dass sie im polizeilichenGewahrsam oder Gefängnis gefoltertoder misshandelt worden seien" (S.1 3). Strenggenommen stellt eineFolteranzeige keinen juristisch be-lastbaren Beweis dar, daß der Betrof-fene tatsächlich gefoltert wurde. Erkönnte, und genau dies ist die Argu-mentation der spanischen Behörden,die Vorwürfe aus der Luft gegriffenhaben zu dem ausschließlich poli-tisch motivierten Zweck, Spanien zudiskreditieren.

Xabier Makazaga hat diesen Einwandin seinem Buch keineswegs ausge-spart, sondern ist ihm nachgegangen.Die Behauptung, daß Menschen, dieim Zusammenhang mit dem politi-schen Konflikt im Baskenland ver-haftet werden, fälschlicherweiseFoltervorwürfe erheben würden, umden Behörden zu schaden, ist dem-nach im heutigen Spanien weit ver-breitet. Ihre historischen Wurzelnreichen bis in die ersten Jahre derÜbergangszeit von der Diktatur zurDemokratie ("Transición") zurück,als sich Folterfälle bzw. -vorwürfehäuften und die Behörden behaupte-ten, derartige Methoden, also die an-geblich fälschlicherweise erhobenenAnschuldigungen, wären "eine gän-gige Methode der terroristischen Or-ganisationen, um die Sicherheits-kräfte zu diskreditieren und die Gunstder Bevölkerung zu gewinnen" (S.36). 2003 wurde zudem zum erstenMal behauptet, Festgenommene wür-den mit ihren Foltervorwürfen"haarklein den Anweisungen einesHandbuchs, in dem den Mitgliedernempfohlen wird, Folter anzuzeigen"(S. 37) folgen.

Dieses Buch soll 1 998 bei einemETA-Kommando sichergestellt wor-den sein. In der Folgezeit berief sichdie spanische Regierung, um die ge-

gen sie erhobenen Vorwürfe zu ent-kräften, mehr und mehr auf diesesangebliche ETA-Handbuch, so auchgegenüber dem UN-Beauftragten fürFolter sowie dem "EuropäischenKomitee zur Verhütung von Folterund unmenschlicher oder erniedri-gender Behandlung oder Strafe"(CPT - "Committee for the Preventi-on ofTorture"), das durch die Euro-päische Antifolterkonvention desEuroparates von 1987 autorisiert ist,sämtliche Haftorte in den Mitglied-staaten unangekündigt zu untersu-chen. Wie Makazaga in seinem Buchdarlegt, hat die baskische Menschen-rechtsgruppe TAT das vermeintliche"ETA-Handbuch" analysiert. IhrerAuffassung nach könne es "schwer-lich der bewaffneten Organisationzugeschrieben werden" und stehe indem Verdacht, von Polizeikräftenverfaßt worden zu sein. Zwei andereDokumente, die dem TAT-Berichtzufolge tatsächlich bei ETA-Mitglie-dern gefunden worden sein könnten,würden im Gegensatz zu den im an-geblichen ETA-Handbuch empfoh-lenen, laut TAT nahezu lächerlichenund teilweise unmöglich umsetzba-ren anempfohlenen Verhaltenswei-sen Ratschläge enthalten, "wie mandie Folter überstehen könne" (S. 38).

Das Dilemma des Wahrheitsbegriffskommt in diesem Punkt ebenso zumTragen wie in der grundsätzlichenFrage, ob im Spanien der Nach-Franco-Zeit noch immer gefoltertwerde oder nicht. Das vorliegendeBuch zum Thema ist nicht etwa des-halb jedem Interessierten dringendzu empfehlen, weil es dem Autor ge-lungen wäre, den Gordischen Kno-ten zu lösen und einen finalenBeweis für seine Kernaussage derFolter in Spanien zu erbringen. Wiehätte ihm oder einem anderen Auto-ren oder Publizisten dies auch gelin-gen können, wenn sogar Gerichts-urteile höchster spanischer Gerichte,in denen Polizisten oder Angehörigeder Guardia Civil wegen Folter ver-urteilt wurden, in ihrer politischenWirkung vollständig absorbiert wer-den durch die zur inoffiziellen

Page 12: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 1 2 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

Staatsdoktrin Spaniens erklärten Be-hauptung, es gäbe keine Folter?

Xabier Makazaga hat derartige Ge-richtsurteile in seinem Buch keines-wegs ausgelassen. So schilderte erden Fall der Juanita Goikoetxea, dieim Alter von über 50 Jahren am 7. Ja-nuar 1982 festgenommen und an-schließend ohne Auflagen wiederfreigelassen wurde. Beim Verhördurch die Guardia Civil hat sie dieFoltermethoden durchlitten, von de-nen in jenen Jahren rund 80 Prozentder Gefolterten betroffen gewesensein sollen. Sie wurde mit Händenund Füßen an eine Eisenstange gefes-selt, so daß sie mit ihrem ganzen Ge-wicht daran hing, und mitElektroschocks und Schlägen so sehrtraktiert, daß ihr Kopf nach ihrer Frei-lassung "völlig verformt" wirkte (S.117) und die Spuren des "Verhörs" amganzen Körper sichtbar waren.

Fünf Jahre später wurden fünfBeam-te der Guardia Civil deshalb zu vierMonaten Haft und einem auf vier Jah-re befristeten Verbot jeglicher Amts-ausübung verurteilt. Die FolterungJuanita Goikoetxeas war aufgrund ih-rer schweren, unübersehbaren unddeshalb kaum zu leugnenden Verlet-zungen von Gerichts wegen bestätigtworden. Der Oberste GerichtshofSpaniens bestätigte die Verurteilungder fünfBeamten im März 1992. Zudiesem Zeitpunkt hatten zwei von ih-nen entgegen des ihnen auferlegtenBetätigungsverbots in öffentlichenÄmtern bereits eine steile Karriere imstaatlichen Sicherheitsapparat ge-macht, worüber sich der Richter, derdie Urteile gegen die fünf Guardia-Civil-Beamten verhängt hatte, be-schwerte. Das Schlußwort sprach indieser Angelegenheit die Regierungdes damaligen MinisterpräsidentenFelipe Gonzáles von der PSOE, diealle fünf wegen Folter verurteiltenBeamten begnadigte.

Ein einziges Mal kam es in Spanienzu einer Verurteilung von Polizistenwegen Folter mit Todesfolge. DasETA-Mitglied Joxe Arregi war am 4.

Februar 1981 von der Policía Nacio-nal verhaftet worden. Nachdem erneun Tage später in ein Haftkranken-haus überstellt worden war, lebte ernur noch wenige Stunden. Die offi-zielle Todesursache lautete laut ge-richtsmedizinischem Gutachten: "einVersagen der Atemorgane, verur-sacht durch eine Bronchial- undLungenbeeinträchtigung mit zwei-seitigem starken Lungenödem undErguss in beiden Lungenflügeln so-wie im Herzbeutel" (S. 55). Dies giltals typische Folge der "bañera", wiein Spanien die berüchtigte Wasser-folter genannt wird, bei der der Kopfdes Opfers unter Wasser gehaltenwird. Wie Makazaga schilderte, hät-ten heimlich gemachte Fotos vonseinem Leichnam die Vertuschungdieses Falls verhindert sowie zu ei-nem Generalstreik im Baskenlandgeführt, der das wirtschaftliche Le-ben lahmgelegt hätte. Wie erst 2009bekannt geworden sei, hätte der in-zwischen verstorbene Anwalt entge-gen eines strikten behördlichenVerbots den Sarg geöffnet.

Die damalige Regierung leitete Un-tersuchungen ein, die ergaben, daß73 Polizisten an dieser Folterung be-teiligt gewesen sein sollen. Als fünfvon ihnen angeklagt wurden, kam eszu massiven Protesten seitens hoherPolizeifunktionäre wie auch der Mi-litärführung. Nur zwei Polizistenwurde schließlich der Prozeß ge-macht. In erster Instanz wurden siefreigesprochen, doch der ObersteGerichtshof verhängte, da der zu To-de Gefolterte eindeutige Verbren-nungsspuren an den Fußsohlenaufwies, Strafen von zwei bzw. dreiMonaten Arrest sowie ein drei- bzw.zweijähriges Verbot der Berufsaus-übung. Auch diesen beiden Polizi-sten stand diese Verurteilung wegenFolter nicht im Wege. Sie wurdenmehrfach befördert und bekleidetenhohe Posten im Sicherheitsapparat.Makazaga schrieb, der Begriff 'bañe-ra' sei "im kollektiven Bewussteinder baskischen Bevölkerung mit demGrauen der Wasserfolter verbunden".(S. 60)

Nach Ansicht der spanischen Regie-rung und Behörden, die die Auffas-sung vertreten, es werde in Spaniennicht gefoltert, sind dies isolierteEinzelfälle. Zwischen dieser Positi-on und der Ansicht des Autors undder Herausgeber, daß die Folter inSpanien weit verbreitet sei, läßt sichkein gemeinsamer Nenner definieren- sie stehen einander diametral undkeineswegs "auf gleicher Augenhö-he" gegenüber. Wer sich auf der Ba-sis des verfügbaren Faktenmaterialsund unter Berücksichtigung derQuellenproblematik ein eigenes Ur-teil bilden und die jeweiligen Argu-mentationsstränge und Behaup-tungen hinsichtlich ihrer Plausibili-tät und Glaubwürdigkeit prüfenmöchte, wird in dem vorliegendenBand umfangreiche und ergiebigeAnhaltspunkte finden.

Wer heute öffentlich kundtut, daß inSpanien nicht gefoltert werde, hatnicht die geringsten Repressalien zuerwarten. Wer hingegen Foltervor-würfe gegen spanische Behörden er-hebt, läuft Gefahr, selbst strafrecht-lich verfolgt zu werden. So schildertder Autor den Fall des ehemaligenChefredakteurs der 2003 geschlosse-nen baskischen Zeitung Egunkaria,Martxelo Otamendi, der fünf Tagelang in Isolationshaft gehalten undwährenddessen unter anderem auchmit der "Bolsa" gefoltert wurde. Ineinem am 21 . April 2010 veröffent-lichten Interview mit der BerlinerZeitung erklärte der renommierteJournalist, daß die "Bolsa" eine "ArtPlastikhaut" sei,

die sich auf das Gesicht legt. Wennman dann einatmet, zieht sie sich indie Nasenlöcher und in den Mundhinein. Man hat den Eindruck, manmüsse sofort ersticken. Diese Art derFolter ist aus den Diktaturen Süd­amerikas bekannt. (S. 60, Anmer­kung 75)Die Vorwürfe, die Zeitung sei vonETA finanziert worden oder habeETA finanziert ließen sich ebenso-wenig beweisen wie der Vorwurf, bei

Page 13: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 1 3

der Redaktionsleitung handele essich um ETA-Mitglieder. Der Berli-ner Zeitung zufolge hatte der Natio-nale Gerichtshof im April 2010ausdrücklich festgestellt, daß es da-für nicht das geringste Indiz gegebenhabe, die Schließung der Zeitung seinach Auffassung der Richter dasProdukt der "engstirnigen und irri-gen" Vorstellung gewesen, "dass al-les, was mit der baskischen Spracheund Kultur zu tun hat, zwangsläufigunter der Kontrolle von ETA stehenmüsse". Otamendi wurde 2010 frei-gesprochen, da die Richter dieSelbstbezichtigungen, die er in derfünftägigen Isolationshaft unter-schrieben hatte, als "unglaubwürdig"zurückwiesen und damit, wenn auchindirekt, Otamendis Foltervorwürfebekräftigten. Der Journalist hatte2003 nach seiner Freilassung vorlaufenden Kameras, sichtlich ge-zeichnet, öffentlich gemacht, wasihm widerfahren war, und damitMassendemonstrationen im Basken-land ausgelöst.

Drei Wochen später wurden Ota-mendi und andere vom spanischenInnenminister └ngel Acebes ange-zeigt wegen "Beleidigung, Verleum-dung, falscher Anschuldigungen undBehinderung der Justiz mit terroristi-scher Zielsetzung sowie wegen straf-barer Zusammenarbeit mit einerbewaffneten Gruppe", weil sie mitihren Foltervorwürfen den Anwei-sungen des angeblichen ETA-Hand-buchs gefolgt seien. (S. 37)Makazaga verweist auf einen Berichtder "Koordination zur Folterpräven-tion" (C.P.T., "Coordinadora para laPrevención de la Tortura") vom April2008, in dem 24 Fälle aufgelistetwurden, in denen Menschen wegen"falscher Anschuldigungen" verur-teilt wurden, weil sie Foltervorwür-fe erhoben hatten. (S. 1 05) Dabei solles zu Verurteilungen gekommen seinselbst dann, wenn, wie im Fall UnaiRomano, Beweisfotos vorgelegenhaben sollen, die dessen durch dieFolter entstelltes Gesicht zeigen.Freigesprochen wurden die fünf vonRomano wegen Folter angezeigten

Beamten der Guardia Civil, ange-zeigt wurde er selbst wegen "Ver-leumdung im Zusammenhang mitder Kollaboration mit einer bewaff-neten Bande" (S. 1 05).

Träfe die Auffassung spanischer Be-hörden zu, daß die angeblich fälsch-licherweise erhobenen Foltervor-würfe einer auf eine DiskreditierungSpaniens abzielenden ETA-Kampa-gne zuzurechnen seien, würde dieserVorwurf auch die Gefangenenhilfs-organisation amnesty internationalsowie weitere internationale bzw. eu-ropäische Institutionen betreffen. Ineinem im Dezember 2004 zur Folterin Spanien veröffentlichten Bericht,der auf der Analyse von 450 Urteilenspanischer Gerichte wegen Folterund Mißhandlungen zwischen 1980und 2004 beruhte, stellte amnesty in-ternational "die Bemühungen desStaates zum Schutz der Opfer und ih-rer Rehabilitation, Entschädigungund Wiederherstellung ihrer Würdesowie die Garantie, dass sich diesesVerbrechen nicht wiederholt, ernst-haft in Frage" (S. 11 5). Nach AnsichtSpaniens sind die Folter- und Miß-handlungsvorwürfe, die amnesty in-ternational gegen die Repressions-organe des Landes erhebt, vollkom-men falsch und beruhen aufLügen.Nicht anders reagiert die Regie-rungsseite aufAnschuldigungen, diein Expertenberichten der VereintenNationen erhoben werden.

Dem Buch ist desweiteren zu ent-nehmen, daß internationale Antifol-ter-Organisationen wie auch derSonderberichterstatter der VereintenNationen, Theo van Boven, in die-sem Zusammenhang seit Jahren dieAbschaffung der fünftägigen Kon-taktsperre und Isolationshaft fordern(Incommunicado-Haft, die in "Terro-rismus"-Fällen auf 13 Tage ausge-weitet werden kann), weil sie Folterbegünstige. Diese Forderung wirdseitens der spanischen Behördenebenso abgelehnt wie die nach einerlückenlosen Videoüberwachung inallen Räumen, in denen sich Gefan-gene aufhalten. Wenn Spanien zu

Unrecht der Folter bezichtigt wird,warum läßt sich die Regierung danndiese Möglichkeiten, die ihrer Mei-nung nach auf Lügen beruhendenFoltervorwürfe auch als Lügen zuentlarven, entgehen?

Im März 2011 hatte das "Europäi-sche Komitee zur Verhütung vonFolter und unmenschlicher oder er-niedrigender Behandlung oder Stra-fe" (CPT, ein Gremium des Euro-parats) Foltervorwürfe gegen prak-tisch alle Einheiten der spanischenSicherheitskräfte erhoben und vonMadrid Maßnahmen zum SchutzFestgenommener vor Folter verlangt.Die Komiteemitglieder hatten bei ih-ren Besuchen Folterungen festge-stellt und ihren Berichten medizi-nische und weitere Unterlagen bei-gefügt.

Zur selben Zeit wurde die spanischeRegierung, wie dem Vorwort zurdeutschen Ausgabe des Buches "De-mokratie und Folter. Das BeispielSpanien" zu entnehmen ist, vom Eu-ropäischen Gerichtshof für Men-schenrechte "zum zweiten Malwegen der Nicht-Verfolgung einerStrafanzeige wegen Folter" (S. 9)verurteilt, wobei es um den jungenBasken Aritz Beristain gegangenwar, der 2002 nach militanten Stra-ßenaktionen verhaftet worden warund anschließend Anzeige erstattethatte. Dasselbe Gericht verurteiltedie spanische Regierung wenig spä-ter zu 20.000 Euro Schadenersatz,weil Arnaldo Otegi, Sprecher derlinken baskischen Unabhängigkeits-bewegung, zu einem Jahr Haft ver-urteilt worden war, weil er denspanischen König und militärischenOberbefehlshaber für die Folter derRedakteure der baskischen ZeitungEgunkaria durch die Guardia Civilverantwortlich gemacht hatte.

Die spanischen Behörden zeigen sichimmun gegen Vorwürfe, Forderun-gen und Appelle internationaler Or-ganisationen und Gerichte, diekonsequenterweise ebenfalls in denVerdacht gestellt werden müßten, der

Page 14: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 1 4 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

infamen Diskreditierungskampagneder ETA - und sei es unwissentlich -aufgesessen zu sein. Das vorliegen-de Buch richtet sich, wie dem Buch-rückentext seiner deutschen Ausgabezu entnehmen ist, "gegen ein Kartelldes Schweigens", was die Herausge-ber damit begründen, daß nicht ein-mal die alljährlichen Folterprotesteder Menschenrechtsgremien der Ver-einten Nationen, der EU oder amnes-ty internationals in der PresseErwähnung finden.

Xabier Makazagas besonderer Ver-dienst besteht darin, durch eine akri-bische Darstellung der verfügbarenAnhaltspunkte sowie eine sensibleEinführung in die Thematik ein Be-wußtsein für die Tiefe der Folter-Problematik geschaffen zu haben.Die Frage, ob im heutigen Spaniengefoltert wird, steht somit zu verbin-den mit der nicht minder beunruhi-genden Frage, ob es den spanischenBehörden unter mehr oder minderstillschweigender Duldung andererStaaten sowie internationaler Orga-nisationen möglich sein könnte, einesolche Praxis systematisch zu ver-schleiern sowie repressiv gegen alljene vorzugehen, die derartige Vor-würfe zu erheben wagen. Eine offe-ne und öffentliche Diskussion derkonträren Standpunkte - die Folter-vorwürfe gegen spanische Sicher-heitsbehörden auf der einen, dieThese von der Diffamierungskampa-gne des spanischen Staates durchETA aufder anderen Seite - kann inSpanien, wenn überhaupt, ohnehinnur unter sehr eingeschränkten Be-dingungen geführt werden.

Veröffentlichungen zum Thema sindin Spanien nämlich von Zensur be-troffen und bedroht. So wurden dieFolterberichte, die die Madrider"Vereinigung gegen die Folter" fürdie Jahre 1996 bis 1999 erstellt hat-te, von der Regierung der konserva-tiven Volkspartei (PP) zensiert.Gegen die im Dezember 2009 er-schienene Originalausgabe des vor-liegenden Buches gibt es subtilereZensurbestrebungen. So verbreitete

unter anderem auch die der heutigen,sozialdemokratischen Regierung vonFelipe González nahestehende Ta-geszeitung El País die Behauptung,das Buch stamme aus dem "Umfeldvon Batasuna" (einer ungeachtet ih-rer Distanzierung von ETA illegali-sierten baskischen Partei) und gehöreaus den Bibliotheken des Landesverbannt. Diesem Druck gab dieBürgermeisterin der baskischenStadt Basauri im vergangenen Jahrbereits nach und ließ das Buch ausder Stadtbibliothek entfernen; weite-re Bibliotheken standen unter demDruck, diesem Beispiel zu folgen.

Ein solches politisches Klima er-schwert oder verunmöglicht eine er-gebnisoffene und die Standpunkteund Argumentationsstränge beiderSeiten deutlich machende und be-rücksichtigende öffentliche Diskus-sion. Angesichts der - wie auch derWeigerung, die Empfehlungen be-freundeter Staaten und europäischerund internationaler Gremien zurFolterprävention zu berücksichtigen,stellt sich die spanische Regierungselbst kein gutes Zeugnis aus. XabierMakazaga hat mit diesem Buch je-doch nicht nur Foltervorwürfe erho-ben, wie sie von vielen namhaftenOrganisationen auch öffentlich ge-macht werden. Er hat die "politische"Qualität dieses hochbrisanten undkeineswegs aufSpanien begrenzba-ren Konflikts deutlich gemacht. Sei-ner Ansicht nach ist Spanienaufgrund der Folter keineswegs dasschwarze Schaf unter den demokra-tischen Staaten, sondern lediglich ein- wenn auch krasses - Beispiel dafür,daß Folter und Demokratie keines-wegs unvereinbar sind.

Um diese eigentliche Kernaussageseines Buches zu untermauern, er-wähnte der Autor das unter dem Ti-tel "Folter und Demokratie" 2007erschienene Buch von Darius Rejali,Professor am Reed College in Ore-gon, das von der AmerikanischenGesellschaft für Politikwissenschaf-ten als "Bestes Buch über Menschen-rechte" geehrt wurde. Rejali beklagte

in ihm "die Scheinheiligkeit heutigerdemokratischer Staaten, die ihre Fol-termethoden immer weiter verfeinerthätten, um physische Spuren mög-lichst zu vermeiden" (S. 27). DerUS-Wissenschaftler hatte festge-stellt, daß die "umfassendsten undgrausamsten Modernisierungen derFolter das Werk westlicher Demo-kratien" seien und erklärt, daß "west-liche Demokratien heutzutage allemöglichen Vorsichtsmaßnahmen er-griffen [haben], um zu verhindern,dass Folteropfer auch nur den mini-malsten Beweis für ihren Folteralb-traum vorbringen können". (S. 27)

Ein aktuelles Beispiel, das Makaza-ga in seinem Buch erwähnte, ist derFall von Igor Portu und Marttín Sa-rasola, die am 6. Januar 2008 von derGuardia Civil verhaftet worden wa-ren. Einen Tag später war Portu mitschwersten Verletzungen in die In-tensivstation eines Krankenhauseseingeliefert worden. Da es in diesemFall deutliche Folterbeweise gab,wurden vier Beamte der Guardia Ci-vil Ende 2010 zu Haftstrafen zwi-schen zweieinhalb und viereinhalbJahren verurteilt. Ohne diese Ent-scheidung in diesem Folterprozeßabzuwarten, hatte der Nationale Ge-richtshof ein halbes Jahr zuvor Por-tu und Sarasola wegen einesETA-Anschlages von 2006 zu mehrals 1000 Jahren Haft verurteilt, wo-bei deren Selbstbezichtigungen ausder Zeit ihrer Isolationshaft alsHauptbeweismittel zum Tragen ge-kommen waren, weil das Gericht be-fand, daß sie nicht das Ergebnisirgendeiner Folter oder Mißhandlunggewesen seien.

Am 6. Juni 2011 hatte eine Grünen-Abgeordnete des Europäischen Par-laments, die belgische Politikerin derPartei Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA), Frieda Brepoels, eine parla-mentarische "Anfrage zur schriftli-chen Beantwortung" an den Rat derEuropäischen Union gerichtet. Dar-in hatte sie nicht nur aufden jüngstenJahresbericht von amnesty interna-tional hingewiesen, demzufolge Fol-

Page 15: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 1 5

terungen und Mißhandlungen Fest-genommener in Spanien wie schonin der Vergangenheit auch 2010 ander Tagesordnung gewesen waren,sondern auch aufden Fall Portu/Sa-rasola Bezug genommen. Vom Ratwollte sie unter anderem wissen, obihm die offiziellen amnesty-Berich-te über Spanien bekannt seien und ober die darin angeführten Beweise an-erkennen würde. Die EU-Parlamen-tarierin fragte auch, ob der Rat, wieschon in der Vergangenheit, die An-wendung des spanischen Strafrechtsals innere Angelegenheit Spaniensauffassen würde und wie er in Hin-sicht aufdie europäischen Verträgean einem solchen Standpunkt fest-halten könne.

Die Antwort auf diese umfangreicheschriftliche parlamentarische Anfra-ge fiel denkbar kurz aus, teilte derRat doch lediglich mit, daß er dieseFrage nicht erörtert habe. Wer nunglaubt, die von den Herausgeberndes vorliegenden Makazaga-Buchesaufgeworfene These von einem"Kartell des Schweigens" in diesemZusammenhang widerlegen zu kön-nen oder auch nur zu wollen, müßtedies, um glaubwürdig zu sein, nichtnur angesichts der vielen Fragen undFakten, die das Buch selbst liefert,plausibel machen können, sondernmüßte auch in einer den Vorwurf sy-stematischer Folterungen entkräf-tenden Weise erklären können,warum der Rat der EuropäischenUnion, immerhin (neben dem Parla-ment) deren wichtigstes Gremium,eine solche Anfrage einfach unbe-antwortet ließ.

Xabier MakazagaDemokratie und FolterDas Beispiel SpanienAus dem Spanischenvon Harry StürmerDeutschsprachige Ausgabe beiAssoziation A, Berlin/Hamburg 2011ISBN 978­3­86241­406­2Originalausgabe:Manual del torturador español beiTxalaparta, Nov. 2009

Carl Froch plant

über den Tag hinaus

Im Falle des Turniersiegs gegenWard stehen alle Türen offen

Sollte der britische Supermittelge-wichtler Carl Froch das Finale desSuper-Six-Turniers am 17. Dezem-ber in Atlantic City durch einen Siegüber den US-Amerikaner AndreWard für sich entscheiden, stehenihm alle Türen offen. Als Weltmei-ster der Verbände WBA und WBCkönnte er dann entweder im Kampfmit dem in Kanada lebenden IBF-Champion Lucian Bute die drei Gür-tel zusammenführen oder sich Mik-kel Kessler stellen. Der Däne warwegen einer Verletzung am Auge ausdem Turnier ausgestiegen und wirdseither vom Word Boxing Councilals Champion im Wartestand geführt.Den durch die Zwangspause Kes-slers vakant gewordenen regulärenTitel hatte sich Carl Froch durcheinen souveränen Sieg gegen ArthurAbraham gesichert. Dem Dänenräumte der Verband durch seinenSonderstatus das Vorrecht ein, nachseiner Genesung den amtierendenWeltmeister herauszufordern. Nichtanders verhielt es sich seinerzeit imFalle Vitali Klitschkos, der den Titeldes WBC niedergelegt und seineKarriere zunächst beendet, dann abernach vierjähriger Pause in den Ringzurückgekehrt war und sofort wiederum die Weltmeisterschaft kämpfendurfte.

Wie Carl Froch in einem Interviewmit dem Daily Star ankündigte, be-vorzuge er einen Kampf gegen Luci-an Bute, in dem ein weiterer Titel aufdem Spiel steht. Gegen Mikkel Kes-sler hatte der Brite im April 2010 inDänemark knapp verloren, weshalber nur dann zu einer Revanche bereitwäre, wenn diese in England statt-fände. Nottingham wäre schön, soCarl Froch, dessen Promoter EddieHearn dort im Frühjahr einen hoch-

karätigen Kampf veranstalten will.Bevor es dazu kommt, muß der Bri-te jedoch in der Boardwalk Hall mitAndre Ward fertig werden, was nichtleicht sein wird. Der Olympiasiegervon Athen 2004 aus Oakland hat seit1 996 keinen Kampf mehr verlorenund seine Siegesserie auch im Profi-lager fortgesetzt, wo er bislang 24Gegner besiegen konnte. Carl Frochhat 28 Auftritte gewonnen und nurgegen Mikkel Kessler verloren, denWard in Oakland allerdings unterfragwürdigen Umständen bezwun-gen hat. Gegen Arthur Abraham ha-ben sich beide in souveräner Manierdurchgesetzt, so daß man von einemDuell zweier erstklassiger Boxerausgehen kann, in dem keiner vonbeiden klarer Favorit ist.

Viertes Duell zwischen

Pacquiao und Marquez geplant

Nun sind Manny Pacquiao und JuanManuel Marquez also zum drittenMal aufeinandergetroffen, ohne daßdie Frage hinreichend beantwortetworden wäre, wer von beiden derbessere Boxer sei. Nach einem Un-entschieden bei ihrer ersten Begeg-nung im Jahr 2004 gewann derPhilippiner 2008 und am vergange-nen Wochenende jeweils nur soknapp nach Punkten, daß sein Riva-le mit der Wertung des Punktgerichtshaderte. Selbst Pacquiaos TrainerFreddie Roach, der zuvor einen ra-schen Sieg seines Schützlings nichtausgeschlossen hatte, räumte nachEnde des Kampfes im MGM Grandvon Las Vegas ein, daß die beideneinander ebenbürtig seien. SeinesErachtens habe Pacquiao jedoch aufGrund seiner größeren Aktivität inden letzten zwei Runden zurecht ge-wonnen. Eng sei es allemal gewor-den, und man habe es gerade nochgeschafft, die Sache hinzubiegen.Marquez habe es dabei belassen, sichaufs Kontern zu verlegen, und da bei

SPORT / BOXEN / MELDUNGEN

Page 16: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 1 6 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

ausgeglichen Runden meistens derangreifende Boxer von den Punkt-richtern höher eingestuft werde, ha-be sich Manny Pacquiao am Endedurchgesetzt.

Dem spontanen Vorschlag PromoterBob Arums, einen vierten Kampf insAuge zu fassen, schloß sich auch derrenommierte Trainer des Philippi-ners an. Seines Erachtens habe Mar-

quez eine Revanche verdient, da ersehr gut gekämpft und einen engenAusgang erzwungen habe. AuchPacquiao selbst, der mit seiner eige-nen Leistung nicht zufrieden war, hatsich inzwischen für ein erneutes Auf-einandertreffen mit dem Mexikanerausgesprochen. Arum plant, dennächsten Kampfgegen Marquez imApril oder Juni 2012 zu veranstalten,wobei als Austragungsorte das Cow-

boys Stadium in Dallas oder Las Ve-gas im Gespräch sind. Damit dürftedas von Floyd Mayweather jun. fürden 5. Mai in der Spielerstadt vorge-schlagene Duell mit Manny Pac-quiao wohl frühzeitig ad acta gelegtsein. Jedenfalls erklärte Bob Arumgegenüber der Los Angeles Times,man könne diesen Kampf ja auchnoch in einem Jahr durchführen.

Unter dem FIDE-Präsidenten KirsanIljumschinow wäre das Schach um einHaar in ein trügerisches Fahrwassergeraten. Seine Ankündigung, denWM- Kampf zwischen Karpow undKamski in Bagdad austragen zu las-sen, schockierte seinerzeit die halbeWelt, zumindest jenen Teil, der sichden US-Sanktionen anschloß. VieleStimmen, darunter auch der Profi-Weltmeister Garry Kasparow, warn-ten vor einem solchen Schritt ins Un-gewisse. "Wenn das Match in Bagdadstattfindet, wird das Schach Jahre un-ter dem Makel zu leiden haben, sichmit Saddam eingelassen zu haben. ImWesten wird das gewaltige Folge ha-ben, die Sponsoren werden zurück-schrecken." Offenbar hatte dertaktische Fuchs Iljumschinow die Zei-chen richtig gedeutet und schließlichdie Finger von der politischen Frevel-tat gelassen. Inzwischen erfreut sichdie FIDE weltweiter Anerkennung. Sowerden die WM-Kämpfe im Einjah-res-Turnus abgehalten, was wiederumdem Sportgedanken entgegenkommtund so mit einer inzwischen veralte-ten Institution Schluß machte. DerWeltmeister gehört dem Volk undnicht umgekehrt. Auch diese Demo-kratisierung half dem FIDE-Chef überdie ersten Klippen hinweg. Die Zeitwird jedoch zeigen müssen, inwieweiter es versteht, das Schachspiel in eineneue Ära der Popularisierung zu füh-

ren. Für den niederländischen Groß-meister Jan Timman gab es indes imheutigen Rätsel ein böses Erwachen.Mit den schwarzen Steinen hatte ereine umstrittene Variante der Grün-feldindischen Verteidigung zu moder-nisieren versucht. Der Schluß gingjedoch nach hinten los, Wanderer.

Sossonko - TimmanWijk aan Zee 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsels:Originalität schadet nie, doch wersich ins Skurrile überstreckt, ver-langt von seiner Stellung zu viel:1 .Sd2-f1 ? Se5xc4 2.b3xc4 Dd6-e5+! 3.Sf1 -e3 Lf5xc2! 4.Dd1 -c1De5-c3+ 5.Ke1 -f1 Lc2-d3+ 6.Kf1 -g1 Dc3- d4 7.h2-h4 f7-f5! und Weißgab die mißhandelte Stellung verlo-ren. Es drohte 8.. .f5-f4 mit weiteremBauernverlust.

SCHACH - SPHINX

Vor der Weltpolitik in die Knie gegangen

PERRY RHODAN

ERSTAUFLAGEInhaltliche Zusammenfassung von

Perry­Rhodan­Heft Nr. 2621Der Harmoniewächter

von Christian MontillonDoppelgalaxis Escalian, Randbereichdes Reiches der Harmonie, PlanetKlion: Harmoniewächter Uyari Lyd-spor hat die Effizienz seiner Tarnvor-richtung überschätzt, als er, ohne dasEintreffen der von ihm angefordertenArmeeunterstützung abzuwarten, mitseinem kleinen Gleiter das mitten inder Wildnis liegende paramilitärischeAusbildungslager Chamillog ansteu-ert. Die auf Schwebeplattformen aufihn zu fliegenden Angreifer, mutmaß-lich Unharmonische, Jyrescao ge-nannt, also Feinde der Harmonie, dievon Kollaborateuren unterstützt wer-den, decken ihn mit Granatwerferfeu-er ein, das den Schutzschirm seinesFluggeräts überlastet.

Die den grellen Lichtblitzen folgendeDunkelheit erweist sich als schwarzerRauch, durch den der nicht mehr steu-erbare Gleiter des Kandran-Wächters,den Terraner für eine maskierte Krötein humanoider Gestalt halten würden,rast. Doch das richtige Inferno derExplosionen folgt erst noch, alsLichtbahnen ziehende Geschosse derendlich eingetroffenen Armeekampf-

Page 17: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Fr. 1 8. November 2011 www.schattenblick.de Seite 17

gleiter an ihm vorbei die Angreifer treffenund vernichten. Lydspor kann seinen zuSchrott geschossenen Gleiter landen.

Ein Antigravfeld zieht ihn in einen Ar-meeflieger hoch. Als die von OffizierTruyen Conscure geleitete Kommando-truppe den Stützpunkt der fremden Fein-de besetzt, erwartet sie eine tödlicheFalle. Die meisten Soldaten kommenums Leben oder werden schwer verletzt,auch der Harmoniewächter.

Raumschiff der Harmonie, Gefängniszel-le: Der krötenhafte Verhörspezialistmerkt, daß das Wahrheitsserum bei sei-nem mit einem Fesselfeld fixierten Jyres-ca namens Alaska Saedelaere nicht wirkt.Der Grund, warum dieser Unharmonischeweiterhin Lügen über Tryortan-Schlünde,Anomalien und einem Zeitsprung von 72Jahren erzählen kann, müßte in dem un-ter dessen Schlüsselbein steckenden Im-plantat zu finden sein, in dem seit derInjektion vermehrte Aktivität angemessenwird. Somit muß dieses Stück Fremdtech-nik herausgeschnitten werden. Als derKandran die Zelle verläßt, um einen Me-dizinal- Roboter anzufordern, versuchtder Zellaktivatorträger, der ohne seinenChip nur noch wenige Tage zu leben hät-te, vergeblich nach einem Ausweg. Auchdas Firibirim, das ihn zu verstehenscheint, kann ihm nicht helfen.

Mit seinem Chirurgenmesser zerschnei-det der Roboter die Kleidung an Saede-laeres Schulter, schiebt den Stoff zurSeite und senkt das Vibratormesser er-neut, um tief ins Schulterfleisch hinein-zuschneiden, doch dazu kommt es nicht.Gardeleutnant Pridon erscheint undschießt ein dampfendes Loch in denKopf des Roboters, der neben dem be-reits paralysiert am Boden liegendenKandran zusammenbricht. Ein weitererSchuß löst Alaskas Fesselfeld auf.

Zur gleichen Zeit befreit der Zwergan-droide Eroin Blitzer die Herzogin Rhi-zinza Yukk. In der Ortungszentraletreffen sie Pridon und Saedelaere mitseinem in der SERUN-Tasche stecken-den Firibirim. Der Zwerg kann mitDämpfungsfeldern die Roboter aufAb-stand halten, doch einige escalianischeSoldaten, die ihnen auf ihrer Flucht zueinem Transmitterraum entgegentreten,werden vom Gardeleutnant erschossen.Die Kodes der Herzogin sind auch nach ih-rer 72jährigen Abwesenheit noch gültig.

Sie verschwinden im Transportfeld, vorherlöscht die einstige Herrscherin von Klion,der nur ihre Arroganz geblieben ist, dieZieldaten.

Die vier Flüchtigen und das Firibirimmaterialisieren in einer seit wahrschein-lich 72 Jahren leerstehenden Station aufKlion, ein längst vergessener Ort in ei-ner unbewohnten Bergregion, vorgese-hen für Adels- und Regierungswür-denträger im Falle einer Invasion Frem-der, Unharmonischer. Rhizinza Yukk be-auftragt ihren Gardeleutnant, die autarkeEnergie für die Station hochzufahren.Alles funktioniert noch. Reinigungsro-boter machen sich ans Staubwischen.Das Versteck ist für einen jahrelangenAufenthalt mit Nahrungs- und Ausrü-stungslagerräumen sowie Gleitern undeinem Maskenlager ausgerüstet.

Blitzer durchsucht die Dateien auf Hin-weise zur Geschichte des Planeten undsichtet Holoaufnahmen, auf denen in einerzerstörten Trümmerlandschaft Leute mitSchutzanzügen zu sehen sind, was aufeinen Atomkrieg in ferner Vergangenheithindeutet.

Die befehlsgewohnte Herzogin ent-scheidet sich trotz Bedenken, mit denNachfahren ihrer Familie Kontakt auf-zunehmen. Sie rüsten sich für die Glei-terexkursion aus. Die Herrscherin undPridon wählen unauffällige Masken,während Blitzer und Saedelaere auf ih-ren Deflektorschutz vertrauen. Da derSERUN des Akti- vatorträgers zu leichtangemessen werden könnte, entscheideter sich für ein klionisches Modell.

Hauptstadt Klionas, Medostation: Lyd-spor erwacht langsam aus dem Koma.Der dem Tode nahe gewesene Kandrantreibt in einer milchigen Heilflüssigkeit,die seine verbrannte, graubraune War-zenhaut regeneriert. Nach einigen Tagenerlaubt ihm sein Mediker, den Heiltankzu verlassen. Von den Resten der Flüs-sigkeit in seiner Lunge befreit er sich miteinem lauten, für andere Lebensformenbefremdlichen Quaken. Endlich kannder Kandran-Wächter seine neue Maskeanprobieren.

Der Genesende erhält Besuch von demHohen Harmoniewächter Jezzel und Truy-en Conscure. Mit dem frisch zum Garde-leutnant beförderten Kommißkopf soll ernun zusammenarbeiten, erfährt der Har-

moniewächter, der über die beunruhigen-den Geschehnisse der letzten Tage, die dieschlimmsten Befürchtungen übertreffen,informiert wird: Vier inhaftierte Agentender Fünften Kolonne des Feindes konntenaus einem Raumschiff der Harmonie mit-tels Transmitter höchstwahrscheinlichnach Klion fliehen. Bei den hochgradiggefährlichen Spionen handelt es sich umdie geschickt gefälschten Genkopien dervor 72 Jahren verschwundenen HerzoginRhizinza Yukk und ihres einstigen Garde-leutnants Pridon sowie um zwei Jyrescao.Einer dieser beiden Unharmonischen trägteine schäbige Plastikmaske, der anderezeigt sein nacktes Gesicht.

Erleichtert, allein ermitteln zu dürfen,steuert Lydspor seinen Gleiter zum Aus-bildungslager Chamillog, wo die Selbst-zerstörungsfalle explodierte und den Todbrachte. Bei der Suche nach Hinweisensieht er zufällig einen Gleiter ältesterBauart ohne Kennung vorbeifliegen. So-fort verfolgt er mit seinem Luftfahrzeugden unbekannten Oldtimer, gleichzeitiggibt er sich über Funk als Harmonie-wächter zu erkennen und fordert die so-fortige Landung. Sein Verdacht bestätigtsich, als der fremde alte Gleiter be-schleunigt. Lydspor kann sich schnellnähern. Die Flüchtigen geraten ihmdurch waghalsige Flugmanöver zeitwei-se außer Sicht, kommen dann aber fron-tal auf ihn zugeflogen. Der Kandrankann im letzten Moment ausweichen,streift dabei eine Bergkuppe, gerät insTrudeln und kracht auf einen Berghang.Sein Gleiter verzeichnet Totalschaden.Über Funk gibt er dem Gardeleutnant dieBeschreibung des entkommenen altenFluggeräts durch.

Mit einem neuen Dienstgleiter fliegtLydspor zum Stammsitz der Herzogfa-milie Yukk und hält sich bereit, dennganz sicher wird die vermeintliche Her-zogin bald auftauchen. Der mit Sonder-vollmachten ausgestattete Wächter ziehtin Erwägung, daß es sich bei der gesuch-ten weiblichen Person tatsächlich um dieechte einstige Herrscherin handelnkönnte. Doch daß sie mit zwei Unhar-monischen paktiert, ist mehr alsverdächtig.

Auf einmal spürt der Harmoniewächterzwei Jyrescao ganz deutlich in seinerNähe, nur sehen kann er sie nicht. Eraktiviert sein oft bewährtes Fesselfeldund fängt den Großen mit der Billig-

Page 18: $ -9F@5; @9?HFCB=G7

Elektronische Zeitung Schattenblick

Seite 1 8 www.schattenblick.de Fr. 1 8. November 2011

Fortsetzung von Seite 17:maske, dessen Deflektorschutz versagt.Lydspor will dem Gefaßten gerade die

Schutzanzugmaske vom Gesicht reißen,als wie aus dem Nichts der Hohe Harmo-niewächter Jezzel und Gardeleutnant

Truyen Conscure erscheinen, ihm denGefangenen abnehmen und in einem

IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick

Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K.Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41 , 25795 Stelle-WittenwurthElektronische Postadresse: [email protected]: 04837/90 26 98Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 MEJournalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41 , 25795 Stelle-WittenwurthInhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41 , 25795 Stelle-WittenwurthISSN 2190-6963Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönlicheZwecke anzufertigen. Nicht berechtigt sind Sie dagegen, die Materialien zu verändern und / oder weiter zu geben oder gar selbst zuveröffentlichen. Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Wenn nichtausdrücklich anders vermerkt, liegen die Urheberrechte für Bild und Text bei: Helmut BarthelHaftung: Die Inhalte dieses Newsletters wurde sorgfältig geprüft und nach bestem Wissen erstellt. Bei der Wiedergabe und Verarbeitungder publizierten Informationen können jedoch Fehler nie mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden.

Während Jean im Traume glüht,weil er in der Sonne döst,regnet 's draußen oder sprüht,wie sich 's aus dem Nebel löst.

AUSSICHTEN: Und morgen, den 18. November 2011

+++ Vorhersage für den 18.11 .2011 bis zum 19.11 .2011 +++

DIENSTE / WETTER

______I n h a l t________________________________________________________________Ausgabe 192 / Freitag, den 18. November 2011______

MUSIK - REPORT Andy Wilson (AMM) - Klassenkampf, Parteiräson und Dissidenz Seite 1

KALENDERBLATT Kurzweiliges für den 18.11 .2011 - Aphorismus "Verkennung unendlich" Seite 6

POLITIK - REDAKTION Verstärkt Klimawandel die Ausbreitung des Kassawa-Virus CBSD? Seite 7

POLITIK - KOMMENTAR Obama droht - Strategische Offensive im asiatisch-pazifischen Raum Seite 8

BUCH - SACHBUCH Xabier Makazaga - Demokratie und Folter. Das Beispiel Spanien Seite 10

SPUCKNAPF Verbrüsselungstaktik - 17.11 .2011 Seite 10

SPORT - BOXEN Carl Froch plant über den Tag hinaus Seite 1 5

SCHACH-SPHINX Vor der Weltpolitik in die Knie gegangen Seite 16

PERRY-RHODAN Inhaltliche Zusammenfassung von Nr. 2621 Seite 16