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chen (optimal ist nur eine Bezugsperson als ,Bindeglied"; vgl. sp~iter z.B. 169£ und 196£) abchecken, start sich yon den Ehren- amtlichen einzelne Arbeitsauft~ge buchhal- terisch iibertragen zu lassen und bald in Routinearbeiten zu ersticken: ,Am erfolg- reichsten sind jene ABM-K~fte, die auf der Basis einer Analyse der Lage des Vereins nicht nur einzelne Ideen und Vorschl~ige fib die eigenen Arbeitsschwerpunkte ent- wickeln, sondern ein den gesamten (im Buch unterstrichen; D. K.) Verein, also auch alle anderen Abteilungen und Arbeitsbereiche umfassendes Konzept zur zukiinftigen Ent- wicklung ausarbeiten, dies mit dem Vor- stand diskutieren und durchsetzen" (144). Der sportpraktische Anteil der Arbeit soll nach den Wiinschen der ABM-Kr~e dann dabei jedoch mit 30 his 50% im Vorder- grund stehen (182). Weiterhin f6rderlich fiir eine ,arbeitsplatzsichernde" Bindung an den Verein und fiir die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen (vgl. dazu die Problemdis- kussion in Abschn. 3.2.2.3) insgesamt kann es sein, sich im Verein selbst noch ehrenamt- lich (vgl. 179f.) zu engagieren und/oder sich selbst dort sportlich zu bet~itigen und auf diese Weise zu zeigen, dab man sich dem Verein zugeh6rig fiihlt (vgl. dazu Befunde Berichte im Kap. ,Identifikation und Engagement"). Zum Schlut~: Die beiden Autoren liefern in dieser Studie, die aus der ,wissenschaftlichen Begleitung eines ABM-Modellversuchs in Hamburg iiber zwei Jahre" (Vorwort) her- vorgegangen ist, u. a. wichtige Hinweise auf einen strukturetlen Erfolg von AB-MHnah- mefi oder die anschliei~enden Etablierung eines Dauerarbeitsplatzes im Sportverein. Leider erfahren wir jedoch nichts iiber den tats~ichlichen quantitativen Erfolg dieses Hamburger Programms; erst in der Zusam- menfassung (vgl. Kap. 4) wird es ,eher als professionalisierungshemmend" (198) einge- stuft. HEIt~V~a^/,m/ScmmE/tT geben aber gleichzeitig zu bedenken, dH ,ein Modell des gleitenden Ubergangs yon der 6ffentli- chen F6rderung zur Selbstfinanzierung" (198) iiber fiinf bis sechs Jahre und mit einer finanziellen Beteiligung der Vereine von Be- ginn an noch erfolgreicher sein k6nnte_ Aus anderen Bundesliindern (z.B. Projekt zur Breitensport-Entwicklung in Nordrhein- Westfalen) gibt es dazu mittlerweile schon weitere Erfahrungen. Vielleicht legen die Hamburger ja bald eine n~ichste Studie (Ar- beitstiteh ,ABM im Sport -- Programme im Vergleich") dazu vor. Es w~e zu wiinschen. D. KUHLMANN BERICHTE 100 Jahre Arbeitersport in Deutschland. Wissenschafiliches Symposium aus Anlafl der Gr~ndung des Deutschen Arbeiter-Turnerbun- des 1893. Die Tagungen der dvs-Sektion Sportgeschich- te verlaufen zwar immer sehr aufregend, aber normalerweise und v611ig unberechtigt ohne gr6f~eres 6ffentliches Interesse Diesmal war es anders. Am 21./22. Mai 1993 j~ihrte sich zum hundertsten Mal die Griindung des Deutschen Arbeiter-Turnerbundes, ein Ver- band, den es nicht mehr gibt und der nur vierzig von diesen hundert Jahren existierte -- bis 1933, als die Arbeiter-Turn- und Sport- organisationen von den Nationalsozialisten verboten wurden. Die Sektion Sportge- schichte in der dvs nahm diesen Jahrestag zum AnlH, den tiblichen kleineren Rahmen einer Fachtagung zu sprengen und vom 1. 323

100 Jahre Arbeitersport in Deutschland

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chen (optimal ist nur eine Bezugsperson als ,Bindeglied"; vgl. sp~iter z.B. 169£ und 196£) abchecken, start sich yon den Ehren- amtlichen einzelne Arbeitsauft~ge buchhal- terisch iibertragen zu lassen und bald in Routinearbeiten zu ersticken: ,Am erfolg- reichsten sind jene ABM-K~fte, die auf der Basis einer Analyse der Lage des Vereins nicht nur einzelne Ideen und Vorschl~ige fib die eigenen Arbeitsschwerpunkte ent- wickeln, sondern ein den gesamten (im Buch unterstrichen; D. K.) Verein, also auch alle anderen Abteilungen und Arbeitsbereiche umfassendes Konzept zur zukiinftigen Ent- wicklung ausarbeiten, dies mit dem Vor- stand diskutieren und durchsetzen" (144). Der sportpraktische Anteil der Arbeit soll nach den Wiinschen der ABM-Kr~e dann dabei jedoch mit 30 his 50% im Vorder- grund stehen (182). Weiterhin f6rderlich fiir eine ,arbeitsplatzsichernde" Bindung an den Verein und fiir die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen (vgl. dazu die Problemdis- kussion in Abschn. 3.2.2.3) insgesamt kann es sein, sich im Verein selbst noch ehrenamt- lich (vgl. 179f.) zu engagieren und/oder sich selbst dort sportlich zu bet~itigen und auf diese Weise zu zeigen, dab man sich dem Verein zugeh6rig fiihlt (vgl. dazu Befunde

Berichte

im Kap. ,Identifikation und Engagement"). Zum Schlut~: Die beiden Autoren liefern in dieser Studie, die aus der ,wissenschaftlichen Begleitung eines ABM-Modellversuchs in Hamburg iiber zwei Jahre" (Vorwort) her- vorgegangen ist, u. a. wichtige Hinweise auf einen strukturetlen Erfolg von AB-MHnah- mefi oder die anschliei~enden Etablierung eines Dauerarbeitsplatzes im Sportverein. Leider erfahren wir jedoch nichts iiber den tats~ichlichen quantitativen Erfolg dieses Hamburger Programms; erst in der Zusam- menfassung (vgl. Kap. 4) wird es ,eher als professionalisierungshemmend" (198) einge- stuft. HEIt~V~a^/,m/ScmmE/tT geben aber gleichzeitig zu bedenken, dH ,ein Modell des gleitenden Ubergangs yon der 6ffentli- chen F6rderung zur Selbstfinanzierung" (198) iiber fiinf bis sechs Jahre und mit einer finanziellen Beteiligung der Vereine von Be- ginn an noch erfolgreicher sein k6nnte_ Aus anderen Bundesliindern (z.B. Projekt zur Breitensport-Entwicklung in Nordrhein- Westfalen) gibt es dazu mittlerweile schon weitere Erfahrungen. Vielleicht legen die Hamburger ja bald eine n~ichste Studie (Ar- beitstiteh ,ABM im Sport -- Programme im Vergleich") dazu vor. Es w~e zu wiinschen.

D. KUHLMANN

B E R I C H T E

100 Jahre Arbeitersport in Deutschland.

Wissenschafiliches Symposium aus Anlafl der Gr~ndung des Deutschen Arbeiter-Turnerbun- des 1893.

Die Tagungen der dvs-Sektion Sportgeschich- te verlaufen zwar immer sehr aufregend, aber normalerweise und v611ig unberechtigt ohne gr6f~eres 6ffentliches Interesse Diesmal war es anders. Am 21./22. Mai 1993 j~ihrte

sich zum hundertsten Mal die Griindung des Deutschen Arbeiter-Turnerbundes, ein Ver- band, den es nicht mehr gibt und der nur vierzig von diesen hundert Jahren existierte -- bis 1933, als die Arbeiter-Turn- und Sport- organisationen von den Nationalsozialisten verboten wurden. Die Sektion Sportge- schichte in der dvs nahm diesen Jahrestag zum AnlH, den tiblichen kleineren Rahmen einer Fachtagung zu sprengen und vom 1.

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Ber/chte

bis zum 4. April in Leipzig ein grot~es wis- senschaftliches Symposium zum Thema Ar- beitersport durchzufiihren. Sie wurde in die- sem Bemiihen von der Friedrich-Ebert-Stif- tung (Biiro Leipzig) sowie vom Deutschen Sportbund und vom Deutschen Turner- Bund unterstiitzt. SPD, DSB und DTB ver- stehen sich alle drei auf ihre Weise als Orga- nisationen, in denen das Erbe des ATB auf- gegangen sein soll. Es blieb deshalb nicht bei einer einfachen Tagung iiber den Arbeiter- sport, sondern es wurde daraus ein Festakt mit prominenten G~isten und Rednern, dem ein Symposium mit bekannten Historikern und Experten zur Geschichte der Arbeiter-, der Arbeiterkultur- und der Arbeitersport- bewegung folgte. Leipzig ist sowohl ~ r die Geschichte von Turnen und Sport als auch der Arbeiterbe- wegung und besonders des Arbeitersports ein zentraler Ort. Hier schlug vor 1933 ge- wissermaben das Herz der deutschen Sozial- demokratie, der deutschen Turnbewegung der 1860er und 1870er Jahre und der sozial- demokratischen Arbeiter-Turn- und Sportbe- wegung. Der Allgemeine Deutsche Arbeiter- verein (ADAV) Ferdinand L^ss~a.Es wurde 1863 in Leipzig gegriindet; im selben Jahr fand hier das dritte allgemeine deutsche Turnfest mit einer Rekordbeteiligung von iiber 20 000 Turnern start. Der Sitz des ATB befand sich in Leipzig, wo 1922 auch das er- ste groi~e Bundesfest des ATSB gefeiert wur- de, und in Leipzig steht (inzwischen stark renovierungsbediirftig und unter Denkmal- schutz) auger dem Wohnhaus (und gleich- zeitig Gesch~iftsstelle der Deutschen Turner- schaft) des Turnerfiihrers Ferdinand GoETz schliei~lich auch die einst p~chtige und in DDR-Zeiten v611ig heruntergekommene Bundesschule des ATSB, zur Zeit ihrer Er- richtung im Jahr 1926 die modernste Turn- und Sportschule in Deutschland. Bei der Festveranstaltung im Leipziger Rat- haus wurde ausgiebig an solche Traditionen

erinnert; nicht nur in den Festreden, sondern auch durch eine vom Leipziger Sportmuseum unter Leitung von Gerlinde RovIR vorbildlich gestaltete Ausstellung zur Geschichte des Arbeitersports in Leipzig. Holger BOl~qEs, Vorsitzender der Friedrich- Ebert-Stiftung, wies in seiner Begriigungs- ansprache auf die Notwendigkeit und die Bemiihungen seiner Organisation hin, die sozialen Werte und Traditionen des Arbeiter- sports zu pflegen und weiterzuentwickeln; der Oberbiirgermeister von Leipzig, Hin- rich LE~rN-GRus~, erinnerte damn, daft zw61f Jahre Nationalsozialismus und 45 Jah- re totalit~irer Kommunismus in der DDR dieses Erbe zerst6rt h~itten und es jetzt bei der L6sung der aktuellen schweren Proble- me der Stadt darauf ankomme, die ,geistigen Wurzeln" der Arbeiter- und Arbeiterkultur- bewegung wieder freizulegen und neu zu entfalten. Hans H^NSEN, Prisident des Deut- schen Sportbundes, sprach deutlich aus, daf~ nach 1945 nicht nut der sogenannte biirger- liche Sport, sondern ebenso der friihere Ar- beitersport in den Vereinen und Verb~inden des DSB aufgegangen sei. Erst die freiwillige Einheit des Sports in der Bundesrepublik ha- be zur Bliite der heutigen Sport- und Sport- vereinskultur fiihren k6nnen. Hans-Peter W U I a ~ R liei~ in Vertretung des er- krankten Prksidenten des Deutschen Turner- Bundes, Prof. Jiirgen Dr~C~RTS, nicht uner- w~ihnt, dab die friiher erbitterte Feindschaft zwischen der nationalen Deutschen Turner- schaft und dem sozialdemokratischen Arbei- ter-Turnerbund iiberwunden sei. Der heutige DTB als grot~er Breiten- und Freizeitsport- verband stehe bei der Wahrnehmung seiner sozialen und gesellschaftspolitischen Aufga- ben auch in der Tradition des ATB oder ATSB. Die eindruckvollste Festrede hielt der stellver- tretende SPD-Vorsitzende Wolfgang THIEss~. Er hob hervor, dab der Grund fiir die Ent- stehung einer eigenen Arbeiterturn- und, all-

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gemein, Arbeiterkulturbewegung im Deut- schen Kaiserreich in der Ausgrenzung der Arbeiter aus der b,firgerlichen Gesellschaft gelegen habe Nichts h~itten sich die Arbeiter aber mehr gewiinscht, als von den Biirgern respektiert und nicht l~inger als ,underdog" verachtet zu werden. Obwohl die Mehrzahl der Arbeiter in b,firgerlichen und nicht in so- zialdemokratischen Turn- und Sportverei- nen organisiert gewesen seien, habe die Fiih- rung der DT die sozialdemokratischen Ar- beiter als ,vatertandslose Gesellen" verteu- felt, ganz wie es Reichskanzler v. BIs~Rc~ vorgemacht hatte und wie es im Reichstag 1878 im ,Sozialistengesetz" gegen die ,ge- meingef~ihrlichen Bestrebungen der Sozial- demokratie" beschlossen worden war. Die b,firgerlichen Herren-Sportier h~itten den Amateurparagraphen erfunden, der nichts anderes als ein ,Arbeiter-Abwehrparagraph" gewesen sei, mit dem den Arbeitern der Zu- gang zu den sportlichen Freizeitbesch~Cti - gungen der b,firgerlichen und adeligen Ober- schichten in Deutschland habe verwehrt werden sollen. Ausgegrenzt seien die Arbei- terturner und -sportier sogar von ihrer eige- nen sozialdemokratischen Partei gewesen; denn die sozialistischen Partei-Ideologen sei- en gegen,fiber Turnen und Sport und den .Klim-Bim-Vereinen" skeptisch gewesen, die aus ihrer Sicht nur die Arbeiter yon ihren Parteipflichten abgehalten h~itten. Schliet~- lich h~itten sich die Arbeitersportler sogar gegenseitig ausgegrenzt, als es 1928 zur Spa[- tung der Arbeitersportbewegung in eine so- zialdemokratische und eine -- zahlenm~ig kleine, aber ideologisch iiberaktive -- kom- munistische Richtung gekommen sei. Die DDR habe fast ausschlieglich das Erbe die- ser ,Rot-Sportler" gepflegt und nichts von sozialdemokratischen Arbeitersportvereinen gehalten. Der realsozialistische ,Arbeiter- und Bauernstaat" habe die Werte des Ar- beitersports miihchtet und statt dessen ein autorit~ires und mit allen, auch verbotenen

Ber/chte

Mitteln hochgez,fichtetes und isoliertes Hoch- leistungssport-System geschaffen. Trotzdem habe die Tradition des alten Arbeiter-Turner- bundes auch in den Nischen des DDR- Sports iiberlebt. Ehrenamtliches und sozia- les Engagement, Freizeit- und Breitensport in eigener und gemeinschafilicher Verant- wortung habe es auch in der DDR gegeben. Die Tatsache, dag nach der Wende bereits ,fiber 60 neue Vereine in der Tradition des Arbeitersports entstanden seien, zeige, daf~ seine sportlichen und sozia[en Werte ,fiber- lebt h~itten. Prominenteste Zuh6rerin war nicht nur an diesem Abend, sondern auch beim Symposi- um die Prisidentin a. D. des Deutschen Bun- destags, Annemarie RrNGER, die Tochter des ehemaligen Gesch~iftsf,fihrers der Zentral- kommission f,fir Arbeitersport und K6rper- pflege, Fritz Wax~tn~cs. Sie hat vieles selbst erlebt, was in Leipzig diskutiert wurde, und best~itigte in einem eigenen Diskussionsbei- trag die Ausf,fihrungen ihres Parteigenossen THIEVE. Die Arbeiterkultur- und Arbeiter- sportbewegung sei yon der Hoffnung erf,fillt gewesen -- f,fihrte Frau R~NGER aus --, die in Fabriken und Betrieben hart arbeitenden Menschen aus ihrer dumpfen Existenz zu befreien. Die eigenen Vereine bedeuteten f-fir sie eine Heimat, in der sie sich frei h~itten be- wegen k6nnen, und sie h~itten nicht wie im Arbeitsleben oder in anderen Bereichen der Gesellschaft das Gefiihl haben m,fissen, zweit- und drittrangig oder minderwertig zu sein. Hier h~itten sie Solidarit~it pflegen und Selbstbewui~tsein gewinnen k6nnen. In die- sem Sinn erfiillte nach RrNCE~ Ansicht die gesamte Arbeiterkultur- und Arbeitersport- bewegung eine wichtige Rolle fiir die Demo- kratisierung der Gesellschaft in Deutschland, wie sie hoffnungsvoll bereits in der Weima- rer Republik begonnen und nach 1945 in der Bundesrepublik erfolgreich fortgesetzt wurde Die Geschichte des Arbeitersports in Deutsch- land z~ihlt zu den am besten erforschten Ge-

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Berichte

bieten der Sportgeschichte fiberhaupt, und zwar in Ost und West. Der wissenschaftliche Teil der Tagung verfolgte deshalb zwei grund- legende Ziele. Zum einen sollten die Ergeb- nisse dieser Forschungen aus der Sportge- schichte gemeinsam mit Sozial- und Allge- meinhistorikern augerhalb des Sports disku- tiert werden, nicht zuletzt, um in der Ge- schichtswissenschaft insgesamt mehr Reso- nanz fiir sporthistorische Fragestellungen zu finden. Zum anderen war es notwendig, die einseitige Fixierung der Sport-Geschichts- schreibung der ehemaligen DDR auf die Ge- schichte der Partei und des kommunisti- schen Arbeitersports zu relativieren. Die Sport-Geschichtswissenschaft in Ostdeutsch- land steht an einem Neuanfang, sowohl in bezug auf neue Themen und Inhalte als auch auf ihre Methoden. Beide Ziele des Symposiums wurden bereits in den einleitenden Referaten verfolgt, die alle nicht von Sporthistorikern, sondern von Fach- und Kulturhistorikern gehalten wurden, die sich bisher nur am Rande mit dem Sport und der Arbeitersportbewegung befagt hatten. Der Leipziger Historiker Hartmut Zw~a~R sprach in seinem Vortrag zur ,Arbm'terbewe- gung in Leipzig vor der Jahrhundertwende" die Defizite der DDR-Geschichtsschreibung an. Arbeitergeschichte in der DDR, sofern es sich nicht um Parteigeschichte gehandelt habe, sei yon der offiziellen Geschichtswis- senschaft an den Rand gedr~ngt worden. Das festgefiigte ideologische Geschichtsbild habe eigentliche Quellenarbeit scheinbar iiber- fliissig gemacht, und deshalb habe dis weite Feld der Regional-, Sozial- und Kulturge- schichte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bis heute ebenso brachgelegen wie die Geschichte des sozialdemokratischen Arbei- tersports. Man babe nicht erkannt, so ZWAHa, d ~ die Arbeiterbewegung auch in Leipzig ein Teil der bi~rgerlichen Gesell- schaft gewesen sei. Leipzig als pulsierende

kapitatistische Stadt vor dem ersten Welt- krieg mit bliihendem Gewerbe, aufstreben- der Industrie, Messen und weltweiten Han- delsbeziehungen, nicht zuletzt als ,Buch- stadt" auch ein Zentrum des kulturellen Le- bens, habe erst den Hintergrund abgegeben, auf dem sich eine starke sozialdemokrati- sche Arbeiterbewegung habe entwickeln k6nnen. Leipzig als ,Wiege" der deutschen Arbeiterbewegung sei w6rtlich zu verstehen; denn wohlhabende biirgerliche ,Eltern ~ hat- ten daflir gesorgt, dag dis Kind ,Arbeiterbe- wegung ~ nicht als verwahrlostes Industrie- proletariat habe ins Leben treten miissen, sondern in einer gut ausstaffierten Wiege ha- be liegen k6nnen. Der andere Pol des Symposiums, der um die Einordnung und Bewertung der breit er- forschten Arbeiterkultur- und Arbeitersport- bewegung kreiste, sollte in den Vortfiigen von Adelheid YON S^U)ERN und Hartmut W~¢DE~It zum selben Thema, ,D/e Arbei- ter-Kultur-Bewegung in der Weimarer Repu- blik: Hdhepunkt der Solidar-Gemeinschaft oder Niedergang der Klassenkultur? ~, ange- sprochen werden. Diese Frage sei nicht ein- deutig, sondern nur zwiesp~iltig zu beantwor- ten, lautete dis iibereinstimmende Ergebnis, allerdings mit unterschiedlichen Begriindun- gen. Auf der einen Seite, so VON S^LDERN, ha- be die Weimarer Zeit rein quantitativ einen H6hepunkt der Arbeiterkulturbewegung bedeutet. Zu keinem Zeitpunkt seien in der deutschen Geschichte so viele Menschen von den Arbeiterkultur-Organisationen er- faflt worden; allein in den Arbeiter-Turn- und Sportorganisationen seien mehr als eine Million Mitglieder gez~ihlt worden. Auger- dem seien die Arbeiterkultur- und auch -sportvereine in der Weimarer Republik an- erkannt gewesen -- nicht nur vonder SPD, in der niemand mehr yon ,Klim-Bim-Verei- nen" gesprochen habe, sondern der Wert von Kultur und Sport fiir Bildung, Selbst- und Klissenbewugtsein und Lebensqualit~it der

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Arbeiterschafi sei allgemein anerkannt wor- den. Von seiten des Biirgertums sei die Ar- beiter-Kulturbewegung nicht mehr mit Ver- achtung gestraft worden, sondern als echte Alternative zur biirgerlichen Kultur respek- tiert gewesen. Ein Zeichen f~r die gewachse- ne Definitionsmacht der SPD und der SPD- nahen Organisationen stelle die Karriere des Begriffs ,Solidaritiit ~ dar, der grot~e Popula- rit~it erlangt habe. Diese Bliite der Arbeiter- kultur habe aber in der Weimarer Zeit be- reits den Keim ihres Verfalls enthalten. Quantitative Steigerungsraten h~itten in den Vereinen und Verb~inden der Arbeiterschaft nicht mehr verzeichnet werden k6nnen. Die Faszination der sich entwickelnden Massen- Freizeitkultur auf die Arbeiter habe die Arbeiterkultur- und-bildungsorganisatio- nen geschw~icht. Viele hiitten sich sogar von deren aufdringlich schulmeisterlichem Pathos eher abgestol~en gefiihlt. Die Zeit, in der sich die Arbeiter durch Bildung, Erziehung und Disziplin zu tugendhaften Biirgern h~it- ten ,veredeln" lassen wollen, sei vorbei gewe- sen. Anders gesagt habe die Arbeiterkultur- bewegung vor der kulturellen Hegemonie der Massen-Freizeitkultur kapitulieren miis- sen. Auch die Arbeitersportbewegung habe dies zu spiiren bekommen. Statt sich selbst durch Turnen und Leibesiibungen zu er- tiichtigen und kultur-proletarisch zu bilden, habe es immer mehr Arbeiter in ihrer wach- senden Freizeit zu den grol~en Massenspek- takeln der Ful%allspiele gezogen, wenn etwa der FC Schalke 04 in der h6chsten Fut~ball- liga gegen Duisburg oder Essen angetreten sei. Schalke sei ein Fugballverein im Arbei- termilieu gewesen, aber kein klassenbewui~- ter sozialistischer Arbeitersportverein. Hartmut W~S~t)E~R antwortete auf dieselbe Frage nach H6hepunkt und Niedergang der proletarischen Arbeiterkultur mit seiner ,Theorie der Sef~haftigkeit ~, wie Klaus TeN- FeIa3r in der anschliet~enden Podiumsdiskus- sion bemerkte: Die Arbeiter-Kulturbewe-

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gung habe zu dem Zeitpunkt ihren H6he- punkt erlebt, als die grof~en Wanderungs- bewegungen der Arbeiterbev61kerung im 19. Jh. durch Auswanderung, Krieg, Revolu- tion und h~iufigen Wechsel des Arbeitsplat- zes aufgrund wirtschaftlicher und struktu- reller Krisen zum Stillstand gekommen sei- en und die Arbeiterschaft ,sei~haft ~ gewor- den sei. Auf dem Hintergrund dieser eher kulturanthropologischen Betrachtungsweise beschrieb Wta-I~Eva~R dann die arbeiterkul- tur-spezifischen Auswirkungen dieser Sef~- hafiigkeit. Die Arbeiterschaft habe eigene ,Rituale ~ des Umgangs und der Freizeitbetii- tigung ausgebildet, wozu auch der in der Ar- beitersp0rtbewegung ausgep~gte ,kulinari- sche Umgang mit dem K6rper" geh6rt habe. Gleichzeitig habe zu dieser Set~haftigkeit aber auch die ,Akkulturation ~ an die biir- gerliche Kultur geh6rt; mehr noch: man ha- be sie zu iiberfliigeln versucht, indem beson- ders engagiert biirgerliche Tugenden iiber- nommen und nachgeahmt worden seien. Sichtbar sei diese Anpassung etwa in den massenhaften Frei- und Ordnungsiibungen auf den gro~en Turn- und Sportfesten gewe- sen, wobei an ihrer ~iut~eren Form nicht zu unterscheiden gewesen sei, ob sie bei einem Turnfest der DT oder des ATSB durchexer- ziert worden seien. Eine Verbiirgerlichung oder ,Verbonzung" von Teilen des Proleta- riats sei die Folge dieser Set~haftigkeit und Anpassung an die biirgerliche Gesellschaft gewesen. Trl,~r~r, Sozialhistoriker aus Bielefeld, sah sich in der anschlief~enden Podiumsdiskus- sion in Anlehnung an Wtn, n)~l~R und voN S~a)ERN in seiner These best~itigt, daf~ die Arbeiterkulturbewegung als Obergangsph~i- nomen zu werten sei, die ihren Daseins- grund zu dem Zeitpunkt eingebi~t habe, als die Gesellschaft integrationsf~ihiger gewor- den sei. Dies sei bereits in der Weimarer Re- publik geschehen und letztlich auch als we- sentlicher Grund dafiir anzusehen, daf~ nach

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Berichte

1945 keine neue Arbeiterkultur- und Arbei- tersportbewegung entstanden mien. TENFELDE wies ebenso wie Dieter LANGEWIESCHE (Tii- bingen) darauf hin, darl der Begriff Arbeiter- kultur ein breites Bedeutungsspektrum um- fasse und nicht nut auf die organisierte sozialistische und kommunistische Arbeiter- kulturbewegung zu reduzieren sei. Zun~ichst diene er nur zur Beschreibung und Charak- terisierung unterschiedlicher Milieus des Arbeiterlebens, und erst in zweiter Linie bezeichnet er auch die organisierte Arbeiter- kultur, zu der im ilbrigen auch die meistens weniger beachteten christlichen und libe- ralen Arbeiter-Organisationen zu rechnen seien. Ein wesentlicher Grund, warum es iiberhaupt zu dieser beschriebenen Bliite der Arbeiterkultur habe kommen k6nnen, habe einfach darin bestanden, dab die Arbeitszeit verkiirzt worden sei und die Arbeiter i~ber mehr Zeit und Geld verfiigt h~itten als etwa zu Beginn der Industrialisierung. Aber L^I,~- GrwirscrrE und voN S~tZ~EVa,~ wiesen darauf hin, darl zun~ichst nur die M~inner und, in begrenztem Marl, auch die unverheirateten Frauen davon profitiert h~itten. Verheiratete Arbeiterfrauen mit Kindern seien an Heim und Herd gebunden gewesen und h~itten kei- nen Feierabend gekannt. Die Arbeiterkul- turbewegung sei in diesem Sinn, analog zur btirgerlichen Kultur, eine M~innerbewegung gewesen. Auch in der Arbeiterschaft seien dieselben Rollenklischees gepflegt worden wie im Biirgertum; politisch und parteipoli- tisch hatten Frauen so gut wie keinen Ein- flut~ gehabt. Bei so viel Gleichheit oder Parallelit~it zur Biirgerlichkeit blieb die Frage, was eigentlich noch an Spezifischem der Arbeiterkultur und Arbeiterkulturbewegung iibrig war. Reichte die Anpassung der Arbeiter an biir- gerliches Denken, Fiihlen, Handeln und Le- ben insgesamt so weit, dat~ man am Ende gar nicht mehr von einer eigenst~indigen Arbei- terkultur sprechen kann? Was haben die

Arbeiterkultur- und die Arbeitersportbewe- gung fiir die GeseUschaft insgesamt geleistet? Zwei Antworten sind auf diese Frage hervor- zuheben. LANG~WI~SCH~ relativierte die These vonder ,Verbiirgerlichung, indem er die von dem Soziologen Theodor GEICER ge- fundene Unterscheidung zwischen ,Verbtir- gerlichung ~ und ,Verbiirgerung ~ der Arbei- terschaft aufgriff. Mit anderen Women sah er einen deutlichen qualitativen Unterschied zwischen den eher auf Kollektivit~it hin orientierten Werten, die innerhalb der Ar- beiterschaft gepflegt wurden, und den ausge- pr~gt individuellen Verhaltensmustern in biirgerlichen Lebenswelten. TE~WrtDE griff in seiner Antwort den Dis- kussionsbeitrag RrNGERS auf und betonte die Leistung der Arbeiterkulturbewegung mr die Demokratisierung der Gesellschafi. Die Adaptation des biirgerlichen Vereinsprinzips aus dem 19. Jh. machte es nach seiner An- sicht m6glich, daf~ sich dieses Demokrati- sierungs-Potential der Arbeiterkulturbewe- gung innerhalb der Geseltschaft ausbreiten konnte. Auch die Nicht-Wiedergriindung der Arbeiterkultur- und -sport-Organisatio- nen nach 1945 k6nne in diesem Sinn als eine Leistung ftir die Demokratie angesehen wer- den. Alle bisher in den Einfiihrungsreferaten und in der Podiumsdiskussion angesprochenen Fragenkomplexe wurden ausfiihrlich in Ar- beitskreisen diskutiert. Hier bot sich zum einen die Gelegenheit, bisher vernachlkssigte Aspekte der Geschichte der Arbeiterkultur und des Arbeitersports, wie ihre Rolle im Nationalsozialismus und die umstrittene Frage des Widerstands, aufzugreifen. Die friihere DDR-Sportgeschichte hat dazu eini- ges an Legendenbildung beigetragen, das der Relativierung bedarf. Zum anderen konnten jetzt auch die Spezialisten/innen der Arbei- ter-Turn- und -Sportgeschichte zum Zug kommen, die sich bisher mit der fiir einige Kollegen/innen sicher ungewohnten Rolle

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des Zuh6rers/der Zuh6rerin hatten begnti- gen mtissen. Das Symposium machte seinem Namen in- sofern Ehre, als nicht der trockene Vortrag, sondern die Diskussion, genauer: die Podi- umsdiskussion mit ktirzeren Statements den Charakter der Tagung bestimmte Dies war auch in der Schlugrunde der Fall, als die Fra- ge diskutiert wurde, warum nach dem Zwei- ten Weltkrieg in Deutschland keine Arbei- tersportbewegung mehr entstand. Inzwi- schen gentigt es nicht mehr, den gleichlau- tenden einschl~igigen Aufsatz Franz Nrrsctt' zu diesem Thema zu kennen, sondern die Diskussion in Leipzig hat einige differenzie- rende Erkennmisse beitragen k6nnen. Ar- nold SwvorrEK (Universit~it Hamburg) tat dies, indem er auf die grof~en regionalen Un- terschiede in der Entwicklung von Politik, Kultur und Gesellschaft und auch des Sports in den Westzonen nach 1945 hinwies. Nie- mand, auch die SPD selbst nicht, habe da- mals eine eigenst~indige Arbeitersport-Orga- nisation mehr gewollt. Gerhard Kr/Dr~aN~ (Humboldt-Universit~it Berlin) stellte die Situation in der sowjetisch-besetzten Zone dar: Bisher l~igen keine ausreichenden regio- nalen und alltagshistorischen Studien vor, die zu einem Verst~dnis der Entwicklun- gen an der Basis beitragen k6nnten. Er- forscht und bekannt sei dagegen die von oben, von Partei und Regierung, verordnete Linie, der sich die Entwicklung des Sports habe fiigen mtissen. Ohne ursprtinglich tiber ein klares Sportkonzept zu verftigen, habe die SED-Fiihrung um Walter U~ac t r r sp~i- testens im Juni 1946 erkannt, dab auch der Sport konsequent unter die Kontrolle der Partei habe genommen werden miissen. We- der biirgerliche Vereine noch Arbeitersport- Vereine, die sich dem langen Arm der Partei h~itten entziehen k6nnen, seien geduldet worden. Start dessen sei, nach einer Beleh- rung Manfred Ewaia)s in Moskau, die Uber- nahme des stalinistischen Sowjet-Sport-Mo-

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dells durch Massenorganisationen der Partei erfolgt. Mit der Grtindung des Deutschen Sportausschusses im Jahr 1948 und der Obernahme der Verantwortung fiir den Sport durch FDJ und FDGB sei dieser Pro- zeg vorl~iufig abgeschlossen gewesen. Ganz anders als in Deutschland verlief die Entwicklung nach 1945 in Clsterreich. Wie Michael JottN (Linz) ausftihrte, entstand hier durch den ASKC) eine zun~ichst vonde r SPO politisch dominierte eigenst~indige Ar- beitersport-Organisation neben den btirgerli- chen Verb~inden. Mit dem Modernisierungs- schub der 6sterreichischen Gesellschaft seit den 60er Jahren habe sich allerdings dieses alte ASKC)-Konzept tiberlebt. 1971 habe sich der Verband nicht mehr tier ASKC) (Ar- beiterbund fiir Sport und K6rperkultur), sondern die ASKO (Arbeitsgemeinschaft ftir Sport und K6rperkultur in Osterreich) ge- nannt und verstehe sich als breiten- und frei- zeitsportlicher Verband. LANGEWIESCHE ging in seinem Statement auf die Frage ein, ob angesichts der nicht erfolg- ten Wieder-Grtindung der Arbeiterkultur- und -sport-Organisationen ein Traditions- bruch vorliege oder nicht. Im organisatori- schen Bereich sei dies sicher und unvermeid- lich der Fall gewesen, well sich die Gesell- schaft insgesamt ve~ndert habe W~ihrend das 19. und friihe 20. Jh. eine eigenst~indige Arbeiterkultur als eine Art Gegenwehr zu einer arbeiterfeindlichen Btirgerkultur her- vorgebracht habe, habe sich diese Umwelt sp~itestens nach 1945 vei4indert. Der Tradi- tionsbruch nach 1945 sei insofern program- miert gewesen. Anders habe sich dagegen die Situation im sozusagen ,autochthonen, or- ganisatorisch ungebundenen Bereich der Ar- beiter-Freizeitkultur dargestellt. Hier habe sich die bereits in der Weimarer Republik zu beobachtende Tendenz fortgesetzt, dag der Erziehunganspruch lest organisierter Kul- turorganisationen der Arbeiterschaft ihren Einflug auf die Arbeiter zugunsten einer

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Kultur von Massen-Freitzeitangeboten ein- gebfif~t habe. Insofern habe diese Entwick- lung eine Fortsetzung und keinen Bruch mit der Vergangenheit bedeutet. Die Leipziger Tagung hat insgesamt einen wichtigen Beitrag geleistet, die Ergebnisse der inzwischen zahlreichen gr6i~eren und kleineren Arbeiten zur Geschichte von Tur- nen und Sport in Arbeitermilieus im Kon- text der Forschungen zur Arbeiter- und Ar- beiterkultur-Bewegung zu diskutieren. Da- bei hat sich gezeigt, daf~ das Thema jedoch weder theoretisch ausgereizt noch vonder Quellenlage her gesehen ersch6pfend behan- deh worden ist. Dies gilt insbesondere ffir das Defizit an ideologiefreier mikrohistori- scher Forschung auf dem Gebiet der ehema- ligen DDR. Das Symposium blieb dariiber hinaus nicht im blof~en Theoretisieren stecken. Am letzten Tag wurde die Gelegen- heit genutzt, Leipzig als ,Wiege ~ des Arbei- tersports in einer sporthistorischen Exkur- sion anschaulich zu erleben. Den Organisa- toren NrrscH und Lorenz PrIrrrR ist es ins- gesamt zu danken, dal~ diese wohl einmalige Veranstaltung erfolgreich durchgefiihrt wer- den konnt~ In der am Rande stattfindenden Versamm- lung der Sektion Sportgeschichte der dvs wurden Giselher SWTZES, Norbert HnsE und Harald BRAUN als neuer Vorstand ge. w'~ihlt. M. KRI3CER

Motorische Entwicklung und Sport. 1 Symposium der dvs-Sektion ,,Sportrnotorik" vom 28.-30. 1. 93 in Trassenheide auf der Insel Usedom.

65 Teilnehmer aus Polen, Belgien, der Schweiz, Indien und Deutschland hatten die beschwerliche Anreise in den ~iuf~ersten nord6stlichen Zipfel Deutschlands auf sich

genommen, um an dem vom Institut ffir Sportwissenschaft der Ernst-Moritz-Arndt- Universit~it Greifswald ausgerichteten Sym- posium neuere Ergebnisse sportmotorischer Forschungen zu diskutieren. In den einfiihrenden Hauptreferaten wurde das Konzept des Symposiums deutlich, un- ter dem Rahmenthema der motorischen Entwicklung Ergebnisse verschiedener L~ings- und Querschnittsuntersuchungen zu vergleichen und auf~erdem insbesondere jun- gen Nachwuchswissenschaftlern Gelegen- heit zu geben, in einem Arbeitskreis ,Freie Themen" ihre teilweise sehr spezifischen Untersuchungen vorzustellen. Nachdem K:E WrSSEL mit seinen philo- sophisch-anthropologischen Betrachtungen zum Verh~iltnis zwischen Ganzheitlichkeit und Differenziertheit in der Humanontoge- nese zum Widerspruch herausgefordert hat- te, stellten verschiedene Arbeitsgruppen in Ubersichtsreferaten Ergebnisse motorischer Entwicklung im Zusammenhang mit Wachs- tum und Reifung (BEtrm~N), der Trainingst~i- tigkeit (Wn~vrR) und bei Kindern in der vor- puberalen Phase (HxRTZ u. a.) dar. Eine wert- volle Erg~inzung waren die Zwischenberich- te fiber die Arbeit mit Faktendatenbanken zur motorischen Entwicklung (B6s u. a.) so- wie zum Versuch der Installation mehrspra- chiger Datenbanken mit dem Volltext-Infor- mations-Recherchensystem STAIRS am Bei- spiel des Themenkomplexes ,koordinative F~ihigkeiten" (PETERS). Dabei wurde deut- lich, dag insbesondere Forschungsergebnisse aus dem slawischen Sprachraum erst sehr sporadisch genutzt werden. Ihre Aufarbei- tung k6nnte wichtige Informationslficken schlief~en helfen und die Zusammenarbeit mit sportwissenschaftlichen Einrichtungen der 6stlichen Nachbarl~inder aktivieren. Die Arbeit in zwei Arbeitskreisen erm6g- lichte in einem fiberschaubaren Kreis einen intensiven Gedankenaustausch und best~itig- te ein weiteres Mal den Vorteil kleinerer, the-

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