41
1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich- gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung des Mittelwertprinzips und Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland Das in §§ 22 ff. Fertigpackungsverordnung enthaltene Prinzip der sogenannten Mittel- wertforderung, d. h. der Forderung, dass die mittlere Füllmenge wenigstens gleich der Nennfüllmenge ist, hatte alle an der Entstehung des Eichgesetzes beteiligten Kreise in erheblichem Maße beschäftigt. Zur Lösung des anstehenden Problems standen im Prinzip drei Grundkonzeptionen zur Verfügung. Die erste Grundkonzeption bestand in der Formel, dass die Füllmenge einer Packung (die Nennfüllmenge) den gekennzeich- neten Mengenwert der Packung nicht unterschreiten darf (Mindestmengenprinzip). Das Prinzip wurde seiner Zeit u. a. in Großbritannien aufgrund des weight and measure act von 1963 praktiziert und vollzogen. Das Prinzip vereinfacht der Verwaltung jede Art der Kontrolle. Die Prüfung auf Einhaltung dieser Forderung kann in jedem Stadium erfolgen, wenn man die Forderung nicht auf den Zeitpunkt der Abfüllung bezieht, sondern sie generell aufstellt. Das Prinzip zwingt jeden Abfüller zunächst einmal dazu, gegenüber der Nennfüllmenge eine größere Menge einzufüllen oder eine kleinere Menge anzugeben, d. h. mit seinem Gerät überzudosieren oder her- unterzukennzeichnen. Der Umfang der Überfüllung hängt allein von der Art der Abfüllbarkeit für das jeweilige Produkt und der Genauigkeit der Abfülltechnik ab. Er kann, wenn man lediglich den Zeitpunkt der Abfüllung berücksichtigt, erhebliche Überfüllungen erfordern. Darüber hinaus müssten weitere Füllmengen abgegeben werden, wenn das Produkt nach der Abfüllung im Verlaufe seiner Vermarktung an Menge verliert, d. h. z. B. Verdunstungsverluste eintreten, falls die Mindestmenge sich auf den Zeitpunkt der Abgabe an Letztverbraucher bezieht. Die Ermittlung der Überfüllungsmenge zur Absicherung vor behördlichen Maßnahmen würde die Ab- füller vor fast unlösbare Probleme stellen. Eine Lösung des Füllmengenproblems in Form von neuen Ordnungsvorschriften auf dieser Formel hätte mit Sicherheit zu einem allgemeinen und sofortigen Preisanstieg im Bereich der Konsumgüterwirt- schaft in einer Größenordnung von 10 bis möglicherweise 20 % geführt, da für die abfüllende Wirtschaft und den Handel derartige Produktübermengen ohne Preis- anstieg in diesem Umfang nicht verkraftbar gewesen wären. Die Lösung hätte also einzig und allein der Exekutive, d. h. der Verwaltung, Vorteile gebracht; wirtschafts- politisch war sie wegen der offensichtlich negativen Folgen (insbesondere im Wett- bewerb zwischen Groß- und Kleinbetrieben) nicht tragbar. Aus diesem Grunde hatte man bei der Gesetzgebung zum neuen Eichgesetz den Weg über eine solche Formel von vornherein gar nicht beschritten. Die zweite Lösungsmöglichkeit bestand darin, zwar eine Mindestsollmenge zu for- dern, die sich in der Größe der Mengenangabe für das einzelne Produkt, also der Nennfüllmenge, ausgedrückt hätte; an diesen Sollwert hätte dann je nach Abfüll- barkeit des Produktes oder Abfüllfähigkeit eine Toleranzregelung angebunden werden können (Toleranzwertprinzip). Dieser Weg, der ursprünglich mit den ersten Entwürfen des Eichgesetzes geplant war, hätte zwar die Nachteile der Mindestmengenforderung umgangen, hätte jedoch andere Nachteile zur Folge gehabt. Diese Nachteile bestan- den vor allen Dingen darin, dass man mit einer solchen Lösung eine ständige Unter- füllung hätte rechtfertigen können, wenn man nur im Bereich der Toleranzen blieb. Hier fehlte offensichtlich die Mittelwertforderung, die eine solche Manipulation von vornherein unmöglich macht. Auch eine Ordnungsvorschrift, die besagt, dass die Ausnützung oder einseitige Ausnützung von Fehlergrenzen nicht erlaubt ist, hätte Einleitung III Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011 1 © Behr’s Verlag, Hamburg

1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung

1.1 Betrachtungen zur Einführung des Mittelwertprinzips und Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland

Das in §§ 22 ff. Fertigpackungsverordnung enthaltene Prinzip der sogenannten Mittel-wertforderung, d. h. der Forderung, dass die mittlere Füllmenge wenigstens gleich der Nennfüllmenge ist, hatte alle an der Entstehung des Eichgesetzes beteiligten Kreise in erheblichem Maße beschäftigt. Zur Lösung des anstehenden Problems standen im Prinzip drei Grundkonzeptionen zur Verfügung. Die erste Grundkonzeption bestand in der Formel, dass die Füllmenge einer Packung (die Nennfüllmenge) den gekennzeich-neten Mengenwert der Packung nicht unterschreiten darf (Mindestmengenprinzip). Das Prinzip wurde seiner Zeit u. a. in Großbritannien aufgrund des weight and measure act von 1963 praktiziert und vollzogen. Das Prinzip vereinfacht der Verwaltung jede Art der Kontrolle. Die Prüfung auf Einhaltung dieser Forderung kann in jedem Stadium erfolgen, wenn man die Forderung nicht auf den Zeitpunkt der Abfüllung bezieht, sondern sie generell aufstellt. Das Prinzip zwingt jeden Abfüller zunächst einmal dazu, gegenüber der Nennfüllmenge eine größere Menge einzufüllen oder eine kleinere Menge anzugeben, d. h. mit seinem Gerät überzudosieren oder her-unterzukennzeichnen. Der Umfang der Überfüllung hängt allein von der Art der Abfüllbarkeit für das jeweilige Produkt und der Genauigkeit der Abfülltechnik ab. Er kann, wenn man lediglich den Zeitpunkt der Abfüllung berücksichtigt, erhebliche Überfüllungen erfordern. Darüber hinaus müssten weitere Füllmengen abgegeben werden, wenn das Produkt nach der Abfüllung im Verlaufe seiner Vermarktung an Menge verliert, d. h. z. B. Verdunstungsverluste eintreten, falls die Mindestmenge sich auf den Zeitpunkt der Abgabe an Letztverbraucher bezieht. Die Ermittlung der Überfüllungsmenge zur Absicherung vor behördlichen Maßnahmen würde die Ab-füller vor fast unlösbare Probleme stellen. Eine Lösung des Füllmengenproblems in Form von neuen Ordnungsvorschriften auf dieser Formel hätte mit Sicherheit zu einem allgemeinen und sofortigen Preisanstieg im Bereich der Konsumgüterwirt-schaft in einer Größenordnung von 10 bis möglicherweise 20 % geführt, da für die abfüllende Wirtschaft und den Handel derartige Produktübermengen ohne Preis-anstieg in diesem Umfang nicht verkraftbar gewesen wären. Die Lösung hätte also einzig und allein der Exekutive, d. h. der Verwaltung, Vorteile gebracht; wirtschafts-politisch war sie wegen der offensichtlich negativen Folgen (insbesondere im Wett-bewerb zwischen Groß- und Kleinbetrieben) nicht tragbar. Aus diesem Grunde hatte man bei der Gesetzgebung zum neuen Eichgesetz den Weg über eine solche Formel von vornherein gar nicht beschritten.

Die zweite Lösungsmöglichkeit bestand darin, zwar eine Mindestsollmenge zu for-dern, die sich in der Größe der Mengenangabe für das einzelne Produkt, also der Nennfüllmenge, ausgedrückt hätte; an diesen Sollwert hätte dann je nach Abfüll-barkeit des Produktes oder Abfüllfähigkeit eine Toleranzregelung angebunden werden können (Toleranzwertprinzip). Dieser Weg, der ursprünglich mit den ersten Entwürfen des Eichgesetzes geplant war, hätte zwar die Nachteile der Mindestmengenforderung umgangen, hätte jedoch andere Nachteile zur Folge gehabt. Diese Nachteile bestan-den vor allen Dingen darin, dass man mit einer solchen Lösung eine ständige Unter-füllung hätte rechtfertigen können, wenn man nur im Bereich der Toleranzen blieb. Hier fehlte offensichtlich die Mittelwertforderung, die eine solche Manipulation vonvornherein unmöglich macht. Auch eine Ordnungsvorschrift, die besagt, dass die Ausnützung oder einseitige Ausnützung von Fehlergrenzen nicht erlaubt ist, hätte

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011 1

© B

ehr’

s V

erla

g, H

amb

urg

Page 2: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

nicht ausgereicht, da die entsprechenden Feststellungen in der Praxis auf sehr große Schwierigkeiten stoßen und die Vorschrift daher mehr theoretischen als praktischen Wert gehabt hätte.

So blieb einzig und allein der Weg, zu dem System der Mittelwertforderung bei Füllmengenanforderungen an vorverpackte Produkte überzugehen (Mittelwertprin-zip). Mittlere Füllmenge heißt hier eine durchschnittliche Füllmenge einer größeren Fertigungsmenge. Ergänzt wird diese Mittelwertforderung durch die Festlegung von Mindesttoleranzen, wobei unter Berücksichtigung technischer Abfüllgegebenheiten eine gewisse Unterschreitung dieser Toleranzen notwendig ist. Um diese Fälle der Unterschreitung jedoch wertmäßig noch abzugrenzen, wird die Regelung durch eine zweite Anforderung ergänzt, die eine Vermarktung der Produkte verbietet, wenn sie eine bestimmte, allerunterste Füllmenge unterschreiten.

Für das Mittelwertprinzip unter Einhaltung von Toleranzen spricht der Gleich-heitsgrundsatz des Grundgesetzes. Eine Reihe von Erzeugnissen wird aus tech-nischen Gründen nicht in gleichen Füllmengen abgefüllt wie z. B. Fleisch, Käse, Frischobst und Frischgemüse. Die zur Abfüllung verwendeten Wägeeinrichtungen (mit Etikettierer und Rechner) sind geeicht. Sie haben einen gesetzlich zugelassenen Fehler. Liegt er im Minus, so erhält der Verbraucher regelmäßig, gesetzlich sank-tioniert, weniger als die Nennfüllmenge. Es gibt aber keinen erkennbaren Rechtfer-tigungsgrund, Vorverpackung gleicher Füllmengen hinsichtlich der Genauigkeits-anforderung strenger zu behandeln, als Vorverpackung nicht gleicher Füllmengen. Hinzu kommt, dass man mit vertretbarem Aufwand bei der heutigen Massenpro-duktion nicht jeden Abfüllvorgang über (geeichte) Meßgeräte laufen lassen kann, so dass man zur Technik der Dosierung und deren Steuerung, zu berechneten Sollfüll-mengen und darüber zu mittleren Füllmengen kommt, die bei oder über der Nenn-füllmenge liegen.

Unabhängig davon, ob gesetzlich eine Mindestmenge gefordert wird oder eine mittlere Menge, wird der Produzent immer seine Ware auf der Basis der mittleren Menge kalkulieren, da Warenmengeeingang und Warenmengeausgang übereinstim-men müssen. Beim Mindestmengenprinzip wird also der Erzeuger den Warenpreis auf der Basis der mittleren Füllmenge kalkulieren, den Wert der Nennfüllmenge aber so weit herabsetzen, dass er mit den Vorschriften nicht in Kollision kommen kann. Der Verbraucher wird aber nur getäuscht, weil er glaubt, dass er die angegebene Waren-menge zu dem entsprechenden Preis erhält.

Das Mittelwertprinzip hat sich europäisch und international durchgesetzt. Die Richt-linie 76/211/EWG (s. Bd. 2 S. 498) sieht dieses Prinzip vor (Anhang I Nr. 1.1 bis 1.3). Dies gilt auch für die Empfehlung der Internationalen Organisation für das gesetzli-che Messwesen über Erzeugnismengen in Fertigpackungen (OIML R 87, Nr. 3.2; s. Bd. 2 S. 658/7).

1.2 Erfahrungen mit dem Mittelwertsystem in der Bundesrepublik Deutschland Das Mittelwertsystem für Abfüllungen in Fertigpackungen besteht aus der Mittelwert-forderung selbst und aus Toleranzregelungen. Die Mittelwertforderung bedeutet, dass die Abfüllungen in Fertigpackungen im Mittel die gekennzeichnete Menge nicht un-terschreiten dürfen. Diese Mittelwertforderung wird im allgemeinen abgesichert durch Toleranzregelungen. Die Toleranzfestlegungen erfolgen zum Zwecke, beliebig große Streuungen zu verhindern, d. h. sie grenzen die Streuung nach unten ab. Je strenger die Toleranzforderungen sind, um so größer wird das Problem, ohne Überfüllung oder ohne Investitionen in die Geräteanlagen bzw. die Kontrollanlagen oder in die Organisation der

Einleitung III

2 Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011

© B

ehr’

s V

erla

g, H

amb

urg

Page 3: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Abfüllkontrolle bei der jeweiligen Abfüllung auszukommen. Bei relativ strengen Toleranzfestlegungen ergibt sich der Zwang zu hoher Qualität in die technischen Anlagen und in den Kontrollbereich von selbst, so dass keine weiteren zusätzlichen technischen Forderungen mehr gestellt werden müssen. Bei den Toleranzforderungen unterteilt man in eine Festlegung einer unteren Toleranz-grenze (TU 1) bei einer bestimmten Anzahl zulässiger Abweichungen. Die unterste Toleranzgrenze (TU 2) bedeutet im allgemeinen das Verbot der Vermarktung von Erzeugnissen (nicht der Herstellung), deren Füllmenge eine bestimmte unterste Grenze unterschreitet. Sowohl in der Richtlinie 76/211/EWG als auch in der deutschen Fertig-packungsverordnung wird die Mittelwertforderung zusammen mit den beiden Tole-ranzforderungen vorgeschrieben, wobei von der unteren Toleranzgrenze eine Abwei-chung von 2 % zulässig ist und die unterste Toleranzgrenze sich aus dem Zweifachen der jeweiligen Toleranzwerte ergibt. Werden die Füllmengenanforderungen an den Zeitpunkt der Herstellung geknüpft, dann müssen spätere Gewichtsverluste bei Fertigpackungen mit Gewichtskenn-zeichnung bei der Kontrolle berücksichtigt werden; wird dabei der Zeitpunkt der Abgabe einer Fertigpackung an den Letztverbraucher zugrunde gelegt, so muss der Abfüller den wahrscheinlichen Gewichtsverlust bei der Abfüllung berücksichtigen und entsprechend überfüllen. Nahezu alle Anforderungen an die Genauigkeit von Füll-mengen sind auf den Zeitpunkt der Herstellung abgestimmt. Industrielle Abfüllungen werden grundsätzlich immer nach dem Mittelwertsystem ausgerichtet, weil nur nach diesem System der Kostenfaktor der Erzeugnismenge vernünftig in eine Betriebsabrechnung eingehen kann. Bei Mindestmengenvorschrif-ten wird entweder ein bestimmtes Maß an Überfüllung notwendig, oder die Mengen-kennzeichnung wird reduziert, d. h. also der Wert der Mengenangabe herabgesetzt. Die Verbraucher sind mit dem Mittelwertsystem zufriedengestellt, weil durch Toleranzan-forderungen limitierte Mehr- und Mindermengen sich bei mehrfachen Käufen (prak-tisch bei allen wichtigen Verbrauchsgütern) statistisch ausgleichen. Das Mittelwertsystem ist nur vollziehbar, wenn entweder am Herstellungsort oder in Herstellerlagern bzw. in Handelslagern Fertigungslose nach den statistischen Kon-trollmethoden, die den behördlichen Prüfplänen zugrunde liegen, geprüft werden kann. Die Zielvorstellung in bezug auf die Häufigkeit von Prüfungen durch die Be-hörden muss eine mindest einmalige Kontrolle im Jahr sein, wobei am Fertigungs-ort meist nur eine Konzentration auf eine kleine Anzahl von gefertigten Produkten möglich ist. Mehrere Kontrollen sollten regelmäßig dann stattfinden, wenn bei einer Kontrolle Unterfüllungen, d. h. Verstöße gegen die einzelnen Anforderungskriterien festgestellt werden. Die Erfahrungen in Deutschland haben gezeigt, dass bei solchen Wiederholungskontrollen die Kontrollergebnisse sich wesentlich verbessern. Ergän-zende Kontrollen von einzelnen Packungen im Handel sind durchaus möglich und haben eine direkte Wirkung bei der Frage, ob die unterste Toleranzgrenze einge-halten ist oder nicht. Hinsichtlich der Mittelwertforderung und der Einhaltung einer unteren Toleranzgrenze können derartige Einzelkontrollen jedoch nicht die Grund-lage von Verfahren sein, wenn Unterfüllungen festgestellt werden. In einem solchen Fall muss die zuständige Behörde darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie im Herstellungsbetrieb oder auf dem Einführerlager eine Kontrolle nach dem amtlichen Prüfplan durchführt. Da Einzelbeanstandungen auch von Verbraucherseite unter diesem Gesichtspunkt nicht zu einem direkten Erfolg führen, wenn Unterfüllungen festgestellt werden, bleibt als Absicherungsmaßnahme nur möglich, den Herstel-lungsbetrieben die Überprüfung ihrer eigenen Fertigung mit geeichten geeigneten Messgeräten vorzuschreiben und dabei nach statistischen Methoden anerkannter Art vorzugehen. Solche Betriebskontrollen sind aber nur dann sinnvoll, wenn gleich-

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011 3

© B

ehr’

s V

erla

g, H

amb

urg

Page 4: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

zeitig damit vorgeschrieben wird, dass die Kontrollergebnisse aufzuzeichnen sind und die entsprechenden Aufzeichnungen den Behörden bei ihren Kontrollen vorzulegen sind. Dies erfordert zumindest bei der industriellen Herstellung von Fertigpackungen ein Prüf- und Kontrollkartensystem, das auf die jeweiligen betrieblichen Gegebenhei-ten abgestimmt ist. Ein solches Kontrollkartensystem ist nicht nur ein Kontrollinstru-ment, sondern auch und vor allen Dingen ein Steuerungselement für die industriel-le Massenabfertigung. Die Abfüllbetriebe können damit einerseits bei auftretenden Füllmengenunterschreitungen eingreifen, um die behördlichen Anforderungen. d. h. die Füllmengenvorschriften einzuhalten und andererseits aber auch gleichzeitig die Abfüllung so zu steuern, dass Überfüllungen vermieden werden. Mit der Verwendung geeigneter Kontrollsysteme kann hier ein Maximum an Abfüllgenauigkeit erreicht wer-den, da es auf der Kostenseite beträchtliche Vorteile bringt. Die Verpflichtung von Abfüllbetrieben zur Durchführung von Betriebskontrollen in vor-geschriebenem Sinne kann nur innerhalb nationaler Grenzen durchgesetzt werden. Andererseits ist es nicht möglich, jede Einfuhr von Fertigpackungen auf Füllmen-gengenauigkeit zu prüfen. Hier hilft bei behördlichen Kontrollen der Rückgriff auf die Aufzeichnungen, die in dem Abfüllbetrieb im Drittland gefertigt worden sind. Den Einführenden muss dabei zur Pflicht gemacht werden, dass sie bei den Einfuh-ren aus Drittländern die Mitlieferung von Kontrollkarten bei der Herstellung derjeweiligen Fertigungslose dem ausländischen Hersteller vertraglich zur Pflicht machen. Für die Prüf- und Kontrollkartenpflicht sind jedoch in bestimmten Fällen besondere Regelungen notwendig. Dies ist u. a. der Fall: 1. Bei der Verwendung von Maßbehältnissen, die es erlauben, ausschließlich mit Anlauf-

kontrollen zu arbeiten und als Kontrollinstrumente einfache Einrichtungen, wie z. B. eine Messschablone, zu verwenden;

2. bei der Abfüllung kleiner Chargen, die meist nur nationale Bedeutung haben dürf-ten;

3 bei der Abfüllung, die überwiegend von Hand stattfindet, also vor allem im Hand-werksbereich vollzogen wird und ebenfalls nur nationale Bedeutung haben dürfte.

Die behördlichen Kontrollen in Deutschland erfolgen nach einem verbindlich vor-geschriebenen Prüfplan (Anlagen 4a, b und 5 FPV), wobei die Behörden allerdings berechtigt sind, in bestimmten Fällen modifizierte Prüfungen durchzuführen (z. B. bei der Verwendung von Maßbehältnissen oder bei Chargenabfüllungen), allerdings mit der Maßgabe, dass Bußgeldverfahren nur eingeleitet werden können, wenn die Kon-trolle nach dem amtlichen Prüfplan durchgeführt wird. Die Richtlinie 75/106/EWG ent-hält im Gegensatz dazu in Anhang II nur bestimmte Bezugsmethoden, wobei ausge-führt ist, dass diese Bezugsmethoden das Niveau der Wirksamkeit eines Prüfplanes festlegen. Die nationalen Prüfpläne müssen in ihrer Wirksamkeit mit der beschriebe-nen Bezugsmethode vergleichbar sein. Diese Wirksamkeit erschöpft sich nicht nur in vergleichbaren Annahmezahlen, sondern erfasst die Gesamteffektivität eines Prüfpla-nes. Der entscheidende Nachteil der Einfachprüfpläne der Richtlinie liegt darin, dass der bestimmten Losumfängen zugeordnete Stichprobenumfang um nahezu 50 % grö-ßer ist als derjenige der Anlage 4 zur Fertigpackungsverordnung. Der Unterschied der beiden Prüfpläne führt wohl in der Tat dazu, dass in seltenen Fällen Füllmengenergeb-nisse nicht beanstandet werden, obwohl Verstöße gegen die Vorschriften vorliegen, wenn nach dem deutschen Prüfplan verfahren wird; andererseits gewährleistet aber der deutsche Prüfplan einen um 50 % höheren Umfang an Kontrollen, wodurch mehr Abfüllbetriebe kontrolliert und damit auch beanstandet werden können. Die Wirk-samkeit der Prüfungen hängt entscheidend von dem Umfang der Kontrollen in den übrigen Mitgliedsländern ab und nicht von der exakten Schärfe des Prüfplanes.

Einleitung III

4 Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011

© B

ehr’

s V

erla

g, H

amb

urg

Page 5: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

1.3 Die Füllmengenergebnisse

Die nachfolgenden Übersichten geben einen Überblick über die Ergebnisse der be-hördlichen Kontrollen. Es handelt sich jeweils um eine Darstellung der Ergebnisse in ausgewählten Bereichen, nicht um eine flächendeckende Übersicht.

(Die Seite 6 ist entfallen)

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 105. Akt. 5/2011 5

© B

ehr’

s V

erla

g, H

amb

urg

Page 6: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 7

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

2. Ergebnisse der behördlichen Füllmengenkontrollen – Tabellarische Gesamtübersicht siehe S. 16 –

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

1. Flüssige Lebensmittel 2 032 123 6,1 2 114 131 6,2 2 176 155 7,1 2. Nichtflüssige Lebensmittel 10 585 587 5,5 10 880 670 6,2 12 909 754 5,8 3. Nichtlebensmittel 1 587 97 6,1 1 806 156 8,6 1 862 120 6,4 4. Arzneimittel 215 4 1,9 271 5 1,8 306 12 3,9 5. Stückzahl 61 0 0,0 48 0 0,0 55 2 3,6 6. Länge 9 1 11,1 11 1 9,1 14 2 14,3 7. Fläche 0 0 0,0 0 0 0,0 1 0 0,0

Erzeugnisse in Fertigpackungen 14 489 812 5,6 15 130 963 6,4 gleicher Nennfüllmenge insgesamt 17 323 1 045 6,0

Beanstandungen wegen Überschreitens Anzahl der der absoluten lfd. geprüften Toleranzgrenze Nr. Packungen Anzahl in %

8. Prüfung auf Verkehrsfähigkeit 18 769 421 2,2 23 141 619 2,7 25 937 642 2,5 9. Fertigpackungen ungleicher 57 452 5 486 9,6 Nennfüllmenge 66 532 5 804 8,7 63 061 6 586 10,4

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 7: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

1. Flüssige Lebensmittel

101 Weine 430 26 6,0 361 26 7,2 356 25 7,0

102 Schaumwein 48 4 8,3 30 1 3,3 48 3 6,3

103 Bier 486 23 4,7 529 29 5,5 582 37 6,4

104 Spirituosen 220 28 12,7 228 32 14,0 208 32 15,4

105 Essig, Essigessenz 20 1 5,0 14 2 14,3 15 0 0,0

106 Speiseöl 43 6 14,0 38 0 0,0 25 5 20,0

107 Milch und flüssige Milcherzeugnisse 86 9 10,5 107 7 6,5 135 16 11,9

108 Erfrischungsgetränk ohne Alkohol 637 19 3,0 754 26 3,4 757 34 4,5

110 andere flüssige Lebensmittel 62 7 11,3 53 8 15,1 50 3 6,0

Gruppen-Summen: 2 032 123 6,1 2 114 131 6,2 2 176 155 7,1

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

Einleitung III

8 Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 8: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 9

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

2. Nichtflüssige Lebensmittel

201 Obstkonserven 58 5 8,6 79 2 2,5 70 2 2,9

202 Gemüse-, Sauer- und Pilzkonserven 150 7 4,7 142 10 7,0 143 11 7,7

203 Obstdauerwaren 33 5 15,2 19 0 0,0 34 1 2,9

204 Fleisch, Fleischerzeugnisse, 532 27 5,1 Fertiggerichte 440 33 7,5 642 37 5,8

205 Geflügelerzeugnisse 31 2 6,5 30 5 16,7 52 9 17,3

206 Wild 4 1 25,0 10 1 10,0 9 2 22,2

207 Wursterzeugnisse 2 384 167 7,0 2 490 168 6,7 3 064 238 7,8

208 Fischerzeugnisse (nicht tiefgefroren) 72 6 8,3 86 6 7,0 70 10 14,3

209 Feinkost 315 21 6,7 297 22 7,4 354 24 6,8

210 Würzsoßen und Salatsoßen 69 7 10,1 94 9 9,6 77 10 13,0

211 Gewürze 227 15 6,6 219 10 4,6 252 29 11,5

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 9: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

10 Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben

Anzahl in %

212 Genussmittel 253 15 5,9 279 21 7,5 277 21 7,6

213 Milcherzeugnisse und Fette 372 24 6,5 418 41 9,8 403 27 6,7

214 Tiefgefrorene Erzeugnisse 132 4 3,0 außer 205, 206, 222 137 4 2,9 186 4 2,2

215 Kartoffel-, Nährmittel-, 636 30 4,7 Getreideerzeugnisse 743 30 4,0 652 23 3,5

216 Backwaren 3 749 162 4,3 3 506 194 5,5 4 831 196 4,1

217 Süß-, Zucker-, Schokowaren 785 23 2,9 974 70 7,2 936 65 6,9

218 Obst, Kartoffel, Gemüse und Nüsse 432 19 4,4 519 13 2,5 495 15 3,0

219 Baby-Juniorkost 25 0 0,0 35 1 2,9 32 1 3,1

220 Zucker 17 0 0,0 28 0 0,0 24 1 4,2

221 Zuckerhaltiger Brotaufstrich 192 26 13,5 258 19 7,4 220 21 9,5

222 Kalibriertes Schlachtgeflügel 4 0 0,0 2 0 0,0 17 0 0,0

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 10: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 11

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben

Anzahl in %

230 Fleischerzeugnisse mit Abtropf- 18 0 0,0 gewichtskennzeichnung 8 0 0,0 19 1 5,3

240 Fischerzeugnisse mit Abtropf- 45 16 35,6 gewichtskennzeichnung 26 8 30,8 19 1 5,3

250 Übrige Erzeugnisse mit Abtropf- 50 5 10,0 gewichtskennzeichnung 41 3 7,3 31 5 16,1

Gruppen-Summen: 10 585 587 5,5 10 880 670 6,2 12 909 754 5,8

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 11: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

12 Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

3. Nichtlebensmittel

301 Futtermittel für Heimtiere, 170 18 10,6 Vögel und Zierfische 209 16 7,7 204 12 5,9

302 Wasch- und Reinigungsmittel 206 12 5,8 204 14 6,9 216 11 5,1

303 Körperpflegemittel, Kosmetika, 405 20 4,9 Luftverbesserer 426 27 6,3 445 30 6,7

304 Pflegemittel für Fußboden, 63 3 4,8 Lackanstriche, Leder u. Möbel 95 12 12,6 80 2 2,5

305 Mineralöle und Brennstoffe 60 3 5,0 46 2 4,3 63 6 9,5

306 Lacke und Farben 106 12 11,3 159 23 14,5 136 13 9,6

307 Pflege- und Wartungsmittel für KFZ 75 5 6,7 101 11 10,9 111 6 5,4

308 Klebstoffe und Leime 61 4 6,6 80 7 8,8 61 10 16,4

309 Eisen- und Metallwaren 16 0 0,0 9 1 11,1 32 1 3,1

310 Werkstoffe 64 4 6,3 77 10 13,0 45 3 6,7

311 Bautenschutzmittel 27 0 0,0 31 2 6,5 37 6 16,2

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 12: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 13

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

312 Watte 2 0 0,0 5 1 20,0 2 0 0,0

313 Tabak 28 2 7,1 29 0 0,0 30 1 3,3

314 Chemikalien und sonstige 144 8 5,6 chemische Erzeugnisse 152 17 11,2 147 6 4,1

315 Pflanzenschutzmittel, 17 0 0,0 Schädlingsbekämpfungsmittel 27 1 3,7 22 2 9,1

316 Sämereien 24 1 4,2 22 7 31,8 31 2 6,5

317 Düngemittel 30 5 16,7 27 2 7,4 30 2 6,7

318 Torf, Blumenerde, Streu 48 0 0,0 58 0 0,0 125 2 1,6

320 Garne (Inlandserzeugnisse) 0 0 0,0 0 0 0,0 0 0 0,0

330 Garne (Auslandserzeugnisse) 2 0 0,0 8 3 37,5 11 0 0,0

340 Sonstige Nichtlebensmittel 39 0 0,0 41 0 0,0 34 5 14,7

Gruppen-Summen: 1 587 97 6,1 1 806 156 8,6 1 862 120 6,4

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 13: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

14 Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014

Beanstandungen wegen Unterschreitens der oberen Vertrauens- lfd. Erzeugnisbereich/ Anzahl der grenze des Mittelwertes Nr. Produktgruppen Stichproben Anzahl in %

4. Arzneimittel

401 Flüssige Arzneimittel 77 2 2,6 103 0 0,0 96 1 1,0

402 Puder 2 0 0,0 0 0 0,0 0 0 0,0

403 Salben 32 1 3,1 45 1 2,2 48 1 2,1

404 Pulvrige und kleinkörnige 18 0 0,0 Arzneimittel 36 0 0,0 21 1 4,8

405 Tee (naturell) 72 1 1,4 66 4 6,1 89 6 6,7

406 Pastenartige Tee-Extrakte 0 0 0,0 0 0 0,0 0 0 0,0

407 Pulverartige Tee-Extrakte 0 0 0,0 0 0 0,0 3 0 0,0

410 übrige Arzneimittel 14 0 0,0 21 0 0,0 44 3 6,8

Gruppen-Summen: 215 4 1,9 271 5 1,8 306 12 3,9

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Die Einzelergebnisse der Prüfungen auf 5. Stückzahl, 6. Länge und 7. Fläche sind wegen der meist nur geringen Anzahl an Stichproben mit niedrigen Beanstandungs-zahlen hier nicht wiedergegeben. Zudem sind in diesen Fällen für die Verbraucher die Füllmengen meist leicht nachprüfbar.

Page 14: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 15

Beanstandungen wegen Überschreitens Anzahl der der absoluten lfd. Erzeugnisbereich/ geprüften Toleranzgrenze Nr. Produktgruppen Packungen Anzahl in %

9. FP ungleicher Nennfüllmenge

910 Obst und Gemüse 8 751 690 7,9 7 788 759 9,7 6 697 550 8,2

920 Fleisch und Wurstwaren 30 871 2 596 8,4 31 205 2 780 8,9 38 063 3 703 9,7

930 Andere Lebensmittel 17 830 2 200 12,3 27 539 2 265 8,2 18 301 2 333 12,7

Gruppen-Summen: 57 452 5 486 9,6 66 532 5 804 8,7 63 061 6 586 10,4

Beanstandungen wegen Überschreitens Anzahl der der absoluten lfd. Erzeugnisbereich/ geprüften Toleranzgrenze Nr. Produktgruppen Packungen Anzahl in %

8. Prüfung auf Verkehrsfähigkeit

816 Backwaren; offenes Kleingebäck 11 881 186 1,6 (Semmeln, Brezeln und dgl.) 12 700 224 1,8 16 561 298 1,8

818 Obst. Kartoffeln, Gemüse und Nüsse 1 050 49 4,7 1 782 273 15,3 1 881 254 13,5

830 Sonstige Lebensmittel 5 825 176 3,0 8 622 112 1,3 7 484 90 1,2

840 Kohlen, Koks, Brikett (größer 10 kg) 13 10 76,9 37 10 27,0 11 0 0,0

Gruppen-Summen: 18 769 421 2,2 23 141 619 2,7 25 937 642 2,5

Statistik über Füllmengenkontrollen 2013(2012 und 2011 kursiv)

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 15: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Einleitung III

16 Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014

Üb

ersi

cht

über

die

Erg

ebni

sse

der

Fül

lmen

gen

kont

rolle

n 19

94

bis

200

3

Anza

hl d

er

Füllm

enge

nver

stöß

e

Anz

ahl i

n P

roze

nt

1994

1995

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

x Le

bens

mitt

el

flüss

ig6,

97,

37,

47,

76,

56,

88,

77,

88,

0

x Le

bens

mitt

el

nich

t flü

ssig

8,0

7,6

7,5

7,1

6,2

5,7

4,9

6,1

5,8

x N

icht

lebe

nsm

ittel

8,0

8,0

8,4

7,4

5,6

6,3

7,5

7,1

6,8

x Ar

znei

mitt

el4,

35,

46,

65,

04,

86,

73,

69,

54,

3

Tu1 L

eben

smitt

el

flüss

ig4,

24,

87,

50,

81,

11,

01,

01,

51,

2

Tu1 L

eben

smitt

el

nich

t flü

ssig

1,7

1,4

0,8

3,8

3,6

3,5

3,2

3,6

3,5

Tu1 N

icht

lebe

nsm

ittel

5,3

5,6

5,5

4,7

4,2

4,5

4,4

3,8

4,2

Tu1 A

rzne

imitt

el1,

61,

61,

62,

81,

51,

41,

62,

01,

6

Tu2 L

eben

smitt

el

flüss

ig*

1,0

0,7

0,5

1,0

0,4

0,5

0,5

0,8

0,9

Tu2 L

eben

smitt

el

nich

t flü

ssig

*6,

96,

85,

65,

85,

55,

74,

65,

45,

3

Tu2 N

icht

lebe

nsm

ittel

*5,

77,

36,

74,

54,

13,

84,

55,

34,

1

Tu2 A

rzne

imitt

el*

1,0

0,9

1,2

0,9

0,0

0,6

1,1

0,5

2,6

Anza

hl d

er S

tichp

robe

n38

040

39 8

3740

678

36 4

7634

927

31 7

9627

473

24 2

9125

755

*) be

zoge

n au

f die

Anz

ahl d

er g

eprü

ften

Pack

unge

n

Page 16: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

*) be

zoge

n au

f die

Anz

ahl d

er g

eprü

ften

Pack

unge

n(D

ie S

eite

n 18

bis

62

sind

ent

falle

n)

Üb

ersi

cht

über

die

Erg

ebni

sse

der

Fül

lmen

gen

kont

rolle

n ab

200

4

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 121. Akt. 9/2014 17

Anza

hl d

er

Füllm

enge

nver

stöß

eA

nzah

l in

Pro

zent

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

x Le

bens

mitt

el

flüss

ig9,

19,

07,

35,

76,

46,

08,

37,

16,

26,

1

x Le

bens

mitt

el

nich

t flü

ssig

5,8

6,8

5,6

5,8

5,6

5,8

6,4

5,8

6,2

5,5

x N

icht

lebe

nsm

ittel

7,0

8,1

7,5

6,8

8,1

7,6

8,0

6,4

8,6

6,1

x Ar

znei

mitt

el6,

04,

84,

03,

11,

54,

58,

83,

91,

81,

9

Tu1 L

eben

smitt

el

flüss

ig2,

11,

41,

21,

20,

90,

91,

01,

51,

00,

9

Tu1 L

eben

smitt

el

nich

t flü

ssig

3,7

3,9

3,7

3,9

3,3

4,3

5,0

5,5

4,3

3,2

Tu1 N

icht

lebe

nsm

ittel

4,0

3,3

2,0

3,1

3,3

3,2

4,7

3,2

2,8

3,0

Tu1 A

rzne

imitt

el2,

00,

20,

80,

80,

01,

01,

71,

30,

70,

0Tu

2 Leb

ensm

ittel

flü

ssig

*1,

00,

60,

60,

020,

50,

40,

20,

10,

060,

4

Tu2 L

eben

smitt

el

nich

t flü

ssig

*5,

84,

914

,20,

20,

40,

50,

50,

60,

60,

6

Tu2 N

icht

lebe

nsm

ittel

*5,

63,

37,

70,

20,

00,

81,

30,

60,

50,

8Tu

2 Arz

neim

ittel

*1,

30,

40,

80,

020,

00,

10,

00,

70,

10,

0An

zahl

der

Stic

hpro

ben

23 9

5822

322

21 0

5719

717

17 3

1717

128

12 8

0817

253

15 0

7114

419

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 17: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

3. Umfang und Auswirkungen von Vorschriften über die Einhaltung bestimmter Füllmengen oder Verpackungsvolumen

Die Standardisierungsmaßnahmen (Festlegung von bestimmten Produktmengen- oder Verpackungsvolumenwerten) als Folge des Eichgesetzes oder aufgrund der FPV in Anlage 1 bis 3 nach bisherigem Fertigpackungsrecht waren Ersatzmaßnahmen für die Grundpreiskennzeichnung und dienten der Markttransparenz (Verkleinerung der Anzahl unterschiedlicher Verpackungen nach Menge). Sie hingen mit Vorschriften über das Preisauszeichnungsrecht des Eichgesetzes zusammen. Die Standisierungs-maßnahmen beruhten auf der Überlegung, dass es für den Verbraucher ausreicht, wenn eine nicht zu große Zahl an Packungen vermarktet werden und er beim Vergleich gleicher Größen durchaus eine vernünftige Kaufentscheidung hinsichtlich des Preises eines Produktes treffen kann. Dass in diesen Fällen immer nur das Mengen-Preisver-hältnis vergleichbar ist und nicht Qualitätsmerkmale anderer Art als Menge erfasst werden, ist unbestritten. Eine Verringerung der Anzahl an Packungen hinsichtlich der Packungsgrößen, d. h. entweder der Mengen oder der Volumen für die Behältnisse, bedeutete nicht nur eine Erleichterung soweit es den Preis einer Ware und eine Ent-scheidung zugunsten des Verbrauchers hinsichtlich des Preises betrifft, sondern auch eine ganz erhebliche Erleichterung des Gesamtmarktes, und zwar in Form einer Rationalisierungsmaßnahme. Die Vorteile für den Verbraucher wurden gesehen, nicht nur in der Verbesserung an Informationen über Warenpreise, sondern auch darin, dass die Wirtschaft mit diesen Maßnahmen Kostenvorteile erzielen kann, die sich im berechneten Preis der Ware auswirken. Derartige Kostenvorteile sollten durchaus nicht überbewertet werden. Sie können jedoch in bestimmten Fällen in Millionenbeträgen für einzelne Wirtschaftszweige liegen und absolut dazu beitragen, den Kostendruck künftiger Preisentwicklungen mit entlasten zu helfen. Die verbindliche Festlegung von Mengenwerten in Form von EG-Reihen und nationalen Größen verstärkten die Markttransparenz, weil andere Größenwerte nicht vermarktet werden dürfen.

Infolge der Richtlinie 96/6/EG über die Grundpreiskennzeichnung und deren Umset-zung in der Preisangabenverordnung hat eine Entwicklung eingesetzt, die Abstand nimmt von der Standardisierung. So wurde die Anlage 3 völlig gestrichen, einige Positionen in der Anlage 1 sind entfallen.

Mit der Richtlinie 2007/45/EG und deren nationaler Umsetzung durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Fertigpackungsverordnung hat diese Entwicklung ein (vorläufiges) Ende gefunden. Verbindliche Nennfüllmengen sind künftig nur noch für einige wenige Erzeugnisse vorgegeben, s. hierzu S. 84 ff.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 92. Akt. 11/2008 63

Page 18: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

4. Verhältnis der deutschen Fertigpackungsvorschriften zum Europarecht

A. Relevante Vorschriften des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) – Auszug

Im Folgenden werden wichtige Vorschriften des AEU-Vertrags über die Rechtsetzung und die Organe der Union wiedergegeben:

Verbot von mengenmäßigen Beschränkungenzwischen den Mitgliedstaaten

Artikel 34

Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

Artikel 35

Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

Artikel 36

Die Bestimmungen der Artikel 34 und 35 stehen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhr-verboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommer-ziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

Artikel 37

(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Ange-hörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.

Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen Monopole.

(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 ge-nannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.

(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 65

Page 19: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Angleichung der Rechtsvorschriften

Artikel 114

(1) Soweit in den Verträgen nichts anderes bestimmt ist, gilt für die Verwirklichung der Ziele des Artikels 26 die nachstehende Regelung. Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben.

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Bestimmungen über die Steuern, die Bestimmungen über die Freizügigkeit und die Bestimmungen über die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer.

(3) Die Kommission geht in ihren Vorschlägen nach Absatz 1 in den Bereichen Gesund-heit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau aus und berücksichtigt dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen. Im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse streben das Europäische Parlament und der Rat dieses Ziel ebenfalls an.

(4) Hält es ein Mitgliedstaat nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch das Europäische Parlament und den Rat beziehungsweise durch den Rat oder die Kommission für erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 36 oder in bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der Kommission mit.

(5) Unbeschadet des Absatzes 4 teilt ferner ein Mitgliedstaat, der es nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch das Europäische Parlament und den Rat beziehungsweise durch den Rat oder die Kommission für erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder die Arbeitsumwelt aufgrund eines spezifischen Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisierungsmaßnahme ergibt, einzuführen, die in Aussicht genommenen Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Einführung der Kommission mit.

(6) Die Kommission beschließt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen nach den Absätzen 4 und 5, die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen zu billigen oder abzulehnen, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Dis-kriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mit-gliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern.

Erlässt die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keinen Beschluss, so gelten die in den Absätzen 4 und 5 genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt.

Die Kommission kann, sofern dies aufgrund des schwierigen Sachverhalts gerecht-fertigt ist und keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht, dem betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass der in diesem Absatz genannte Zeitraum gegebenenfalls um einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Monaten verlängert wird.

(7) Wird es einem Mitgliedstaat nach Absatz 6 gestattet, von der Harmonisierungs-maßnahme abweichende einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzufüh-ren, so prüft die Kommission unverzüglich, ob sie eine Anpassung dieser Maßnahme vorschlägt.

(8) Wirft ein Mitgliedstaat in einem Bereich, der zuvor bereits Gegenstand von Har-monisierungsmaßnahmen war, ein spezielles Gesundheitsproblem auf, so teilt er

Einleitung

66 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 20: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

dies der Kommission mit, die dann umgehend prüft, ob sie dem Rat entsprechende Maßnahmen vorschlägt.

(9) In Abweichung von dem Verfahren der Artikel 258 und 259 kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof der Europäischen Union unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der Staat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitglied-staat die in diesem Artikel vorgesehenen Befugnisse missbraucht.

(10) Die vorgenannten Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen mit einer Schutzklausel verbunden, welche die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus einem oder mehreren der in Artikel 36 genannten nichtwirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu treffen, die einem gemeinschaftlichen Kontrollverfahren unterliegen.

Artikel 115

Unbeschadet des Artikels 114 erlässt der Rat gemäß einem besonderen Gesetzge-bungsverfahrens einstimmig und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken.

Artikel 116

Stellt die Kommission fest, dass vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwal-tungsvorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnen-markt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so tritt sie mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Beratungen ein.

Führen diese Beratungen nicht zur Beseitigung dieser Verzerrung, so erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfah-ren die erforderlichen Richtlinien. Es können alle sonstigen in den Verträgen vorge-sehenen zweckdienlichen Maßnahmen erlassen werden.

Artikel 117

(1) Ist zu befürchten, dass der Erlass oder die Änderung einer Rechts- oder Verwal-tungsvorschrift eine Verzerrung im Sinne des Artikels 116 verursacht, so setzt sich der Mitgliedstaat, der diese Maßnahme beabsichtigt, mit der Kommission ins Beneh-men. Diese empfiehlt nach Beratung mit den Mitgliedstaaten den beteiligten Staaten die zur Vermeidung dieser Verzerrung geeigneten Maßnahmen.

(2) Kommt der Staat, der innerstaatliche Vorschriften erlassen oder ändern will, der an ihn gerichteten Empfehlung der Kommission nicht nach, so kann nicht gemäß Artikel 116 verlangt werden, dass die anderen Mitgliedstaaten ihre innerstaatlichen Vorschriften ändern, um die Verzerrung zu beseitigen. Verursacht ein Mitgliedstaat, der die Empfehlung der Kommission außer Acht lässt, eine Verzerrung lediglich zu seinem eigenen Nachteil, so findet Artikel 116 keine Anwendung.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 67

Page 21: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Vorschriften über die Organe

Abschnitt 1 – Das Europäische Parlament

Artikel 223

(1) Das Europäische Parlament erstellt einen Entwurf der erforderlichen Bestimmun-gen für die allgemeine unmittelbare Wahl seiner Mitglieder nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten oder im Einklang mit den allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen.

Der Rat erlässt die erforderlichen Bestimmungen einstimmig gemäß einem besonde-ren Gesetzgebungsverfahren und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, die mit der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt wird. Diese Bestimmungen treten nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrecht-lichen Vorschriften in Kraft.

(2) Das Europäische Parlament legt aus eigener Initiative gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen nach Anhörung der Kommission und mit Zustimmung des Rates die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben seiner Mitglieder fest. Alle Vorschriften und Bedingun-gen, die die Steuerregelung für die Mitglieder oder ehemaligen Mitglieder betreffen, sind vom Rat einstimmig festzulegen.

Artikel 224

Das Europäische Parlament und der Rat legen gemäß dem ordentlichen Gesetzge-bungsverfahren durch Verordnungen die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene nach Artikel 10 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union und insbesondere die Vorschriften über ihre Finanzierung fest.

Artikel 225

Das Europäische Parlament kann mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Kommission auffordern, geeignete Vorschläge zu Fragen zu unterbreiten, die nach seiner Auffas-sung die Ausarbeitung eines Unionakts zur Durchführung der Verträge erfordern. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem Europäischen Parlament die Gründe dafür mit.

Artikel 226

Das Europäische Parlament kann bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Einsetzung eines nichtständigen Untersuchungsaus-schusses beschließen, der unbeschadet der Befugnisse, die anderen Organen oder Institutionen durch die Verträge übertragen sind, behauptete Verstöße gegen das Unionsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben prüft; dies gilt nicht, wenn ein Gericht mit den behaupteten Sachverhalten befasst ist, solange das Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen ist.

Mit der Vorlage seines Berichtes hört der nichtständige Untersuchungsausschuss auf zu bestehen.

Die Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechts werden vom Europäischen Parlament festgelegt, das aus eigener Initiative gemäß einem besonderen Gesetzge-bungsverfahren durch Verordnungen nach Zustimmung des Rates und der Kommis-sion beschließt.

Einleitung

68 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 22: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Artikel 227

Jeder Bürger der Union sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat kann allein oder zusammen mit anderen Bürgern oder Personen in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Union fallen und die ihn oder sie unmittelbar betreffen, eine Petition an das Europä-ische Parlament richten.

Artikel 229

Das Europäische Parlament hält jährlich eine Sitzungsperiode ab. Es tritt, ohne dass es einer Einberufung bedarf, am zweiten Dienstag des Monats März zusammen.

Das Europäische Parlament kann auf Antrag der Mehrheit seiner Mitglieder sowie auf Antrag des Rates oder der Kommission zu einer außerordentlichen Sitzungsperiode zusammentreten.

Artikel 230

Die Kommission kann an allen Sitzungen des Europäischen Parlaments teilnehmen und wird auf ihren Antrag gehört.

Die Kommission antwortet mündlich oder schriftlich auf die ihr vom Europäischen Parlament oder von dessen Mitgliedern gestellten Fragen.

Der Europäische Rat und der Rat werden vom Europäischen Parlament nach Maß-gabe der Geschäftsordnung des Europäischen Rates und der Geschäftsordnung des Rates gehört.

Abschnitt 3 – Der Rat

Artikel 237

Der Rat wird von seinem Präsidenten aus eigenem Entschluss oder auf Antrag eines seiner Mitglieder oder der Kommission einberufen.

Artikel 238

(1) Ist zu einem Beschluss des Rates die einfache Mehrheit erforderlich, so beschließt der Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

(2) Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, so gilt ab dem 1. November 2014 abwei-chend von Artikel 16 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union und vorbe-haltlich der Vorschriften des Protokolls über die Übergangsbestimmungen als quali-fizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % der Mitglieder des Rates, sofern die von ihnen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen.

(3) In den Fällen, in denen in Anwendung der Verträge nicht alle Mitglieder des Rates stimmberechtigt sind, gilt ab dem 1. November 2014 vorbehaltlich der Vorschriften des Protokolls über die Übergangsbestimmungen für die qualifizierte Mehrheit Fol-gendes:

a) Als qualifizierte Mehrheit gilt eine Mehrheit von mindestens 55 % derjenigen Mit-glieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die von ihnen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 69

Page 23: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Für eine Sperrminorität bedarf es mindestens der Mindestzahl von Mitgliedern des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitglied-staaten vertreten, zuzüglich eines Mitglieds; andernfalls gilt die qualifizierte Mehr-heit als erreicht.

b) Beschließt der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, so gilt abweichend von Buchstabe a als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % derjenigen Mit-glieder des Rates, die die beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, sofern die von ihnen vertretenen Mitgliedstaaten zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

(4) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen von Beschlüssen des Rates, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.

Artikel 239

Jedes Mitglied kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds über-tragen lassen.

Artikel 240

(1) Ein Ausschuss, der sich aus den Ständigen Vertretern der Regierungen der Mit-gliedstaaten zusammensetzt, trägt die Verantwortung, die Arbeiten des Rates vorzu-bereiten und die ihm vom Rat übertragenen Aufträge auszuführen. Der Ausschuss kann in Fällen, die in der Geschäftsordnung des Rates festgelegt sind, Verfahrens-beschlüsse fassen.

(2) Der Rat wird von einem Generalsekretariat unterstützt, das einem vom Rat ernannten Generalsekretär untersteht.

Der Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über die Organisation des Generalsekre-tariats.

(3) Der Rat beschließt mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den Erlass seiner Geschäftsordnung.

Artikel 241

Der Rat, der mit einfacher Mehrheit beschließt, kann die Kommission auffordern, die nach seiner Ansicht zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele geeigneten Untersu-chungen vorzunehmen und ihm entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem Rat die Gründe dafür mit.

Abschnitt 4 – Die Kommission

Artikel 244

Gemäß Artikel 17 Absatz 5 des Vertrags über die Europäische Union werden die Kommissionsmitglieder in einem vom Europäischen Rat einstimmig festgelegten System der Rotation ausgewählt, das auf folgenden Grundsätzen beruht:

a) Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich behan-

Einleitung

70 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 24: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

delt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines vonein-ander abweichen.

b) Vorbehaltlich des Buchstabens a ist jede der aufeinander folgenden Kommissi-onen so zusammengesetzt, dass das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.

Artikel 245

Die Mitglieder der Kommission haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. Die Mitgliedstaaten achten ihre Unabhängigkeit und ver-suchen nicht, sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgelt-liche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbe-sondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles gemäß Artikel 247 seines Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte Vergünstigungen aberkennen.

Artikel 246

Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Mitglieds der Kommission durch Rücktritt oder Amtsenthebung.

Für ein zurückgetretenes, seines Amtes enthobenes oder verstorbenes Mitglied wird für die verbleibende Amtszeit vom Rat mit Zustimmung des Präsidenten der Kom-mission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und nach den Anforderungen des Artikels 17 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Europäische Union ein neues Mitglied derselben Staatsangehörigkeit ernannt.

Der Rat kann auf Vorschlag des Präsidenten der Kommission einstimmig beschlie-ßen, dass ein ausscheidendes Mitglied der Kommission für die verbleibende Amts-zeit nicht ersetzt werden muss, insbesondere wenn es sich um eine kurze Zeitspan-ne handelt.

Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Präsidenten wird für die verbleibende Amtszeit ein Nachfolger ernannt. Für die Ersetzung findet das Verfahren des Arti-kels 17 Absatz 7 Unterabsatz 1 des Vertrags über die Europäische Union Anwen-dung.

Bei Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod des Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik wird für die verbleibende Amtszeit nach Artikel 18 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union ein Nachfolger ernannt.

Bei Rücktritt aller Mitglieder der Kommission bleiben diese bis zur Neubesetzung ihres Sitzes nach Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union für die verblei-bende Amtszeit im Amt und führen die laufenden Geschäfte weiter.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 71

Page 25: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Artikel 247

Jedes Mitglied der Kommission, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.

Artikel 248

Die Zuständigkeiten der Kommission werden unbeschadet des Artikels 18 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union von ihrem Präsidenten nach Artikel 17 Absatz 6 des genannten Vertrags gegliedert und zwischen ihren Mitgliedern aufge-teilt. Der Präsident kann diese Zuständigkeitsverteilung im Laufe der Amtszeit ändern. Die Mitglieder der Kommission üben die ihnen vom Präsidenten übertrage-nen Aufgaben unter dessen Leitung aus.

Artikel 249

(1) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, um ihr ordnungsgemäßes Arbeiten und das ihrer Dienststellen zu gewährleisten. Sie sorgt für die Veröffentli-chung dieser Geschäftsordnung.

(2) Die Kommission veröffentlicht jährlich, und zwar spätestens einen Monat vor Beginn der Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments, einen Gesamtbericht über die Tätigkeit der Union.

Artikel 250

Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit ihrer Mitglieder gefasst.

Die Beschlussfähigkeit wird in ihrer Geschäftsordnung festgelegt.

Abschnitt 5 – Der Gerichtshof der Europäischen Union

Artikel 251

Der Gerichtshof tagt in Kammern oder als Große Kammer entsprechend den hierfür in der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehenen Regeln.

Wenn die Satzung es vorsieht, kann der Gerichtshof auch als Plenum tagen.

Artikel 252

Der Gerichtshof wird von acht Generalanwälten unterstützt. Auf Antrag des Gerichts-hofs kann der Rat einstimmig die Zahl der Generalanwälte erhöhen.

Der Generalanwalt hat öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begrün-dete Schlussanträge zu den Rechtssachen zu stellen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist.

Artikel 253

Zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt

Einleitung

72 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 26: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

hervorragender Befähigung sind; sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen nach Anhörung des in Artikel 255 vorgesehenen Ausschusses auf sechs Jahre ernannt.

Alle drei Jahre findet nach Maßgabe der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine teilweise Neubesetzung der Stellen der Richter und Generalanwälte statt.

Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofes für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.

Die Wiederernennung ausscheidender Richter und Generalanwälte ist zulässig.

Der Gerichtshof ernennt seinen Kanzler und bestimmt dessen Stellung. Der Gerichts-hof erlässt seine Verfahrungsordnung. Sie bedarf der Genehmigung des Rates.

Artikel 254

Die Zahl der Richter des Gerichts wird in der Satzung des Gerichtshofs der Europä-ischen Union festgelegt. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass das Gericht von Generalanwälten unterstützt wird.

Zu Mitgliedern des Gerichts sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhän-gigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung hoher richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Ein-vernehmen nach Anhörung des in Artikel 255 vorgesehenen Ausschusses für sechs Jahre ernannt. Alle drei Jahre wird das Gericht teilweise neu besetzt. Die Wiederer-nennung ausscheidender Mitglieder ist zulässig.

Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichts für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.

Das Gericht ernennt seinen Kanzler und bestimmt dessen Stellung.

Das Gericht erlässt seine Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Sie bedarf der Genehmigung des Rates.

Soweit die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union nichts anderes vorsieht, finden die den Gerichtshof betreffenden Bestimmungen dieses Vertrags auf das Gericht Anwendung.

Artikel 256

(1) Das Gericht ist für Entscheidungen im ersten Rechtszug über die in den Artikeln 263, 265, 268, 270 und 272 genannten Klagen zuständig, mit Ausnahme derjenigen Klagen, die einem nach Artikel 257 gebildeten Fachgericht übertragen werden, und der Klagen, die gemäß der Satzung dem Gerichtshof vorbehalten sind. In der Sat-zung kann vorgesehen werden, dass das Gericht für andere Kategorien von Klagen zuständig ist.

Gegen die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes kann nach Maß-gabe der Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, beim Gerichtshof ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden.

(2) Das Gericht ist für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Fachgerichte zuständig.

Die Entscheidungen des Gerichts aufgrund dieses Absatzes können nach Maßgabe der Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, in Ausnahmefällen vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die Einheit oder Kohärenz des Unionsrecht berührt wird.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 73

Page 27: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

(3) Das Gericht ist in besonderen in der Satzung festgelegten Sachgebieten für Vor-abentscheidungen nach Artikel 267 zuständig. Wenn das Gericht der Auffassung ist, dass eine Rechtssache eine Grundsatzentschei-dung erfordert, die die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrechts berühren könnte, kann es die Rechtssache zur Entscheidung an den Gerichtshof verweisen. Die Entscheidungen des Gerichts über Anträge auf Vorabentscheidung können nach Maßgabe der Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Satzung vorgesehen sind, in Ausnahmefällen vom Gerichtshof überprüft werden, wenn die ernste Gefahr besteht, dass die Einheit oder die Kohärenz des Unionsrecht berührt wird.

Artikel 257

Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzge-bungsverfahren dem Gericht beigeordnete Fachgerichte bilden, die für Entscheidungen im ersten Rechtszug über bestimmte Kategorien von Klagen zuständig sind, die auf besonderen Sachgebieten erhoben werden. Das Europäische Parlament und der Rat beschließen durch Verordnungen entweder auf Vorschlag der Kommission nach Anhö-rung des Gerichtshofs oder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommis-sion.

In der Verordnung über die Bildung eines Fachgerichts werden die Regeln für die Zusammensetzung dieses Gerichts und der ihm übertragene Zuständigkeitsbereich festgelegt.

Gegen die Entscheidungen der Fachgerichte kann vor dem Gericht ein auf Rechtsfra-gen beschränktes Rechtsmittel oder, wenn die Verordnung über die Bildung des Fachgerichts dies vorsieht, ein auch Sachfragen betreffendes Rechtsmittel eingelegt werden. Zu Mitgliedern der Fachgerichte sind Personen auszuwählen, die jede Gewähr für Unab-hängigkeit bieten und über die Befähigung zur Ausübung richterlicher Tätigkeiten verfügen. Sie werden einstimmig vom Rat ernannt. Die Fachgerichte erlassen ihre Verfahrensordnung im Einvernehmen mit dem Gerichtshof. Diese Verfahrensordnung bedarf der Genehmigung des Rates. Soweit die Verordnung über die Bildung der Fachgerichte nichts anderes vorsieht, finden die den Gerichtshof der Europäischen Union betreffenden Bestimmungen der Verträge und die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf die Fachge-richte Anwendung. Titel I und Artikel 64 der Satzung gelten auf jeden Fall für die Fachgerichte.

Artikel 258

Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.

Artikel 259

Jeder Mitgliedstaat kann den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat.

Einleitung

74 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 28: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus den Verträgen gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muss er die Kommission damit befassen.

Die Kommission erlässt eine mit Gründen versehene Stellungnahme; sie gibt den beteiligten Staaten zuvor Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung in einem kontradiktorischen Verfahren.

Gibt die Kommission binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem ein entspre-chender Antrag gestellt wurde, keine Stellungnahme ab, so kann ungeachtet des Fehlens der Stellungnahme vor dem Gerichtshof geklagt werden.

Artikel 260

(1) Stellt der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen hat, so hat dieser Staat die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergeben.

(2) Hat der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben, nach Auffassung der Kommission nicht getroffen, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen, nachdem sie diesem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umstän-den nach für angemessen hält.

Stellt der Gerichtshof fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangs-gelds verhängen.

Dieses Verfahren lässt den Artikel 259 unberührt.

(3) Erhebt die Kommission beim Gerichtshof Klage nach Artikel 258, weil sie der Auffassung ist, dass der betreffende Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung ver-stoßen hat, Maßnahmen zur Umsetzung einer gemäß einem Gesetzgebungsverfah-ren erlassenen Richtlinie mitzuteilen, so kann sie, wenn sie dies für zweckmäßig hält, die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbe-trags oder Zwangsgelds benennen, die sie den Umständen nach für angemessen hält.

Stellt der Gerichtshof einen Verstoß fest, so kann er gegen den betreffenden Mit-gliedstaat die Zahlung eines Pauschalbetrags oder eines Zwangsgelds bis zur Höhe des von der Kommission genannten Betrags verhängen. Die Zahlungsverpflichtung gilt ab dem vom Gerichtshof in seinem Urteil festgelegten Zeitpunkt.

Artikel 261

Aufgrund der Verträge vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam sowie vom Rat erlassene Verordnungen können hinsichtlich der darin vorgesehenen Zwangs-maßnahmen dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Zuständigkeit übertragen, welche die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung solcher Maßnahmen umfasst.

Artikel 263

Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der Gesetzge-bungsakte sowie der Handlungen des Rates, der Kommission und der Europäischen

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 75

Page 29: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Zentralbank, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Er überwacht ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten.

Zu diesem Zweck ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauch erhebt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist unter den gleichen Voraussetzungen zuständig für Klagen des Rechnungshofs und der Europäischen Zentralbank und des Ausschusses der Regionen, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen.

Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Absät-zen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betref-fenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.

In den Rechtsakten zur Gründung von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union können besondere Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von natürlichen oder juristischen Personen gegen Handlungen dieser Einrichtungen und sonstigen Stellen vorgesehen werden, die eine Rechtswirkung gegenüber diesen Personen haben.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Hand-lung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

Artikel 264

Ist die Klage begründet, so erklärt der Gerichtshof der Europäischen Union die angefoch-tene Handlung für nichtig.

Erklärt der Gerichtshof eine Handlung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

Artikel 265

Unterlässt es das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Rat, die Kommis-sion, die Europäische Zentralbank unter Verletzung der Verträge, einen Beschluss zu fassen, so können die Mitgliedstaaten und die anderen Organe der Union beim Gerichtshof Klage auf Feststellung dieser Vertragsverletzung erheben. Dieser Artikel gilt entsprechend für die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, die es unter-lassen, tätig zu werden.

Diese Klage ist nur zulässig, wenn das in Frage stehende Organ, die in Frage stehen-de Einrichtung oder sonstige Stelle zuvor aufgefordert worden ist, tätig zu werden. Hat es bzw. sie binnen zwei Monaten nach dieser Aufforderung nicht Stellung genommen, so kann die Klage innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten erho-ben werden.

Einleitung

76 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 30: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Jede natürliche oder juristische Person kann nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vor dem Gerichtshof Beschwerde darüber führen, dass ein Organ oder eine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union es unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Emp-fehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.

Artikel 266

Die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt oder deren Untätigkeit als vertragswidrig erklärt worden ist, haben die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union ergeben-den Maßnahmen zu ergreifen.

Diese Verpflichtung besteht unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus der Anwen-dung des Artikels 340 Absatz 2 ergeben.

Artikel 267

Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentschei-dung

a) über die Auslegung der Verträge,

b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union.

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaat-lichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft, bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so entscheidet der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit.

Artikel 277

Ungeachtet des Ablaufs der in Artikel 263 Absatz 6 genannten Frist kann jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ, einer Ein-richtung oder einer sonstigen Stelle der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union die Unan-wendbarkeit dieses Rechtsakts aus den in Artikel 263 Absatz 2 genannten Gründen geltend machen.

Artikel 278

Klagen bei dem Gerichtshof der Europäischen Union haben keine aufschiebende Wirkung. Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen.

Artikel 279

Der Gerichtshof der Europäischen Union kann in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 77

Page 31: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Artikel 280

Die Urteile des Gerichtshofes sind gemäß Artikel 299 vollstreckbar.

Die Rechtsakte der Union

Artikel 288

Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an.

Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich.

Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

Artikel 289

(1) Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren besteht in der gemeinsamen Annahme einer Verordnung, einer Richtlinie oder eines Beschlusses durch das Europäische Parlament und den Rat auf Vorschlag der Kommission. Dieses Verfahren ist in Artikel 294 festgelegt.

(2) In bestimmten, in den Verträgen vorgesehenen Fällen erfolgt als besonderes Gesetzgebungsverfahren die Annahme einer Verordnung, einer Richtlinie oder eines Beschlusses durch das Europäische Parlament mit Beteiligung des Rates oder durch den Rat mit Beteiligung des Europäischen Parlaments.

(3) Rechtsakte, die gemäß einem Gesetzgebungsverfahren angenommen werden, sind Gesetzgebungsakte.

(4) In bestimmten, in den Verträgen vorgesehenen Fällen können Gesetzgebungsakte auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Europäischen Investitionsbank erlassen werden.

Artikel 290

(1) In Gesetzgebungsakten kann der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzge-bungsaktes zu erlassen.

In den betreffenden Gesetzgebungsakten werden Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung ausdrücklich festgelegt. Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs sind dem Gesetzgebungsakt vorbehalten und eine Befugnisübertra-gung ist für sie deshalb ausgeschlossen.

(2) Die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, werden in Gesetzge-bungsakten ausdrücklich festgelegt, wobei folgende Möglichkeiten bestehen:

a) Das Europäische Parlament oder der Rat kann beschließen, die Übertragung zu widerrufen.

Einleitung

78 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 32: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

b) Der delegierte Rechtsakt kann nur in Kraft treten, wenn das Europäische Parla-ment oder der Rat innerhalb der im Gesetzgebungsakt festgelegten Frist keine Einwände erhebt.

Für die Zwecke der Buchstaben a und b beschließt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder und der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

(3) In den Titel der delegierten Rechtsakte wird das Wort „delegiert“ eingefügt.

Artikel 291

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht.

(2) Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den in den Artikeln 24 und 26 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungs-befugnisse übertragen.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 2 legen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen im Voraus allgemeine Regeln und Grundsätze fest, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahr-nehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren.

(4) In den Titel der Durchführungsrechtsakte wird der Wortteil „Durchführungs-“ ein-gefügt.

Artikel 292

Der Rat gibt Empfehlungen ab. Er beschließt auf Vorschlag der Kommission in allen Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verträge Rechtsakte auf Vorschlag der Kom-mission erlässt. In den Bereichen, in denen für den Erlass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, beschließt er einstimmig. Die Kommission und, in bestimmten in den Verträgen vorgesehenen Fällen, die Europäische Zentralbank geben Empfehlungen ab.

Annahmeverfahren und sonstige Vorschriften

Artikel 293

(1) Wird der Rat aufgrund der Verträge auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er diesen Vorschlag nur einstimmig abändern; dies gilt nicht in den Fällen nach Arti-kel 294 Absätze 10 und 13, nach Artikel 310, Artikel 312, Artikel 314 und nach Artikel 315 Absatz 2.

(2) Solange ein Beschluss des Rates nicht ergangen ist, kann die Kommission ihren Vorschlag jederzeit im Verlauf der Verfahren zur Annahme eines Rechtsakts der Union ändern.

Artikel 294

(1) Wird in den Verträgen hinsichtlich der Annahme eines Rechtsakts auf das ordent-liche Gesetzgebungsverfahren Bezug genommen, so gilt das nachstehende Verfah-ren.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 79

Page 33: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

(2) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag.

Erste Lesung

(3) Das Europäische Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Rat.

(4) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments, so ist der betreffen-de Rechtsakt in der Fassung des Standpunkts des Europäischen Parlaments erlas-sen.

(5) Billigt der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments nicht, so legt er seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Europäischen Par-lament.

(6) Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament in allen Einzelheiten über die Gründe, aus denen er seinen Standpunkt in erster Lesung festgelegt hat. Die Kom-mission unterrichtet das Europäische Parlament in vollem Umfang über ihren Stand-punkt.

Zweite Lesung

(7) Hat das Europäische Parlament binnen drei Monaten nach der Übermittlung

a) den Standpunkt des Rates in erster Lesung gebilligt oder sich nicht geäußert, so gilt der betreffende Rechtsakt als in der Fassung des Standpunkts des Rates erlassen;

b) den Standpunkt des Rates in erster Lesung mit der Mehrheit seiner Mitglieder abgelehnt, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen;

c) mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an dem Standpunkt des Rates in erster Lesung vorgeschlagen, so wird die abgeänderte Fassung dem Rat und der Kommission zugeleitet; die Kommission gibt eine Stellungnahme zu diesen Abänderungen ab.

(8) Hat der Rat binnen drei Monaten nach Eingang der Abänderungen des Europä-ischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit

a) alle diese Abänderungen gebilligt, so gilt der betreffende Rechtsakt als erlassen;

b) nicht alle Abänderungen gebilligt, so beruft der Präsident des Rates im Einverneh-men mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments binnen sechs Wochen den Vermittlungsausschuss ein.

(9) Über Abänderungen, zu denen die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, beschließt der Rat einstimmig.

Vermittlung

(10) Der Vermittlungsausschuss, der aus den Mitgliedern des Rates oder deren Ver-tretern und ebenso vielen das Europäische Parlament vertretenden Mitgliedern besteht, hat die Aufgabe, mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder deren Vertretern und der Mehrheit der das Europäische Parlament vertretenden Mitglieder binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung eine Einigung auf der Grundlage der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates in zweiter Lesung zu erzielen.

(11) Die Kommission nimmt an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teil und ergreift alle erforderlichen Initiativen, um auf eine Annäherung der Standpunkte des Europäischen Parlaments und des Rates hinzuwirken.

(12) Billigt der Vermittlungsausschuss binnen sechs Wochen nach seiner Einberufung keinen gemeinsamen Entwurf, so gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

Einleitung

80 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 34: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Dritte Lesung(13) Billigt der Vermittlungsausschuss innerhalb dieser Frist einen gemeinsamen Entwurf, so verfügen das Europäische Parlament und der Rat ab dieser Billigung über eine Frist von sechs Wochen, um den betreffenden Rechtsakt entsprechend diesem Entwurf zu erlassen, wobei im Europäischen Parlament die Mehrheit der abgegebenen Stimmen und im Rat die qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Andern-falls gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.(14) Die in diesem Artikel genannten Fristen von drei Monaten beziehungsweise sechs Wochen werden auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates um höchstens einen Monat beziehungsweise zwei Wochen verlängert.Besondere Bestimmungen(15) Wird in den in den Verträgen vorgesehenen Fällen ein Gesetzgebungsakt auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten, auf Empfehlung der Europäischen Zen-tralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so finden Absatz 2, Absatz 6 Satz 2 und Absatz 9 keine Anwendung.In diesen Fällen übermitteln das Europäische Parlament und der Rat der Kommission den Entwurf des Rechtsakts sowie ihre jeweiligen Standpunkt in erster und zweiter Lesung. Das Europäische Parlament oder der Rat kann die Kommission während des gesamten Verfahrens um eine Stellungnahme bitten, die die Kommission auch von sich aus abgeben kann. Sie kann auch nach Maßgabe des Absatzes 11 an dem Vermittlungsausschuss teilnehmen, sofern sie dies für erforderlich hält.

B. Folgen für das Fertigpackungsrecht

Die Rechtsangleichung nach dem AEU-Vertrag erfolgt nicht um der Vereinheitlichung des Rechts willen. Sie will also im Bereich des gesetzlichen Messwesens kein europä-isches Mess- und Eichrecht schaffen. Vielmehr dient die Rechtsangleichung ausschließ-lich dem Abbau aller Hemmnisse im grenzüberschreitenden Warenverkehr. Diese verwaltungsmäßigen Hemmnisse stellen sich besonders in einer Vielfalt von verschie-denen Verwaltungsakten oder faktischem Verwaltungsverhalten dar, das bestimmte Produkte spezifischen Anforderungen unterwirft. Diese Anforderungen, die sich jeweils aus den nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften aus Gründen des öffentlichen Interesses ergeben (öffentliche Sicherheit, Ordnung und Sittlichkeit, sei es zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen oder Tieren, sei es aus anderen zum ordre public gehörenden Gründen) und auf die Vermarktung Ein-fluss haben, wirken sich auf verschiedenartige Weise handelsbeschränkend aus.Die unmittelbarste Auswirkung geht von den unterschiedlichen Anforderungen an das Produkt oder von unterschiedlich gestalteten Prüfungen aus. Sie beinhaltet meist ein Verbot, Produkte mit anderen Merkmalen zu vermarkten. Die Beseitigung von Han-delshemmnissen verlangt folglich in erster Linie die Angleichung dieser materiellen Anforderung, d. h. also einheitliche Gestaltungs- und Zusammensetzungserforder-nisse für die Handelsware und einheitlich ausgestaltete Prüfungen. Die Rechtsangleichung erfolgt gemäß Art. 114 ff. des AEU-Vertrags durch Richtlinien. Die Richtlinie hat gemäß Art. 288 AEU-Vertrag im Gegensatz zur Verordnung keine unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten, sondern bindet lediglich die Mitgliedstaa-ten. Es bedarf der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht. Die Rechtsanglei-chung vollzieht sich demgemäß zweistufig, wobei der erste Verfahrensakt eine Gemeinschaftsmaßnahme darstellt und die zweite Verfahrensstufe in gleichartigen gesetzgeberischen Hoheitsakten der Mitgliedstaaten besteht. Ein Mitgliedstaat, der einem Richtliniengebot zuwider seine nationale Gesetzgebung nicht anpasst oder

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 122. Akt. 11/2014 81

© B

ehr’s

Ver

lag, H

ambu

rg

Page 35: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

später Maßnahmen trifft, die nicht im Einklang mit der Richtlinie stehen, ist einem Beanstandungsverfahren ausgesetzt; er kann von der Kommission und jedem anderen Mitgliedstaat über den Gerichtshof der Europäischen Union zu einem richtlinienkonfor-men Verhalten gezwungen werden.

C. Das Verbot von Handelshemmnissen

Das deutsche Fertigpackungsrecht wird wesentlich bestimmt durch mehrere europä-ische Richtlinien (s. VII, S. 475 ff.). Dennoch ist dieser Bereich nicht vollständig har-monisiert, d. h. es bleibt Raum für eigenständige nationale Regelungen. In diesem nicht harmonisierten Bereich greifen die Artikel 34 ff. AEU-Vertrag ein, d.  h. die natio-nalen Regelungen dürfen nicht dazu führen, dass dadurch im innergemeinschaftlichen Handel unzulässige Handelshemmnisse aufgebaut werden.Zu den Artikeln 34 ff. AEU-Vertrag (früher Art. 28 ff. EG-Vertrag) hat sich ausgehend vom sogenannten „Cassis de Dijon“ – Urteil des Europäischen Gerichtshofs mittlerwei-le eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt. Sie besagt zusammen gefasst, dass Produkte, die in einem Mitgliedstaat legal in Verkehr gebracht wurden, auch in anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen sind, es sei denn, der Schutz höherwertiger Güter erfor-dert zwingend eine Untersagung des Inverkehrbringens in diesem Mitgliedstaat. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt zu beachten. Daraus folgt, dass natio-nale Vorschriften keine Verbote enthalten dürfen, wenn weniger belastende Maßnah-men, z. B. Kennzeichnungen, dem Verbraucherschutz in gleichem Maße dienen. Auch speziell zum Fertigpackungsrecht (Wertereihen) hat der Gerichtshof inzwischen zur gegenseitigen Anerkennung Stellung bezogen (s. u.). Um im nicht harmonisierten Bereich die Praxis der Mitgliedstaaten anzugleichen, hat die Europäische Kommission einen „Leitfaden zur Anwendung der Vertragsbestim-mungen über den freien Warenverkehr (Artikel 28–30 EG)“ veröffentlicht (aktuelle Version vom 12. Mai 2009). Er ist im Internet auf der Seite der Europäischen Kommis-sion (Generaldirektion Unternehmen und Industrie) abrufbar. Trotz dieser Hilfestellung und der umfangreichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist das Vor-gehen der Mitgliedstaaten bei der gegenseitigen Anerkennung von Produkten im nicht harmonisierten Bereich jedoch vielfach immer noch unterschiedlich. Für das deutsche Fertigpackungsrecht stellt sich die Frage einer möglichen Kollision mit den Artikeln 34 ff. AEU-Vertrag insbesondere in zwei Bereichen:

Verbot der Irreführung

Vorschriften über das Verbot der Irreführung (z. B. §§ 11 LFGB oder auch § 43 Abs. 2 Mess- und EichG, sprich Verbrauchertäuschung) sind nach diesen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts auszulegen. Hierzu stellt sich bei dem Verbot der Mengentäu-schung nach § 43 Abs. 2 Mess- und EichG die Frage, ob eine Fertigpackung in Deutschland beanstandet werden kann, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht und dort nicht beanstandet wurde. Hier wird man sich zumindest in besonders deutlichen Fällen jedoch auf den Schutz höherwertiger Güter (Verbraucher-schutz) berufen können.Dies steht auch im Einklang mit der EU-Verordnung 1169/2011 (s. Band 2, S. 520/13k): Mit dieser Vorschrift hat die Gemeinschaft eine gemeinsame Rechts-grundlage geschaffen. Art. 7 der Richtlinie sieht, bezogen auf die Etikettierung vor, dass keine Käuferirreführung eintreten darf, unter anderem auch bezogen auf die Mengenangabe. Damit deckt sie auch § 43 Abs. 2 Mess- und EichG ab.

Einleitung III

82 Komm. Fertigpackungsrecht 122. Akt. 11/2014

© B

ehr’s

Ver

lag, H

ambu

rg

Page 36: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Nationale Regelungen über Wertereihen

Bis zur Umsetzung der Richtlinie 2007/45/EG durch die Sechste Verordnung zur Änderung der Fertigpackungsverordnung, d. h. bis zum 11. April 2009, gestaltet sich die Rechtslage in Deutschland wie folgt: Die in der Anlage 1 in der bis zu diesem Datum geltenden Fassung vorgegebenen Werte für Spirituosen, Sekt und Wein sind EU-weit verbindlich.

Die übrigen Ziffern stellen national verbindliche Wertereihen dar; vergleichbare Regelun-gen gibt es auch in anderen Mitgliedstaaten. Genau dies ist der Anwendungsbereich der Art. 34 ff. AEU-Vertrag, d. h. es stellt sich die Frage, ob in Deutschland auch Produkte mit Füllmengen anzuerkennen sind, die nicht den Regelungen der Anlage 1 entsprechen; umgekehrt natürlich auch die Frage, ob in Deutschland hergestellte Produkte auch von anderen Mitgliedstaaten zu akzeptieren sind, auch wenn sie nicht den dortigen Regelungen entsprechen.

Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil vom 12.10.2000 (C-3/99) – „Cidrerie Ruwet“, das grundlegende Ausführungen zur Entwicklung des europäischen Fertigpackungs-rechts enthält, ausgeführt:

1. Die Richtlinie 75/106/EWG des Rates vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinien 79/1005/EWG des Rates vom 23. November 1979, 85/10/EWG des Rates vom 18. Dezember 1984, 88/310/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 und 89/676/ EWG des Rates vom 21. De-zember 1989 gestattet es den Mitgliedstaaten nicht, durch eine Regelung wie die belgische Königliche Verordnung vom 16. Februar 1982 über die Reihen von zuläs-sigen Nennfüllmengen und Nennvolumen von Behältnissen für bestimmte Erzeug-nisse in Fertigpackungen das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen, das nicht in Anhang III Spalte I dieser Richtlinie vorgesehen ist, zu verbieten.

2. Art. 30 EGV (nach Änderung jetzt Art. 28 EG) verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich fest-gelegten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen zu verbieten, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, dieses Verbot soll einem zwingenden Erfordernis des Verbraucherschutzes dienen, gilt unterschiedslos für inländische wie für eingeführte Erzeugnisse, ist notwendig, um dem fraglichen Erfordernis gerecht zu werden und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, und dieser Zweck kann nicht durch Maßnahmen erreicht werden, die den innergemeinschaftlichen Handelsver-kehr weniger beschränken …

… Mit der Richtlinie 75/106 in ihrer ursprünglichen Fassung war eine vollständige Angleichung der betreffenden innerstaatlichen Regelungen erfolgt: Art. 4 Abs. 2 schloss das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit anderen als den in Anhang III vorgesehenen Nennvolumen aus, und Art. 5 untersagte es den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen, die den Bestimmungen der Richtlinie entsprachen, aus Gründen zu beschränken, die sich auf ihr Volumen oder dessen Feststellung bezogen.

… Nach der Streichung des Art. 4 Abs. 2 durch die Richtlinie 79/1005 bewirkte die Richtlinie 75/106 nur noch eine teilweise Harmonisierung. Es wurde den Mit-gliedstaaten wieder gestattet, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 83

Page 37: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

anderen als den in Anhang III vorgesehenen Nennvolumen zuzulassen, mit Aus-nahme der Fertigpackungen mit bestimmten Erzeugnissen, die hier keine Rolle spielen (siehe Rdnr. 12 dieses Urteils).

… Nach ständiger Rechtsprechung bezweckt Art. 30 das Verbot jeder Handels-regelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dass onville, Slg. 1974, 837, Rdnr. 5)

… In Ermangelung einer Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften verbietet Art. 30 namentlich die Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften wie etwa hinsichtlich ihrer Ausstattung, ihrer Etikettierung und ihrer Verpackung entsprechen müssen, auch wenn diese unterschiedslos für einheimische und eingeführte Erzeugnisse gelten (Urteil vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93, Mars, Sig. 1995, I-1923, Rdnr. 12 = ZLR 1995, 416, 418).

… Im Fall einer teilweisen Harmonisierung wie der, um die es hier geht, bezieht sich dieses Verbot auf das Verbot des Inverkehrbringens von Fertigpackungen, die nicht von dieser Harmonisierung erfasst werden. Andernfalls würde es den Mitgliedstaaten in einem solchen Fall gestatten, ihren nationalen Markt entgegen dem vom Vertragverfolgten Ziel des freien Warenverkehrs gegen die Erzeugnisse abzuschotten, die nicht von den Gemeinschaftsvorschriften erfasst werden.

… Eine nationale Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren streitige, die sich gegen Fertigpackungen mit einem Nennvolumen von 0,33 l richtet, die recht-mäßig in andere Mitgliedstaaten hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, ist trotz unrterschiedloser Geltung für inländischen und eingeführten Apfel-wein geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Sie kann nämlich die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer dazu zwingen, das Erzeugnis je nach dem Ort des Inverkehrbringens unterschiedlich zu verpacken, und sie dadurch mit zusätzlichen Verpackungskosten belasten (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache Mars, Rdnr. 13 und 14) …

… Bei einer innerstaatlichen Maßnahme wie der hier beanstandeten muss das Gericht des Einfuhrmitgliedstaats für jede Fertigpackung, die ein Volumen hat, das nicht in Anhang III Spalte I der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 vorgesehen ist, die jedoch im Ausfuhrmit-gliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht wurde, prüfen, ob tatsächlich die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher besteht.

… Dabei muss es allen maßgeblichen Gesichtspunkten Rechnung tragen, indem es auf den durchschnittlich informierten, aufmerksam und verständigen Durchschnitts-verbraucher abstellt (Urteil vom 13. Januar 2000 in der Rechtssache C-220/98, Estée Lauder, Slg. 2000, I-000, Rdnr. 30 = ZLR 2000, 186, 192).

… Das Gericht kann u. a. die Verpflichtung berücksichtigen, auf dem Etikett die Nettomenge der in der Verpackung enthaltenen Flüssigkeit in der Volumeneinheit (Liter, Zentiliter oder Milliliter) anzugeben. Diese Verpflichtung wird allgemein für alle flüssigen Lebensmittel in den Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 und 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. Nr. L 109, S. 29) aufgestellt, durch die die Richtlinie 79/112 kodifiziert und aufgehoben wor-den ist. Für die in der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005,

Einleitung

84 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 38: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

85/10, 88/316 und 89/676 genannten Fertigpackungen ist diese Verpflichtung auch in Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie verankert, dessen Wortlaut durch die Richt-linie 79/1005 nicht geändert wurde. Das einzelstaatliche Gericht kann die damit verbundene Information berücksichtigen, wenn sie geeignet ist, beim Durch-schnittsverbraucher eine Verwechslung zwischen den beiden Volumen zu verhin-dern und es ihm zu ermöglichen, beim Vergleich der Preise zweier unterschied-licher Packungen mit derselben Flüssigkeit den festgestellten Unterschied in der Füllmenge zu berücksichtigen.

… Das nationale Gericht kann weiter den Umstand berücksichtigen, dass die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 selbst in der Reihe von Nennvolumen, die sie in Anhang III Spalte I für verschiedene Flüssigkeiten (Milch, Wasser, Limonaden, Obst- und Gemüsesäfte) vorsieht, das Nebeneinander von Nennvolumen (0,20 l und 9,25 l) zulässt, zwischen denen ein Abstand von nur 0,05 l besteht, der kaum größer ist als der zwischen dem hier in Rede stehenden Volumen von 0,33 l und dem von 0,375 l, das in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten Reihe der für Apfelwein zugelassenen Nenn-volumen vorgesehen ist.

Dieses Urteil bedeutet für die bis zum 11. April 2009 geltende Rechtslage in Deutsch-land: Fertigpackungen, die in anderen Mitgliedstaaten legal in Verkehr gebracht wurden, können – abgesehen von den Bereichen Spirituosen, Sekt und Wein – in Deutschland unter Hinweis auf den Verbraucherschutz auch dann nicht zurückge-wiesen werden, wenn sie den Werten der Anlage 1 nicht entsprechen (selbstver-ständlich müssen sie im Übrigen der FPVO, z. B. den Kennzeichnungsvorschriften, genügen). Der Verbraucherschutz wird durch die Regelungen über die Grundpreis-kennzeichnung und natürlich auch über die Kennzeichnungsregelungen der FPVO gewährleistet.

Das bedeutet: Ein italienischer Wasserhersteller kann eine 0,92 l Flasche in alle übrigen Mitgliedstaaten ausführen, wenn die italienische Gesetzgebung diesen Wert erlaubt. Ebenso kann z. B. eine 0,7 l Mehrwegflasche mit Wasser in der Gemeinschaft auch dann vertrieben werden, wenn der Wert in anderen Staaten nicht gesetzlich festgelegt ist.

Aktuelle Gemeinschaftspolitik hinsichtlich der Wertereihen von FertigpackungenMit dem Erlass der Richtlinie zur Festlegung von Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen, zur Aufhebung der Richtlinien 75/106/EWG und 80/232/EWG des Rates und zur Änderung der Richtlinie 76/211/EWG des Rates (s. Bd. II S. 514/3) hat die Gemeinschaft einen (vorläufigen) Schlussstrich gezogen: Wenn die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie angewandt werden, sind die Reihen von Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen in der Gemeinschaft vollständig harmonisiert. Damit werden europaweit verbindlich nur noch die dort genannten Wertereihen für Wein, Schaumwein und Spirituosen sein. Mitgliedstaaten, die derzeit nationale Wertereihen für Milch, Butter, Trockenteigwaren und Kaffee vorgeschrie-ben haben, können (nicht müssen) diese befristet aufrecht erhalten; entsprechende Vorgaben für Weißzucker dürfen ebenfalls befristet national bestehen bleiben.

Diese befristeten Regelungen dürfen aber den innergemeinschaftlichen Handel nicht behindern. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten, die von dieser Übergangsregelung Gebrauch machen, auf ihrem Markt auch Fertigpackungen mit anderen Füllmengen-werten aus den übrigen Mitgliedstaaten akzeptieren müssen. Insoweit richten sich diese Übergangsregelungen nur an die jeweiligen im Mitgliedstaat ansässigen Hersteller.

Einleitung

Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010 85

Page 39: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

Nach Umsetzung der Richtlinie, d. h. ab dem 11. April 2009, stellt sich die Frage der Anwendung der Artikel 34 ff. AEU-Vertrag somit nicht mehr, da es den Mitgliedstaa-ten untersagt ist, über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende Wertereihen für Erzeugnisse in Fertigpackungen vorzuschreiben. Damit wird nach Jahren der Unsi-cherheit für Hersteller, Händler und Vollzugsbehörden in der Gemeinschaft ein ein-deutiger Rechtsrahmen hinsichtlich der Wertereihen von Fertigpackungen beste-hen.

(Die Seiten 87–88 sind entfallen)

Einleitung

86 Komm. Fertigpackungsrecht 99. Akt. 3/2010

Page 40: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

5. Bedeutung der Verpackung und Verpackungsnormunga) Bedeutung der Verpackung

aa) Funkt ionen der VerpackungZum besseren Verständnis der gesamten Vorschriften über Verpackungen kann über die Funktionen der Verpackung folgendes gesagt werden:Wenn man die Funktionen von Verpackungen betrachtet, dann kann man in Primär- und in Sekundärfunktionen unterscheiden.Zu den Primärfunktionen gehören die Zusammenfassung der Produkte und der Schutz der Ware. Zunächst einmal dient eine Verpackung der Zusammenfassung von Produkten und von Produkt und Packmitteln/Packhilfsmitteln, d. h. also praktisch der Herstellung einer Packung. Diese Zusammenfassung ermöglicht es überhaupt erst, dass die Packung gehandhabt, gelagert oder transportiert werden kann bzw. im Handel überhaupt vertrieben werden kann. Funktionen dieser Art erscheinen zwar als selbstverständlich, sind aber überhaupt erst eine Bedingung für eine echte Verpa-ckung schlechthin. Eine weitere Funktion dieser Art ist der Schutz der Ware. Die Verpackung selbst dient dazu, die Ware/das Füllgut vor Beschädigung und Verände-rungen zu schützen. Diese Funktion der Verpackung ist vor allem für das Lebensmit-telrecht, das Sicherheitsrecht und das Arzneimittelrecht, d. h. also für spezielle Pro-duktrechte von Bedeutung, die eine entsprechende Zielsetzung haben, bzw. deren Zielsetzung vor allem in der Sicherstellung eines gesundheitlich vertretbaren Pro-duktes besteht und in der Sicherstellung, dass dieses Produkt entsprechend geschützt an den Endverbraucher kommt. Für das Ordnungsrecht des Eichgesetzes und seiner Folgeverordnungen im Bereich der Verpackung ist dagegen die erste Funktion von wesentlicher Bedeutung, d. h. sie steht im Vordergrund, nämlich die Funktion der Zusammenfassung von Ware und Packmittel und damit die Funktion der Verwendbarkeit einer Verpackung überhaupt.Eine dritte Funktion dieser Art ist die Funktion der Verpackung als Informationsträger, und zwar Informationsträger über Packungsinhalt oder Füllmenge des verpackten Produktes, über den Preis der Ware und über die Qualität der Ware. Dazu gehört auch das Mittel einer Information über den Hersteller, über die Zusammensetzung des Produktes und über dessen bestimmte Qualitätsmerkmale. Letzlich ist die Packung natürlich auch Informationsträger, soweit sie Werbungszwecken dient. Dieser Gesichts-punkt ist für die Wirtschaft von entscheidender Bedeutung.Zu den Sekundärfunktionen für die Verpackung gehören zunächst die leichte, bequeme und mühelose Handhabung der Packung. Fragen dieser Art spielen für das Verpackungsrecht keine Rolle. Eine weitere sekundäre Funktion ist die Frage der Techniken für die Entnahme des Produkts aus der Verpackung. Im allgemeinen ist dieses Gebiet problemlos bis auf die Aerosoldosen, hier steht das Merkmal der Ent-nehmbarkeit der Ware wesentlich im Vordergrund und ist ein entsprechendes tech-nisches Problem, das nicht nur das Produkt betrifft, sondern auch vor allen Dingen den Benutzer. Die Aerosoldose fällt insoweit ja auch unter die Aerosolpackungsver-ordnung (s. Anhang VII. S. 524/1). Primärfunktion für die Aerosoldose ist aber auch die Zusammenfassung von Ware und Packmittel. Soweit fallen auch Aerosoldosen eindeutig unter den Packungsbegriff des Mess- und Eichrechts. Eine weitere Sekun-därfunktion hat die Verpackung insoweit, als sie sich an die jeweilige Produktionsart anpassen muss. Hier sind Funktionen von Bedeutung wie z. B. Qualität des Werk-stoffes (Packstoffes), leichte oder schnelle Abpackbarkeit, Form des Werkstoffes usw. Fragen dieser Art haben allenfalls eine Bedeutung für die Abfüllfähigkeit bzw. eine Bedeutung für das Füllmengenproblem, jedoch lediglich in mittelbarer Wirkung.

Einleitung III

Komm. Fertigpackungsrecht 119. Akt. 4/2014 89

© B

ehr’s

Ver

lag,

Ham

burg

Page 41: 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich ... · 1. Auswirkungen der Füllmengenvorschriften des Eich-gesetzes und der Fertigpackungsverordnung 1.1 Betrachtungen zur Einführung

bb) Verpackungen a ls Abfa l lmengenDie Novelle 1992 der VerpackungsV (sh. Anhang VII, 4.2 S. 514/29ff.) gab Anlass, auch auf die negativen Seiten der Verpackung hinzuweisen. Dazu wurde dort ausge-führt:„Die Deponiekapazitäten in der Bundesrepublik Deutschland reichen in vielen Regi-onen nur noch für zwei bis fünf Jahre. Weder Abfallverbrennungsanlagen noch neue Deponien werden in dem Umfang ausgewiesen, der nötig wäre, um die heute entste-henden Abfallmengen auch künftig zu entsorgen. Verpackungsabfälle gehören mit rund 50 % nach dem Volumen und etwa 30 % nach dem Gewicht zur wichtigsten Abfallart des Hausmülls und der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle. Angesichts der Zielsetzung des Abfallgesetzes, vorrangig Abfälle zu vermeiden oder zu verwerten, haben entsprechende Maßnahmen im Verpackungsbereich daher besondere Priori-tät, um gravierende Entsorgungsengpässe zu vermeiden.“Für die einzelnen Verpackungsarten sind folgende Regelungen vorgesehen:– Transportverpackungen haben Vertreiber und Hersteller zurückzunehmen und

einer erneuten Verwendung zum selben Zweck oder einer Verwertung außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung zuzuführen; sie können sich zur Erfüllung dieser Pflichten Dritter bedienen.

– Umverpackungen muss der Vertreiber an der Kasse entfernen oder dem Käufer die Möglichkeit eröffnen, die Umverpackungen von der erworbenen Ware zu ent-fernen und im Laden zurückzulassen.

– Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen müssen durch die Beteili-gung an einem System eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verpackungen an den Haushaltungen oder in deren Nähe gewährleisten.

Für den Getränkebereich besteht eine Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen. Erfasst werden Getränke (insbesondere Bier, Mine-ralwasser, Erfrischungsgetränke und bestimmte alkoholhaltige Mischgetränke) in nicht ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen. Vorteilhaft sind Karton-verpackungen, Schlauchbeutel-Verpackungen und Folien-Standbodenbeutel.b) Verpackungsnormen

Für die Verpackungsnormung ist in der Bundesrepublik der Normenausschuss Ver-packungswesen (NAVp) im Deutschen Institut für Normung zuständig. Auf dem Ver-packungssektor liegen auch bereits weltweite Arbeiten in Form von ISO-Normen durch ISO-TC 52 und -TC 122 wie auch europäische Normen (EN) der CEN vor.Den aktuellen Stand der Verpackungsnormen gibt das Verzeichnis der Normen und Entwürfe für die Verpackungswirtschaft im Anhang VIII/S. 42/3a ff wieder.

Einleitung III

90 Komm. Fertigpackungsrecht 119. Akt. 4/2014