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1 PROBLEMLÖSEN / DENKEN DENKEN nachdenken, grübeln, planen, glauben, meinen, wissen, urteilen, ... Allgemein: Denken erfordert Zustand der Bewusstheit (im Gegensatz zur Bewusstlosigkeit) Bewusstsein (i.S. von Selbstreflexion) meist nicht für den Denkprozess, sondern für Produkt des Denkprozesses Denkprozesse mehr oder weniger stark gerichtet (Versuch, Aufgabe zu lösen vs. frei flottierende Gedanken)

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PROBLEMLÖSEN / DENKEN

• DENKENnachdenken, grübeln, planen, glauben, meinen, wissen, urteilen, ...

• Allgemein: Denken erfordert Zustand der Bewusstheit (im Gegensatz zur Bewusstlosigkeit)

• Bewusstsein (i.S. von Selbstreflexion) meist nicht für den Denkprozess, sondern für Produkt des Denkprozesses

• Denkprozesse mehr oder weniger stark gerichtet (Versuch, Aufgabe zu lösen vs. frei flottierende Gedanken)

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Beispiele für Prozesse, die man als Denkprozesse auffasst

• Problemlösen

• Lernen

• Planen

• Tagträumen

• Vorstellen (Phantasievorstellungen - normalerweise Vorstellung und Realität klar unterscheidbar)

• Urteilen/Bewerten

• Entscheiden

• Planen/Problemlösen im sozialen Kontext (z.B. soziale Manipulation)

• ...

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DEFINITIONEN

• Denken als Vorgang der Informationsverarbeitung

• Denken als innerlicher Prozess des Problemlösens, des Handelns mit einem symbolischen System

• Denken bezeichnet eine Menge von Prozessen, mit deren Hilfe Menschen internale symbolische Modelle entwickeln,sie benützen und sie verändern

(GILHOOLY, 19963 )

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Funktionen des Denkens

• Steuerung des Verhaltens

• Probehandeln

• Lösen von Problemen

• Wunscherfüllung

• Unterhaltung

• Simulation von Systemen

• “Troubleshooting”

:::::

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Denken & Rationalität

• Logik & Lehre vom Denken

• der rationale Mensch (z.B. in Psychoanalyse und Ökonomie)

• beschränkte Rationalität (H.A. Simon)bounded rationality

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WAS IST EIN PROBLEM ?

• bestimmtes Ziel angestrebt• noch nicht klar, wie ( “Barriere” )

• Beispiele  Schach, Go, …  Denksportaufgaben  Schreiben einer Lizarbeit  Reiseplanung (Fahrplan,...)  Logisches/mathematisches Beweisen  Auto springt nicht an, Gerät funktioniert nicht  Entscheidung (Kauf eines Computers)  :::::::

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Konkretes Beispiel: TÜRME VON HANOI(Klix, 1971; Newell & Simon, 1972)

• Ausgangslage • Ziel

Regeln (Einschränkungen):

 1. Bei jedem Zug darf nur eine Scheibe bewegt werden

 2. Nie darf eine grössere Scheibe auf einer kleineren liegen

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VORSCHAU

• Problemlösen als Versuch und Irrtum (Behaviorismus )

• Problemlösen als Restrukturierung (Gestaltpsychologie)

• Problemlösen als Finden eines Weges durch den Problemraum (Kognitive Psychologie: Newell & Simon, 1972, Klix, 1971)

• Reinterpretation der Ergebnisse der Gestaltpsychologie in der Problemraumtheorie

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Problemlösen als Versuch und Irrtum: Behaviorismus

• Watson (1913)

• Ausschliesslich beobachtbares VerhaltenS-R Stimulus Response als zentrale KonzepteDenken ersetzt durch "Lernen”Denken = anwenden von Gewohnheitshierarchien

• Stärkere Reaktion zuerstNach der Methode "Versuch und Irrtum”Keine Einsicht, die zur Lösung führtKein "Verstehen" des Problems

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Z.B. THORNDIKE (1898) Katze in Problemkäfig

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• versucht vielerlei Aktivitätensich durchs Gitter zwängenherumkratzenPfoten durchs Gitter strecken…

• tritt dabei zufällig auf “Pedal”, das die Tür öffnet, oder zieht an der Schnur

• Verschiedene Reaktionen sind verschieden stark

• Erfolgreiche Rekationen werden stärker (wahrscheinlicher)erfolglose Reaktionen werden schwächer (unwahrscheinlicher)

• Ganz analog: Problemlösen beim Menschen

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Ausgangslage:

Stimulus Si

verstärkt

Reaktion R1

Reaktion R2

Reaktion R3

Reaktion R4

::

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Nach mehreren Verstärkungsdurchgängen:

Stimulus Si

Reaktion R3

Reaktion R1

Reaktion R2

Reaktion R4

::

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Problem des Behaviorismus:

Beobachtung von Problemlöseprozessen beim Menschen offenbart, dass nicht nur Versuchs-Irrtumsverhalten vorliegt.

Bereits bei Menschenaffen (Köhler)

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Problemlösen als Restrukturierung: Gestaltpsychologie

• Betonung der Organisations- und Strukturierungsprozesse beim Wahrnehmen

• Beim Denken und Problemlösen:

Art und Weise, wie das Problem wahrgenommen wird, ist ein determinierender Faktor für die Schwierigkeit des Problems

• Problemlöseprozess ist Prozess der Restrukturierung des Problems, die zur Einsicht in die Lösung führt.

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Beispiel: Gauss (im Alter von ca. 10 Jahren).

Aufgabe des Lehrers: 1+2+….+100 = ?

  Problem-Strukturierung (am Beispiel 1+ 2+ ...+10)

1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6 + 7 + 8 + 9 + 10

5 x 11 = 55

( analog: 50 x 101 = 5050 )

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• Problemlösesituation ist gestörte Gestalt, die in gute Gestalt zu überführen ist.

• Gelingt die Überführung, geht der Zustand der Spannung in einen gelösten Zustand mit guter Gestalt über.

• Ausgangspunkt: Problemlöseforschung an Tieren (Thorndike, 1911)

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• Köhler: (1927) Problemlösen bei Menschenaffen

• z.B.: Affe steckt zwei Stäbe zusammen, um Banane ausserhalb des Käfigs zu erreichen.

• Köhlers Interpretation: Einsicht Affe hätte zuerst Versuch-Irrtums Verhalten gezeigt dann einige Zeit still gesessen dann die Lösung gehabt

• Gestaltpsychologen erforschten u.a. – fördernde Bedingungen ( z.B. Inkubationszeit ) – und hemmende Einflüsse ( z.B. Funktionale Gebundenheit

beim Problemlösen.

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Grundannahmen der Gestaltpsychologie zum Problemlösen (Ohlson, 1984, Wertheimer, 1954)

• Problemlöseverhalten ist sowohl reproduktiv als auch produktiv

• Reproduktives Problemlösen beinhaltet die Wiederverwendung vergangener Erfahrungen und kann die erfolgreiche Lösung erschweren(z.B. Funktionale Gebundenheit, Einstellung beim Problemlösen).

• Produktives Problemlösen ist durch Einsicht in die Struktur des Problemes gekennzeichnet und durch produktive Restrukturierung des Problems.

• Einsicht tritt oft plötzlich auf und ist von einem ”Aha-Erlebnis” gekennzeichnet.

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WALLAS (1926): 4 Phasen im Problemlöseprozess(„kreatives“ Problemlösen)

  1 Vorbereitung

  2 Inkubation

  3 Erleuchtung (Lösung, Einsicht)

  4 Verifikation (Prüfung der Lösung)

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Halskettenaufgabe

Öffnen eines Gliedes: 2 Fr - Schliessen eines Gliedes: 3 Fr

• Restriktion: nicht mehr als 15 Fr ausgeben

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Experiment von Silveira (1971): Halskette

• KoGru : 1/2 Std PL

• ExpGru 1: 1/2 Std PL, dazwischen 1/2 Std INK

• ExpGru 2: 1/2 Std PL, dazwischen 4 Std INK

  Resultat  Anteil Vpn mit

richt. Lösung

  55%

64%

85%

 UV: Inkubationszeit

3 Gruppen ( PL..Problemlösen, INK..andere Tätigkeit

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Wirksamkeit der Inkubation scheint abzuhängen von

  1 Beginn der Inkubationszeit  2 Unterbrechung in welcher Phase des PL-Prozesses  3 Dauer der Inkubationszeit  4 Vorherige intensive Beschäftigung mit Problem

  Erklärung für Wirksamkeit (Simon, 1966)

  2 Arten vom Wissen beim Problemlösen:• faktisches Problemwissen • Kontrollwissen (Wissen über Aspekte des Lösungsweges)

(z.B. welches Subziel wurde generiert)

Kontrollwissen scheint rascher vergessen zu werden

  nach Inkubation bleibt faktisches Wissen übrig

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HINDERNISSE BEIM PROBLEMLÖSEN

  FUNKTIONALE GEBUNDENHEIT  Kerzenaufgabe - Duncker (1935):

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Maier (1931): Schnüre von der Decke

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FÄLSCHLICHERWEISE ANGENOMMENEN RESTRIKTIONEN

Neun-Punkte-Problem:

(ohne Absetzen 4 kontinuierliche gerade Linien zeichnen, die alle 9 Punkte verbindet)

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SET-BILDUNG

  z.B.: LUCHINS (1939): Wasserkrug-Problem

  gewünschteKrug A Krug B Krug C Quantität Lösungsweg

21 127 3 100 B-2C-A

18 43 10 5 B-2C-A

9 42 6 21 B-2C-A

: : : : :

28 59 3 25 A-C

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Bewertung des Beitrages der Gestaltpsychologie

Gestaltpsychologie (als Gegenposition zum Behaviorismus) konnte zeigen

1. Problemlösen mehr als lediglich die Reproduktion gelernter Reaktionen. Es beinhaltet Einsicht und Restrukturierung.

2 Die direkte Wiederanwendung gelernter Reaktionen führt oft zum Versagen beim Problemlösen(z.B. Set-Bildung)

• Wichtige experimentelle Ergebnisse, die von späteren Theorien reinterpretiert werden

• Einfluss auf Kognitive Psychologie

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Problem der Gestaltpsychologie

• Viel zu vage Theorie

• Konzepte wie ”Einsicht”, ”Restrukturierung” intuitiv leicht verständlich und attraktiv,

• aber als theoretische Konstrukte viel zu unbestimmt

• z.B. unklar, was Einsicht eigentlich involviert,unter welchen Bedingungen z.B. Einsicht oder Restrukturierung eintritt, etc.

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Problemlösen als Finden eines Weges durch den Problemraum

Kognitive Psychologie Newell & Simon, 1972; Klix, 1971

Objektive Struktur eines Problems beschreibbar als

Menge von Zuständen

Menge von Operatoren

Problemraum

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• Menge von Zuständen (states)

Anfangszustand

Zielzustand

Zwischenzustände

• Operatoren = Handlungentransformieren einen Zustand in einen anderen

• ProblemraumDarstellung aller möglichen Problemzustände (Anfangszustand bis Zielzustand) die bei Anwendung aller jeweils anwendbaren Operatoren entstehen

• PromlemlösenFinden eines Weges durch den Problemraum vom Anfangszustand zum Zielzustand

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TÜRME VON HANOI

Anfangszustand Zielzustand

Regeln (Einschränkungen):

 1. Bei jedem Zug darf nur eine Scheibe bewegt werden

 2. Nie darf eine grössere Scheibe auf einer kleineren liegen

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Problemraum der Türme von Hanoi

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• Problemraum berücksichtigt Restriktionen/Regeln in der Anwendung der Operatoren( “verbotene Züge” im objektiven Problemraum nicht eingetragen)

• Problemraum kann in unterschiedlichen Auflösungsgraden konstruiert sein(z.B.: Sequenz von Operatoren als “komplexer” Operator)

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Problemraumraumtheorie - zentrale Annahmen

• Menschen generieren subjektiven Problemraum - enthält: Wissenszustände (knowledge states) Zustände mentale Operatoren Operatoren

• Generelles Wissen und spezielle Problemlöseheuristiken (z.B.: Ziel-Mittel Analyse) zum Suchen/Finden eines Weges vom Anfangszustand zum Zielzustand

• Alle Prozesse im Rahmen des Problemlösens unterliegen den (üblichen) Beschränkungen des kognitiven Systems (z.B. Begrenzungen des Arbeitsgedächtnisses)

• Weg vom Anfang zum Zielzustand (Lösungsweg) nicht im Vorhinein bekannt ( = Abgrenzung von Aufgabe )

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Subjektiver Problemraum

1 Kann mit dem objektiven Problemraum identisch sein.

2 Kann auch (fälschlicherweise) Elemente enthalten, die der objektive Problemraum nicht enthält (z.B. Operator).

3 Auflösungsgrad kann verschieden sein

4 Verändert sich im Zuge des Problemlösens

5 Ermöglicht Probehandeln

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Problemlöse - Strategien

Algorithmen - Heuristiken• Algorithmus

Lösung sicher gefunden - sofern eine existiertBeschränkungen des kognitiven Systems unberücksichtigt

Vorwärtsanalyse

Rückwärtsanalyse

• Heuristikangepasst an beschränkte InformationsverarbeitungskapazitätLösung nicht sicher (auch wenn eine existiert)

  Differenz-Reduktion (Hill-climbing)  Selektive Suche  Mittel-Ziel-Analyse (Means-end-analysis)

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Mittel-Ziel-Analyse (means-end-analysis)Newell, Shaw & Simon (1958)

• Finde den (wichtigsten) Unterschied zwischen momentanem Zustand und Zielzustand

• Definiere als Zwischenziel, diesen Unterschied zu beseitigen

• Selegiere einen Operator, mit dem dieses Zwischenziel erreicht werden kann

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• Diese Schritte wiederholt einsetzbar, auch ineinander verschachtelt (z.B. Operator zum Erreichen eines Zwischenziels nicht einsetzbar,neues Zwischenziel: diesen Operator einsetzbar machen)

• Mittel-Ziel-Analyse sehr generelle Methodez.B. auch auf Turm von Hanoi

• GPS (General Problem Solver - computer program) Newell & Simon (1972)

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Flowchart I Goal: Tranform current state into goal state[after Anderson (2000, p.259)]

successMatch current state

to goal state to find the most

important difference

Subgoal: Eliminate the

differenceDifference detected

no differences

success

fail

fail

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Flowchart II Goal: Eliminate the difference[after Anderson (2000, p.259)]

Search for operator relevant to reducing the

difference

Subgoal: eliminate difference

Operatorfound

none found

fail

no difference

apply operator

Match condition of operator to current state to find most impor- tant difference

Differencedetected

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Experimente: Ziel - Subziel

• Egan & Greeno (1974) Towers of Hanoi - Versionen mit 5 und 6 Scheiben

  Experimentalgruppe: Vorhererfahrung mit z.B. 3 Scheiben  Kontrollgruppe nicht  Gruppe mit Vorhererfahrung ( Subzielbildung ) bessere Resultate

Bewegung von drei Scheiben gelernt (als zusammengesetzten Operator)

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• Bei 4 (oder mehr) Scheiben:KZG kann notwendige Zugfolgen nicht mehr erfassen

• Daher als Subziel: Bewegen von drei Scheiben

• Dann: Ziel-Mittel Heuristik  Damit grösste Scheibe auf rechten Pflock,  muss rechter Pflock frei sein  muss grösste Scheibe frei liegen  Daher müssen drei kleiner Scheiben auf mittleren Pflock

( = Subziel)

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nach 1. Zug

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nach 2. Zug

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nach 3. Zug

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nach 4. Zug

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nach 5. Zug

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nach 6. Zug

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nach 7. Zug

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Experimente zur Operatorauswahl: Ähnlichkeit mit Zielzustand

• Differenz-Reduktions Heuristik (Hill-climbing)Operator gewählt, welche Ähnlichkeit mit Zielzustand erhöht

• Nicht zielführend, wenn „Umweg“ erforderlich.

• Untersuchungen mit Hobbits - Orc - Problem Missionare - Kannibalen

• 1 Fluss - 1 Boot ( max 2 Pers, min 1 Pers )

3 Hobbits und 3 Orcs• Start : alle auf linker Seite des Flusses• Ziel: alle auf rechter Seite des Flusses• Restriktion: auf einer Fluss-seite dürfen

nie mehr Orcs als Hobbits sein

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ProblemraumHobbits & Orcs

320HHH00 0

Boat

Boat

331 HHH 000 Boat

Boat

220 HH H 00 0

Boat

Boat

310 HHH 0 00

Boat

Boat

321 HHH 00 0 Boat

Boat

300 HHH

000Boat

311 HHH 0 00Boat

110 H HH 0 00

Boat

010 HHH

0 00Boat

Boat

031 HHH

000Boat

020 HHH

00 0Boat

021 HHH

00 0 Boat

Boat

111 H HH 0 00 Boat

Boat

000 HHH

000Boat

Boat

221 HH H 00 0Boat

Z A ZZ

10

101H

201H10

20

2H10

20

102H1H10

1H10

101H

20

Hobbits links

Orcs links

1= Boot links

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• Experimente von Thomas (1974), Jeffries, Polson, Razran & Atwood (1977)

• Problemlöser haben grösste Schwierigkeiten im Zug 110(erfordert eine Verringerung der Ähnlichkeit mit Zielzustand):

Zahl der FehlerReaktionszeiten

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ProblemraumHobbits & Orcs

320HHH00 0

Boat

Boat

331 HHH 000 Boat

Boat

220 HH H 00 0

Boat

Boat

310 HHH 0 00

Boat

Boat

321 HHH 00 0 Boat

Boat

300 HHH

000Boat

311 HHH 0 00Boat

110 H HH 0 00

Boat

010 HHH

0 00Boat

Boat

031 HHH

000Boat

020 HHH

00 0Boat

021 HHH

00 0 Boat

Boat

111 H HH 0 00 Boat

Boat

000 HHH

000Boat

Boat

221 HH H 00 0Boat

Z A ZZ

10

101H

201H10

20

2H10

20

102H1H10

1H10

101H

20

Hobbits links

Orcs links

1= Boot links

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• Erfolgreicher Ansatz im Bereich relativ einfacher und gut strukturierter Probleme

• hier: detaillierte Modellierung möglich (komputational, computational)klare empirische Vorhersagen möglich

(in welchen Zuständen mehr Schwierigkeiten? wie weit planen Problemlöser voraus? etc.)

Lernprozesse beim Problemlösen

• Bei sehr einfachen Problemen: Vergleich mit objektiv optimaler Lösung möglich

• auch (einige) Probleme der Gestaltpsychologie können mit diesem theoretischen Konzept bearbeitet werden

Bewertung des Ansatzes der Problemraumtheorie

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• Konzept des Suchraumes (Klix, 1971):– Untermenge des Problemraumes, in welchem

Problemlöser Lösungsweg vermutet und sucht 

Kann z.B. erklären: Funktionale Gebundenheit, Set-Bildung, fälschlicherweise angenommene Restriktionen

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Problem: Wie weit kann der Ansatz auf (komplexe) Alltagsprobleme generalisiert werden?

  Unterschiede: einfache Probleme - komplexe Probleme

• Komplexe Probleme meist schlecht definiert gut definierte Probleme: Anfangszustand, Zielzustand, Operatoren bereits zu Beginn klar spezifiziert

• Hintergrundwissen bei einfachen Problemen nicht relevant.

• Alles Wissen, das man zur Lösung benötigt, wird mitgeliefert. Im Alltag besteht ein Teil der Problemlösung oft darin, die relevante Information zu finden.

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• Alltagsprobleme: oft Regel unklar, was zum Problem gehört, was nicht (Zustandsbeschreibung, mögliche Operatoren).

(z.B. Problem: Autoschlüssel im versperrten Auto).

• Grad der Komplexität, z.B.:Zahl der beteiligten VariablenVernetztheitEigendynamikPolytelie (mehrere Ziele)

• Komplexes Problemlösen: Dörner, Funke, Brehmer,…

• Frensch & Funke (Eds): Complex problem solving. Hillsdale,N.J.: L.Erlbaum, 1995

• Funke: Problemlösendes Denken. Stuttgart: Kohlhammer, 2003

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• Wasserkrugproblem - Atwood & Polson (1976), etc. Modell erlaubt z.B. Vorhersage der Schwierigkeit bei verschiedenen Wasserkrug-Aufgaben (E & K (2000) p. 409 f)

• Wichtigste Annahmen des Modelles von Atwood & Polson:  - Kurze Vorausplanung (nur ein bzw. wenige Schritte)  - Bewertung der Zustände   - Vermeiden von Zurückkehren auf unmittelbar vorangegangene

Zustände  - Kapazitätsbeschränkung des Kurzzeitgedächtnisses wirkt sich

auf die Speicherung von Zuständen und Operatoren aus (teilweise überwindbar durch Transferierung von Information ins LZG)

Re-Interpretation der Ergebnisse der Gestaltpsychologie in der Problemraumtheorie

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Insight Theory - Ohlson (1992)• Einsicht tritt auf im Zusammenhang mit einer “Sackgasse”• Die Sackgasse (Toter Punkt,...) ist “unverdient”, weil Problemlöser

eigentlich in der Lage, das Problem zu lösen (Hat notwendiges Wissen, kann es aber im Moment nicht nützen)

• Ohlson’s Theorie beantwortet 3 Fragen:

  1 Warum tritt eine Sackgasse auf?  2 Wie kommt man aus der Sackgasse heraus?  3 Was geschieht nachher?

Einsicht und Restrukturierung aus Sicht der Problemraumtheorie

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  wichtigste Annahmen (Ohlson, 1992):

• Verschiedene Repräsentationen eines Problemes möglich (schlecht definierte Probleme)Interpretation notwendig - Repräsentation hängt von Interpretation ab

• Problemlöser verfügen über Problemlöseoperatoren im Gedächtnis, diese müssen abgerufen werden (Aktivierungsprozess im LTG)

• Momentane Repräsentation des Problems ist Ausgangspunkt der Suche im LZG

• Sackgasse tritt auf, wenn momentane Repräsentation ungünstiger Ausgangspunkt für Aktivierung der notwendigen Lösungsoperatoren

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• Sackgasse durch Änderung der Repräsentation überwindbar. Dadurch entsteht neuer Ausgangspunkt für Gedächtnisaktivierung, der zum Abruf der notwendigen Operatoren führen kann.

• Neu-Repräsentation durch- Elaboration (zusätzliche Information, z.B. Hinweise)- Abschwächung von Restriktionen- Neu-Enkodierung: Veränderung von Aspekten der Problem- repräsentation (z.B. durch Neukategorisierung, Elimination von Information, etc.)

• Nach Überwindung der Sackgasse kann volle oder teilweise Einsicht erfolgen (volle Einsicht, wenn neu abgerufenen Operatoren die Lücke zum Zielzustand schliessen)

  Ansatz von Ohlson konsistent mit Ergebnissen der Gestalttheorie und gestützt durch neuere Experimente

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Expertise - Expertenwissen beim Problemlösen

betrifft nicht nur Strategien - Heuristiken,

sondern: Repräsentation von Problemen

Schach

• Historischer Ausgangspunkt der Forschung über Unterschiede Experten - Nicht-Experten beim Problemlösen

• fügt sich sehr gut in Problemraumansatz

• Randbemerkung: Bei Eysenck & Keane (2000) Schach als schlecht definiertes Problem. Dies im deutschen Sprachraum unüblich

Problemlöse - Experten

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Problemraum extrem gross:nach 6 Zügen (jeden Spielers) bereits:

9 000 000 verschiedene Zustände

Schachcomputer Deep Blue: Berechnung von 90 Billionen Zugmöglichkeiten bei jedem Zug

Was machen Schachspieler - Schachmeister?

DeGroot (1965, 1966)verglich Gross-Meister mit Experten-SpielernMethode des Gleichzeitigen Lauten Denkens

• Gross-Meister bezogen nicht mehr Züge ein, keine tiefere Vorausplanung

• Vermutung: Gute Schachspieler haben mehr Schachpositionen und passende gute Züge im LZG als weniger gute

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Chunking im Schach

Simon und Mitarbeiter• z.B. Chase & Simon (1973)

Replikation eines Experimentes von DeGroot (1965)

• Fragestellung: Strukturieren Experten Gedächtnisinhalte anders als Nicht-Experten?

• 3 Gruppen von Vpn:» Anfänger » A-Klassen Spieler» Schach-Meister

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• Aufgabe:Vorgegebene Schachpositionen auf anderem (leeren) Brett nachstellen

• Originalschachbrett durfte in mehreren Beobachtungseinheiten (trials) jeweils 5 Sek betrachtet werden

• Vorgegebene Spielsituationen (UVn) [jeweils gleiche Figuren]:  realistische Figurenanordnungen

5 Positionen aus Mittelspiel (mit ca. 25 Figuren)5 Positionen aus Endspiel (mit ca. 14 Figuren)

  zufällige Figurenanordnungen4 Zufallspositionen mit ca. 25 Figuren4 Zufallspositionen mit ca. 14 Figuren

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Abb aus Kahney (1986)

Resultate

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Resultate für Anfänger und Meister

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• Schluss: Experten verwenden mehr problembezogenes Chunking

• enkodieren mehr Informationseinheiten pro Chunk und verarbeiten Chunks schneller

• Simon & Gilmartin (1973) schätzen, dass Gross-Meister zwischen 10’000 und 100’000 Konfigurationen gespeichert haben

• Wegen Chunking (Auflösungsgrad) : Problemraum kann aus grösseren Einheiten bestehen

• Zusätzliche Überlegenheit der Experten bei Evaluation von Zügen (wichtig für Selektive Suche)

• Analoge Resultate in anderen Problembereichen, z.B. beim Programmieren

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Template – Theory (Gobet & Simon, 1996)

Experten (Schachmeister) haben im LZG grosse Anzahl von Schablonen (templates), welche Schachstellungen und passende Spielzüge enthalten

Schachstellungen in Schablone:

Kern von fixen Figurenpositionen + variable Figurenpositionen

Wegen variabler Figurenpositionen:

Wissen über ähnliche Schachstellungen zusammengefasst

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Vorhersage der Template Theorie:

bei Simultanspielen gegen mehrere Gegner:

Experten sollten nur wenig schlechter sein, weil sie aus Templates auswählen.

Von Gobet & Simon (1996) bestätigt.

Verschlechterung auch z.B. wegen Störungen beim Wechsel von einem Gegner zum nächsten (z.B. Restaktivierung)

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• bessere Gedächtnisleistung (bessere Ausnützung der Kapazität)

• andere Problemlösestrategien (z.B. Bewertung von möglichen Pfaden)

• bessere und elaboriertere Problem-Repräsentation

• besseres Wissen - nicht bessere Basis-kapazitäten

• extensives Üben als Voraussetzung zum Expertentum

Was zeichnet Experten ggüber Nicht-Experten aus?

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• Allgemein: Übenz.B. lt. Chase & Simon (1973) : Schachspieler 9-10 Jahre Training bis zum Grossmeister( auch sensomotorische Handlungen: Sport, Instrument, etc.)

• Spezielle Mechanismen:  Chunking  Prozeduralisierung  Komposition: Optimierung von Operatoren und

Lösungsstrategien

Wie wird man Expertin?

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• Chunking  bei Zustandsbeschreibung  als Bildung komplexer Operatoren

Templates

• Prozeduralisation: Prozess, der deklaratives Wissen in prozedurales überführt.

• Bildung (Lernen) bereichsspezifischer Regeln Wenn Subziel xy angestrebt, dann verwende Heuristik F

  (wenn bestimmte Lösungsschritte wiederholt bei der Verfolgung eines bestimmten Subzieles erfolgreich sind - z.B. beim Lösen von Gleichungen)

• verbunden mit  Anstieg der Automatisierung,  Reduktion der Verbalisierbarkeit