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FORSTLICHE VERSUCHS- UND FORSCHUNGSANSTALT Baden-Württemberg -einblick Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg Nr. 2+3, Oktober 2009, Jahrgang 13 ISSN 1614-7707 Seite 2: Schätzhilfen für die Stehendsortierung Seite 6: Biomassebestimmung – Methodische Grundlagen Seite 10: Biomassefunktionen – Vorläufige Ergebnisse Seite 14: Biomassefunktionen am Beispiel der BWI Seite 17: Die optimierte Betriebsinventur Seite 19: Mobility@forest: Satellitengestützte Datenerfassung Seite 22: Methodische Grundlagen zum Biodiversitätsmonitoring Seite 27: Expertenaustausch mit der Akademie für Wasser- schutzwald in Zhangye Seite 29: Waldkabinett Seite 30: Rahmenvereinbarung für den Rohholzhandel (RVR) Seite 34: Ökokonto nach Naturschutzrecht – Quo vadis? Seite 35: „Einblicke ins Holz“ Bild: Thomas Weidner

-einblick - fva-bw.de...FVA-einblick 2+3/2009 Seite 3 spezifischen Aufarbeitungsgren-zen berücksichtigt. Die neuen Sortentafeln fanden rasch bundesweit Eingang in den Forstbetrieb

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  • FORSTLICHE VERSUCHS- UND FORSCHUNGSANSTALT

    Baden-Württemberg

    -einblickF o r s t l i c h e V e r s u c h s - u n d F o r s c h u n g s a n s t a l t B a d e n - W ü r t t e m b e r gN r . 2 + 3 , O k t o b e r 2 0 0 9 , J a h r g a n g 1 3 I S S N 1 6 1 4 - 7 7 0 7

    Seite 2: Schätzhilfen für dieStehendsortierung

    Seite 6: Biomassebestimmung– Methodische Grundlagen

    Seite 10: Biomassefunktionen– Vorläufige Ergebnisse

    Seite 14: Biomassefunktionenam Beispiel der BWI

    Seite 17: Die optimierteBetriebsinventur

    Seite 19: Mobility@forest:SatellitengestützteDatenerfassung

    Seite 22: MethodischeGrundlagen zumBiodiversitätsmonitoring

    Seite 27: Expertenaustauschmit der Akademie für Wasser-schutzwald in Zhangye

    Seite 29: Waldkabinett

    Seite 30: Rahmenvereinbarungfür den Rohholzhandel (RVR)

    Seite 34: Ökokonto nachNaturschutzrecht – Quo vadis?

    Seite 35: „Einblicke ins Holz“

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  • Seite 2 FVA-einblick 2+3/2009

    Tab. 1a: Forschungsbeiträge zur Stehendsortierung

    Schätzhilfen für die Stehendsortierung

    von Walter Schöpfer und Marco Reimann

    Die Methoden- und Verfahrens-entwicklung zur Sortierung undWertberechnung stehender Bäu-me und Bestände gehört zumständigen Arbeitsprogramm derAbteilung Biometrie und Informa-tik. Dabei spannt sich der Bogender Anwendungen vom weiten Feldder Waldbewertung bis hin zur Vor-kalkulation im Holzerntebetrieb.Noch Anfang der 60er Jahre desletzten Jahrhunderts war eine zu-verlässige Sorten- und Wert-ermittlung eines Bestandes mitden verfügbaren Hilfsmitteln zeit-und kostenaufwendig.

    Die Weiterentwicklung rechne-rischer und die Einführungnomographischer Verfahren brach-ten nur für spezielle Einsatz-bereiche Erleichterung. Erst derEinsatz des LochkartenverfahrensMitte der 60er Jahre brachte denDurchbruch für eine breitere An-wendung der Bestandessortierungund - bewertung in der Praxis. Diedann folgende Dezentralisierungder EDV, vom zentralen Groß-

    rechner über Forstamts-MDT zumRevier-PC, führte rasch zu einerSpezialisierung der Sortier- undBewertungsprogramme (Tab. 1a).Mit dieser rasanten Entwicklungeinher ging auch eine kontinuierli-che Verbesserung des Methoden-apparats als Voraussetzung füreine flexible, praxisgerechte undzuverlässige Stehendsortierung.Hier haben Joachim Hradetzkyund Edgar Kublin mit ihrer bio-metrisch-waldmesskundlichenGrundlagenforschung Maßstäbegesetzt. Dabei konnte dankens-werterweise immer wieder auf dasumfangreiche Datenmaterial derAbteilung Waldwachstum zurück-gegriffen werden.

    Die Weiterentwicklung der viel-fältigen Ansätze zur Stehend-sortierung konzentrierte sich aller-dings nicht nur auf komplexeEDV-Auswertungsprogramme. Einbesonderes Augenmerk galt stetsauch der Verbesserung einfacherSchätzhilfsmittel zur überschlägi-gen Sorten- und Wertermittlung

    (Tab. 1b). Es hat sich in den zu-rückliegenden Jahrzehnten immerwieder gezeigt, dass die Praxisgerne auf solche vereinfachten ta-bellarischen Kalkulationshilfen zu-rückgreift, die in ihrer simpelstenForm die Sorten- und Wertanteileeiner Baumart lediglich in Abhän-gigkeit vom mittleren BHD ange-ben. Darüber hinaus ermöglichensie oft über eingearbeiteteKalkulationshilfen eine vereinfach-te Herleitung der Erntekosten. Sol-che Tafeln sind übersichtlich, be-quem zu handhaben und jederzeitverfügbar. Über drei dieser über dieLandesgrenzen hinaus bekanntgewordenen tabellarischen Schä-tzhilfen wird im Folgenden berich-tet.

    Bestandessortentafeln 82/85

    Mit der zentralen Datenhaltungder EST-Hiebsabrechnungen derBundesländer bei der AbteilungBiometrie und Informatik bot sichAnfang der 80er Jahre die einmali-ge Chance, aktuelle Bestandes-sortentafeln für die Hauptbaum-arten abzuleiten. Eine besondereStärke dieser auf den Daten derHolzverkaufsbuchführung der Bun-desländer aufbauenden Be-standessortentafeln 82/85 war,dass sie hinsichtlich der Sorten-und Stärkeklassenstruktur diedurchschnittliche Holzaushaltungder Praxis in der ersten Hälfte der80er Jahre widerspiegelte. Im Ge-gensatz dazu basierten die bisdahin benutzten Tafeln meist aufeiner theoretischen Sortierung. Inden neuen Bestandessortentafelnwurden auch die die Sortenstrukturmitbestimmenden praxisüblichenGesund- und Trennschnitte sowiedie von der aktuellen Holzmarkt-situation abhängigen baumarten-

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    spezifischen Aufarbeitungsgren-zen berücksichtigt.

    Die neuen Sortentafeln fandenrasch bundesweit Eingang in denForstbetrieb. Sie wurden für diejährliche Hiebs- und Finanz-planung ebenso angewendet wiezur näherungsweisen Herleitungvon Bestandesabtriebswerten oderzur kalkulatorischen Ermittlungder Ertragssituation der Haupt-baumarten. In ihrer revidierten Fas-sung aus dem Jahre 1992 wurdensie Grundlage des Sortier-algorithmus des vom Bund für dieWaldwertschätzung herausgege-benen BewertungsprogrammsSILVAL; gleiches gilt für dasLandesprogramm WERT.

    Kalkulationshilfen fürProfilspanerholz

    Mit der steigenden Nachfrageder Sägeindustrie nach Profilspan-erholz Ende der 80er Jahre wurdenaus der Praxis geeignete Schätz-hilfen nachgefragt. Dies galt vor al-lem für eine einfache Vorkalkulati-on zur Aushaltung diesesSortiments in Schwachholzbe-ständen. Die soeben beschriebe-nen Bestandessortentafeln schie-den wegen ihres vergröberndenDurchschnittscharakters in die-

    sem Durchmessersegment sowieder fehlenden Flexibilität in denAushaltungsmodalitäten hierfüraus. Es lag nahe, die gefordertenKalkulationshilfen durch eine rech-nerische Verknüpfung empirischerDurchmesserverteilungen ausDurchforstungshieben mit den Er-gebnissen einer theoretischenSortierung konkret vermessenerProbebäume aus Schwachholz-beständen zu erstellen. Dabei wur-de erstmals in der Forschung auchin größerem Stil auf Messwerte derautomatischen Werkeingangs-vermessung von Sägewerken zu-

    gegriffen. Das Ergebnis war einSatz flexibler Bestandessorten-tafeln für Fichte. Sie weisen ge-trennt für Profilspanerholz – kurzund lang – die Sortenanteile aus,gegliedert nach Mindestzopf undggf. nach Aushaltungslänge desHauptsortiments in Abhängigkeitvom mittleren Bestandesdurch-messer.

    Wegen der Nachfrage aus eini-gen Bundesländern mussten dieTafeln wiederholt nachgedrucktwerden. Allerdings wurden dieseSchätztafeln bereits ein Jahrzehntspäter durch ein neuartiges Verfah-ren zur Generierung flexiblerSortierhilfen für alle Baumarten undDurchmesserbereiche abgelöst.

    Der Weg zu flexiblenSortierhilfen

    Die beiden vorstehend be-schriebenen Sortentafeln habenzwei entscheidende Nachteile.Zum einen machen sie bei sichändernden Rahmenbedingungeneine zeit- und kostenaufwendigeAktualisierung erforderlich; dies giltvor allem bei der Verwendung em-pirischer Holzverkaufsdaten. Zumanderen basieren sie hinsichtlichihrer waldwachstumskundlichenGrundlagen auf Durchschnittswer-ten und haben damit den Charaktervon Großgebietstafeln.

    Tab. 1b: Forschungsbeiträge zur Stehendsortierung

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  • Seite 4 FVA-einblick 2+3/2009

    Einen eleganten Ausweg ausdiesem Dilemma bietet der Zugriffauf eine Sonderfunktion des bun-desweit verbreiteten Kalkulations-programms HOLZERNTE der Ab-teilung Biometrie und Informatik.Mit diesem erst im Jahr 2003 abder Version 6.0 realisierten Zusatz-modul lassen sich für einen vorzu-gebenden Durchmesserbereich ei-ner Baumart bzw. Baum-artengruppe standardisierte Aus-

    drucke von Sortentafeln undDeckungsbeitragstafeln erstellen.Ausgehend von seinen revier-spezifischen Vorgaben sortier- undarbeitstechnischer Art sowiestandörtlicher Wachstumsbe-dingungen kann der Anwenderjederzeit eigene betriebs-individuelle und aktuelle Schätz-tafeln generieren.

    Der einfachste Weg für den mitHOLZERNTE wenig vertrauten

    Tab. 2: Im Programm hinterlegte Modellhiebe

    Nutzer ist dabei die Verwendungbereits vordefinierter Modellhiebe.So wurden von der ehemaligenStabstelle der FD Freiburg (M.Köllner, G. Doerry) 12 landes-einheitliche Modellhiebe (Tab. 2)definiert und mit Standards vor-belegt. Diese Hiebe unterscheidensich nach der Art der Holzauf-bereitung, des Ernteverfahrens, derEinsatzbedingungen und teilweiseanhand einzelner Qualitäts-

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    Tab. 3: Angaben zum Modellhieb

    Tab. 4: Sorten- und Deckungsbeitragstafel für Buchen-Stammholz; Modellhiebe 2 und 4, aktualisierteHolzpreise; gekürzter Originalausdruck

    merkmale des Bestandes. NachAuswahl eines passenden Modell-hiebs wird der Nutzer aufgefordert,zur Anpassung an revier-spezifische Besonderheiten desBaumwachstums zusätzliche An-gaben zur Formigkeit, Höhenstufeu. a. zu machen (Tab. 3). NachAbschluss der Auswertung kann

    sofort der Ausdruck der Sorten-und Deckungsbeitragstafel gestar-tet werden. Der gesamte Vorgangvom Programmstart bis zum Aus-druck der Schätzhilfen für eineBaumart dauert max. ¼ Stunde(Tab. 4). Wurde die Datenbank län-gere Zeit nicht aktualisiert, könnendie hinterlegten Standards (wieHolzqualität, Holzpreise usw.) imso genannten Kompaktmenü ab-geändert werden. Der versierteNutzer kann auch eigene Modell-bestände generieren.

    Obwohl das Kalkulations-programm HOLZERNTE in-zwischen bundesweit teilweise bisherunter auf den Revier-PC verbrei-tet ist, sind die Möglichkeiten zurErstellung von Schätzhilfen zurStehendsortierung und - bewertungvon Beständen noch wenig be-kannt. Dies hängt zum einen mitder erst 2003 realisierten

    Programmerweiterung zusammenund zum anderen stand bisher beiden Schulungskursen von HOLZ-ERNTE die Vor- und Nach-kalkulation von Hieben im Vorder-grund. Der vorliegende Beitrag solldaher u. a. potentielle Interessen-ten auf diese zusätzlichen Aus-wertungsmöglichkeiten hinweisen.

    Weitere Informationen zumHOLZERNTE-Programm findenSie auch unter http://holzernte.fva-bw.de

    Marco ReimannFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 2 [email protected]

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  • Seite 6 FVA-einblick 2+3/2009

    Biomassebestimmung an Waldbäumen – MethodischeGrundlagen

    von Gerald Kändler und Bernhard Bösch

    Warum Biomasse?

    Traditionell wird im forstlichenDenken bis heute die Produktionan Holzbiomasse in den Wäldernin Volumeneinheiten gemessen.Wesentlicher Grund hierfür ist,dass das Holz mit Ausnahme desIndustrieholzes hauptsächlichnach Volumen verkauft wird. Auchdie forstliche Ertragskunde kon-zentriert sich bislang auf das Volu-men, obgleich unter produktions-biologischen Gesichtspunkten dieBiomasse eine aussagekräftigereGröße ist.

    Aktuelle Entwicklungen habenin den letzten Jahren dazu geführt,dass auch für den Wald die Not-wendigkeit besteht, die Biomassezu quantifizieren. Ein wichtigerGrund ist die aus dem Kyoto-Pro-tokoll und der UN-Klimarahmen-konvention resultierende Berichts-pflicht über die Treibhausgase,danach müssen auch die Wälderals Senken oder Quellen von Koh-lenstoff (bzw. CO2) einbezogenwerden. Die Bestimmung der Bio-masse ist Voraussetzung, um denKohlenstoffvorrat zu berechnen.Der andere Grund ist die gestiege-ne Nachfrage nach Biomasse alsEnergieträger, die ebenfalls mit derKlimaproblematik zusammen-hängt: Die Reduktion des Ver-brauchs fossiler Energieträger sollteilweise durch verstärkte Nutzungerneuerbarer Energien erreicht wer-den, von denen auch die Biomasseeine Rolle spielen kann. In derforstlichen Forschung befasst mansich daher seit einigen Jahrenwieder verstärkt mit Methoden undVerfahren der Biomassequanti-fizierung für Wälder. Damit wird einThema aufgegriffen, das in den 70er

    und 80er Jahren des 20. Jahrhun-derts bereits unter dem Gesichts-punkt der Energiegewinnung For-schungsgegenstand war. Aller-dings verloren diese Arbeitendanach wieder an Interesse, da dieEnergieholzbereitstellung damalsnicht als ökonomisch sinnvoll er-schien.

    Wie wird der Biomassevorratin Wäldern berechnet?

    Mittels „Umrechnungsver-fahren“ auf der Grundlage von Vor-ratsdaten: Wenn keine Methodenzur Bestimmung von Einzelbaum-biomassen zur Verfügung stehen,lässt sich die im Holzvorrat enthal-tene Biomasse näherungsweisemit Hilfe von Umrechnungs-verfahren herleiten. Ausgangs-daten sind die Derbholzvorrätenach Baumarten und Altersklas-sen. Da der Derbholzvorrat nichtdas gesamte oberirdische Baum-volumen umfasst, muss im erstenSchritt der Derbholzvorrat (baum-arten- und altersklassenweise) inBaumholzvolumen mittels so ge-nannter Expansionsfaktoren um-gerechnet werden. Das Baumholz-volumen wiederum wird mit Hilfevon baumartenspezifischen Raum-dichtefaktoren in Biomasse (Tro-ckensubstanz) umgerechnet.Raumdichtefaktoren geben dieTrockensubstanz in kg je m³Frischvolumen an, stellen also einespezielle Holzdichte dar.

    Dieses Verfahren liefert bereitsbrauchbare Größenordnungen fürüberschlägige Berechnungen. Esist aber weniger genau als dieBiomasseschätzungen, die auf derAnwendung von Biomasse-funktionen beruhen, die die Bio-

    masse einzelbaumweise in Funkti-on von Baumattributen wie Brust-höhendurchmesser und Höhe an-geben.

    Biomassefunktionen

    Im Prinzip kann die Biomasseanalog zum Holzvorrat bestimmtwerden.

    Anstelle von Vorratsfunktionenoder -tafeln, die für Einzelbäume inAbhängigkeit von leicht messba-ren Baumdimensionen wie Durch-messer und ggf. Höhe denDerbholzvorrat in Volumeneinhei-ten (m³ mit Rinde) angeben, müs-sen Funktionen hergeleitet wer-den, welche den oberirdischenBiomassevorrat in kg oder t Tro-ckensubstanz liefern. In diesemZusammenhang muss auf einebegriffliche Unschärfe im forstli-chen Sprachgebrauch hingewie-sen werden: Es wird nicht klar zwi-schen Volumen und Masseunterschieden, was am Begriff„Massentafel“ deutlich wird, derphysikalisch gesehen falsch ist,weil es sich bei den klassischenMassentafeln tatsächlich umVolumentafeln handelt. Heute wer-den bei der Auswertung von Vor-ratsinventuren Volumenfunktionen,also mathematische Gleichungen,verwendet.

    Für die Schätzung der Bio-massevorräte von Wäldern auf derGrundlage von Stichproben-inventuren sind Biomasse-funktionen besonders gut geeig-net. Diese Funktionen müssenanhand von an Einzelbäumen ge-messenen Biomassen kalibriertwerden. Hier stößt man auf einpraktisches Problem: Die empiri-schen Grundlagen von Volumen-

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    tafeln oder -funktionen wurdenbereits in den Anfängen des forstli-chen Versuchswesens mit einemhohen Arbeitsaufwand geschaffenund in den klassischen Volumen-tafelnwerken ab Mitte des letztenJahrhunderts dokumentiert. ImGegensatz dazu ist die empirischeDatenbasis, die für die Kalibrierunggroßräumig gültiger Biomasse-funktionen erforderlich ist, wesent-lich schmäler und nicht systema-tisch erhoben worden. DerHauptgrund, weshalb es wenigEinzelbaumdaten zur Biomassegibt, ist der hohe Aufwand, der be-trieben werden muss, um die ge-samte oberirdische Biomasse vonBäumen zu erfassen, vor allemangesichts der hohen Arbeits-kosten.

    „Messung“ der oberirdischenBiomasse von Einzelbäumen

    In den Anfängen der forstlichenForschung zur Erhebungdendrometrischer und biometri-scher Grundlagen im 19. und in derersten Hälfte des 20. Jahrhundertswurden Bäume meist vollständigbeprobt, um Daten für die Volumen-bestimmung zu gewinnen. Zu jenerZeit fielen die Arbeitskosten nichtso sehr ins Gewicht. Aber schondamals wurde der Aufwand redu-ziert, indem man sich auf dasDerbholz beschränkte und so ei-nen großen Teil des Astwerks nichtberücksichtigen musste. Biomas-seerhebungen im großen Stil wur-den jedoch selten durchgeführt.Umfangreichere Messungen zurErfassung der Biomasse erfolgtenin den 1930er und 1940er Jahren inder Schweiz. In Mitteleuropa wur-den Biomassen von Waldbäumenim Rahmen des forstlichenVersuchswesens nicht systema-tisch gemessen, sondern verein-zelt in Fallstudien. Die an-gewandte Methodik variiert dabei.Eine großräumig systematischangelegte Messkampagne zur Er-fassung der Biomasse von Wald-bäumen fand in den 1980er Jahren

    in Schweden statt. Motivation die-ser Untersuchung war schondamals die Frage der Nutzung vonHolzbiomasse für eine energeti-sche Verwendung.

    „Messung“ der Biomasse vonBäumen - Wie geht man vor?

    Prinzipiell erscheint es nichtkompliziert, die Biomasse vonBäumen zu messen. Man brauchtdie Bäume nur zu wiegen, wobeisie dafür zerlegen werden müssen.Da aber das Trockengewicht Zielder Messung ist, muss das bei derBeprobung erfasste Frischgewicht,welches je nach Feuchtegehaltdes Holzes variiert, in Trocken-gewicht umgerechnet werden. Zudiesem Zweck müssen Probengenommen und ihr Frischgewichtbei der Beprobung erfasst werden.Anschließend werden sie im Laborbis zur Gewichtskonstanz (absolu-te Trockenheit) getrocknet. Ausdem Verhältnis von Trocken-gewicht zu Frischgewicht der Pro-

    be lässt sich schließlich dasFrischgewicht des gesamtenBaums in Trockenmasse umrech-nen. Unter praktischen Bedingun-gen ist es aber sehr aufwändig, ei-nen großen Baum vollständig zuwiegen. Daher lohnt es sich, überalternative, stichproben-gestützteVerfahren nachzudenken. Heutemuss angesichts der hohenArbeitskosten die Beprobung vonBäumen so effizient wie möglicherfolgen. Dies ist möglich, indemauf eine Vollerhebung verzichtetwird und stattdessen die Bäumenur stichprobenweise erfasst wer-den.

    Stichprobenverfahren

    Für die Beprobung von Laub-bäumen wird das so genannteRandomized Branch Sampling(RBS), eine zufallsgesteuerte Ast-Stichprobe, angewandt. Die Grund-idee dieses Stichprobenverfahrenswurde bereits 1955 entwickelt.Beim RBS wird die natürliche Ver-

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    zweigung innerhalb des Baumesbenutzt, um schrittweise im Sinneeiner zufallsgesteuerten sequenti-ellen Auswahl Proben zu entneh-men. Der Baum wird als eine ver-zweigte Struktur betrachtet, dieaus Verzweigungspunkten (auchals Knoten bezeichnet) und Seg-menten (Abschnitten) zwischenaufeinander folgenden Knoten be-steht.

    Wie funktioniert RBS?

    RBS selektiert aus der ver-zweigten Baumstruktur ausgehendvom Stammfuß einen so genann-ten Pfad aus Segmenten bis zueiner Terminalknospe. Dabei wirdbei jeder Verzweigung zufälligjeweils nur ein Astsegment (Astab-schnitt) ausgewählt, das weiter-verfolgt wird. An jeder Verzweigungmüssen hierfür alle Basisdurch-messer der abgehenden Äste(Segmente) gemessen und regist-riert werden. Aus diesen Messun-gen wird für jedes Segment amVerzweigungspunkt eine so ge-nannte bedingte Auswahl-wahrscheinlichkeit berechnet. DerFeldcomputer entscheidet dannzufällig, welches Astsegment aus-gewählt wird, um weiterverfolgt zuwerden. Die ausgewählten Ast-segmente werden vermessen, in-dem ihr Basis- und Enddurch-messer sowie ihre Längeregistriert werden. Daraus lässtsich für jedes Segment das Volu-men bestimmen. Das Gesamt-volumen eines Pfades lässt sichauf das Gesamtvolumen desBaums hochrechnen, indem für je-des Segment die Gesamtauswahl-wahrscheinlichkeit berechnet wirdund das jeweilige Segment-volumen mit dieser Wahrschein-lichkeit dividiert wird. Die Gesamt-auswahlwahrscheinlichkeit einesSegments ist das Produkt der be-dingten Wahrscheinlichkeiten, desbetrachteten und der auf dem Pfadvorhergehenden Segmente. DieSumme aller expandiertenSegmentvolumina ergibt eine

    Schätzung des Gesamtvolumensdes Baums. Um den Schätzfehlerzu reduzieren, wird das RBS aneinem Baum in der Regel dreimaldurchgeführt, wobei zufällig ver-schiedene Pfade durchlaufen wer-den. Es kann aber vorkommen,dass in verschiedenen Pfadenteilweise dieselben Segmente er-fasst werden.

    Um zur Biomasse zu gelangen,müssen zusätzlich aus einem Pfadzufällig mehrere Stammscheibenentnommen werden. NachTrocknung im Labor kann aus die-sen Scheiben schließlich diebaumspezifische Raumdichte be-stimmt werden, um das Volumenin Biomasse umzurechnen.

    Praktische Anwendung

    Das RBS-Verfahren kann prak-tisch nur mit Hilfe eines Feld-computers durchgeführt werden,der die Datenerfassung und dieSteuerung der Pfadauswahl unter-stützt. Zu diesem Zweck wurdevon der FVA ein speziellesDatenerfassungsprogramm entwi-ckelt.

    Das Verfahren gewährleisteteine effiziente und unverzerrteSchätzung der Zielgröße Biomas-se und erlaubt zudem, denStichprobenfehler einzelbaum-bezogen zu schätzen. Das RBSist in erster Linie bei Laubbäumenmit einer unregelmäßigen Kronen-struktur effizient.

    Zur Illustration sind in Abb. 1drei Beispiele für RBS-Pfade anBuchen dargestellt.

    Bei Nadelbäumen wird ein mo-difiziertes Stichprobenverfahrenangewandt, welches im Wesentli-chen auf einer sektionsweisenMessung des Schaftes sowie derErfassung der Quirle beruht. AlleQuirlpositionen (Quirlhöhen imBaum) werden eingemessen, so-wie je Quirl alle Äste erster Ord-nung gezählt. An jedem zweitenQuirl werden zusätzlich die Ast-basisdurchmesser gemessen.Schließlich werden an jedem vier-ten Quirl zwei zufällig ausgewählteÄste entnommen. Diese Probe-äste werden gewogen (Frisch-gewicht) und anschließend je nachAstgröße bis zu drei Unterprobenentnommen, ebenfalls gewogen,

    Abb. 1. An Buchen beprobte RBS-Pfade: Anstelle einer vollständigenVermessung aller Äste werden jeweils nur drei Pfade erfasst. Für die Pfadewird über das Volumen und entnommenen Holzproben, die im Laborgetrocknet werden, die Biomasse bestimmt und auf den ganzen Baumhochgerechnet. Der Mittelwert der drei Pfade wird als Schätzwert für dieoberirdische Biomasse des Baumes verwendet. Diese Stichprobe genügt,um die Biomasse mit akzeptabler Genauigkeit zu bestimmen.

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    und für die Trocknung im Laboraufbewahrt.

    Für die Bestimmung derSchaftbiomasse werden Stamm-scheiben entnommen. Die Stamm-scheiben werden als Ganzes ge-wogen. Aus diesen Scheiben wirdeine Unterprobe (als Sektor) ent-nommen, gewogen, und ebenfallszur Trocknung ins Labor gebracht.

    Anwendung der Methodik inMesskampagnen

    Um die beiden Verfahren prak-tisch zu erproben, wurden im Rah-men einer ersten Studie an ver-schiedenen Waldorten imStadtwald Freiburg und im Staats-wald im Landkreis Rastatt (RevierGaggenau) Probebäume gefälltund vermessen. Im Rahmen einesweiteren Forschungsprojekts, ei-ner Fallstudie in Oberschwabenüber ein Energieholzkreislauf-konzept, wurden Fichten und Bu-chen beprobt. In dieser Untersu-chung wurde zusätzlich nachRinden- und Holzkörpern sowieNadeln (bei Fichte) differenziertund spezielle Proben gezogen, dieim Labor nach Elementgehaltenanalysiert wurden. Mit diesen Ana-lysen sollten der Nährstoffentzugdurch Biomassenutzung kalkuliertwerden. Im Beitrag von Kändler undBösch auf Seite 10 werden einigeErgebnisse dieser Studie kurz vor-gestellt und erläutert.

    Eine größere bundesweiteDatenerhebungskampagne hatdieses Jahr begonnen. Die FVAführt im Auftrag des Bundes(Bundesministerium für Ernährung,Landwirtschaft und Verbraucher-schutz) im Rahmen der Vorberei-tung der 3. Bundeswaldinventur eingrößeres Forschungsvorhabendurch: Die vorhandenen Biomasse-funktionen für die Baumarten Fich-te, Kiefer, Buche und Eiche sollenauf ihre bundesweite Gültigkeit indeutschen Wäldern überprüft wer-den. Dafür muss für diese Baum-arten im gesamten Bundesgebietverteilt nach ihren Verbreitungs-

    schwerpunkten Biomasse-datenmaterial nach der von der FVAentwickelten Methodik erhobenwerden.

    Ausblick

    Die entwickelten Verfahren er-lauben eine effiziente Gewinnungvon Datenmaterial über die oberir-dische Biomasse von Wald-bäumen. Das ist allerdings nur ei-ner von mehreren Kohlen-stoffspeichern im Wald: Ein weite-rer Teilspeicher in den Bäumenselber ist die unterirdische Bio-masse der Wurzeln. Darüber hin-aus ist in der Bodenvegetation so-wie im Totholz als Teile desWaldökosystems ebenfalls Koh-lenstoff enthalten. Ein großer Spei-cher ist schließlich der Boden.Dieser Speicher kann im gemäßig-ten Klima den C-Vorrat in der auf-stockenden Vegetation sogar über-treffen, wobei insbesondere seineVeränderungsdynamik schwer zuermitteln ist. Daten zum Boden-kohlenstoff liefert zudem dieBodenzustandserhebung, die imletzten Jahr abgeschlossen wurde.Auch die Wurzelbiomasse istschwierig zu bestimmen, so dassman sich hier mit Näherungs-verfahren behelfen muss. Aus forst-wirtschaftlicher Sicht ist die in den

    Bäumen gespeicherte Biomassedie interessanteste Größe: Sielässt sich durch Bewirtschaftungaktiv beeinflussen, etwa durch dieEingriffe und Höhe der Vorrats-haltung. Gleichzeitig ist sie auchRisiken ausgesetzt, vor allemSturmkatastrophen, wodurchschlagartig große Mengen an Bio-masse aus dem Wald entfernt wer-den können.

    Dr. Gerald KändlerFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected]

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    Biomassefunktionen und -tafeln – Vorläufige Ergebnisse

    von Gerald Kändler und Bernhard Bösch

    Wie im vorangegangenen Arti-kel von Kändler erwähnt, wurde mitHilfe der entwickelten Biomasseer-hebungsverfahren in zwei Studienin Baden-Württemberg Biomassenvon Einzelbäumen der BaumartenFichte, Tanne, Douglasie und Bu-che gemessen. Dieses Datenma-terial geht in eine Datenbank ein,die gerade im Aufbau begriffen istund durch weitere Erhebungen er-weitert werden soll. Anhand diesesDatenmaterials können existieren-de Biomassefunktionen auf ihreGültigkeit für größere Regionenüberprüft werden.

    Biomassetabellen und -funktionen für Fichte undBuche

    Im Folgenden sollen zur Illust-ration Ergebnisse erster Auswer-tungen vorgestellt werden. Es han-

    delt sich um vorläufige, streng ge-nommen nur für die Bepro-bungsregionen gültige Biomasse-funktionen, da die Analysen nochnicht abgeschlossen sind. DieseAuswertungen dienen der Illustrati-on und sollen Größenordnungenvermitteln. Sie beschränken sichauf die Baumarten Fichte und Bu-che, für die insgesamt 255 bzw.151 Probebäume ausgewertet wur-den. Die Biomassefunktionen ge-ben die oberirdische Biomasse inkg Trockensubstanz in Abhängig-keit vom Brusthöhendurchmesserund der Höhe an. Im weiteren Ver-lauf der Forschungsarbeiten sollendiese Funktionen durch besser ab-gesicherte Versionen ersetzt wer-den.

    Allgemeine Form vonBiomassefunktionen

    Funktionen dienendazu, eine Zielgröße(z. B. Biomasse oderVolumen) in Abhängig-keit von einfach zumessenden Baum-merkmalen zu schät-zen. Es handelt sichdaher um statistischeZusammenhänge, de-ren Schätzungen einenbedingten Mittelwertwiedergeben - bedingtdeshalb, weil die Ziel-größe für definierte Be-dingungen, nämlichBaumart, Brusthöhen-durchmesser und ggf.Höhe oder weitereBaummerkmale, ge-schätzt wird.

    Wie für Volumen-funktionen lässt sichder Zusammenhangzwischen oberirdischer

    Biomasse und Baummerkmalendurch so genannte allometrischeFunktionen recht gut darstellen.Unter Allometrie versteht man dieBeziehungen zwischen der Kör-pergröße und deren Verhältnis zuverschiedensten Dimensionen vonOrganismen. Die klassische ma-thematische Gleichung, die solcheBeziehungen beschreibt, ist diePotenzfunktion der Form y = a • xbmit y als abhängiger Größe, alsoz. B. die oberirdische Biomasse inkg, und x als Brusthöhendurch-messer; a und b sind Koeffizien-ten, welche den Verlauf der Kurvebestimmen. Diese Koeffizientenwerden geschätzt, indem man diegemessenen Biomassen von ein-zelnen Bäumen zu ihrem BHD inBeziehung setzt. Ein Beispiel istin Abb. 1 wiedergegeben.

    Die in Abbildung 1 eingezeich-nete Kurve entspricht folgenderallometrischer Biomassefunktion:B = a • BHDb • Hc .Die Koeffizien-ten a, b und c sind für Fichte undBuche in Tabelle 1 aufgeführt.

    Klassische Darstellungen sindTabellen oder Tafeln, die die Ziel-größe für verschiedene Durchmes-ser- und Höhenkombinationen an-geben. Aus den hier angepasstenBiomassefunktionen für Fichte undBuche lassen sich beispielsweisedie in Tabelle 2 und 3 wiedergege-benen Biomassetafeln erzeugen.Aus Platzgründen wurden relativgroße Klassen für Durchmesserund Höhe gebildet.

    So lässt sich aus Tabelle 2 ab-lesen, dass eine Fichte mit BHD10 cm bei einer Höhe von 8 m eineoberirdische Trockenmasse von26,4 kg besitzt; mit einem BHDvon 20 cm und einer Höhe von20 m erreicht sie 182 kg; eine star-ke Fichte mit BHD 60 cm hat beieiner Höhe von 40 m eine oberirdi-

    Abb. 1: Oberirdische Biomasse der Fichte überdem Brusthöhendurchmesser. Die rote Kurvezeigt den Ausgleich mit Hilfe der allometrischenBiomassefunktion mit dem BHD und der Höhe alsunabhängige Variable. Für die Höhe wurdejeweils die mittlere Höhe je Durchmessereingesetzt.

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0010

  • Seite 11FVA-einblick 2+3/2009

    sche Biomasse von ca. 2,2 to.In Tabelle 3 finden sich die ent-

    sprechenden Werte für Buchen.Es zeigt sich, dass Buchen ab ei-nem BHD von 15 cm bei denselbenDurchmesser-Höhen-Kombinatio-nen zunehmend mehr oberirdischeBiomasse als Fichten besitzen:Der Wert für eine Buche mit BHD10 cm und Höhe 8 m ist mit26,2 kg fast mit dem Wert für dieFichte identisch; bei einem BHDvon 20 cm und einer Höhe von20 m übertrifft die Buche mit einerBiomasse von 235 kg die Fichteschon deutlich; eine Buche mitBHD 60 cm hat bei einer Höhe von40 m mit rund 4, 2 Tonnen fast dop-pelt so viel oberirdische Biomassewie eine Fichte mit derselbenDurchmesser-Höhen-Kombinati-on. Allerdings dürften diese Dimen-sionen bei Buchen seltener vor-kommen als bei Fichten.

    Mit Hilfe der Biomasse-funktionen kann der Biomassevor-rat von Beständen analog zumVolumenvorrat ermittelt werden.Daraus lässt sich der Kohlenstoff-vorrat schätzen, wie in dem Bei-trag auf Seite 14 von Kändler dar-gestellt wird. Die Bio-massefunktionen bzw. die gewon-nenen Probebaumdaten könnenauch für andere Fragestellungengenutzt werden.

    Wie viel Biomasse kanngeerntet werden?

    Bei der Holzernte ist die stoffli-che Verwertung in Form vonStamm- und Industrieholz nachwie vor vorrangig. Somit stellt sichdie Frage, inwiefern Energieholz-sortimente als Koppelprodukte zu-sammen mit dem Stammholz, ent-weder an Stelle von Industrieholzoder zusätzlich, aufgearbeitet wer-den kann. Dazu muss man wis-sen, welche Massen überhauptzur Verfügung stehen. Ein Ziel die-ser Untersuchungen ist es,Schätzmodelle herzuleiten, an-hand derer man den Anfall vonEnergieholzsortimenten neben an-

    deren Sorten ermit-teln kann.

    Zunächst mussberechnen werden,wie viel der oberirdi-schen Biomassedurch die Aufberei-tung von Stammholz„verbraucht“ wird, umdann abschätzen zukönnen, wie viel vonder Biomasse nochfür die Aufbereitungals Energieholz übrigbleibt. Um Vorstel-lungen über die Grö-ßenordnung diesesAufkommens zu vermitteln, wurdenebenfalls folgende Berechnungenangestellt.

    Bindung von Biomasse imStammholz – was verbleibt anRestbiomasse?

    An den Probebäumen kann dieAushaltung von Stammholz simu-liert und die im Stammholz bzw. inden Ernteverlusten (Stock, Zumaß)enthaltene Biomasse berechnetwerden. Die Differenz zwischen dergesamten oberirdischen Biomasseund der im Stammholz gebunde-nen Biomasse ist die Menge, die

    theoretisch für eine energetischeVerwertung übrig bleibt. Für dieseModellrechnungen wurden verein-fachende Annahmen getroffen. Beider Fichte wird ein Auf-arbeitungszopf von 10 cm ohneRinde unterstellt. Es werden nurLangholz (maximal 20 m) und Ab-schnitte (Mindestlänge 3 m) aus-gehalten. Das heißt, ge-gebenenfalls wird nach einerStammholzlänge noch ein zweiterAbschnitt (Stammholz im Gipfelbzw. Industrieholz) ausgeformt.Bei der Buche wird je nach BHD nureine Länge bis zu einemMindestzopf von 12, 15 oder

    Tab. 2: Die oberirdische Biomasse von Fichten in Abhängigkeit vonBrusthöhendurchmesser (D in cm m. R.) (Spalten) und Höhe (Scheitelhöhein m) (Zeilen)

    Tab. 1: Funktionskoeffizienten derBiomassefunktion für Fichte und Buche

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0011

  • Seite 12 FVA-einblick 2+3/2009

    20 cm o. R. ausgehalten, jedochnur bis zum Kronenansatz. Zu-maße und Schnittverluste werdenebenfalls berücksichtigt. Die beider Ausformung dieser Sortimentegebundene Biomasse wird an-schließend ermittelt, ebenso dienicht verwertbare Biomasse (vorallem im Stock).

    In Tabelle 4 sind die mittlerenMengen an Restbiomasse, dienach Aushaltung von Stammholzentsprechend den oben genanntenVorgaben verbleiben, nach BHD-Klassen für Fichte und Buchen

    Tab. 4: Im Mittel je Baum nach Aushaltung vonStammholz und ggf. 2. Abschnitts (bei Fichte)verbleibende „Restbiomasse“ in kgTrockensubstanz nach BHD-Klassen

    wiedergegeben. Diese Zahlenstammen aus der Auswertung dervorliegenden Probebäume undsind nicht unbedingt für alleBestandesverhältnisse repräsenta-tiv. Sie vermitteln aber eine Vorstel-lung und machen insbesondereden Unterschied zwischen Fichtenund Buchen deutlich. In der Praxiswird diese nach der Holzernte an-fallende Menge oft als Brennholzaufgearbeitet und somit bereits intraditioneller Form als Energieholzverwertet. Die auf diese Weise ver-werteten Energieholzmengen wer-

    den jedoch nur sehrgrob geschätzt. MitHilfe dieser neuenSchätzmodelle kannman den bei Hiebenanfallenden Restbesser abschätzen.Allerdings ist zu be-achten, dass vondiesen Restmengennicht alles ökono-misch sinnvoll ge-nutzt werden kann.Die Mobilisierbarkeitdieser Biomassehängt von mehrerenFaktoren wie Gelän-de und Holzernte-

    verfahren ab. Außerdem ist zu be-denken, dass eine vollständigeNutzung einen erhöhten Entzugvon Biomasse bedeutet, was ne-gative Auswirkungen auf dieStandortsproduktivität haben kann.Zu dieser Fragestellung laufenzurzeit Forschungsarbeiten, dieder Frage nachgehen, ob Nähr-stoff-entzüge durch intensivierteBiomassenutzung durch Ausbring-ung von Asche aus Biomasse-verbrennungsanlagen wieder kom-pensieren werden können.

    Ausblick

    Die Beispielen zeigen, welcheMethoden und Schätzmodelle ent-wickelt werden können, um dieBiomassevorräte in Wäldern bes-ser abzuschätzen und welche An-wendungen möglich sind, umgenauere Vorstellungen über dieVerfügbarkeit von Energieholz imRahmen der Holzernte zu bekom-men. Die Modelle können alsodafür genutzt werden, um bei Hie-ben den Anfall an Energieholz-sortimenten besser abzuschätzen.

    Die Verfügbarkeit von Biomassefür die energetische Nutzung istweiterhin eine aktuelle Frage. ImKalkulationsprogramm Holzernteder FVA sind bereits vorläufigeFunktionen integriert. Anhand derneu gewonnenen Daten sollen diezugrunde liegenden Modelle ver-bessert werden. Laufende For-schungsarbeiten an der FVA befas-sen sich mit der Frage derEnergieholzbereitstellung, insbe-sondere mit Ernteverfahren undLogistik. Zusammen mit verbes-serten Informationen über dienaturale Verfügbarkeit von Biomas-se liefern diese Forschungs-arbeiten Grundlagen, um Holz-erntemaßnahmen weiter zuoptimieren.

    Dr. Gerald KändlerFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected]

    Tab. 3: Die oberirdische Biomasse von Buchen in Abhängigkeit vonBrusthöhendurchmesser (D in cm m. R.) (Spalten) und Höhe (Scheitelhöhein m) (Zeilen)

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0012

  • Seite 13FVA-einblick 2+3/2009

    Wärme, Strom und Kraftstoff aus Biomasse – Energietag Baden-Württemberg 2009 auf demStuttgarter Schlossplatz am 19. September

    „Mit einem Gesamtanteil von sechs Prozent des Energie-bedarfs ist Biomasse das Zugpferd der erneuerbaren Energi-en in Baden-Württemberg. Dies entspricht rund zwei Drittelder Gesamterzeugung aus regenerativen Quellen. Zusätzlichist die Biomasse einAlleskönner: Wärme,Strom und Kraftstoffekönnen erzeugt wer-den“, sagte die Staats-sekretärin im Ministeri-um für Ernährung undLändlichen Raum,Friedlinde Gurr-HirschMdL, beim drittenEnergietag Baden-Württemberg am 19.September auf demStuttgarter Schloss-platz. Mit mehr als vier-

    zig Ausstellern (Energieversorgern, Handwerkern, Wissenschaftlern, Umweltschützern u. a.) sowie Bühnen-programm und Vertretern der Landesregierung fand hier die Zentralveranstaltung des Energietages statt. DasInteresse der Bürgerinnen und Bürger an Energiesparen schien groß zu sein.

    Unter dem Dach der gemeinsamen Botschaft „Nachwachsende Rohstoffeaus Forst- und Landwirtschaft“ präsentierte auch das Ministerium für Ernäh-rung und Ländlichen Raum gemeinsam mit dem Landesbetrieb ForstBW,dem Landwirtschaftli-chen Technologie-zentrum Augusten-berg, der UniversitätHohenheim sowie derForstlichen Versuchs-und Forschungs-anstalt ihre Projekte:Energieholz in Formvon Scheitholz, Pelletsoder Hackschnitzeln

    sowie Biogaserzeugung. Die Abteilung Waldnutzung der FVAwar mit dem Projekt „Biomasse aus Kurzumtrieb“ – Anbauschnellwachsender Baumarten wie Pappeln und Weiden auflandwirtschaftlichen Flächen - dabei.Im Rahmen des Energietages Baden-Württemberg 2009 am19. und 20. September beschäftigten sich landesweit rund180 Veranstaltungen mit den Themen Energiesparen,erneuerbare Energien und Klimawandel.

    Bilder: FVA/Makkonen-Spiecker

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0013

  • Seite 14 FVA-einblick 2+3/2009

    Anwendung von Biomassefunktionen am Beispiel derBundeswaldinventur

    von Gerald Kändler

    Die Anwendung von Biomasse-funktionen lässt sich am Beispielder Bundeswaldinventur 2 demons-trieren. Inventuren stellen eine ide-ale Zahlengrundlage für die Erstel-lung von Berichten über denWaldzustand dar, die zunehmendim Rahmen internationalerBerichtspflichten erforderlich sind.Im Zusammenhang mit internatio-nalen Bemühungen, den Klima-wandel zu vermeiden oder abzumil-dern, stehen Vereinbarungen wiedas Kyoto-Protokoll, welchesauch von Deutschland unterzeich-net worden ist. Zu den Pflichten derUnterzeichnerstaaten gehört dieErstellung von Treibhausgas-inventaren. Auch über den Waldmuss eine Bilanz der Kohlenstoff-flüsse (Speicherung minus Entnah-men) erstellt werden. MethodischeGrundlagen für die Herleitung derC-Bilanz aus den Daten derBundeswaldinventuren wurden vonder FVA erarbeitet. Diese Arbeitenumfassen auch vorläufigeBiomassefunktionen (s. Beitrag„Biomassebestimmung an Wald-bäumen – Methodische Grundla-gen“), die anhand des neu erhobe-nen Biomassedatenmaterialsüberprüft werden. Mit diesen vorlie-genden Biomassefunktionen wur-den bislang die Treibhausgas-berichte der Bundesregierung zumWald erstellt. Im Folgenden wer-den einige Kennwerte vorgestellt,die mit Hilfe dieser Funktionen be-rechnet wurden.

    Schätzung der Biomasse- undKohlenstoffvorräte

    Aus den Messdaten vonStichprobeninventuren lässt sichmit Hilfe von Biomassefunktionen

    der Vorrat an Biomasse schätzen.Zum Stichjahr der Bundeswald-inventur 2 im Jahre 2002 stockte imLand Baden-Württemberg imGesamtwald ein oberirdischerBiomassevorrat (nur Bäume ein-schließlich Verjüngung ab 20 cmHöhe) von 281,5 Mio. Tonnen.Daraus lässt sich anhand einereinfachen Umrechnung derKohlenstoffvorrat berechnen, wobeica. 50 % der Trockensubstanz derWaldbäume aus Kohlenstoff be-steht. Für den Gesamtwald imLand Baden-Württemberg ergibtdies einen C-Vorrat von ca.140,7 Mio. Tonnen, der im oberirdi-schen Holzvorrat gespeichert ist.Je Hektar ist das ein Wert von106,4 Tonnen. Für ganz Deutsch-land ergab sich zum Stichjahr2002 ein gesamter Biomassevorratder Waldbäume von knapp2 Mrd. Tonnen, was einem Kohlen-stoff-Vorrat von fast 1 Mrd. Tonnenbzw. einer CO2-Menge von rund3,6 Mrd. Tonnen entspricht. Aufden Hektar bezogen sind das ca.94 Tonnen Kohlenstoff bzw.346 Tonnen CO2. Diese Kennzah-len sind kein Selbstzweck, son-dern dienen der Erstellung derTreibhausgasberichterstattung zurErfüllung der Berichtspflichten imRahmen des Kyoto-Protokolls.Allerdings kommt es nicht nur aufZustandszahlen an, sondern esmüssen auch die Veränderungender Vorräte erfasst werden. DieseAnforderungen können nur durchdie Wiederholung der Inventurenerfüllt werden. Dies ist auch einGrund dafür, dass die dritteBundeswaldinventur in den Jahren2011 und 2012 mit Stichjahr 2012durchgeführt werden wird, da die 1.Kyoto-Protokoll-Verpflichtungs-

    periode den Zeitraum der Jahre2008 bis 2012 umfasst.

    Diese Zahlen mögen beeindru-cken, insbesondere die rechneri-sche Menge CO2, die dem imWald gespeicherten C-Vorrat ent-spricht. Setzt man sie jedoch denjährlichen Emissionen an CO2 ge-genüber, so relativiert sich dieLage: Betrachtet man die Periode1987 bis 2002 (zwischen 1. und 2.Bundeswaldinventur), so lässtsich für Baden-Württemberg einmittlerer Vorrat der Baum-vegetation (einschließlich Wur-zeln) errechnen, der einer CO2-Menge von 619 Mio. Tonnenentspricht. Diesem Vorrat stehteine mittlere jährliche Emissionvon 76,4 Mio. Tonnen CO2 gegenü-ber. Das heißt, die im gesamtenVorrat gespeicherte CO2-äquivalen-te Menge C entspricht der ca. 8fa-chen Menge der jährlichen Emissi-onen. Deutlich wird dieDiskrepanz, wenn die mittlereNetto-Speicherung von CO2 imWald im Zeitraum 1987 bis 2002betrachtet wird: Die Vorrats-zunahme im Gesamtwald in Ba-den-Württemberg entspricht einerCO2-Senkenleistung von rund2.6 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr.Dem gegenüber steht die jährlicheEmission von 76,4 Mio. Tonnen,also fast die 30fache Menge(Abb. 1). Diese Zahlen verdeutli-chen, dass die CO2-Minderungdurch die reine Speicherung imWald nur sehr begrenzt wirksamund zwangsläufig limitiert ist, dadie Vorräte nicht grenzenlos wach-sen können. Die CO2-Minderungs-leistung des Waldes bzw. derForstwirtschaft besteht vielmehr inder Nutzung des nachhaltig produ-zierten Rohstoffs Holz.

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0014

  • Seite 15FVA-einblick 2+3/2009

    Die Zuwachsleistung derBäume, ausgedrückt inBiomasseproduktion

    Anhand der Inventurdaten lässtsich auch der jährliche Holzzu-wachs berechnen. So betrug imZeitraum 1987 bis 2002 in denWäldern Baden-Württembergs derZuwachs an Derbholz durch-schnittlich 13,8 m³ mit Rinde. Die-sem Derbholzvolumenzuwachsentspricht eine oberirdischeBaumbiomasse von rund 8 Tonnenje Jahr und Hektar. Das sind 4 Ton-nen Kohlenstoff bzw. 14,7 TonnenCO2.

    Interessant ist der Vergleichzwischen den Baumarteneinerseits sowie der Vergleich vonVolumen- und Massenzuwachsandererseits. Die Fichte leistetabgesehen von der Douglasie denhöchsten flächenbezogenenVolumenzuwachs. Im Zeitraum1987 bis 2002 lag er im Gesamt-wald Baden-Württembergs durch-schnittlich bei 16,9 m³ pro Hektarund Jahr (Volumen des oberirdi-schen Derbholzes mit Rinde),während die Buche 12,9 m³ leiste-

    te – ebenfalls ein überraschendhoher Wert. Berechnet man aberden durchschnittlichen jährlichenZuwachs an oberirdischer Biomas-se, so erreicht die Fichte einenWert von 8,1 Tonnen Trockenmas-se je Hektar und Jahr, die Buche

    hingegen 9,6 Tonnen pro Hektar(Abb. 2). Die Buche produziertefolglich im Durchschnitt der Perio-de 1987 bis 2002 auf den HektarHolzboden bezogen fast ¼ mehrMasse als die Fichte. Allerdingsmuss man in Betracht ziehen,dass ein nicht unerheblicherFlächenanteil der Fichte auf Stand-orten wächst, wie etwa die Hoch-lagen, an denen die Buche kaummehr wachsen dürfte. Trotzdemzeigt dieser Vergleich, dass sichdie Verhältnisse zwischen denBaumarten unter produktions-biologischen Gesichtspunkten undbei Betrachtung der Trocken-substanzproduktion verschiebenkönnen.

    Im Wald gespeicherte Energie

    So wie aus der Biomassedurch einfache Umrechnung derKohlenstoffvorrat bzw. die CO2-äquivalente Menge berechnet wer-den kann, kann daraus auch die imWald gespeicherte Energie abge-schätzt werden.

    Betrachtet wird dabei nur dieoberirdische Biomasse, ohne dieWurzeln, da diese nicht genutzt

    Abb. 1: Im Gesamtwald Baden-Württemberg betrug im Zeitraum 1987 bis2002 die Netto-CO2-Einspeicherung durch den Nettovorratsanstieg im Mittel2,6 Mio. Tonnen je Jahr. Demgegenüber steht im selben Zeitraum einemittlere CO2-Emission von 76,4 Mio. Tonnen je Jahr.

    2,6

    76,4

    0102030405060708090

    BW

    [Mio

    . t]

    j. Netto-CO2-Speicherungj. CO2-Emissionen

    Abb. 2: Der mittlere jährliche flächenbezogene Zuwachs an Derbholz mitRinde und oberirdischer Biomasse bei Fichte und Buche im GesamtwaldBaden-Württembergs im Zeitraum 1987 bis 2002. Während beimVolumenzuwachs die Fichte der Buche überlegen ist, kehrt sich beimBiomassezuwachs das Verhältnis um.

    16,9

    8,1

    12,9

    9,6

    0,0

    2,0

    4,0

    6,0

    8,0

    10,0

    12,0

    14,0

    16,0

    18,0

    Dh-Vol oi. Biomasse Dh-Vol oi. Biomasse

    Fichte Buche

    [m³

    bzw

    . t /h

    a/Ja

    hr]

    einblick200902_091020.pmd 20.10.2009, 11:0015

  • Seite 16 FVA-einblick 2+3/2009

    werden. Beim Gesamtwald in Ba-den-Württemberg kann wiederumvom mittleren Biomassevorrat imZeitraum 1987 bis 2002 ausgegan-gen werden, der sich auf rund337 Mio. Tonnen beläuft. Theore-tisch entspricht diese Holzmasseeiner Energiemenge von fast124 Mio. Tonnen Rohöleinheiten.Der gesamte Primärenergie-verbrauch in Baden-Württembergerreichte im Mittel dieses Zeit-raums einen Wert von rund 36 Mio.Tonnen Rohöleinheiten. Dies ent-spricht etwa 30 % des gesamtenim Wald gespeicherten Energievor-rats (Abb. 3).

    Natürlich kann dieser Energie-vorrat nicht genutzt werden. Zumeinen kann der Wald nicht vollstän-dig abgeholzt werden und zum an-deren handelt es sich um den Heiz-wert von absolut trockenem Holz.Die Betrachtung wird etwasrealitätsnäher, wenn man dieEnergiemenge berechnet, die jähr-lich vom Wald in Form des Holzzu-wachses gebunden wird. DieEnergiemenge, die im Zeitraum1987 bis 2002 durchschnittlich proJahr allein in der oberirdischen Bi-omasse des Waldes in Baden-Württemberg gespeichert wordenist, erreicht den imposanten Wertvon 53,8 Mio. Megawattstunden.Der Wald als Solarkraftwerk hatdamit eine mittlere jährliche„Kraftwerksleistung“ von rund6.140 Megawatt erbracht; diesentspricht etwa der Nennleistungvon fünf Kernkraftwerken vom TypBiblis A. Allerdings benötigt derWald hierfür eine ziemlich großeFläche, nämlich rund 1,3 Mio.Hektar. Je m² Waldfläche beträgtdie Leistung damit lediglich0,5 Watt, was wiederum ein be-scheidener Wert ist.

    Diese Zahlen sind allerdingsnur von theoretischem Interesse,denn die jährlich „produzierte“Energiemenge steht für eine ener-getische Nutzung bei weitem nichtzur Verfügung. Immer noch hat diestoffliche Holzverwertung Vorrang,vor allem in der Säge-, Zellstoff-

    und Holzplattenindustrie. Daherkann nur ein bestimmter Anteil desRohholzes tatsächlich als Energie-holz genutzt werden. Außerdemist der effektive Heizwert von Holzniedriger, da auch luftgetrocknetesHolz stets einen Feuchtigkeitsge-halt aufweist. Dadurch wird die ver-fügbare Energie reduziert, weil einTeil für die Verdunstung des ent-haltenen Wassers verbraucht wird.

    Schlussfolgerungen undAusblick

    Die vorgestellten Zahlen wurdenmit Hilfe der bisher vorliegendenBiomassefunktionen berechnet,die von der FVA für die Erstellungder Treibhausgasinventare für denWald entwickelt wurden. Dabeiwerden die Größenordnungensicherlich richtig erfasst.

    Die Biomassefunktionen erwei-sen sich bei der Verwendung derDaten von Stichprobeninventurenals sehr nützlich. Sie werden inZukunft nicht nur für Zustandsdatenund retrospektive Betrachtungengenutzt, sondern auch um Holzauf-kommensprognosen zu erstellen.Mit solchen Prognosen könnenbeispielsweise Energieholz-

    Abb. 3: Im Gesamtwald Baden-Württemberg entsprach der mittlere Vorrat imZeitraum 1987 bis 2002 einem Energiegehalt von 124 Mio. TonnenRohöleinheiten. Demgegenüber belief sich im selben Zeitraum der jährlichePrimärenergieverbrauch auf 36 Mio. Tonnen Rohöleinheiten.

    124

    36

    0

    20

    40

    60

    80

    100

    120

    140

    BW

    [PJ]

    Energie im WaldPrimärenergie-V

    potenziale abgebildet werden. Fürspezielle Fragestellungen wurdenbereits Gutachten erstellt, um regi-onale Energieholzaufkommens-mengen abzuschätzen. Wegender zunehmenden Bedeutung die-ser Auswertungen ist es wichtig,die zugrunde liegenden Funktio-nen zu überprüfen underforderlichenfalls neu zu kalibrie-ren.

    Dr. Gerald KändlerFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected]

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  • Seite 17FVA-einblick 2+3/2009

    Die optimierte Betriebsinventur im Forstbetrieb Fürst zuFürstenberg

    von Arne Nothdurft

    Zielsetzung:BetriebswirtschaftlichesOptimum

    Im Forstbetrieb Fürst zuFürstenberg wurde 2008 eineFolgeaufnahme einer Betriebs-inventur durchgeführt. Mit derenKonzeption wurde die AbteilungBiometrie und Informatik der FVAbeauftragt. Im öffentlichen Wald-besitz werden die Stichproben derBetriebsinventuren grundsätzlichin einem regelmäßigem Rasterangelegt; meist mit Kantenlängenvon 100 m x 200 m oder 200 m x200 m. Wegen der großen Flä-chenausdehnung des Forstbetrie-bes wäre ein derartigesStichprobendesign mit nicht trag-baren Kosten verbunden. Die Be-triebsleitung forderte daher, nur soviele Stichproben anzulegen, wiesie gerade erforderlich sind, umvorher bestimmte Genauigkeitsan-sprüche zu erfüllen.

    Die Anzahl der benötigtenStichproben (Stichprobenumfang)sollte betriebswirtschaftlich opti-miert werden. In dem erwerbs-wirtschaftlich ausgerichtetenForstbetrieb wurden fünf maßgeb-liche Zielgrößen für die Betriebs-inventur festgelegt:1. der Vorrat schwacher Hart-

    laubhölzer mit einem BHD klei-ner oder gleich 30 cm,

    2. der Vorrat starker Hart-laubhölzer (BHD>30 cm),

    3. der Vorrat an schwachen Fich-ten und Tannen,

    4. der Vorrat an starken Fichtenund Tannen und

    5. die Höhe des Zuwachses proHektar.Eine betriebswirtschaftliche

    Optimierung der Betriebsinventur

    meint, dass entweder bestimmtevorher festgelegte Stichproben-fehler der Merkmalsschätzungenmit einem minimalen Stichproben-umfang und damit einem Minimuman Kosten erreicht werden, oder,dass mit einem zur Verfügung ste-henden finanziellen Budget einehöchstmögliche Genauigkeit derSchätzungen (minimale Stich-probenfehler) erzielt wird.

    Zunächst wurde angestrebt,dass der Vorrat von stärkeren Bäu-men in jedem Verantwortungs-bereich (Revier) mit einemStichprobenfehler in Höhe von 5 %des Mittelwerts geschätzt werdenkann; den Schätzungen für dasschwächere Holz wurde ein Fehlerin Höhe von 10 % in jedemVerantwortungsbereich zugestan-den. Es zeigte sich, dass dieseGenauigkeitsforderungen nicht miteinem vertretbarem Erhebungsauf-wand zu erzielen waren. Daraufhinlegte die Betriebsleitung ein verfüg-bares Budget für die Inventur-kosten fest. Die Betriebsinventurwurde dann derartig konzipiert,dass die Zielgrößen unter dieserBudgetbeschränkung mit höchst-möglicher Genauigkeit geschätztwerden können. Dabei wurden dieRelationen der Genauigkeitsan-forderungen für die verschiedenenZielgrößen beibehalten.

    Inventurverfahren: Einezweiphasige Stichprobe zurStratifizierung

    Tatsächlich wurden im Zuge derBetriebsinventur im ForstbetriebFürst zu Fürstenberg zweiStichprobenerhebungen durchge-führt. An den Stichproben der ers-ten Phase wurden bestimmte

    Merkmale ausschließlich anhandvon Luftbildinterpretationen gewon-nen. Die Stichproben der zweitenPhase waren herkömmliche kon-zentrische Probekreise, auf denendie Durchmesser und Höhen derWaldbäume gemessen wurden.Die Phase-I-Stichproben wurden ineinem regelmäßigen und sehrdichten Raster mit Kantenlängenvon 100 m x 200 m angelegt. Anden Stichproben wurde anhand vonaktuellen Farbluftbildern in neunStraten klassifiziert. Es wurde an-gesprochen, ob entweder Nadel-holz oder Laubholz dominiert. DieStichproben mit dominierendemNadelholz wurden in eine von fünfAltersklassen zugeordnet, dieStichproben mit führendem Laub-holz wurden in eine von vier Alters-klassen eingeteilt. Durch dieFestlegung dieser Straten wurdebezweckt, dass die Zielgrößen(Vorräte der beiden Baumarten-gruppen in den beiden Stärke-klassen und der Holzzuwachs) in-nerhalb der Straten einer möglichstgeringen Variabilität unterliegen.Zwischen diesen Straten sollte dieVariabilität möglichst groß sein.

    In der Aufwandsoptimierungwurde dann errechnet, zu welchenAnteilen der gesamte Umfang anterrestrisch zu erhebenden Phase-II-Punkten bestmöglich auf die ein-zelnen Straten aufgeteilt wird. Daszur Verfügung stehende Budgetbegrenzte dabei den Stichproben-umfang der zweiten Phase. Da vonder Betriebsleitung fünf Zielgrößenformuliert wurden, stellt das ange-strebte Optimum einen Kompro-miss zwischen den Genauigkeits-anforderungen an die einzelnenZielgrößen dar. Da die aktuelleBetriebsinventur im Jahr 2008 eine

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  • Seite 18 FVA-einblick 2+3/2009

    Folgeaufnahme einer Vorinventuraus dem Jahr 1998 darstellte, lagein besonderes Interesse auf derVorratsveränderung und auf demgeleisteten Holzzuwachs. Aus die-sem Grund sollten möglichst vieleder schon 1998 bestehenden ter-restrischen Phase-II-Stichprobenauch bei der Folgeaufnahme imJahr 2008 erneut aufgenommenwerden. Diese Restriktion konntedurch die Beachtung derGenauigkeitsanforderung an die

    Zuwachsschätzungals eine der fünf Ziel-größen eingehaltenwerden.

    Ergebnisse:Kostenersparnisse

    Bei der Folge-inventur im Jahr 2008wurden durch das be-schriebene Opti-mierungsverfahreninsgesamt 2044 Stich-proben zu unterschied-lichen Anteilen auf dieneun Straten verteilt.Für die Abschätzungder Kostenersparnissekann der Erhebungs-aufwand dieser opti-mierten Stichprobe mit

    einer herkömmlichen Betriebs-inventur verglichen werden, die aufStichproben in einem regelmäßi-gen Raster beruht. Um den durch-schnittlichen Vorrat je ha des stär-keren Nadelholzes durch eineherkömmliche Betriebsinventurmit einer gleichen Genauigkeit zuschätzen, müssten 376 Stichpro-ben mehr erfasst werden. Eine her-kömmliche Betriebsinventur hättefolglich bei dieser Betrachtungrund 18 % höhere Kosten verur-

    sacht. Um die gleicheSchätzgenauigkeitdes optimierten De-signs für den Vorratdes stärkeren Laub-holzes zu erzielen,müssten in einer her-kömmlichen Betriebs-inventur sogar 3930Stichproben angelegtwerden; diese würde92 % höhere Inventur-kosten bedeuten. Hin-sichtlich der Schät-zung desschwächeren Laub-holzes konnten rund5 % der Kosten einertraditionellen Inventureingespart werden. Dadas schwächere

    Nadelholz vergleichsweise häufigin dem vorliegenden Forstbetriebvorkommt, wäre die gleicheSchätzgenauigkeit des Vorratsschon mit 279 Stichproben wenigerzu erzielen gewesen, also unter14 % geringeren Kosten, wenneine herkömmliche Inventur ange-wendet worden wäre. In der Vor-inventur im Jahr 1998 waren 1763Stichproben erfasst worden. ZurErfüllung der Optimierungskriterienmussten davon 1590 Stichprobenbei der Folgeaufnahme im Jahr2008 erfasst werden.

    Ausblick: Bedeutung für dieBetriebsinventuren imöffentlichen Wald

    Das hier vorgestelltezweiphasige Stichprobenverfahrenverursachte Gesamtkosten inHöhe von rund 4,40 EUR je Hektar.Davon entfielen lediglich 0,20 EURauf die Luftbildinterpretation zurStratifizierung der Phase-I-Punkte.Mit den zweiphasigen Stichprobenzur Stratifizierung können flexibleund individuelle Waldinventuren inden Forstbetrieben durchgeführtwerden. Durch derartig „maßge-schneiderte“ Betriebsinventurenlassen sich entweder die Gesamt-kosten minimieren oder bei gege-benem Budget die Schätz-genauigkeiten bestimmterMerkmale maximieren. Für eineOptimierung des Stichproben-designs müssen zuvor die relevan-ten Zielvariablen festgelegt werden.

    Dr. Arne NothdurftFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected]

    Abb. 1: Ergebnis der luftbildgestütztenStratifizierung der Phase-I-Stichproben

    Abb. 2: Terrestrische Phase-II-Stichproben

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  • Seite 19FVA-einblick 2+3/2009

    Mobility@forest: Satellitengestützte mobile Datenerfassungam Beispiel der Betriebsinventur

    von Uli Riemer

    Die rasch voranschreitendentechnischen Entwicklungen imBereich mobiler Datenerfassungs-geräte in Verbindung mit verbes-serter Navigations-, Ortungs- undDatenübertragungstechnik ermög-lichen die Entwicklung neuer Kon-zepte im Bereich der Vor-Ort-Da-tenerfassung.

    Im Rahmen des Mobility@-forest-Projektes der FVA Freiburgwird an der Entwicklung einesnutzer- und anwendungsorien-tierten mobilen Arbeitsplatzes fürden Forstbetrieb gearbeitet.

    Die permanente Betriebsinven-tur (pBI) wurde als Anwendungsfallausgewählt, weil die Datener-hebung in ihrer praktischen Durch-führung sehr unterschiedlicheTätigkeitselemente beinhaltet undauch zahlreiche Messgeräte ein-gebunden sind.

    Permanente Betriebsinventur

    Die permanente Betriebs-inventur (pBI) ist ein Inventur-verfahren, das auf Basis von syste-matisch verteilten Probekreisenstatistisch abgesicherte Ergebnis-se über den Waldzustand liefert.Das Stichprobenraster orientiertsich am Gauss-Krüger-Koordina-tensystem. Übliche Rasterweitensind 100 x 200 m oder 200 x200 m. Der Stichprobenmittelpunktwird mittels eines bodeneben ein-geschlagenen Eisenpflockes dau-erhaft und nahezu unsichtbar ver-markt. Die Probebäume werdenabhängig vom erreichten Brust-höhendurchmesser (Kluppschwel-le) in konzentrischen Probekreisenerfasst.

    Der Hintergrund der Betriebs-inventur ist die Bereitstellung be-

    trieblich relevanter Kennzahlen,die als Grundlage für dieForsteinrichtungsplanung dienen.Sie lassen aber auch über-betriebliche Aussagen zu, z. B.über das regionale Starkholzvor-kommen.

    Der Staatswald in Baden-Württemberg ist nahezu flächend-eckend erstinventarisiert, vieleWaldflächen bereits zum zweitenMal, d. h. eine Folgeinventur wurdedurchgeführt. Die Betriebsinventurist aktuell ein Zwei-Personen-Ver-fahren.

    Zielsetzung

    Das Projektziel ist die Entwick-lung eines Datenerfassungs-systems, das die Außenarbeitenoptimal unterstützt. Durch die Ver-bindung von geeigneten Peripherie-geräten und der mobilerDatenerfassungseinheit (MDE)sollen die Prozessabläufe opti-miert werden. Die Datenqualitätsoll durch die unmittelbare Erfas-sung in die Datenbank spürbar ver-bessert werden, Medienbrüche„Papierbeleg – Dateneingabe – Papierbeleg“ sollen vermiedenwerden. Neben der höheren Daten-güte werden auch Kosten-einsparungen erwartet, wenn esgelingt, die Inventur in ein Ein-Per-sonen-Verfahren umzuwandeln.

    Hierzu sind mehrere Teil-Arbeitsbereiche (Module) zu über-arbeiten und anzupassen. DieProjektansätze werden im Folgen-den erläutert.

    Modul Datenbereitstellung

    Wie bisher erfolgt der Daten-austausch zwischen dem BI2005-

    Programm und der neu entwickel-ten Mobility-Datenerfassungs-maske über eine Losdatei.

    Diese stellt der BI-Sachbear-beiter mit dem BI2005-Modul „Vor-gangsbearbeitung“ bereit. Über dieDatenerfassungssoftware wird dasPaket importiert, bearbeitet, d. h.mit Daten gefüllt, und im BI2005-Datenformat übergeben.

    Modul Sachdatenerfassung

    Beim Import der für denInventurbetrieb vorbereiteten Los-datei in die Mobility-Daten-erfassungsmaske werden nebenden geforderten Erhebungs-merkmalen auch Alt-Daten ausder Vorinventur übergeben. Diesedienen, wie bisher auf Papier, derDarstellung des Baumverteilungs-plans. Dadurch wird das Auffindendes Stichprobenpunktes erleich-tert. Weiterhin dienen im Falle ei-ner Folgeinventur die Alt-Daten alsGrundlage der Plausibilitäts-prüfung.

    Sachdaten, die durch elektroni-sche Messgeräte erhoben werdenkönnen wie Strecken, Höhen, Win-kel oder auch Rechts- und Hoch-wert werden via Funkverbindung(i. d. R. über Bluetooth) in dieDatenerfassungsmaske übernom-men. Andere Parameter wieBaumart, Verjüngungsanspracheoder Schätzung der Totholzmengewerden direkt in das MDE eingege-ben. Hier unterstützen Auswahl-menüs die Datenerfassung. Damitbeispielsweise die Baumarten-kennung nicht in einer unübersicht-lich langen Liste gesucht werdenmüssen, lassen sich betriebs-individuelle Favoritengruppen zu-sammenstellen.

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    Modul Online-Plausibilisierung

    Einer der wesentlichen Vorteiledieses Systems ist die unmittelba-re Überprüfung der erfassten Wer-te durch Plausibilisierungs-routinen. Ausgewählte Alt-Datender Vorinventur (z. B. Baumart,BHD, Entfernung, Azimut) werdennicht oder farblich abgesetzt darge-stellt, um eine Beeinflussung desMessenden zu verhindern.

    Das System vergleicht dieneuen Werte mit den Alt-Daten undgibt im Falle der Unplausibilitäteine Fehlermeldung, im Falle vonAbweichungen über den Toleranz-grenzen eine Warnmeldung aus.Fehler und Warnungen müssenunmittelbar korrigiert werden oderkönnen bewusst mit Kommentarbestätigt werden.

    Nach Abschluss der Datener-fassung sind somit die Daten ge-prüft und bedürfen keiner weiterenÜberarbeitung mehr (Online-Plausibilisierung).

    Im bisherigen Verfahren dage-gen werden Fehler oder Warnun-gen logischerweise erst nach derDateneingabe im Büro, d. h. nachAbschluss der Datenerfassungfestgestellt. Eine Korrektur istdementsprechend aufwändig undungenau.

    Modul Navigation

    Die klassische Einmessungder Stichprobenpunkte erfolgt überPolygonschritte, beginnend von ei-nem markanten Punkt im Gelände(Grenzstein, TrigonometrischerPunkt) und auf der Papier-Inventur-karte zu der Stichproben-Ziel-koordinate. Nach etwa 8 bis 10Inventurpunkten wird der Polygon-zug an einem Fixpunkt (Ver-messungsstein, vermarkter Punkt)neu eingehängt.

    Der Nachteil des Systems ist,dass der Messfehler erst am Endedes Polygonzuges festgestelltwerden kann. Die Abweichungender Ist-Koordinate von der Soll-Ko-ordinate kann dem jeweiligenInventurpunkt nicht zugeordnetwerden. Im Extremfall könntensich die Abweichungen nach meh-reren Inventurpunkten ausgleichen.

    Die Navigation mittelssatellitengestützer Navigation(GNSS = Global NavigationSatellite System) hat den Vorteil,dass man sich frei über die Flächebewegen kann und nicht gezwun-gen ist, sich auf der kürzesten Stre-cke zwischen den BI-Punkten zubewegen.

    Nachteilig ist die mitunter ein-geschränkte regionale Verfüg-barkeit einer ausreichenden

    Satellitenabdeckung und vonKorrektursignalen.

    Die bisherigen Systemtestshaben in einem Testgebiet im Be-reich Münstertal gezeigt, dassauch mit Consumer-Geräten wiebeispielsweise dem GarminGPSMap 60CSx ohne Korrektur-dienste häufig eine Genauigkeitvon etwa 10 m zur (terrestrisch ein-gemessenen) Soll-Koordinatemöglich ist.

    Wegen starker regionaler Unter-schiede in der Verfügbarkeit vonSatelliten und Korrektursignalenwird angestrebt, eine geräte-unabhängige Anbindung vonGNSS- Systemen zu gewährleis-ten.

    Hierzu werden in der Mobility-Anwendungssoftware Ein-stellungsmöglichkeiten (Settings)geschaffen, um geräteindividuelleAnpassungen vornehmen zu kön-nen wie beispielsweise GNSS-Protokoll, Baudrate und Art desKorrektursignals.

    Modul Ortung

    Das Auffinden des Stichproben-mittelpunktes, also des Metall-pflockes, wird aktuell mit einemMetallsuchdetektor durchgeführt.Das Gerät hat den Nachteil, dasses auf alle ferromagnetischen Ma-terialien reagiert und somit auchauf Nägel, Draht, Blechdosen etc.Auch metallische Ösen an Schu-hen und eisenhaltiges Gesteinkann das Gerät wahrnehmen. Nurüber die Intensität des Signalskann der Eisenpflock von Fremd-materialien unterschieden werden.Der Zeitbedarf ist sehr unterschied-lich und kann zu einer längeren,mehrminütigen Suche führen.

    Im Mobility@forest-Projekt wirdder Einsatz der RFID-Technik (Ra-dio Frequency Identification) favori-siert. Sie bietet den Vorteil, dassdas Lesegerät nur auf den amPflock befindlichen Transponder(passives Tag) reagiert. Der Trans-ponder wird auch noch unter bis zu25 cm hoher Überlagerung vonDemonstration des Verfahrens (Bild: Thomas Weidner)

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    Laub oder Erdreich gefunden undreagiert auch bei einer sehr ra-schen Überfahrung durch denSuchkopf (Reader). Der für dieBetriebsinventur hergestellte Pro-totyp wird derzeit ersten Praxis-tests unterzogen.

    Modul robustesDatenerfassungsgerät

    Der Markt an außendienst-geeigneten mobilen Rechnern hatsich in der vergangenen Zeit deut-lich vergrößert. Es werden von denverschiedenen Herstellern zahlrei-che Modelle mit unterschiedlichs-ter Ausstattung angeboten. Sie un-terscheiden sich in Ge-häusebauart, im unterschiedlichenDisplay-Bedienprinzip, den ver-schiedenen Bildschirmdiagonalenvon meist 5,6" bis 12,1" und vorallem in der Robustheit gegenüberNässe, Staub, Schlag- und Sturz-einwirkung.

    Auch bei der Auswahl des ge-eigneten Erfassungssystems wirdim Mobility-Projekt dem modularenAnsatz gefolgt. Einzelne Hard-ware-Komponenten wie Entfer-nungsmesser, Navigations-systeme oder auch MDE müssenim Bedarfsfall austauschbar sein,um auch an zukünftigen Entwick-lungen teilhaben zu können.

    Zusammenfassung undAusblick

    Am Beispiel der permanentenFolgeinventur wird ein mobilesDatenerfassungssystem entwi-ckelt, das gestützt auf Satelliten-navigationssystemen (GNSS) undRFID-Technik die Inventurpunktezielgerichtet und schnell auffindet.

    Mit entsprechend robusten Ein-gabegeräten (ruggedized Tablet-PC) werden die Daten sicher er-fasst. Durch Funkübertragung(Bluetooth) werden unterschied-lichste Peripheriegeräte angebun-den, die die Daten sicher übertra-gen. Auf kabelgestützteVerbindungen soll weitgehend ver-zichtet werden.

    Die Messdaten werden unmit-telbar in eine Erfassungsmaskeeingetragen und vor Ort auf demStichprobenpunkt plausibilisiert(Online).

    Die Datenerfassung bedarf kei-ner Nachbearbeitung mehr undkann qualitätsgeprüft zur weiterenDatenverarbeitung in das beste-hende BI-2005 System übergebenwerden.

    Der aktuelle Projektstand unddie ersten Systemtests mit einerReihe von Messgeräten und Feld-computern lassen den Schluss zu,dass durch die IT-Unterstützung

    eine Umstellung auf ein Ein-Perso-nen-Verfahren technisch möglichist. Die ergonomischen An-passungen und Entwicklung einesBestverfahrens sind die Arbeits-schwerpunkte für die Projektrest-laufzeit.

    Das Mobility@forest Projektwird im Rahmen desFörderschwerpunktes SimoBITdurch das Bundesministerium fürWirtschaft und Technologie(BMWi) gefördert.

    Im Rahmen des von der FVAbearbeiteten Forschungsvor-habens wird parallel auch ein mo-biler Arbeitsplatz für die Forstein-richtung entwickelt. Über diesesTeilprojekt soll zu einem späterenZeitpunkt berichtet werden.

    Info: http://www.mobility-forest.de/, http://www.simobit.de/

    Uli RiemerFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected] Ausrüstungsvarianten für den Mobility-Testlauf

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  • Seite 22 FVA-einblick 2+3/2009

    Methodische Grundlagen zum Biodiversitätsmonitoring

    von Heidi Bäuerle, Arne Nothdurft und Gerald Kändler

    Erhebung von seltenenMerkmalen

    Für die Bewertung der Habitat-struktur sind die Habitatbäume unddas Totholz von besonderer Bedeu-tung. Beide Merkmale werden da-her seit dem Stichtag 01.01.2008sowohl während der Wald-begehungen der Forsteinrichtungals auch im Rahmen der Betriebs-inventur erhoben. Bislang sind in68 bzw. 64 Forstbetrieben in Ba-den-Württemberg Habitatbäumeund Totholz im Zuge derForsteinrichtungserneuerung aufeiner Waldfläche von rund19.000 ha erhoben worden. Diedurchschnittliche Größe der Wald-flächen innerhalb eines FFH-Ge-bietes beträgt dabei rund 184 ha(FFH steht für Fauna-Flora-Habitatrichtlinie).

    Ein geeignetes Biodiversitäts-monitoring für FFH-Gebiete sollte

    verlässliche Informationen überden aktuellen Zustand einer Popu-lation sowie über mehrere Jahrehinweg Veränderungen des Er-haltungszustandes aufzeigen kön-nen. Von großer Bedeutung für einderartiges Monitoring ist daher dieQualität der zu Grunde liegendenInventurdaten. Die gutachterlichentaxatorischen Schätzungen derForsteinrichtung beruhen grund-sätzlich nicht auf einer objektivenMessmethode, weshalb dieSchätzergebnisse meist nurschwer reproduziert werden kön-nen. Die Daten aus systemati-schen Stichproben der Betriebs-inventur (BI) basieren aufstatistisch abgesicherten Metho-den und liefern unverzerrte Schät-zungen. Das Stichprobenverfahrender Betriebsinventur wurde jedochhauptsächlich für die Schätzungvon klassischen ertragskundlichenZielgrößen wie Stammzahl und

    Volumen pro Hektar konzipiert. Dabei der Betriebsinventur nur relativkleine Probeflächen angelegt wer-den und Habitatbäume und Totholzin den Wäldern vergleichsweiseselten vorkommen, hat sich dastraditionelle Stichprobenverfahrenmit festen Probekreisen als ineffizi-ent für diese Strukturelemente er-wiesen. Um einen Eindruck überdie Qualität der derzeit erhobenenDaten für Habitatbäume und Tot-holz auf Waldflächen innerhalb vonFFH-Gebieten zu bekommen, wur-den Forsteinrichtungs- undBetriebsinventurdaten aus drei ver-schiedenen Forstbetrieben ausBaden-Württemberg untersucht(Abb. 1).

    AlternativeStichprobenverfahren

    Um sowohl Habitatbäume alsauch stehendes Totholz im Zugeder Waldinventur hinreichendgenau erheben zu können, bietensich alternative Stichproben-verfahren an, die in das bestehen-de Verfahren der Betriebsinventurintegriert werden können. Zum ei-nen handelt es sich hierbei um dasLine Transect Sampling (LTS) undzum anderen um das AdaptiveCluster Sampling (ACS).

    Bei dem linienförmigenStichprobenverfahren LTS werdenausgehend von zufällig ausgeleg-ten Transekten alle Objekte in dieStichprobe aufgenommen, die vonder Linie aus sichtbar sind. Ob einObjekt erfasst wird oder nicht, wirdsomit allein durch die natürlicheGegebenheit und die damit verbun-dene Sichtbarkeit bestimmt. Mitzunehmender Entfernung von derMittellinie steigt zwar die Wahr-scheinlichkeit, Objekte zu überse-hen, erwartungstreue Schätzun-

    Abb. 1: Auswertung von Betriebsinventur und Forsteinrichtung für die Anzahlan Habitatbäumen (linke Grafik) und dem Vorrat an stehendem undliegendem Totholz (rechte Grafik) für drei Forstbetriebe in Baden-Württemberg. Die Schätzungen basieren auf einer Waldfläche von 345 hafür den ersten Forstbetrieb, 2364 ha für den zweiten und 780 ha für dendritten Betrieb.

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    gen sind aber durch die so genann-te Entdeckungsfunktion gewähr-leistet. Beim ACS, dem zweitenStichprobenverfahren, das für dieErfassung von seltenen Merkmalenim Wald getestet wurde, werdenzunächst Stichprobenpunkte zufäl-lig über das Untersuchungsgebietverteilt. An jedem Stichproben-punkt wird ein Kreis mit einem be-stimmten Radius R um den Mittel-punkt geschlagen. Wenn dieDistanz vom Zentrum bis zumnächsten Merkmalsträger (Habitat-baum bzw. Totholz) kleiner ist alsR, wird dieser Baum in die Stich-probe aufgenommen. Um die imzentralen Kreis aufgenommenenBäume werden weitere Kreise mitRadius R geschlagen und geprüft,ob darin weitere Merkmalsträgervorhanden sind. Zusätzliche Probe-kreise mit Radius R werden solan-ge aufgespannt, bis keine neuenMerkmalsträger mehr gefundenwerden. Das Abbruchkriterium isterfüllt und es werden an dieserStichprobe keine weiteren Erhe-bungen durchgeführt. In der vorlie-genden Studie wurde ein Such-radius von R = 12 m verwendet.

    Daten

    Die Erhebungen von Habitat-bäumen und stehendem Totholzmittels LTS und ACS konzentrier-ten sich auf die kompakt zusam-menhängende Waldfläche von378 ha des StaatswalddistriktsRittnert (FFH-Gebiet „PfinzgauWest“). Zusätzlich wurden imRittnert beide Strukturelemente mitfesten Probekreisen auf einemRadius von 12 m (entsprechendder BI) im Stichprobenraster von200 x 200 m erhoben. Resultie-rend aus den Waldbegehungender Forsteinrichtung (FE) liegen fürdie Bestände innerhalb desProjektgebietes auch die subjekti-ven Einschätzungen des Forstein-richters vor.

    Neben den FE Daten konntensomit die Ergebnisse der drei ver-schiedenen Stichprobenverfahren

    (BI, LTS, ACS) in einem Vergleichgegenübergestellt werden. Umauch generelle Aussagen über einMonitoring ableiten zu können,wurden die vorgefundenen Verhält-nisse im Rittnert (Größe desProjektgebietes, geschätzteAnzahl an Habitatbäumen) alsGrundlage für eine Simulations-studie verwendet.

    Ergebnisse

    Für das FFH-Gebiet Rittnertergab die Auswertung der festenProbekreise eine mittlere Habitat-baumzahl von 2,5 N/ha (± 1,5 N/ha). Damit unterschieden sich dieSchätzungen der BI nicht signifi-kant von den Schätzungen desLTS, für das eine mittlere Anzahlvon 2,3 Habitatbäumen pro Hektarberechnet wurde (± 0,7 N/ha). Beieiner mittleren Habitatbaumzahlvon 4,3 N/ha (± 2,1 N/ha) unter-schieden sich die Ergebnisse derFE nicht von den Resultaten dersystematischen Stichproben (linkeGrafik Abb. 2). Für den Vorrat an

    stehendem Totholz lieferten dieSchätzungen der BI 1,6 Vfm/ha(± 1,8 Vfm/ha). Die Ergebnissedes LTS lagen mit einem Mittelwertvon 3,7 Vfm/ha (± 1 Vfm/ha) nochinnerhalb des Vertrauensbereichesder BI. Die Ergebnisse der FEkonnten nicht direkt mit den Ergeb-nissen der beiden Stichproben-inventuren verglichen werden, dader Forsteinrichter nur einenSchätzwert gemeinsam für ste-hendes und liegendes Totholz an-gibt. Ein Vergleich mit der BI, aus-gewertet nach stehendem undliegendem Totholz, zeigte, dasssich die Schätzungen aus der FEfür den Vorrat an Totholz deutlichunterschieden (rechte Grafik inAbb. 2).

    Da neben den Genauigkeitsan-forderungen, die an eine Inventurgestellt werden, auch immer dieanfallenden Kosten bzw. aufge-wendete Zeit eine wichtige Größedarstellen, war eine Zeitstudieebenfalls Bestandteil der terrestri-schen Erhebung von Habitat-bäumen. Die Ergebnisse der Zeit-studie (Abb. 3) zeigten, dass bei

    Abb. 2: Habitatbaumzahl (links) und Totholzvolumen (rechts) je Hektar fürden 378 ha großen „Rittnert“. Im Falle des LTS sind 49% der gesamtenFläche beprobt worden, bei der BI hingegen nur 1,1%. Die zweite Säule inder rechten Grafik gibt das Totholzvolumen aus der BI gemeinsam fürstehendes und liegendes Totholz an, entsprechend den Ergebnissen der FE(linke Säule in der rechten Grafik). Für die Berechnung desStichprobenfehler wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%angenommen.

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    Stichproben in Form von festenProbekreisen, wie sie bei der BIüblich sind, über 50 % der Arbeits-zeit für das Zurücklegen der Weg-strecke zwischen den einzelnenPunkten aufgewendet wurde.Insgesamt entfielen 90 % der Ar-beitszeit auf eher unproduktive Tä-tigkeiten, bei denen sich die Er-fassungskräfte nicht mit demeigentlichen Messen derMerkmalsträger beschäftigten. ImGegensatz dazu konzentriertensich die Arbeitsschritte beim LTSvorwiegend auf die eigentliche Tä-tigkeit einer Inventur, der Identifika-tion von Probebäumen und derenVermessung.

    Kombiniert man die Ergebnisseder Zeitstudie mit denSimulationen für feste Probekreise(BI) und LTS, können Aussagenzum Zeitaufwand für eine Inventurauf Stichprobenbasis und die da-mit einhergehende Genauigkeitder Zielvariablen getroffen werden.Der funktionale Zusammenhangzwischen steigendem Aufwand aufder einen Seite und sinkendemStichprobenfehler auf der anderenSeite war für beide Stichproben-verfahren deutlich zu erkennen(Abb. 4). Die Kurve für das LTS lagbei gleichem Aufwand weit unterder Fehlerkurve der Probekreis-aufnahme.

    Abgeleitet aus der Zeitstudielässt sich für die Simulations-ergebnisse auch darstellen, wiehoch die Kosten ausfallen, wennzusätzlich zu einer regulären BI aufder Wegstrecke zwischen denPunkten ein LTS durchgeführt wird(Abb. 5). Für eine 378 ha großeFläche, entsprechend demUntersuchungsgebiet, müssen füreine reguläre BI (nach derzeitigen

    durchschnittlichen Kosten von35 EUR pro Stichprobe) bei demgängigen Stichprobenraster von200 x 200 m und einemStichprobenfehler von 60 % Kostenin Höhe von 3.500 EUR aufgewen-det werden. Werden nun zusätz-lich zur BI 1.429 EUR für die Erfas-sung von Habitatbäumen zwischenden BI Probekreisen investiert,sinkt der Schätzfehler für Habitat-bäume um 40 %. Unterstellt wurdebei dieser Kostenaufstellung imFalle des LTS ein Unternehmerlohnvon 70 EUR pro Arbeitsstunde. Diezusätzlichen Kosten für die Durch-führung eines LTS könnendurchaus weiter reduziert werden,wenn nicht zwischen allen Probe-kreisen der BI eine Stichprobedurchgeführt wird. Auch für denFall, dass nur zwischen jedemzweiten BI Stichprobenpunkt einLTS durchgeführt wird (Mehrauf-wand von 715 EUR), erhöht sichdie Genauigkeit der Schätzungenimmer noch deutlich um 32 % ge-genüber den Ergebnissen mit fes-ten Probekreisen. Wenn ausge-hend von nur jedem drittenStichprobenpunkt zum nächsten

    Abb. 3: Ergebnis der Zeitstudie. Bei der Durchführung einer Waldinventurwurden folgende vier Arbeitsschritte unterschieden: reines Gehen,Navigation im Wald mittels GPS und Kompass, Identifikation vonHabitatbäumen, Vermessung der identifizierten Bäume. Bei der Aufnahmemit festen Probekreisen wurde keine vollständige BI durchgeführt, sondernlediglich Habitatbäume innerhalb des Probekreisradius von 12 maufgenommen.

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    Punkt ein LTS durchgeführt werdenwürde, würde sich der Schätzfehlerfür die Habitatbaumanzahl bei dem200 x 200 m Raster um 26 % ver-ringern. Dabei entstünden zusätz-liche Kosten in Höhe von 476 EURim Vergleich zur herkömmlichenBetriebsinventur.

    Das ebenfalls im FFH-GebietRittnert getestete ACS konntenicht für den Verfahrensvergleichherangezogen werden. Es ist nichtgelungen, zusätzliche Probekreiseentsprechend den Bestimmungendes ACS aufzunehmen. Da keinezusätzlichen Bäume aufgefundenwurden, außer auf den ursprüngli-chen BI Probekreisen, lieferte dasACS die gleichen Ergebnisse wiesie für die festen Probekreise prä-sentiert wurden.

    Schlussfolgerung

    Das ACS-Verfahren, das in derLiteratur als effektives Stichproben-verfahren für die Erfassung von sel-tenen und räumlich geklumpt vor-kommenden Merkmalen be-schrieben wird, ist weder für das

    Monitoring von Habitatbäumennoch für stehendes Totholz alspraktikabel zu bewerten – jedenfalls nicht mit einem Probe-kreisradius von 12 m, wie er beiherkömmlichen Betriebsinventurengewählt wird.

    Durch den Vergleich zwischensystematischer Stichprobe undsubjektiver Einschätzung, wie sieder FE zu Grunde liegt, wird offen-sichtlich, dass die Güte der Schät-zungen aus der FE ausschließlichvom Forsteinrichter bestimmt wird.Der Forsteinrichter kann deutlichvon der systematischen Stichpro-be abweichen. Dadurch, dass dieSchätzungen auf keiner objektivenMessmethode begründet sind,kann die Qualität der Ergebnissenur schwer nachvollzogen werden.Die kleinen Variationsbreiten derFE-Schätzungen (Abb. 1) lassenzudem darauf schließen, dasssich die subjektiven Einschätzun-gen um einen fiktiven Mittelwertherum bewegen. Extreme Wertenach oben oder unten, wie sie inder Realität durchaus vorkommenkönnen, werden nur unzureichend

    abgebildet. Je nach persönlicherPräferenz des Einrichters könnendaher systematisch verzerrteSchätzungen aus den Wald-begehungen resultieren. Erstdurch einen Vergleich mit den Er-gebnissen der BI kann imNachhinein die Güte der FE-Schätzungen zumindest nä-herungsweise bestimmt werden. Inwelchem Maße den so gewonnenDaten im Einzelfall zu vertrauen ist,bleibt folglich ein nicht kal-kulierbares Risiko. Aber geradewenn, wie im Falle des Monitoringsvon FFH-Gebieten, Aussagen übereinen längeren Beobachtungs-zeitraum getroffen und konkreteMaßnahmen daraus abgeleitetwerden sollen, ist die Qualität derInventurdaten entscheidend. Beieiner festgestellten Veränderungzwischen zwei Forsteinrichtungs-perioden sollte man sicher sein,dass diese das Ergebnis einerzeitlichen Entwicklung ist undnicht allein auf den Einfluss desForsteinrichters bzw. die Variationzwischen Forsteinrichtern zurück-geht.

    Der große Stichprobenfehler inder BI bei den Schätzungen fürHabitatbäume und stehendes Tot-holz zeigt, dass das bewährteStichprobendesign seltene undunregelmäßig verteilte Objekte nurmit unzureichender Genauigkeiterfassen kann. Die Probekreise derBI stellen für die Erfassung selte-ner Merkmale nicht das optimaleStichprobendesign dar, da in denmeisten Probekreisen keineHabitatbäume aufgefunden wer-den. Die zahlreichen Stichprobenohne Beobachtungen und die häu-figen Stichproben mit jeweils nureiner Beobachtung erlauben fürseltene Merkmale nur ungenaueSchätzungen mit relativ großemVertrauensbereich. Um Merkmaleder Biodiversität dennoch mit denherkömmlichen Probekreisen inausreichender Genauigkeit erfas-sen zu können, müsste entwederder Probekreisradius erheblich ver-größert oder das Stichproben-

    Abb. 4: Vergleich des Stichprobenfehlers auf dem 5%-Niveau für LTS undfeste Probekreise nach 2000 Simulationsläufen. Das Fehlerprozent wurdeaus der halben Breite der Perzentilabstände (P 97,5 und P 2,5) derempirischen Verteilung der 2000 Mittelwertschätzungen ermittelt. Für dengeringsten Aufwand, bei dem die Stichprobenfehler beider Verfahren nochsinnvoll miteinander verglichen werden können, ist bereits 53% dergesamten Fläche mittels LTS beprobt worden. Der Anteil an aufgenom-mener Fläche durch die BI betrug an diesem Punkt gerade mal 1%.

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    raster deutlich verkleinert werden.Die praktische Anwendung dieserVerfahrensmodifikationen hätteallerdings einen ökonomisch nichttragbaren Mehraufwand zur Folge.

    Um die Qualität der Inventur-daten für Habitatbäume und ste-hendes Totholz ohne einen erheb-lichen Mehraufwand zu steigern(Abb. 5), bieten sich linienförmigeStichproben anstelle von festenProbekreisen an. Bei der BI stellendie Zeitdauer für das Auffinden derStichprobenpunkte und die Bewäl-tigung der Wegstrecke zwischenden Punkten einen großen Teil dergesamten Inventurkosten dar. In-dem nun zusätzlich auf den Weg-strecken Stichproben durchgeführtwerden, erhöht sich die Effizienzder gesamten Stichprobe, da beigleicher zurückgelegter Distanzeine größere Fläche beprobt wird.Das linienförmige Stichproben-verfahren (LTS) als Ergänzung zufesten Probekreisen hat sich beimEinsatz in einer Waldinventur alsausgesprochen praktikabel erwie-sen. Es hat sich gezeigt, dass dieNavigation auf der Linie mittels

    Abb. 5: Vergleich des Stichprobenfehlers wenn zusätzlich zur BI auf denWegstrecken zum nächsten Punkt ein LTS durchgeführt wird. Dasverwendete Stichprobenraster der BI entspricht ungefähr 200 x 200 m (linkeKurve), 100 x 150 m (mittlere Kurve), 100 x 100 m (rechte Kurve). Für dieBeprobung zwischen den BI Probekreisen wurden drei Varianten berechnet.V1 – V3: zwischen allen BI Punkten (V1), jedem zweiten BI Punkt (V2), jedemdritten BI Punkt (V3) wird ein LTS durchgeführt.

    GPS keine größeren Schwierigkei-ten bereitet und unverzerrte Schät-zungen trotz übersehener Objektegewährleistet sind. Das LTS lässtsich einerseits ohne großen zu-sätzlichen Aufwand in das beste-hende Verfahren der BI integrierenund liefert andererseits vertrauens-würdige Schätzungen mit gerin-gem Stichprobenfehler. Auch in

    kleineren FFH-Gebieten, in denenkeine BI vorhanden ist, kann die-ses Verfahren kosteneffizient ein-gesetzt werden.

    Heidi BäuerleFVA, Abt. Biometrie und InformatikTel.: (07 61) 40 18 - 1 [email protected]

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    Expertenaustausch zwischen der FVA Freiburg und derAkademie für Wasserschutzwald in Zhangye, NW-China

    von Klaus von Wilpert

    Im Juli dieses Jahres war PDDr. Klaus von Wilpert auf Einladungder Akademie für Wasserschutz-wald in Zhangye (Provinz Gansu,NW - China) für knapp 3 Wochen inChina, um vor Ort Möglichkeitenund Grenzen der Entwicklung vonWasserschutzwäldern zu erkun-den und Lösungsansätze für einelangfristige Landentwicklungs-strategie zur Optimierung derWasserspende zu identifizieren.Die Expertenmission war vom Se-nior - Experten Service (SES) ver-mittelt, einer überwiegend auf eh-renamtlichem Engagementbasierenden Entwicklungshilfe-organisation der Stiftung der Deut-schen Wirtschaft für InternationaleZusammenarbeit des Bundes-ministeriums für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung(BMZ).

    Das Einsatzgebiet liegt imHexi - Korridor, einer großräumi-gen tektonischen Senke zwischenden Gebirgszügen der InnerenMongolei und dem tibetischen Pla-teau, die in der Geschichte denVerlauf der Seidenstraße bestimm-te. Die gesamte Region ist durchdie angrenzenden inner-kontinentalen Wüsten Gobi undTaklamakan von einem starkariden Klima geprägt. Das bis zu5000 m ü.N.N. hohe Randgebirgedes Tibetischen Plateaus, derQilian Shan, ist das einzige Quell-gebiet für die Wasserversorgungder gesamten Region. Die Gleich-mäßigkeit der Wasserspende ent-scheidet wesentlich über dieWasserverfügbarkeit in denVerbrauchsregionen der Oasen-stadt von Zhangye und den nord-östlich in Richtung Wüste Gobigelegenen Anbauflächen mit

    Bewässerungslandwirtschaft. Auf-grund des ariden Klimas ist dienatürliche Vegetationsbedeckungauch in den Bergregionen spärlichund die Böden weisen an ihrerOberfläche Verkrustungen auf.Beide Faktoren und die im Zugedes Klimawandels zunehmendenStarkregenniederschläge begünsti-gen schnelles, oberflächliches Ab-fließen des Wassers, das flächigErosionsschäden in Form vonSchichtfluten verursacht und soeiner geordneten Nutzung kaumzugänglich ist. Waldvegetationkann einen wesentlichen Beitragzur Vermeidung von schnellemOberflächenabfluss und zur Ver-stetigung der Wasserspende leis-ten, da sie die Infiltration undZwischenspeicherung des Was-sers im Boden begünstigt. DieWirkung des Waldes ist aber unterden in der Region gegebenen

    Klimabedingungen, die von einemhohen Verdunstungsdruck gekenn-zeichnet sind, nicht trivial.Einerseits verzögert der Wald denschnellen Oberflächenabfluss,andererseits verbraucht er selbstnennenswerte Wassermengen.Die Bewertung der Wasservor-sorgewirkung von Wäldern stelltalso eine komplexe Optimierungs-aufgabe dar. Dies soll dadurch ge-löst werden, dass zunächst mit-tels einer umfassendenWasserhaushaltsmodellierung dieWirkung verschiedener Vege-tationstypen unter unterschiedli-chen ökologischen Rand-bedingungen (Höhenlage, Ex-position, Bodenbildung etc.)differentialdiagnostisch bewertetwerden soll. Dieses Wasser-haushaltsmodell wird dazu verwen-det, Wasserspende und derenGleichmäßigkeit durch Variation

    Abb. 1: Jin Ming (stellv. Leiter der Akademie für Wasserschutzwald) undKlaus von Wilpert in den Qilian Bergen. Im Hintergrund stark durchWeidenutzung geprägte Landschaft mit spärlichen Resten vonFichtenbestockung (picea crassifolia)

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    der Steuergrößen „Waldanteil“,„Waldstruktur“ und „Wald-verteilung“ zu optimieren. Kernauf-gabe der Mission war es, ersteSchritte in die Richtung einer sol-chen landschaftsbezogenen Was-serhaushaltsmodellierung und diedaraus abgeleiteten Praxisem-pfehlungen zur Entwicklung vonWasserschutzwald zu konkretisie-ren:• Vor Ort sollte ein zutreffendes

    Bild der Problematik und dervorhandenen Forschungsan-sätze bzw. praktischen Maß-nahmen zur Wasserschutz-waldentwicklung erarbeitetwerden.

    • Davon wurden Empfehlungenfür eine zukünftige Ausrichtungvon ökologischen Forschungs-aktivitäten (einschließlich me-thodischer Hinweise) abgelei-tet.

    • Außerdem wurde ein Beitragzu einer Fortbildungs-veranstaltung für Forstwissen-schaftler und Techniker aus ver-schiedenen ökologisch/forst-lichen Forschungseinrich-tungen der Provinz Gansu undder Forstlicher Forschungs-anstalten aller Provinzen vonChina erarbeitet und in Semina-ren dargestellt.Sowohl im Vorfeld als auch vor

    Ort war der Kurzzeiteinsatz von derAkademie für Wasserschutzwaldin Zhangye optimal vorbereitet. DieVoraussetzungen waren perfekt,angefangen von dem als Counter-part agierenden Wissenschaftlerund Leiter der Abteilung „ökologi-sches Monitoring“ Jin Ming. Dieserleitete die wissenschaftliche Dis-kussion und führte als hervorragen-der Dolmetscher das Projekt zumErfolg. Ming organisierte zudemdie technischen Rand-bedingungen, indem z .B