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Chancen geben heisst Potenziale nutzen 10 Praxistipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt

10 Praxistipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt

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In diesem Dossier von HEKS und dem SAV finden Sie 10 Tipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt, illustriert mit vielen Praxisbeispielen aus der Schweizer Wirtschaft. VertreterInnen von Schweizer Unternehmen legen dar, weshalb eine auf Chancengleichheit ausgerichtete Personalrekrutierung und -förderung für sie nicht nur gesellschaftlich verantwortungsvoll, sondern eben durchaus auch betriebswirtschaftlich interessant ist.

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Chancen geben heisst Potenziale nutzen

10 Praxistipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt

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Eine Publikation des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) und des Schweizerischen Arbeitgeberverbands (SAv)

Weitere Informationen: www.gleiche-chancen.ch

Koordination/Redaktion: Corina Bosshard, Nina GilgenIllustrationen: Herzog Design, ZürichLayout: Toni BernetDruck: OK Haller, Zürich

Bezugsadresse: HEKS – Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, Seminarstrasse 28, Postfach, CH-8042 Zürich, Tel. +41 44 360 88 00, [email protected], www.heks.ch

Zürich, Mai 2014

Inhalt

3 Editorial: Chancen geben heisst Potenziale nutzen

10 Tipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt 4 Tipp1: Neutral inserieren 5 Tipp 2: vielfältiger werden 6 Tipp 3: Talente erkennen 7 Tipp 4: Potenziale nutzen 8 Tipp 5: Starke Tandems bilden 9 Tipp 6: Gemischte Teams bilden 10 Tipp 7: Weiterbildung ermöglichen 11 Tipp 8: Flexible Arbeitsmodelle anbieten 12 Tipp 9: Werte vermitteln13 Tipp10:Richtliniendefinieren

14 SAv: Unser Beitrag – unsere Anliegen 15 HEKS: Unser Beitrag – unsere Anliegen

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Die Bevölkerung in der Schweiz altert, die Geburtenrate sinkt. Die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte nimmt ab, gleichzeitig steigtderBedarfangutqualifiziertenFachkräften.

Der in wenigen Jahren zu erwartende Arbeitskräftemangel wird nur unter Erschliessung aller verfügbaren Ressourcen an-gegangen werden können. Umso wichtiger wird daher die op-timale Nutzung des inländischen Arbeitskräftepotenzials. So gilt esetwa,denberuflichenWiedereinstiegfürFrauenzuerleich-tern, die vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen, geringqualifiziertenArbeitskräftenAus-undWeiterbildungenzu ermöglichen und die Erwerbsbedingungen für ältere Arbeit-nehmende zu verbessern. Denn alle diese Menschen bieten ein grosses Potenzial: Sie bringen Know-how und Erfahrung mit und sind leistungsfähige Mitbewerber.

Um brachliegendes Arbeitskräftepotenzial besser ausschöp-fen zu können, ist der Zugang zu Bildung und Arbeit im Sinne der Chancengleichheit zentral. Chancengleichheit auf dem Ar-beitsmarkt bedeutet, dass einzig Fähigkeit, Wissen und Talent eines Menschen über ein Anstellungsverhältnis oder den beruf-lichen Werdegang entscheiden und nicht Faktoren wie etwa Geschlecht, Herkunft oder Alter.

Hier besteht in unseren Augen Handlungsbedarf. Denn durch traditionelle Prozesse der Personalsuche und -entwick-lungwerdenMenschenoft–undhäufigunbewusst–genauaufgrundsolcherFaktorenausgeschlossen.Sofindetheutenurjede fünfte Person, die nach dem 55. Lebensjahr den Job ver-liert, wieder den Einstieg ins Arbeitsleben – der Rest bleibt lang-zeitarbeitslos.Nurgut20ProzentderniedrigqualifiziertenAr-beitnehmenden absolvieren eine Weiter- oder Nachholbildung. Im Gegensatz dazu bilden sich 73 Prozent der Menschen mit Uni-Abschluss weiter. Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen fünfmal mehr Bewerbungen schreiben als Schweizer Jugendliche, um zu einem vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Und rund jede dritte Migrantin aus einem Staat ausser-halbderEUistfürdieArbeit,diesiehierverrichtet,überqualifi-ziert.

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist es daher schon heute essenziell, ihre Personalstrategie anzupassen und auf Chancengleichheit auszurichten, um das Potenzial aller auf dem Arbeitsmarkt vorhandenen Arbeitskräfte besser zu nutzen und die Mitarbeitenden in ihrer vielfalt und verschiedenheit zu fördern.

von einer auf Chancengleichheit ausgerichteten Unterneh-menspolitik profitieren alsonicht nurMenschen, die dadurcheine faire Chance erhalten, ihre Fähigkeiten und ihr Engage-ment unter Beweis zu stellen, sondern auch die Wirtschaft. Un-ternehmen, die die wachsende vielfalt ihrer Mitarbeitenden bewusst für ihren wirtschaftlichen Erfolg einsetzen, bereiten sichaktivaufdendemografischenWandelvorundverbessernso ihre Chancen, im sich verschärfenden Wettbewerb um Nach-wuchs und Fachkräfte zu bestehen.

viele Schweizer Unternehmen – vom Grossunternehmen bis zum KMU – haben dies bereits erkannt und begegnen den obi-gen Herausforderungen mit diversen Massnahmen. Um diese Massnahmenpalette besser bekannt und für andere Unterneh-men nutzbar zu machen, stellen das Hilfswerk der Evangeli-schen Kirchen Schweiz (HEKS) und der Schweizerische Arbeit-geberverband (SAv) in diesem Dossier zehn Tipps vor, die Unternehmen Anregungen geben, wie Chancengleichheit im Betrieb mit einfachen Massnahmen gefördert werden kann. Zu-dem kommen vertreterInnen von Schweizer Unternehmen, die solche Massnahmen bereits umsetzen, zu Wort und legen dar, weshalb eine auf Chancengleichheit ausgerichtete Personalrek-rutierung und -förderung für sie nicht nur gesellschaftlich ver-antwortungsvoll, sondern eben durchaus auch betriebswirt-schaftlich interessant ist.

Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und für Ihr Engagement.

Ueli LocherDirektor HEKS

Prof. Dr. Roland A. MüllerDirektor SAv

Chancen geben heisst Potenziale nutzen

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«Kundendienstberater»Diese Formulierung stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar, da nur die männliche Berufsbe-zeichnung gewählt wurde statt z. B. «Kundendienstberater/in».

«100%»vollzeitstellen können für Eltern und Behinderte ein Ausschluss-kriterium darstellen.

«junges, dynamisches Team»Diese Formulierung kann zur Folge heben, dass sich Personen aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung nicht bewerben, also besser weglassen.

«zwischen 30 und 40 Jahre alt»Dies ist eine Diskriminierung aufgrund des Alters. Insofern sollte auf eine Altersspanne oder -begrenzung in Stellenanzeigen ver-zichtet werden.

«Muttersprache Deutsch»Die Gleichbehandlung ausländischer BewerberInnen ist mit der Anforderung «Muttersprache» nicht gewährleistet, auch wenn sie perfektes Deutsch sprechen. Denn Deutsch als Mutterspra-che können nur Menschen vorweisen, die in ihrer frühen Kind-heit Deutsch als Erstsprache erlernt haben.

«mit Foto»Fotos können vorurteile auslösen, welche sich auf die vorselek-tion auswirken. Nachweislich sind ältere und ausländische Stel-lensuchende und Frauen dadurch benachteiligt. In vielen Län-dern (z. B. USA, UK) sind Bewerbungsunterlagen ohne Foto bereits üblich.

Aus der Praxis

Beispiel einer Stellenanzeige

Tipp 1: Formulieren Sie Stellenausschreibungen neutral.

Eine Stellenausschreibung sollte keine Anforderungen betreffend Alter, Geschlecht oder Nationalität beinhalten, sondern so neutral formuliert sein, dass sie sich ausschliesslich auf die erforderlichen Kompetenzen bezieht, die für die ausgeschriebene Stelle relevant sind.

Vermeiden Sie zum Bespiel Formulierungen wie «Sie sind jung und dyna­misch» oder «Ihre Muttersprache ist Deutsch». Dadurch kann verhindert werden, dass sich etwa ältere Menschen oder Menschen, die zwar flies­send Deutsch sprechen, aber nicht deutschsprachig aufgewachsen sind, ausgeschlossen oder nicht angesprochen fühlen und sich erst gar nicht melden, obwohl sie die gewünschten Qualifikationen mitbringen.

Ausnahme: Sie suchen gezielt nach Personen, die in Ihrem Betrieb bisher unterrepräsentiert sind, mit dem Ziel, die Vielfalt im Unternehmen insge­samt zu erhöhen (siehe Tipp 2).

Wir suchen für unser Unternehmen einen

Kundendienstberater 100%

Zur Ergänzung unseres jungen, dynamischen Teams suchen wir einen engagierten Kundendienstberater. Sie können mehrjährige Berufserfahrung vor weisen, sind zwischen 30 und 40 Jahre alt und deutscher Muttersprache. Wir bieten Ihnen eine abwechslungs-reiche Aufgabe und gute Anstellungsbedingungen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbungsunterlagen mit Foto und Lebenslauf.

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«Die vielfalt der Kundinnen und Kunden der SBB ist gross. Eine möglichst ebenso grosse vielfalt der Mitarbeitenden hilft uns, die Bedürfnisse unserer Kundschaft zu erkennen und innovative, tragfähige Lösungen zu entwickeln. Die Rekrutierung und Integra-tion von unterrepräsentierten Personengruppen ist daher ein Schlüsselelement für Kundenorientierung und Leistungsfähigkeit.

Die SBB hat im Jahr 2009 gezielte Personalgewinnungsmetho-den auf der Basis einer von der Konzernleitung getragenen Gendermanagement-Strategie eingeführt. So schreiben wir un-sere Stellen etwa nach Möglichkeit in Teilzeitpensen aus und bieten gezielt Teilzeitausbildungen an. Denn attraktive Teilzeit-angebote erleichtern es den insbesondere auch in Kaderpositio-nen noch unterrepräsentierten Frauen, eine Führungsaufgabe zu übernehmen.

Auf unsere offenen Stellen machen wir zielgruppenorientiert aufmerksam – zum Beispiel am Women’s Contact Day oder auf Websites für Teilzeitarbeit-Interessierte. Um die vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern, bieten wir zudem kosten-lose Beratung bezüglich Betreuung von Angehörigen an und unterstützenunsereMitarbeitendenfinanziellbeiderfamilien-externen Betreuung ihrer Kinder.

Zusammen mit weiteren Massnahmen, welche zu vielfalt und einem ausgewogenen Personalmix in unserem Unternehmen bei-tragen, konnten wir so unsere Etappenziele im Hinblick auf eine ausgewogenere Genderbalance, insbesondere auch in Kaderposi-tionen, erreichen und gleichzeitig unsere Attraktivität als Arbeit-geberin steigern. Auf diesem Gleis werden wir weiterfahren.»

Tipp 2: Rekrutieren und fördern Sie gezielt Personen, die in Ihrem Betrieb unterrepräsentiert sind.

Durch gezielte Rekrutierungsmassnahmen können Sie in Ihrem Betrieb nicht ausreichend berücksichtigte Personengruppen wie etwa Men­schen über 50 oder Frauen direkt ansprechen.

Einerseits können Ihre Stellenausschreibungen gezielte Formulierun­gen beinhalten, die die gesuchten Personengruppen auffordern, sich zu bewerben. Zum Beispiel: «Wir streben eine Erhöhung des Frauen­anteils an und fordern daher qualifizierte Frauen zur Bewerbung auf» oder «Wir suchen ältere, erfahrene Mitarbeitende».

Andererseits kann die Stellenausschreibung über spezifische Rekrutie­rungsplattformen erfolgen, wie etwa:

Altersgruppe 50+: mc-t.ch, fairness-at-work.chGut qualifizierte Frauen für Kaderpositionen: swonet.ch, femdat.ch, getdiversity.ch Gut qualifizierte MigrantInnen (aus Drittstaaten): networking-for-jobs.ch, associationdecouvrir.chSozial benachteiligte Jugendliche: lehrstellenboerse.ch, lehrstellenzentrale.ch, prolehrstelle.chPersonen mit Leistungsbeeinträchtigung:profil.proinfirmis.ch,fondation-ipt.ch,kantonale Iv-Stellen

Aus der Praxis

SBB AGOrtschaft: ganze Schweiz / Hauptsitz in BernTätigkeit: Öffentlicher verkehrMitarbeitende: rund 30 000

Regula Rütti, Leiterin Diversity SBB AG

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«Bei der Rekrutierung ist es mir wichtig, die richtigen Mitarbei-tendenzufindenundnichteinfachdiejenigenmitdenbestenSchulnoten oder dem höchsten Abschluss. Schliesslich brau-chen wir sowohl Mitarbeitende mit intellektuellen als auch sol-che mit praktischen Begabungen. Und handwerkliches Geschick hat mit Französischgrammatik nun wirklich nichts zu tun. Wir achten genau darauf, welche Fähigkeiten ein künftiger Arbeit-nehmer wirklich benötigt. Bringt ein Kandidat diese mit und zeigt er sich engagiert, hat er gute Chancen auf eine Anstel-lung.

Bei der Rekrutierung von Lernenden geben wir daher manch-mal auch jungen Menschen eine Chance, die nur eine mangel-hafte Schulausbildung abgeschlossen haben oder die, etwa auf-grund einer Lernschwäche, nur bescheidene Schulnoten vorweisen können. Es gibt die Möglichkeit, ein Praktikum bei uns zu absolvieren. Wenn sich herausstellt, dass jemand hand-werklich sehr geschickt ist, können wir ihm oder ihr eine 2-jäh-rige Lehrstelle als MechanikpraktikerIn EBA anbieten – eine Lehrstelle, die wir speziell für Anwärter mit Realschulabschluss oder darunter geschaffen haben.

Der Lernende, der bei uns zurzeit die Mechanikpraktiker-Lehre absolviert, hat sich mit dem Praktikum bei uns einen vorsprung herausarbeiten können, der ihm hilft, sein schulisches Manko auszugleichen. Auch sein Einsatz im Betrieb ist gross, weil er die Chance, die er erhalten hat, zu schätzen weiss.»

Aus der Praxis

Heizmann AGOrtschaft: Aarau (AG)Tätigkeit: Schlauchtechnik und BetriebsunterhaltMitarbeitende: rund 100

Tipp 3: Führen Sie bei der Personalauswahl vertiefte Eignungsprüfungen oder Praxistests durch.

Neben klassischen Bewerbungsgesprächen gibt es eine Vielzahl von Alternativen, um geeignete Mitarbeitende zu finden und zu rekrutieren. Dazu gehören etwa praktische Eignungstests, spezifische praxisorientierte Hilfsmittel zur Erfassung und Beurteilung von Schlüsselkompetenzen (z. B. Multicheck, IESKO), Probetage, Schnupperwochen oder mehrwöchige Praktika.

Im Gegensatz zum klassischen Bewerbungsgespräch geben solche alterna­tiven Auswahlverfahren den BewerberInnen die Möglichkeit, ihre tatsäch­lichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Um subjektive Einschätzungen (Bauchentscheide) bei der Personalauswahl zu vermeiden, empfiehlt es sich, von standardisierten Rastern und Check­listen zur Eignungsfeststellung (mit objektiven Kriterien) Gebrauch zu machen.

Karin Streit-Heizmann, Geschäftsführerin Heizmann AG

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«Bei uns arbeiten viele Menschen mit Migrationshintergrund. Es ist schon fast etwas multikulti bei uns. Ich erachte das aber auch als einen konkreten vorteil, schliesslich haben wir auch ein sehr durchmischtes Kundensegment. Ausländische Kunden, die etwa ein Restaurant führen, werden gerne von einem Lands-mann beraten. Daher schicken wir beispielsweise bewusst türki-sche Mitarbeiter zum Kundenbesuch in türkische Geschäfte.»

Tipp 4: Berücksichtigen und nutzen Sie die Qualifikationen und spezifischen Kompetenzen von MigrantInnen.

Berücksichtigen Sie bei der Personalauswahl, dass Menschen mit Migra­tionshintergrund oft spezifische Kompetenzen mitbringen, die nicht aus Schulzeugnissen oder anderen schriftlichen Dokumenten hervorge­hen. Dazu zählt etwa die Kompetenz, sich auf neue Situationen flexi­bel einstellen zu können oder sich souverän zwischen verschiedenen Kulturen bewegen zu können. Prüfen Sie daher, ob die zu besetzende Stelle tatsächlich sehr gute Deutschkenntnisse erfordert, denn zu hohe Anforderungen in diesem Bereich können den Blick auf solche spezifi­schen Kompetenzen und Potenziale verstellen.

Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenzen können insbeson­dere dann als Qualifikationskriterien gesehen werden, wenn Ihre Mitarbeitenden Kontakt zu einer vielfältigen Kundschaft pflegen oder das Unternehmen international tätig ist.

Berücksichtigen Sie auch die im Ausland erworbenen Kompetenzen und Qualifikationen von qualifizierten MigrantInnen, insbesondere aus Drittstaaten, und unterstützen Sie diese wenn nötig bei der Anerken­nung ihrer ausländischen Diplome.

Aus der Praxis

Aligro Demaurex & Cie SAOrtschaft: Hauptsitz in Chavannes-Renens (vD)Tätigkeit: Grossmarkt GastronomieMitarbeitende: rund 600

François Burnier, Verantwortlicher HR Aligro Demaurex & Cie SA

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«Die Anforderungen an Mitarbeitende in der Wirtschaft steigen stetig. Dabei vergessen wir, dass nicht alle Menschen gleicher-massen leistungsfähig sind. Wir sind der Meinung, dass gerade KMU Ausbildungsplätze für weniger leistungsfähige Jugendli-che anbieten oder auch Jugendlichen mit schlechten Deutsch-kenntnissen eine Chance geben sollten.

Bei solchen Lehrlingen ist eine gute Einführung in den Betrieb natürlich umso wichtiger. Alle Lehrlinge bekommen bei uns da-her einen Götti bzw. eine Gotte zugeteilt, der/die sie ein ganzes Jahr über auf der Baustelle ausbildet, aber auch in den Betrieb einführt und erste Ansprechperson bei Problemen ist. Auf eine gute Auswahl der Tandems Götti-Lehrling lege ich grossen Wert. Der Götti wird bereits bei der Selektion, während der Schnupperlehre mit einbezogen und übernimmt sogleich ver-antwortung.

Nach dem ersten Lehrjahr wird der Auszubildende für ein Jahr auf verschiedenen Arbeitsstellen mit nicht fest zugeteilten Mit-arbeitenden ausgebildet. Im dritten Lehrjahr kommt er dann wieder zurück zu seinem Götti und beendet die Ausbildung bei ihm.

Je nach Familiensituation der Lehrlinge werden die Göttis bei uns manchmal schon fast zu Ersatzvätern – und sie tragen einen sehr grossen Teil zum Gelingen der Lehrlingsausbildung bei.»

Aus der Praxis

Max Schweizer AGOrtschaft: Hauptsitz in Zürich (ZH)Tätigkeit: Malen, Gestalten, Gipsen und IsolierenMitarbeitende: rund 200

Tipp 5: Führen Sie ein Götti-/Gottesystem oder Mentoring-Programme ein.

Götti­/Gottesysteme sind ein gutes Personalförderungsinstrument. Die Aufgabe von Gotten/Göttis besteht darin, neue Mitarbeitende mit den formellen und informellen Regeln sowie den KollegInnen bekannt zu machen und sie bei fachlichen Fragen oder zwischenmenschlichen Proble­men zu unterstützen. Die enge Begleitung durch erfahrene Mitarbeitende ermöglicht Lernenden, Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund oder Mitarbeitenden mit Leistungsbeeinträchtigungen einen guten Start im Betrieb.

Externe oder interne Mentoring­Programme haben sich sowohl als Instru­ment der Personalgewinnung wie auch der Karriereförderung bewährt. Mentoring ist eine Förderbeziehung zwischen zwei Personen, die sich auf unterschiedlichen Erfahrungs­ und Hierarchieebenen befinden. MentorIn­nen unterstützen ihre Menté/es in Fragen der beruflichen Karriere und führen sie in wichtige Netzwerke ein.

Tandems von unterschiedlichen Mitarbeitenden (bezüglich Alter, Ge­schlecht, Herkunft und Gesundheit) fördern neben dem Wissens­ und Erfahrungstransfer auch den sozialen Kontakt untereinander und damit ein gutes Betriebsklima.

Pascal Richard, eidg. dipl. Malermeister und Ausbildungs-leiter Max Schweizer AG

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«Ich achte bei der Zusammensetzung von Gruppen immer dar-auf,dassunterschiedlichePerspektiveneinfliessenkönnen.Ichhabe mir beispielsweise zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil bei PB Swiss Tools systematisch zu erhöhen. So arbeiten bei uns auf allen Hierarchiestufen ein Drittel Frauen. Das ist in der männer-dominierten Metallindustrie nicht selbstverständlich. Diversität in einer Gruppe ist aber nicht nur mit Blick auf das Geschlecht wichtig. Auch bezüglich des Alters, der Herkunft, des Wissens und der Erfahrung sollten sich die Teammitglieder ergänzen.

In unseren Teams arbeiten daher Menschen mit unterschiedli-chen kulturellen und sprachlichen Hintergründen, Frauen und Männer sowie Ältere und Jüngere zusammen. Ich bin über-zeugt, dass durch eine solche Durchmischung von Teams auf allen Ebenen der Firmenhierarchie Innovationen gefördert wer-den können. Unsere KundInnen und AnwenderInnen beispiels-weise haben sehr unterschiedliche Anliegen und Erwartungen an uns. Die Diversität unserer Teams hilft uns, darauf einzuge-hen und die unterschiedlichen Erwartungen zu erfüllen.

Bei der Erreichung einer breiten Teamzusammensetzung spielt ein grosses Netzwerk, um entsprechende Mitarbeitende zu rek-rutieren, natürlich eine entscheidende Rolle. Denn Diversität ergibt sich nicht einfach so, per Zufall. Es braucht vorgaben und zielführende Rahmenbedingungen. Und eine Geschäftsleitung, die sich bewusst dafür einsetzt.»

Tipp 6: Achten Sie auf eine gemischte Teamzusammensetzung.

Die Zusammenstellung von gemischten Teams (bezüglich Alter, Geschlecht, Herkunft) hat sowohl ökonomisch wie sozial positive Auswirkungen.

Die grössere Bandbreite an Erfahrungen und Wissen führt zu einem kreativeren und flexibleren Umgang mit Herausforderungen und somit zu mehr Innovation. Mitglieder eines gemischten Teams betrach­ten ein und dasselbe Problem meist aus völlig unterschiedlichen Blick­winkeln und finden so oft verblüffend neue Lösungsansätze.

Das Miteinander der Generationen und Nationalitäten fördert zudem soziale Kontakte und ein gutes Betriebsklima, und Vorurteile unter den Mitarbeitenden können abgebaut werden.

Aus der Praxis

PB Swiss ToolsOrtschaft: Hauptsitz in Wasen (BE)Tätigkeit: Hersteller von Handwerkzeug und medizinischen Instrumenten. Mitarbeitende: rund 150

Eva Jaisli, CEO PB Swiss Tools

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«An einer kontinuierlichen Ausbildung der gesamten Beleg-schaft liegt uns viel. Deshalb steht Ausbildung bei uns jede Wo-cheaufdemProgramm.UnserfirmeneigenesAusbildungskon-zept PIP, das permanente Instruktions-Programm, sieht jeden Freitag eine Ausbildungseinheit vor. PIP bedeutet Schulung von Mitarbeitenden für Mitarbeitende. Ein sogenanntes Mini-PIP dauert eine viertelstunde, ein Maxi-PIP zum Teil mehr als eine Stunde. Die behandelten Themen sind ausgesprochen vielfältig: Sie reichen von Informationen zu neuen technischen verfahren und Produkten über die verbesserung von Prozessen bis zu ad-äquatem Benehmen gemäss Knigge, Diskussionen über Religi-on im Alltag, Gesprächsführung oder gesunde Ernährung. Das PIP fördert die Präsentationstechnik der Mitarbeitenden, den interkulturellen Austausch und das gegenseitige Lernen.

Pro Jahr und Mitarbeitenden wenden wir rund 40 bis 50 Stun-den für die Weiterbildung auf. Auf den ersten Blick vielleicht keine Selbstverständlichkeit für einen Betrieb, der vor allem Ge-bäudetechnikmonteure beschäftigt – aber meines Erachtens eine Notwendigkeit. 40 Stunden Schulung sind 90 Prozent we-niger Fehler. Wir haben weniger Unfälle, sind gesünder, gehen mit Kunden freundlicher und professioneller um, sind leistungs-fähiger, weil wir mehr wissen; und weil wir so sind, wie wir sind, haben wir ein anderes Image bei den Kunden. Das alles schlägt sich direkt in der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens nie-der.»

Aus der Praxis

Hunziker Partner AGOrtschaft: Winterthur (ZH)Tätigkeit: GebäudetechnikMitarbeitende: rund 70

Tipp 7: Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitenden Weiterbildungen und Spezialisierungen am Arbeitsplatz.

Leisten Sie einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel, indem Sie Ihren Mitarbeitenden eine laufende Qualifizierung ermöglichen. Achten Sie darauf, dass die von Ihrem Unternehmen angebotenen oder unterstütz­ten Weiterbildungen allen Mitarbeitenden offenstehen und unabhängig von Alter, Geschlecht, Qualifikation oder Herkunft vergeben werden.

Empfehlenswert sind auch spezielle Weiterbildungsangebote für einzelne Personengruppen wie etwa niedrig qualifizierte oder ältere Mitarbeiten­de oder Mitarbeitende mit Migrationshintergrund. Für Letztere bieten sich etwa betriebsinterne Deutschkurse an, die während der Arbeitszeit besucht werden können. Dabei wird sowohl die Alltagssprache als auch die berufsspezifische Sprache gefördert. Auch gezielte Weiterbildungen von älteren Mitarbeitenden (Personalführung, spezielle IT­ oder Logistik­kurse) zahlen sich aus.

Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden bei der Kompetenzanerkennung und Validierung von Bildungsleistungen und Berufspraxis.

Christian Hunziker, CEO Hunziker Partner AG

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«In meiner Rolle fördere ich die vielfalt bei der AXA Winterthur, die eine optimale vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ver-langt. Dies geht nur mit neuen, anpassungsfähigen Arbeitsmo-dellen, welche auf zeit- und ortsungebundene Arbeitsformen basieren. So können wir gemeinsam mit unseren Mitarbeiten-den auf neue Lebenslagen reagieren und das Arbeitsmodell auf neue Situationen (Familie, Freizeit, Beruf) abstimmen.»Yvonne Seitz, Head Diversity & Family Care AXA Winterthur «Als innovativer versicherer möchten wir die Massstäbe neu de-finieren.WirwollenwegvomNine-to-five-Jobundhinzuneu-en, anpassungsfähigen Arbeitsmodellen. Dank solchen Arbeits-modellen können wir Mitarbeitende langfristig, also auch während einer veränderung der Lebensphase, im Unternehmen behalten. Dies senkt die Fluktuationskosten, sichert den ver-bleib des Know-hows innerhalb der Firma und steigert gleich-zeitig unsere Attraktivität als Arbeitgeber.

Ich bin davon überzeugt, dass flexibleArbeitsmodelle zudemdie beste Grundlage für eine vielfältige Unternehmenskultur sind. Diese führt zu Teams mit verschiedenen Blickwinkeln und unterschiedlichen Erfahrungen und fördert die Entstehung von innovativen und durchdachten Produkten. Davon profitierenalle, d. h., wir können als verantwortungsvolles Unternehmen unsere Mitarbeitenden fördern und unseren Kunden gleichzei-tig individuelle und passende Lösungen anbieten.»Christoph Müller, Leiter Human Resources AXA Winterthur

Tipp 8: Ermöglichen Sie Arbeits(zeit)modelle, die die individuellen Lebenslagen Ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen.

Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitenden flexible Arbeitsmodelle wie etwa Teilzeitarbeit, Jobsharing, Home­Office, flexible Pensionierungs­gestaltung oder unterschiedliche Ferienmodelle (z. B. spezielle Rege­lungen, um an wichtigen kulturell­religiösen Feiertagen anderer Kulturkreise freizunehmen).

Flexible Arbeitszeiten und ­orte berücksichtigen die verschiedenen individuellen Lebenslagen Ihrer Mitarbeitenden und ermöglichen es ihnen, auch dann erwerbstätig zu sein bzw. zu bleiben, wenn sie mehr Zeit für die Kinderbetreuung, die Angehörigenpflege, die Genesung nach einer Krankheit, die Religionsausübung oder eine Weiterbildung benötigen.

Aus der Praxis

AXA WinterthurOrtschaft: Winterthur (ZH)Tätigkeit: versicherungenMitarbeitende: über 4000

Christoph Müller, Leiter HR, und Yvonne Seitz, Head Diversity & Family Care, AXA Winterthur

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«Die verständigung zwischen den Mitarbeitenden ist in unse-rem Betrieb eine der grössten Herausforderungen. Der einfache Grund dafür: Rund 95 Prozent unserer Mitarbeitenden haben einen Migrationshintergrund – ganz egal, ob sie an den Maschi-nen arbeiten, als Chauffeure oder im Büro tätig sind. Umso wichtiger ist es da, dass das Betriebsklima stimmt und dass die Kommunikation untereinander funktioniert. Einen Beitrag dazu leisten unsere betriebsinternen Deutschkurse und Weiterbildun-gen.

Mehrmals im Jahr organisieren wir etwa Schulungen für alle Mitarbeitenden zu Themen wie ‹Umgang mit verschiedenen Kulturen im Arbeitsumfeld›, ‹Motivation am Arbeitsplatz›, ‹Interkulturelle Kommunikation› oder ‹Mobbing am Arbeits-platz›. Die Kurse werden von einem externen Coach in den Räumlichkeiten unseres Betriebs durchgeführt und können während der Arbeitszeit besucht werden. Wir bieten diese Schulungen jetzt seit rund drei Jahren an und machen die Erfah-rung, dass die Mitarbeitenden sehr motiviert, ja stolz sind, die Kurse zu besuchen, und dass sie lernen, besser miteinander um-zugehen und zu kommunizieren.

Wenn sich dadurch Missverständnisse oder Fehler, die sich beim Aufeinandertreffen so vieler unterschiedlicher Sprachen und Kulturen leicht ergeben, verhindern lassen, dann lohnt sich die Investition in solche Schulungen auch für uns.»

Aus der Praxis

Wäscherei BodenseeOrtschaft: Münsterlingen (TG)Tätigkeit: WäschereiMitarbeitende: rund 120

Tipp 9: Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte im Bereich Chancengleichheit/Umgang mit Vielfalt.

Achten Sie darauf, dass Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung in Ihrem Betrieb gelebt und weitervermittelt werden, beispielsweise indem Sie in Ihrem Unternehmen Schulungen oder Trainings für Führungskräfte und HR­Verantwortliche zu den Themen chancengleiche Personalauswahl­ und Personalförderungspolitik und Umgang mit Vielfalt anbieten.

Sie können auch Schulungen für alle Mitarbeitenden anbieten, um die Belegschaft für die Hauptformen von Diskriminierung zu sensibilisieren und inter­ bzw. transkulturelle Kompetenzen aufzubauen.

Marco Wäckerlig, Geschäftsleiter, und Elisabeth Chomicz, Betriebsleiterin, Wäscherei Bodensee

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«In der Hotellerie-Branche ist man mit besonderen und zugleich auch spannenden Herausforderungen konfrontiert. Ein herz-lich-offener Kontakt zu unseren Gästen aus aller Welt gehört zu unserer Firmenkultur und daher ist eine internationale Beleg-schaft hilfreich und förderlich. verschiedene Kulturkreise, der-zeit sind es etwa 28 Nationen, wirken sich bei uns positiv auf ein gemeinsames Miteinander zur Erreichung unserer Unterneh-mensziele aus.

Rassistische oder diskriminierende Aussagen widersprechen unserem gelebten Teamgeist und sind nicht erlaubt. Sollte es dennoch solche Äusserungen von Mitarbeitenden geben, wer-den wir gemäss unseren internen Regelungen in Bezug auf Dis-kriminierung und Mobbing handeln und die Mitarbeitenden intensiv begleiten. Fühlt sich jemand aus der Belegschaft diskri-miniert,findetsichimHR-BüroimmereinAnsprechpartner.

Wir versuchen, das Problem immer zuerst im persönlichen Ge-spräch zu lösen. Alternativ hat der Mitarbeitende aber auch die Möglichkeit, sich ausserhalb der Unternehmung an eine exter-ne Stelle zu wenden und die Beschwerde dort anonym zu hin-terlegen.»

Tipp 10: Erarbeiten Sie schriftliche Instrumente zum Thema Diskriminierung/Chancengleichheit und kommunizieren Sie diese.

Führen Sie in Ihrem Unternehmen Instrumente wie etwa Leitfäden oder einen Verhaltenskodex bezüglich Nichtdiskriminierung/Chancen­gleichheit ein und überprüfen Sie wenn möglich regelmässig, ob diese Richtlinien eingehalten werden. Definieren Sie ein klares Vorgehen und eine unabhängige Ansprechperson, an die sich die Mitarbeitenden in Fällen von Diskriminierung wenden können.

Die Leitlinien können an zentraler Stelle im Betrieb angeschlagen und/oder neuen Mitarbeitenden am ersten Arbeitstag überreicht werden. Solche – möglichst schriftlich fixierten – Selbstverpflichtungen können wichtige Sensibilisierungsprozesse im Unternehmen anstossen. Die Überprüfung interner Strukturen (Diversity­Check, Gleichstellungs­Con­trolling) kann ein erster Schritt zur Veränderung Ihrer Unternehmens­kultur sein.

Aus der Praxis

Hotel Allegro und Kursaal BernOrtschaft: Bern (BE)Tätigkeit: Hotelbetrieb und GastronomieMitarbeitende: rund 300

Franziska Moraske, Leiterin HR Hotel Allegro und Kursaal Bern

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Oberstes Ziel des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAv) bleibt die Erhaltung eines gut funktionierenden, flexiblen Arbeitsmarktes sowie die weitere Steigerung der Erwerbsbetei-ligung und eine möglichst tiefe Arbeitslosigkeit. Der Standort Schweiz muss sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeitnehmenden als Arbeitsplatz international konkurrenz-fähig sein.

Der Fachkräftebedarf in der Schweiz ist und wird weiterhin hoch sein. Mit dem Abstimmungsentscheid über die Massen-einwanderung vom Februar 2014 hat das Schweizer Stimmvolk aber zum Ausdruck gebracht, dass sich alle Player auf dem Arbeitsmarkt vermehrt darum kümmern müssen, heute nicht aktive Arbeitskräfte im Inland noch besser in den Schweizer Arbeitsmarkt zu integrieren. Der sogenannte Inländervorrang soll künftig wieder stärker zur Anwendung gelangen. Ange-sichts der mit dem Abstimmungsentscheid verursachten verun-sicherung, insbesondere auch bei den Arbeitgebenden, gilt es einerseits ein waches Auge darauf zu haben, dass wir den Standort Schweiz nicht für die Unternehmen unattraktiv gestal-ten. Andererseits soll der Wille des volkes aber umgesetzt wer-den, weshalb der SAv sein Commitment bestätigt, sich für die Integration der inländischen Arbeitskräfte einzusetzen.

Um das in der Schweiz vorhandene Arbeitskräftepotenzial aus-schöpfen zu können, ist der Zugang zu Bildung und Arbeit ver-stärkt zu fördern. Soziale Herkunft, das Geschlecht, die Natio-nalität, die Religion, das Alter oder die ethnische Zugehörigkeit eines Menschen sollen seine Chancen auf eine Arbeitsstelle und seinenberuflichenWerdegangundAufstiegnichtbeeinträchti-gen. Bei vorliegen der notwendigen Fähigkeiten sowie des ge-forderten Wissens und Talents sollen alle Menschen die gleichen Chancen erhalten, sich im Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Um die Erwerbsbeteiligung der Frauen zu fördern, sind seitens der staatlichen Familienpolitik geeignete Massnahmen zur bes-seren vereinbarkeit von Beruf und Familie umzusetzen. Auf Sei-ten der Arbeitgeber soll mit Massnahmen zur Förderung der QualifikationundderLaufbahnchancendiePositionderFrauenm Arbeitsmarkt grundsätzlich gestärkt werden. Angesetzt wer-den soll aber auch bei den älteren Arbeitnehmenden, welche

mit einer altersgerechten Personal-, Beschäftigungs- und versi-cherungspolitik vermehrt noch in den Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Schlussendlich soll der soziale Zusammenhalt der Gesellschaft gefördert werden, um der Chancengleichheit zum Durchbruch zu verhelfen.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband bleibt deshalb bei sei-ner bereits früher geäusserten Meinung: Die Förderung von Chancengleichheit in der Arbeitswelt stellt auch eine Chance dar,dienotwendigenFachkräfte im Inlandzufinden,sodasseine solche Anstellung für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin-nen wie aber auch für die Arbeitgeber ein echter Gewinn dar-stellen kann.

Wir unterstützen deshalb die Bemühungen von HEKS, mit den vorgestellten 10 Tipps im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ei-nen wichtigen Beitrag zur stärkeren Integration des inländi-schen Arbeitskräftepotenzials zu leisten.

SAvUnser Beitrag – unsere Anliegen

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Das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) setzt sich dafür ein, dass alle in der Schweiz lebenden Menschen die gleichen Chancen erhalten, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten. In den Arbeitsintegrationsprojekten von HEKS wer-den Stellensuchende in der Entwicklung ihrer persönlichen Res-sourcen und Kapazitäten unterstützt, damit sie ihre Chancen für den Zugang zu Bildung und Arbeit besser wahrnehmen können. Zu den Angeboten von HEKS gehören unter anderem Motivationssemester für lehrstellensuchende Jugendliche, Arbeitsintegrationsprogramme, die Erwerbslose beim Wieder-einstieg in den Arbeitsmarkt unterstützen, oder Mentoring-Pro-gramme, die qualifiziertenMigrantInnen den Einstieg in denSchweizer Arbeitsmarkt erleichtern.

Doch immer wieder hat HEKS feststellen müssen: Das allein reicht nicht. Wenn die Stellensuchenden keine Chancen erhal-ten, ihre Fähigkeiten und ihr Engagement in der Arbeitswelt unter Beweis zu stellen, dann kann auch die Stärkung ihrer Res-sourcen nur bedingt Erfolg haben.

Die Förderung von Chancengleichheit muss daher mit einer ent-sprechenden Politik und Praxis einhergehen. Sowohl der Staat wie auch die Wirtschaft sind gefordert, strukturelle Hürden ab-zubauen.

Dazu braucht es insbesondere:

>> mehr niederschwellige Informationsangebote und professio-nelle Beratungsstellen zum Thema Chancengleichheit, die verwaltungen, Arbeitgebende, Organisationen, aber auch Diskriminierungsbetroffene sensibilisieren und beraten.

>> eine aktive Massnahmenpolitik, insbesondere in den Berei-chen:

– verbesserung des Zugangs zu Nachhol-, Aus- und Weiter-bildungenfürniedrigqualifiziertePersonen,

– verbreitung, vereinfachung und Ausbau der verfahren zur Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen und der validierung von Kompetenzen und Berufspraxis,

– Stärkung des Diversity-Ansatzes sowohl im öffentlichen wie im privaten Sektor.

>> eine menschenrechtskonforme Auslegung und bessere Durchsetzung der bestehenden gesetzlichen Instrumente im Diskriminierungsschutz durch Behörden und Gerichte.

>> eine verstärkte Informations- und Sensibilisierungsarbeit, damit die bestehenden Diskriminierungsverbote in der SchweizgrössereBeachtungfinden.

>> die Schaffung professioneller Fachstellen, die Betroffene unentgeltlich beraten und kostengünstig rechtlich unter-stützen.

>> die Ausweitung kostengünstiger und einfacher verfahren mit Beweiserleichterungen zugunsten der Betroffenen.

>> eine Ergänzung der gesetzlichen Regelungen, wo sich diese als ungenügend erweisen. verschiedene internationale Gre-mien haben der Schweiz in den vergangenen Jahren wieder-holt empfohlen, eine umfassende Antidiskriminierungs- Gesetzgebung zu erlassen.

In der Kampagne «Chancengleichheit zahlt sich aus» macht HEKS auf diesen Handlungsbedarf aufmerksam und weist dar-auf hin: Chancengleichheit ist für alle ein Gewinn. Nicht nur für bisher auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen, sondern auch für die Unternehmen, die diesen Menschen Chancen eröffnen.

HEKSUnser Beitrag – unsere Anliegen

Page 16: 10 Praxistipps für mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt

Mehr Informationen und viele weiterführende Links zu jedem Tipp:

www.gleiche-chancen.ch