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Müll stinkt. Müll ist dreckig. Müll sollte vermieden werden. Müll ist aber auch Daseinsberechtigung eines Wirtschafts- zweigs. Seine Entsorgung ist faszinierend kompliziert. Und er lässt sich mit Geld aufwiegen. Doch während die Bürger fleißig trennen, stellt sich die Frage: Was bringt das noch, bei hocheffektiven Mülltrennungsanlagen und angesichts der Tatsache, dass bis zu zwei Drittel der Leichtverpackungen am Ende verbrannt werden. Denn unter den Begriff Recycling fällt auch die »energetische Verwertung«. U N D TRENNEN RALF-RAINER HOFFMANN VERBRENNEN

UNDhome.uni-leipzig.de/journalistik/fileadmin/user_upload/Bilder... · Es ist die Entstehung des dualen Müllsystems in der Bundesrepublik. Seitdem ist DSD dafür mitverantwortlich,

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Müll stinkt. Müll ist dreckig. Müll sollte vermieden werden.

Müll ist aber auch Daseinsberechtigung eines Wirtschafts-

zweigs. Seine Entsorgung ist faszinierend kompliziert. Und

er lässt sich mit Geld aufwiegen. Doch während die Bürger

fleißig trennen, stellt sich die Frage: Was bringt das noch, bei

hocheffektiven Mülltrennungsanlagen und angesichts der

Tatsache, dass bis zu zwei Drittel der Leichtverpackungen am

Ende verbrannt werden. Denn unter den Begriff Recycling

fällt auch die »energetische Verwertung«.

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Von Lisa Kettwig, Friederike Schicht und

Charlotte Schulze

1991: Das Bundesumweltministerium unter Minister Klaus Töpfer ist überfordert. Deutschland scheint im Verpackungsmüll zu versinken, »Deponie-Not-stand« wird zum gängigen Begriff. Der Lösungsan-satz der Politik lautet »Verursacher-Prinzip«: Derje-nige, der den Verpackungsmüll auf den Markt bringt, hat dafür Sorge zu tragen, dass dieser entsorgt wird. Damit Supermärkte nicht zu Mülldeponien mutieren, eröffnet Töpfer der privaten Firma »Duales System Deutschland« (DSD) als zweites Entsorgungssystem den Markt, zusätzlich zum öffentlich-rechtlichen Abfallbeseitigungssystem. Es ist die Entstehung des dualen Müllsystems in der Bundesrepublik.

Seitdem ist DSD dafür mitverantwortlich, Verpa-ckungsmüll nach Auftrag der Hersteller und Ver-treiber zu sammeln und zu sortieren. Jene haben für diese Dienstleistung eine entsprechende Lizenzge-bühr zu verrichten. Töpfers Hoffnung damals: Wenn Einzelhändler und Produzenten für den eigenen Müll zahlen müssen, verwenden sie weniger.

Der Handel mit dem Müll Eine Rechnung, die auch 23 Jahre später nicht aufgeht: Der Verbrauch von Kunststoffverpackungen hat in den vergangenen Jahren um 25 Prozent zugenommen. Zwar sind die Folien dünner geworden und die Ver-packungen ökologischer, aber der Bedarf von Single-

haushalten beispielsweise an kleineren Portionen ist angestiegen. Und das System bröckelt. Ein Grund dafür ist der Konkurrenzdruck unter den einzelnen dualen Systemen. Mittlerweile gibt es davon zehn in Deutschland, DSD bleibt Marktführer, der Rest kämpft meist um seine Existenz. Aus Grauzonen innerhalb der Lizenz- und Verpackungsverordnungen werden unter hohem wirtschaftlichen Druck kaum kontrollierbare Schlupflöcher.

Eins davon: Händler können die Lizenzgebühr durch die sogenannte Eigenrücknahme umgehen. Das ist unter der jetzigen Verpackungsverordnung genauso simpel wie legal. Discounter stellen Contai-ner auf und geben demnach an, Müll von Kunden wieder entgegenzunehmen, anstatt diesen entsorgen zu lassen. Einige Einzelhändler nutzen das aus und verbuchen weitaus mehr unter Eigenrücknahme als real existent. Ein großer Teil von Verpackungen landet demzufolge ohne Lizenz im Gelben Sack, da der Kunde in der Regel seine Verpackungen im eige-

nen Mülleimer entsorgt, anstatt im Supermarkt-Con-tainer. Der Discounter spart Millionen. Die Crux: Je weniger Lizenzen ein duales System vergibt, desto geringer ist dessen Anteil an der Finanzierung der Entsorgung. Ein Schlupfloch also, das beiden Seiten – den Verpackungsproduzenten und Händlern wie auch dem jeweiligen dualen System – zugutekommt. Wegen fehlender Kontrollen bleiben Bußgelder aus.

Grüner Punkt: Ein dreistes Marketing-KonzeptEin weiteres Problem bildet die große Anzahl an Fehlwürfen der deutschen Haushalte. Die Gelbe Tonne ist nicht für sogenannte stoffgleiche Nicht-Verpa-ckungen gedacht. Darüber ist sich die Mehrheit der Verbraucher nicht bewusst, was wohl auf einem Missverständnis beruht: Die Gelbe Tonne ist kein Instrument zur Sammlung bestimmter Materialien wie Plastik, sondern sie ist vor allem ein Instrument zur Sicherstellung der Finanzierung von Recycling. Viele Nutzer jedoch denken, Plastik kommt zu Plas-tik, egal, ob Verpackung oder nicht – doch das ist falsch. Die Gelbe Tonne ist für den Verpackungs-müll da, genauer gesagt: für den lizenzierten Verpa-ckungsmüll, erkennbar an dem aufgedruckten Grünen Punkt. Dazu gehören auch Verpackungen aus Metall oder solche aus Pappe. Gegenstände aus Plastik wie Gießkannen, Blumenkästen, Kinderspiel-zeug jedoch gehören nicht in die Gelbe Tonne – denn es handelt sich bei ihnen nicht um Verpackungen. Die Komplexität des Systems und die daraus resultie-rende Unsicherheit der Nutzer wird besonders an einem Punkt ausgenutzt: dem Grünen Punkt.

Mit der Markteröffnung für das Duale System Deutschland kam der Grüne Punkt. Dieser bedeutet nichts anderes als die Tatsache, dass Einzelhändler und Produzent ihre Lizenzgebühren an DSD gezahlt haben und damit garantieren, die Wiederverwer-tung der Verpackung zu ermöglichen. Was der Grüne Punkt nicht sichert, ist eine Recycling-Garantie im Sinne einer herkömmlichen Wiederverwertung. Denn unter den Begriff »Recycling« fällt bei Kunst-stoffmüll auch die »energetische Verwertung«, oder kurz gesagt: Müllverbrennung. Experten schät-zen, dass bis zu zwei Drittel des Plastikmülls in der BRD schlicht verbrannt werden.

Verpackungsverordnung Nummer 7Kritiker fordern längst die Abschaffung des Grünen

Punkts. Unterstützung finden diese von einer bestimmten Lobbygruppe: Kommunale Entsorgungs-unternehmen fühlen sich benachteiligt. Denn bis-her werden nur die Verpackungen mit dem Grünen Punkt über die Hersteller mitfinanziert, andere aber nicht. Die Kosten für deren Entsorgung tragen also die kommunalen Unternehmen, sie fordern darum eine Umstrukturierung der jetzigen Müllent-sorgung.

Eine solche sieht die mittlerweile siebte Änderung der Verpackungsverordnung durch Bundesumwelt-ministerin Barbara Hendricks auch vor. Eigenrück-nahmen sollen abgeschafft und die Wertstofftonne bundesweit eingeführt werden. Eine Mülltonne, in der »materialgleiche Gegenstände«, wie es heißt, und Elektrogeräte landen dürfen – dann gäbe es also endlich die Plastik-Tonne. Fehlwürfe sollen so mini-miert werden. In Wirklichkeit werden sie schlicht nicht mehr als solche verzeichnet. In Kraft treten soll die siebte Fassung ab kommendem Jahr. Den Grü-

nen Punkt wird sie weiterhin beinhalten. Als Marketingkonzept für das Sortierweltmeisterland Deutschland.

Die Gelbe Tonne PlusIn Leipzig hat sich dagegen eine andere Alternative durchgesetzt: die Gelbe Tonne Plus. Seit 2004 dürfen neben Verpackungsmüll auch Elektrokleingeräte, Metall- und Plastikteile, beispielsweise Plastik-Spiel-zeug, eingeworfen werden. Das Konzept: Weniger landet im Restmüll, somit bleibt mehr zum Recyceln. Ein lohnendes Geschäft für den hiesigen Wertstoff-sammler Abfall-Logistik Leipzig (ALL), dem gemein-samen Unternehmen der Stadt Leipzig und der Alba Leipzig GmbH. Denn die ALL verdient gleich mehr-fach: über den Grünen Punkt, die kostenpflichtige Abfuhr und die Verwertung der eingesammelten Materialien. Das Projekt sei nun mal nicht nur selbst-los, sagt Sabine Hübert vom Ökolöwen Leipzig. »Es bringt Gewinn. Gerade durch den Schrott und die Kupferanteile in den Kleinelektrogeräten, die einen hohen Preis auf dem Markt erzielen.«

Neben Leichtverpackungen und Kunststoffen sammelt die ALL noch andere Wertstoffe wie Papier oder Glas aus dem Stadtgebiet Leipzig ein. Für die Landkreise Leipzig, Nordsachsen und den Saalekreis ist sie mit der Entsorgung der Leichtverpackungen beauftragt. Alle eingesammelten Materialien gelan-gen dann in die riesige Sortieranlage in Leipzig, die nach Angaben von Alba mit einer jährlichen Kapazi-tät von 120.000 Tonnen voll ausgelastet sei. Dort werden die Abfälle in ihre Wertstoffe getrennt und in einem aufwendigen Verfahren fraktioniert beziehungsweise voneinander geteilt.

Wirbelströme und VerbrennungNachdem die Leipziger Müllfahrzeuge alle Abfälle entladen haben, ziehen große Elektromagnete die enthaltenen Eisenteile und das Weißblech aus den Recyclingmaterialien heraus. Die verbleibenden Nicht-Eisen-Metalle wie Aluminium werden in einem Wirbelstromverfahren abgestoßen. Rütteltische und Siebe lösen die feinen und groben Teile voneinan-der und reinigen sie. Ein künstlicher Windstrom separiert abschließend die schweren und leichten Stoffe voneinander. Durch den Einsatz von Infra- rottechnik ist eine – laut Alba – zu 90 Prozent sorten-reine Trennung des restlichen Mülls in zwölf Grup-

Ein Phänomen ist die große Zahl an Fehlein-würfen in Deutschland. Plastik kommt in die Plastiktonne, denken viele, doch das ist falsch.

pen möglich, darunter Polystyrol (PS), Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP).

Nach Abschluss des Sortiervorgangs werden die getrennten Fraktionen in riesige Ballen gepresst. Die Kunststoffarten PE und PP transportiert Alba zu seiner Verwertungsanlage in Eisenhüttenstadt und verarbeitet sie dort weiter. Alle anderen Materialien gehen je nach Systembetreiber, also unterschied-lichen Dualen Systemen, direkt an den Verwerter, so Alba. Der hat drei Möglichkeiten der Verarbeitung: Die rohstoffliche Verwertung zerlegt die Kunststoffe durch chemische Reaktionen in ihre Grundsub-stanzen. Die einfachste und billigste Lösung bleibt die Müllverbrennung in Form der erwähnten ener-getischen, aber auch der thermischen Verwertung. »Ein bis zwei Drittel der erfassten Leichtverpackungen werden in Deutschland verbrannt«, sagt Karlheinz Scheffold, Professor für Regenerative Energiewirt-schaft an der Fachhochschule Bingen. Die dabei entstandene Wärmeenergie wird genutzt und der Fernwärme zugeführt, weswegen die Müllverbren-nung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zum Recycling zählt. Die Recyclingquote für beispiels-weise Kunststoffverpackungen von 60 Prozent kann so erfüllt und die Quote im Allgemeinen hochge-halten werden.

Durch Wärme zur RecyclingquoteDie effektivste und umweltschonendste Art des Recy-clings ist die werkstoffliche Verwertung. Hierbei schmilzt man die Kunststoffverpackungen zu einem Regranulat ein, aus dem man neue Produkte her-stellen kann. Laut Alba werden mehr als 70 Prozent der Materialien aus der Sortierung zu neuen Pro-dukten und damit stofflich recycelt. Darin inbegrif-fen seien nicht nur Kunststoffe, sondern beispiels-weise auch Metalle, wo die Quotenvorgaben höher liegen würden.

In der Alba-Verwertungsanlage in Eisenhüttenstadt wird täglich hochwertiges Granulat erzeugt. In einem chemischen Verfahren, dem sogenannten

Compoundering, wird dieses mit Additiven veredelt. Das sind Zusatzstoffe oder mineralische Füllstoffe. Es entstehen die Sekundärrohstoffe Recyclen und Procyclen – und zwar 30.000 Tonnen pro Jahr. Letz-teres kann in seiner Qualität und seinen Eigenschaf-ten mit neu gefertigten Kunststoffen konkurrieren. Außerdem spart die Herstellung dieser Regranulate nicht nur Rohöl ein, sondern auch klimaschädliche Gase und Primärenergie. Ein kostbarer Wertstoff, der mit stolzen 1.000 Euro pro Tonne auf dem Markt gefragt ist, weil Neuware deutlich mehr kostet. So können die Regranulate an Firmen aus der EU und dem nicht-europäischen Ausland verkauft werden. Diese fertigen aus ihnen dann beispielsweise Blu-mentöpfe oder Transportboxen.

Die Schwarze Tonne: Und wieder sind es die BakterienDer Restmüll der Leipziger Haushalte, also der Inhalt der Schwarzen Tonne, wird seit 2004 einer nicht weniger aufwendigen Prozedur unterzogen. Grund: Organischer Hausmüll darf nicht mehr unbehan-delt auf einer Deponie abgelagert werden. Deswe-gen baute der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) 2004 eine Mechanisch-Biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern bei Leipzig. Betrieben wird die MBA ebenso wie die Zen-traldeponie Cröbern von der Westsächsischen Ent-sorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV), der mehrheitlich kommunalen Tochtergesellschaft der ZAW. Während Müll nicht-organischen Ursprungs weiterhin entsprechend seiner Klassifizierung auf

In Cröbern bei Leipzig liegt eine der größten Deponien Europas. Sie ist völlig überdimensio-niert, ihre Anlage nur zur Hälfte ausgelastet. Darum wird Müll aus dem Ausland importiert.

Viel zu groß für die Region: In Cröbern bei Leipzig liegt eine der größten Deponien Europas (u.) und eine der größten Abfallbehandlungsanlagen (r.).

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der Zentraldeponie entsorgt werden kann, durch-läuft der organische Hausmüll in der riesigen Ver-wertungsanlage mehrere Verarbeitungsstufen.

Nach einer ersten Zerkleinerung trennen große Siebtrommeln den Müll je nach Größe in drei Kom-ponenten. Kleine Haushaltsabfälle unter 40 Milli-meter Größe bilden die organische Feinfraktion, die biologisch behandelt werden muss. Für fünf Wochen verbleibt diese in der sogenannten Intensivrotte und kommt dann für sieben bis acht Wochen in die Nachrotte, in der permanent Sauerstoff zugegeben wird, sodass Bakterien die organischen Reste zerset-zen und Kompost entsteht. Erst danach kann diese als fertiges Deponat abgelagert werden.

Die mittleren und größeren Bestandteile des Haus-mülls werden dagegen über einen Windsichter geführt, der leichte Bestandteile wie Folien heraus-bläst. Das verbleibende Material wird in heizwert-reiche und schwere Bestandteile getrennt. Ein letzter Infrarottest soll noch unentdeckte heizwertreiche Stoffe aufspüren und sie von den schweren Bestand-teilen trennen. Diese machen nur fünf Prozent des Materials aus und werden der thermischen Behand-lung, sprich Verbrennung, zugeführt. Die heizwert-reichen Bestandteile sind vor allem Kunststoffe. Sie durchlaufen vor ihrer Verladung noch einmal eine Metallabscheidung. Danach werden sie als Ersatz-brennstoffe zur energetischen Verwertung benutzt. Das heißt, bei ihrer Verbrennung werden die entste-hende Wärmeenergie und der Prozessdampf genutzt, beispielsweise in Papierfabriken oder Zementwerken. Insgesamt 66 Prozent des angefallenen Haus- und Speermülls wurden 2013 in der MBA Cröbern verwer-tet, ungefähr 46 Prozent davon allein verbrannt. Die restlichen 34 Prozent wurden auf der Zentralde-ponie Cröbern überwiegend für Bauzwecke einge-setzt.

Mülltrennung: Ja? Nein? Vielleicht?Welchen Sinn macht es da für die Leipziger, ihren Müll in Gelbe und Schwarze Tonne einzuordnen, wenn hochmoderne Anlagen automatisch sortieren und der überwiegende Teil des Mülls sowieso »ther-misch verwertet« wird? Laut dem Verwertungsexper-ten Scheffold ist eine Vorsortierung, also die hei-mische Mülltrennung, für die stoffliche Verwertung sehr hilfreich. Per Gesetz müssen 36 Prozent des Plastikmülls werkstofflich verwertet werden. Das Bundesumweltamt schreibt, in der Realität seien es sogar 43 Prozent. Kritiker halten dagegen: Die gesetzliche Mindestquote werde nicht erreicht. Grund dafür sei die schlechte Lagerung des Plastikmülls. Weil dieser oft unter freiem Himmel stehen würde, enthielten die Leichtverpackungen zu viel Wasser. Die zusätzliche Feuchtigkeit erschwere den Sortier-vorgang, zudem müsse unter hohem Energieauf-wand vor dem Einschmelzen das überschüssige Was-ser entfernt werden. Die Mülltrennung wirkt den Problemen entgegen, die durch die Lagerung des Plastikmülls entstehen. Dies betrifft auch die Schwarze Tonne. Je weniger Kunststoffe, Kleingeräte und Verpackungen hier landen statt in der Gelben Tonne, desto weniger wiederverwertbare Stoffe gehen bei der Müllverbrennung verloren oder liegen im Kompost der Deponien wie jene in Cröbern.

Importierter Müll stopft sächsische DeponielöcherDie dortige Mechanisch-Biologische Abfallbehand-lungsanlage war zum Zeitpunkt ihres Baus 2004 die größte und modernste Deutschlands mit einem Fassungsvermögen von 300.000 Tonnen Müll pro Jahr. Doch die momentane Auslastung liegt nur bei knapp der Hälfte, also 151.000 Tonnen nach Anga-ben der ZAW. Aber auch die Deponie Cröbern hat

mit ihrer Überdimensionierung zu kämpfen. Mit einer genehmigten Ablagerungsfläche von 49 Hektar ist sie eine der größten in Europa und viel zu groß für ihre Verbandsmitglieder Stadt Leipzig und Land-kreis Leipzig. Allein durch deren Müll können sowohl die Behandlungsanlage als auch die Deponie nicht ausreichend befüllt werden. Dies ist nicht das Ergebnis einer misslungenen Konstruktion, sondern vielmehr einer Planung, die nicht aufging. Man rechnete einerseits mit einem Bevölkerungswachs-tum in Westsachsen, was ausblieb, und andererseits mit der Ablage von mehr Industriemüll in Cröbern. Erhöhte Umweltschutzanforderungen an den Abfall von Industriebetrieben und die zunehmende Kon-kurrenz unter den Entsorgern ließen die Deponie größtenteils unbefüllt. Hinzu kommt, dass ihre Betreibungskosten nicht durch die Müllgebühren der rund 780.000 Einwohner gedeckt würden. Aus diesem Grund wird Müll zusätzlich auch aus anderen EU-Ländern wie den Niederlanden und Italien importiert. Laut WEV sind das momentan mehr als 10 Prozent. Eine genaue Aufschlüsselung, welche Abfälle auf der Deponie woher kommen, lässt sich der WEV nicht entlocken. Die Abfälle der Deponie sollen mehrheitlich aus der Region stammen, jene in der Anlage kämen »grob geschätzt« zu 85 Prozent aus Stadt und Landkreis Leipzig. Die kommunale Hälfte der WEV verwendet die Gewinne nach eigenen Angaben zur Kalkulation der Müllgebühren, wie zum Beispiel der neuen Verwertungsgebühr: Eine Festgebühr, die ab 2015 in Kraft tritt und von der Stadtreinigung als »Gegenleistung für die Entsorgung der Abfallarten, die verwertet werden«, interpre-tiert wird. Damit sind unter anderem Elektrogeräte, Gartenabfall, Schadstoffe und Sperrmüll gemeint. Sie alle treffen sich früher oder später in Cröbern.