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Fokale kortikale Dysplasien: Neuroradiologische Befunde und Differenzialdiagnosen K. Kirchhof 1 I. Harting 1 T. Bast 2 A. Seitz 1 Focal Cortical Dysplasias: Neuroradiological Findings and Differential Diagnosis Institutsangaben 1 Abteilung Neuroradiologie, Neurologische Klinik, UniversitȨtsklinikum Heidelberg 2 Kinderklinik, UniversitȨtsklinikum Heidelberg Korrespondenzadresse Dr. med. K. Kirchhof · Abteilung Neuroradiologie, Neurologische Klinik, UniversitȨtsklinikum Heidelberg · Im Neuenheimer Feld 400 · 69120 Heidelberg · Tel.: + 49-6221-567566 · Fax: + 49-6221-563072 Bibliografie Fortschr RɆntgenstr 2003; 175: 1056–1063 · # Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 1438–9029 Zusammenfassung Einleitung: Wir beschreiben MR-tomographische Befunde bei 4 derzeit bekannten Formen der fokalen kortikalen Dysplasie (FKD) und vergleichen sie mit den in der Literatur beschriebenen Merkmalen. Methode: Berɒcksichtigt wurden 8 Patienten mit zerebralen AnfȨllen und der MR-tomographischen Diagnose ei- ner FKD, die bei zwei Patienten histologisch gesichert wurde. Er- gebnisse: Der dysplastische Kortex war bei allen Patienten ver- dickt. Er hatte in der T 2 - und FLAIR-Gewichtung ein hyperinten- ses und in der T 1 -Gewichtung ein uneinheitliches Signal. Das Marklager hatte in der T 2 - und FLAIR-Gewichtung ein iso- oder hyperintenses und in der T 1 -Gewichtung ein iso- oder hypoin- tenses Signal. Die Rinden-Mark-Grenze war bei 5 Patienten un- scharf. Bei einem Patienten zeigte die FKD eine GefȨßprolifera- tion. Bei 6 Patienten diagnostizierten wir eine FKD Typ I oder II und bei jeweils einem Patienten eine FKD vom transmedullȨren Typ und eine FKD mit kapillȨrer Proliferation. Diskussion: Die Verdickung des Kortex und seine Signalsteigerung in der T 2 - und FLAIR-Gewichtung sind zuverlȨssigere Zeichen einer FKD als die UnschȨrfe der Rinden-Mark-Grenze und das Signal in der T 1 -Gewichtung. Eine FKD mit glialer Proliferation kann anhand der fɒr sie typischen GefȨßproliferationen auch MR-tomogra- phisch erkannt werden. HirnɆdeme, Verkalkungen oder patholo- gische Kontrastmittelanreicherungen wurden bei der FKD bisher nicht gefunden. Abstract Purpose: To describe MRI findings of four types of focal cortical dysplasia (FCD) and compare them with diagnostic criteria re- ported in the literature. Material and Methods: This study in- cludes eight patients with seizures in whom cranial MRI diag- nosed an FCD, with histologic confirmation in two patients. Re- sults: In all patients, the dysplastic cortex was thickened. Its sig- nal was hyperintense on T 2 -weighted and FLAIR images, but vari- able on T 1 -weighted images. Blurring of the corticomedullary junction was present in 5 patients. In one patient, MRI demon- strated vascular proliferation within the FCD. Type l or II FCD was diagnosed in six patients, and transmantle FCD and type IV FCD with capillary proliferation in one patient each. Discussion: Thickening and hyperintensity of the cortex on T 2 -weighted and FLAIR images are more reliable signs of FCD than blurring of the gray matter-white matter junction and signal changes on T 1 - weighted images. Typical vascular proliferation may be detect- able with MRI and suggests the diagnosis of FCD with glial pro- liferation. Edema, calcification, or pathologic contrast enhance- ment has not been observed in FCD to date. Key words MRI · focal cortical dysplasia · cortical thickening · capillary pro- liferation Neuroradiologie 1056

1 FokalekortikaleDysplasien:Neuroradiologische ... · Ergebnisse Die klinischen Daten werden inTab.2, die MR-tomographischen Befunde in Tab.3zusammengefasst. Die dysplastischen kortika-len

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Fokale kortikale Dysplasien: NeuroradiologischeBefunde und Differenzialdiagnosen

K. Kirchhof1

I. Harting1

T. Bast2

A. Seitz1

Focal Cortical Dysplasias: Neuroradiological Findings and Differential Diagnosis

Institutsangaben1 Abteilung Neuroradiologie, Neurologische Klinik, Universit�tsklinikum Heidelberg2 Kinderklinik, Universit�tsklinikum Heidelberg

KorrespondenzadresseDr. med. K. Kirchhof · Abteilung Neuroradiologie, Neurologische Klinik, Universit�tsklinikum Heidelberg ·Im Neuenheimer Feld 400 · 69120 Heidelberg · Tel.: + 49-6221-567566 · Fax: + 49-6221-563072

BibliografieFortschr R/ntgenstr 2003; 175: 1056–1063 · 2 Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York · ISSN 1438–9029

Zusammenfassung

Einleitung: Wir beschreiben MR-tomographische Befunde bei 4derzeit bekannten Formen der fokalen kortikalen Dysplasie(FKD) und vergleichen sie mit den in der Literatur beschriebenenMerkmalen. Methode: BerBcksichtigt wurden 8 Patienten mitzerebralen Anf�llen und der MR-tomographischen Diagnose ei-ner FKD, die bei zwei Patienten histologisch gesichert wurde. Er-gebnisse: Der dysplastische Kortex war bei allen Patienten ver-dickt. Er hatte in der T2- und FLAIR-Gewichtung ein hyperinten-ses und in der T1-Gewichtung ein uneinheitliches Signal. DasMarklager hatte in der T2- und FLAIR-Gewichtung ein iso- oderhyperintenses und in der T1-Gewichtung ein iso- oder hypoin-tenses Signal. Die Rinden-Mark-Grenze war bei 5 Patienten un-scharf. Bei einem Patienten zeigte die FKD eine Gef�ßprolifera-tion. Bei 6 Patienten diagnostizierten wir eine FKD Typ I oder IIund bei jeweils einem Patienten eine FKD vom transmedull�renTyp und eine FKD mit kapill�rer Proliferation. Diskussion: DieVerdickung des Kortex und seine Signalsteigerung in der T2-und FLAIR-Gewichtung sind zuverl�ssigere Zeichen einer FKDals die Unsch�rfe der Rinden-Mark-Grenze und das Signal in derT1-Gewichtung. Eine FKD mit glialer Proliferation kann anhandder fBr sie typischen Gef�ßproliferationen auch MR-tomogra-phisch erkannt werden. Hirn/deme, Verkalkungen oder patholo-gische Kontrastmittelanreicherungen wurden bei der FKD bishernicht gefunden.

Abstract

Purpose: To describe MRI findings of four types of focal corticaldysplasia (FCD) and compare them with diagnostic criteria re-ported in the literature. Material and Methods: This study in-cludes eight patients with seizures in whom cranial MRI diag-nosed an FCD, with histologic confirmation in two patients. Re-sults: In all patients, the dysplastic cortex was thickened. Its sig-nal was hyperintense on T2-weighted and FLAIR images, but vari-able on T1-weighted images. Blurring of the corticomedullaryjunction was present in 5 patients. In one patient, MRI demon-strated vascular proliferation within the FCD. Type l or II FCDwas diagnosed in six patients, and transmantle FCD and type IVFCD with capillary proliferation in one patient each. Discussion:Thickening and hyperintensity of the cortex on T2-weighted andFLAIR images are more reliable signs of FCD than blurring of thegray matter-white matter junction and signal changes on T1-weighted images. Typical vascular proliferation may be detect-able with MRI and suggests the diagnosis of FCD with glial pro-liferation. Edema, calcification, or pathologic contrast enhance-ment has not been observed in FCD to date.

Key wordsMRI · focal cortical dysplasia · cortical thickening · capillary pro-liferation

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Einleitung

Das Krankheitsbild der fokalen kortikalen Dysplasie (FKD) wurdeerstmals 1971 von Taylor et al. als umschriebene St/rung des6-schichtigen Aufbaus des zerebralen Isokortex in Verbindungmit bizarr geformten, großkernigen Neuronen beschrieben [1].

Nach heutigem Verst�ndnis umfasst der Begriff der FKD ein brei-tes Spektrum verschiedener Anlagest/rungen des Isokortex, dievon geringgradigen Auff�lligkeiten der kortikalen Schichtungbis hin zu schweren kortikalen Fehlbildungen mit atypischenZellen reichen und auch das angrenzende Marklager betreffenk/nnen. Je nach verwendeter Klassifikation unterscheidet manderzeit 4 oder 5 Typen der FKD: Nach Kuzniecky et al. [2] ist dieFKD Typ I durch eine unvollst�ndige kortikale Schichtung ohneatypische Zellen gekennzeichnet. Sie wird auch „architektoni-sche“ Dysplasie (AD) genannt [3]. Bei der FKD Typ II oder der „zy-toarchitektonischen“ Dysplasie (CD) [3] liegt eine schwere Struk-turst/rung des Kortex mit neuronaler Zytomegalie und Riesen-zellen vor. Die von Barkovich et al. [4] beschriebene „transmantledysplasia“ bezeichnen wir als transmedull�re kortikale Dysplasie(FKD Typ III). Sie erstreckt sich vom Dach des Seitenventrikels biszum Kortex und weist neben einer gest/rten kortikalen Schich-tung Riesenzellen und eine neuronale Zytomegalie auf. Bei dervierten Untergruppe (FKD Typ IV) [5] erinnern hyperzellul�reRegionen mit monomorpher glialer Proliferation an ein Gliom,auch wenn sie von einer proliferativen St/rung im eigentlichenSinne unterschieden werden mBssen.

Neben der gest/rten kortikalen Schichtung geh/ren dysmorpheNeurone mit Kernatypien, glialer Zellreichtum in Marklager undHirnrinde und kapill�re Proliferationen zu den histologischenMerkmalen. Eine neuronale Proliferation ist mit der Diagnose ei-ner FKD nicht vereinbar. Bei allen Formen der FKD findet maneine unterschiedlich stark ausgepr�gte Beteiligung des angren-zenden Marklagers durch ektope Neurone, verminderte Myelini-sierung und reaktive Gliose. Tassi et al. fassen kortikale Dyspla-sien mit ektopen Neuronen zur Gruppe der Taylor-Typ-FKD(TFCD) zusammen, wenn gleichzeitig dysmorphe Neurone undeine neuronale Zytomegalie nachweisbar sind [3]. Bei bis zu87% der Patienten besteht eine Koinzidenz von FKD und tempo-raler mesialer Sklerose [6]. Umgekehrt wird bei 15% der Patien-ten mit einer mesialen temporalen Sklerose eine FKD gefunden.Die FKD ist in 60–80% der F�lle auf einzelne Gyri beschr�nkt,wobei meist der Gyrus temporalis medius oder inferior betroffenist. Eine ausgedehntere Beteiligung des Temporallappens unddysplastische Herde im Frontal- oder Okzipitallappen sind weni-ger h�ufig [6,7]. Klinisch �ußert sich die FKD ab dem ersten oderzweiten Lebensjahrzehnt mit sp�ter therapierefrakt�ren zereb-ralen Anf�llen, die oft nur durch einen epilepsiechirurgischenEingriff kontrolliert werden k/nnen. Solche Eingriffe fBhren je-doch nur dann zum Erfolg, wenn keine dysplastischen HerdeBbersehen werden. Daher muss insbesondere bei jungen Epilep-siepatienten gezielt nach einer FKD gesucht werden, auch wennandere epileptogene Foci wie zum Beispiel eine temporale me-siale Sklerose bereits bekannt sind. Der kranialen Magnetreso-nanztomographie (MRT) f�llt dabei eine SchlBsselrolle zu. Wei-ter ist die MRT bei der Abgrenzung kortikaler Dysplasien vonMigrationsst/rungen und Hirntumoren hilfreich. Nachfolgendsollen typische magnetresonanz(MR)-tomographische Befunde

der unterschiedlichen kortikalen Dysplasien demonstriert undmit den in der Literatur beschriebenen Befunden verglichen wer-den.

Patienten und Methode

In die Studie wurden 8 Patienten im Alter von 5–16 Jahren (dreim�nnlich, 5 weiblich, Durchschnittsalter 11 Jahre) eingeschlos-sen, die uns innerhalb von 14 Monaten wegen zerebraler Anf�llezur weiterfBhrenden Diagnostik zugewiesen worden waren undbei denen wir mit der kranialen MRT eine FKD diagnostizierten.Bei 6 Kindern wurde die MRT an einem Gyroscan (Philips Medi-cal Systems, Hamburg, Germany) mit einer Feldst�rke von 0,5 Tund bei zwei Jugendlichen an einem Edge (Philips Medical Sys-tems, Hamburg, Germany) mit einer Feldst�rke von 1,5 T durch-gefBhrt. Die verwendeten Sequenzen zeigt Tab.1. Es handelt sichdabei um ein Standardprotokoll fBr die Untersuchung von Epi-lepsie-Patienten, bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriffzur Diskussion steht. Mit axialen T2- und T1-gewichteten Aufnah-men, Schichtdicke 6 mm, wurde das gesamte Gehirn abgebildet.Koronare T2-FLAIR- und T1-gewichtete Aufnahmen, Schichtdicke2,5 mm, dienten zur Beurteilung der Hippocampi. Bei kortikalenVer�nderungen außerhalb der Temporallappen wurden diese Se-quenzen doppelt verwendet. Die T2- und T1-gewichteten 3D-Se-quenzen waren fBr die genaue Beurteilung des Kortex, der Rin-den-Mark-Grenze und des subkortikalen Marklagers erforder-lich. Weiter erm/glichten sie multiplanare Rekonstruktionenvor epilepsiechirurgischen Eingriffen. Bei 6 Patienten wurdenzus�tzlich T1-gewichtete SE-Sequenzen vor und nach Gabe von0,2 ml Gd DTPA/kg K/rpergewicht durchgefBhrt. Bei 7 Patientenwurde ein Oberfl�chen-EEG abgeleitet. Nach einem epilepsiechi-rurgischen Eingriff wurde bei Patient 6 das Resektat histologischuntersucht. Bei Patient 8 wurde zur Sicherung der Diagnose eineBiopsie durchgefBhrt.

Tab. 1 Untersuchungsprotokoll am Gyroscan 0,5 T (oben) und amEdge 1,5 T (unten). Bei den T2-gewichteten axialen Aufnah-men wurde die TR dem Alter der Kinder angepasst

Sequenz Echozeit

(TE)(ms)

Inversions-zeit(IR)(ms)

Repetitions-zeit(TR)(ms)

Akquisi-tionen

Schicht-dicke(mm)

T2 SE axial 90 2203–2340 1 6

3D T2 TSE koronar 120 3000 1 0,9

T2 FLAIR koronar 100 1900 5000 1 2,5

T1 IR axial 25 400 1492 1 6

T1 IR koronar 25 400 1492 1 2,5

3D T1 GE sagittal 13 28 1 1,0

T2 SE axial 90 2366 1 6

T2 TSE koronar 96 3583 5 2

T2 FLAIR koronar 96 1800 6592 2 2,5

T1 IR axial 16 800 6071 1 6

T1 IR koronar 16 800 6071 1 2,5

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Ergebnisse

Die klinischen Daten werden in Tab. 2, die MR-tomographischenBefunde in Tab. 3 zusammengefasst. Die dysplastischen kortika-len Areale wurden bei jeweils zwei Patienten rechts parietal undlinks temporal gefunden. Bei jeweils einem Patienten war dieFKD links zentral, parietal oder parietookzipital sowie rechtstemporal gelegen. Der dysplastische Kortex war bei allen Patien-ten zumindest teilweise verdickt und hatte in den T2- und FLAIR-Sequenzen ein im Vergleich zum Bbrigen Rindenband hyperin-tenses Signal (Abb.1 a und b, Abb. 2 a und b, Abb. 3 a und b,Abb. 4 a und b). In den T1-gewichteten SE-Aufnahmen war dasSignal der FKD bei 5 Patienten isointens im Vergleich zum gesun-den Kortex, bei zwei Patienten hypointens (Abb. 4 c) und bei ei-nem hyperintens. In den T1-gewichteten IR-Aufnahmen war dasSignal der FKD bei drei Patienten isointens, bei zwei Patientenhyper- (Abb. 2 c, Abb. 3 c) und bei drei Patienten hypointens(Abb.1c). Eine Gyrierungsst/rung im Sinne einer Polymikro-

oder Pachygyrie wurde bei keinem der Patienten gefunden. DieRinden-Mark-Grenze war bei 5 Patienten unscharf (Abb.1 a undb, Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4 a). Bei 4 Patienten wies das an die Dys-plasie angrenzende Marklager eine Signalsteigerung in der T2-und FLAIR-Gewichtung auf (Abb. 2 a und b, Abb. 3 a und b). Beieinem dieser Patienten war das Marklager in den T1-gewichtetenSE- und IR-Aufnahmen hypointens (Abb. 2 c), bei einem anderennur in der IR-Sequenz (Abb. 3 c). Bei Patient 7 erstreckte sich derbetroffene Abschnitt des Marklagers vom Seitenventrikel biszum Kortex und verbreiterte sich nach peripher f�cherf/rmig(Abb. 3). Das Marklager der Bbrigen 4 Patienten hatte in allen Se-quenzen ein regelrechtes Signal. Bei Patient 8 wies die FKD meh-rere Gef�ße mit einem kr�ftigen Flusssignal auf (Abb. 4 a), mit ei-ner Biopsie wurden kapill�re Proliferationen nachgewiesen. Beieinem der beiden Patienten mit links temporaler FKD wurde zu-s�tzlich eine ipsilaterale temporale mesiale Sklerose gefunden.Ein Hirn/dem oder eine pathologische Kontrastmittelanreiche-rung lagen bei keinem Patienten vor.

Abb. 1 Patient 1, fokale kortikale Dysplasie links parietal (Pfeil). DerKortex ist verdickt und hat in der T2- und FLAIR-Gewichtung ein hyper-intenses Signal (a, b) mit einem iso- bis hypointensen Korrelat in derT1-gewichteten IR-Sequenz (c). Die Gyrierung ist nicht gest1rt. Teilwei-

se unscharfe Rinden-Mark-Grenze (Pfeilspitze). Regelrechtes Signal desangrenzenden Marklagers in der T2-Gewichtung (a), w3hrend dieFLAIR-Gewichtung eine Signalsteigerung erkennen l3sst (b). Wir diag-nostizierten eine FKD Typ I, differenzialdiagnostisch eine FKD Typ II.

Tab. 2 5bersicht 6ber Alter und Geschlecht der Patienten, 6ber Beginn und Typ der Epilepsie und 6ber die Lokalisation der Befunde in EEGund MRT. Bei Patient 2 lagen uns keine n3heren Angaben zur Epilepsie vor

Patientennum-mer/Geschlecht

Alter(Jahre)

Beginn derEpilepsie (Jahre)

Anfallsmuster EEG Lokalisation MRT

1/m 6 6 komplex-fokale Anf(lle Verlangsamungsherd linksparietookzipital

links parietal

2/w 5 rechts parietal

3/m 13 4 komplex-fokale Anf(lle Verlangsamungsherd links temporal,sharp waves links frontotemporal

links temporal

4/w 13 12,5 komplex-fokale Anf(lle Verlangsamungsherd rechts temporal rechts temporal

5/m 5 5 komplex-fokale Anf(lle, ein Grand Mal EEG unauff(llig links temporal

6/w 16 2 komplex-fokale, teilweisegeneralisierte Anf(lle

Spikes und Polyspikes links parieto-okzipital

links parietookzipital

7/w 16 7 einfach-fokale Anf(lle Spike waves rechts zentroparietal rechts parietal

8/w 13 13 einfach-fokale Anf(lle Verlangsamungsherd links parietal links zentral

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Bei den Patienten 1–3 kann aufgrund der in Tab. 3 zusammenge-fassten MR-tomographischen Befunde nicht zwischen einer FKDTyp I und Typ II unterschieden werden (Abb.1). Bei den Patienten4–6 diagnostizierten wir wegen der Signalsteigerung des betei-ligten Marklagers in der T2- und FLAIR-Gewichtung eine FKD TypII (Abb. 2). Bei Patient 6 ergab die Histologie eine FKD Typ II mitneuronaler Zytomegalie und mit Riesenzellen. Patient 7 zeigtden fBr eine FKD Typ III pathognomonischen Befund (Abb. 3).Bei Patient 8 machen der MR-tomographische Befund und diebioptisch gesicherte kapill�re Proliferation eine FKD Typ IVwahrscheinlich (Abb. 4).

Diskussion

Pathogenese der FKDDie Pathogenese der FKD konnte bisher nicht abschließend ge-kl�rt werden. Einig ist man sich darin, dass der FKD eine St/rungder letzten Phase der Hirnentwicklung mit Beeintr�chtigung deram Aufbau der Hirnrinde beteiligten Zellen zugrunde liegt [6].Sicher ist auch, dass die FKD trotz der im angrenzenden Markla-ger vorkommenden ektopen Neurone von der Gruppe der Migra-tionsst/rungen im eigentlichen Sinne unterschieden werdenmuss: Heterotopien weisen im Gegensatz zur FKD eine scharfeRinden-Mark-Grenze und keine atypischen Zellen auf [4]. Außer-

Abb. 2 Patient 6, fokale kortikale Dysplasie links parietookzipital(Pfeil). Der dysplastische Kortex ist verdickt und hat in der T2- (a) undIR T1-Gewichtung (c) ein hyperintenses Signal im Vergleich zum gesun-den Kortex. Die Gyrierung ist nicht gest1rt. Die Rinden-Mark-Grenze ist

unscharf. Das abh3ngige Marklager ist schm3chtig und daher nurschwer zu beurteilen. Es hat in der T2- und FLAIR-Gewichtung (b) einhyperintenses Signal mit hypointensem Korrelat in der T1-Gewichtung(Pfeilspitze). Wir diagnostizierten eine FKD Typ II.

Abb. 3 Patient 7, kegelf1rmig konfigurierte fokale kortikale Dysplasierechts parietal (Pfeilspitzen). Der dysplastische Kortex hat in der T2- (a),FLAIR- (b) und IR T1-Gewichtung (c) ein hyperintenses Signal. Die Gyrie-rung ist nicht gest1rt. Die Rinden-Mark-Grenze ist unscharf. Das betrof-

fene Marklager hat in der T2- und FLAIR-Gewichtung ein inhomogen hy-perintenses Signal und reicht bis an den Seitenventrikel heran (Pfeil).Wir diagnostizierten ein FKD Typ III mit eher milder Auspr3gung.

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dem liegt bei der FKD keine Gyrierungsst/rung im Sinne einerPolymikro- oder Pachygyrie vor, auch wenn die Zahl der Sulcivermindert sein kann [6,7]. Die verschiedenen Typen und Aus-pr�gungen kortikaler Dysplasien deuten darauf hin, dass sie zuunterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb der letzten Phase derHirnentwicklung verursacht werden. Die Riesenzellen, die beider FKD Typ II und III vorkommen, weisen auf eine St/rung derStammzelldifferenzierung der germinativen Matrix hin, also aufeine St/rung der Neuro- und Gliogenese w�hrend der erstenH�lfte der Gestation. DarBber hinaus spricht die transmedull�reAusdehnung der FKD Typ III fBr eine Beeintr�chtigung der neuro-glialen Einheit, innerhalb derer sich die Stammzellen differen-zieren und entlang der Gliazellen radi�r auswandern, um sichschließlich zum Kortex zu organisieren [4]. Nimmt man wegender h�ufigen Koinzidenz von FKD und mesialer temporaler Skle-rose eine gemeinsame Pathogenese an, so kann es sich dabei nurum eine frBhe St/rung der germinativen Matrix handeln, denn

Tab. 3 5berblick 6ber die MR-tomographischen Befunde und die jeweils diagnostizierte Form der fokalen kortikalen Dysplasie (FKD). Bei un-auff3lligem Signal des Marklagers kann zwischen einer FKD Typ I und Typ II MR-tomographisch nicht unterschieden werden. Die Di-agnose der FKD Typ IV wurde histologisch gesichert

Patient 1 2 3 4 5 6 7 8

Lokalisation parietallinks

parietalrechts

temporallinks

temporalrechts

temporallinks

parietookzipitallinks

parietalrechts

zentrallinks

Kortex: T2 T2 › T2 › T2 › T2 › T2 › T2 › T2 › T2 ›T1 SE/T1 IR SE/IR fl normal normal normal IR fl SE/IR › IR› SE/IR flMarklager: T2 normal normal normal T2› T2› T2› T2› normal

T1 SE/T1 IR normal normal normal normal normal SE/IR fl IR fl normal

Rinden-Mark-Grenze unscharf – – + + + + + –

Kortex verdickt + + + + + + + +

Polymikro- oder Pachygyrie – – – – – – – –

Myelinisierung vollst(ndig + + + + + + + +

7dem – – – – – – – –

Kontrastmittelanreicherung n.u. – – – – – n.u. –

Sonstige Befunde – – – – temporalemesialeSklerose

– – zahlreicheGef(ße

FKD Typ I/II I/II I/II II II II III IV

Abb. 4 Patient 8, fokale kortikale Dysplasie links zentral (Pfeil). DerKortex ist stark verdickt und hat in den T2- (a) und FLAIR-gewichtetenSequenzen (b) ein inhomogen hyperintenses Signal mit iso- bis hypoin-tensem Korrelat in der T1-Gewichtung (c). Keine pathologische Kon-

trastmittelanreicherung (c). Die Dysplasie weist eine erh1hte Zahl anGef3ßen auf, die in der T2-Gewichtung an ihrem Flusssignal zu erken-nen sind (Pfeilspitzen). Eine Biopsie zeigte die f6r eine FKD Typ IV typi-schen kapill3ren Proliferationen.

Tab. 4 Gegen6berstellung der in der Literatur beschriebenen MR-tomographischen Befunde bei fokalen kortikalen Dyspla-sien und der von uns gefundenen Merkmale

Befunde nach Literatur Eigene Befunde

Kortex verdickt bei allen Patienten

Kortex in T2-/FLAIR-Gewichtunghyperintens

bei allen Patienten

keine Kontrastmittelanreicherung bei allen Patienten

Rinden-Mark-Grenze unscharf bei 5 von 8 Patienten

Kortex in T1 SE isointens(Typ I, II u. IV)

bei 3 von 7 Patienten hypo- oderhyperintens

keine Angaben zu T1 IR(Typ I, II u. IV)

in T1 IR bei 4 von 7 Patienten hypo-oder hyperintens

Kortex in T1 SE hypointens (Typ III) bei 1 Patienten isointens

keine Angaben zu T1 IR (Typ III) in T1 IR bei 1 Patienten hyperintens

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der Hippokampus entsteht aus dem Archikortex, w�hrend sichdie von der FKD betroffenen Rindenabschnitte aus dem Neokor-tex entwickeln [6]. Eine St/rung, die zu einer kortikalen Dyspla-sie Typ I fBhrt, wBrde wahrscheinlich erst kurz vor Abschluss derneuronalen Migration einsetzen und dBrfte nur die distalen En-den der radi�ren Fasern der o.g. neuroglialen Einheit betreffen[8].

Klinische Bedeutung der FKDEine zentrale Rolle spielt die FKD bei der Diagnostik und Thera-pie von Epilepsieleiden. Bei etwa 10% der Patienten mit therapie-refrakt�rer Temporallappenepilepsie wurden kortikale Dyspla-sien in den Resektaten nach epilepsiechirurgischen Eingriffengefunden [6]. Bei Patienten mit einer Koinzidenz von FKD undmesialer temporaler Sklerose wiesen Rush et al. [9] im EEG voneinander unabh�ngige epileptische Herde nach. In einer Studievon Fish et al. [10] lagen 18% der epileptogenen Herde außerhalbdes Hippokampus. Patienten mit extrahippokampaler FKD wer-den nach Temporallappenteilexstirpation seltener anfallsfrei alsbei alleiniger mesialer temporaler Sklerose [6,11]. Damit hat derNachweis kortikaler Dysplasien unmittelbaren Einfluss auf diePlanung epilepsiechirurgischer Eingriffe [12]. Aufgrund der h�u-figen Koinzidenz von mesialer temporaler Sklerose und fokalerkortikaler Dysplasie außerhalb mesialer Temporallappenstruk-turen sollte bei Patienten mit zerebralen Anf�llen auch bei nach-gewiesener mesialer Sklerose immer nach einer zus�tzlichenkortikalen Dysplasie gefahndet werden. Dabei muss besondersdie Zentralregion nach kortikalen Dysplasien abgesucht werden,denn nach Kuzniecky et al. [2] liegen dort 46% der extratempora-len kortikalen Dysplasien. Jeweils 40% der kortikalen Dysplasiensind bilateral bzw. kontralateral und 20% ipsilateral zur mesialentemporalen Sklerose gelegen [12].

MR-tomographische Befunde und DifferenzialdiagnosenTab. 4 stellt die in der Literatur als typisch beschriebenen MR-to-mographischen Befunde bei FKD den Befunden unserer Patien-ten gegenBber. In den DE- und FLAIR-Sequenzen wird ein im Ver-gleich zum gesunden Kortex hyperintenses Signal mit isointen-sem Korrelat in den T1-gewichteten SE- und GRE-Sequenzen be-schrieben [6,7,12,13]. Auch wir fanden in den DE- und FLAIR-Se-quenzen bei allen Patienten ein hyperintenses Signal. In derT1-Gewichtung war das Signalverhalten jedoch uneinheitlich.Eine Verdickung des Rindenbandes und Unsch�rfe der Rinden-Mark-Grenze werden als weitere typische Zeichen der FKD ange-geben. Die Unsch�rfe der Rinden-Mark-Grenze soll durch eineverminderte Myelinisierung des an die FKD angrenzenden Mark-lagers und nicht durch ektope Neurone oder atypische Gliazellenverursacht werden [7]. Einen verdickten Kortex fanden wir beiallen Patienten, allerdings war dieser Befund unterschiedlichstark ausgepr�gt. Das Kriterium der unscharfen Rinden-Mark-Grenze war bei unseren Patienten weniger zuverl�ssig. FBr dieBeurteilung der Dicke des Kortex und seiner Abgrenzbarkeitvom Marklager wurden T1- oder T2-gewichtete 3D-Sequenzenund eine Schichtdicke von 1,5 mm empfohlen [7,13,14]. Mit dervon Chan et al. [15] verwendeten T2-gewichteten FMPIR-Sequenz(fast multiplanar inversion-recovery Sequenz) war die Rinden-Mark-Grenze trotz einer Schichtdicke von 4 mm besser beurteil-bar als mit FSE- oder T1-gewichteten 3D-Sequenzen. Aufgrundder geringeren Partialvolumeneffekte bevorzugten wir bei demvon uns verwendeten Protokoll die T2-gewichtete 3D-Sequenz

mit einer Schichtdicke von 1,8 mm. Nach unserer Erfahrungmuss jedoch kritisch angemerkt werden, dass die Beurteilungder Sch�rfe der Rinden-Mark-Grenze auch bei Verwendung dBn-ner Schichten oft sehr subjektiv ist.

Bei einigen Patienten mit FKD hat neben dem Kortex auch dasabh�ngige Marklager ein hyperintenses Signal in der T2-Gewich-tung. Bei Kindern wird diese subkortikale Signalsteigerung erstmit dem Fortschreiten der Myelinisierung des von der Dysplasienicht beeinflussten Marklagers sichtbar [7,15]. Ein noch vor Ab-schluss der Myelinisierung ge�ußerter Verdacht auf eine FKD alsUrsache einer Epilepsie macht daher eine entsprechende MR-to-mographische Verlaufskontrolle erforderlich [7]. W�hrend Ya-gishita et al. der subkortikalen Signalsteigerung keine differen-zialdiagnostische Bedeutung in Bezug auf die Unterscheidungder verschiedenen Formen der FKD beimessen, sehen Chan et al.[15] in ihr einen Hinweis auf das Vorliegen von Riesenzellen unddamit einer FKD Typ II. Bei der FKD Typ III, die wie die FKD Typ IIRiesenzellen aufweist, hat das betroffene Marklager ebenfalls einin der T2-Gewichtung hyperintenses Signal [4]. Weil die MRT fBrden Nachweis nur weniger Riesenzellen nicht sensitiv genug ist,ein MR-tomographisch unauff�lliges Marklager eine FKD Typ IIalso nicht ausschließt, diagnostizierten wir in diesen F�llen eineFKD Typ I und nannten die FKD Typ II als m/gliche Differenzial-diagnose. Bei einer Signalsteigerung des abh�ngigen Marklagersdiagnostizierten wir eine FKD Typ II. Inzwischen gibt es ersteHinweise darauf, dass die frBhzeitige Differenzierung von Typ-I-und Typ-II-Dysplasien Bedeutung fBr die Planung epilepsiechi-rurgischer Eingriffe haben k/nnte. Bei Dysplasien vom Typ I wardas Ergebnis solcher Operationen besonders schlecht. M/gli-cherweise ist das Missverh�ltnis zwischen der Ausdehnung derMR-tomographisch sichtbaren Ver�nderungen und des epilepto-genen Areals bei der FKD Typ I besonders groß. Die Bedeutungvon Signalsteigerung in der FLAIR-Gewichtung wurden bishernicht untersucht.

FBr die FKD Typ III k/nnen wir die Signalsteigerung in der T2-Ge-wichtung, die radi�re Ausdehnung, die Unsch�rfe der Rinden-Mark-Grenze und das Fehlen einer Kontrastmittelanreicherungbest�tigen. In den T1-gewichteten SE-Aufnahmen war das Signalder FKD jedoch isointens und nicht, wie von Barkovich et al. be-schrieben [4], hypointens. Bei milden Formen der transmedull�-ren kortikalen Dysplasie soll der Kortex MR-tomographisch un-auff�llig, das betroffene Areal des Marklagers klein und die Sig-nalsteigerung in der T2-Gewichtung homogen sein. Schwere For-men sollen mit einer Gyrierungsst/rung und einer inhomogenenSignalsteigerung einhergehen. Wegen der regelrechten Gyrie-rung stuften wir die Dysplasie bei unserem Patienten trotz derinhomogenen Signalsteigerung als eher niedriggradig ein.

Die vierte Untergruppe der fokalen kortikalen Dysplasien mitglioproliferativen Ver�nderungen ist nach Madsen et al. [5] MR-tomographisch nicht von Dysplasien ohne proliferative Kompo-nente zu unterscheiden. Bei unserem Patienten waren die fBrdie FKD Typ IV beschriebenen Gef�ßproliferationen aber so starkausgepr�gt, dass sie auch MR-tomographisch zu erkennen wa-ren. Damit stellen Gef�ßkonvolute m/glicherweise ein MR-to-mographisch nutzbares Kriterium zur Differenzierung von Dys-plasien mit und ohne proliferative Komponente dar.

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M�ßiggradige bis schwere FKD werden MR-tomographisch si-cher nachgewiesen, w�hrend FKD vom Typ I unentdeckt bleibenk/nnen [6]. In solchen F�llen sollten die PET oder SPECT einge-setzt werden, die mit 88–92% eine �hnlich hohe Sensitivit�t fBrden Nachweis kortikaler Dysplasien haben wie die MRT [16]. In61% der F�lle zeigt die MRT nur einen eng umschriebenen Be-fund, w�hrend das epileptogene Areal im EEG eine gr/ßere Aus-dehnung hat [17]. Auch hier kann die SPECT helfen, die Ausdeh-nung des prim�r epileptogenen Areals zu bestimmen [17].

Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen der FKD geh/ren dieGruppe der Migrationsst/rungen mit Heterotopien, Polymikro-und Pachygyrien, kortikale Hamartome bei Tuber/ser Hirnskle-rose und die Hirntumoren mit Gangliogliomen, dysembryoblas-tischen neuroepithelialen Tumoren (DNET), Astrozytomen undOligoastrozytomen. Bei der Unterscheidung dieser Differenzial-diagnosen spielt die kraniale MRT die entscheidende Rolle. ImGegensatz zur kortikalen Dysplasie sind Heterotopien subkorti-kal oder tiefer im Marklager gelegen, haben ein im Vergleichzum gesunden Kortex isointenses Signal und eine scharfe Rin-den-Mark-Grenze [4]. Auch wenn fBr die FKD eine verminderteAnzahl und abnorme Ausrichtung von Sulci beschrieben wurde,ist die Gyrierung im Gegensatz zur Polymikro- und Pachygyrieregelrecht [7]. Hirnrinde und angrenzendes Marklager k/nnenbei beiden Krankheitsbildern ein in der T2-Gewichtung hyperin-tenses Signal aufweisen, aber eine unscharfe Rinden-Mark-Gren-ze spricht eindeutig gegen eine Polymikro- oder Pachygyrie [7].

Eine Auftreibung des Rindenbandes mit Signalsteigerung vonKortex und angrenzendem Marklager in der T2-Gewichtungkommt sowohl bei kortikalen Hamartomen als auch bei der FKDvor. H�ufiger liegen die Hamartome bei tuber/ser Hirnskleroseaber subkortikal und sind vom darBber liegenden Kortex gut ab-grenzbar. Im Gegensatz zur FKD ist die Rinden-Mark-Grenze im-mer scharf [18].

Die dysembryoblastischen neuroepithelialen Tumoren (DNET)sind im Gegensatz zur FKD scharf begrenzt, wachsen lobuliert,k/nnen verkalken und usurieren h�ufig die Kalotte [19]. EineKontrastmittelanreicherung wird nur bei 20% der DNET be-obachtet und ist somit kein sicheres Unterscheidungskriterium.Gemeinsamkeiten von DNET und FKD sind die bevorzugte Lageim Temporallappen, eine Verdickung des Rindenbandes, ein �hn-liches Signalverhalten und das Fehlen eines perifokalen Rdems.

Gangliogliome sind meist im Temporal- und Frontallappen gele-gen. Histologisch unterscheiden sie sich durch ihre neoplastischeneuronale Komponente und durch Verkalkungen von einer FKD.MR-tomographisch haben beide ein �hnliches Signalverhaltenund k/nnen auch deshalb leicht verwechselt werden, weil Gang-liogliome nicht immer Kontrastmittel anreichern und nur seltenein perifokales Rdem aufweisen. FBr eine FKD sprechen eine Ver-dickung und eine homogene Signalsteigerung des Kortex in derT2-Gewichtung wie auch ein hyperintenses Signal des abh�ngi-gen Marklagers. Die subkortikale Signalsteigerung ist dann einbesonders verl�ssliches Zeichen einer FKD, wenn sie zum Ventri-kel hin spitz zul�uft. Diese Kriterien gelten auch fBr die Abgren-zung kortikaler Dysplasien gegen niedriggradige Astrozytomeund Oligodendrogliome [20]. Eine Lokalisation im mittleren

Temporallappen soll fBr Tumoren charakteristisch sein, w�hrendbei frontaler Lage kortikale Dysplasien wahrscheinlicher sind.

Zusammenfassend sind die Verdickung des Kortex und seine Sig-nalsteigerung in der T2- und FLAIR-Gewichtung zuverl�ssigereZeichen einer FKD als die Unsch�rfe der Rinden-Mark-Grenzeund das Signal in der T1-Gewichtung. Eine FKD mit glialer Proli-feration kann anhand der fBr sie typischen Gef�ßproliferationenauch MR-tomographisch erkannt werden. Hirn/deme, Verkal-kungen oder pathologische Kontrastmittelanreicherungen wur-den bei der FKD bisher nicht gefunden. Bei Verdacht auf eineFKD bietet sich ein Untersuchungsprotokoll an, das axiale T2-und T1-IR-gewichtete Sequenzen, Schichtdicke 6 mm, koronareT2-FLAIR- und T1-IR-gewichtete Sequenzen, Schichtdicke2,5 mm, und eine T2-gewichtete 3D-Sequenz, rekonstruierteSchichtdicke 0,9 mm, umfasst.

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18 Barkovich A (ed). Pediatric Neuroradiology. Philadelphia, Baltimore,New York, London, Buenos Aires, Hong Kong, Sydney, Tokyo: Lippin-cott Williams & Wilkins, 2000

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20 Bronen R, Vives K, Kim J, Fulbright R, Spencer S, Spencer D. Focal corti-cal dysplasia of Taylor, balloon cell subtype: MR differentiation fromlow-grade tumors. Am J Neuroradiol 1997; 18: 1141–1151

Buchbesprechung

Sonographische Untersuchungstechnik bei Kindernund JugendlichenR. Schumacher, R. Brzezinska, H. Peters2003. 194 S. 206 Abb., 39,95 C=, Springer Verlag, Berlin,ISBN 3-540-43766-5

In handlichem Format wird auf knapp 200 Seiten das gesamteGebiet der kinderrradiologischen Sonographie besprochen. Eswerden insgesamt 17 verschiedene Organsysteme behandelt,das Spektrum reicht hierbei von den am h�ufigsten durchgefBhr-ten Untersuchungen der parenchymat/sen Oberbauchorgane bishin zu seltenen Indikationen wie der Sonographie der Extremi-t�tenmuskulatur oder der Orbita. Auch ein Kapitel Bber die Sono-graphie des Herzens fehlt nicht. Insbesondere werden alle dieje-nigen Organsysteme berBcksichtigt, die besonders oder aus-schließlich im Kindes- und S�uglingsalter untersucht werden,wie z. B. Hirn, HBftgelenke, Pylorus und RBckenmark. EinenSchwerpunkt nimmt hierbei die Sonographie des Gehirns ein.Beschrieben wird jeweils der entsprechende Untersuchungsgangerg�nzt durch zahlreiche praktische Tipps. Bildlich werden je-weils zun�chst Schallkopfposition und Orientierung in der je-weiligen Untersuchungsregion dargestellt, anschließend wirdausfBhrlich die Sonoanatomie er/rtert. Auf zahlreichen Abbil-dungen hervorragender Qualit�t werden die anatomischenStrukturen detailliert beschrieben. Um kleinere Details des sono-graphischen Bildes hierbei nicht zu verdecken, wurde auf eineBeschriftung der Originalbilder verzichtet. Sie erfolgt Bbersicht-lich auf einer aufgehellten Kopie des Originalbildes, welche dem

Sonogramm gegenBbergestellt wird. Entsprechend der Intenti-on des Buches beschr�nken sich die Autoren auf die Darstellungder normalen sonographischen Anatomie, Pathologien werdenbewusst nicht beschrieben. Erg�nzend werden in den einzelnenKapiteln Untersuchungsindikationen und Beurteilungskrite-rien jeweils tabellarisch zusammengefasst. Hilfreich sind zahl-reiche Normwerttabellen und Nomogramme, welche die Gr/ßebzw. das Volumen verschiedener Organe in Abh�ngigkeit vonK/rpergewicht und Alter der Patienten auflisten. Die Autoren ge-hen nicht auf dopplersonographische Untersuchungsverfahrenein, was das Werk insbesondere mit Blick auf die Sonographiedes Hirns abrunden wBrde. Die Erl�uterung der Untersuchungs-techniken wird erg�nzt durch zwei Kapitel, in denen technischeVoraussetzungen, Bilddokumentation, Befundbeschreibung undsonographische Artefakte er/rtert werden. Sinnvoll w�re ein Re-gister am Ende des Buches, mit dessen Hilfe der Leser rasch aufdie Seiten verwiesen wird, auf denen eine gesuchte anatomischeStruktur beschrieben wird. Mit einem angemessenen Preis von40 C= bietet das Buch eine sehr hilfreiche EinfBhrung in die Sono-graphie von Kindern und Jugendlichen und liefert auch dem be-reits in der Sonographie Erwachsener Erfahrenen wertvolleKenntnisse. Jedem Kollegen, der sich mit der Ultraschalldiagnos-tik von Kindern besch�ftigen m/chte, kann das Werk zum Ein-stieg sehr empfohlen werden. Es sollte in keiner radiologischenAbteilung fehlen, in der in der Sonographie von Kindern ausge-bildet wird.

M. Born, Bonn

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