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1.
Einleitung
1.1
Vorbemerkung zum methodischen Vorgehen
Die Aufgabe dieser Studie besteht darin, Lebensweg und Wirken Ruhi Sus zu
beschreiben, seine Lieder und seine Gedichte innerhalb der zeitgenössischen Musikkultur
und politischen Situation der Türkei zu positionieren und seine besondere Bedeutumg
innerhalb der Musikgeschichte zu erklären. Auch seine pädagogische Wirkungskraft und
seine Stellung in der politischen Situation sollen Beachtung finden.
Die Bekanntschaft des Verfassers mit Ruhi Su, die von Wertschätzung seiner
menschlichen Aufrichtigkeit, Integrität und Liebenswürdigkeit geprägt ist, hat sicher an
manchen Stellen seine Sichtweise positiv beeinflusst, wie auch seine politische
Überzeugung hin und wieder ein entsprechendes Licht auf die Ereignisse geworfen hat.
So seine Sichtweise beruht vor allem auf der glücklichen Mitarbeit über vier Jahre in
Ruhi Sus „Chor der Freunde” (Dostlar Korosu). Sein Vorgehen benötigt, wenn auch
noch so knapp, eine methodische Begründung. Zwei Fragen drängen sich besonders auf.
(1) Wie geht man vor, wenn man das Leben eines Individuums erzählen möchte?
(2) Wie geht man vor, wenn man die politischen und moralischen Anschauungen dieses
Individuums richtig und angemessen findet und anderseits eine angemessene
wissenschaftliche Objektivität nicht aufgeben darf?1
Die erzählende Geschichtsschreibung hat in den letzten Jahrzehnten erneut an
Prestige gewonnen. Dennoch bleibt die Frage offen, welchen Raum soll die Erzählung
eines Lebens und welchen die Analyse und Wertung des gesellschaftlichen und
politischen Umfelds einnehmen? Die Hauptstoßrichtung der Studie geht nicht auf die
politische Analyse aus, sie liegt eher in der biographischen Richtung und in dem
Aufzeigen des kulturellen Einflusses Ruhi Sus auf das Musikleben der Türkei.
Objektivität in der Darstellung eines geschichtlichen Sachverhalts ist leichter
gefordert als erreicht. Es gibt zwar eine relative, möglichst weitgehende Objektivität. Wie
aber verhält sich Objektivität zu einem moralischen Urteil über Personen, Parteien,
1 Anweisungen der verschiedensten und gelegentlich polarisierten, theoretischen wie praktischen Art bietet der Sammelband Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft (Theorie der Geschichte Bd. 1) herausgegeben von Reinhart Kosellek, Wolfgang J. Mommsen und Jörn Rüsen. (1977). Die von der Studiengruppe Theorie der Geschichte herausgegebenen Bände setzen bis heute methodologische Maßstäbe. Hilfreich waren dem Verfasser insbesondere die Ausführungen von Christian Meyer, Von der Schwierigkeit ein Leben zu erzählen. In: Theorie und Erzählung in der Geschichte (Theorie und Geschichte, Bd. 3). herausgegeben von Jürgen Kocka und Thomas Nipperdey. (1979): 231.
2
politische Handlungen? Die Mehrzahl der Historiker wird der Objektivität den Vorrang
einräumen, dennoch gilt es auch auf diesem umstrittenen Gebiet Skepsis zu bewahren.2
Ein moralisch begründeter Standpunkt muss erlaubt und darf nicht von Anfang an
verbannt sein. Entscheidend ist wohl die Radikalität der Parteinahme; unzulässig ist
sicherlich eine Radikalität, welche jede andere als die eigene Beurteilung ausschließt. Ein
Beispiel mag das deutlich machen: die Darstellung eines Genozids kann um möglichste
Sachlichkeit und die Abwesenheit von Parteinahme bemüht sein. Es muss aber auch eine
Parteilichkeit für die Opfer, gestattet sein. Parteilichkeit kann ebensoweit definiert
werden wie Objektivität. Diese Studie bedient sich eines eingefassten Begriffs der
Parteilichkeit.3 Die Freiheit besteht, Taten unmoralisch oder moralisch nennen zu dürfen,
unabhängig davon, dass der Erzähler existentiell von solchen Handlungen betroffen
worden ist oder nicht.4
2 Vgl. RUMPLER, Helmut: Beust im Schatten Bismarcks. Grenzen und Bedingungen einer Persönlichkeitsbeurteilung. In: Reinhart Kosellek, Wolfgang J. Mommsen, Jörn Rüsen (Hrsg.): Objektivität und Parteilichkeit (1977): 226-227. Sehen wir auf ein der Geschichtsschreibung benachbartes Feld, die Kunstgeschichtsschreibung, und auf das nämliche Problem. Wilhelm Pinder nimmt 1932 eindeutig Stellung: „Wir wollen der Wissenschaft den Charakter neutraler Neugier nehmen und schließlich lieber moralisch irren als in Objektivität erfrieren.“ Die Jahre nach 1932 geben manchen Anlaß, in Deutschland den Mangel von Wissenschaftlern an „neutraler Neugier“ zu dokumentieren. Werner Hofmann weist 1971 die Forderung Pinders zurück: „Die Alternative ist falsch gestellt. Wissenschaftliche Objektivität und weltanschauliches Engagement können nicht zur Wahl stehen, da sie keine unvereinbaren Gegensätze darstellen. Beide Positionen schließen den Irrtum so lange nicht aus, als sie sich des Anspruchs dogmatischer Unfehlbarkeit enthalten. Das unterscheidet sie von den geschlossenen Systemen, die ihre Wahrheit absolut setzen. Das geschlossene, einsinnige Denksystem ist das Gefängnis, in dem die Wissenschaft dem Freiraum ihrer Urteile freiwillig entsagt.“ Werner Hofmann, Kunst jenseits der geschlossenen Systeme. In: Gegenstimmen. Aufsätze zur Kunst des 20. Jahrhunderts (1980): 301.
3 Vgl. BAUMGARTNER, Hans Michael, Die subjektiven Voraussetzungen der Historie und der Sinn von Parteilichkeit. Ebd. 426. 4 Vgl. BAUMGARTNER, Hans Michael Die subjektiven Voraussetzungen der Historie und der Sinn von Parteilichkeit. Ebd. 437.
3
1.2
Ruhi Sus Stellung in der Politik und Kultur der Türkei
Die Entwicklung des Menschen Ruhi Su und seines künstlerischen Schaffens
versteht man besser, wenn man ihn als Kind der Republik Türkei betrachtet. Wie Ruhi Su
selbst sagte, wuchs er in den 30er und 40er Jahren auf, also in einer Zeit, in der die
offizielle Kulturpolitik die Volksmusik in der Vordergrund stellte.5 Ruhi Su lebte unter
einem Populismus, der auf der Grundlage des neuen Volksstaates das Osmanische Reich
und seine Kultur ablehnte und sich einer Volkskultur, eines Volksgedichtes und einer
Volksmusik zu bedienen suchte.6 Teil dieser zeitweilig volksnahen Politik waren auch
die Eröffnung von vierzehn Volkshäusern in verschiedenen Städten im Februar 1932 und
die Gründung von Dorfinstituten im Jahr 1940. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die
allein regierende Partei, die Republikanische Volkspartei (Cumhuriyet Halk Partisi,
CHP), einen Stellungswechsel vor. Die Aufnahme von Beziehungen zu den USA ließ
Bildungspolitik als gefährlich erscheinen, denn den Großgrundbesitzern, die in den
Regierungen das Sagen hatten, konnte an einer Aufklärung der einfachen Landbewohner
nicht gelegen sein.7
5 Vgl. SU, Ruhi in einem Gespräch mit ERDEN, Sadika Dikna: Yöresellikten Ulusallığa, Ulusallıktan Evrenselliğe, Bilim ve Sanat 96 (Dez. 1983). In: SU, Ruhi: Ezgili Yürek (1985): 166.
Solange das Klima populistisch war, konnte Ruhi Su mit seiner
Stimme und mit seinem Instrument, der Saz (Langhalslaute), öffentlich arbeiten.
Zwischen 1943 und 1945 gastierte er in Gesangssendungen im staatlichen Radio Ankara.
Schon damals konnte er großes Interesse wecken. Er hatte sich bereits vorher von dem
offiziellen Kulturprogramm entfernt, mit der Folge, dass die Verantwortlichen für das
6 Bereits früher, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, hatte es ein Interesse an der türkischen Folklore gegeben, das lediglich kurz dauerte. Ahmet Vefik Paşa, Şinasi und Ebuzziya Tevfik Bey erforschten Sprichwörter und Redewendungen. Später veröffentlichten Ahmet Rasim „Feierlichkeiten zum Schulanfang“ (Mektebe Başlama Merasimi), Peyam (1336 / 1920) und Rauf Yekta „Musikethnographien“ (Musiki Etnografyası), Şehbal Dergisi; „Hochzeitsbräuche in Makedonien“ (Rumeli’nin Makedonya Kısmında Düğün Adetleri), Büyük Mecmua; „Lokales Leben in Bursa“ (Bursa’da Mahalli Hayat); „Vorzeigen der Aussteuer“ (Cihaz Teşhiri); „Polterabend“ (Kına Gecesi), Yeni Mecmua 9-75 (1923). Obwohl in der Zeit der Konstitution (1908-1920) Veröffentlichungen von Fuat Köprülü, İkdam (24. Januar 1913), Glossen des Philosophen Rıza Tevfik, Peyam-i Edebi (20. Feb. 1913) und das Buch „Die Grundlagen des Türkentums“ (Türkçülüğün Esasları) von Ziya Gökalp über Folklore und Kultur erschienen, war es unmöglich, eine wirkliche Folklorebewegung in Gang zu setzen. Folkloreforschung auf wissenschaftlicher Basis wurde erst in der Zeit der Republik realisiert. Diese Angaben folgen ERGÜN, Mehmet: Sanık Sandalyesi’ne Oturtulan Halk Kültürü ve Ruhi Su’nun Yazgısı, Berfin Bahar 139 (Sept. 2009): 5-12. 7 ERGÜN, Mehmet: Sanık Sandalyesi’ne Oturtulan Halk Kültürü ve Ruhi Su’nun Yazgısı, Berfin Bahar 139 (Sept. 2009): 5-12.
4
Radioprogramm ihn, trotz seiner hohen Anerkennung im Volk, ziemlich schnell beiseite
schoben.8
Ich habe die Lieder (Türküs) genommen, die mit ihrenTexten und Melodien das Volk am besten verkörpern. Eben deswegen trafen mich die ersten Blitze im Radio. Beim Vortragen dieser Türküs habe ich von der Vortragsweise des Volkes Gebrauch gemacht, jedoch habe ich zu vermeiden gesucht, den Volksmund nachzuahmen.
9
Ruhi Sus sowohl besonnene wie kritische Worte zeigen, dass er in einem echten
Sinne volksnahe sein wollte und nicht eine Pseudoposition wie die Regierenden vertrat.
So spricht er davon, die praktische Arbeit müsse einerseits die Sehnsucht des Volkes
verwirklichen und andererseits sie weiterführen.10
In den 60er Jahren erleichterten sich seine Lebensverhältnisse mit der Legalität
von linken Gedankengut und der verhältnismäßig liberalen Verfassung von 1961. Gerade
die Generation von 1968 konnte sich eine Kundgebung ohne Ruhi Sus Mitwirkung kaum
vorstellen. Der Militärputsch vom 12. März 1971 brachte erneut eine Verschlechterung
der politischen Lage: Rechte wie Meinungsfreiheit wurden zurückgenommen sowie die
Gründung von Gewerkschaften und Parteien; linke Vorkämpfer fanden sich im Gefängnis
wieder. Jedoch dort wie auch an den Universitäten verstummten Ruhi Sus Lieder nicht;
im Gegenteil sie spendeten Mut und Zuversicht.
In den Dienst des Volkes zu treten,
war für ihn nicht nur eine musikalische, sondern auch eine eminent politische Aufgabe.
Man muss daher den Sänger der Türküs stets zusammensehen mit dem idealistischen
Kommunisten. Sein Kommunismus, dem er mit seinem ganzen Herzen anhing, brachte
ihn in Konflikt mit dem Staat, der ihm fünf Jahre Gefängnis von 1952 bis 1957 und
anschließend zwanzig Monate Polizeiaufsicht auferlegte und ihm so Jahre der vollen
Schaffenskraft stahl.
11
8 Nach AKSOY, Bülent: Kültürel Değişimin Ortasında Bir Sanatçı: Ruhi Su, Yeni Gündem (18.Okt.-1.Nov. 1985). In: MEKİN Dinçer (Hrsg.) Ruhi Su’ya Saygı (1986): 227.
Ruhi Su wurde ständigen Befragungen
nach seinem Kommunismus unterworfen. Seine künstlerische Arbeit setzte er jedoch fort,
in dem er Schallplatten zu Texten von Yunus Emre, Karacaoğlan, Köroğlu, Pir Sultan
Abdal herausbrachte. Der Militärputsch vom 12. September 1980 brachte schließlich ein
Verbot in der Türkei für Ruhi Su, das bis zu seinem Tode im Jahr 1985 bestand, mit der
9 SU, Ruhi in einem Gespräch mit ORAL, Zeynep: Van’dan Yarınlara Engebeli Bir Yolda, Milliyet Sanat, (1. Mai 1984). In: SU, Ruhi: Ezgili Yürek (1985):183. 10 Ebd. 183. 11 Vgl. SAY, Ahmet: Ruhi Su’nun Müziğimizdeki Yeri Üzerine Bir Çözümleme, Berfin Bahar 139 (Sept. 2009):13-14.
5
einen Ausnahme des letzten, vorher nicht bekannt gegebenen Konzerts im Februar
1983.12
Trotz aller künstlerischen Bekanntheit, vor allem unter Intellektuellen und
Studenten, blieb Ruhi Su seit 1952 die Anerkennung des Staates bis auf eine weitere
Ausnahme versagt. Der fortlebenden Anerkennung Ruhi Sus als eines künstlerischen
Vorbilds steht die grundlegende Missachtung entgegen, die sich im nach wie vor gültigen
Verbot seiner Musik durch den staatlichen Apparat der Türkei niederschlägt. Ruhi Su
musste aus eigener Kraft und Anstrengung sowie mit der Hilfe seiner Freunde überleben.
Unter dem Intendanten der staatlichen Radio- und Fernsehanstalt (Türkiye Radyo ve
Televizyon Kurumu, TRT), İsmail Cem İpekçi, hatte Ruhi Su 1975 zum ersten Mal die
Möglichkeit, im staatlichen Fernsehen aufzutreten. Dies war auch sein letzter Auftritt. Er
trat mit großer Freude auf. Die Zuschauer, die zum ersten Mal Ruhi Su im Fernsehen
sahen, waren begeistert. Die Stimmen, die sich anfänglich gegen ihn erhoben hatten,
gingen im Meer des Beifalls unter
13
Der Staat hat dennoch nicht verziehen, dass ein Mensch sich gegen seine
Institutionen wandte, die ihn aufgenommen, erzogen und ausgebildet hatten. Ruhi Su
wurde von staatlicher Seite stets behandelt, als sei er ein Niemand. Man warf ihm vor, als
Kommunist gegen das Land zu arbeiten. Der Vorwurf der Undankbarkeit machte die
Folter in den Zellen des berüchtigten Sansaryan Han umso bitterer.
.
14 Spätere
Rechtfertigungsversuche seitens Vertreter der Regierung kann man nur mit Misstrauen
betrachten.15
12 Im Ausland gab Ruhi Su Konzerte am 16. Juni 1980 in der Stadthalle Köln und 1981 in Sydney.
13 Vgl. İPEKÇİ, Cem İsmail: Ruhi Su ve Bir Anı, Milliyet (22. Sept. 1985). In: DİNÇER, Mekin (Hrsg.): Ruhi Su’ya Saygı (1986): 159. Vorausgegangen war eine Diskussion im TRT-Vorstand, ob man eine Sendung mit Ruhi Su ausstrahlen solle oder nicht. Den Bedenken einiger Mitglieder, dass er als ehemaliger politischer Häftling dem Ansehen des Senders schaden würde, stellte sich İpekçi entgegen. Ob links oder rechts, es entspreche nicht einer zeitgenössischen und demokratischen Vorstellung, einen Künstler nach seiner politischen Gesinnung zu beurteilen. İpekçi setzte seine Meinung durch, und die Sendung wurde ausgestrahlt. Diese Sendung mit Ruhi Su zeigt, dass eine einzige Person im gesellschaftlichen Leben trotz gegenteiliger gesetzlicher Vorgaben oder ungeschriebener Gesetze etwas bewegen kann. Man sollte die Leistung İsmail Cem İpekçis, des späteren Außenministers der Türkei unter der Regierung Ecevit in den Jahren 1998-2002, anerkennen. Sein Demokratieverständnis basierte auf der Maxime, Andersdenkende zu ihrem Recht kommen zu lassen, wobei İpekçi mögliche Schwierigkeiten in Kauf nahm. Hinzu zufügen ist, dass İsmail Cems Vater Ruhi Su Türküs in einigen Produktionen seiner Filmfirma İpek Film singen ließ. Ruhi Su erlebte einen seltenen Augenblick der Freude und Anerkennung. Während der Amtszeit des Staatspräsidenten Fahri Korutürk (1973 - 1980), erhielten bekannte Personen aus Kunst und Kultur eine Einladung zu einem Essen. Unter ihnen war auch Ruhi Su. Die Einladung lag eher an der ganz persönlichen Liebe zur Kunst und Kultur, die das Ehepaar Korutürk veranlasste, diesen Abend zu veranstalten. 14 Aus dem Interview mit Balkar Yekebaş vom 25. Mai. 2006 in Köln. 15 Am 20. Sept. 2009 nahm der Kulturminister Ertuğrul Günay von der Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (Adalet ve Kalkınma Partisi, AKP), an der jährlich wiederkehrenden Gedenkfeier am Grab Ruhi Sus teil und führte aus, dass auch er wie viele andere mit den Liedern Ruhi Sus groß geworden sei. Er beteuerte, dass wer mit den Türküs Ruhi Sus groß geworden sei, die Suche nach Demokratie nicht
6
Ruhi Sus Ideen von der Musik entsprachen zwar eine Zeit lang mit den
Vorstellungen Mustafa Kemal Atatürks von einer westlich inspirierten Musik, doch ihre
politischen Vorstellungen gingen bald auseinander.16 Spätere Regierungen sahen in Ruhi
Su eine ständige Gefahr. Was die Führung der Linken angeht, so hat sie seine
künstlerische Größe kaum verstanden. Für sie war Ruhi Su ein Sänger, dem man von
oben herab Anordnungen zur Agitation zukommen lassen wollte.17
Im Gegensatz dazu wurde Ruhi Su vom Volk geliebt. Er gewann geradezu den
Rang eines Symbols für den humanitären Fortschritt. Diese tiefe Liebe des Volkes zeigte
sich in bewegender Weise bei seinem Besuch Australiens im Jahre 1981, als türkische
Arbeiter ihn am Flughafen auf die Schultern hoben,
18
In der positiven Sicht auf die Menschen zeigt sich die soziale Einstellung Ruhi
Sus. Das Besondere ist weiterhin, dass Ruhi Su eine Brücke zwischen Volk und
Intellektuellen geschlagen hat. In diesem Zusammenhang ist die Erklärung der Sängerin
und Schriftstellerin Erendiz Atasü sehr bedeutsam: Ruhi Su war ein wichtiger Künstler
für die Entwicklung der türkischen Intellektuellen. Seit der Tanzimatzeit (1839-1876) war
das Schicksal der Intellektuellen durch ein „halbes Fremdsein“ im eigenen Land
und bei seinem Begräbnis 1985, als
zum ersten Mal nach dem Putsch von 1980 trotz des Verbotes von Massenansammlungen
Tausende von Menschen sich an den Grabfeierlichkeiten beteiligten. Ruhi Su selbst hat
jede Ideologisierung abgelehnt. Im Mittelpunkt seiner Weltanschauung standen die
Freiheit des Individuums und die Bewahrung seiner Würde.
aus seinem Herzen entfernen könne. Er könne nicht mit Toleranz und Liebe auf die Gegner der Demokratie und die Befürworter der Putschisten schauen. (http://www.tumgazeteler.com/?a=2253922.) Abgerufen am 12. März. 2010. Man wird den Worten des Ministers nicht allzuviel Glauben schenken, denn Ruhi Sus Lieder dürfen in den staatlichen Medien bis heute nicht gespielt werden. Indirekt stilisierte der Minister sich so zu einer Art Ruhi Su. Diese Stilisierung traf auf Widerspruch. Ali Sirmen, ein Kolumnist bei Cumhuriyet, wendet ein, dass es die Gegner einer demokratischen Aufklärung waren, die Ruhi Su angeklagt hätten. Das Volk habe Ruhi Su nicht nur wegen seiner Kunst, seiner Stimme und seiner Art des Singens in sein Herz geschlossen, sondern auch wegen seiner unerschütterlichen Persönlichkeit. Vgl. SİRMEN, Ali: Ertuğrul Günay biraz ayıp etmiş, Cumhuriyet (27. Sept. 2009). Ein weiteres Beispiel für die Doppelzüngigkeit der heutigen AKP- Regierung ist die Rede des stellvertretenden Ministerpräsidenten Bülent Arınç. Im Jahre 2005, bei der 90. Jahresfeier der Dardanellenschlacht, klagte er in einer Anwandlung von scheinheiligem Populismus: “Ach, wenn doch Ruhi Su jetzt hier wäre und uns das Klagelied ‚Çanakkale‘ singen würde!” Im Munde Ruhi Sus wäre die Wirkung des Liedes noch stärker gewesen. Man hätte Ruhi Su als Gast ins Parlament geladen, wo er mit der Saz in der Hand und mit seiner Baritonstimme dieses Lied gesungen hätte. Der Minister dürfte nicht an seine eigenen Worte geglaubt haben. Türkiye Büyük Millet Meclisi Basın Açıklamaları, TBMM Başkanı Bülent Arınç: Çanakkale Bir Destan, Hepimiz Bu Destanın Çocuklarıyız (22 Feb. 2005). Aus: http://www.tbmm.gov.tr. develop/owa/haber_portal.aciklama?p1=17964. Abgerufen am 5. Apr. 2009. Folgende Frage stellt sich ganz offensichtlich. Warum haben er und der Kulturminister nicht veranlasst, dass damals das Lied Çanakkale von Ruhi Su in den Medien ertönen durfte? 16 Siehe unten Kap. 4.2. 17 Siehe unten Kap. 2.6.2. 18 Siehe Television Program: The Musik of Ruhi Su, Cinetel Productions Sydney (28. - 29. Mai 1981).
7
bestimmt. Ein Intellektueller, der sich von seinem Volk und seiner Heimat getrennt hatte,
nahm übermäßige Anstrengungen auf sich, um wieder an seine Wurzeln anzuknüpfen.
Ruhi Su bereitete den Gedanken einer Vereinigung mit dem Volk mit vor. Er zeigte
ihnen, dass sie die Kinder und ein Stück des historischen Erbes dieses Landes sind; er
lehrte sie das wahre Nationalbewusstsein frei von Chauvinismus und Militarismus.19
Die Legitimation der Linken durch die neue Verfassung von 1961 änderte die Einstellung
der Intellektuellen gegenüber der Volkskultur. Ruhi Su spielte eine wichtige Rolle bei
diesem Wandel. Er machte die als feudales Kulturerbe mißachteten anonymen Lieder und
Lieder von Yunus Emre, Köroğlu, Pir Sultan Abdal, Karacaoğlan und Dadaloğlu, zu
einem Element im Kampf für Demokratie und Freiheit. Erst durch ihn, begann man diese
Volksdichter in einem neuen Licht zu sehen. Wenn man Ruhi Sus Perspektive genauer
betrachtet, stellt man fest, dass bei ihm das Weltliche in der Volkskultur einen eher noch
prägenderen Ort besitzt als das Mystische,
20
Für Ruhi Su war eine Vereinigung mit dem Volke nicht denkbar und praktizierbar
ohne das Konzept des İmece. Dieses Konzept beinhaltet gegenseitige Hilfe in der
Dorfgemeinschaft, jeder unterstützt nach seinen Fähigkeiten den Nachbarn, der diese
nicht hat oder nicht anwenden kann. Man erntete gemeinsam die Felder ab oder baute
gemeinsam einen Brunnen.
21
19 Nach ATASÜ, Erendiz: Ruhi Su için, Bilim ve Sanat (Nov.1985). In: DİNÇER, Mekin (Hrsg.): Ruhi Su’ya Saygı (1986): 244.
Es ist eine alte Tradition, welche durch die Gründung von
Dorfinstituten neues Leben gewann, indem der Staat zwar die Gründung anregte, das
Dorf jedoch beim Bau Hand anlegte. Ruhi Su hätte ohne İmece seitens seiner Freunde
kaum arbeiten können. Diese legten Geld zusammen, damit er die ersten kleinen
Schallplatten produzieren konnte. So wurde es zu einer charakteristischen lebenslangen
Geste der Dankbarkeit, dass Ruhi Su allen seinen Schallplatten die Bezeichnung İmece
gab. Außerdem praktizierte er İmece auf vielerlei Weise: dadurch dass er an
Dorfinstituten lehrte, Chöre bildete, musikalische Talente unterstützte und Auftritte für
sie organisierte.
20 Vgl. ERGÜN, Mehmet: Sanık Sandalyesi’ne Oturtulan Halk Kültürü ve Ruhi Su’nun Yazgısı, Berfin Bahar 139 (Sept. 2009): 11-12. Für diese Perspektive Ruhi Sus siehe auch unten Kap. 2.5.1, 6.7.5 und 6.7.6. 21 Zum Prinzip des İmece zwischen Dorfbewohnern und Dorfinstituten siehe unten Kap.4.5.
8
1.3
Die Bedeutung Ruhi Sus für andere Musikkünstler
Als Musikkünstler hatte und hat Ruhi Su noch heute eine prägende Kraft. In den
60er Jahren entwickelte er sich zu einem Vorbild für viele Künstler, weit über sein
unmittelbares Umfeld und seine Zeit hinaus. Man kann in der Tat von einer Schule Ruhi
Sus sprechen. Bis in die 80er Jahre ist diese in vielen Gruppen, speziell in den der linken
Szene nahestehenden, zu erkennen. Fortschrittlich denkende Liedersänger achteten seinen
Vortrag und seine Vertonung der Texte.22 Für Sümeyra, Rahmi Saltuk, Zülfü Livaneli,
Sadık Gürbüz, Tülay German und Esin Afşar war das Werk Ruhi Sus eine wichtige
Orientierung. Rahmi Saltuk berichtet, dass er als junger Mann Türküs gesungen habe,
ohne die eigene künstlerische Linie gefunden zu haben. Eines Tages sah er einen Film, in
dem ein Häftling Saz spielte und dazu Türküs sang. Dieser bewegte ihn sehr und brachte
ihn zu der Überzeugung, dass Türküs genau so gesungen werden müssten. Später erfuhr
er, dass dieser Häftling Ruhi Su war. Seine Bekanntschaft mit Ruhi Su habe viel zu
seinem künstlerischen Können beigetragen.23 Esin Afşar ist eine Künstlerin, die sich
zunächst der westlichen Musik verschrieben hatte. Sie sang ausschließlich englische,
französische und italienische Chansons. Auf Anraten Ruhi Sus, sie solle ihr Repertoire
durch Türküs erweitern, setzte sie sich mit Türküs auseinander und sang sie gelegentlich.
Sie entwickelte mehr und mehr Begeisterung, bis sie schließlich nur noch Türküs auf ihre
eigene Art sang.24 Der Verfasser von vielen Türküs, Märschen und Klageliedern, Mehmet
Koç, betont, dass ihm die Bekanntschaft mit Ruhi Su als Sprungbrett seiner
musikalischen Karriere diente.25 Es gibt heute noch Opernsänger, die Türküs singen, eine
Tradition, welche Ruhi Su begann. Solche Sänger nahmen auch an den Konzerten der
Ruhi Su-Kultur- und Kunststiftung in İstanbul26
Unter den vielen Künstlern war Sümeyra Çakır Ruhi Su allein kongenial. Sie
vermochte es, seine Vortragskunst fortzuführen. Ihren Kritikern, die sie der Nachahmung
beschuldigten, entgegnete sie, es sei für sie eine große Ehre, wie Ruhi Su zu singen,
und anderen Städten teil. Zu nennen sind
Tuncer Tezcan, Ömer Yılmaz und Ufuk Karakoç. Auch Hasan Yükselir, Mehmet Çapan
und Karabey Aydoğan, die keine Opernausbildung haben, singen Türküs auf die gleiche
Art wie Ruhi Su.
22 Nach GÜNDOĞAR, Sinan: Muhalif Müzik (2005): 109. 23 Vgl. SALTUK, Rahmi: Cumhuriyet (23 Nov.1982). In: DİNÇER, Mekin (Hrsg.): Ruhi Su’ya Saygı: 101. 24 Vgl. AFŞAR, Esin: Ruhi Su Ölmedi, Hey (26. Sept.1985). Ebd. 183. 25 Vgl. KIVANÇ Hüseyin: Interview mit Mehmet Koç (Juli 2003) Acılarını türküleriyle yoğuran ozan: Mehmet Koç. In: http://my.opera.com/Kalender/blog/show.dml/4305593. Abgerufen am 28. März 2010. 26 Siehe unten Kap. 3.1.
9
seinen Interpretationen zu folgen und seine Ideen weiterzutragen.27 Ein wichtiger Grund
der Kongenialität lag sicherlich darin, dass Sümeyra im Gegensatz zu anderen
Liedersängern eine westliche Ausbildung in Praxis und Theorie erhalten hatte. Später bat
sie Ruhi Su um Unterricht.28 Im „Chor der Freunde“ (Dostlar Korosu) war sie die einzige
Solistin und außerdem hatte sie nach Ruhi Su die zweite Lehrerstelle.29 Ruhi Su sagte
von ihr, es gebe nur eine Person, die seine Schule fortführe: Sümeyra. Andere hätten ihn
gemocht und nachgeahmt, auch heute noch.30
Sänger ohne musikalische Ausbildung waren für Ruhi Su lediglich Nachahmer
ohne Können und Originalität. Er setzte sich sehr dezidiert von ihnen durch vier
Forderungen ab. (1) Der Sänger des Türkü braucht eine Stimmausbildung und muss die
Regeln der Musik kennen. (2) Das Volk, in dem man lebt, soll man kennen und lieben.
(3) Die Umstände, unter denen Türküs entstanden sind und ihre Entstehungsweise sollen
ebenfalls dem Sänger bekannt sein. (4) Die Sprache der Türküs muss schließlich dem
Sänger bestens vertraut sein. Wenn diese Forderungen nicht erfüllt sind, wird einen zwar
niemand vom Singen abhalten, aber das Singen führt nicht weiter zu einem Fortschritt der
Kultur, sondern bleibt der Tradition verhaftet.
31
Ruhi Su nimmt eine Sonderstellung unter den Intellektuellen und Künstlern in der
Türkei ein.
32 Er wurde geschätzt, weil er seine Türküs, die im Volk entstanden waren, in
die städtische Kultur der Intellektuellen getragen hat. Er legte Wert auf die Nähe zum
einfachen Volk ohne sich ihm anzubiedern, sondern er war bestrebt, wie erwähnt, die
ursprüngliche Musikkultur zu suchen und weiterzuentwickeln. Auf keinen Fall
beabsichtigte er eine Geringschätzung der Volkssänger.33
27 Vgl. ÇAKIR, Sümeyra im Gespräch mit CANPOLAT, Mehmet: Milliyet Sanat (Jan. 1988).
Seine demokratische
Gesinnung, aus der seine Lieder flossen, zeigte sich darin, dass er sich nicht vor die
Menschen stellte, um ihnen ihre Verhaltensweisen und ihr Tun vorzuschreiben.
28 Hüseyin Erdem, der Schriftsteller und freier Redakteur beim WDR Köln ist, machte in İstanbul in den 60er Jahren Sümeyra mit Ruhi Su bekannt. 29 Sümeyra Çakır musste nach dem Militärputsch 1980 in Deutschland Zuflucht suchen, woraufhin sie ausgebürgert wurde. Sie starb 1990 im Exil. 30 WDR 4, Vom Bosporus bis Gibraltar : Ruhi Su singt und erzählt (l. Juli 1985). Redakteur: Hüseyin Erdem. 31SU, Ruhi im Gespräch: Ruhi Su ile Söyleşi, Robert College, The Bosphoros Chronicle XXIII, 5. (Apr.-Mai 1978). In: Ezgili Yürek (1985): 124. 32 Diese Sonderstellung Ruhi Sus betont auch Ali Haydar Timisi in seiner im Internet, http://www.timisi. com/ruhisu.asp, veröffentlichten Abschlussarbeit „Ruhi Su, Hayatı-Eserleri-Sanatçı Kişiliği”, İstanbul Teknik Üniversitesi Türk Musikisi Devlet Konservatuvarı, Temel Bilimler Bölümü, Türk Halk Müziği Ana Sanat Dalı, Bitirme Çalışması, İstanbul (2003). 33 SU, Ruhi im Gespräch mit SÜMER, Seçkin: Ruhi Su ile Söyleşi, Politika (4. Nov. 1976). In: Ezgili Yürek (1985): 118.
10
1.4
Die türkische Geschichte zu Anfang des 20. Jahrhunderts als Thema bei Ruhi Su
Zunächst geht es um die letzten Jahre des Osmanischen Reiches und den
Befreiungskampf, freilich nur insofern sie Themen von Ruhi Sus eigenen Liedern,
Volksliedern und von ihm vertonten Gedichten Nâzım Hikmets sind.
Der Jemen war seit Jahrhunderten ein Symbol dafür, dass Soldaten in Kriege
zogen und nicht wieder kamen. Dies hatte zu tun mit der osmanischen Politik der
Expansion und Ausbeutung in dieser Region, welche immer wieder zu Erhebungen der
einheimischen Bevölkerung führte, die mit militärischer Gewalt niedergeschlagen
wurden.34 Ruhi Su hat die volkstümlichen Klagelieder über den Jemen (Yemen Türküleri
I-II-III) bearbeitet. 35
Bei Sarıkamış gingen die Soldaten unter der rücksichtlosen Führung Enver Paşas
in eine logistische Katastrophe. Das Volk klagte Enver Paşa in dem Lied Sarıkamış
(Sarıkamış) an, und Ruhi Su thematisierte und teilte diese Anklage.
Am Ende des Ersten Balkankrieges (1912), den Serbien, Bulgarien
und Griechenland den Osmanen erklärt hatten, musste das Osmanische Reich wichtige
Metropolen wie Thessaloniki und Edirne aufgeben. Das Reich ging zu geschwächt aus
den Balkankriegen hervor, als dass es weitere Kriege führen konnte. Dennoch trat 1914
das Osmanische Reich an der Seite des Deutschen Kaiserreichs in den Ersten Weltkrieg
ein.
36 Unter den
militärischen Befehlshabern gilt Mustafa Kemal als ein anfänglich entschiedener
Kriegsgegner. Es war jedoch die Schlacht an der strategisch wichtigen Meerenge der
Dardanellen (1915), welche Mustafa Kemal militärischen Ruhm bringen sollte. Er führte
seine Truppen zu einem ebenso blutigen wie siegreichen Kampf gegen eine englisch-
französische Invasionsarmee.37 Dieses Ereignis bewegte Ruhi Su dazu, dem äußerst
populär gewordenen „Klagelied Çanakkale“ (Çanakkale Ağıdı)38
Drei große Katastrophen führten zum Zerfall des osmanischen Reiches: Die erste
war der Krieg gegen die Russen im Jahre 1877. Nach der Niederlage verlor das
Osmanische Reich von Plevne (Bulgarien) bis zur Donau den Großteil der Gebiete in
einen neuen und
tieferen Sinn des Soldatentodes und eine angemessen ernste Vortragsweise zu geben.
34 Vgl. SIRMA, İhsan Süreyya im Gespräch mit Aynur ERDOĞAN über die Geschichte des Jemens. In: http://www.nurcenneti.com/forum/roportajlar/prof-dr-ihsan-sureyya-sirma-ile-yemen-tarihi-t2225.html. Abgerufen 3.2.2012 sowie OTYAM, Fikret: Adı Yemendir (1981). 35 Vgl. unten Kap. 9.7.4; 9.7.5 und 9.7.6. 36 Vgl. unten Kap. 9.1.2. 37 STEINBACH, Udo: Geschichte der Türkei (2000): 23. 38 Vgl. unten Kap. 9.1.1.
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Thrakien. Millionen flohen vom Balkan und Kaukasus hungrig und ohne jede Habe nach
İstanbul und Umgebung. Die zweite Katastrophe war der Balkan-Krieg von 1912, in der
das Reich nunmehr alle Gebiete in Balkan verlor und die Menschen erneut flüchten
mussten. Die dritte und schwerste war der Erste Weltkrieg,39 in dem weite Teile des
osmanischen Territoriums von den Siegermächten besetzt wurden. Es folgte der
Befreiungskampf von 1919 bis 1922 gegen Griechenland. Ihren poetischen Niederschlag
fand die Befreiuung in mehreren bedeutenden Gedichten Nâzım Hikmets, die Ruhi Su
vertonte, und die an anderer Stelle dieser Studie ausführlicher behandelt werden. Dem
Titel nach seien angeführt: „Unsere Frauen” (Kadınlarımız),40 „Die schwarze Schlange”
(Karayılan),41 „Die große Offensive” (Büyük Taarruz),42 „Das Lied des Reiters”
(Süvarinin Türküsü).43 Das Gedicht Ruhi Sus „Die Mobilmachung” (Seferberlik)44
39 Vgl. KURAT, Akdes Nimet: Türkiye ve Rusya (1990): 576-577. In: AKYOL,Taha: Ama Hangi Atatürk (2008): 13.
gehört
ebenfalls in diesen thematischen Kontext.
40 Vgl. unten Kap. 9.1.3. 41 Vgl. unten Kap. 9.1.4. 42 Vgl. unten Kap. 9.1.5. 43 Vgl. unten Kap. 6.7.1. 44 Vgl. unten Kap. 10.1.1