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Bielefelder Zeitung www.westfalen-blatt.de Der weiße Sarg des Bielefelder Hells-Angels-Präsidenten Jörg M. wird auf einem schwarzen, offenen Pickup transportiert. Im Anschluss an die Trauerfeier im Vereinsheim der Hells Angels geleiten die Mitglieder des Motorrad- und Rockerklubs den Verstorbenen in einem Motorrad- und Autokonvoi zum Sennefriedhof. Der Hells-Angels-Präsident Jörg M. war Heiligabend gestorben. Auf dem Weg zum Krematorium: Mitglieder des Bielefelder Hells-Angels-Klubs marschieren hinter dem Pickup mit dem Sarg her. Gut zu erkennen ist das Hells-Angels-Emblem: ein Totenkopf mit Flügeln, der so genannte Deathhead. Die weiteren Insignien bestehen aus rot-weißen Hells-Angels-Schriftzügen, der Abkürzung MC für Motorcycle Club und dem Namen des Charters. Hells Angels sind häufig auch an der Zahl 81 zu erkennen; 8 und 1 stehen für H und A nach der Reihenfolge im Alphabet und bilden so die Initialen des Klubs. 1000 Hells Angels nehmen Abschied Präsident Jörg M. stirbt mit 44 Jahren – Klubmitglieder geleiten Sarg zum Sennefriedhof – keine Zwischenfälle Von Matthias B a n d und Thomas F. Starke (Fotos) B i e l e f e l d (WB). Letztes Geleit für den Bielefelder Präsi- denten der Hells Angels: Knapp 1000 Mitglieder des Motorrad- und Rockerklubs aus Deutschland, Europa und den USA haben am Samstag mit einer Trauerfeier Abschied von Jörg M. genommen. Der Präsident der Bielefelder Orts- gruppe (Charter) des Klubs war Heiligabend im Alter von 44 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. Von zehn Uhr an trafen die Trauergäste, darunter mit Frank Hanebuth aus Hannover auch ei- ner bekanntesten deutschen Hells Angels, im Vereinsheim an der Erpestraße in Ummeln ein. Dort wurde die Abschiedszeremonie abgehalten und der weiße Sarg des Verstorbenen aufgebahrt. Im Anschluss an die Trauerfeier hiev- ten Hells-Angels-Mitglieder den Sarg, den die Buchstaben AFFA zierten, auf einen offenen, schwar- zen Pickup. Die Initialen stehen für »Angels Forever, Forever Angels«. In einem Motorrad- und Autokon- voi geleiteten die Rocker Jörg M. zum Sennefriedhof, wo der Vers- torbene im Krematorium einge- äschert wurde. Die Urne soll diese Woche beigesetzt werden. Die Hells Angels hatten im Vorfeld eine Sondergenehmigung für den Konvoi beantragt. Die Polizei begleitete die Rocker auf der Route von Ummeln bis nach Senne über die Erpe-, Brockhage- ner, Steinhagener, Ummelner, Karl-Triebold-, Friedrichsdorfer, Brink- und die Friedhofstraße. Die Beamten verzeichneten keinerlei Zwischenfälle. »Alles verlief fried- lich und völlig entspannt«, sagte Einsatzleiter Heinz-Jürgen Flügge dem WESTFALEN-BLATT. Jörg M., der wegen seiner brei- ten, platten Nase den Spitznamen »Nasenjörg« trug, war vor gut einem Jahr in die Schlagzeilen geraten. Der ehemalige Polizist Tim K. aus Detmold hatte den Hells-Angels-Präsidenten in sei- nem Buch »Treibjagd – vom Cop zum Outlaw« als V-Mann der Bielefelder Polizei dargestellt – und damit aus Sicht der Hells Angels als einen Verräter. Jörg M. aus Bad Salzuflen, der in Rocker- kreisen als eine der Führungsper- sönlichkeiten galt, verklagte Tim K. daraufhin wegen Verleumdung und gewann den Prozess. Nach Ansicht des Bielefelder Land- gerichts hatte Tim K. die Persön- lichkeitsrechte des Hells-Angels- Präsidenten verletzt. Jörg M. sei in dem Buch als »Nasenbär« be- zeichnet worden und damit identi- fizierbar. Zudem sei nicht bewie- sen, dass er ein V-Mann sei, argumentierte das Gericht. Jörg M. hatte die Behauptung damals mit einer eidesstattlichen Versiche- rung bestritten. Die Hells Angels, die in mehr als 30 Ländern vertreten sind, richten sich nach eigenen Angaben nach vier Werten: Ehrlichkeit, Zuverläs- sigkeit, Respekt, Freiheit. Tatsäch- lich aber werden sie immer wieder mit Straftaten in Verbindung ge- bracht, unter anderem mit Gewalt- und Drogendelikten, Schutzgeld- erpressungen und Prostitution. In einigen Städten wurden die Klubs verboten. In Pforzheim müssen sich von heute an zehn Mitglieder und Sympathisanten des inzwi- schen verbotenen Hells-Angels- Klubs »Borderland« vor Gericht verantworten. Sie sind wegen ge- fährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Bildung bewaffneter Gruppen angeklagt. Die Bielefelder Untergruppe des 1948 in den USA gegründeten Motorrad- und Rockerklubs, die seit knapp fünf Jahren besteht, gilt hingegen als unauffällig. Einen Nachfolger für Jörg M. haben die Hells Angels unterdessen schon gefunden. Dominik N. soll dem Vernehmen nach als neuer Präsi- dent den Bielefelder Charter leiten. Mehr Fotos zu dem Artikel finden Sie im Internet unter: @ www.westfalen-blatt.de

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Bielefelder Zeitung

www.westfalen-blatt.deDer weiße Sarg des Bielefelder Hells-Angels-Präsidenten Jörg M. wirdauf einem schwarzen, offenen Pickup transportiert.

Im Anschluss an die Trauerfeier im Vereinsheim der Hells Angels geleiten die Mitglieder des Motorrad- undRockerklubs den Verstorbenen in einem Motorrad- und Autokonvoi zum Sennefriedhof.

Der Hells-Angels-Präsident JörgM. war Heiligabend gestorben.

Auf dem Weg zum Krematorium: Mitglieder des BielefelderHells-Angels-Klubs marschieren hinter dem Pickup mit dem Sarg her.Gut zu erkennen ist das Hells-Angels-Emblem: ein Totenkopf mitFlügeln, der so genannte Deathhead. Die weiteren Insignien bestehen

aus rot-weißen Hells-Angels-Schriftzügen, der Abkürzung MC fürMotorcycle Club und dem Namen des Charters. Hells Angels sindhäufig auch an der Zahl 81 zu erkennen; 8 und 1 stehen für H und Anach der Reihenfolge im Alphabet und bilden so die Initialen des Klubs.

1000 Hells Angels nehmen Abschied Präsident Jörg M. stirbt mit 44 Jahren – Klubmitglieder geleiten Sarg zum Sennefriedhof – keine ZwischenfälleVon Matthias B a n dund Thomas F. Starke (Fotos)

B i e l e f e l d (WB). LetztesGeleit für den Bielefelder Präsi-denten der Hells Angels:Knapp 1000 Mitglieder desMotorrad- und Rockerklubsaus Deutschland, Europa undden USA haben am Samstagmit einer Trauerfeier Abschiedvon Jörg M. genommen. DerPräsident der Bielefelder Orts-gruppe (Charter) des Klubs warHeiligabend im Alter von 44Jahren nach langer schwererKrankheit gestorben.

Von zehn Uhr an trafen dieTrauergäste, darunter mit FrankHanebuth aus Hannover auch ei-ner bekanntesten deutschen HellsAngels, im Vereinsheim an derErpestraße in Ummeln ein. Dortwurde die Abschiedszeremonieabgehalten und der weiße Sargdes Verstorbenen aufgebahrt. ImAnschluss an die Trauerfeier hiev-ten Hells-Angels-Mitglieder denSarg, den die Buchstaben AFFAzierten, auf einen offenen, schwar-zen Pickup. Die Initialen stehen für»Angels Forever, Forever Angels«.In einem Motorrad- und Autokon-voi geleiteten die Rocker Jörg M.zum Sennefriedhof, wo der Vers-torbene im Krematorium einge-äschert wurde. Die Urne soll dieseWoche beigesetzt werden.

Die Hells Angels hatten imVorfeld eine Sondergenehmigungfür den Konvoi beantragt. DiePolizei begleitete die Rocker aufder Route von Ummeln bis nachSenne über die Erpe-, Brockhage-ner, Steinhagener, Ummelner,Karl-Triebold-, Friedrichsdorfer,Brink- und die Friedhofstraße. DieBeamten verzeichneten keinerleiZwischenfälle. »Alles verlief fried-lich und völlig entspannt«, sagteEinsatzleiter Heinz-Jürgen Flüggedem WESTFALEN-BLATT.

Jörg M., der wegen seiner brei-ten, platten Nase den Spitznamen»Nasenjörg« trug, war vor guteinem Jahr in die Schlagzeilengeraten. Der ehemalige PolizistTim K. aus Detmold hatte den

Hells-Angels-Präsidenten in sei-nem Buch »Treibjagd – vom Copzum Outlaw« als V-Mann derBielefelder Polizei dargestellt –und damit aus Sicht der HellsAngels als einen Verräter. Jörg M.aus Bad Salzuflen, der in Rocker-kreisen als eine der Führungsper-sönlichkeiten galt, verklagte TimK. daraufhin wegen Verleumdungund gewann den Prozess. NachAnsicht des Bielefelder Land-gerichts hatte Tim K. die Persön-lichkeitsrechte des Hells-Angels-Präsidenten verletzt. Jörg M. sei indem Buch als »Nasenbär« be-zeichnet worden und damit identi-fizierbar. Zudem sei nicht bewie-sen, dass er ein V-Mann sei,

argumentierte das Gericht. Jörg M.hatte die Behauptung damals miteiner eidesstattlichen Versiche-rung bestritten.

Die Hells Angels, die in mehr als30 Ländern vertreten sind, richtensich nach eigenen Angaben nachvier Werten: Ehrlichkeit, Zuverläs-sigkeit, Respekt, Freiheit. Tatsäch-lich aber werden sie immer wiedermit Straftaten in Verbindung ge-bracht, unter anderem mit Gewalt-und Drogendelikten, Schutzgeld-erpressungen und Prostitution. Ineinigen Städten wurden die Klubsverboten. In Pforzheim müssensich von heute an zehn Mitgliederund Sympathisanten des inzwi-schen verbotenen Hells-Angels-

Klubs »Borderland« vor Gerichtverantworten. Sie sind wegen ge-fährlicher Körperverletzung,Landfriedensbruch und Bildungbewaffneter Gruppen angeklagt.

Die Bielefelder Untergruppe des1948 in den USA gegründetenMotorrad- und Rockerklubs, dieseit knapp fünf Jahren besteht, gilthingegen als unauffällig. EinenNachfolger für Jörg M. haben dieHells Angels unterdessen schongefunden. Dominik N. soll demVernehmen nach als neuer Präsi-dent den Bielefelder Charter leiten.

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