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Mit freundlicher Unterstützung von Carina B., Luisa H. & Roger V. Perioden der Berufsgeschichte in Deutschland 1. Präjournalistische Periode (bis Ende des 16. Jahrhunderts) 2. Korrespondierender Journalismus (Ende 16. bis Mitte 18. Jahrhundert) 3. Schriftstellerischer Journalismus (Mitte 18. bis Mitte 19. Jahrhundert) 4. Redaktioneller Journalismus (seit Mitte des 19. Jahrhunderts) 5. Redaktionstechnischer Journalismus (seit den 1970er Jahren) 1. Präjournalistische Periode Johannes Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern um 1450 macht die Massenproduktion von Druckwerken erst möglich und begünstigt so das Entstehen von Zeitungen. Zeitraum vom Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts sporadisches, nicht berufsmäßig betriebenes Nachrichtenwesen Entwicklung des (privaten) Briefs zu einer Art „brieflichen Zeitung“ + sog. „wandernde Journalisten“ als Nachrichtenüberbringer Wachsendes Bedürfnis an Nachricht(en): Herausbildung eines ständigen Botenwesens handschriftliche Vervielfältigungen: „Korrespondenten“ (Boten, Abschreiber etc.) eher beruhend auf Gerüchten / Sensationen als auf seriöse Berichterstattung durch Obrigkeit: öffentliche Meinungsvermittlung sehr beschränkt Journalisten o Keine hauptberuflichen: als Berichterstatter fundgieren Boten, Dichter, Sekretäre und Chronisten o Zunächst war der Drucker die entscheidende Person für die Verbreitung o Ab dem 16. Jahrhundert gibt es Verleger Quellen: offizielle Informationsquellen Medien: o Briefe zwischen Behörden, Fürsten, Kaufleuten und Gesandtschaften o Flugblatt: Nachricht etwa über einen Unglücksfall oder eine Himmelserscheinung; Blätter mit mehreren Meldungen nannte man „Zeitungen“ o Später auch Flugschriften: Medium der religiösen und politischen Debatten Externe Faktoren: o Bildungsbewegung des Humanismus breitet sich aus: Bedarf nach Büchern griechischer und lateinischer Autoren o Neue Handelsverbindungen: Bedarf nach zuverlässigen Informationen über Preise und Kriege steigt o Luther: Reformation: heftiger Meinungsstreit o Die Obrigkeit bekämpft die freie öffentliche Meinungsäußerung

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Alle Skripte die ich zusammentragen konnte, vom WS07-08. Modul 104

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  Mit freundlicher Unterstützung von Carina B., Luisa H. & Roger V.  

Perioden der Berufsgeschichte in Deutschland  

1. Präjournalistische Periode    (bis Ende des 16. Jahrhunderts) 2. Korrespondierender Journalismus  (Ende 16. bis Mitte 18. Jahrhundert) 3. Schriftstellerischer Journalismus  (Mitte 18. bis Mitte 19. Jahrhundert) 4. Redaktioneller Journalismus    (seit Mitte des 19. Jahrhunderts) 5. Redaktionstechnischer Journalismus  (seit den 1970er Jahren) 

 

1. Präjournalistische Periode  

‐ Johannes Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern um 1450 macht die Massenproduktion von Druckwerken erst möglich und begünstigt so das Entstehen von Zeitungen. 

‐ Zeitraum vom Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts ‐ sporadisches, nicht berufsmäßig betriebenes Nachrichtenwesen ‐ Entwicklung des (privaten) Briefs zu einer Art „brieflichen Zeitung“ + sog. „wandernde 

Journalisten“ als Nachrichtenüberbringer ‐ Wachsendes Bedürfnis an Nachricht(en): Herausbildung eines ständigen Botenwesens ‐ handschriftliche Vervielfältigungen: „Korrespondenten“ (Boten, Abschreiber etc.) ‐ eher beruhend auf Gerüchten / Sensationen als auf seriöse Berichterstattung ‐ durch Obrigkeit: öffentliche Meinungsvermittlung sehr beschränkt ‐ Journalisten  

o Keine hauptberuflichen: als Berichterstatter fundgieren Boten, Dichter, Sekretäre und Chronisten 

o Zunächst war der Drucker die entscheidende Person für die Verbreitung  o Ab dem 16. Jahrhundert gibt es Verleger 

‐ Quellen: offizielle Informationsquellen ‐ Medien: 

o Briefe zwischen Behörden, Fürsten, Kaufleuten und Gesandtschaften o Flugblatt: Nachricht etwa über einen Unglücksfall oder eine Himmelserscheinung; 

Blätter mit mehreren Meldungen nannte man „Zeitungen“ o Später auch Flugschriften: Medium der religiösen und politischen Debatten 

‐ Externe Faktoren:  o Bildungsbewegung des Humanismus breitet sich aus: Bedarf nach Büchern 

griechischer und lateinischer Autoren  o Neue Handelsverbindungen: Bedarf nach zuverlässigen Informationen über Preise 

und Kriege steigt o Luther: Reformation: heftiger Meinungsstreit o Die Obrigkeit bekämpft die freie öffentliche Meinungsäußerung 

   

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2. Korrespondierender Journalismus  

‐ Auch „referierender“ oder „relatorischer“ Journalismus ‐ Zeitraum: Ende 16. bis Mitte 18. Jahrhundert ‐ neutral vermittelnde Berichterstattung   rubriklose Nachrichtenblätter ‐ Mitteilungen, Gerüchte, Meldungen über lokale / allgemeine Obrigkeiten, Meldungen über 

allgemein sichtbare Begebenheiten; später auch politische Inhalte ‐ Etablierung des Postwesens im 17. Jh.   intensiverer Nachrichtenverkehr ‐ Zensurmaßnahmen; Einschränkung der Berichterstattung auf rein nachrichtliche 

Darstellungen ‐ meist nebenberufliche Korrespondenzfunktion der „Bericht‐Erstatter“  ‐ (innerhalb der Zeitungen aber keine „journalistische“ Tätigkeit) ‐ Medien: Flugschriften und Avisenzeitungen 

o Seit 1600 entstehen die ersten Wochenmedien o 1605 – Relation – Straßburg o 1609 – Aviso – Wolfenbüttel o Ungeprüfte Aneinanderreihung von Nachrichten o Keine redaktionelle Bearbeitung oder Kommentierung o Angabe von Ort und Zeit des Geschehens, Nachrichtenquelle 

‐ 1650 erste Tageszeitung: „Einkommende Zeitungen“ – Leipzig ‐ Journalisten: 

o Herausgeber: Nachrichtensammler und –schreiber, Drucker und Verleger in einer Person 

o Korrespondenten: Beamte, Konsulatsschreiber, Gebildete, politisch Interessierte o Publizisten (Flugschriften) vs. Zeitunger (Zeitungen) 

‐ Quellen: offizielle Informationsquellen, Gerüchte ‐ Externe Faktoren: Zensur, Nachfrage nach Nachrichten durch Entstehung gebildeter 

Schichten ‐ Das ist in dieser Periode neu: 

o Aus Briefen werden Avisen‐Zeitungen o Selbstverständnis der Journalisten (=Zeitunger): 

Sie sehen ihre Nachrichtenweitergabe als ihre (häufige neben‐) berufliche Aufgabe an. Sie geben Informationen ungefiltert und ungeprüft weiter. Sie nennen in den Nachrichten stets Ort, Zeit, Umstände und meinst eine Quelle – sonst gilt ein Informantenschutz. Sie kommentieren nicht und bleiben meist anonym. 

o Die Publizisten als Flugschriftenverfasser dagegen verbreiten Meinungen und definieren sich über ihren Hauptberuf. 

3. Schriftstellerischer Journalismus  

‐ Auch „räsonierender“ Journalismus ‐ Zeitraum: Mitte 18. bis Mitte 19. Jahrhundert ‐ Hintergrund: Geist der Aufklärung   öffentlicher „Kampf um die Freiheit des Denkens“ 

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‐ geistig anspruchsvolle Flugblatt‐ und Zeitschriftenliteratur (vs. eher anspruchslose „Avisenpresse“) 

‐ historische, philosophische, religiöse u. später auch politische Fragen ‐ Ausdruck in gelehrter Zeitschriftenliteratur, wissenschaftlich‐belletristische Journalliteratur, 

moralische Wochenschriften ‐ literarisch‐politische Zeitschriften: Literat, Herausgeber u. Verleger in einer Person, dann: 

Übertragung der Unternehmerfunktion auf Verleger ‐ Politisierung der Journalliteratur ‐ Medien: (Gelehrten‐) Zeitschriften; Herausgeberzeitungen vs. Verlegerzeitungen ‐ Herausgeberzeitungen: 

o Herausgeber als selbstständige Haupt‐ und Alleinverfasser o Z.B.   Joseph Görrers: Rheinischer Merkur 

   Christian Schubart: Deutsche Chronik o Oft kurze Lebensdauer wegen Verbots‐ oder Wirtschaftsproblemen o Öffentliche politische Diskussionen 

‐ Verlegerzeitungen: o Seher langlebig, z.T. gibt es die Titel bis heute o Ziel: ökonomischer Erfolg o Werden über Generationen in der Verlegerfamilie weitergegeben  

‐ Journalisten: o Zahl der hauptberuflichen Journalisten steigt: um 1800 sind es rund 100 in 

Deutschland o Erste Journalisten arbeiten als Angestellte. Sie müssen meist der politischen Linie der 

Verleger folgen. o Viele sind Akademiker und arbeiten zeitgleich als Schriftsteller. 

‐ Quellen: o Breite der Quellen nimmt zu. o Erste Korrespondenten werden entsandt, auch ins Ausland. 

Die Zeitschrift „Minerva“ hatte seit 1791 einen festen Korrespondenten in Paris. ‐ Externe Faktoren: 

o Politische Ereignisse im Zeitalter von Aufklärung, Französischer Revolution, Vormärz lassen Informationsbedürfnis der Bevölkerung wachsen. 

‐ Das ist in dieser Periode neu: o Hauptberuflicher Journalismus und Korrespondentenwesen entstehen o Nachrichten werden zunehmend (zuerst in Herausgeberzeitungen in Gegenden 

liberaler Zensurgesetze) kommentiert und eingeordnet. o Forderung nach Pressefreiheit wird in den deutschen Staaten laut – diese wird 

verstanden als Informationsfreiheit. o Augsburger „Allgemeine Zeitung“ des Verlegers Johann Friedrich Cotta wird zum 

Prototyp der sich entwickelnden modernen Zeitung. Zu seinen Korrespondenten zählt Heinrich Heine 

o Drucktechniken werden verbessert o Das Lesen fand oft in Lesezirkeln statt. 

   

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4. Redaktioneller Journalismus  

‐ „Der redaktionelle Journalismus entstand nicht zufällig bald nach der Aufhebung der Zensur (1848) um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem (planmäßigem) Zusammenwirken von Nachrichtenwesen und Tagesliteratur – also durch die Vereinigung korrespondierender und schriftstellerischer Leistungen in der redaktionellen Fraktion.“ 

‐ Nachrichtenbedarf (‐beschaffung u. ‐bearbeitung)  stieg ‐ politische Verflechtungen / wachsendes Interesse an Außenpolitik ‐ Gemeindewachstum   Bedarf an Lokalberichterstattung ‐ wirtschaftliche u. kulturelle Ereignisse als Quelle aktueller öffentlicher Nachrichten ‐ Arbeitsteilung notwendig   Redaktion: 

   Prüfung, Sichtung, Ergänzung, Bearbeitung (allgemeinverständliche Darstellung) ‐ größere Leserkreise: Vielseitigkeit steigt ‐ Notwendigkeit der kostenmindernden Massenproduktion durch Inseratengeschäfte ‐ 2 (bzw. 3) Zeitungstypen: 

o „Generalanzeiger“‐Presse (Aktualität, allgem. Information, wirtschaftlicher Gewinn) o Parteienpresse (politische Gesinnung) o Qualitätszeitungen (überregionale Blätter) 

‐  ‐ Redaktioneller Journalismus: 

o (ganztäglicher) Hauptberuf o Funktionen des Verlegers, Herausgebers und Redakteurs bildeten sich heraus o Lokal‐, Wirtschafts‐ und Kulturteil bildeten sich heraus 

‐ Zeitraum: seit Mitte des 19. Jahrhunderts ‐ Medien: 

o Seit Ende des 19. Jahrhunderts aufkommen der Generalanzeiger‐ und Massenpresse o Finanzierung der Zeitungen auch durch Anzeigen o Abgrenzung von parteilichen Zeitungen, wirtschaftliche Konkurrenz zu alten 

Verlegerzeitungen o Entstehung und Ausbau von Lokalteilen o Konzentration auf Nachrichten statt auf Kommentierung o Anspruch der Unparteilichkeit 

‐ Ab 1886 revolutionierte Ottmar Mergenthalers Erfindung der Setzmaschine „Linotype“ die Zeitungsherstellung und begünstigte das Entstehen der Massenpresse 

‐ Journalisten: o Unabhängige Beobachter, nicht mehr Vertreter einer politischen Richtung o Sie müssen für ein breites, nicht‐intellektuelles Publikum schreiben und 

entsprechende Nachrichten auswählen o Das Berufsfeld des Lokalreporters entsteht – Vor‐Ort‐Recherchen werden nötig, 

Ressorts bilden sich heraus ‐ Quellen: Nachrichtenagenturen, andere Zeitungen, Korrespondentennetz, eigene 

Recherchen ‐ Externe Faktoren: Lockerung der Zensur 1848 ‐ 1848, Reichsverfassung (Artikel 4), 

„(1) Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine 

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Meinung frei zu äußern. (2) Die Pressefreiheitdarf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln … beschränkt, suspendiert oder aufgehoben werden.“ 

‐ Diese Gesetzgebung bestand allerdings nur auf dem Papier ‐ Artikel 118 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 garantiert Meinungsfreiheit und 

Zensurverbot. „Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze, sein Meinung durch Wort, Schrift, Druck Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem Recht darf ihn kein Arbeits‐ oder Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.“ 

‐ Die der SPD nahestehende „Volks‐Zeitung“ aus Dortmund wird wie viele andere Zeitungen im Zuge der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten am 26. Februar 1933 verboten. 

5. Redaktionstechnischer Journalismus  

‐ Zeitraum: seit den 1970er Jahren ‐ Massenpresse bis 1970er: getrennte Bereiche für redaktionelle und technische Arbeiten ‐ ab ca. 1975: Redaktionscomputer; Verschmelzung beider Bereiche 

    elektronische Datenbanken, computergesteuerte Bildbearbeitung etc.           („optischer Journalismus“) 

‐ Medien: o Print, Radio, Fernsehen, Online o Einfluss technischer Neuerungen verändert das Berufsbild 

‐ Journalisten: o Sie sind nicht mehr nur für die Inhalte sondern auch für die Form ihrer Beiträge 

verantwortlich ‐ Quellen: 

o Zugriff auch elektronische Datenbanken verändert dir Recherche ‐ Externe Faktoren: 

o Erfindung elektronsicher Datenverarbeitung (EDV) 

6. Entstehung des modernen Journalismus in Großbritannien  

‐ Geburtsphase: o Whigs und Tories nutzen die Zeitungen für politische Ziele: 

1726  Henry Saint‐John Bolingbroke gründet den „Craftsmen“ als publizistische Plattform der Opposition. Es entsteht erstmals eine politisch räsonierende Öffentlichkeit. 

o Funktion der Presse: Erweiterung des Parlamentsforums, Fortführung der Debatten in der Öffentlichkeit 

o Whigs und Tories kaufen oder gründen in der Folge Zeitungen als Organe der jeweiligen lokalen Parteiorganisationen. 

‐ Ab 1830: Die Penny‐Press feiert ökonomische Erfolge ‐ Als Redaktion erkennt die „Times“ Unabhängigkeit als Wert 

o Ökonomische Gründe: „Independence is a marketable commodity” 

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‐ Die politische Rolle spielten Zeitungen später noch einmal für die entstehende Arbeiterbewegung (Northern Star)  

o Ihr Ziel bestand darin, zu agitieren, Anhänger zu gewinnen und auf diese Weise die Gesellschaft umzuformen. 

‐ Medien: o Die „Quality Press“ versteht sich als „Fourth Estate“ – als vierte Gewalt im Staat o Mit ihrem hohen Anspruch grenzt sie sich von der Penny‐Press und später der 

Massenpresse („Daily Mirror“ & „Daily Mail“) ab. ‐ Journalisten: 

o Sie sehen es als ihre Pflicht an, wahrheitsgemäß zu berichten und die Regierenden zu kontrollieren 

o Mit dem „new journalism“ ab Ende des 19. Jahrhunderts kommt der (Sozial‐) Reportagejournalismus auf. 

7. Entstehung des modernen Journalismus in den USA  

‐ Medien in der Geburtsphase: o 1760er   Samuel Adams schreibt für die „Boston Gazette“  

     (Er kämpft für die Unabhängigkeit von England) o 1789    Gründung der „Gazette of the United States“ durch Alexander 

      Hamilton (Finanz‐ und Wirtschaftsminister) o 1791    Gründung der „National Gazette“ durch Thomas Jefferson (politischer  

     Gegner Hamiltons) ‐ Alle Zeitungen dienten in der Phase der Staatsbildung als Foren zur Unterstützung der 

jeweiligen politischen Linie. Die politische Parteilichkeit blieb auch danach strikt erhalten. ‐ Medien ab etwa 1830: 

o Aufkommen der Penny‐Press, z.B. „New York Sun“  o 1835    Gründung des “New York Herald” durch James Gordon Bennett:  

     Prototyp der nicht parteigebunden Zeitung: neue Entwicklung! ‐ Journalisten beim New York Herald: 

o Sie recherchieren ihre Nachrichten selbst und geben sie nicht nur einfach weiter o Sie verstehen sich als politisch unabhängig o Sie locken ihre Leser mit sensationellen Nachrichten 

‐ Quellen: o Eigene Recherchen stehen im Mittelpunkt 

Ab etwa 1865 setzt ein Wettbewerb um die schnellsten exklusiven Nachrichten ein. Die Sozialreportage gewinnt an Bedeutung, in der einfach Leute die Hauptrolle spielen. Einige Journalisten wie etwa Jacob A. Rils (ab 1877 Polizeireporter in New York) werden sogar zu Sozialreformern. Auch die Investigativrecherche und die Rollenreportage entstehen in dieser Zeit (z.B. Elisabeth Cochrane) 

‐ Phase des „Muckranking“ (1902‐17) o Geprägt von Enthüllungsreportagen, die landesweit in „ten cent“ –Magazinen wie 

etwa „Collier’s“ oder „Cosmopolitan“ erschienen. Lukratives Geschäft, hoher „news value“ 

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o Zeit‐ und kostenintensive Recherchen sind möglich  Bsp.: Für eine Reportage über die Standart Oil Company recherchiert Ida M. Tarbell vier Jahre lang – ihr Verleger trägt die Kosten von 50.000 $ 

o Die umfangreichen, kritischen Artikel bewirken ein politisches Reformklima o Die Presse ist als Kontrollinstanz anerkannt. 

8. Zusammenfassung  

‐ In allen vier Staaten gibt es eine Phase der parteilichen Presse  ‐ Dabei weisen britische und amerikanische Presse des 19. Jahrhunderts relativ große 

Ähnlichkeiten auf o Weitgehende Pressefreiheit o Vergleichsweise geringe Änderung im politischen System o Relativ stabiles, bipolares parlamentarisches Parteiensystem 

‐ In Frankreich bleiben die Interessen der Journalisten lange identisch mit den Interessen von Politik, Wirtschaft und Kultur. 

9. Hintergrundinformationen: Vom „Zeitunger“ zum Publizisten  

- Frühe Neuzeit (ca. 1450 bis 1800): „öffentliche Kommunikation“ als Nebengewerbe 

Zeitunger: Niedriges Ansehen sog. „Zeitunger“, aber: journalist. Grundregeln; 

Angabe von: 

o Herkunftsort u. Datum   Zuverlässigkeit & Aktualität o Zeugen des Geschehens u. Informanten   Beglaubigung & Absicherung 

   aber: Art „Informantenschutz“ 

o Quellenangabe (generell) o möglichst genaue Angaben o kein Zusatz eigener Kommentare   Objektivität wichtig  o abhängige Stellung; nicht hoch geachtet 

Publizist: 

Weitergabe von Meinungen & Argumenten   Anregung zur öffentl. Debatte  meist: Politiker, Juristen, Theologen (hoch angesehen) 16. u. 17 Jh.  ökonom. Absicherung dieser Personen musste gewährleistet sein: nur 

Gewinn an „Ansehen“ (Ehre) durch Schreibertätigkeit  

  Regeln zur Abfassung von Flugschriften: 

o sorgfältige Gliederung o Zulassung von Gegenmeinungen (ggf. Zitate) 

= Verwirklichung: Gebot der Fairness & Sachlichkeit 

- ABER: 16. Jh.: gefühlsbetonte Themen – persönliche Angriffe; viele Schmähschriften (Sanktionen für Beleidigungen zu schwach; zu viele Vorkommnisse der Art) 

- Politische Publizistik damals: viel Korruption (Fälschungen, verdeckte Ermittlung etc.) 

   viele falsche / verzerrte Nachrichten (politische & geschäftliche Interessen) 

- wissenschaftliche Publizistik: noch undifferenziert 

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Stellung & Ansehen der Publizisten / Journalisten waren in der frühen Neuzeit durch deren Hauptberuf definiert 

Der „Verlegerpublizist“ des 18. und 19. Jahrhunderts  

- Publizist:  

o „Belehrung“ & „Erziehung“ des Publikums über die Gesellschaft (UNTERHALTSAM) 

   finanzielle und geistige Unabhängigkeit (Lebenserfahrung) nötig  

- Ziel: Setzen von Maßstäben des „guten Geschmacks“ u. gesellschaftlichen Umgangs  

  Art „kritischer Journalismus“ (keine festen Regeln) 

- Einfachheit, Eingängigkeit u. Unterhaltsamkeit; Realitätsnähe 

- aktueller, kritischer politischer Journalismus (informierend / kommentierend): Ausnahme 

- NEU: nicht bloße Weitergabe, sondern Einordnung & Bewertung der Meldung 

  wird zum Ideal des journal. Stils 

- Warum? : * Orientierung in der Gesellschaft bzw. Erziehung politisch bewusster Staatsbürger & * Journalist „Sprachrohr der öffentlichen Meinung“   Darstellung der „öffentl. Meinung“ vor den Regierenden ( ‐ noch keine parlamentarische Herrschaft; Journalist als Ersatz bis 1848) 

- Differenzierung der gesamt‐öffentlichen Meinung nach der Revolution: Parteiensystem 

   kommentierte Mitteilung rückt (vor der sachl. Berichterstattung) immer mehr in den     Vordergrund 

 19. Jh.: Zeitalter der „GESINNUNGSPUBLIZISTIK“ 

Journalisten und Verleger seit dem Ende des 19. Jahrhunderts  

- bis Mitte des 19.Jh.: Journalismus kein eigenständiger Beruf  

   („Durchgangsstudium“ zu akademischen Berufen) 

- oftmals: Publizist, Verleger u. Drucker in einer Person; Journalist eigentlicher Herausgeber 

- Reichspressegesetz 1874: Berufsjournalist ist Angestellter des Verlegers (Machtgefüge) 

- Ende des 19. Jh.: Entwicklung der Massenpresse – Vergrößerung der Redaktionen 

   Leistungsausbau – „Kampf um den Leser“ – redaktionelle Differenzierung (fortschreitende  Spezialisierung) 

   * quantitative Ausdehnung + * qualitative Ausdifferenzierung 

‐   journalistische Selbstorganisation: „Journalistentage“ (1864) 

‐   (vermeintliche) publizist. Vielfalt: Tiefschlag im 1. WK und während der Inflation / WWK 

‐   starke Gehaltsschwankungen 

Fazit: Berufsverständnis „Journalist“ im 19. Jh. :  

- GESINNUNGSPUBLIZISTIK; Parteilichkeit, Erziehung im Sinne einer parteilichen Überzeugung 

- 1910: „Reichsverband der dt. Presse“ 

- 1916: erste Forderungen nach einem Journalistengesetz 

   Ziel: „redaktionelle Pressefreiheit“ (Entspannung des Verhältnisses zw. Redakteur – Verleger) 

1933: Schriftleitergesetz; freier Zugang zu journalist. Berufen unmöglich 

   Journalist als verlängerter Arm / Funktionär der diktatorischen Herrschaft 

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- Professionalisierung des Journalismus: seit Ende des 19. / Anfang des 20. Jh.: 

o hauptberufliche Tätigkeit 

o Entwicklung journalist. Eingangsvoraussetzungen 

o Redaktionelle Differenzierung 

o Verbandsentwicklung  

Presse heute: 

- weiterhin privat organisiert 

- größere u. weniger anfällige Zeitungen als vor 1933 

- mehr Journalisten, weniger Zeitungen (im Vergleich zu damals) 

- Spannungsverhältnis Redakteur – Verleger: Richtlinienkompetenz beim Verleger 

 Begriff „innere Pressefreiheit“ 

- mehr soziale Sicherheiten der Journalisten heute  

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Nachrichtenauswahl – Grundlagen des Journalismus 

Meldungstypen 2007 

1934              2007 

Unmittelbarkeit eines Ereignisses      Aktuelle Meldung Räumliche Nähe          Lokalmeldungen Prominenz der beteiligten Personen      Gesprächswert Meldungen Ungewöhnlichkeit          Gesprächswert Meldungen Konflikt             diverse Kategorien Spannung            diverse Kategorien Emotionen            Human‐Interest‐Meldungen Auswirkungen            Service Meldungen  

Journalismus und Selektionsforschung 

‐ Die Selektionsforschung nimmt in der Journalistik eine zentrale Rolle ein. ‐ Besondere Bedeutung innerhalb der Selektionsforschung kommt der journalistischen 

Nachrichtenauswahl zu. ‐ Hier besteht die Aufgabe, ein internationales und damit komplexes Angebot sinnvoll zu 

reduzieren und relevante Informationen auszuwählen. ‐ Die Nachrichtenauswahlforschung ist der etablierteste  und empirisch ertragreichste Zweig 

der Selektionsforschung. 

Einar Östgaard – 1965 

‐ Simplifikation ‐ Identifikation ‐ Sensationalismus 

Drei Ansätze bei der Nachrichtenauswahlforschung 

‐ Gatekeeper‐Forschung: o Begriff des „Gatekeepers“ vergleicht die Rolle des Journalisten im Nachrichtenfluss 

mit der eines Torhüters, der darüber entscheidet, was das Tor passieren darf. o Die Gatekeeper‐Forschung beschäftigt sich mit den selektionsrelevanten 

Eigenschaften von Journalisten und Medienunternehmen. ‐ New‐Bias‐Ansatz: 

o Hier liegt der Fokus auf den politischen Einstellungen der Journalisten und der daraus resultierenden Tendenzen für die Berichterstattung. 

‐ Nachrichtenwertforschung: o Die Nachrichtenwerttheorie geht davon aus, dass der Nachrichtenwert eines 

Ereignisses von Nachrichtenfaktoren bestimmt wird. o Nachrichtenfaktoren sind (wiederum von Journalisten „zugeschriebene“) inhaltliche 

Merkmale von Ereignissen. Sie verleihen einem Ereignis einen bestimmten Nachrichtenwert und sind damit Entscheidungshilfen für Journalisten, um den Berichtswert zu erkennen. 

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o Die Höhe des Nachrichtenwertes entscheidet, ob ein Ereignis überhaupt berichtet wird, wie prominent die entsprechende Nachricht platziert wird und wie ausführlich sie ist. 

o  Nachrichtenwert beruht auf Summe und unterschiedlichen Ausprägungen der         Nachrichtenfaktoren 

Winfried Schulz: „Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien“ ‐ Je mehr eine Meldung über ein Ereignis dem entspricht, was Journalisten für wichtig und 

mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer ist ihr Nachrichtenwert.  

‐ 18 Nachrichtenfaktoren ‐ 6 Dimensionen 

o Zeit  Nähe  Status  Dynamik        Valenz  Identifikation 

2­Komponentenmodell von Hans Mathias Kepplinger: Die beiden Variablen Nachrichtenfaktor und Nachrichtenwert sind unabhängig voneinander Wandel im Mediensystem und Generationswechsel verändern Nachrichtenwert zahlreicher Nachrichtenfaktoren. 

Johann Friedrich Staab: Umfang einer Nachricht stark abhängig von Nachrichtenfaktoren, bei Platzierung nicht solche Abhängigkeit 

Nachrichtenfaktoren nach Galtung/Ruge 1965 

‐ Frequenz:      Erscheinungsperiodik ‐ Schwellenfaktor/Außergewöhnlichkeit     ‐ Eindeutigkeit      Einfachheit und Überschaubarkeit des Ereignisses ‐ Bedeutsamkeit     Betroffenheit und Tragweite ‐ Konsonanz      Übereinstimmung mit vorhandenen Vorstellungen und  

         Erwartungen ‐ Überraschung       ‐ Kontinuität      was einmal als Ereignis berichtet wurde, wird weiter  

         berichtet ‐ Variation/Komposition    Schwellenwert niedriger, wenn es zu anderen Nachrichten 

         passt ‐ Elite‐Nationen      = wirtschaftlich, militärisch & politisch mächtig ‐ Elite‐Personen ‐ Personalisierung     ‐ Negativismus      je tragischer umso eher wird es zur Nachricht 

Auswahlhypothesen nach Galtung/Ruge 

1. Selektivitätshypothese ‐ Je mehr ein Ereignis den aufgeführten Kriterien entspricht, desto größer ist die 

Wahrscheinlichkeit, dass es als Nachricht registriert wird. 2. Verzerrungshypothese 

‐ Die Merkmale, die den Nachrichtenwert eines Ereignisses bestimmen, werden akzentuiert. 

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3. Replikationshypothese/ Wiederholungshypothese ‐ Selektivität und Verzerrung finden auf allen Stufen des Nachrichtenflusses statt, von 

der ersten Beobachtung eines Ereignisses über alle Phasen der Übermittlung und Weiterverarbeitung bis zur Veröffentlichung. Die Wirkung dieser Mechanismen verstärkt sich also im Nachrichtenfluss, und sie ist daher besonders ausgeprägt bei solchen Nachrichten, die viele Übermittlungsstadien durchlaufen. 

4. Additivitätshypothese ‐ Je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto größer ist seine 

Chance, zur Nachricht zu werden. 5. Komplementaritätshypothese 

‐ Wenn ein Ereignis eines oder einige der Kriterien überhaupt nicht oder nur in geringem Maße erfüllt, dann müssen die anderen Faktoren in umso stärkerem Maße  zutreffen, damit das Ereignis als Nachricht ausgewählt wird. 

Der Faktor „Nähe“ – Die wichtigsten Ergebnisse 

‐ „Nähe“ hatte in sehr vielen Studien große Erklärungskraft ‐ World of the News Study (1979): Regionalismus ‐ Foreign News Study (1995): Struktur internationaler Beziehungen 

Der Faktor „Nähe“ muss im internationalen Journalismus differenziert werden 

‐ Geographische Nähe ‐ Kulturelle Nähe ‐ Ökonomische Nähe ‐ Politische Nähe 

News­Bias­Forschung 

Bias bedeutet allgemein: Unausgewogenheit bzw. Verzerrung 

Elisabeth Noelle­Neumann (1987) – „The Event as Event and the Event as News” 

Methode: Vergleich von extramedia (Augenzeugen) und intramedia (Berichte) Daten. 

Ergebnis: Opinion Leader = Meinungsführer definieren die Relevanz von Ereignissen  

>> Agenda‐Setting 

Kennzeichen von Opinion Leader: 

1. Große Reichweiter unter der Bevölkerung und unter den Journalisten 2. Elitepublikum 3. Hohe Ressourcenausstattung (Korrespondenten, Reporter, Redakteure) 4. Verlässlichen Zugang zu Quellen 

Folge:   Konsonanz = Uniformität oder Ähnlichkeit in der Tendenz der Berichterstattung 

  Meinungsklima strukturiert Argumentationslinien 

 

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Medienethik und Journalismuskatastrophen 

Was ist Ethik? Teilgebiet der Philosophie: 

‐ Definition des „guten“ und des „schlechten“ menschlichen Handelns ‐ Teleologischer Ansatz: 

o „Richtig“ ist, was den Zweck erfüllt: Genuss, Allgemeinwohlfahrt ‐ Deontologischer Ansatz: 

o „Richtig“ ist ein absoluter Begriff der entweder fremd‐ (z.B. christliche Ethik) oder eigenbestimmt (z.B. kategorischer Imperativ) ist. 

‐ Philosophischer Ansatz: o moralisches / sittlich richtiges Handeln o Moral: eigene Neigungen / spontane Handlungswünsche mit Rücksicht auf andere  o „Krisenreflektion“ o moralischer Verantwortungshorizont: Hinblick auf sich ergebende Konsequenzen 

durch die Reichweite von Entscheidungen für die   1. natürliche Umwelt &                 2. zukünftige Generationen 

o Ethik: keine Berufung auf politische oder religiöse Autoritäten, sondern: 

• Kriterien:  Rationalität  Begründung  Verallgemeinerungsfähigkeit 

• keine „objektiven Werte“, stattdessen: intersubjektive Gültigkeit  

• (innerhalb eines bestimmten Zeitraums und einer bestimmten Kultur) o Diskrepanz: Ideal‐ vs. Praxisnormen: 

• (normative) Ethik: Theorie „richtigen Handelns“; moralische Entscheidungsprobleme innerhalb von (Handlungs‐)Normen, Werten, Grundorientierungen des Menschen (aber: keine „absolute“ Wahrheit) 

‐ Normative Ethik: o individuelle demokratische Rechte (Grundlage: Verfassung) o Verpflichtungen durch Vertragsmodelle o Pflichten im Sinne normativer Erwartungen an gewählte oder zugeschriebene Rollen o allgemeine Prinzipien mit bestimmten Bindungen 

• Kontinuum: normative und praktische Fragen der Ethik 

• Grundprinzipien: Wechselseitigkeit, Allgemeingültigkeit, Gerechtigkeit 

• angewandte Ethik: Bezug auf Lebensgestaltung und gesellschaftliches Zusammenleben 

• Normen: Verbindungsglied zwischen Wünschenswertem und praktischen Problembereichen 

Idealnormen: philosophische Fundierung (meist aber wirklichkeitsfremd; zu allgemein, unbestimmt, rigide) 

Praxisnormen: rechtliche und politische Fundierung (Angleichung der Idealnormen an faktische Verhältnisse) 

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• Ableitung der Praxis‐ aus den Idealnormen 

• Ethik: das „Sollen“ vs. Pragmatik: das „Können“ (in der Praxis) o Ebenen:

1. Ideale Ebene: abstrakte Moralprinzipien ohne Rücksicht auf strukturelle Einschränkungen, menschliche Schwächen oder Macht‐/Herrschaftsverhältnisse 

2. Ebene der sozio‐kulturellen und politischen Rahmenbedingungen: faktisch bestehende Verhältnisse der Interaktion der Individuen 

3. Ebene der Interessen: unterschiedliche Präferenzen der Akteure (innerhalb eines moralischen Entscheidungsfindungsprozesses) 

4. Ebene der „menschlichen Unvollkommenheit“: Schwächen menschlicher Akteure (Zeitpräferenz, Willensschwäche, Ungeduld, egoistische Motive) 

Ethische Problemfelder ‐ Kommerzialisierung ‐ Konkurrenzdruck ‐ Konzentrationsprozesse ‐ Anonymisierung von Verantwortung ‐ Zunehmende Komplexität ‐ Journalistische Kompetenz 

Ethische Konzepte für die Medien Individualethik 

‐ Der einzelne Journalist trägt die Verantwortung für eine ethisch‐korrekte Problemerstattung ‐ Mitmenschlicher Respekt gegenüber Publikum und Betroffenen ‐ Berichterstattung von Tatsachen ohne Manipulation 

Professionsethik 

‐ Selbstkontrolle durch Berufsverbände, welche Kodizes, Standesethiken, etc. erlassen 

Institutionsethik 

‐ Verantwortung der Verleger und des Gesetzgebers zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur Entfaltung ethischer Medienarbeit. 

Publikumsethik 

‐ Verantwortung des Publikums unethisches Medienverhalten durch Nichtrezeptions zu sanktionieren. 

Analyse­Schema (Weischenberg) ‐ Auf der Ebene der Normen (Ethikkataloge und ihre Verschränkung mit rechtlichen 

Regelungen); ‐ Auf der Ebene der Strukturen (institutionelle Voraussetzungen für individuelle 

Selbstregulierung journalistischen Handelns); 

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‐ Auf der Ebene der Funktionen (Übereinstimmung von ethischen Prinzipien mit den Kommunikationsabsichten der Journalisten und den Kommunikationserwartungen des Publikums; 

‐ Auf der Ebene der Rollen (Disposition von Journalisten gegenüber ethischen Entscheidungssituationen) 

Verständnis der Medienethik 

Merkmale: 

Idealebene: individualethische Konzeptionen für Journalisten (professionsethische Maßstäbe,         verankert in Berufskodizes   idealtypische Richtlinien und Standards) 

Praxisebene: systemspezifische Institutionenethik; Berücksichtigung der vorherrschenden          Machtstrukturen (politische, ökonomische, juristische Gegebenheiten; sozio‐           ökonomische Rahmenbedingungen) 

‐ „Orientierungsrahmen“: allgemeine Idealebene ‐ Medienethik: Sensibilisierung und Verantwortungszuschreibung; 

o Aufzeigen von Defiziten in den Bereichen:  

• Medienangebote  

• Mediennutzung  

• Programminhalte ‐ medienethische Reflexion: alternative Handlungskonzepte, „anhand derer die Qualität und 

Angemessenheit medialen Handelns bewertet werden können“ ‐ zentrale Diskussion von: 

• Medienkonzentration (Machtaspekte) 

• Medieninhalten (moralisch‐fragwürdige Programme; Sensationslust, Enthüllungsgier) 

Reichweite moralischer Verantwortung: 

‐ Individualethik   Rollenverantwortung des einzelnen Journalisten ‐ Institutionsethik   Verantwortung der Medienunternehmer, Gesetzgeber, 

       Medieneigner, Medienmitarbeiter; außerdem Moral des politischen         und des medialen Systems 

‐ Professionsethik   Kodizes in Standesethiken der Berufsverbände   Selbstkontrolle,         transparentes Agieren der Journalisten. DEUTSCHER PRESSERAT:         publizistische Grundsätze [1957]: Achtung des Privatlebens,         Methoden zur Informationsbeschaffung, Verbot der Diskriminierung,         Manipulationsverbot, Informationssachlichkeit 

‐ Aber:   dt. Presserat verfügt über keine Sanktionsgewalt! („zahnloser Tiger“) ‐ Publikumsethik   „mündiger Zuschauer“; Verweigerung der Rezeption moralisch‐ 

       fragwürdiger Medieninhalte / Programme   Boykott. Anhebung des         Qualitätsniveaus; aufgeklärtes, emanzipertes Publikum 

   

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  Mit freundlicher Unterstützung von Carina B. & Roger V.  Regeln des Presserats: 

‐ Publikumsorientierung ‐ Trennung von Nachricht und Meinung ‐ Wahrheit und Wahrhaftigkeit ‐ Ausgewogenheit und Objektivität ‐ Beschaffungskriterien (korrektes Recherchieren) ‐ Pflicht zur Richtigstellung ‐ „lautere“ Methodenausrichtung ‐ Wahrung des Berufsgeheimnis (Zeugnisverweigerungsrecht) ‐ Schutz der Privat‐ und Intimsphäre ‐ Verbot der Verletzung sittlicher oder religiöser Empfindungen ‐ Verbot der Diskriminierung (Rassen‐ und/oder Geschlechtszugehörigkeit) 

Probleme der Einhaltung ethischer Grundsätze: 

- kommerzielle Interessen, Zeit‐ und Konkurrenzdruck, Zwang zur Aktualität  ( vs. Recherche, Überprüfung der Richtigkeit, Hintergrundinformation): Spannungsverhältnis der ethischen Postulate und Leitbilder und faktischer Gegebenheiten journalistischer Praxis 

Lügen, Fälschungen, Manipulationen (Fotomontagen, Zensur, Vermischung mit PR, Behinderung von Polizeiarbeit, Bloßstellung von Opfern, einseitige Darstellung, „Sex‐Anbieter“) 

Normativ­ontologisches Verständnis  „Im Journalismus gibt es eine personale Verantwortungszuweisung.“ 

„Von Tugenden, von Verantwortung, von Schuld und Gewissen muss gesprochen werden.“ 

Boventer 1996 

Normativ­ontologischer Ansatz „Journalistische Verhaltensnormen dürfen […] nicht ausschließlich situationsbezogen relativiert und additiv behandelt werden. Sie müssen zwar situations‐ und menschenbezogene Differenzierungen sowie Güterabwägungen in Sachfragen erlauben, allein, sie bedürfen auch dauerender Grundlagen, bleibender Werte.“ 

Bosshart 1985 

Empirisch­Analytischer Ansatz Für Rühl und Saxer ist: 

„eine Ethiktheorie für Kommunikation einzubetten in die durch konkrete Personal‐ und Sozialsysteme konstituierenden Situationssysteme, die sich wiederum in einer gesellschaftlichen Gesamtlage (soziale Umwelt) spezifischer Kulturen befindet.“ 

Rühl/Saxer 1981 

Empirisch­analytisches Verständnis „Nicht mehr der einzelne als ‚ganzer Mensch‘ macht Journalismus, sondern Journalismus wird durch organisatorisches Handeln produziert.“ 

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„Individuelle Wertvorstellungen, Gesinnungen und Willensentscheidungen sind im Journalismus gegenüber organisatorischen Arbeits‐ und Berufsprämissen zurückgetreten.“ 

Rühl 1996 

Ethische Konflikte in den Medien ‐ Falsche Tatsachenberichterstattung 

o Stern: Hitlertagebücher ‐ Vereinnahmung von Journalisten zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung 

o Pentagon: Kriegsberichterstattung über ‚Briefing‘ ‐ Verletzung von Persönlichkeitsrechten 

o Benetton: blutdurchtränkte Kleidung eines Unfallopfers ‐ Jugendschutz 

o TV, Internet, Computersoftware, Videos ‐ Beeinflussung von Ereignissen 

o Gladbecker Geiseldrama 1988 

 

Analyse des Spiegelbeitrags  

über Geiselnahme 16.Aug. 1988 in Bank, forderten 300 000 DM Lösegeld 

- gab zahlreiche Möglichkeiten einzugreifen, doch wurde nicht getan → dies war der eigentliche Skandal 

- Journalisten als einzige Verhandlungspartner 

- Verbrecher gaben Fernseh‐ Interviews!? 

- eine Geisel stirbt im Blitzlicht der Journalisten → Moral / Ethik (wie fühlt sich Familie u. Opfer) 

- Beamte inkompetent, Polizei greift nicht ein, fehlt Munition usw. 

 

Journalistisches Fehlverhalten:  

- Aufpuschen der Verbrecher falsch (durch Interviews/Radiointerview) 

- Journalist hat Taten nahe gelegt 

- Auffällig war die Sprache, normales Interview? Routine? 

- Moral? Filmen einer Tragödie ←→ behandeln wie Normalität 

- Auch Behinderung der Polizei durch Journalistenmassen 

- eine Geisel wird entgegen ihrem Willen gefilmt und ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt, dies bedeutet neben der eigentlichen Tat zusätzlich Gefahr 

 

Dieser Vorfall hat zu Bewusstseinswandel der Journalisten geführt 

Im Zweifelsfall nicht berichten! 

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Theorie und Praxis der journalistischen Darstellungsformen 

Journalismus‐Typ  Formenstruktur 

Klassischer Journalismus 

Bis ins 19. Jahrhundert  melden – berichten   betrachten – beurteilen   sowie Feuilleton‐Formen 

Gegen Ende 19. Jahrhundert  zusätzlich:   ‐ analytische Formen:   Leitartikel, Kommentar   ‐ authentische Erzählformen 

Moderner westlicher (bürgerlicher)  gesellschaftspolitisches Modell Journalismus I  & marktwirtschaftliche Begründung 

Angelsächs. & USA  tatsachenbetonte    meinungsbetonte 

 

                  Formen 

Variabilität  news/reporting    editors mind/   story telling/    easy   background 

Walter von La Roche (pragmatischer Ansatz) 

Darstellungsformen 

Informierende        meinungsäußernde 

a) Nachricht        a)    Kommentar b) Bericht        b)    Glosse c) Reportage        c)     Rezension & Kritik d) Feature e) Interview f) Korr.bericht / analyt. Bericht 

Informieren          bewerten 

   

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Siegfried Weischenberg (konstruktivistischer Ansatz) Darstellungsformen 

Nachrichten~  Meinungs~        Unterhaltungs~ 

a) Nachricht  a)    Kommentar      a)    Reportage b) Meldung  b)    Glosse        b)    Feature 

 informieren   bewerten         analysieren 

Fischerlexikon für Publizistik (Kurt Reumann) (legitimistischer Empirismus) Darstellungsformen 

tatsachenbetonte  meinungsbetonte      phantasiebetonte 

a) Nachricht  a)    Kommentar      a)    Zeitungsroman b) Reportage  b)    Glosse        b)    Kurzgeschichte c) Feature  c)    Leitartikel       c)    Feuilleton d) Interview  d)    Kolumne        d)    Comic e) Dokumentation  e)    Porträt        e)    Spielfilm 

    f)    Karikatur         f)    Hörspiel    g)    Kritiken & Essay    h)    politisches Lied 

 informieren   überzeugen       unterhalten 

Journalismus‐Typ  Formenstruktur 

Moderner westlicher (bürgerlicher)    staatspolitische, ökonomische & gesellschafts‐ Journalismus II    politische Begründung 

In Deutschland 

La Roche  div. informierende    meinungsäußernde  

                   Formen 

Weischenberg  Nachrichten~             Meinungs~  Unterhaltungs~ 

                    Formen 

Fischer‐Lexikon  tatsachenb.             meinungsb.  phantasieb. 

                    Formen 

   

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Sozialistische Journalistik    ideologisch‐funktionale Begründung 

UDSSR  informatorische/analytische/künstlerisch‐publizistische 

                     Genres 

DDR  informatorische/analytische/bildhaft‐konkrete 

         Genres 

Leipziger Schule (Sozialistische Modell) Genres 

informatorische  analytische      bildhaft‐konkrete 

a) Nachricht  a)    Kommentar    a)    Feature b) Bericht  b)    Glosse      b)    Reportage 

   c)    Leitartikel     c)    Feuilleton    d)    Artikel 

 informieren   einordnen       unterhalten 

 

Tafelbild: 

Meldung    Bericht    MZ (???)    Feature      Reportage 

        empirischen Darstellungsformen OBJEKTIV  SUBJEKTIV 

        kognitive Darstellungsformen 

Analytischer                    Polemischer  Glosse Kommentar                     Kommentar 

 

Haller: Funktionskonzept Darstellungsformen Kognitive Formen 

Subjektiv              objektiv 

Empirische Formen 

Trennung zwischen empirisch und kognitiv  Fließende Übergänge zwischen subjektiv und objektiv 

   

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Journalismus‐Typ  Formenstruktur 

Moderner westlicher (bürgerlicher)    normativ‐pragmatisches Modell Journalismus III    funktionstheoretische Begründung 

in Deutschland 

Haller/Leipzig    empirische Formen  von objektiven zu subjektiven Formen 

    Meldung – Bericht – Hintergrundbericht – Feature – NM – Geschichte – Reportage 

    kognitive Formen von objektiven zu subjektiven Formen 

    Essay/Betrachtung – Leitartikel – Kommentar – Rezension/Kritik – Glosse/Satire 

Schaubild: Berichtende Darstellungsformen Anmerkung: ähnlich wie das Tafelbild; bei Interesse stell ich es als Foto extra ins Netz Quelle: Haller, Michael: Die Reportage; Konstanz; UVK‐Medien; 1997; S.93 

 

<< Der 2. Teil kommt im 2. PDF >> 

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Die umgekehrte Pyramide Nachrichten und ihre kommunikative Qualität 

1. Die umgekehrte Pyramide 2. Traditionelle Durchsetzungsthesen 

a. Die technologische These b. Die politologische These c. Die kulturwissenschaftliche These d. Der ökonomische Erklärungsansatz 

3. Empirische Untersuchung 4. Die wahrnehmungspsychologische These 

 

1. Die „umgekehrte“ Pyramide ‐ Bezeichnet den Stil des Nachrichtenaufbaus, bei dem die wichtigsten Informationen am 

Anfang vorkommen. (wichtig = W‐Fragen) ‐ Der erste Satz (Lead‐Satz, Nachrichtenkopf) beantwortet bereits alle W‐Fragen ‐ Danach folgt im „Body“ (Nachrichtenkörper) das „weniger Wichtige“, meist zusätzliche 

Informationen, die auch gekürzt werden können, ohne dass der Sinn entstellt wird. abnehmende Relevanz aber steigende Quantität 

Der klassische Nachrichtenaufbau  

Lead                  Relevanz abnehmend 

 

                  Zunahme Quantitativ  

Body                  unwichtiger Details 

 

 

 

2. Traditionelle Durchsetzungsthesen ‐ Im 19. Jahrhundert dominierte der chronologische Nachrichtenstil die Berichterstattung ‐ Die Form der umgekehrten Pyramide entstand Anfang des 19. Jh. in Nordamerika, 

setzte sich aber erst gegen Ende es Jh. auch in den Redaktionen durch ‐ Es gibt verschiedene Thesen warum die Pyramidenform zur dominierenden Form wurde. 

   

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2.1 Die technologische These ‐ Anfälligkeit der Telegrafenverbindungen als Ursache für Durchsetzung der Pyramidenform ‐ Einführung der Pyramidenform im amerikanischen Bürgerkrieg (1861‐1865) ‐ Zusammenfassung der wichtigsten Nachrichtenteile im ersten Satz, stellte auch bei Abbruch 

die notwendige Vollständigkeit sicher. 

Die technologische These ist eine einfache Kausalhypothese: Unsichere Telegrafenverbindung          führte zu           Pyramidenform in Nachrichten 

Anmerkung: Zu einfach gedacht?! 

‐ Setzte sich der Pyramidenstil wirklich 1860 durch? ‐ Warum ging man, nachdem die Telegrafen sicher arbeiteten (ca.1970) nicht wieder zum 

alten Stil über? 

2.2 Die politologische These ‐ Regierungsbulletins im US‐Bürgerkrieg im Pyramidenstil gehalten ‐ Stärkerer Einfluss auf öffentliche Meinung erhofft (durch erhöhte, quasi‐autoritative 

Position, wirkt „objektiv“) ‐ Bsp. Kriegsminister Edwin M. Stanton, autoritärer Politiker, der so Einfluss auf die 

Berichterstattung nehmen wollte (und nahm) 

Anmerkungen: 

‐ Warum kam sie erst im Bürgerkrieg auf? ‐ Setzte sich die Pyramidenform wirklich während des US‐Bürgerkriegs durch? ‐ Wieso ist die Pyramidenform in autoritären Gesellschaften nicht stärker aufgetreten, wenn 

sie so wirksam ist? 

2.3 Die kulturwissenschaftliche These ‐ Pyramidenform setzte sich nach dieser These erst zwischen 1880 und 1910 durch ‐ Stärkste Verbreitung Anfang des 20. Jahrhunderts ‐ Ursachen: 

o Quantitative Bildungsexpansion (Analphabeten) o Paradigmenwechseln des Bildungsideals (hin zum pragmatisch‐technischen 

Bildungsideal) 

Der Kulturwandel habe einen Wandel der Erwartungen und Fähigkeiten bei Journalisten wie bei dem Publikum bewirkt. 

Anmerkungen: 

‐ Gibt es mehr als nur eine zeitliche Koinzidenz zwischen Kulturwandel und journalistischem Wandel? 

‐ Bisher fehlt eine Theorie… 

   

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2.4 Der ökonomische Erklärungsansatz ‐ Der Pyramidenstil weißt mehrere ökonomische Vorteile auf: 

o Hohe Übertragungskosten von „wire‐news“ o Einsparung von Korrespondenten und Nutzung von Nachrichtendiensten o Zeitsparendes Lesen o Kürzbarkeit von Hinten 

Kapitalistisch geprägtes System        beflügelt         Durchsetzung journ. Professionalität 

Anmerkungen: 

‐ Die kommerziell orientierte „Penny‐Press“ gab es schon 1830, wieso setzte sich der Pyramidenstil erst so spät durch? 

‐ War die Einführung der Telegrafentechnik wirklich ausschlaggebend für den Pyramidenstil? 

 

3. Empirische Untersuchung „Die Zahl der Pyramiden mit mehr als 50 Wörtern ist daher hoch interessant – die Durchsetzung der umgekehrten Pyramide erfolgte also um 1895.“ 

Trends im Zeitungswesen zwischen 1875 – 1895: 

‐ Überschriften setzten sich durch ‐ Zeichnungen unterstützen Artikelaussage ‐ Einteilung in Ressorts ‐ Gestaltung der Zeitung orientiert sich an den Wünschen des Lesers 

 Steigerung der kommunikativen Qualität 

 

Schlussfolgerungen: 

Alle bisherigen Thesen sind ungeeignet! Es muss nach einer neuen gesucht werden! 

4. Die Wahrnehmungspsychologische These ‐ Vorteile der Pyramidenform: 

o Fördert Ankommen der Information beim Leser o Ermöglicht zeitsparendes Lesen o Erleichtert Rezeption 

Verbessert kommunikative Qualität 

‐ Einfluss wirtschaftlicher Interessen auf die Entwicklung der kommunikativen Qualität ist nicht ausgeschlossen. 

o Ermöglicht Arbeitsroutinen (Kürzen von Hinten) o Schnelles Redigieren 

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Ökonomisches Kalkül und publizistisches Ethos 

 

 

 

 

 

Die umgekehrte Pyramide hat sich als Darstellungsform nicht durch äußere Umstände durchgesetzt, sondern weil sie eine kommunikative Qualität aufweist, die für Leser wie für Journalisten Vorteile bietet. 

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Der Bericht Vom Melden zum Berichten Unterschiede und Übergänge zwischen den Darstellungsformen Meldung und Bericht 

Verschiedene Definitionen 

‐ Print: nach Weischenberg: o Meldung: Kurz‐Meldung mit nicht mehr als 25 Zeilen; 

„Einspalter“; enthält nur wichtigste Informationen o Bericht: ausführliche Darstellung; „Zwei‐„ oder „Dreispalter“; 

Narration eher erlaubt o Aber: beide mit Pyramiden‐Aufbau; klare Unterscheidung in der Praxis nicht mehr 

möglich 

‐ TV: nach Ausbildungshandbuch für audiovisuelle Medienberufe o Meldung: nicht kausal entwickelt; oft keine Handlung; nach Leadsatz‐Prinzip 

aufgebaut; Länge zwischen 20 und 50 Sekunden o Bericht: liefert Hintergrund‐Info; beleuchtet verschiedene Seiten der Information; 

Verbindung von Konkretem mit Abstrakten; Länge sehr flexibel o Aber: genaue Abgrenzung teilweise schwierig 

‐ Allgemein: nach La Roche: o Meldung: objektive und aktuelle Nachricht; allgemeines Interesse; nicht länger als 

20 bis 30 Zeilen oder ein bis zwei Sendeminuten (Machill: 2min sind zu viel) o Bericht: Darstellung von Zusammenhängen; weniger streng im Aufbau; mehr Zitate o Aber: Bericht als „großer Bruder“ 

Aufbau 

Meldung:            Bericht: ‐ strenger nachrichtlicher Aufbau (Pyramide)    ‐ Weniger strenger Aufbau ‐ Lead – Body            ‐ Pyramiden‐Aufbau der Absätze ‐ Von hinten kürz bar          ‐ chronologischer Aufbau der Absätze                   möglich (Handlungsbericht) 

Formen des Berichts – formal 

‐ Terminbericht: o Bericht über im Voraus bekannte Veranstaltungen (Pressekonferenzen, Parteitage, 

etc.) o Vorteil: genug Zeit für Vorarbeit (Recherche und technische Vorbereitung) o Nachteil: meist wenig interessante Bilder 

   

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‐ Hintergrundbericht: o Oft aus Anlass von Jahrestagen oder Gesetzesänderungen o Informiert über Folgen und Auswirkungen von Ereignissen o Erklärt den Sachverhalt näher o Nachteil: oft abstrakte Materie; Rückgriff auf Archiv‐Material 

‐ Aktueller Bericht: o Deckt überraschende Ereignisse ab o Kaum planbar o Vorteil: oft gute Stories; erzeugt größtes Interesse beim Rezipienten o  Wichtigste Form des Berichts 

Arten von Berichten nach Weischenberg 

‐ Tatsachenbericht(TB) o Im TB geht es vor allem um die Zusammenfassung, Zuordnung und Gewichtung von 

Fakten. Dabei werden zentrale Tatsachen an den Anfang gestellt; es folgen die weniger wichtigen Informationen. Wertungen sind bei der Darstellung der Fakten zu vermeiden. Stets wird hervorgehoben, was sich ereignet hat oder stattfinden wird. Dies gilt gleichermaßen für Tatsachen in der Vergangenheit (also Ergebnisbericht) wie den Ausblick auf ein künftiges Ereignis (Vorbericht).  

‐ Handlungsbericht(HB) o Im HB werden Ereignisabläufe zusammengefasst. Es geht also z.B. um die 

Berichterstattung über einen Unfall oder eine Katastrophe. So geht es um einen Ablauf von Ereignissen zu einem konkreten Endpunkt hin. Dieser Endpunkt wird an den Anfang des Berichts gestellt; die jeweils weniger wichtigen Einzelinformationen folgen dann. 

‐ Zitatenbericht(ZB) o Der Aufbau des ZBs erfolgt nach demselben Prinzip, wie für alle Nachrichten. Am 

Anfang steht der Kern dessen, was eine Person gesagt hat. Auch deren Name sollte früh erscheinen. Nach dem Einstieg werden die weniger wichtigen Informationen zusammengefasst: Bei welcher Gelegenheit eine Rede gehalten, wann, wo und von wem. Der Rest des ZBs enthält dann die Wiedergabe weiterer Äußerungen, wobei zwischen direkter und indirekter Rede gewechselt wird. 

Gemeinsamkeiten 

‐ Trennung von Information und Meinung o Urteil dem Rezipienten überlassen o Aber: Fakten in Relation setzen 

‐ Zuverlässigkeit vor Schnelligkeit o Journalistische Sorgfaltspflicht 

   

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Die Reportage Gliederung: 

1. Geschichtliches 2. Schulen und Definitionen 3. Funktionen und Themen 4. Schreibwerkstatt 5. Fazit 

1. Geschichtliches 2 historische Wurzeln: 

Reisebericht          Augenzeugenbericht ‐ lat. reportare = zusammentragen, zurückbringen  ‐     Ereignissen beiwohnen 

               ‐     Brücke zu Ereignissen 

Moderne Reportage: Ereignis als Erlebnis 

2. Schulen und Definitionen ‐ Weischenberg 

o Reportage bei der Unterhaltungs‐Darstellungsform(DF) ‐ La Roche 

o Reportage bei informierenden DF ‐ Mainzer Schule 

o Reportage bei tatsachenbetonten DF ‐ Leipziger Schule 

o Reportage bei bildhaft‐konkreten Genres 

Definition nach Haller ‐ Reportage bei tatsachenbetont‐orientierten DF ‐ Subjektivste der tatsachenbetonten DF ‐ Funktionale Definition ‐ Sieht das Besondere im Ereignis als Erlebnis ‐ Authentischer Erlebnis‐ oder Augenzeugenbericht 

3. Funktionen und Themen ‐ Funktion 

o Nachrichtlicher Kern o Ergänzung zu Nachricht und Bericht o Teilnehmen lassen o Soziale Distanzen und institutionelle Barrieren überwinden o Hinter Fassaden blicken 

   

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4. Schreibwerkstatt 

4.1   Print­Reportage 

Arbeitsablauf: 

1. Reportage‐gerechten Aspekt finden 

‐ ungewohnte Perspektiven ‐ erlebnisstarke Aspekte ‐ Jagd nach Einzelheit 

2. Materialbeschaffung 

‐ in der Regel nicht von außen nach innen o gleich auf Hauptakteuer zielen 

‐ Augenzeugenschaft 

3. ? 

4. Printtext 

‐ Keine Musterlösung   Individualität ‐ Realitätsprinzip ‐ 3 Erzählweisen vermischen 

o Kolportage o Eigene Erlebnisse o Fakten 

4.2   Hörfunk­Reportage 

‐ „Reportage ist Kino im Kopf“ o Alle Sinnesorgane anregen o Plastische Sprache o Atmo‐Elemente 

‐ Zeittechniken o Zeitgleichheit 

 o Raffen 

 o Dehnen 

 o Intermittieren (stückeln) 

 

   

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4.3   Online­Reportage 

‐ Aufbau und Unterteilung spezifisch o Roter Faden durch Links o Perspektivenwechsel o Einheit trotz Zerteilung! o Leser ist Regisseur der Geschichte o Nichtlineare Erzählweise 

5. Fazit ‐ Reportage schildert Erlebnisse und Ereignisse ‐ Feature beschreibt Situationen ‐ Magazingeschichte erzählt Geschichte 

 

Das Feature 1.  Definition: [englisch »Merkmal«, »Eigenschaft«, »Besonderheit«] das, auch die, journalistische Darstellungsform nach angloamerikanischem Vorbild, bei der ein Thema innerhalb eines Beitrags durch verschiedene stilistische Mittel abwechslungsreich und möglichst farbig behandelt wird, im Fernsehen z. B. durch eine Mischung von Spiel‐ und Dokumentarszenen, im Hörfunk durch den Einsatz von O‐Tönen, Archivaufnahmen, Geräuschen, Musik, Sprecher‐ und Szenenwechsel, Einblenden kurzer Statements, Kurzinterviews usw. Das Feature als effektvolle Aufbereitung eines zunächst eher undramatischen Stoffs setzt sich zum Ziel, abstrakte Sachverhalte zu veranschaulichen und sie auf unterhaltende Weise interessant zu präsentieren; es enthält daher mehr subjektive Elemente als die Reportage. Quelle: http://lexikon.meyers.de/meyers/Feature 

2.  Schaubild: Merkmale von Reportage, Feature & Magazingeschichte 

Reportage 

 

 

 

Feature 

 

 

Magazingeschichte 

 

 

   

Szene / Person 

Fakten, Fakten, Fakten, Fakten,  … 

Szene / Person  Fakten Rückbezug Szene / Person  Fakten 

Szene 1  Fakten  Szene 2 

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3.  Was soll, darf, muss ein Feature? 

‐ Möglichst objektiv sein. ‐ Das Allgemeingültige durch Einbezug der Handelnden sinnlich darstellen. ‐ Hintergründe und Zusammenhänge aufzeigen, Zustände und Ereignisse analysieren. ‐ Fakten in einen größeren Zusammenhang einordnen. ‐ Die Dimension eines Themas verdeutlichen. 

4.  Was muss ein Feature nicht? 

‐ Aktuell sein ‐ (Stringent(bündig, zwingend, streng)und vollständig sein) ‐ Antworten und Lösungsvorschläge geben ‐ Sich auf spezifische Themenfelder begrenzen 

5.  Prinzip des Features 

‐ Das Feature basiert auf dem human‐interest‐Faktor, d.h. darauf, dass sich Menschen für das Schicksal anderer interessieren.  

‐ Dem Feature gelingt es daher mit dem Mittel der Personalisierung die Aufmerksamkeit des Rezipienten auf ein Thema zu ziehen. 

Die Magazingeschichte 1.  Ursprung 

‐ Abgewandelte Form der angelsächs. „Newsstory“ (Time, Newsweek) ‐ In Deutschland v.a. durch den Spiegel geprägt (die „Spiegelgeschichte“) 

2.  Inhalt 

‐ Inhalt besteht aus Fakten und deren Interpretation durch den/die Autor/en ‐ Interpretationen werden oft als allgemeingültige Tendenzen formuliert 

3.  Unterschied zu Feature und Reportage 

‐ erzählt eine Geschichte, während die Reportage Erlebnisse plus Ereignisse und das Feature Situationen beschreibt 

‐ anders als Feature: korrekte Details werden anhand von konkreten Personen erzählt ‐ anders als Reportage: nicht am Einzelfall interessiert, sondern an der „Tendenz“ ‐ deshalb Einbettung der Hintergrundinformationen in recherchierte Zusammenhänge 

4.  Gefahren 

‐ versteckt‐subjektive Tendenzen erwecken Eindruck der Manipulation d. Lesers ‐ daher: tendenzielle Berichterstattung (im Spiegel z.B.: „Antikapitalistisch“ & „Links“) 

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Der Kommentar Definition: 

Tatsachen:  erläutern, interpretieren 

Meinung:  begründen, wiederlegend, argumentierend 

‐ W.E. Süskind (SZ): „… erläuternde, interpretierende Anmerkung zu einem allgemein bekannten oder als Neuigkeit von der Zeitung gemeldeten Sachverhalt…“ 

Bedeutung: 

‐ Orientierungshilfe in Informationsflut ‐ Faktor der Meinungsbildung ‐ Hilfe zur Meinungsbildung des Lesers 

Funktion: 

‐ Eröffnung einer Diskussion ‐ Aufzeigen einer neuen Wendung ‐ Abschließendes Urteil zu Geschehen geben ‐ Reflexion von Nachrichteninhalten ‐ „Erklärung eines Phänomens“ 

Wenn… 

‐ Thema zur Stellungnahme auffordert ‐ Starkes Interesse in der Öffentlichkeit besteht ‐ Oder: wenn formale & inhaltliche Vorschriften Entfaltungsspielraum einer Nachricht so stark 

eingrenzen, dass sie einer Ergänzung bedarf 

Der gute Kommentar… 

‐ Hintergrundwissen & Sachkenntnis ‐ Keine utopischen Forderungen   orientiert an der Realität ‐ Überwiegend sachlich   aber auch Leidenschaft ‐ Spricht keine Experten, sondern breite Masse an ‐ Ereignisse in historische Perspektive einordnen ‐ Vermeidet Ironie ‐ Ursprung: klassische Rhetorik 

Aufbau der Rede: 

a) Kontaktaufnahme mit Publikum b) Narratio (Darstellung der Lage) c) Argumentatio (Folgerung daraus) d) Rifutation (Widerlegung gegnerischer Argumente) e) Conclusio (Schlussfolgerung) 

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Aufbau: 

‐ Nachrichtlicher Kern ‐ These des Autors    (Meinung) ‐ Argumentation     (Erörterung) ‐ Schlussfolgerung    (Überzeugung) 

„Idealtyp“, der je nach Art des Kommentars variiert werden kann. 

Problem: 

‐ Viele Journalisten nehmen persönliche Meinung zu wichtig ‐ „veröffentlichte Meinung“ anstatt „öffentliche Meinung“ 

Typen Klassifizierung: 

Kommentar:  ‐ analytischer  ‐ polemischer    ‐ vergleichender     ‐ ratloser  ‐ Leitartikel    ‐ konstruktive / innovative     ‐ windelweicher (bei Relativierungen in einem Kommentar) nach: Linden, Peter / Behler, Christian: Glossen und Kommentare in Printmedien 

Argumentationskommentar(AK) 

‐ Gilt als Grundform des Kommentar ‐ Dreischritt‐Argumentation: 

1. These 2. Pro‐ und Contra‐Argumente / Frage‐Antwort‐Verhältnis 3. Fazit 

‐ Nachvollziehbarkeit und Beweiskraft ‐ Vorteile: ist nachvollziehbar und entwickelt Beweiskraft und kommt danach zu einem Fazit ‐ Klar auf der objektiven Seite angesiedelt 

Beispiel für eine gute Aufteilung: 

1. Nachrichtenlage 2. These 3. Einordnung 4. Gegenargumente 5. Kritik 6. Weiter Argumente 7. Fazit 

Pro und Contra 

‐ Zwei Geradeaus‐Kommentare mit unterschiedlicher Meinung zum selben Thema auf einer Seite 

‐  ähnliche Funktion wie Argumentationskommentar   

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Geradeaus­Kommentar(GK) 

‐ Der GK konfrontiert den Leser mit einseitiger Argumentation ‐ Standpunktkommentar lässt nur das eigene Erklärungsmuster zu ‐ Kommentator will verdeutlichen: An meinem Ergebnis lässt sich nicht rütteln ‐ Ziel: Standpunkt erklären und argumentativ stützen ‐ Vorteil: Argumentation ist für den Leser nachvollziehbar und leicht verständlich ‐ eindeutig auf der subjektiven Achse angesiedelt ‐ finden sich oft in der Boulevardpresse, da sie sehr leicht verständlich sind. kommen dadurch 

sehr gut beim Leser an 

Problem: 

‐ GKe sind begrenzt (Aufgrund geringer Argumentation) ‐ Standpunktkommentar wirkt intolerant (bezieht sich nicht auf den Gegenstand) ‐ Kann bei einem Thema, bei dem der Meinungsprozess schon läuft, nur wenig ausrichten 

Beispiel für GK: 

1. Anlass 2. Einordnung 3. These 4. Ausstieg 

Balancierenden Kommentar(BK) 

‐ Auch Einerseits‐Andererseits‐Kommentar ‐ Wägt Alternativen zu einem Thema ab ‐ Autor bezieht nicht eindeutig Stellung ‐ Leser muss selbstständig bewerten ‐ Bietet sich vor allem bei komplexen Themen an ‐ Argumentation noch bedeutender als bei anderen Typen 

Leitartikel 

‐ Länger! ‐ Diskutiert „Grundsatzfragen“ ‐ Bewertet Normen und Grundsätze ‐ Bettet Einzelereignisse in den Rahmen ein ‐ Unabhängig von Aktualität ‐ Oft analytische Argumentation ‐ Argumentiert mit Beispielen und Vergleichen ‐ Ist eine Sonderform des Kommentars ‐ Deckt sich mit der allgemeinen Ausrichtung des Publikationsorgans 

 

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Kolumne, Lokalspitze 

Bedeutung: 

‐ „columna“   Säule ‐ Festgelegter Platz auf der Seite / einheitliches Layout ‐ Regelmäßige Erscheinungsweise ‐ Meist Einspalter 

Merkmale: 

‐ „subjektivste“ Kommentar‐Darstellungsform ‐ Autorengebunden   bekannte Autoren, Prominente, „fremde Feder“ ‐ Unterliegt nicht den publizistischen Richtlinien des Hauses   nicht redigiert 

Themen: 

‐ Aktueller Betrachtungsgegenstand von gesellschaftlicher Bedeutung ‐ Entfernung vom beobachteten Gegenstand   distanzierter Blickwinkel ‐ Oft Themengebunden   Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien, Klatsch ‐ Neue Sichtweisen, bisher nicht wahrgenommene Aspekte ‐ „Agenda‐Setting“   gesellschaftskritischer Erkenntnisgewinn 

Stil: 

‐ Ironische Parallelen oder übertriebende Schlüsse ‐ Einfach‐direkte „wenn, dann“‐Schlüsse, „als ob“‐Vergleiche und „so wie“‐Parallelen ‐ Kritisch, pamphletisch, polemisch, pointiert, ironisch ‐ Literarisch‐anspruchsvoller Sprach‐ und Dramaturgiestil 

 

 

 

 

 

 

 

 

   

Kognitive Formen 

objektiv subjektiv 

Empirische  Formen 

Kolumne  Glosse     GK    AK    Leitartikel    BK 

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Mögliche Kommentar­Einstiege 

Themeneinstieg: 

‐ Kurze Rekapitulation der Fakten ‐ Wie „Lead“ der Nachricht 

Theseneinstieg: 

‐ Typisch für wertenden Kommentar ‐ Keine verfestigte öffentliche Meinung 

Sentenzen Einstieg: 

‐ Humorvoller, witziger & unterhaltender Einstieg 

Mögliche Kommentar­Ausstiege 

Resümee‐Ausstieg: 

‐ Zusammenfassung „vorangegangener Inhalte […]“ (Nowag/Schalkowski) 

Appellative Ausstieg: 

‐ Konkreter Adressat, konkreter Auftrag 

Sentenz Ausstieg: 

‐ Wie Sentenz Einstieg 

Prognostischer Ausstieg 

‐ Ungeeignet (Der Journalist muss sich im Zweifelsfall daran messen lassen.) 

 Die Glosse „Glossenschreiben gilt als die Königsdisziplin des Journalismus – und als eine Frage von Talent. 

Doch Glossenschreiben kann man systematisch lernen. Es ist zum weit überwiegenden Teil journalistisches Handwerk, für das sich feste Regeln, Standards und Qualitätskriterien formulieren lassen.“ Anja Maria Hoppe 

Woher stammt der Begriff Glosse? 

1. Glosse stammt ursprünglich aus dem Bereich der Anatomie: „glossa“ (griech.) = Zunge 

2. Glosse stammt ursprünglich aus dem Bereich der Sprachwissenschaft: „Glottogonie“ = Wissenschaft über die Entstehung der Sprache 

3. „glos“ (polinisch) = „die Stimme“ 4. „Glossema“ = „eigentümlicher Ausdruck“; „ungebräuchliches Wort, das der Klärung bedarf“ 

(nach Grimm) 5. Anmerkungsapparate im römischen Recht „Glossa ordinaria“ 6. Spanische Gedichtsform: „glossas“ 7. Spöttische Bemerkung: „sine Glosse machen“ (im 18.Jhd. gebräuchlicher Ausdruck) 

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1. Was ist die Glosse? 

„Königsdisziplin“ der Darstellungsformen 

‐ Hohe Ansprüche an den Autor ‐ Hoher personeller und zeitlicher Aufwand ‐ Ursprung: Satire ‐ Kognitiv‐subjektive Darstellungsform ‐ „Letztes Mittel“ ‐ Sarkastisch‐satirischer Kurzkommentar, Randbemerkung, feuilletonistischer Form ‐ Humoristisch, satirisch, erheiternd ‐ Soll nicht unbedingt zum Lachen animieren 

Problem: Welche Nachricht? 

‐ Lustige Nachricht heißt nicht lustige Glosse ‐ Prinzipiell jede Nachricht, ABER ‐ Vorsicht vor aufgezwungener Witzigkeit ‐ Gutes Glossenschreiben kann man lernen 

Übt Kritik > braucht Anlass zur Kritik 

‐ Ohne Zielscheibe keine Glosse ‐ Die Glosse muss angreifen 

Arten der Komik: 

‐ Humor:   stellt kleine, harmlose Mängel fest, harmlos und unschädlich ‐ Ironie:    will Verachtung gegenüber dem Widerspruch der Sache ausdrücken, von   

     oben herab, im Gegenteil ‐ Satire:    Polemisch, will polarisieren, gegen wesentliche Aspekte der Sache  ‐ Zynismus:  lehnt Realität komplett ab 

      Zynismus:   1. derber, bissiger, verletzender Spott;           2. Lebensart und ‐betrachtung, die von einer zutiefst verinnerlichten           Verachtung des menschlichen Lebens an sich geprägt ist und damit alle           menschlichen Werte in Frage stellt und herabwürdigt;            http://www.webseiten.de/z_000_lexikon.html?suchbuchstabe=z&suchbereich=web 

 ‐ Groteske:  Abbildung von miteinander unvereinbaren Formen 

 ‐ Glosse sollte komisch, nicht witzig sein. Sie kann sich all dieser Formen bedienen. 

   

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Was ist komisch? 

‐ Übertreten > von Grenzen, Tabubrüche 

‐ Übertragen > von Sachverhalten 

‐ Übertreiben > Überziehen, aber nicht verändern 

Komik 

‐ Komik ist Reibung und Zusammenprall widersprüchlicher Elemente ‐ Genauer: Widerspruch zwischen Begriff und Sache (Schopenhauer) ‐ Ineinandergreifen von Lebendigem und Mechanischem (Bergson) ‐ Spannung zwischen psychischen Aufwand und Entladung (Freud) 

Übertretung 

‐ Tabubruch: Grenzen übertreten ‐ Nur komisch, wenn Leserselbst wagt, diese Grenze zu übertreten ‐ Mögliche Tabus: Sexualität, Religion, Rasse, politische Korrektheit, angemessene 

Ausdrucksweise, Respektpersonen ‐ Vorsicht: nur mit plausiblen Grund angreifen   nichts als Selbstzweck missbrauchen 

2. Abgrenzung vom Kommentar 

Kommentar          Glosse argumentiert          illustriert: geht über reines Argumentieren hinaus Arbeitet mit Begriffen und argumentiert  Arbeitet mit Bildern und konstruiert (Welt ist vernünftig)        (eine Gegenwirklichkeit) Kritik an These          Kritik an Bild Begründung der These        plastische Ausmalung des Bildes Argumentation für Rezipienten nachvollzieh.  Über‐ und Untertreibung, Übertretung             > Darstellung abhängig von Person des Autors Appelliert an den Verstand      höchst subjektiv Explizite Stellungnahme      implizite Stellungnahme 

‐ „Der Kommentar umfasst die Glosse, die Glosse jedoch nicht den Kommentar.“ ‐ „Der Kommentar spricht begrifflich aus, was die Glosse bildlich darstellt.“ 

Edmund Schalkowski 

   

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3. Wie schreibt man eine Glosse? 

„Sie ist die schwerste Darstellungsform, gerade weil sie so leicht daherkommt. Wer mit einer Glosse wirklich treffen will, muss sich genauso gut vorbereiten und auskennen, wie der Kommentar, zusätzlich aber braucht er noch die Kunst, einer verhältnismäßig ausgeprägten feuilletonistischen Sprache mit epigrammatischer Eleganz der Formulierung‘ (Reumann).“ Walter von La Roche 

„(…) [P]erfekte Glossen zu schreiben, ist tatsächlich eine Kunst; gute zu schreiben, aber ein Handwerk, das erlernbar ist.“ Werner Nowag und Edmund Schalkowski 

3.1 Der Inhalt 

Unterscheidung von typischen Glossentypen: 

a) Nach Zielen und Motiven b) Nach angewandten Mitteln und Methoden 

Der Entstehungsprozess: 

a) Die Komik wahrnehmen b) Die Komik zuspitzen c) Die Glossenidee 

Die Arten der Glosse: 

a) Die karikierende Glosse 

• Ereignisse, Handlungen. Lebensverhältnisse 

• Arbeitet Besonderheiten der Karikierten heraus 

• Verspottet oft politisches und macht lächerlich b) Die ironische, zynische oder sarkastische Glosse 

• Ironisch:   Ironie ist häufigstes Mittel der Glosse 

• Zynisch:   vollendete Skepsis • Sarkastisch:  berichtet scheinbar sachlich, wirkt aber bissig oder sogar gehässig 

„Was missverstanden werden kann, wird missverstanden“ (Meyer, Journl. Von heute) 

c) Die Vexierglosse 

• Nutzt Parallelitäten und Ähnlichkeiten der verschiedenen Bereiche 

• Dem tatsächlichen Thema wird ein Tarnmantel übergeworfen 

• Kein offener Vergleich der Bereiche d) Die Zitatglosse 

• Verarbeiten und pointieren Rede‐ und  Textauszüge 

• Je unsinniger der Textauszug ist, desto weniger muss er noch direkt verspottet werden 

   

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e) Die Sprechglosse 

• Sprachkritisch 

• Regt dazu an, bewusster mit Sprache umzugehen 

• Modewörter, Redewendungen, Fachchinesisch i. Sprache bloßer Gegenstand: schulmeisterhaft ii. Sprache Gegenstand und Mittel: greift direkt Unarten auf iii. Spielt mit der Sprache: nicht primär sprachkritisch 

f) Die groteske Glosse 

• Fiktion, kurze Prosastücke, Irrealität: Wirklichkeit wird in einen fremden Zusammenhang gestellt (Verfremdung) 

g) Die literarisch‐fiktiv‐satirische Glosse 

• Fiktive kurze Prosastücke mit Pointe 

• Mittel: Übertreibung und Verfremdung 

• z.B. fiktive Interviews, Ereignisse, Vorgänge,… 

Der Entstehungsprozess 

a) die Komik wahrnehmen 

• Gespür für Widersprüche („böser Blick“ – Nowag und Schalkowski) 

• Distanz erhöhen (emotionslosen Blick eines unbeteiligten Zuschauers) 

• Genauer und länger hinschauen 

• Respektlos sein (Hinterfragen: Wie könnten die Dinge sein?) b) Die Komik zuspitzen 

• Leser soll das Komische ebenfalls erkennen 

•  Komik eines Sachverhaltes muss konzentriert, zugespitz, verschärft werden 

•  Widersprüche bis zu dem Punkt treiben, an dem sie erkennbar werden 

•  Bereits verdrehte Wirklichkeit noch einmal verdrehen   so kommt die ursprüngliche, unentstellte Realität wieder zum Vorschein 

„Die Glosse entstellt die Wirklichkeit zur Kenntlichkeit“ (Nowag und Schalkowski) 

3.2 Der Aufbau 

Zwei‐ und Dreiteilung von Glossen 

‐ Grundsätzlich kein festgelegter Aufbau ‐ Zwei wesentliche Vorschläge 

Zweiteilung:        Dreiteilung: 

1. Nachrichtenkern      1. Nachrichtenkern     (z.B. Wiedergabe einer Äußerung) 2. Glossierung (Pointierung)    2. Angriff (Glossierung)           3. Lächerlich‐machen (Pointe) 

 Nachrichtenkern, Glossierung und Pointe als wesentliche Bestandteile der Glosse 

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Dramaturgie: 

a) Fallhöhe: 

• Etwas kann nur dann fallen, wenn es vorher hochgehoben wurde 

•  erst Erwartungen aufbauen, die dann in der Pointe abrupt abstürzen / sich in Nichts auflösen 

• Je größer die Fallhöhe, desto größer ist der dramaturgische Effekt 

•  Konstruktion von zwei Ebenen mit möglichst großer Distanz (außerdem: gemeinsames Element; irritierende, den Absturz ankündigende Signale) 

b) Dramaturgie‐Typen 1.  Pointen‐Dramaturgie: 

‐ Spannungskurve von unten nach oben: ‐ Gradlinige Steigerung bis zur Pointe als Höhepunkt 

 

 

 

 

 

 

 

2. Paukenschlag‐Dramaturgie ‐ Spannungskurve von oben nach unten: ‐ Mit der Pointe wird wie mit einem Paukenschlag begonnen, dann 

Spannungsabfall und schließlich ein zweiter Höhepunkt 

 

 

 

 

 

   

Einstieg 

Pointe 

Assoziation A

+ Assoziation C 

+ Assoziation B

Einstieg (=Pointe 1) 

Pointe 2 (in Verbindung mit Pointe 1) 

Assoziation A

+ Assoziation B

Erklärung von Pointe 1 

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3. Assoziations‐Dramaturgie: ‐ Nähert sich der Pointe sprunghaft uns assoziativ: viele Wendungen; 

Spannung nicht durch Fallhöhe der Gesamtkonstruktion, sondern durch Fallhöhe zwischen den einzelnen Assoziationsschritten. 

 

 

 

 

 

 

4. Was darf die Glosse? 

‐ Was darf die Satire – Tucholsky: „Alles!“ ‐ § 185‐187 des StGB ‐ Beleidung, üble Nachrede, Verleumdung ‐ Gerichtliche Unterscheidung in „Einklang“ und „Ausklang“ 

Problem: 

‐ Als künstlerische Ausdrucksform lebt die Glosse vom Verkürzen, Verfremden und Übertreiben 

‐ Es muss ein notwendiger künstlerischer Freiraum gelassen werden ‐ Trotz alledem müssen die allgemeinen Gesetze beachtet werden 

Eigenschaften: 

‐ Glossen überzeichnen bestimmte Merkmale, Eigenschaften oder Verhaltensweisen ‐ Sind diese vom Rezipienten durchschaubar und als Satire erkennbar, wird dem Autor nach 

dem Pressegesetz einen gewissen Freiraum bei der Ausgestaltung zugesprochen. 

Juristische Differenzierung: 

Satirische Einkleidung:        Aussagekern: ‐ Ästhetische, künstlerische Seite der Glosse  ‐ versteckt aber erkennbare Meinungsäußerung 

   

Einstieg Pointe 

Assoziation A 

Assoziation C 

Assoziation B 

Assoziation D 

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Satirische Einkleidung: 

‐ „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ ‐ Kunstfreiheit: ist ein Grundrecht. Geschützt sind die künstlerische Betätigung und 

Verbreitung des Kunstwerks. ‐ Die Kunstfreiheit enthält das Verbot, auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der 

künstlerischen Tätigkeit einzuwirken, insbesondere den künstlerischen Gestaltungsraum einzuengen, oder allgemein verbindliche Regelungen für diesen Schaffungsprozess vorzuschreiben. 

Aussagekern: 

‐ „Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten uns sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ 

‐ Meinungsäußerungen in Glossen werden durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt. 

‐ „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetzte, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“ 

Juristische Beurteilung einer Glosse: 

1. Form:    ist der Text eine Glosse? 2. Abgrenzung:  was ist satirische Einkleidung was der Aussagekern? 3. Überschreitung: werden die Grenzen der Meinungsfreiheit missachtet? 

Form: 

Die Glosse muss als satirische Form erkennbar sein: 

‐ Der Aussagekern muss mit satirischen Mitteln eingekleidet werden ‐ Meist wird eine kursive Überschrift gesetzt oder eine andere Typographie für den Text 

gewählt ‐ Glossen erscheinen fast immer an dem gleichen Platz und mit dem selben Titel 

Abgrenzung: 

Problematisch: die Unterscheidung zwischen Einkleidung und Aussagekern 

‐ „Welches Argument den Ausschlag gibt, den Aussagekern so oder so zu bestimmen, die Grenzen zwischen freier satirischer Form und strafrechtlichen relevanten Aussagekern da und dort zu ziehen, beruht auf einer subjektiven Entscheidung, man kann auch sagen: hängt von der politischen Einstellung der urteilenden Richter ab.“ Linden, Peter; Bleher, Christian: Glossen und Kommentare in den Printmedien, S.191 

5. Was darf die Glosse wirklich? 

‐ Fazit:   Nicht alles ‐ Aber:   Immer noch die „freieste“ Darstellungsform 

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Das Radiofeature Begriff und Definition 

1. [lat. „factura, facere“]  = Merkmal, charakteristischer Zug, Machen 2. [altfranz. „faiture“]  = Mode 3. [engl. „to featrure“]  = effektvolles, wirksames Aufmachen, herausstellen 

Das Radio‐Feature ist eine journalistisch‐künstlerische Sendeform, die mit allen akustischen Mitteln Abbilder von der Wirklichkeit schafft. Ein Feature‐Autor macht abstrakte Sachverhalte/Begriffe anschaulich. Ziel ist, die Strukturen des Vorgangs durchsichtig zu machen, charakteristische Merkmale herauszufiltern. Im Idealfall entsteht ein akustischer Film. 

Tafelbild: 

Sujet          Kommunikationsabsicht & Intention 

             DSF 

Publikum & Erwartungen      Medium 

Unterscheidung der wichtigsten Hörformen 

Gebauter Beitrag         Reportage          Radio‐Feature  Hörspiel 

Kurzdefinition Erklärung s.u. Hauptfunktion(HF) Erklärung s.u.  

Gebauter Beitrag:  = eine radiophone Form der in der Presse entwickelten Darstellungsform Bericht HF:  über ein aktuelles Thema/Sachverhalt als Berichterstatter informieren. 

Reportage:  = ein tatsachenbetonter bzw. –orientierter, aber persönlich gefärbter Erlebnisbericht HF:  erlebte, erfahrene Geschehnisse als Beobachter/Teilnehmer schildern; den Hörer teilhaben lassen. 

Radio‐Feature:  = eine journalistisch‐künstlerische Sendeform, die mit allen akustisch verfügbaren Mitteln Wirklichkeitsabbilder schafft. HF:  abstrakte Sachverhalte anschaulich & Strukturen durchsichtig machen; charakteristische Merkmale herausfiltern. 

Hörspiel:  = ein arteigenes Spiel des Rundfunks, das im Hörer die Illusion einer sich vor dem Ohr abspielenden Handlung erwecken will. >>Kein journalistisches Medium<< HF:  unterhalten, Information und Unterhaltung verknüpfen zum Spiel; Wirklichkeit verdichten 

 

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Abgrenzung vom Hörspiel 

Radio­Feature: • Dramatische Gestaltung muss kunstvoll angelegt sein 

• Unterschiedliche Gestaltungselemente werden von einem Thema zusammengehalten & tragen dieses wiederum 

• Kein Zwang zur Stringenz 

• Verfolgt einen ständigen Wechseln zwischen Abstraktion & Anschauung, zwischen Schilderung & Schlussfolgerung 

• Ist sinnlich konkret, wichtig ist die gedankliche Durchdringung: Die Form geht eine Symbiose mit dem Stil ein 

• Fiktive Szenen sind denkbar, wenn sie der Veranschaulichung von Tatsachen dienen & der journalistischen Sorgfaltspflicht gerecht werden. 

Hörspiel: • Entstand Mitte der 20er Jahre des letzten JH. Aus Bühnenadaptionen fürs Radio, heute gibt 

es neben Realhörspielen fiktionale & experimentelle Formen 

• Ist vor allem unterhaltend und wird auch als „Drama des Funks“ bezeichnet. 

• Strenge Konzentration auf die Handlung, den spannenden Zusammenhang der Einzelszenen, eine geringe Anzahl von Personen & Abwechslungsreichtum (Charaktere können frei kreiert werden) 

• Bedient sich filmähnlicher Montage und Schnittverfahren; Verfremdung dokumentarischen Materials 

• Fokussiert eine Idee meist auf ein fiktives Individuum/Handlung 

• Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt 

Dramaturgische Gestaltungsmittel 

Hier einige Hörproben… 

Akustische Gestaltungsmittel 

1. Musik  Funktionen von Musik im Feature: 

o Begleitmusik … kann den Text begleiten & damit einzelne Aussagen flankieren o Gliedernde Musik … hilft das Feature zu gliedern, verbindet verschiedene Elemente, 

Schauplätze und Zeiten o Leitmotivische Musik … kann als Leitmotiv dienen, stellvertretend für Personen 

und/oder Situationen auftreten, sie charakterisieren o Hintergrundmusik … vermittelt eine schauplatzspezifische Stimmung o Handelnde Musik … greift in die Handlung ein, treibt sie voran oder stoppt sie 

   

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2. Geräusche  Funktionen von Geräuschen im Feature: 

o Gliedernde Funktion … Mittel akustischen Interpunktion o Leitmotivische Funktion … Autor setzt sie als Symbole ein o Illustrieren und den Schauplatz bezeichnen o Handelnde Funktion … ins Geschehen eingreifen, die Handlung voran treiben oder 

stoppen 

Geräusche als Gestaltungsmittel sind nicht zu verwechseln mit „Atmo“. – Atmosphärische Elemente sind eigene Gestaltungsmittel für ein Feature. 

3. O‐Töne  Funktionen von O‐Tönen im Feature: 

o Als sprachliche Aussage … konserviert eine Äußerung, die damit verbürgt und authentisch ist. 

o Als Konserve akustischen Geschehens … versetzt den Hörer mitten ins Geschehen und lässt ihn miterleben ‐> Verständnis wird erleichtert, emotionale Involviertheit des Hörers verstärkt.  

4. Sprecherrollen  Sprecherrollen im Feature: 

o Erzähler … gibt als roter Faden dem Hörer Orientierung o Anonyme Stimmen … liefern Sachinformationen o Personen ohne Eigennamen … liefern Atmosphäre, sind Teil der Handlung o Personen mit Eigennamen … sind Hauptpersonen im Feature, geben dem Hörer 

weitere Orientierung 

Raum und Zeit im Feature 

• Naturgetreuer Raum soll radiophon vermittelt werden 

• Raum liefert Ausdruck und gibt schauplatzgemäße für die Szene/Phase typische Stimmung wieder 

• Wechsel eines Raumhalles macht z.B. einen Schauplatzwechsel deutlich 

• Zeit in einem Feature wird selbst gestaltet: innerhalt einer Stunde können 60min oder auch 2000J dargestellt werden 

Mittel der Montage im Feature 

1. Szenenwechsel 2. Blenden 

o Einblenden o Ausblenden o Überblenden/Kreuzblenden o Crescendo 

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o Decrescendo o Sturzblenden o Simultanblenden 

3. Schnitte o Harte Schnitte o Harmonische Schnitte 

4. Akustischer Vorhang o Die Idee ist nicht neu. Schon in den dreißiger Jahren träumten die Wissenschaftler von der Möglichkeit, 

das räumliche Schallfeld wie mit einem "akustischen Vorhang "zu übertragen. Das Prinzip war folgendes:  Wenn in die Wand eines Raumes dich an dicht viele größere Löcher gebohrt würden, so könnte man die Schallereignisse hinter dieser Wand perfekt hören. Wenn nun jedes dieser Löcher mit einem Lautsprecher zugestopft wird, der über einen Verstärker mit einem Mikrofon auf der gegenüberliegenden Seite der Wand verbunden ist, ändert sich daran prinzipiell nichts. Dann könnte man natürlich auch an jedes dieser Mikrofone ein langes Kabel anschließen und hätte so die perfekte Übertragung.  Aufgegeben hat man diese Idee damals nur deshalb, weil man es niemals für möglich gehalten hätte, so viele Kanäle in mit ausreichender Bandbreite zu übertragen. Das wäre selbst heute noch ein Problem. Lösbar ist das aber nach dem Verfahren der Wellenfeldsynthese. Genauer betrachtet ist doch das Audiosignal selbst bei einer einzelnen Schallquelle in allen Löchern gleich, also als einfaches Monosignal übertragbar. Den zeitlichen Versatz kann moderne DSP‐ Technologie problemlos aus den geometrischen Daten erzeugen. Quelle: http://www.syntheticwave.de/akustischer%20Vorhang.htm >> keine Ahnung ob die Definition zum Problem passt<< 

5. Akzente o (lateinisch accentus, aus ad und cantus: zum Gesang [gehörend]), zum einen Bezeichnung eines 

musikalisches Stilmittels zur Hervorhebung einzelner Töne, zum anderen Vortragsform in der Liturgie, außerdem eine bestimmte Form der Verzierung beim Gesang. Mit Akzenten werden einzelne Töne oder Klänge hervorgehoben, d. h. akzentuiert. Hierfür gibt es vier Möglichkeiten: den dynamischen Akzent mit größerer Lautstärke (Betonung), den rhythmischen Akzent mit längerer Dauer, den melodischen Akzent mit herausgehobener Tonhöhe und den harmonischen Akzent mit besonderer beigefügter Harmonie. Diese „Extraverstärkungen” (Hugo Riemann) funktionieren auf der Basis des metrisch regulären Taktmodells, d. h., Akzente „stören” die normale metrische Abfolge (Übergang zur Synkope). Akzente spielen zwar in allen Musikformen eine bedeutende Rolle, besonders stark jedoch in der Volksmusik und im Jazz. In der einstimmigen Liturgie unterscheidet man seit 1517 zwei Vortragsformen: Rezitierend („sprechend”) vorgetragene Formen wie Orationen, Lektionen oder Paternoster nennt man Accentus; dagegen bezeichnet man gesungene Formen wie Antiphon oder Introitus als Concentus. Akzent bedeutet vom 16. bis zum 18. Jahrhundert eine Form der Verzierung beim Gesang: Hierbei wird ein Intervall von bis zu fünf Zwischennoten improvisierend ausgefüllt.  Verfasst von: Jörg Theilacker; MS Encarta 2007 

6. Klangbrücken o Keine passende oder unpassende Definition gefunden   

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Journalistische Darstellungsformen im Fernsehen 

Zentrale TV­Charakteristika 

‐ Führender Kommunikationsforscher Denis McQuail: ‐ 1.)  Fernsehen seit 1930er Jahren „window oft he world“. 

Vermittelt in Echtzeit Bilder und Töne  „to create an illusion of ongoing reality”: Anschein erwecken, die Wirklichkeit 

fortzusetzen. ‐ 2.)  Fähigkeit, persönliche Nähe vor allem durch emotionale Bindungen zu schaffen und 

   auszubauen. ‐ 3.)  Fernsehen gilt weiterhin als „Leitmedium“: „the most ‚massive‘ of the media“ 

In Bezug auf Reichweite, Nutzungszeit und Beliebtheit.  Global betrachtet: in den jüngsten 30Jahren kaum verändert, in denen das 

Fernsehen seine Zuschauerschafft weiter ausbauen konnte. 

Information im Medium Fernsehen 

‐ Zugleich gilt – trotz seines eigenen Unterhaltungsschwerpunktes – das Fernsehen im Medienvergleich als Hauptquelle für Nachrichten und Informationen für die meisten Menschen. 

‐ „ARD/ZDF – Langzeitstudie Massenkommunikation“  o Primärmotiv für 90% der Zuschauer: „Information“ o Danach folgen mit 83% und 79%: „Spaß“ und „Entspannung“ o Schon erste Studie dieser Reihe hatte 1964 ergeben das „Information“ und „Unterhaltung“ 

als Einheit betrachtet werden. ‐ Fernsehen liegt im Medienvergleich bei allen Nutzungsmotiven vorn, verliert aber 2005 leicht beim 

Motiv „Information“. ‐ Laut ARD/ZDF‐Studie klare Aufgabenteilung im dualen TV‐System Deutschlands aus Zuschauersicht: 

o Öffentlich‐rechtliche Anbieter vor allem mit kognitiven Kompetenzen o Private Sender mit Stärken im emotionalen Bereich. 

Programmsparten im Medium TV – Geordnet nach Anteilen 

‐ Information (44%) ‐ Fiction (24%) ‐ Nonfiktionale Unterhaltung (10%) ‐ Werbung (10%) ‐ Sport (8%) ‐ Sonstiges (4%) 

Programmankündigungen & Restzeitfüller 

   

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Sendungsformen in der Programmsparte Information 

‐ Nachrichten ‐ Magazine/Ratgeber ‐ Reportage/Dokumentation/Lesung ‐ Doku‐Inszenierung/Real Life ‐ Ereignisübertragung ‐ Talk/Gespräch/Ansprache ‐ Wetterinformation ‐ In der Sparte „nonfiktionale Unterhaltung“ zudem „journalistische Personalityshows“  

z.B. „Menschen bei Maischberger“ u.ä. 

Journalistische Darstellungsformen im Medium Fernsehen 

‐ Journalistische Darstellungsformen:  Historisch gewachsene, stark konventionalisierte Formen journalistischer Beiträge mit 

jeweils bestimmten gemeinsamen Merkmalen:  Funktion (z.B. informierend, beratend, rat gebend)  Struktur oder auch  Inhalt 

Wirken als kommunikatives Muster sowohl für die Produzenten als auch für die Rezipienten. 

Sollen kommunikative Mindeststandarts sichern, und zugleich helfen, neue Vermittlungsformen zu entwickeln. 

Bestimmt durch ihre eigene Strukturlogik und ihre jeweils typische Ansprechhaltung  Ihre besondere Sprache und Sprechweise 

Die wichtigsten Darstellungsformen 

‐ Zu den wichtigsten journalistischen Darstellungsformen gehören medienübergreifend Meldung, Bericht, Reportage, Feature, Interview sowie Kommentar und Glosse. 

‐ Als wichtigste Nachrichtenformen in den TV‐Nachrichten wiederum gelten Berichte, „Nachrichten im Film“ (NiFs) und Wortmeldungen. 

Wortnachricht 

‐ Auch: Sprecher‐ oder Studiomeldung ‐ Historisch älteste Form der TV – journalistischen Nachrichtenvermittlung ‐ Im „ON“ vorgetragen ‐ Wichtigste „W‐Fragen“ vollständig und geschlossen vorgetragen. ‐ Fernseh‐untypisch (relativ statisch) ‐ Deutlicher Bedeutungsverlust 1992‐1004 

   

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Warum Wortnachricht? 

‐ Thema relevant, aber … ‐ Weder Bilder und O‐Töne von Frau XY ‐ Noch hinreichend aussagekräftige Bilder der damals Betroffenen ‐ Versuch, Aussage durch dreierlei Visualisierung zu unterstützen: ‐ Als „Freiform“ bzw. „Hintersetzer“ Foto XY ‐ Mit eingesetztem Nachnamen 

Um Wiedererkennungseffekte zu verstärken ‐ Bild‐Unterschrift 

Die hier zugleich die Schlagzeile, den „Leadsatz“ der Wortmeldung markiert ‐ Neuste kommunikationswissenschaftliche Studien: 

Trend zur stärkeren Visualisierung von Nachrichtenereignissen setzt sich fort  Bemühen um Verständlichkeit  Vorsicht vor Über‐Vereinfachungen 

Meldungen in bewegten Bildern 

‐ Zwei weitere Meldungsformen, die weit fernsehtypischer sind:  Nachricht im Film  Off‐MAZ‐Meldung 

‐ Eigenschaften der NiF:  Lebt von bewegten Bildern  Text wird komplett im „OFF“ eingesprochen  Ca. 15‐30 sec. Länge  Kaum O‐Töne (gelegentlich bei RTL) 

Warum NiF? 

‐ Aspekt der Sendungsdramaturgie/ Abwechslung ‐ Themenbereich „Unfall/Katastrophe“ wird am häufigsten dazu verwendet ‐ Relativ dramatische Bewegtbilder und Atmo‐Töne unmittelbar vom Ort des Geschehens ‐ Fremdmaterial: 

Partnersender („Euro“‐Verbund der öffentlich rechtlichen Sender)  Fernsehnachrichtenagenturen wie Reuters TV oder APTN  Freie Produzenten oder Videoreporter  Problem der Transparenz  

‐ Lead‐Prinzip:  Zusammenwirken von verbaler und optischer Schlagzeile  

‐ Risiken und Chancen des (möglichen) Live‐Vertonens  Versprecher  Möglichkeit der Aktualisierung bis zum Sendebeginn 

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Zwei NiFs hintereinander 

‐ NiFs hier in Form eines Blockes ‐ Anmoderation 

Vom glaubwürdigen „XY“  Thematisch unspezifisch 

‐ Drama‐NiF mit visualisierenden Animationen  Schlagzeile  Landkarte 

‐ Politik‐NiF:  Exklusiver O‐Ton  Bewegte, konfliktträchtige Bilder 

‐ Private Sender: Politik meist im NiF‐Format 

Die OFF­MAZ­Nachricht 

‐ Eine Mischform zwischen „Nachricht im Film“ und „Wortnachricht“  ‐ Von den USA nach Deutschland eingewandert ‐ Nachrichtensprecher/Moderator beginnt im „ON“ mit der Meldung, 

Womöglich auch durch Studiovisualisierung unterstützt ‐ Nach ein bis zwei Sätzen werden bewegte Bilder eingespielt ‐ Sprecher/Moderator liest weiter, aber jetzt aus dem „OFF“ 

Warum „OFF­MAZ“ Meldung? 

‐ Dramatische Bilder aus Themenbereich „Unfall/Katastrophe“ ‐ Sendungsdramaturgie: Es agieren mehrere Menschen miteinander, meist Moderator und 

Nachrichtensprecher; neben‐ bzw. miteinander ‐ Kommt ebenfalls aus den USA ‐ Erzeugt Abwechslung und vermittelt ungezwungen Eindrücke durch kompetenzbezogene 

Arbeitsteilung 

Darstellungsformen Themenüberblick 

‐ Im Zuge fortschreitender Visualisierung  Relativ junge Darstellungsform 

‐ Bewegt bebilderter Themenüberblick bzw. Sendungsübersicht, auch „Opener“ oder „Teaser“ genannt 

‐ Extrem verknappt und unvollständig ‐ Optische (Bewegtbild mit Schriftzug) sowie akustische (hörbarer Trenner und verbale Überschrift) 

Schlagzeilen ‐ Um Zuschauer einige wichtige Themen der Sendung zu präsentieren und sie damit anzureizen (to 

tease), möglichst die gesamte Sendung zu rezipieren. ‐ Meist drei Themen angerissen 

Oft zunächst der Aufmacher  Als zweites ein ebenfalls wichtiges Thema ca. aus der Mitte der Sendung und   Schließlich nicht selten das „bunte“ Schlussthema, 

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Oft „Soft‐News“ Beitrag (Privat‐Relevantes, wie Sport oder human touch) oder aus dem Bereich Kultur/Wissenschaft 

Besonderheiten der Teaser 

‐ ARD‐Version:  Verbale Schlagzeilen mit Wiederholungsmuster  Je eine Einstellung als markanteste zum jeweiligen Thema  Ein kurzer Satz nach der verbalen Schlagzeile  Sämtliche öffentlich‐relevanten Themen 

‐ RTL‐Version  Länger als bei ARD  Jeweils vier Einstellungen und ein (zusammengesetzter) Satz nach der Schlagzeile  Verbale Schlagzeilen und Bilder klar Boulevard orientiert 

Zumindest die Themen zwei und drei gehören zu den „Soft‐News“ ‐ Analysebefund 2004: bei Öffentlich‐Rechtlichen werden m häufigsten politische Themen 

angekündigt, bei den Privaten unpolitische Themen.  

Der Bericht als wichtige Form 

‐ Wichtigste Themen sehr häufig in Form eines Berichts ‐ Meist anderthalb bis zwei Minuten lang und fast immer mit O‐Tönen. ‐ Unterscheidung nach Grad der Planbarkeit 

Der (geplante) Terminbericht  Z.B. Pressekonferenz, Parteitag, Kongress  Oft ergänzt durch aktuelle und ansprechende Themenbilder 

Der Hintergrundbericht  Meist auf absehbare Ereignisse bezogen (Jahrestage)  Auch als Ergänzung/Vertiefung eingesetzt 

Der aktuelle Bericht  Auf kaum planbare Ereignisse bezogen (z.B. Unfall, Geiselname, Enthüllung)  Besonderer Zeitdruck für Reporter und Redakteure 

‐ Differenzierung nach Art der Produktion  Reporter‐ oder Korrespondentenbericht 

Journalist vor Ort, direkter Zugang zu den Ereignissen und Gesprächspartnern  Redaktionsbericht 

Oft aus Agenturmaterial 

   

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Besonderheiten dieses Berichts 

‐ Berichte stehen typischerweise nicht für sich allein, sondern fast immer an‐ und manchmal auch abmoderiert. 

Nachrichtensprecherin mit Anmoderation  Verweist auf Anlass und zitiert diesen auch  Führt direkt und entlang der der Nachrichten‐Agenturlage zum Beginn des eigentlichen 

Beitrags hin.  Ohne dessen Kernaussagen explizit vorweg zunehmen 

‐ Aktueller Korrespondentenbericht verwendet  Neben dem visuellen Aufgreifen und Fortführen der Anmoderation  Selbst vor Ort produzierte (offensichtlich inszenierte, aber nicht gefakte) aktuelle 

Themenbilder  Sowie O‐Tonmaterial zweier wichtiger Seiten in diesem Konflikt 

Das Statement 

‐ O‐Ton von XY in besonderer Form, die manchmal (oft aus Gründen des Zeitdrucks) auch als eigenständige journalistische Darstellungsform zum Einsatz kommt. 

‐ „Statement“ = Feststellung oder Äußerung ‐ Jeweilige Person wird durch Abgabe solcher Erklärung, zur Quelle einer originären Nachricht ‐ Feststellender wendet sich von sich aus an die Fernsehöffentlichkeit – Verlautbarung ‐ Statement soll 30sec. nicht überschreiten ‐> meist viel kürzer ‐ Zwei strukturelle Probleme: 

Inhaltlich einseitig, weitgehende Selbstdarstellung  Formal wegen „sprechendem Kopf“ wenig ansprechend 

‐ Deswegen soll das Statement, sofern es die Zeit erlaubt, in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden, wie es auch in diesem Bericht geschieht. 

‐ Bis hierhin hätte der Bericht auch ein Redaktionsbericht sein können. 

Der Aufsager 

‐ In der Regel ca. 30sec Auftritt eines Reporters oder Korrespondenten, der im „ON“ zusehen ist und direkt in die Kamera hinein‐ und somit direkt zum Zuschauer spricht. 

‐ Inhaltlich soll der Aufsager als informationsbetonte Darstellungsform vor allem eine Lage vor Ort liefern und dafür die zuvor vermittelten Fakten einordnen.  

‐ Es geht NICHT um seine persönliche Bewertung, sondern um eine Kontextualisierung des von ihm beobachteten Geschehens. 

Aufsager sollte nicht die Grenzen zum Kommentar überschreiten ‐ Aufsager auch live und/oder als alleinstehend als Darstellungsform ‐ Neben dem inhaltlichen Aspekt auch formale Aspekte 

Präsenz vor Ort  Fehlen von Bildern  Transportieren von Stimmungen an einen bestimmten Ort  

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Erlebnisberichte 

‐ Besondere Form des Reporterberichts ‐ Stark subjektiv gefärbt, sollte aber mit recherchierten Fakten angereichert und als journalistische 

Darstellungsform – um Objektivierung bemüht sein. ‐ Ein solcher Erlebnisbericht kann von vornherein mit dem Reporter im „ON“ arbeiten (US‐Tradition), 

um Identifikation, Wiedererkennbarkeit und Glaubwürdigkeit zu erhöhen. ‐ Erlebnisberichte sind kürzer als Reportagen 

Was besagt dieser Bericht? 

‐ Seriöser Anmoderationsbeitrag wird übergeleitet zu einem Superlativ, dass rein emotional bzw. serviceorientiert besetzt ist. 

‐ Reporter begrüßt im „ON“ und fordert zu einem Abenteuer auf ‐ Strukturell handelt es sich eher um ein narratives als um ein nachrichtliches herangehen 

Geschichte mit einer gewissen Dramaturgie erzählen ‐ Problematisch in Hinsicht auf die Objektivierungsfunktion des Journalismus ‐ Sieht stark nach PR Arbeit aus 

Kaum recherchiert und zum Teil unvollständig ‐ Keine Infragestellung der Informationen, weder von Haupt‐ noch von Nebenfiguren ‐ Gefahren dieser Erzähldarstellung 

Über‐Emotionalisierung  Über‐Personalisierung  Journalistisch unprofessionelles Vereinseitigen 

Berichte aus empirischer Sicht 

‐ Bei Öffentlich‐Rechtlichen: Bericht ist die wichtige Darstellungsform für politische Themen  Mehr als 40% der politischen Themen  als Bericht vermittelt 

‐ Bei Privaten fällt auf:  Meist Soft‐News in Berichten dargestellt, ca. 70% 

‐ Insgesamt lässt sich vor dem Hintergrund wachsender Visualisierung wissenschaftlich erkennen, dass Berichte (neben NiFs) mittlerweile die TV‐Nachrichten dominieren. 

‐ Dabei scheinen Berichte insgesamt in der deutschen Fernsehlandschaft bei politischen Themen etwas bedeutsamer zu sein und werden von den öffentlich rechtlichen Journalisten stärker bevorzugt. 

Journalistischer Dokumentationen 

‐ Im Vergleich zum Feature sachlicher gehalten ‐ Autoren sollten hier weniger subjektiv vorgehen und damit ihren Anspruch auf Objektivierung 

unterstreichen. ‐ Im Mittelpunkt steht das Ergebnis der Analyse eines Sachverhalts ‐ Dokus gehen im Unterschied zum Feature synthetisch‐induktiv vor: 

Soll zeigen, was sie vorfindet, und dieses Material in einen größeren Zusammenhang einordnen. 

‐ Durch die „Hybridisierung“ der Darstellungsformen kommt es zu einer Vermischung von Doku‐Inhalten und Realitätsinhalten (z.B. Doku‐Soap/‐Drama oder essayistische Filme) 

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Ausblicke für den TV­Journalismus 

Publikumsseite: ‐ Digitalisierung und Fragmentierung ‐ Fernsehen wirkt gemeinschaftsstiftend ‐ Zuschauer erwarten Orientierung ‐ Jüngere und formal weniger Gebildete allerdings eher unterhaltungsorientiert 

Produzentenseite: ‐ Technisierung und Intensivierung der journalistischen Arbeit ‐ Gefahren der Ent‐Professionalisierung ‐ Aufregende Aufgaben für angehende TV‐Journalisten ‐  

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Kommunikatorforschung 

Der Kommunikator 

Maletzke (1963) zufolge 

ist derjenige ein Kommunikator, der „an der Produktion von öffentlichen für die Verbreitung durch ein Massenmedium bestimmten Aussagen beteiligt ist, sei es schöpferisch‐gestaltend oder selektiv oder kontrollierend“ 

Was ist Kommunikatorforschung? 

Ansatzpunkte: 

‐ Journalismus als Addition von Personen 

‐ Journalismus als Addition von Berufsrollen 

‐ Journalismus als Ergebnis von Kommunikationsprozessen 

Objektive Dimension: 

‐ Kommunikationsprozesse bei der Aussagenentstehung, die von instituionellen und technologischen Einflüssen geprägt werden; ‐>Redaktionsforschung 

Subjektive Dimension: 

‐ Einstellungen von Journalisten, soweit sie für die Aussagenentstehung von Belang sind 

Kommunikationsprozesse, die diese Einstellungen prägen (Sozialisation) 

>  Die Individuen selbst werden betrachtet, nicht die Redaktionsstrukturen wie bei der Objektiven Dimension 

Wer sind „die Journalisten“? 

Bestimmung des Untersuchungsobjekts: Definition des Begriffs „Journalist“ 

‐ DJV‐Berufsbild (1996): „Journalistin/Journalist ist, wer hauptberuflich an der Erarbeitung bzw. Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Medien mittels Wort, Bild, Ton oder Kombination dieser Darstellungsmittel beteiligt ist.“ 

‐ Diese Berufsbild umfasst explizit auch Öffentlichkeitsarbeit und innerbetriebliche Kommunikation 

> sehr weit gefasster Begriff 

Vergleich Journalisten ­ Gesamtbevölkerung 

‐ Raaba 2005: Zuordnung von 565 bayerischen Journalisten zu den so genannten SINUS‐Milieus (unterschiedliche soziale Milieus) 

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Forschungsinteressen 

‐ Welche Positionen nehmen Journalisten im sozialen Raum der Gesellschaft ein? 

‐ Inwiefern unterscheiden sich diese Positionen von denen der übrigen Bevölkerung Deutschlands? 

Das Konzept der sozialen Milieus ist komplex. Es erfasst zugleich: 

‐ Subjektive, den Lebensstil und Lebensstrategien mitbestimmende Wertorientierungen 

‐ Lebensweltliche Sinn‐ und Kommunikationszusammenhänge 

‐ Äußere Bedingungen der sozialen Lage (wie Alter, Bildung, Einkommen) 

Vergleich Journalisten ­ Gesamtbevölkerung 

Die meisten Journalisten zählen zu den bildungsstärkeren Schichten. 94% aller Journalisten rekrutieren sich aus folgenden fünf (aus zehn) sozialen Milieus 

1. Das konservativ‐technokratische Milieu (ausgeprägtes Statusdenken, Machtbewusstsein) 

2. Das aufstiegsorientierte Milieu (große Bedeutung von Konsumwerten, zentrales Lebensmotiv: sich hocharbeiten) 

3. Das moderne Arbeitnehmermilieu (haben flexibles Anspruchsniveau, wollen sich leisten können was ihnen gefällt, junges Milieu (Altersschwerpunkt unter 30), keine geschlossenen Weltbilder und hohe Mobilitätsbereitschaft, High‐Tech‐Affinität) 

4. Das liberal‐intellektuelle Milieu (ökologische und politische Korrektheit, Ziel=Selbstverwirklichung, Bildungsniveau: Abitur oder Studium, sinnentleerter Konsum wird abgelehnt, Weltoffenheit, gut verdienen ist wichtig) 

5. Das postmoderne Milieu (ungehinderte Entfaltung der Persönlichkeit, Zurückweisung von Normen und Leitbildern, Altersschwerpunkt 25 bis 30, viele Singles, nicht unbedingt gehobenes Einkommen, Selbstinszenierung durch Konsum) 

Die übrigen Milieus sind: 

6. Das kleinbürgerliche Milieu 7. Das modern bürgerliche Milieu 8. Das traditionelle Arbeitermilieu 9. Das traditionslose Arbeitermilieu 10. Das hedonistische Milieu 

Statistik zu den Anteilen der Journalisten an der Gesamtbevölkerung im Bezug auf Milieus 

Das konservativ‐technokratische Milieu    ausglichen (10%) 

Das aufstiegsorientierte Milieu      G 20%, J 5% 

Das moderne Arbeitnehmermilieu      G 7%, J 12% 

Das liberal‐intellektuelle Milieu      G 10%, J 45% 

Das postmoderne Milieu        G 5%, J 23% 

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Berufsdemographie 

Der deutsche Journalist im statistischen Durchschnitt 2005 

‐ War männlich (63%) 

‐ War knapp 41 Jahre alt  

‐ Hatte einen Hochschulabschluss (69%) 

‐ Hatte ein Volontariat absolviert (63%) 

‐ Arbeitet bei einem Print‐Medium (61%) 

‐ Verdient rund 2300 €/Monat netto 

 

‐ Weischenberg‐Studie von 2006 war die umfassendste Studie seiner Art 

‐ zusätzliche statistische Informationen: 

‐ stammt aus der Mittelschicht 

‐ ist zu 57% kinderlos 

Der US­amerikanische Journalist im statistischen Durchschnitt 2002 

‐ verheirate, weis, über 40 ‐ hauptsächlich bei einer Tageszeitung beschäftigt ‐ die News‐Organisation gehört einem großen Unternehmen ‐ haben nicht im Kernfach Journalistik oder KMW studiert    Weaver 2007 

Zahl der Journalisten in Deutschland 

‐ Vergleich: 1993 zu 2005: Abnahme der Freiberufler 

‐ 1993 noch überwiegend junge Journalisten (26‐35j) 

‐ 2005 eher Journalisten im Mittleren Alter (36‐45j) 

‐ Einkommensverteilung hauptsächlich von 1000‐3000€ 

‐ Zur Berufsvorbereitung nahm das Praktikum stark zu allerdings in fast gleichem Maße nahmen auch „sonstige Aus‐ und Weiterbildungsmaßnahmen“ ab 

‐ Starker Rückgang bei Zeitungen dafür hohe Zunahme bei Online‐ TV‐ & Hörfunk. 

‐ Bei US‐Journalisten zeigt sich ein ähnliches Bild, allerdings sind die Abstände geringer 

‐ allgemein: leichte Zunahme der Professionalisierung zwischen 1993 (65%) und 2005 (69%) 

‐ beliebteste Ressorts mit höchstem Wachstum gegenüber 1993:  

o Lokales/Regionales 

o Spezielles Gesellschaft 

o Buntes/Lifestyle 

   

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Einstellungen 

Politische Einstellung (1993 & 2005) 

‐ Eher links‐orientierte Journalisten mit einer starken „Grünen“ Ausprägung 

Arbeitszufriedenheit (1993‐2005) 

‐ Allgemein sehr hohe Zufriedenheit bei Selbstauskunft, auch wenn die Realität meist andere Eindrücke liefert 

Methoden und Moral 

In Deutschland überwiegend die These des modernen Informationsjournalismus vertreten, wobei die US Journalisten eher „härtere“ Methoden bevorzugen 

Informationsquellen und Mediennutzung 

Die wichtigsten Orientierungsmedien: 

‐ Süddeutsche Zeitung ‐ Bild ‐ Frankfurter Allgemeine Zeitung ‐ TAZ ‐ Spiegel ‐ Die Zeit ‐ ARD Tageschau & Tagesthemen ‐ ZDF heute Journal & heute ‐ Google ‐ Spiegel Online ‐ Wikipedia 

 

‐ 94% aller Redakteure überregionaler Printmedien lesen die SZ, ebenso 89% beim öffentlich‐rechtlichen TV, aber nur 27% beim privaten Radio. 

‐ Journalisten die sich im politischen Spektrum eher links beschreiben, lesen häufiger SZ oder FR, konservative eher Welt oder FAZ und häufiger als linksorientierte BILD. 

‐ Rund 90% der TV‐ und Radiojournalisten bei Privatsendern lesen täglich BILD. 

Leitmedien: Definition 

‐ Reichweite ‐ Qualität des Publikums ‐ Zahl der Zitate / Exklusivnachrichten in anderen Medien ‐ Wertschätzung durch Journalisten ‐ Reichweite bei Journalisten ‐ Bsp.: BILD, FAZ‐Kampagne „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“, Spiegel 

Vorabmeldungen 

 

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Rollenverständnis und Außenwirkung 

„Die Journalisten meiner Generation sind vielleicht einfach pragmatisch. Sie dienen sich keiner Partei an, sind keine verkappten Missionare, sondern verstehen sich als Beobachter, als Informations‐Staubsauger und Analytiker. Diese Sorte Journalisten sind schwer erpressbar.“  Maybrit Illner (2005) 

Stärkstes Wachstum der Frauenquote in folgenden Arbeitsbereichen: 

‐ Anzeigenblätter ‐ Agenturen und Mediendienste ‐ Online‐Medien 

Entwicklung des Frauenanteils 

‐ Seit Ende der 1970er Jahre ist der Frauenanteil im deutschen Journalismus von knapp 20 auf etwa 37% angestiegen. 

‐ Ihr Anteil an Studierenden und Volontären ist seit Anfang der 1990er Jahre vergleichsweise hoch. 

Aber: 

1. In der Vergangenheit haben weniger Frauen als Männer ihren Beruf später einmal ein Leben lang ausgeübt. 

2. Journalistinnen erhalten seltener als ihre männlichen Kollegen eine Festanstellung 

Beim Vergleich des Frauenanteils in Deutschland und USA fällt auf, dass Deutschland bei den Kategorien Hörfunk und Agenturen und Mediendienste weit vor den USA liegen, wo hingegen die anderen Positionen ausglichen sind. Tendenziell sinkt in den USA der Frauenanteil, mit steigenden Jahren der Berufserfahrung. 

Vertikale Segregation 

Befund von Neverla/Kanzleiter für Ende der 1970er Jahre: 

‐ Je weiter unten die Position in der medieninternen Hierarchie, ‐ Je abhängiger und weniger eigenverantwortlich die Tätigkeit, ‐  desto höher der Frauenanteil. 

Horizontale Segregation 

Männer haben die deutliche Mehrheit an solchen Arbeitsplätzen, die gewissermaßen die Zentren des Berufs darstellen; Es sind dies die klassischen Medien, wie Funk, Fernsehen, Tageszeitungen; die klassischen Ressorts, wie Politik, Nachrichten, Wirtschaft und Sport; und es sind dies politiknahen und aktuellen Themen und Tätigkeitsbereiche. 

Dem gegenüber arbeiten Frauen eher an den Rändern, in den Ecken und Nischen des Berufs; Anteile der Frauen sind größer unter den Freiberuflern als unter den Festangestellten. Frauen arbeiten eher in den weniger aktuellen und in den politikfernen Ressorts und Medien. 

 

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Zusammenfassung 

Quantitative Reduzierung (im Journalismus wird immer mehr gespart, gleichzeitig gibt es immer mehr Fachmagazine mit geringeren Reichweiten, Journalisten können immer öfter nicht von ihrem Gehalt leben) 

Partielle Deprofessionalisierung (viele freie Journalisten müssen in angrenzende Bereiche abwandern bspw. PR, für sie ist der Journalismus dann nur noch Nebenjob) 

Funktionale Stabilisierung (nach wie vor fühlt sich die deutliche Mehrheit deutscher Journalisten dem Standard des Informationsjournalismus verbunden ‐> ist aber eine Selbsteinschätzung der Journalisten. klärt nicht, ob dies auch funktioniert. Lässt sich auch als Effekt der professionalisierten Journalisten‐Ausbildung interpretieren.) 

Qualitative Differenzierung (Die Vielfalt der Medienlandschaft wächst besonders im Bereich der Special Interest Medien. Die Bezahlung der Journalisten fällt sehr unterschiedlich aus. Besonders schlecht bezahlt: Online Medien. Gute bezahlt: Öffentlich‐rechtliche Medienanstalten) 

Horizontale Feminisierung (Weibliche Journalisten sind durchschnittlich höher qualifiziert) 

Forcierte Selbstorientierung (Journalisten orientieren sich an ihren Medienpartnern. „Es wird viel mehr als früher im eigenen Saft geschmort.“ Faktor, der dazu beigetragen hat, war der Regierungsumzug von Bonn nach Berlin. Journalisten zählen häufig ihre Arbeitskollegen zu ihrem engeren Freundeskreis.) 

 

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Finden ist Macht! – Suchmaschinen als Gatekeeper in der digitalen Informationsgesellschaft 

Wer hat die „Macht der Auswahl“? – Journalisten und Nachrichtenauswahlforschung 

Funktionen des Journalismus 

Herstellen von Öffentlichkeit 

Aufgabe des Journalismus: ein (internationales und damit) komplexes Angebot und sinnvoll zu reduzieren und relevante Informationen auszuwählen. 

Organisieren von Öffentlichkeit – Strukturieren von großen Informationsmengen 

Nachrichtenauswahlforschung: 

Gatekeeper‐Forschung: 

‐ Begriff des „Gatekeepers“ vergleicht die Rolle des Journalisten im Nachrichtenfluss mit der eines „Torhüters“, der darüber entscheidet was das Tor passieren darf. 

‐ Die Gatekeeper‐Forschung beschäftigt sich mit den selektionsrelevanten Eigenschaften von Journalisten und Medienunternehmen. 

News‐Bias‐Ansatz: 

‐ Hier liegt der Fokus auf der politischen Einstellung des Journalisten und den daraus resultierenden Tendenzen für die Berichterstattung. 

Nachrichtenwert‐Forschung: 

‐ Nachrichtenauswahl und –Gestaltung auf spezifische Eigenschaften und Qualitäten von Ereignissen zurückzuführen.  

Annahmen der Nachrichtenwert‐Forschung: 

‐ Die Nachrichtenwerttheorie geht davon aus, dass der Nachrichtenwert eines Ereignisses von Nachrichtenfaktoren bestimmt wird. 

‐ Nachrichtenfaktoren sind (wiederrum von Journalisten „zugeschriebene“) inhaltliche Merkmale von Ereignissen. Sie verleihen einem Ereignis einen bestimmten Nachrichtenwert und sind damit Entscheidungshilfen für Journalisten, um Berichtenswertes zu erkennen. 

‐ Die Höhe des Nachrichtenwerts entscheidet, ob über ein Ereignis überhaupt berichtet wird, wie prominent die die entsprechende Nachricht platziert wird und wie ausführlich sie ist. 

Hypothesen zum Zusammenwirken der Nachrichtenfaktoren 

Additivitätshypothese 

‐ Je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto wahrscheinlicher wird darüber berichtet. 

Selektionshypothese 

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‐ Je stärker die Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto wahrscheinlicher ist es, dass darüber berichtet wird. 

Komplementaritätshypothese 

‐ Das Fehlen eines Faktors kann durch einen anderen ausgeglichen werden. 

Akzentuierungshypothese 

‐ Die Merkmale, die den Nachrichtenwert eines Ereignisses bestimmen, werden in der Berichterstattung akzentuiert – und diese somit verzerrt. 

Wiederholungshypothes 

‐ Je mehr Selektionsprozesse in den unterschiedlichen Stadien des Nachrichtenflusses stattfinden, desto stärker sind die Verzerrungseffekte. 

Nachrichtenwerttheorie 

Frequenz Persönlicher Einfluss Institutioneller Einfluss Prominenz Personalisierung Emotionalisierung Kontroverse Aggression Nutzen/Erfolg Schaden/Misserfolg Reichweite Überraschung Konsonanz Räumliche Nähe Kulturelle Nähe Wirtschaftliche Nähe Status der Ereignisnation 

 

Journalismus   Vermehrte Suche nach Online‐Quellen   Internet‐Suchmaschinen 

Parallelen zu Internet­Suchmaschinen 

Parallelen zwischen Suchmaschinen und Journalisten 

‐ Suchmaschinen nehmen mit ihrer zentralen Gatekeeper‐Funktion im globalen Internet eine ähnliche Rolle ein, wie der Journalismus 

‐ Beide haben die Aufgabe Informationen zu sammeln, aus der großen Menge an weltweit verfügbaren Informationen zu selektieren und die ausgewählten Inhalte nach ihrer Wichtigkeit zu präsentieren. 

‐ Ähnlich wie der Journalismus besitzen Suchmaschinen daher einen erheblichen Einfluss darauf, welche Informationen Menschen überhaupt wahrnehmen können. 

Nachrichten

faktoren

 eines Ereignisses 

Nachrichtenwert Platzierung und Umfang der Nachricht 

Hypothesen zum Zusammenspiel der Faktoren 

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Journalistische Auswahl und Suchmaschinen­Selektion im Vergleich 

‐ Suchmaschinen versuchen ähnlich wie in der Nachrichtenwerttheorie veranschaulicht, die Relevanz einer Internetseite über verschiedene Faktoren zu bestimmen. 

‐ Je mehr und je intensiver diese Ranking‐Faktoren zutreffen, desto höher wird eine Internetseite in der Ereignisliste der Suchmaschine platziert. 

‐ Der Unterschied zur journalistischen Auswahl ist jedoch, dass die Ranking‐Faktoren keine originär inhaltlichen Kriterien sind, sondern formale Faktoren (Häufigkeit und Platzierung der Suchworte, Aktualität des Dokuments und Verlinkungshäufigkeit) 

„Neue“ Auswahlforschung – Ranking­Theorie 

Abfrage unabhängige Faktoren Häufigkeit der Suchwörter Platzierung der Suchwörter Metatags Aktualität des Dokuments 

Anfrage abhängige Faktoren Zahl der Links auf die Seite Nutzungshäufigkeit der Seite 

Sonstige Faktoren Bezahlung für das Ranking usw. 

 

‐ Suchmaschinen kanalisieren den Informationsfluss im Internet. Mit dieser „Gatekeeper‐Funktion“ besitzen Suchmaschinen eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung. 

‐ Suchmaschinen sind aber keine neutralen Suchwerkzeuge, die Rangfolge der Treffer kann manipuliert werden. Für die Nutzer werden die Ranking‐Kriterien nicht transparent gemacht. Forschung hinkt hinterher. 

Befunde der Suchmaschinenforschung 

Marktanalyse  ‐ Befragung aller Suchmaschinen im deutschsprachigen Raum 

Leistungsvergleich  ‐ identische Suchanfrage an verschiedene Suchmaschinen und Inhaltsanalyse der Websites der Trefferliste 

Nutzerbefragung  ‐ repräsentative Telefonbefragung unter 1000 Internetnutzern 

Laborexperiment  ‐ Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens von Suchmaschinennutzern 

Anteil der Suchmaschinennutzer an Internetnutzern 

SuMaNu: 91,2%  keine Nutzer: 8,8% 

Marktanteile von Suchmaschinenanbietern in Deutschland 

Google: 69%  Yahoo: 10%  Lycos: 5%  Sonstige: 16% 

Ranking‐Faktoren

 von

 Suchm

aschinen

 

Relevanz der Internetseite 

Ranking der Internetseite in der 

Ergebnisliste 

Such‐Algorithmus 

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Nutzung von Haupt­ und Nebensuchmaschinen 

Viele nutzen nur eine Suchmaschine 77%, wobei 11% immerhin noch eine zweite Suchmaschine verwenden, um die Suchergebnisse zu überprüfen.  

Suchmaschinen „powern“ andere mit ihrem Suchalgorithmus, beispielsweise Google (häufig auf Internetseiten eingesetzt, um im Content der Seite zu suchen). 

Egal wie groß die Suchmaschine auch ist, mehr als 40% Treffergenauigkeit sind nicht beobachtet worden. 

Bedeutung der Eigenschaften eines Dokuments für das Ranking der Suchmaschine 

Häufigkeit der Suchwörter    Aktualität des Dokuments Position der Suchwörter    Zahl der Links auf das Dokument Linkbezeichnung      Bezahlung für das Ranking Wichtigkeit der Links    Nutzungshäufigkeit des Dokuments 

Häufigkeit von Spam­Methoden 

Falsche Keywords      Mehrfachanmeldung der Seiten Brückenseiten      Wiederholung von Keywords Linkfarmen       unsichtbarer Text (Keywords) Netz von Seiten mit dem Suchwort in der Linkbezeichnung Cloaking – Nutzer und Suchbot haben unterschiedliche Startseiten 

Übereinstimmend melden die Suchmaschinenbetreiber, dass Spamming stark zugenommen hat. 

Allerdings gibt es auch unabhängige Optimierer, die im ethisch moralischen vertretbaren Sinn, die Seiten von Kunden optimal anpassen. (BVDW‐Zertifikat) 

Wie Finanzieren sich Suchmaschinen? 

Die Finanzierung von Suchmaschinen ist in der Bevölkerung nicht wirklich bekannt. Viele falsche Nennungen. Tatsächlich:  Verkauf der Suchmaschinentechnik 35%       E‐Commerce Einnahmen 24%       Sponsoring Treffer Einnahmen 27%       Werbeeinnahmen 62% 

Probleme bei Anfragen als auch politische Beeinflussung der Suchmaschinen 

‐ Häufig Nachzensur der Inhalte, um landesspezifischen Regierungsinteressen gerecht zu 

werden.              Anmerkung meiner Person: höchst verwerflich! Freiheit der Information! ‐ Sonstige Eingabe und Suchfehler ‐ Weblogs erscheinen mitunter in den Suchanfragen (nicht aus Wichtigkeit im 

journalistischen Sinne, sondern weil die Ranking‐Kriterien erfüllt werden) 

Suchmaschinen zum „Organisieren“ von „Öffentlichkeit“  zu verwenden ist problematisch, weil… 

‐ … Nutzung nicht adäquat geschieht 

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‐ … Marktkonzentration auch hinter den Kulissen besteht ‐ … Manipulation stattfindet ‐ … Quellen mitunter zweifelhaft sind 

Konsequenzen für Medienschaffende 

Zur Erinnerung – es geht um… 

1. … das Organisieren von Öffentlichkeit und um das Strukturieren großer Informationsmengen 

2. … die Bedeutung der Nachrichtenauswahl für diesen Prozess 3. … wie scheinbar „ähnlich“ und dennoch anders als die Journalisten auch 

Suchmaschinen an diesem Auswahlprozess teilnehmen. 

Medienkompetenz und Journalisten 

‐ Technologische Kompetenz (das Nutzen der Technik, sowohl PC als auch Suchmaschinen und die Kenntnis des Funktionierens dahinter) 

Strategien bei der Suche Mehrwortsuche / boolesche Operatoren nutzen erweiterte Suche / suche in Webkatalogen, Verzeichnissen, etc. 

‐ Informationskompetenz (richtige Einordnung und Auswertung der Ergebnisse) ‐ Kreative Kompetenz (neu Gestaltung und Aufbereitung der Info´s) ‐ Soziale Kompetenz und Verantwortlichkeit (ethisch, moralische Normen) 

Zusammenfassung: Klassische Herausforderungen an den Journalismus und Medienpolitik betreffen klassische Herausforderungen für Journalismus und Medienpolitik 

Hauptproblemfelder der Suchmaschinennutzung 

Tippfehler / Manipulation / Extremseiten      Propaganda 

Bezahlte Treffer / Werbung / PR        Trennung von Werbung und                  redaktionellem Inhalt 

Geringes Wissen der Nutzer        Medienkompetenz für Journalisten 

Google‐Monopol            Marktkonzentration 

Gatekeeper‐Funktion          publizistische Macht / Recherche                   Möglichkeiten 

 

Funktionen des Journalismus 

‐ Herstellen von Öffentlichkeit ‐ Organisieren von Öffentlichkeit / Strukturieren großer Informationsmengen ‐ Evaluieren und Orientieren 

Rechtliche und kommunikationswissenschaftliche Beratung für die Medienpolitik  

Journalismus und Medienpolitik 

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Das Herstellen von Aussagen: Journalistische Darstellungsformen Prof. Dr. Marcel Machill 1. Vorlesung am 9. April 2003 Einführungsvorlesung Mitteilungsweisen

1. Erzählen 2. Vermelden/Hinweisen 3. Erklären/Begründen

Alle diese drei Typen sind Ur-Typen der journalistischen Aussageform. Wirkungen des Erzählens

o Ungewöhnliches, Überraschung, Sensation o Mitleid/Gefühl erwecken o Spielen o Teilhabe/Miterleben

auktorialer Erzähler Mitteilen

o das aktuelle Ereignis o nutzwertiges Erfahrungswissen (=Ratgeberquelle) o Normabweichung

relatorischer Erzähler korrespondierender Journalismus; „Berichterstatter“; AVISO, RELATION

Erklären (Ansicht kundtun) o Persuasion (andere sollen ihre Meinung überprüfen/Debatte anregen) o Erklärung o Analyse

Mitte des 19. Jahrhunderts: redaktioneller Journalismus (aus schriftstellerischem und korrespondierendem Journalismus)

Für einen Zeitungsartikel bedeutet dies immer:

Alltagsreden vs. funktionierendes Sprechen In journalistischen Texten werden Aussagen über Vorgänge in der äußeren Realität (Lebenswelt) gemacht. Definition von Rhetorik: zweckhaftes Reden; Kunst durch Rede zu überzeugen. Man unterscheidet drei Arten der Rhetorik: Rede vor Gericht (Vergangenes) Politische Rede (Zukunft) Grabrede (Lob-/Ehrenrede) Für Journalistik wichtige rhetorische Punkte

Formale Sprachrichtigkeit Klarheit der Grammatik Angemessener Ausdruck in Bezug auf den Gegenstand Wortwahl

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Heute: Im Rundfunk und modernen Journalismus wird die Rhetorik wieder wichtig. Für die richtige Darstellungsform gibt es maßgebliche Einflussgrößen:

Art des Mediums Ereignis/Thema Intention (individuell/redaktionell) Publikumserwartung

Formbestimmende Dimension Medium (Spezifkum) Ereignis/Thema und (ausgewählte Mediensystem Aspekte) Darstellungsform Journalistische Publikum/ Intention Erwartungen 2. Vorlesung am 16. April 03 Darstellungsformen im modernen Journalismus Rahmenbedingungen für die Veränderung im Bild des modernen Journalismus Anfang des 19. Jahrhunderts:

• Demokratisierung • Alphabetisierung • Mobilisierung/Urbanisierung • Technologisierung • Industrialisierung

Strukturwandel (Generalanzeiger/unabhängige Berichterstattung) Der neue Reichweitenanspruch fordert die Darstellungsform. Es kommt zu einer Leserorientierung und somit zu einer FUNKTIONALISIERUNG DER NACHRICHT. Der Journalisten stellen an sich einen Vermittlungsanspruch, dass sie der lokalen Öffentlichkeit ein Forum geben wollen.

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Anforderungen an optimale Vermittlung Funktionsziel Verständlichkeit (Vorrausetzungslosigkeit in Bezug auf den

Inhalt) Funktionsziel Informationsvermittlung (Verdichtung der Aussagen) Spannung durch Dramatisierung (Gliederung/Strukturierung => gute Rhetorik) Aufmerksamkeit (Kontrast/Überraschung)

Große Anteile an der Ausbildung dieser Vorgaben hatten die Nachrichtenagenturen, die in den 1880ern in den USA entstanden, z.B. AP. Nachrichtenjournalismus

Trennung von Meinung und Nachrichten (Tatsachen) Top-Down-Prinzip Raffer/Lead

Standardisierung von Nachrichten durch die Agenturen Neutralität sicher Breiter Abnehmerkreis Starke Effizienz

In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts kam das Interview als weitere Darstellungsform hinzu. Hier gab es eine Entwicklung vom erzählten Interview zum „Gesprächsprotokoll“. Das Interview sollte besondere Authenzität garantieren. Der Duden definiert ein Interview so: Unterredung (von Reportern) mit (führenden) Persönlichkeiten über Tagesfragen. Dabei ist festzustellen, dass das Interview nicht nur eine Form des Recherchierens ist, sondern auch eine Darstellungsform. Wie wird ein Ereignis zur journalistischen Nachricht? Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwert-Theorie nach Galtung und Ruge: Es gibt bestimmte Faktoren (z.B. Nähe, Bezug zu Elite-Nationen etc.), die eher dafür sorgen, dass ein Ereignis zur Nachricht wird. Dazu stellten sie die folgenden zwei Hypothesen auf: Selektionshypothese: Je stärker einer oder mehrere Nachrichtenfaktoren ausgeprägt sind, desto größer ist der Nachrichtenwert eines Ereignisses und damit dessen Chancen, als Nachricht veröffentlicht zu werden. Denn Nachrichtenfaktoren sind die Stimuli, die die Aufmerksamkeitszuwendung der Medien steuern. Additivitätshypothese: Je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto größer ist dessen Nachrichtenwert. Wilfried Schulz setzte sich mit diesen Thesen auseinander und überprüfte empirisch. Sein Ergebnis: Je mehr eine Meldung über ein Ereignis dem entspricht, was Journalisten für wichtig und mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer ist ihr Nachrichtenwert.

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Schulz überarbeitete die Faktorenliste von Galtung und Ruge und kam zu sechs Dimensionen, bei denen er keine Hierarchie nennt:

- Zeit: je aktueller ein Ereignis ist – in Hinblick auf die Erscheinungsweise des jeweiligen Mediums, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung. Für Tageszeitungen sind daher kurzfristige Ereignisse, für Wochenzeitungen länger dauernde Debatten berichtenswerter.

- Nähe: je größere die regionale bzw. kulturelle Nähe eines Ereignisse ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung.

- Status: Auch der Status von Akteuren – Elite-Personen bzw. Elite-Nationen – hat einen Einfluss auf die Berichterstattung. Die Statuseinschätzung variiert dabei stark bei den einzelnen Medien, die sich „opportune Zeugen“ für ihre Meldungen und Kommentare suchen (z.B. FAZ vs. TAZ).

- Dynamik: Je schneller sich Ereignisse weiterentwickeln, umso öfter wird darüber berichtet.

- Relevanz: Je größer der potentielle Schaden oder der Nutzen für die Rezipienten ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung.

- Konsonanz: Je etablierter ein Thema in den Medien ist und je mehr Medien darüber berichten, umso häufiger wird über diejenigen Ereignisse berichtet, die in dasselbe Deutungsschema passen.

Medienrealität spiegelt also in zweifacher Weise die Nachrichtenfaktoren wider, da Nachrichtenwerte als allgemeinverbindlicher Kanon von Selektions- und Interpretationsregeln angewendet werden:

- Ereignisse mit hohem Nachrichtenwert dominieren die Berichterstattung - Berichtete Ereignisse sind zugunsten der Nachrichtenfaktoren verzerrt

Nachrichtenfaktoren sind bei genauerer Betrachtung keine Merkmale von Ereignissen, sondern das Ergebnis ihrer journalistischen Verarbeitung; sie entstehen erst bei der Nachrichtenproduktion und können daher an den Ereignissen selbst noch nicht beobachtet werden. Opinion Leader und Agenda-Setting Elisabeth Noelle-Neumann hat in ihrer Studie „The Event as Event and the Event as News“ das Verhältnis von Realität und Medienrealität analysiert. Dabei verglich sie extramedia und intramedia Daten. Bei einer Anti-Vietnamkriegsdemonstration in London stellte sie Augenzeugenberichte und journalistische Berichte gegenüber. Augenzeugen und Polizeiberichte zählten etwa 60,000 friedliche Demonstranten protestierten gegen die Kriegspolitik und der USA und deren Folgen für die Vietnamesische Bevölkerung und die amerikanischen Soldaten, es kam dabei nur zu wenigen Ausschreitungen. Diesen Sachverhalt bezeichnete sie „the event as event“. The Event as News focusierte auf wenige hundert gewaltbereite Teilnehmer. Dabei muss auch gesagt werden, dass die anstehende Demonstration schon im Vorfeld in den Medien thematisiert wurde, in Bezug auf mögliche gewalttätige Ausschreitungen. Wie entsteht die Diskrepanz zwischen Realität und Medienrealität? Dabei muss der Ablauf der Medienberichterstattung in verschiedene Phasen untergliedert werden. In der Agenda-Setting-Phase wird ein Bezugsrahmen/Deutungsmuster eines Ereignisses festgelegt; in der zweiten Phase werden bestimmte Perspektiven/Tendenzen in der Berichterstattung in den unterschiedlichen Medien

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deutlich; in der dritten Phase wird erst über ein Ereignisses, seinen tatsächlichen Verlauf, berichtet. Ein Medium kann nur zum „Trendsetter“ werden, zum Multiplikator wenn es

1. große Reichweite in der Bevölkerung und den Journalisten hat 2. ein Elitepublikum anspricht 3. eine hohe Ressourcenausstattung vorweisen kann (Korrespondenten,

Reporter, Redakteure) 4. einen verlässlichen Zugang zu Quellen hat.

Hat sich ein Medium diesen Status erarbeiten, so steigt deren Zitierhäufigkeit in anderen Medien, die auf deren Berichte Bezug nehmen. So kommt es zur intermediären Konsonanz in der Berichterstattung, also zu einer Uniformität oder Ähnlichkeit in der Tendenz der Berichterstattung. Die News-Bias-Forschung unternimmt also den Versuch, Unausgewogenheit, Einseitigkeit und politische Tendenz zu messen und Aufschluss über deren Ursachen zu verfolgen. Die Konsonanz betrifft dabei aber nur die Themen der Berichterstattung. Der Tenor ist aber höchst unterschiedlich: Der einzelne Journalist prägt mit der gewählten Darstellungsform die Gestaltung des Themas! Wie lässt sich das Phänomen Konsonanz erklären? Wie kommt der Konsens unter den Leitmedien und der Konsens unter den Journalisten zustande? Es sind die Nachrichtenwerte. 3. Vorlesung am 23. April 03 Formenvielfalt in den Printmedien zu Beginn des 21. Jahrhunderts Klassische Formenlehre: Historische Schule: Herleitung aus der angelsächsischen Tradition Praktiker-Schule: Nominaldefinition Trennung von tatsachenbetont meinungsbetont NACHRICHT W-Fragen Nicht jede Information ist eine Nachricht Gegenstand: Faktische Aussagen über aktuelles Geschehen in Sachzusammenhang bringen. Tatsachenbetont. Funktion: aktuell informieren Kriterium: Überprüfbarkeit (Volksmund: „Objektiv“)

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Nachrichtenformen: (Ver-)Melden Berichten prägnant in Zusammenhang reflektierend hierarchisch (top-down) Lead, detailreicher Korpus lead & body Chronologie Meldung (hard + soft News) Bericht (Ereignis-, Handlungs-, Zitaten-) THEMATHISIEREN Gegenstand: Handlungen und/oder Sachzusammenhänge mit ihren Akteuren Aktuelles Ereignis nicht zwingend Funktion: Aufklären und Orientierung geben Kriterium: nachrichtliche Exklusivität Formen: Recherche Feuilleton Berichtend Analytisch Lead & Body Interpretativ Akteure mit Handlung Sprachstil als Inhalt Roter Faden (u.U. Chronologie) wertende Elemente Pointiert Reporterbericht Veranstaltungsbericht Newsstory Erlebnisbericht Report Rezension Befragung Interview Authentisch Authentisch O-Ton Dialogisch Person über Sache O-Ton Zeugenschaft Verschränkung zw. Subjektiv Person und Sache Statement Interviewformen Straßenbefragung Gesprächsformen Umfrageinterview moderierte Form Bei Interviews unterscheidet man zwischen personenzentrierten und sachbezogenen Interviews. NARRATIVE FORMEN Gegenstand: Erlebnisse aus der Perspektive des Beobachters/Akteurs. Teilhabe Miterleben erzeugen Funktion: Authentizität

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Berichtend Beschreibend Einstieg situativ oder szenischer Einstieg Szenisch Akteure handeln in Handelnde Akteure Sinnzusammenhang Zitate, Sprachspiele Story-Charakter (Dramaturgie) Corpus berichtend Gefietscherter Bericht Feature „human interests“/Kuriositäten Magazinbericht Erlebnisse Porträtieren Authentisch handelnde Akteure O-Ton Schildernde Sprache sinnlich-anschaulich Sprache, Tiefenschärfe Reportage Reportage-Porträt Beobachterrolle Collagenporträt Selbsterfahrung Eine Reportage ist subjektiv und tatsachebetont zugleich SINNBEZOGENE FORMEN Gegenstand: Vorgänge und/oder Strukturprobleme in Sinnzusammenhang stellen (einordnen). Sinnorientierung/Meinungsbildung Kriterium: empirische Belege Räsonieren Aufklären Mittelbar, aktuell auf Kontext bezogen Themenzentriert faktizierend berichten Argumentativ erzählend Sachkompetent argumentativ Essay Hintergrundbericht Hintergrundbericht Report Betrachtung Die Meinung sagen Beurteilen Über Vorgang urteilen Sachkompetent analytisch Meinung begründen beurteilend/wertend Positionierung argumentativ (Rhetorik) bewusste Meinungsäußerung Statements Leitartikel Kurzkommentar Kritik Kommentar Bei den Kommentaren unterscheidet man:

a) Diskursiver Kommentar: Argumentation; Ziel: überzeugen

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b) Dialektischer Kommentar: einerseits-andererseits; Gedankenführung im Vordergrund, Alternativen abwägen

c) Geradeaus-Kommentar: Standpunk deutlich machen; „frei von der Leber“, ohne Alternative zu beachten

ÜBERHÖHUNG z.B. Glosse oder Lokalspitze Gegenstand: Ereignisse oder Vorgänge werden attributiv ausgeschmückt, angereichert. Funktion: Provokation zur Emotionalisierung/Meinungsbildung Dramatisieren Ironisieren Pointierung & Kontraste episodaler/pointierter Einstieg Sensationalismus Übersteigerung Personalisierung Sprachspiele Emotionalisierung Schlusspointe Boulevard Glosse Vermischtes VISUALISIERUNG Durch de verbesserte Technik gab es eine Zunahme in diesem Bereich, z.B. Einzelbilder, Fotoserie, Featurefoto, Reportagefoto. Gegenstand: bildhafte oder schaubildliche Darstellung von Personen, Ereignissen etc. Unterschied: Dokumentieren – Veranschaulichen Ohne Text z.B. Grafik (zw. Text & Foto. Elemente von Beidem) Illustrieren Berichten Visualisierung von Situationen Personen Pars pro toto aktueller Bezug Erzählen Ironisieren Personen analog zur Glosse Sequenz Dynamik PHANTASIEREN Literarisches New Journalism Keine nachrichtliche Funktion Zeitgeistig Erzählmuster auktorial Lit. Sprachwirklichkeit fiktional (u.U.satirisch) Roman Zeitgeist-/Szeneheft Feuilleton (Genre) Hier ist das Feuilleton als Genre gemeint, d.h. eine Plauderei, die mit spitzer Feder geschrieben wurde. Steht zumeist aber auch im Feuilleton-Teil der Zeitung.

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5. Vorlesung: Gastvortrag Suppe (MDR) 6. Vorlesung am 7. Mai 03 Systematiken und Schulen der Darstellungsformen Journalismus-Typ Formenstruktur Klassischer Journalismus bis ins 19. Jh. melden – berichten betrachten – beurteilen sowie Feuilleton-Formen Gegen Ende 19. Jh. zusätzlich: - analytische Formen: Leitartikel, Kommentar - authentische Erzählformen Journalismus-Typ Formenstruktur Moderner westl. gesellschaftspolit. Modell (bürgerlicher) & marktwirtschaftl. Journalismus Begründung Angelsächs. & USA tatsachen- meinungs- betonte betonte FORMEN Variabilität news/reporting editors mind/ story telling/ essay background Angelsächsische Tradition: Trennung von Meinung und Kommentar. P.C. Scott: Comment is free Walther von La Roche (pragmatischer Ansatz)

DARSTELLUNGSFORMEN Informierende Meinungsäußernde a) Nachricht a) Kommentar b) Bericht b) Glosse c) Reportage c) Rezension & Kritik d) Feature e) Interview f) Korr.bericht/ analyt. Bericht => Informieren => Bewerten Bei La Roche fehlen die Bereiche Unterhaltung, bzw. narrative Formen.

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Siegfried Weischenberg (konstruktivistischer Ansatz) DARSTELLUNGSFORMEN Nachrichten ~ Meinungs ~ Unterhaltungs ~ a) Nachricht a) Kommentar a) Reportage persönlich, aber nicht b) Meldung b) Glosse b) Feature Meinung

=> Informieren => Bewerten => Analysieren Fischer-Lexikon für Publizistik (Kurt Reumann) (legitimistischer Empirismus)

DARSTELLUNGSFORMEN tatsachenbetonte meinungsbetonte phantasiebetonte a) Nachricht a) Kommentar a) Zeitungsroman b) Reportage b) Glosse b) Kurzgeschichte c) Feature c) Leitartikel c) Feuilleton d) Interview d) Kolumne d) Comic e) Dokumentation e) Porträt e) Spielfilm f) Karikatur f) Hörspiel g) Kritiken & Essay h) Politisches Lied => Informieren => Überzeugen => Unterhalten Die phantasiebezogenen Darstellungsformen sind primär nicht die journalistischen Formen. Hier muss man vorher überlegen, wen man ansprechen und wie erreichen will, danach erst wird die Darstellungsform gewählt. Indirekt gibt es noch eine weitere Darstellungsform: Die illustrative Kategorie. Journalismus-Typ Formenstruktur Moderner westl. staatspolit., ökonom. (bürgerlicher) & gesellschaftspolit. Journalismus II Begründung In Deutschland La Roche div. informierende meinungsäußernde FORMEN Weischenberg Nachrichten~ Meinungs~ Unterhaltungs~ FORMEN Fischer-Lexikon tatsachenb. meinungsb. phantasieb. FORMEN

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Journalismus-Typ Formenstruktur Sozialistische ideolog.-funktionale Journalistik Begründung UdSSR informatorische/analytische/künstler.- publizist. GENRES DDR informatorische/ analytische/bildhaft konkrete GENRES => Parteiliche Bewertung Leipziger Schule (Sozialistisches Modell)

GENRES

informatorische analytische bildhaft konkrete a) Nachricht a) Kommentar (parteilich) a) Feature b) Bericht b) Glosse b) Reportage

c) Leitartikel c) Feuilleton d) Artikel

=> Informieren => Einordnen => Unterhalten Unter dem Begriff Artikel verstand man in der DDR eine Situationsanalyse, die Widersprüche aufzeigen sollte und Lösungen anbot. Haller: Funktionskonzept Darstellungsformen Trennung zwischen empirisch und kognitiv Fließende Übergänge zwischen subjektiv und objektiv

keine rein objektive (=intersubjektiv nachprüfbar) oder subjektive Artikel. Diese Begriffe bilden Pole.

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Objektiv-kognitiv wäre ein einerseits-andererseits-Kommentar. Haller erwähnt die Bereiche Unterhaltung und Interview nicht. Haller bleibt nicht in der angelsächsischen Schule. Bei ihm gibt es nicht die Trennung von Meinung und News. Haller trennt den Bereich Empirische Formen in tatsachebetont informierend und tatsachebetont orientierend. Haller trennt anders zwischen objektiv und subjektiv als die anderen Schulen. Die Funktion ist bei ihm eine andere. Meinung bei Haller: Subjektivität über den Grad der Erzählform

Bei Reportage: Subjektive Eindrücke sind nachvollziehbar; keine Meinung/Wertung

Journalismus-Typ Formenstruktur Moderner westl. normativ-pragmat. Modell (bürgerlicher) funktionstheoretische Journalismus III Begründung In Deutschland Haller/ Leipzig empirische Formen von objektiven zu subjektiven Formen Meldung – Bericht – Hintergrundbericht – Feature – NM-Geschichte – Reportage kognitive Formen von objektiven zu subjektiven Formen Essay/Betrachtung – Leitartikel – Kommentar – Rezension/Kritik – Glosse/ Satire

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7. Vorlesung am 14. Mai 03 Darstellungsformen im Fernsehen Gastvortrag von Thomas Präkelt – Leiter des RTL-Landestudios Ost (Leipzig) Aufbau des Landestudios Ost Studioleiter CvD Redaktionsassistenten Autoren Produktion Technik Schnitt Kamera Themenfindung (Konferenz um 9.30 Uhr)

Termine Zeitungslektüre Lokale Kompetenz (Themen vor Ort entdecken) Gesetzte Themen (Ereignisse von Bedeutung)

Umsetzung der Themen

Wortmeldung (=Ausnahme; wichtiges Ereignis, ohne Bild; Eile) Kurzreport = NiF, Nachrichtenblock Filmbeitrag Live-Schaltung (nur bei besonderen Ereignissen)

Bei einem Beitrag kann der Reporter durchaus im Bild erscheinen. Er nimmt den Zuschauer an die Hand. 8. Vorlesung am 21. Mai 03 Sprache als Darstellungsform und Darstellungsmittel Kommunikation ist nicht, was gemeint wird, sondern was ankommt. Das Kommunikationsziel der Journalisten = Vermittler mit eigener Position und eigener, verständlicher Sprache Bei beispielsweise Pressemitteilungen ist das Kommunikationsziel ein anderes. => Verschiedene Kommunikationsziele beachten!

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Strukturierung von Texten 1. Wie/Was wollen wir als Journalisten mit den geformten Aussagen erreichen? 2. Wie verstehen die Rezipienten unsere Aussagen?

worauf achten? Makro-, Meso- und Mikroebene Bei Darstellungsformen: Makro- und Mesoebene Beim Schreiben: Meso- und Mikroebene Makro: Intention, Publikumserwartung, Design etc. Meso: Wirkung in Abhängigkeit der sprachlichen Form In den Printmedien

Design der Zeitung => Makro Text und Aufbau => Meso Satzbau => Mikro

Makro- und Meso- bei TV, Radio und Online

Bild, Ton und gesprochener Text => TV Ton und gesprochener Text => Radio Hypertext und ggf. audiovisuelle Ergänzungen => Online

Mikrostruktur (Satzbau) Die Rezipientensituation eines jeden Mediums bestimmt den Satzbau. Jedes Medium hat nämlich auch eine andere Situation der Aufnahme durch den Rezipienten. z.B. TV: Couch Potato (Kontemplation) WWW: Mouse Commander (Interaktivität) Merksatz I Journalistische Texte knüpfen eine intentionale Beziehung zwischen beiden Kommunikationspartnern (Medium/Journalist und Mediennutzer)

Stets ein Kommunikationsziel Merksatz II Wir legen die Verstehensweise unserer Aussagen weitgehend fest:

Neugierde wecken Anteilnahme ermöglichen Identifikation ermöglichen Daten (Wissen) vermitteln Einstellungen beeinflussen Genuss gelesen zu werden (Literatur) „Kommunikationshandlungen“

Merksatz III Ein journalistischer Text (auch Radio) strukturiert die transaktionale Beziehung zwischen Text und Rezipient durch seine syntaktische Gliederung. Die Aussage ist strukturiert in Symbolik und Handlung.

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Sprache SYMBOLISCHE Dimension HANDLUNGS Dimension Sätze (Semantik, Syntax) Äußerungen (Pragmatik) Ebene der Gegenstände Ebene der Intersubjektivität (nach Habermas) (nach Habermas) Es wird etwas ausgesagt Es wird etwas getan (= ein Inhalt) (= ein Sprechakt gesetzt) INHALTSASPEKT BEZIEHUNGSASPEKT (nach Watzlawick) (nach Watzlawick) Watzlawick: Jede Kommunikation hat Handlungs- und Beziehungsaspekte. Habermas: Es gibt 3 Grundinteressen der Sprache: 1. Instrumental Sprache dient Sachverhalte weiterzugeben, ohne auf Verstehen zu achten 2. Praktisch routinierter Umgang mit instrumentaler Sprache, nun mit Verstehen angewandt => Sinn 3. kommunikatives Handeln Konfliktsituationen werden geregelt. Normen,

Regeln etc. fließen ein. Sprache dient „sich selbst und ihre Funktion zu reflektieren“.

Bei Übernahme von Begriffen (z.B. „Kolalateralschäden“ etc.) wird das ganze System, das dahinter steht, mitübernommen. Funktionen der Struktur

1. Struktur organisiert den Stoff in folgerichtiges Nacheinander der Aussagen. Folgerichtig kann bedeuten: chronologisch, logisch, assoziierend, interpretativ

2. Struktur soll den Stoff lebensnah erscheinen lassen, indem sie Sachaussagen und Handlungen in einen syntaktischen Zusammenhang stellt und knüpft.

3. Struktur soll „Verstehen“ erreichen für das Thema und für die Aussagen des Textes.

einfache Sprache Dysfunktion von Strukturen

1. Aufmerksamkeit gewinnen im Wettbewerb (Emotionalisierung, Sensationalismus)

2. Ausgrenzung durch Fachsprache, elitäre Sprache Verständliches Schreiben (nach Wolf Schneider: „Deutsch für Profis“) Weg mit den Adjektiven

produzieren Tautologie begünstigen bürokratische Blähungen und verkorkste Konstruktionen führen oft zu törichten Superlativen

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Her mit den Verben Das Verb ist der Muskel des Satzes Text wird lebendiger und dynamischer

Aktiv oder Passiv?

Journalisten benennen und entlarven handelnde Personen Aktiv meist die bessere Wahl

Synonyme und Fremdwörter

Synonyme sind oft abgedroschen Fremdwörter sind unverständlicher oder euphemistisch

9. Vorlesung am 28. Mai 03 Gastvortrag von Holger Wormer (Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung) Darstellungsformen im Wissenschaftsjournalismus Was ist „Aktuell“?

Wissenschaftsaktualität > Tagungen > Publikationen > unveröffentlichte Ergebnisse (Vorsicht!)

Tagesaktualität > Trend > z.B. Welt-Aids-Tag, BSE, Börse, Klima, …

Wissenschaftstexte sind zumeist im Nominalstil geschrieben, enthalten Fremdworte und lange Sätze. Das alles sind Dinge, die mit einem journalistischen Text nicht viel gemeinsam haben. So gibt es eine Menge von Beispielen, die auf dem „Index“ stehen, oft einfach übernommen werden. z.B. in der Medizin: Medikamentöse Therapie Nach der Behandlung mit Medikamenten Die Forscher konnten zeigen Die Forscher zeigten Nach oraler Verabreichung Nachdem die Patienten das Mittel

einnahmen Es wurden Untersuchungen durchgeführt

Klaus Müller untersuchte

Dies führte zum Resultat Demnach ist Die Fragen, die man sich stellen muss: Was wird noch verstanden? Also, kann der Leser es verstehen, wie kann ich es erklären? Dies ist ein dynamischer Prozess, also Dinge, die man bereits sehr oft erklärt hat, kann man später möglicherweise als bekannt voraus setzen.

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Darstellungsformen Die Nachricht ist eine Information, nach der man sich richten kann. Dies ist im wissenschaftlichen Bereich nicht so einfach. Wormer unterscheidet zwischen der harten Nachricht und der anmoderierten Nachricht. Die anmoderierte Nachricht nutzt er für komplexe Themen, zu denen der Rezipient hingeführt werden muss. Die Reportage soll dem Leser das Gefühl vermitteln, er sei dabei gewesen. Sie ist die beste Methode packende Infos zu vermitteln. Staunen reicht nicht für Wissenschaftsreporter. Zitate sind im Allgemeinen zur Auflockerung der Texte gedacht. Bei Wissenschaftlern kann es passieren, dass man das Gegenteil erreicht. 10. Vorlesung am 18. Juni 03 Kommentar und Glosse Untersuchungen haben ergeben, dass der Kommentar wenig gelesen wird. Weniger als die Hälfte der Leser schaut sich den Kommentar an. Der Kommentar muss sich über die Nachricht erheben und darf nicht nur auf Emotionen setzen. Der Kommentar soll kein Besinnungsaufsatz sein, sondern die Leser sollen sich an den kontroversen Positionen reiben. Linden und Bleher haben zu den Darstellungsformen ein Kameraschema entwickelt:

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Dabei orientiert sich der Kommentar an der klassischen Rhetorik. Vorbilder sind die Gerichts-, Ermahnungs- und Lob-/Tadelrede. Der Aufbau des Kommentars

Kontaktaufnahme – mit These (je widersprüchlicher, desto besser) Darstellung der Nachrichtenlage (kurz) Argumentation: Folgerungen/zweckdienliche Argumente + Widerlegung der

Gegenargumente Schlussfolgerung – blickt zurück; These in Versprechen umwandeln

Linden und Bleher haben sechs verschiedene Kommentararten entwickelt, andere Wissenschaftler haben andere Einordnungen gefunden. Demnach gibt es:

a) polemischen Kommentar b) vergleichenden Kommentar c) analytischen Kommentar d) konstruktiven Kommentar e) windelweich Kommentar f) ratlosen Kommentar

WAS NOCH?

WANN?

WIE?

Zu oft! bevor etwas ver- meintl. Schlechtes passiert

Prognose stützen; Sachzwänge als unver-meidbar darstellen

keine klaren Lager; Leser kann Sach- verhalt schlecht einschätzen

Öffentlichkeit gut informiert; klar definierte Lager; kontroverse Diskussion

Vermeiden! entspricht der Ermahng.srede

Vernunft des Lesers an-sprechen;ihn zum Partner machen

Vor schiefen & dummen Vergleichen hüten! Leser ist Schüler.

kommt der Anklage- o. Verteidigungs- rede am nächsten

These fehlt Fragen werden gestellt, aber

nicht beantwortet viele Konjunktive & Floskeln keine schlüssige Coclusio

Autor warnt o. erteilt einen Rat aus der Leucht- turmwärter- Perspektive

These stellt Prognose dar; These = Beweis; Be- gründg. mit logischen Tatsachen

Vergleich liefert Kritik; wirkt durch scheinbare Beweisführg. Überzeugend

Autor kämpft für seinen Standpunkt; sammelt alle Argumente, die seine These stützen

Ratloser Kommentar

Windelweicher Kommentar

Konstruktiver Kommentar

Analyt. Kommentar

Vergl. Kommentar

Polemischer Kommentar

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Sonderformen des Kommentars: Leitartikel ... ... meist analytische Argumentation zu grundsätzlichen Themen; endet mit Appell an die Vernunft ... Kriterium Aktualität z.T. vernachlässigt ... bis zu 200 Zeilen lang Editorial ... ... Helfen, eine ganze Zeitung/ Zeitschrift einzuordnen (auf welchen Text/Zusammenhang Leser achten soll) ... oft mit persönlicher Note (Bild/ Signum des Autors, Grußformel am Ende) Pro & Contra ... ... zwei oder mehrere Autoren beziehen zum selben Thema Stellung, Thesen widersprechen einander ... Argumentation als polemischer Kommentar, Argumente des Gegners werden nicht berücksichtigt ... ausgewogenes Urteil, entsteht im Kopf des Lesers ... geeignet für komplexe, sensible und aktuelle Themen, die keinen eindeutigen Standpunkt zulassen Die Glosse Ausgangspunkt: emotionaler Reiz (Nachricht) ... ... Ereignis mit komischem Kern; Ereignis/ Person, die zu bedeutsam eingeschätzt wird; zu vertretende These soll Allgemeingut dar- stellen, tut dies aber nicht vertritt These indirekt durch Stilmitteln der Komik folgt strukturellen Mustern des Kommentars: polemisch, vergleichend, analytisch oder konstruktiv dramaturgische Varianten ... ... Pointen-Dramaturgie ... Paukenschlag-Dramaturgie ... Assoziations-Dramaturgie Was darf die Glosse (juristisch)? Bei der juristischen Beurteilung einer Glosse ist zwischen der satirischen Einkleidung und dem Aussagekern zu unterscheiden. Die satirische Einkleidung unterliegt, da von der Freiheit der Kunst (Art. 5 Absatz 3 Satz 1 GG) gedeckt, grundsätzlich keiner Beschränkung. Der Aussagekern, in der Regel eine Meinungsäußerung in Angelegenheiten von allgemeinem Interesse, ist durch die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Absatz 1 Satz 1 GG) nur dann nicht geschützt, wenn er als Schmähkritik gilt. Schmähkritik ist Kritik, die nicht die Sache, sondern die Person treffen will.

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Gastvortrag von Hartmut Berlin (Chefredakteur des Satiremagazins Eulenspiegel)

• In nahezu allen Medien findet heute Satire statt, auch wenn es nicht immer drauf steht.

• Heute ist es schwer Satire zu machen, weil es schwer fällt die ohnehin schon groteske Wirklichkeit satirisch darzustellen.

• Mittel der Satire richten sich nach dem Gegenstand (vom „Florett“ bis zur „Axt“).

• Hartnäckiges Gerücht, dass Satire alles dürfe (Tucholskys Satz stimme nicht). Man soll es aber immer wieder versuchen.

Vorlesung am 2. Juli 03 Spezielle Darstellungsformen im Rundfunkjournalismus: Fernsehen Analog zu den Darstellungsformen im Print gibt es auch im Fernsehen ähnliche Formen. Zu den gleichen Kriterien kommt beim Fernsehen die optische Umsetzbarkeit hinzu. Das Fernsehen verknüpft Ton und Sprache mit bewegten Bildern. Daraus entsteht unmittelbare Authentizität und das Gefühl des Dabeiseins. Die Aufnahme erfolgt zum Großteil über die Bilder. Der Ton kann das Bild noch verstärken. Kategorien des Tons a) gesprochener Text („Kommentar“) > Inhalt wird im Nachhinein gesprochen bedeutender Teil, denn viele Bilder brauchen Sprache b) O-Ton c) Atmo (synchron aufgenommen); beides verleiht Authentizität d) künstlich erzeugte Effektgeräusche > Stimmung oder Leitmotiv Der Ton ist Teil einer Gesamtinformation. Bilder und Text müssen zusammenpassen (inhaltlich und formal). Darstellungsformen:

a) Wortnachricht Sie werden verlesen. 15-45 Sekunden. Beantwortung der W-Fragen. Auch mit Grafiken unterstützt. Für das Hören formuliert. Kritik: verfilmter Hörfunk. b) NiF Bilder + gesprochener Text. 15-30 Sekunden. Info-Kern zu Beginn. Endfertigung in der Redaktion. Politiker-Treffs sind schlecht für NiF. Es gibt auch Mischformen zwischen Wortnachricht und NiF. c) Reporterbericht 1.30-2 Minuten. Erläuterungen, Hintergründe, Stellungnahme. Eigene Recherche. Keine Chronologie, sondern Nachrichtenkern zu Beginn. Mit O-Tönen. Möglicherweise Aufsager am Ende. d) Interviews e) Live-Berichterstattung Technische aufwändigste Form. Vermittelt das Gefühl dabei zu sein. A) Live-Ausager. B) Live-Nachfrage. C) Live-Reportage

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f) Kommentare g) Reportage Information + Erleben = Vorteil zu Print und Hörfunk. 3-90 Minuten. Live-Reportage oder gestaltete Reportage. Mit O-Tönen. Reporter als Fragesteller und Akteur im Bild. Ab Mitte der 60er Jahre gibt es die Reportage. In den 70ern: Stuttgarter Schule. Ab den 90ern durch Privatfernsehen gibt es wieder verstärkt Reportagen. h) Feature

Wandel der Darstellungsformen Tagesschau-Stil: nüchtern, kühl, ohne Schnörkel, ohne Glanz, präzise, aber auch steif. Mit dem Aufkommen der privaten Sender kommt es zu einem Wandel der Nachrichtenpräsentation: konsequente Personalisierung, plakative Sprache (nach US-Vorbild), anschauliche Filme, großzügige Studios. Auch das Infotainment (Mischung aus Information und Entertainment) nimmt zu, auch bei den öffentlich-rechtlichen. Bunte Themen werden neben hard-news gestellt.

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Grundlagen Journalismus

Entstehungsgeschichte des modernen Journalismus I:

Die Geburt des modernen Journalismus in Deutschland

Die drei Perioden der Berufsgeschichte (nach Baumert)

- (präjournalistische Periode)

- korrespondierender Journalismus

- schriftstellerischer Journalismus

- redaktioneller Journalismus

Präjournalistische Periode – vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit

- Sporadisches, grundsätzlich nicht berufsmäßig betriebenes Nachrichtenwesen

- Nachrichtenüberbringer waren Dichter und Sänger

- „offizielle“ Informationen (Chronisten, fürstliche Sekretäre) wurden nicht öffentlich gemacht

zu dem Zeitpunkt, als die Kommunikation öffentlich wurde (durch allgemein verständliche Sprache und durch das Herauskommen aus dem ARKAN-Bereich) wurde sie formalisiert

dies war die Geburtsstunde des Journalismus

Mitte 16.–Mitte 18. Jh.: korrespondierender Journalismus

- „Journalisten“ waren Postmeister, Drucker bzw. Verleger, die ihr Geld mit dem Sammeln und Publizieren von Geschichten, Berichten, Gerüchten verdienten

- Zensurmaßnahmen schränkten die Berichterstattung auf rein nachrichtliche Darstellungen ein

- „Redakteure“ prüften bis Mitte des 18. Jh. die oft anonym eingehenden Nachrichten nicht auf Richtigkeit: Vielmehr Sammlung von Nachrichten und Gerüchten

Mitte 18. Jh. bis 30er Jahre 19. Jh.: schriftstellerischer Journalismus

- die Avisenzeitungen entwickelten sich zu den sog. Herausgeberzeitungen: Verlegerfamilien verfolgten eine publizistische Linie und sicherten die ökonomische Basis

- eingehende Nachrichten wurden nicht mehr nur einfach aneinander gereiht, sondern durch Schriftstellerpersönlichkeiten reflektiert

- Formen der Öffentlichkeit

Lesegesellschaften, Leihbibliotheken und Lesezirkel

Zensur schränkte aber die politische Diskussion ein

Redaktioneller Journalismus (seit Mitte des 19. Jh.)

- Vereinigung korrespondierender und schriftstellerischer Leistungen in der redaktionellen Funktion

- aktive Nachrichtenbeschaffung (Prüfung, Sichtung, Ergänzung, allgemeinverständliche Darstellung).

Historische Entwicklung des Journalistenberufes abhängig von (nach Jörg Requate)

- Maß der Pressefreiheit

- Kommerzialisierung der Presse

- Entwicklung des journalistischen Selbstverständnisses und Verberuflichung

- Verlauf des Parteibildungsprozesses

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Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts

- das Berufsbild im Kontext wichtiger Einflussfaktoren:

Lockerung der Zensur

Blüte der Industriegesellschaft

technische Innovationen im Druck- und Kommunikationsbereich

Verstädterungsprozesse

Demokratisierung

freier Markt, Gründung und Etablierung des Berufsverbands der Journalisten

- es entstanden: Massenblätter, Generalanzeigerpresse, Lokaljournalismus und die Illustrierte

Pressefreiheit

- 1848, Reichsverfassung (Artikel 4):

„(1) Jeder Deutsche hat das Recht, durch Wort, Schrift , Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern.

(2) Die Pressefreiheit darf unter keinen Umständen und in keiner Weise durch vorbeugende Maßregeln ... beschränkt, suspendiert oder aufgehoben werden.“

Wurde aber nicht umgesetzt! immer wieder Repressalien gegen die freie Presse!

Ausdifferenzierung und Kommerzialisierung

- Generalanzeiger als unabhängige Massenblätter

- Aufteilung der Redaktionen

- Lokalteile formierten erste - wenn auch kleine -regionale Öffentlichkeiten: Etablierung eines „Tagesgesprächs“

- publikumsorientierte Zeitungen konnten sich durch Anzeigen und - vielmehr als heute - über den Verkaufspreis finanzieren

Berlin als wichtigstes Pressezentrum!

Externe Faktoren für die Entwicklung der Massenpresse:

- Urbanisierung

- Demokratisierung

- freier Markt

- Industriegesellschaft

Entwicklung des journalistischen Selbstverständnisses

- Verständnis über die normativen Ziele der journalistischen Tätigkeit sehr uneinheitlich

Geschäftspresse: ökonomische Ziele

Gesinnungspresse: missionarischer Charakter dieser Parteiorgane

Journalistentage entwickelten sich nicht zur Standesvertretung, da keine einheitlichen Ziele formuliert werden konnten

Verlauf des Parteibildungsprozesses

- Presse als eines der wichtigsten Kommunikationsmittel diente der Organisation der Parteien und war daher ganz und gar Teil dieses politischen Prozesses

- Journalisten standen nicht in der Rolle eines kritischen Beobachters -sondern waren Parteigänger

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Verberuflichung

- lange Zeit war Journalist eine Übergangstätigkeit für Schriftsteller und Akademiker, die nicht in den Staatsdienst aufgenommen wurden

- für eine feste und dauerhafte Anstellung mussten Zeitungen auf einer ökonomische Basis fundiert werden (Kommerzialisierung, Generalanzeiger)

- erst dann verlor auch das Berufsbild des Journalisten den negativen Beigeschmack

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts

- beginnende Kommerzialisierung (Werbeträger)

- erste Debatte um Pressemacht (Pressekonzentration) vor dem I. Weltkrieg –pressepolitische Diskussion (Medienmacht Staatskontrolle vs. öffentliche Kontrolle)

- der nationalistische Journalismus (I. Weltkrieg)

Vom Kaiserreich bis zum Ersten Weltkrieg

- einerseits Kommerzialisierung: Pressekonzerne Ullstein, Mosse, Scherl

- andererseits staatliche Informationspolitik mit Hilfe der Zeitung als modernes Instrument

- Kriegsbegeisterung wird auch durch die Medien angefacht

- Militärzensur im 1. Weltkrieg

- Ausrufung der Weimarer Republik

„Um ein Viertel vor ein Uhr gleitet aus dem Ferndruckapparat der Redaktion die Meldung heraus, der Kaiser habe abgedankt. Während ich meinen schon vorbereiteten Artikel schreibe, werden mir, von Sekunde zu Sekunde und einander jagend, die Nachrichten über die neuesten Ereignisse ins Zimmer gebracht... Um ein Uhr nachts ist die Morgennummer fertig, ich kann den Setzsaal verlassen, wo alle ganz sorgfältig wie in weniger revolutionären Nächten gearbeitet haben, und kann, nach einem kurzen Aufenthalt in den Maschinenräumen, beruhigt nach Hause gehen.“ Theodor Wolf, Tagebucheintrag 9./10. November 1918

Rechtsverhältnisse und Pressepolitik 1918-1933

- in Artikel 118 der Weimarer Reichsverfassung wurde eine Garantie der Meinungsfreiheit und Zensurverbot aufgenommen, die es in der Reichsverfassung von 1871 noch nicht gegeben hatte

Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze, seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem Rechte darf ihn kein Arbeits- oder Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht.

Die Presselandschaft der Weimarer Republik

- Konservative: Neue Preußische Kreuzzeitung, Deutsche Tageszeitung, Deutsche Zeitung mit Auflagen zwischen 40 und 60.000 Exemplaren

- Katholische Zentrum: Germania und Kölnische Volkszeitung

- Linke: etwa 50 kommunistische Blätter; Vorwärts und Freiheit vertraten die Positionen der sozialistischen Parteien (SPD, USPD; MSPD etc.)

- NSDAP: Völkischer Beobachter, Münchner Beobachter

War Journalismus überhaupt möglich?

- Und bei aller Künstlerschaft muss er Wahrheit, nichts als Wahrheit geben, denn der Anspruch auf wissenschaftliche, überprüfbare Wahrheit ist es, was die Arbeit des Reporters so gefährlich macht,...Es ist schwer, die Wahrheit präzis hinzustellen, ohne Schwung und Form zu verlieren:

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Reportage heißt Sichtbarmachung der Arbeit und der Lebensweise –das sind oft spröde, graue Modelle in den heutigen Zeitläufen. E.E. Kisch (1925)

- Der Reporter hat keine Tendenz, hat nichts zu rechtfertigen und hat keinen Standpunkt.... Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit. Und nichts Sensationelleres gibt es, als die Zeit, in der man lebt! E.E. Kisch 925 in:„Der rasende Reporter“

Medientechnologie – Geschichte, Entwicklung, Auswirkungen, Trends (Online-Journalismus)

- Harry Pross (1972)

Primäre Medien:

- „menschliche Elementarkontakte“ wie die nonverbale Sprache der Körperhaltung, Mimik, Gestik usw. Ebenso auch die Verbalsprache (Aussage, Auskunft, Gesang usw.). Zwischen Sender und Empfänger ist kein Gerät geschaltet.

Sekundäre Medien

- benötigen auf Seiten des Senders Geräte für die Herstellung von Mitteilungen (Flaggensignale, Grenzsteine, Rauchzeichen, Schreib- und Druckkunst)

Tertiäre Medien:

- technische Erstellung, technische Sender und technische Empfänger

- Rundfunk, Telefon, Telegramm, Television, Schallplatte, Video, Computer

- Fassler

„quartäre Medien“

- die computerbasierten und –verstärkten Medienbereiche netztechnischer und elektronisch-räumlicher Konsumption, Information und Kommunikation

Phasen der Medienentwicklung

- Am Anfang war das Wort . . . ( N.T. Joh. 1,1 )

- Entwicklung : Sprache – Zeichnung – Schrift

Schrift: Speicherung von Wissen/Information; Keilschrift: Sumerer 3.300 v. Chr.; Hieroglyphen: Ägypter ab 2.000 v. Chr.

Druck: Vervielfältigung von Information; J. Gutenberg (1450): Urvater der Medien; bis 19. Jahrhundert einzige Mediengattung

Photographie: Vervielfältigung von Bildern (1820)

Phonograph: Vervielfältigung von Ton ( 1877 )

Bewegtbild/Film: Entstehung Filmtheater (1920)

Fernsehen: Globale Echtzeitkultur (1960)

Digitalisierung: Multimedia und Internet (1990)

Mobile Dienste (2000)

Koenig: Schnellpresse mit Dampfkraft

- „Mein ursprünglicher Plan beschränkte sich auf eine verbesserte Handpresse, bei welcher das Auftragen der Farbe durch einen Apparat verrichtet werden sollte.“ Friedrich Koenig am 8.12.1814

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- aber: die sozialen Folgen der technischen Innovation provozierten in jenen Tagen beträchtliche Unruhe unter Londons Arbeitern, so dass sich die Besitzer des Blattes öffentlich rechtfertigen mussten.

Mergenthaler: Zeilengußmit der „Line-of-types“ = Linotype

Telegrafie

- Optischer Telegraf (1809)

- ABC-Telegraf aus dem Jahr 1840

Zeitungsproduktion seit Beginn des 20. Jh.

- Nachrichtenbeschaffung vor allem durch Agenturen mit Hilfe telefonischer Materialsammlung und telegrafischer Vermittlung

- Auswahl und Bearbeitung in durchorganisierten Redaktionen, dabei Vorbereitung von Texten und Bildern für die Reproduktion in der Setzerei und Druckerei

- Herstellung von reproduktionsreifen Vorlagen mit Hilfe von Setzmaschinen

- Umbildung der flachen Druckform durch Stereotypie auf Walzenform und Druck auf der Rotationspresse, bei der das Papier endlos zwischen rotierenden Rollen durchläuft

Die Medientechniken des 20. Jh.: Hörfunk und Fernsehen

Das Schlagwort „Konvergenz“

- Multimediale Integration verschiedener Inhalte und Kanäle (z.B. Musik über das Handy) verbindet ehemals getrennte Branchen (Telekommunikation, IT, Medien) und verstärkt Kundenbindung

- neue Dienste, neue Branchen (MP3, lifeline, etc.)

- neue Unternehmensallianzen (AOL-Time Warner, Terra-Lycos)

- Entstehung medienübergreifender Marken (Napster)

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Das 21. Jahrhundert: Medien im Zeichen der Konvergenz

- die heute quasi unbegrenzte Möglichkeit zur Datenspeicherung bei gleichzeitig verzögerungsfreiem Zugriff führt zu Kommunikationskosten, die gegen Null tendieren – bei Informations- und Datenmengen, die gleichzeitig gegen unendlich gehen

Die Entstehungsgeschichte des modernen Journalismus II:

Großbritannien, USA, Frankreich

Großbritannien

- das Rechtssystem

Parlamentssouveränität seit Glorious

Revolution der Jahre 1688/89

Gewohnheitsrecht (common law)

Praxis der flexiblen Verfassungsfortentwicklung

- Entwicklung der Presse als Mittel der politischen Opposition

Führende Parteien im 18. Jh.: Whigs und Tories

Organe der Parteiorganisation

Oppositionszeitungen publizierten die parlamentarischen Auseinandersetzungen

- Das Konzept des „Fourth Estate“

vor allem ökonomische Gründe: „Independence is a marketable commodity”

Nachrichtenbeschaffung der TIMES: „correspondents, all over the inhabited world, who have access to the most authentic sources of information in foreign courts and countries“

aber: regierungsnahe Berichterstattung

„[The newspaper ] is rather the instrument by means of which the aggregate intelligence of the nation criticizes and controls them all. It is indeed the >Fourth Estate< of the Realm: not merely the written counterpart and voice of the speaking >Third< Times-Redakteur Henry Reeve (1852)

- Kommerzialisierung

die Zeitung als „three-headed-thing“: deren Einzelteile Nachrichten, Meinung, Anzeigenteil keineswegs aufeinander abgestimmt waren

USA

- die USA als Vorreiter in der Presseentwicklung

Freie Presse geht historisch und systematisch der Staatsgründung voraus und war konstituierendes Element dieses Prozesses

nach erfolgreicher Staatsgründung verfolgten die Verleger das Ziel, Zeitungen als lukrative Unternehmen zu konzipieren

- die Boston Gazette & der Kampf um die Unabhängigkeit

„Professions of impartiality I shall make none,“ William Cobbett, Porcupine´s Gazette, im März 1897

ein Herausgeber, der nicht sein eigenes Urteil fälle, sei „a poor passive fool and not an editor.“

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- Etablierung der Penny-Press

James Gordon Bennetts New York Herald (1835) mit neuem Konzept:

- Verlagerung des Schwergewichts der Zeitung auf die Verbreitung von selbst recherchierten Nachrichten

Folgen:

- Sensationsjournalismus (Populismus)

- Investigativer Journalismus (Meinungspluralismus & Unabhängigkeit)

- die „muckrakers“: murder, fire, and sudden death

muckraking = Enthüllungsreportage

in den neuen, landesweit erscheinenden „ten cent“ Magazinen McClure´s, Everybody´s, Collier´s, Cosmopolitan

ökonomisch sehr lukrativ

aufwändige Recherche möglich

z.B.: Ida M. Tarbell über die Standard Oil Company

Frankreich

- Wandel der Pressefreiheit und die Verbindung von Presse und Politik

Gewährung der Pressefreiheit vs. deren Einschränkung als Spiegelbild der Liberalität des jeweiligen politischen Systems

Presse ohne Anspruch „Vierte Gewalt“

keine besondere Dynamik in der Nachrichtenrecherche

- Pressefreiheit

im August 1789 proklamiert die Nationalversammlung die Pressefreiheit

zwischen Mai und Juli 1789 wurden allein in Paris 42 Zeitungen und Zeitschriften gegründet

ab 1814 - unter Napoleon - aber viele Einschränkungen für die Presse

Lockerungen erst wieder ab 1868: Expansion der Petite Presse („Generalanzeiger“)

- vom Ancien Regime bis zur V. Republik Ancien Regime

1789 Revolution

1792-1804 Erste Republik

1804-1848 Erstes Kaiserreich

1848-1852 Zweite Republik

1852-1870 Zweites Kaiserreich

1870/75-1940 Dritte Republik

1940-1944 Occupation (Besatzungszeit)

1944-1946 Libération (Befreiung)

1946-1958 Vierte Republik

seit 1958 Fünfte Republik

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- die Presse und ihre „Partei-Ersatzfunktion“ – Konsequenzen für das journalistische Selbstverständnis

Ihrem Selbstverständnis nach eher Mitgestalter als Beobachter der politischen Verhältnisse, entwickelten die französischen Journalisten jenes spezifische Unabhängigkeitsbewußtsein kaum, das insbesondere ihre englischen Kollegen beanspruchten

- Kommerzialisierung der Presse

Emile de Girardin: La Presse

Geschäftsidee: Preisreduktion durch Anzeigen und hohe Auflagen

Dennoch: Tendenzblatt – die Beurteilung der Ereignisse war also wichtiger als das Ereignis selbst

- die journalistischen Vereinigungen - drei Zielsetzungen

Regelung von Arbeitskonflikten

Aushandeln von Vergünstigungen

Ansätze zu einer Regelung der Kranken- und Altersversorgung

- die Symbiose von Presse, Politik, Wirtschaft und Literatur

Presse und Wirtschaft – französische Besonderheit

- geringer Anteil an Anzeigen in der frz. Presse bis weit über das 19. Jh.

- aber: Zeitungen öffneten ihren redaktionellen Teil für zahlende Kunden

- Folgen: Korruption und Machtmonopol – die Zeitungen waren auf die Nachrichtenagentur Havas angewiesen und mussten im Gegenzug ihren Anzeigenteil Havas zur Verfügung stellen

Presse und Literatur – Journalismus im schriftstellerischen Duktus

- keine Abgrenzung der Journalisten von Schriftstellern

- Massenpresse: Anspruch auf allgemeinverständliche Sprache

- Wandel der Selbstverständnisses

Zusammenfassung

- Englische und amerikanische Presse des 19. Jahrhunderts relativ große Ähnlichkeiten im Vergleich zur französischen oder deutschen Presse

- weit gehende Pressefreiheit in beiden Ländern

- vergleichsweise geringen Änderungen in der politischen Verfasstheit

- relativ stabiles, bipolares parlamentarisches Parteiensystem

- Selbstverständnis der Journalisten in Frankreich: lange Zeit identisch mit den Interessen von Politik, Wirtschaft und Kultur, kein Unabhängigkeitsanspruch

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Die Theorien des Journalismus Nachrichtenselektion

Journalistik ohne KMW Journalistik mit KMW Journalistik in KMW

Journalistik = eine Anleitung für journalistisches Handeln

Grundlage: Journalistik kann Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Betrachtung genauer fassen als KMW, weil Journalistik gegenständlicher ist, als die Frage, wie Medien wirken und wie sich Menschen in der Medienwelt verhalten

Grundlage: Journalistik besitzt ihre Berechtigung als akademisches Ausbildungsfach, kann aber von der KMW und ihren Erkenntnissen profitieren – sofern deren Angebote für die Ausbildung von Journalisten verwertbar sind

Journalistik = Bestandteil der KMW, über normative Orientierung journalist. Handelns hinaus

analysiert, was Journalismus leistet & wie/unter welchen Bedingungen Journalismus wirkt

Journalistik beschäftigt sich mit den Strukturen, Prozessen & Leistungen der Entstehung von Medienangeboten

Exklusives Modell Additives Modell Integratives Modell

Theoretische Konzepte der Journalistik

- 70er: drei Forschungsrichtungen

Konzept der Aussagenentstehung,

Professionalisierungsansatz

Gatekeeperforschung

„Drei kaum verbundene Richtungen der Journalismusforschung, die sich von einem unterschiedlichen Verständnis von Journalismus leiten lassen: Journalismus als Addition von Personen, als Addition von Personen und als Ergebnis von Kommunikationsprozessen“ Scholl/ Weischenberg, 1998

Fünf Theoriekonzepte

- Normativer Individualismus

Überlegungen aus der Frühphase der Journalismusforschung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Orientierung an individualistischer Weltanschauung

Nützlichkeit = moralische Kategorie & Grundlage sittlichen Verhaltens

Individualismus = normative Grundlage journal. Begabungsideologie

geringe theoretische Komplexität

Vertreter: Otto Groth, Karl Bücher

„Natürlich muss man zum Journalismus geboren sein, sofern diese Forderung besagen will, dass man auch zum Berufe des Redakteurs Lust und Liebe, inneres Bedürfnis, Idealismus mitbringen soll. Seiner Aufgabe kann der Journalist nicht anders gerecht werden, als durch unerschütterliche Wahrheitsliebe, unbedingte Wahrheitstreue und große Sachkenntnis. Denn darin gipfelt sein Beruf: Führer zu sein seinem Volke.“ Jäger, 1926

- Analytischer Empirismus

zentrales Paradigma kontemporärer Journalismusforschung

Übernahme der Prämissen des Empirismus und der analytischen Philosophie

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konzentrierte Entwicklung und empirischen Prüfung von Theorien, (Gatekeeper- oder Agenda-Setting-Modell)

zielt nicht auf gesellschaftstheoretische Einordnung des Journalismus

mittlere theoretische Komplexität

Vertreter: Winfried Schulz, Klaus Schönbach

- Legitimistischer Empirismus

Anlehnung an eine gesellschaftstheoretisch begründete Kritik der Journalismusforschung

Abgrenzung zur funktionalistischen Systemtheorie

großer Einfluss der Massenmedien nur zufriedenstellend zu erklären, wenn die Medienwirkungsforschung sich auch Kommunikatoren zuwendet

Journalismusforschung = Teil der Medienwirkungsforschung

Vertreter: Elisabeth Noelle-Neumann, Wolfgang Donsbach, Hans Mathias Kepplinger (Mainzer Schule)

- Funktionalistische Systemtheorie

„Die Person als Paradigma ist ein viel zu komplexer und viel zu unelastischer Begriff, um als Bezugseinheit für Journalismus dienen zu können. Dafür wird der Begriff des Sozialsystems vorgeschlagen, der es zulässt, zwischen Journalismus und seinen Umwelten zu entscheiden.“ Manfred Rühl, 1980

„Redaktionelles Handeln als Herstellen von Zeitungen in einem industriell hoch entwickelten Gesellschaftssystem erfolgt nicht nur durch einige Nachrichten sammelnde, redigierende und schreibende Redakteure, sondern vollzieht sich vielmehr als durchrationalisierter Produktionsprozess in einer nicht minder rationalisierten und differenzierten Organisation.“ Rühl, 1969

Journalismus als soziales System in der Weltgesellschaft

Bausteine:

- System/ Umwelt-Paradigma (Ordnungsprinzip einer allgemeinen Theorie des Journalismus)

- Identifikation einer journalismusspezifischen Funktion (Herstellung & Bereitstellung von Themen zur öffentlichen Kommunikation)

- Annahme einer journalismusinternen Herausbildung und Differenzierung von (Entscheidungs-) Strukturen

sehr hohe Komplexität, kein einheitlicher Systembegriff

Vertreter: Manfred Rühl, Bernd Blöbaum

- Konstruktivistische Integrationstheorie

Integration auf 4 Ebenen (nach Weischenberg Zwiebelmodell)

- Mediensysteme (Normenkontext)

- Medieninstitutionen (Strukturkontext)

- Medienaussagen (Funktionskontext)

- Medienakteure (Rollenkontext)

„Normen, Strukturen, Funktionen und Rollen bestimmen in einem Mediensystem, was Journalismus ist, der dann nach diesen Bedingungen und Regeln Wirklichkeitsentwürfe liefert.“ Weischenberg, 1992

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Zwei Beispiele aus benachbarten Fachgebieten

- die Kritische Theorie der Frankfurter Schule

„Kultur heute schlägt alles mit Ähnlichkeit. Film, Radio, Magazine machen ein System aus ... Die Abhängigkeit der mächtigsten Sendegesellschaft von der Elektroindustrie, oder die des Films von den Banken, charakterisiert die ganze Sphäre, deren einzelne Branchen wiederum untereinander ökonomisch verfilzt sind.“ Horkheimer & Adorno

Hintergründe:

- die Erfahrung totalitärer Ideologie (Hitlerdeutschland) und nivellierender Massenkultur (USA) führten 1944 zur Veröffentlichung der Dialektik der Aufklärung

Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit – Theorie kommunikativen Handelns

- Die Probleme der Moderne sind durch das Eindringen bürokratischer und ökonomischer Rationalitäten in die Lebenswelt der Menschen begründet.

- Verständigung ist möglich, wenn:

Verständlichkeit

Wahrheit

Wahrhaftigkeit

Richtigkeit garantiert sind

- damit ist normativ ein Potential bestimmt, an dem sich eine Gesellschaft orientieren sollte

- Milieutheorien (culture studies)

John Hartley - ein Vertreter der cultural studies

- Journalismus ist Kampf

- Journalismus als „lächelnder Beruf“

- denn: Nicht Information, Wissen und Kultur determinieren die Gegenwart, sondern vielmehr, wie diese redaktionell behandelt werden

Kommunikationswissenschaftliche Aspekte der Nachrichtenauswahl

- Wissen, was wichtig wird. Wie nehmen Journalisten ihre Umwelt war? Wie filtern sie aus der Informationsflut die relevanten Fakten für das Publikum?

Die „Wahrnehmung“ der Medien

- „Man könnte glauben, die Ereignisse geschähen und glitten dann automatisch in die Zeitungen hinüber, von der Wirklichkeit in die Presse, von der Realität in die Wiedergabe. Das ist nicht richtig... Der Nachrichtendienst ist das komplizierteste Lügengewebe, das je erfunden wurde.“ „Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser Waffe macht er oft genug gebrauch. Kurt Tucholsky im Oktober 1921 in der WELTBÜHNE

- Zwei Quellen der Wahrnehmung:

externe Information (Stimuli und Ereignissen in der Umwelt)

internen Information (Erfahrungen und Verarbeitungsregeln)

- Fragestellungen:

Welche Merkmale hat die von den Nachrichtenmedien hergestellt Welt?

Was sind die Kriterien der Selektion, Interpenetration und Sinngebung von Realität, an denen sich die Journalisten orientieren?

Warum werden bestimmte Vorgänge von den Medien sichtbar gemacht und andere nicht?

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Gatekeeper - Forschung

- David Manning White

Wire Editor als Torwächter (Gatekeeper) in der Redaktion sucht nach eigenem Ermessen bestimmte Meldungen aus

- J.T. McNelly (1959)

Nachrichten sind unzähligen Hindernissen, Verzögerungen, Zensuren und damit einer ganzen Reihe von Gatekeepern ausgesetzt, bevor sie gedruckt und veröffentlicht werden

- Robert Judd und Warren Breed (1960)

drei Arten von Gatekeeper:

- Der Reporter (kleinste Instanz )

- Leitende Radakteure (mittlere Instanz )

- Herausgeber (Hauptinstanz)

News-Bias-Forschung

- Bias bedeutet allgemein: Unausgewogenheit oder Verzerrung

- Elisabeth Noelle-Neumann (1987)

„The Event as Event and the Event as News“

Methode: Vergleich von extramedia (Augenzeugen) und intramedia (Berichte) Daten

Ergebnis: opinion leader = Meinungsführer definieren die Relevanz von Ereignissen

Agenda-Setting

- Bezugsrahmen/Deutungsmuster eines Ereignisses wird festgelegt

- Ausprägung von Perspektiven/Tendenzen in der (Vor-)Berichterstattung

- Berichterstattung über Ereignis, „vorstrukturiert“

Kennzeichen von opinon-leader

- große Reichweite in der Bevölkerung und unter den Journalisten

- Elitepublikum

- hohe Ressourcenausstattung (Korrespondenten, Reporter, Redakteure)

- verlässlichen Zugang zu Quellen

Folge: Konsonanz = Uniformität oder Ähnlichkeit in der Tendenz der Berichterstattung; Meinungsklima strukturiert Argumentationslinien

Nachrichtenwert-Forschung (Wahrnehmungstheorie der Medien von Johan Galtung und Mari Homboe Ruge)

- Nachrichtenfaktoren

bestimmen den Wert einer Nachricht (Beschaffenheit eines Ereignisses wie Negativismus, Bedeutsamkeit, Überraschung, Elite-Personen, Elite-Nationen etc.)

- Selektionshypothese

Je stärker Nachrichtenfaktoren ausgeprägt sind, desto größer ist der Nachrichtenwert eines Ereignisses und damit dessen Chancen, als Nachricht veröffentlicht zu werden

- Additivitätshypothese

Je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis zutreffen, desto größer ist dessen Nachrichtenwert

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- Winfried Schulz: „Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien“

Je mehr eine Meldung über ein Ereignis dem entspricht, was Journalisten für wichtig und mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer ist ihr Nachrichtenwert.

Nachrichtenfaktoren

- Zeit

- Nähe

- Status

- Dynamik

- Relevanz

- Konsonanz

- Medienrealität spiegelt also in zweifacher Weise die Nachrichtenfaktoren wider:

Ereignisse mit hohem Nachrichtenwert dominieren die Berichterstattung

Berichtete Ereignisse sind zugunsten der Nachrichtenfaktoren verzerrt

ABER: Nachrichtenfaktoren sind bei genauerer Betrachtung keine Merkmale von Ereignissen, sondern auch das Ergebnis ihrer journalistischen Verarbeitung!

- Gatekeeper-Forschung: Schlüsselfunktion von Journalisten, die aus einer Flut von Ereignissen wenige zur Publikation auswählen müssen

- News-Bias-Forschung: Versuch, Unausgewogenheit, Einseitigkeit und politische Tendenz zu messen

- Nachrichtenwert-Forschung: Nachrichtenauswahl und Nachrichtengestaltung auf spezifische Eigenschaften und Qualitäten von Ereignissen zurückführbar

- Aktuelles Beispiel:

Wolfgang Donsbach/Arnd Wenzel

- „Aktivität und Passivität von Journalisten gegenüber parlamentarischer Pressearbeit. Inhaltsanalyse von Pressemitteilungen und Presseberichterstattung am Beispiel der Fraktionen des Sächsischen Landtags“

- Thesen

PR determiniert Journalismus (Determinierungsthese) oder

PR und Journalismus beeinflussen durch gegenseitige In- und Outputleistungen die Themenagenda (Intereffikationsmodell von Prof. Bentele, Uni Leipzig)

- Ergebnisse

Nachrichtenfaktoren Negativismus und Konflikthaftigkeit mit hohem Einfluss

Je höher diese Nachrichtenwerte, desto höher aber auch die Eigenleistung der Journalisten (Gatekeeper)

Konfliktschärfe häufig durch Kürzungen und zusätzliche Stellungnahmen entschärft (Bias nicht nachweisbar)

Intereffikation zwischen PR und Journalismus

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Medienethik und Journalismuskatastrophen

Ethische Problemfelder

- Kommerzialisierung

- Konkurrenzdruck

- Konzentrationsprozesse

- Anonymisierung von Verantwortung

- Zunehmende Komplexität

- Journalistische Kompetenz

Analyse-Schema (Weischenberg)

- auf der Ebene der Normen (Ethik-Kataloge und ihre Verschränkung mit rechtlichen Regelungen)

- auf der Ebene der Strukturen (institutionelle Voraussetzungen für die individuelle Selbstregulierung journalistischen Handelns)

- auf der Ebene der Funktionen (Übereinstimmung von ethischen Prinzipien mit den Kommunikationsabsichten der Journalisten und den Kommunikationserwartungen des Publikums)

- auf der Ebene der Rollen (Disposition von Journalisten gegenüber ethischen Entscheidungssituationen)

Normativ-Ontologischer Ansatz

- „Journalistische Verhaltensnormen dürfen [...] nicht ausschließlich situationsbezogen relativiert und additiv behandelt werden. Sie müssen zwar situations- und menschenbezogene Differenzierungen sowie Güterabwägungen in Sachfragen erlauben, allein, sie bedürfen auch dauernder Grundlagen, bleibender Werte.“ (Bosshart, 1985)

- „Es sind nicht Situationen oder Sachen, Traditionen oder metaphysische Postulate, die dem Handeln seine Bestimmung, seinen Wert und seine Wirklichkeit geben, sondern dieses Handeln entwickelt die Vernünftigkeit aus sich selbst, indem es sich ihr anvertraut und unterwirft.“ (Boventer, 1985)

- Instanzen nach Johannes Binkowski

Instanzen zentrale Prinzipien

personale Haltung Freiheit des Redakteurs

Redaktion (Grundhaltung einer Zeitung) setzt der personalen Freiheit Grenzen

Öffentlichkeit (Leser als sittliches Subjekt betrachtet)

Sachlichkeit als Grundlage der journalistischen Arbeit

Empirisch-Analytischer Ansatz

- „eine Ethiktheorie für Kommunikation ist einzubetten in die durch konkrete Personal und Sozialsysteme konstituierenden Situationssysteme, die sich wiederum in einer gesellschaftlichen Gesamtlage (soziale Umwelt) spezifischer Kulturen befindet.“ Rühl/Saxer, 1981

- Die drei systemtheoretischen Axiome (nach Rühl/Saxer)

Trennung zwischen personalen und sozialen Systemen

doppelte Selektivität von Kommunikation

Reflexivität von Kommunikation und Ethik

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Die drei Ethiktypen (nach Weischenberg)

- Individualethik

Maßstäbe, die als moralische Verhaltensregeln für den einzelnen Journalisten formuliert werden

- Professionsethik

Maßstäbe, die das berufliche Verhalten innerhalb der Gruppe der Journalisten berechenbar machen (professionalisieren) sollen, und die zum Teil als Standesethik von Berufsverbänden kodifiziert werden

- Institutionenethik

Maßstäbe, die Medienbetriebe und ihre Verantwortlichen zu beachten hätten – in einem demokratischen System, das ihnen Freiräume zur Erfüllung einer `öffentlichen Aufgabe` einräumt

Die publizistischen Grundsätze

- Die Berichterstattung soll wahrhaftig und unabhängig von Interessen sein

- Bei der Informationsbeschaffung soll auf unlautere Methoden verzichtet werden

- Die Persönlichkeitsrechte von der Berichterstattung betroffener Personen sollen gewahrt bleiben

- Bei schweren Verbrechen soll besondere Zurückhaltung geübt werden

Journalismusethik

- „Journalismusethik lässt sich sinnvollerweise weder auf die Organisationsnormen des Mediensystems, noch auf die Dimension persönlicher Gesinnung und Moral verkürzen; sie ist vielmehr der Sammelbegriff für Begründungen, die professionelle Verhaltens- und Verfahrensweisen rechtfertigen, soweit und solange die Medienproduktion nach Maßgabe der erörterten Funktionsnormen vonstatten gehen soll. [...] Die Frage nach Journalismusethik ist immer ein Hinweis auf den Graben, der zwischen erforderlichem und tatsächlichem Journalismus klafft – und diese Fragestellung impliziert die Aufforderung, alles zu tun, um den Graben schmaler, zumindest nicht breiter werden zu lassen.“ Michael Haller, 1992

Journalismus in der Gesellschaft: Das Rechtssystem als Rahmenbedingung

Das Gesellschaftssystem der BRD

- offen-pluralistisch und liberal-kapitalistisch

- pluralistische Herrschaftsstrukturen (Gewaltenteilung, Föderalismus)

- partielle Repräsentation (Wahl von Abgeordneten)

- konkurrierende Willensbildung (Mehrparteiensystem, Kommunikationsfreiheit)

Kommunikationsfreiheit

- Meinungsfreiheit

- Redefreiheit

- Informationsfreiheit

- Rundfunk- und Pressefreiheit

Dienende Freiheiten für die freie Meinungsbildung

Objektiv-rechtlicher Grundrechtsauftrag der Ausgestaltung der Medienordnung

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Pressesystem der BRD – Rechtsgrundlagen

- Presserecht

Verfassungsrecht

Bundesrecht

Landspressegesetze

Arbeits-, Zivil-, Straf-, Wettbewerbs-, Urheber-, Kartell- und Verlagsrecht

- Sächsische Verfassung, Artikel 20

(1) Jede Person hat das Recht, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

- Landespressegesetz Sachsen

§1 Freiheit der Presse

§2 Zulassungsfreiheit

§3 Öffentliche Aufgabe der Presse

§4 Informationsrecht der Presse

§5 Sorgfaltspflicht der Presse

§6 Impressum

§7 Persönliche Anforderungen an den verantwortlichen Redakteur

§8 Offenlegungspflicht

§9 Kennzeichnung entgeltlicher Veröffentlichungen

§10 Gegendarstellung

- Innere Pressefreiheit

Grundsatzkompetenz

Richtlinienkompetenz

Detailkompetenz

- Strukturmerkmale des Pressesystems

lokale Bindung vieler Tageszeitungen

eine eher schwache Parteipresse

relativ wenige überregionale Blätter (FAZ; SZ; FR)

eine kleine Zahl politischer Wochenzeitungen mit relativ breitem politischem Spektrum

eine große Zahl von Zeitschriftentiteln

zunehmende Bedeutung von Zielgruppentiteln (Special-Interest-Magazine)

Rundfunksystem der BRD:

- Theorie - Das duale Rundfunksystem

- Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Medienorganisation im Vergleich

- Legaldefinition „Rundfunk“:

„Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters.“

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- Sächsische Verfassung, Artikel 20, Absatz 2

(2) Unbeschadet des Rechtes, Rundfunk in privater Trägerschaft zu betreiben, werden Bestand und Entwicklung des öffentlichrechtlichen Rundfunks gewährleistet.

Bestand und Entwicklungsgarantie

Grundversorgungsauftrag

Außen- vs. Innenpluralismus

Rechtsrahmen für Journalismus im Netz

- Teledienste

„alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bilder oder Töne bestimmt sind.“

- Mediendienste

Angebot und Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten ... in Text, Ton oder Bild

Der MDStV betrifft alle regelmäßigen, also periodische redaktionelle Angebote im Netz

- Rechtsrahmen für Online-Journalismus

Der Content - das, was in den digitalen Kommunikationskanälen transportiert wird - wird weiterhin durch bekanntes Offline-Recht geregelt :

- Sorgfaltspflicht (§ 7 MDStV)

- Trennungsnorm von Werbung und redaktionellem Inhalt (§9 MDStV)

- Gegendarstellungspflicht

Medienkontrolle - Selbstkontrolleinrichtungen

- Pressekodex

- Rundfunkräte

- Landesmedienanstalten

- Ideelle Werte

Vernunft

Aufklärung

Kritik

Freiheit

Unabhängigkeit

- Medienselbstkontrolle in Deutschland

Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft (FSK)

Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia (FSM)

Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF)

Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM)

Arbeitsausschuss der Automobilwerbung

Deutscher Rat für Public Relations

Gemeinschaftsausschuss für Heilmittelwerbung

Deutscher Werberat

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Rundfunk- & Fernsehräte

Deutscher Presserat

- Deutscher Presserat

Geschichte

- 1956: Gründung des Presserates (BDZV & DJV)

- 1957: Beitritt des VDZ

- 1960: Beitritt der dju

- 1973: erster Pressekodex

- 1982 – 1985: Presserat stellt seine Arbeit vorübergehend ein (Grund: Uneinigkeit über Rügenabdruck, speziell: Fall Wallraff)

- 1985: Wiederaufnahme der Arbeit als Verein

- 2001: überarbeiteter Pressekodex an Rau übergeben

Ziele und Aufgaben

- Schutz der Pressefreiheit: Sicherung des unbedingten Zugangs zu den Nachrichtenquellen

- Wahrung des Ansehens der deutschen Presse

- Feststellen und Beseitigen von Missständen im Pressewesen

- Aufstellen und Fortschreiben von Publizistischen Grundsätzen sowie Richtlinien für die redaktionelle Arbeit

- Selbstregulierung des Redaktionsdatenschutzes

- Behandlung von Beschwerden über redaktionelle Veröffentlichungen und journalistische Verhaltensweisen auf Basis des Pressekodex

- Beobachten der strukturellen Entwicklung der deutschen Presse und Abwehr von freiheitsgefährdenden Konzern- und Monopolbildungen

- Vertretung der deutschen Presse gegenüber Regierung, Parlament und Öffentlichkeit und bei Gesetzesvorlagen, die Leben und Aufgaben der deutschen Presse angehen

Struktur

Bundesverband Dt. Zeitungsverleger

Verband Dt. Zeitschriftenverleger

Dt. Journalistenverband

Ver.di Fachbereich Medien

Trägerverein Plenum Beseitigung von Missständen um Zeitungswesen, Eintreten für den unbehinderten Zugang zu Nachrichtenquellen

Geschäftsstelle Ansprechpartner für Leser, Journalisten und Verleger

Beschwerdeausschuss Redaktionsdatenschutz Behandlung der Beschwerden, Aussprechen von Maßnahmen

Beschwerdeausschuss allgemein Behandlung der Beschwerden, Aussprechen von Maßnahmen

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Pressekodex

- Achtung vor der Wahrheit & Wahrung der Menschenwürde (Ziffer 1)

- Gründliche & faire Recherche (Ziffer 4)

- Klare Trennung von redaktionellem Text & Anzeige (Ziffer 7)

- Achtung von Persönlichkeitsrechten, Privatleben und Intimsphäre (Ziffer 8)

- Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt & Brutalität (Ziffer 11)

- Abdruck öffentlicher Rügen (Ziffer 16)

Arbeitsweise

- Sanktionsmöglichkeiten des Presserates

Hinweis

Missbilligung

nicht-öffentliche Rüge

öffentliche Rüge

Ablauf des Beschwerdeverfahrens

Eingang der Beschwerde

Vorprüfung

nicht offensichtlich unbegründet offensichtlich unbegründet

Versuch der Vermittlung zw. den Beteiligten

Vermittlung gelingt Schriftliche Mitteilung

Stellungnahme der betroffenen Redaktion

Beratung und Entscheidung durch die Beschwerdeausschüsse

Begründet (Maßnahme)

Unbegründet

Mitteilung an die Beteiligten

Mitteilung an die Beteiligten

Abdruck im Fall einer öffentlichen Rüge

Page 107: 104 - Grundlagen Journalistik - Machill - gesammelte Werke

- Rundfunk-/Fernsehräte

Richtlinien- & Überwachungskompetenz

Entwicklung von Programmgrundsätzen

Genehmigung von Programmschemata

Kontrolle des gesendeten Programms

Wahl des Intendanten

- Landesmedienanstalten

Zulassung und Kontrolle der privatwirtschaftlichen Rundfunkveranstalter

zwei Organe

- Rundfunkausschuss

- Exekutivorgan (Direktor, Präsident oder Geschäftsführer)

Aspekte der Medienökonomie

Was ist Medienökonomie?

- Die Redaktion ist für kapitalistische „Erwerbsunternehmung“ nichts weiter als lästiger Kostenbestandteil, der gebraucht wird, um die Annoncen vor die Augen von Menschen zu bringen, auf die sie wirken können (...) Bücher, 1915 Karl Bücher, 1915

- Produkte

Information, Unterhaltung, Werbung, Bildung, Service

- Ressourcen

Arbeit: Kreativität, Ideen

Kapital: Investitionsgüter

Zeit: für Konsum und Produktion

Natur

- Meritorische Güter

Meritorik

- Güter mit positiven externen Effekte, deren Produktion und Konsum gesellschaftlich erwünscht ist

Gesundheit

Bildung

Medien (mit vielfältigen Angeboten an staatsbürgerlich relevanten Informationen)

Markt, Wettbewerb, Preis

- Wertschöpfungskette und Kommunikationsmodell

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- Preisbildung als Angebots-/Nachfragefunktion

- Monopolpreisbildung

Der Angebotsmonopolist kann die Absatzmenge und damit die Preisfestsetzung relativ frei gestalten, da er keine Konkurrenten hat

Dabei muss er aber das Verhalten der Verbraucher und eigene Produktionskosten beachten

Monopolpreisbildungen in der Wirtschaft führen zu

- höheren Verbraucherpreisen

- eingeschränkter Versorgung

- Beschäftigungsrückgang

- Monopolgewinnen

- Marktzutrittsbarrieren

- Inhalte-, Rezipienten- und Werbemarkt

- Einzeitungskreise

Pressekonzentration:

- In Deutschland ist die Pressekonzentration weit fortgeschritten. Sie wird in publizistischen Einheiten (Vollredaktionen) gemessen, die auch einen eigenen Mantel herausgeben

- Derzeit gibt es in Deutschland nur noch 135 Vollredaktionen, 1954 waren es in der alten Bundesrepublik noch 225

Einzeitungskreis

- Ein Landkreis, in dem nur eine lokale Tageszeitung (ohne Konkurrenz) erscheint

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- In Deutschland gibt es derzeit 299 Einzeitungskreise

- In 244 Kreisen und kreisfreien Städten konkurrieren zwei oder mehr Zeitungen in der Berichterstattung miteinander

Lokalmonopol

- Die Zeitung ist in einem bestimmten Gebiet (Kreis/Stadt) Alleinanbieter

- Den Lesern steht nur eine Zeitung mit lokalen (örtlichen) Informationen zur Verfügung

- Konzentrationsformen

Horizontale Konzentration:

- Marktanteile innerhalb einer Wertschöpfungsstufe eines einzigen Gutes (z.B. Senderfamilie RTL)

Vertikale Konzentration:

- Marktanteile mehrerer, einander nachgelagerter Wertschöpfungsstufen eines einzigen Gutes (z.B. Produktionsfirmen und Sender der RTLGoup)

Diagonale Konzentration:

- Marktanteile (der gleichen oder einander nachgelagerter Wertschöpfungsstufen) mehrerer verwandter (substitutiver) Güter (z.B. AOLTimeWarner, Bertelsmann AG)

Medienakteure und Journalismusstudien

Fragen der Berufsforschung (Befunde der Journalismus-Synopse 1977)

- Berufsdemographie

Welche sozialen Merkmale haben die Journalistinnen und Journalisten bei den einzelnen Medien, in den einzelnen Ressorts und unter dem Gesichtspunkt des Anstellungsverhältnisses?

gleicher Anteil der über und unter 40jährigen

beruflicher Aufstieg eng an das Alter gebunden

Journalismus als Mittelstandsberuf

Journalismus als Männerberuf, aber mit typischen Frauenressorts

- Berufstypologie

Welche Zusammenhänge gibt es zwischen diesen Merkmalen und den Positionen/ Tätigkeiten der Journalisten?

Berufstypologische Charakteristika

- Berufszufriedenheit

Wie reagieren die Journalisten auf die Bedingungen, unter denen sie arbeiten?

„So wenig man dem mit seinem Beruf und sich zufriedenen Journalisten dieses Glück neiden darf, so deutlich muss man auch aussprechen, dass es sehr oft einen erheblichen Mangel an Selbstkritik voraussetzt. [...] Hier manifestieren sich Glanz und Elend des Journalismus nahe

Zuordnung der Variablen auf die

funktionale (=horizontale) Ebene der Ressorts

hierarchische (=vertikale) Ebene der Ressorts

Geschlecht

Schul- bzw. Hochschulbildung

Tätigkeitsmerkmale

Alter

Einkommen

Tätigkeitsmerkmale

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beieinander. Denn das Defizit an selbstkritischem Vermögen ist eine offensichtlich notwendige Bedingung für den hohen Grad an Berufszufriedenheit, der sich beobachten lässt. [...].“ Roegele, 1981

Hypothesen (Irene Neverla, 1979)

- Journalisten waren in nicht-privatwirtschaftlich organisierten Medien (Rundfunkanstalten, aber auch Nachrichtenagenturen) Mitte der 70er Jahre zufriedener als Journalisten in privatwirtschaftlich organisierten Medien

- Journalisten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk waren zufriedener als Journalisten bei den Printmedien

- Festangestellte Journalisten waren zufriedener als freiberuflich tätige

- Journalisten in höheren Positionen waren zufriedener im Vergleich zu Normalredakteuren

- Journalisten mit höherem Ausbildungsgrad zeigten sich zufriedener im Vergleich zu denen mit niedrigerem Ausbildungsgrad

- Berufsprestige (Max Weber über die Journalisten, 1919)

Wie wird die Arbeit der Journalisten von der Gesellschaft gratifiziert?

Der Journalist [...] gehört zu einer Art von Pariakaste, die in der ‚Gesellschaft’ stets nach ihren ethisch tiefststehenden Repräsentanten sozial eingeschätzt wird. Die seltsamsten Vorstellungen über die Journalisten und ihre Arbeit ist deshalb landläufig. [...] Dass die Verantwortung eine weit größere ist, und das auch das Verantwortungsgefühl jedes ehrenhaften Journalisten im Durchschnitt im mindesten nicht tiefer steht als das des Gelehrten: sondern höher, wie der Krieg gelehrt hat -, wird fast nie gewürdigt, weil naturgemäß gerade die verantwortungslosen journalistischen Leistungen, ihrer oft furchtbaren Wirkung wegen, im Gedächtnis haften. [...]

- Rollenselbstverständnis

Wie beschreiben und wie beurteilen Journalistinnnen und Journalisten ihre Aufgaben als Kommunikatoren?

Drei Berufsrollen von Journalisten

- der Journalist als Kritiker und Kontrolleur politische und gesellschaftlicher Prozesse

- der Journalist als Hüter kultureller und gesellschaftlicher Normen und Werte und Erzieher zu einer gemeinsamen öffentlichen Moral

- der Journalist als Anwalt gesellschaftlich unterpriviligierter und nicht oder nur ungenügend artikulationsfähiger Bevölkerungsgruppen

Drei Kommunikationsabsichten

- neutrale Vermittlung

komplexe Sachverhalte erklären

schnell und präzise informieren

- Orientierungsfunktion

neue Trends aufzeigen

positive Ideale vermitteln

dem Publikum Lebenshilfe bieten

- Kritik und Kontrolle

Politik, Wirtschaft und andere gesellschaftliche Bereiche kontrollieren

Stellungnahmen der Regierung recherchieren

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EXKURS Journalisten in den USA: „The News People“

- Rollenselbstverständnis amerikanischer Journalisten

die Rolle des Interpretierers und Ermittlers („interpreter-investigator“)

die Rolle des Verbreiters von Informationen („disseminator“)

die Rolle des Widersachers („adversary“)

Bedingungen und Kontexte

- aus ökonomischen und technologischen Gründen gibt es eine Konvergenz (zumindest) im Journalismus der Demokratien westlichen Typs. Dies gilt insbesondere für den Journalismus und die Journalisten in der Bundesrepublik und in den USA

- Aussagenentstehung in den Medien ist das Ergebnis eines Prozesses mit hoher Eigenkomplexität

- Die bisherige wissenschaftliche Diskussion über den Journalismus und die Journalisten in der Bundesrepublik wird der Eigenkomplexität des Prozesses der Aussagenentstehung nicht hinreichend gerecht

Frauen im Journalismus

- „Die Situation der Frauen im Journalismus spiegelt in vielerlei Hinsicht den Status der Frauen am Arbeitsplatz insgesamt wider. Zur selben Zeit, da Frauen in größerer Zahl in den Journalismus eingedrungen sind, haben sie auch ihre Repräsentanz in der Arbeitswelt insgesamt erhöht. Darüber hinaus gilt, dass die Ungleichheiten, denen sich die Frauen in Hinblick auf Einkommen und berufliche Förderung ausgesetzt sehen, und dass die Herausforderung, zwischen Familie und Arbeit einen Ausgleich zu finden, nicht spezifisch sind für den Journalismus. Viel von dem, was bei Frauen in den Studien zwischen 1971und 1982/83 als Fortschritt deutlich wurde, war das Ergebnis einer Kombination aus besseren Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und einer Gesetzgebung, die für größere Chancengleichheit sorgte.“ Sue A. Lafky, 1991

- Situation von Frauen in der Redaktion

Journalismus war ein ausgeprägter Männerberuf geblieben, wobei Frauen – trotz höherer Qualifikation – insbesondere der Zugang zu höheren beruflichen Positionen verwehrt war. Offenbar brachen Frauen häufiger als Männer ihre journalistische Kariere ab. (vgl. Weiß, 1977)

Bei Journalistinnen ließen sich Verhaltensunsicherheiten und geringerer beruflicher Ehrgeiz feststellen; traditionelles weibliches Rollenverhalten erwies sich im redaktionellen Alltag als Hindernis. Die Frauen erkannten zwar berufliche Benachteiligungen, waren jedoch zu Gegenstrategien nicht in der Lage. (vgl. von Becker, 1980)

Frauen waren – in Deutschland wie auch in Österreich (vgl. Jentzsch/Schilcher, 1991) – Opfer eines gespaltenen Arbeitsmarktes: auf dem primären – gekennzeichnet durch höheres Einkommen, stabile Karriereverläufe, geringeres Arbeitsplatzrisiko und bevorzugte Aufstiegsmöglichkeiten in höhere Ränge – waren in erster Linie Männer tätig; der sekundäree – gekennzeichnet durch niedrigere Einkommen, geringere Aufstiegschancen und konjunkturelle Instabilität – blieb Frauen vorbehalten (vgl. Neverla, 1983)

Frauen zeigten im Vergleich zu Männern eine größere Ambivalenz gegenüber Macht und beruflichem Aufstieg. Ihre Haltung war im allgemeinen distanzierter gegenüber der Berufstätigkeit insgesamt. Andererseits zeigten sie eine engere Bindung an journalistische Tätigkeiten wie Recherchieren, Produzieren und Gestalten als Männer. (vgl. Neverla/Kanzleiter, 1984)

Berufliche Handlungen von Frauen im Journalismus erweisen sich als „Balanceakt zwischen Angleichung und Abweichung“. (Neverla, 1986)

Unterrepräsentanz von Frauen, hohe Einstiegsinvestitionen, schlechte Ausstiegschancen, geschlechtsspezifische Ressortbesetzung und Mangel an berufspolitischen Gegenstrategien

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charakterisieren auch die Situation von Journalistinnen in der Schweiz, wie zwei empirische Studien zeigten. „Journalistin – ein Traumberuf“ (Baldes, 1984) erwies sich als rhetorisch gestellte Frage. Kennzeichen der Gruppe insgesamt: „Sehr gebildet und ein bisschen diskriminiert“ (Corboud/Schanne, 1987)

Journalistische Berufsausbildung bei Online-Journalisten von Tageszeitungen

- Volontariat (61 Prozent)

- Journalistenschule (4 Prozent)

- Studium der Journalistik/KMW/Publizistik (13 Prozent)

Tätigkeiten der Online-Journalisten von Tageszeitungen

- Online-Journalisten, die folgende Tätigkeiten ausführen (in %) (n=195)

Auswahl von Texten 89,7

Redigieren von Fremdtexten 78,5

Schreiben/Redigieren eigener journalistischer Beiträge 74,4

Technische Bearbeitung von Texten für das Internet und 62,6 Programmierung der Webausgabe

Elektronische Recherche (zum Beispiel Internet, Datenbanken) 55,4

Nichtelektronische Recherche 54,4

Bearbeitung und Beantwortung von e-mails 51,8

Graphik-/Bildbearbeitung, Layout 41,5

Organisatorische/verwaltende Tätigkeit 29,2

Betreuung der Internet-Server, Datenbankpflege, Netzwerkbetreuung 14,9

Marketing 11,8

Endkundenbetreuung/ Hotline-Service 7,2

Vertrieb von Internet-Zugängen 3,6

Medienorganisation

Aufbau der Redaktion

- Die klassischen fünf Hauptressorts seit der ersten Hälfte des 20. Jh.:

Politik

- Innenpolitik

- Außenpolitik

- Meinung

Wirtschaft

Kultur

Sport

Lokales

Definition: Ressorts sind thematisch-inhaltlich oder geographisch-regional abgegrenzte Untereinheiten in einer Redaktion

Grenzziehung der Ressorts in zweifacher Hinsicht

- gegenüber den anderen Ressorts in der Redaktion

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- gegenüber der redaktionsexternen Umwelt

Ressortautonomie

Differenzierung innerhalb dieser thematischen Sektionen wegen

- sozialer Wandel

- Individualisierung

- neue Interessen von Lesern und Werbekunden

Mit flexibleren Ressortstrukturen und Teamarbeit kann eine bessere Reaktionsmöglichkeit auf Ereignisse und damit eine höhere Aktualität erreicht werden!

- Trends heute:

Gliederung des Zeitungsprodukts durch typografische Signale und Farbleitsysteme

Querschnittsthemen über Ressortgrenzen hinweg statt monoperspektivische Berichterstattung

Feuilletonisierung des Politikteils, bzw. vice versa: politischer Feuilleton; Dominanz ökonomischer Diskurse

Arbeitsrollen & Handlungsrollen

- Horizontale Differenzierung

Stellen mit unterschiedlichen Funktionen, um das Unternehmensziel zu erreichen

Arbeitsrollen (Redakteure, Reporter)

- vertikale Differenzierung

unterschiedlich große Macht (=Ressourcenaustattung) und Entscheidungskompetenz

Handlungsrollen (Redakteur, Ressortleiter, CvD)

- Klassisches Einliniensystem vertikaler und horizontaler Differenzierung

- Differenzierung der journalistischen Berufsrollen

Gesamtleitungsrollen

Teilleitungsrollen

Redakteurrollen Reporterrollen

Moderatoren-/Präsentatorenrollen

Chefredakteur

Ressortleiter 2 Ressortleiter 1 Ressortleiter 3

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- Journalistische Berufsrollen in Medienteilsystemen

- Der Chefredakteur

Mit dieser Position sind im wesentlichen Führungs-, Kontroll- und Koordinationsfunktionen verbunden

- Stellvertretende Chefredakteure, oder Chef vom Dienst

Regelung der täglich anfallenden Einzelprobleme

Relais zwischen der Redaktion und anderen Bereichen wie Technik und Anzeigenabteilung

- Ressortleiter

Führungs-, Kontroll- und Koordinationsinstanz innerhalb eines Ressorts

Vorgesetzter der ihm unterstellten Redakteure

Verantwortlicher Redakteur für seinen Fachbereich

- Redaktionsmanager

Koordination des gesamten Materials in den Mantelressorts

ressortübergreifende Themenplanung

Bildung von „Projektteams“

- Die Redaktion als Newsroom: Das Mehrliniensystem

- Problem

Aufstieg außerorganisatorischer Gruppen – und dadurch nicht-journalistischer Orientierungen – bestimmen zunehmend das Verhalten der betreffenden Rolleninhaber

Dysfunktionalität für die Qualität der Medienaussagen „Kommerzialisierung“

Zeitung/Zeitschrift Hörfunk / Fernsehen Nachrichtenagentur

Chefredakteur Chefredakteur Chefredakteur

Ressortleiter Redaktions-/ Programmleiter Chef vom Dienst Dienstleiter

Chef vom Dienst Moderator / Präsentator Redaktionsleiter

Technischer Redakteur/ Producer Reporter / Korrespondent Nachrichtenredakteur

Dokumentationsjournalist Fachredakteur Reporter/Korrespondent

Reporter/ Korrespondent

Fachredakteur

Chefredakteur

Ressortleiter 2 Ressortleiter 1 Ressortleiter 3

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Das Herstellen journalistischer Aussagen – Journalistische Darstellungsformen

Mitteilungsweisen

Erzählen keine journ. DF; Überraschung, Ungewöhnliches, Sensationen

Melden aktuelles Ereignis, Erfahrungswissen, Normabweichungen,

relevante Informationen; korrespondierender Journalismus im

17. Jh. zur Faktenvermittlung

Erklären + Begründen Überzeugung, Argumentation, Meinung

überdenken; Erklären von Zus.hängen; Analyse

von Ursachen, Konsequenzen, Schlussfolgerungen

Journalismusgeschichte

mit dem Aufheben der Zensur entwickelte sich Mitte des 19. Jh. aus korrespondierenden und schriftstellerischen Formen der redaktionelle Journalismus

journ. Texte machen Aussagen über die äußere Realität

Rahmenbedingungen

Demokratisierung

Industrialisierung, Technologisierung

Mobilisierung, Urbanisierung erhöhter Informationsbedarf

Bildungsexpansion, Alphabetisierung

Leserorientierung

Anforderungen

Verständlichkeit Einfachheit, Eindeutigkeit

Informationsvermittlung neutral, objektiv

Dramatisierung + Strukturierung

Unterhaltsamkeit

Prinzipien des Nachrichtenjournalismus

faktizierende Aussagen tatsachenbetont

Top-Down-Prinzip Hierarchisierung

Lead

Standardisierung von Nachrichten Einheitlichkeit der Form

Formbestimmende Dimensionen der DF

Mediensysteme Normenkontext

Medieninstitution Strukturkontext

Medienaussagen Funktionskontext

Medienakteure Rollenkontext

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Schulen und Systematiken der journ. DF

La Roche

DF

informierend

meinungsäußernd

Nachricht, Bericht, Reportage, Feature, Interview, Korrespondenz-/analytischer

Bericht

Kommentar, Glosse, Rezension, Kritik

aktuell, relevant, objektiv, verständlich, faktizierend, wertungsfrei, vollständig

bewerten

Journalismus-Typ Formenstruktur

Klassischer Journalismus

bis ins 19.Jh. Melden-Berichten

Betrachten-Beurteilen

Feuilleton-Formen

Ende 19. Jh. zusätzlich analytische und authentische Formen

Moderner westlicher

(bürgerl.) Journalismus I

Angelsächs. + USA tatsachenbetonte vs. meinungsbetonte DF

Moderner westlicher

(bürgerl.) Journalismus II

In Dtl. La Roche informierende vs. meinungsäußernde DF

Weischenberg Nachrichten- vs. Meinungs- vs. Unterhaltungs-DF

Fischer-Lexikon tatsachenbetonte vs. meinungsbetonte vs. phantasiebetonte DF

Sozialistische Journalistik

UDSSR informatorische vs. analytische vs. künstlerisch-publizistische DF

DDR informatorische vs. analytische vs. bildhaft-konkrete DF

Moderner westlicher

(bürgerl.) Journalismus III

In Dtl. Haller-Leipzig empirische vs. kognitive DF, zusätzlich fließende Übergänge zw. subjektiver und objektiver Form

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Weischenberg

DF

Nachrichten Meinung Unterhaltung

Nachricht, Meldung

Kommentar, Glosse Reportage, Feature

informieren bewerten analysieren

Fischer-Lexikon

DF

tatsachenbetont meinungsbetont phantasiebetont

Nachricht, Reportage, Feature, Interview,

Dokumentation

Kommentar, Glosse, Leitartikel, Kolumne,

Karikatur

Zeitungsroman, Kurzgeschichte, Feuilleton,

Spielfilm

informieren überzeugen unterhalten

Leipziger Schule

DF

informatorisch analytisch bildhaft-konkret

Nachricht, Bericht Kommentar, Glosse, Leitartikel

Feature, Reportage, Feuilleton

informieren einordnen unterhalten

Haller

Dialektischer- Kommentar

Geradeaus -Kommentar

Reportage Bericht

obj

ektiv

subj

ektiv

kognitive Formen

empirische Formen

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Nachrichtenwerttheorie

Journalist = Gatekeeper Sammlung, Prüfung, Selektion, sprachliche Formulierung von Informationen

Wahrnehmnungstheorie

- Nachrichtenfaktoren bestimmen den Wert einer Nachricht

Selektionstheorie

- je stärker Nachrichtenfaktoren ausgeprägt sind, desto höher ist Wert der Nachricht

Additivitätstheorie

- je mehr Nachrichtenfaktoren auf eine Nachricht zutreffen, desto höher ist ihr Wert

Nachrichtenfaktoren

- Zeit (Aktualität)

- Nähe (regional o. kulturell)

- Status

- Dynamik (schnelle Ereignisentwicklung)

- Relevanz

- Konsonanz (themat. Ähnlichkeit)

News Bias

- Bias = Verzerrung, Unausgewogenheit

- Opinion-Leader = Meinungsführer definieren die Relevanz von Ereignissen

- Folgen: Uniformität in der Tendenz der Nachrichtenauswahl und Berichterstattung

Die Nachrichtenpyramide (PF)

Hierarchisierung der Informationen

Lead wer, was, wann, wo; wie, warum

Body Quelle, wichtige Einzelheiten, Zusammenhänge, Hintergründe

Technologische These

Wunsch nach schnellerer und effektiverer Nachrichtenübertragung setzt PF durch

vorher: chronologische Übermittlung von Informationen, Wichtigstes steht am Ende, bei Abbruch der Telegraphenübertragung geht es verloren

deshalb: PF v.a. während des Bürgerkrieges 1865 durchgesetzt

Politologische These

Regierungsbulletins in PF verfasst

objektive Wirkung, Einfluss auf öffentl. Meinung

schlüssiger, kurzer und einfach formulierter Text

Kulturwissenschaftliche These

quantitative Bildungsexpansion, Wechsel des Bildungsideals hin zu effizient, wissenschaftlich und rational Kulturwandel erfordert neue Nachrichten form PF

Ökonomische These

Ökonomie der PF kurz, prägnant Zeit- & Geldersparnis (Übertragung, Kürzbarkeit von hinten, zeitsparendes Lesen)

Page 119: 104 - Grundlagen Journalistik - Machill - gesammelte Werke

Wahrnehmungspsychologische These

PF setzte sich erst um 1895 durch

Journalisten suchten nach einer Nachrichtenform zur Schaffung eines positiven Leseerlebnisses

Vorteile: Ankommen der Information beim Rezipienten, zeitsparendes Lesen, erleichterte Rezeption durch Einfachheit, verbesserte kommunikative Qualität

Fazit

PF hat sich nicht durch äußere Umstände durchgesetzt, sondern weil sie eine kommunikative Qualität für Leser und Journalisten bietet

Sprache als DF

Sprache vermittelt zw. Gesellschaft und Akteur objektiv, unabhängig, professionell

Textstruktur in den Printmedien:

- Design Makrostruktur

- Textaufbau Mesostruktur

- Satzbau Mikrostruktur

Kommunikationsziel vermitteln Komm.hdl. = transaktionale Beziehung zw. Journalist und Rezipient m.H. der Textstruktur

Gliederung des Textes

- symbolisch Inhaltsaspekte

- als Handlung Beziehungsaspekt

Funktion der Struktur Folgerichtigkeit

- chronologisch

- logisch

- assoziierend

- interpretativ

Sachaussagen & Handlungen in einen syntaktischen Zusammenhang stellen

Dysfunktion von Struktur Überzogenheit, ethische Grenzüberschreitung, sprachl. Ausgrenzung, Abschwächung

Tatsachenbetonte DF

Nachricht

aktuelle, regelwidrige und außergewöhnliche Tatsachen, interessant und relevant

Aufbau = Pyramidenform

Bericht

Tatsachenbericht

- Zusammenfassung, Zuordnung und Gewichtung von Fakten

- zentrale Tatsachen am Anfang

- Faktenvermittlung

Handlungsbericht

- Zusammenfassung von Ereignisabläufen

- Endpunkt am Anfang

Page 120: 104 - Grundlagen Journalistik - Machill - gesammelte Werke

- Einzelinformationen folgen

Zitatenbericht

- Kernaussage einer Person am Anfang

- Zusammenfassung weniger wichtiger Informationen + Zitate (Wechsel zw. in- & direkter Rede)

Anfietschern

Anreißen eines Berichtes mit Stilelementen der Reportage lebendig + attraktiv

anschließend Übergang in die sachliche Nachrichtensprache

Verfietschern

Gestaltung eines ganzen Textes in Feature-Form

Feature

Umsetzung von Sachverhalten durch Einbezug der Handelnden

anschaulich, exemplarisch

sowohl zur Befriedigung des Human-Interest, als auch zur Generalisierung

Thema-Feature Analyse sozialer Tatsachen

Porträt-Feature Besonderheit einer Person/eines Ortes

Begleit-Feature Ergänzung zur aktuellen Berichterstattung

Nachrichten-Feature aktuelle Informationen in freier Form

Reportage

Schilderung erlebter o. erfahrener Ereignisse als Beobachter o. Teilnehmer

Authentizität, Distanz überwinden

interner Wechsel Perspektive; Einzelfall vs. Allgemeines; Aktualität; Tempi; Erlebnisbericht vs. Stimmungsbild vs. Zitate vs. Dokumentation

interessanter Aspekt am Anfang nicht chronologisch!

Meinungsbetonte DF

Kommentar

Aufbau (der Rhetorik angelehnt)

- Kontaktaufnahme mit dem Publikum m.H. einer These (provokant)

- Darstellung der Lage (narratio)

- Folgerungen daraus (argumentatio)

- Widerlegung gegnerischer Argumente (rifutatio)

- Schlussfolgerung (conclusio) Ausblick, Prognose, Aufforderung

Perspektive auf nachrichtliches Geschehen Notwendigkeit von objektivem Wissen zum Sachverhalt

Vermeidung von Geradeaus-Kommentaren viel zu einseitig, subjektiv und unnachrichtlich

Polemischer Kommentar

- Anklage-Verteidigungs-Rede ähnlich

- Autor kämpft für seinen Standpunkt; sammelt alle Argumente, die seine These stützen

Page 121: 104 - Grundlagen Journalistik - Machill - gesammelte Werke

- Öffentlichkeit gut informiert; klar definierte Lager; kontroverse Diskussion (beide Parteien verglichen)

Vergleichender Kommentar

- liefert Kritik; wirkt durch scheinbare Beweisführung überzeugend

- keine klaren Lager; Leser kann Sachverhalt schlecht einschätzen

- Versuch Umdenken/Reaktion beim Rezipienten zu bewirken

- leicht autoritäre Form (Schüler-Lehrer-Beziehung zw. Journalist und Rezipient)

Analytischer Kommentar

- These stellt Prognose dar; These=Beweis & Schlussfolgerung; Begründung mit logischen Tatsachen

- Prognose stützen; Sachzwänge als unvermeidbar darstellen

- Vernunft des Lesers ansprechen; ihn zum Partner machen

Konstruktiver Kommentar

- Autor warnt o. erteilt einen Rat aus der Leuchtturmperspektive

- Vorwarnung, bevor etwas vermeintlich schlechtes passiert

- Entspricht der Ermahnungsrede

Windelweicher Kommentar & Ratloser Kommentar

- These fehlt; Fragen werden gestellt, aber nicht beantwortet; viele Konjunktive u. Floskeln; keine schlüssige Conclusio

Geradeaus Kommentar

- argumentiert nicht; Emotionalisierung appeliert an die Gefühle

- legt Wert auf Urteil, aber weniger auf Erklärung u. Erläuterung, wägt nicht ab; ist sehr subjektiv, scharf u.unsächlich

Diskursiv-Ausschließender Kommentar

- Einleitung (kann entfallen)

- Argumente u. Hypothesen für ein erkenntnisschwieriges Phänomen

- Nennung u. Widerlegung der Argumente

Sonderformen

- Leitartikel analytische Argumentation zu grundsätzlichen Themen,

Aktualität

- Editorial Hilfe zur Einordung der Beiträge einer Zeitschrift

(Relevanz), oft mit persönl. Note (Bild, Gruß)

- Pro & Contra zwei o. mehr Autoren kommentieren ein Thema –

Thesen widersprechen einander; polemischer K. –

keine Beachtung der gegnerischen Argumentation

Glosse

Aufbau

- Erhalt der Nachricht/des außergewöhnlichen Ereignisses

- emotionale Reaktion

- Verfassen einer These (krit. Kern)

- Ideensammlung, Recherche

- Verwerfen des Kommentars als DF

Page 122: 104 - Grundlagen Journalistik - Machill - gesammelte Werke

- freie Assoziation

- Techniken der Komik (stilist. Mittel wie Ironie etc.)

- Wahl des Rollenspiels

- Aufbau einer Textstruktur, Festlegen der Pointe

- sprachliche Ausgestaltung

spöttisch, ironisch, grotesk-makabrer & sarkastischer Inhalt in distanzierter, verletzender u. zerstörender Absicht

Ausgangspunkt: emotionaler Reiz (Nachricht) o. Ereignis mit komischem Kern

vertritt These indirekt durch Stilmittel der Komik

folgt strukturellen Mustern des Kommentars: polemisch, vergleichend, analytisch o. konstruktiv

dramaturgische Varianten

- Pointen-Daramaturgie

- Paukenschlag-Dramaturgie

- Assoziations-Dramaturgie

juristischer Aspekt

- Unterscheidung zw. satirischer Einkleidung und Aussagekern

- satirische Einkleidung unterliegt keiner Beschränkung, da Freihet der Kunst

- Aussagekern=Meinungsäußerung im allgemeinen Interesse, durch Meinungsfreihet geschützt, solange sie keine Schmähkritik darstellt, d.h. die Sache und nicht die Person trifft

DF in den Printmedien

Nachrichten

berichtende Formen

faktische Aussagen, aktuelles Geschehen

Sachzusammenhang

Zitate

Informationsjournalismus Überprüfbarkeit, Intersubjektivität

Meldung, Bericht

Thematisieren

Handlungs- o. Strukturzus.hänge mit ihren Akteuren

Orientierung, Aufklärung analytischer Zus.hang

Recherche, Feuilleton, Befragung, Interview

Erzählen

Perspektive des Beobachters o. Akteurs

Teilhaben Authentizität durch Subjektivität

„gefietscherter Bericht“, Feature, Reportage, Porträt

Analysieren

Strukturprobleme in Sinnzusammenhang stellen, ggf. beurteilen + bewerten

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Hintergrundbericht, Essay, Report, Kommentar, Kritik

Überhöhung

Realitätssteigerung attributives Ausschmücken von Ereignissen

Provokation, fiktiver Kontext

Boulevardstory, Glosse, Lokalspitze, Kolumnen

Visualisierung

bildhafte Darstellung von Situationen o. Personen

dokumentierend, symbolisch, interpretierend

Bildfeature, Pars-Pro-Toto-Bild, Porträt-Bild, Bildnachricht, Bildreportage, Karikatur, Info-/Grafiken, Zeichnungen

Phantasieren ?

Literarisches (keine journ. DF; Roman, Feuilleton, Kurzgeschichte, Essay)

„New Journalism“ (fiktional, auktorial, zeitgeistig)

DF im Rundfunkjournalismus

Wortnachricht

verlesene Nachricht

optisch unterstützt mit Fotos, Grafiken und Animationen

Nachricht im Film

Bilder mit dazu gesprochenem Filmtext

Kern der Information textl. + bildl. am Anfang

Reportagenbericht

Recherche des Reporters vor Ort Lieferung von Zusammenhängen und Hintergründen

Feature

Allgemeines am Beispiel zeigen

häufig im Privatbereich

Live-Berichterstattung

Authentizität, Aktualität

Live-Aufsager, Live-Nachfrage, Live-Reportage

Reportage

subjektive Beobachtung; Atmosphäre

Live-Reportage, gestaltete Reportage

wichtiges Instrument ist der O-Ton

Dokumentation

Aufarbeitung von Vergangenem

distanzierte Beobachtung – authentische Präsentation

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Interview

aktiver Journalist, der hinter-/fragt und argumentiert (Vorbereitung!)

deskriptives Interview, kontroverses Interview, Interview zur Person

Statement

kurze Stellungnahme einer Persönlichkeit zu aktuellem Thema (Meinung)

passiver Journalist

Kommentar

Interpretation + Bewertung aktueller Ereignisse

provokant, meist politisch-moralisch

Glosse

emotionaler Reiz des Themas (ähnlich Kommentar)

Komik, audiovisuelle Mittel

Darstellungsmittel des Rundfunkjournalismus

Authentizität, Miterleben

bewegtes Bild

Ton

- ergänzt und verstärkt o. schwächt das Bild

- gesprochener Filmtext, Original-/O-Ton, Atmosphäre, Musik

Text/Sprache

- Informationsträger, der die Bildinformation ergänzt

Wandel der DF im Rundfunkjournalismus

Tagesschau-Stil:

- nüchtern, kühl, ohne Schnörkel, ohne Glanz, präzise, aber auch steif

mit Aufkommen der privaten Sender Wandel der Nachrichtenpräsentation

- konsequente Personalisierung persönliche Ausstrahlung des Journalisten, der zw. Programm & Publikum aktiv vermittelt

- plakative Sprache, anschauliche Filme

- großzügiges Studio

- Softnews-Themen meist Boulevardcharakter (Privatsender)

- Infotainment Verschmelzung von Information & Entertainment

Trend seit Mitte der 90er

- Nachrichten-Spartenkanäle 24 Std. Nachrichtensendung (wirtschaftlicher, politischer, inter- o. nationaler Fokus)

Manipulation von Fernsehbildern

Fernsehbilder suggerieren unmittelbare Authentizität, können aber auch inszenierte Realität abbilden

auf jeder Stufe der Produktion (Recherche, Dreh, Sichten, Schnitt, Texten, Vertonen) könnten Mitarbeiter einen Beitrag manipulieren

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PR-Abteilungen geben sog. Footage (von Unternehmen oder Behörden selbst produziertes Bild- und O-Ton-Material) kostenlos an Journalisten

Fernsehjournalist muss stets Bilder und Ton kritisch auf Authentizität verantwortlich überprüfen

Trends innovativer Fersehnachrichten

Nachrichtenmagazine

- seit 1978 „Heute Journal“ Tagesthemen

- N.m. jedoch doppelt so lang

- 01.06.1980 CNN geht in den USA auf Sendung erster reiner Nachrichtensender der Welt (anfangs niedrige Zuschauerzahlen - durch neue Übertragungstechniken – Satellit – weltweit möglich)

- Vorteile von 24 Std. Nachrichtensendern

„breaking news“ – Programm ist für wichtige Ereignisse sofort unterbrechbar

hohe Frequenz verspricht hohe Aktualität der Beiträge

Entwicklung von Ereignissen im Tagesverlauf sind nachvollziehbar

- Nachteile

hohe Frequenz Zeitdruck (z.B. ad-hoc-Moderation)

fehlende Nachrichtenlage führt zu Wiederholung bekannten Materials Überbetonung unwichtiger Ereignisse

Eyewitness-News

- Trend aus US-Ballungsgebieten

- „Nachrichtenhubschrauber“ aktuelle Ereignisse werden live übertragen

- Problem: Instrumentalisierung von Eyewitness-News (z.B. World-Trade-Center)

Nachrichtenverbesserung

- visuell Gesamterscheinungsbild des Moderators; Präsentation Charts, Grafiken, Animation

- technisch digital, content-management-systems

- Beitragsebene Informationstiefe, verfügbare Bilder, Text-Bild-Verhältnis

- thematisch neuer Nachrichtenwert-Ansatz

Moderation

- „Anchor“ vs. „Sprecher“ vs. „Redakteure“

- „dropping“ Moderatur wird zum Schauplatz des Geschehens gebracht (live)

- virtuelle Moderatoren

Präsentation Grafiken, Laufbänder, Infocharts, Animationen

Technik Digitalisierung schafft neue Einsatzmöglichkeiten

Trends

- Lokalisierung der Themen

- spezialisierte News (z.B. reine Wirtschaftsnachrichten)

- Cross Media stärkere Interneteinbindung

- mehr Zeit für die Berichterstattung

- visuelle Aufbereitung von Themen

- Live-Berichte/-Schaltungen

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Das Radiofeature

anfangs in der amerik. Presse „Feature Story“ Mischung aus Nachricht + persönliche Mitteilung

England BBC – Feature v.a. zur Kriegsberichterstattung

60er Jahre – Feature zur Allerweltsform verkommen

journ.-künstl. Sendeform, die mit allen akustisch verfügbaren Mitteln Wirklichkeitsbilder schafft Veranschaulichung des Abstrakten

Mischung aus O-Ton, Atmosphäre, Musik und Text

Raum & Zeit naturgetreue Vermittlung, Raumhall als Schauplatz; zeitlos

Akustische Gestaltungsmittel

Musik begleitend, gliedernd, leitmotivisch, hintergründig, handelnd

Geräusche gliedernd, leitmotivisch, illustrierend, handelnd

O-Töne sprachliche Aussage, Konserve akust. Geschehens

Stille Zeit zum Nachdenken

Sprache

- Redundanz (Wiederholung)

- additiv

- Sprecherrollen Erzähler, anonyme Stimme, Person mit und ohne Eigennamen

Montagemittel

Szenenwechsel

Blenden

Schnitte

akustischer Vorhang (Überdeckung)

Akzente

Klangbrücken (fließend)

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19. Dezember 2007 Arnold, Bernd-Peter, ABC des Hörfunks, S. 232 ff Feature:

- Das Feature gehört zu den beliebtesten Sendeformen des dt. Rundfunks. - Das Feature bewegt sich zwischen Journalistischem und Dichterischem, zwischen Mitteilung

und Hörspiel. - Begriff stammt aus dem angelsächsischen Sprachgebrauch und bedeutet „herausstellen“ - Nach 1945 kam dieses Wort nach Deutschland und wurde seit dem ein fester Bestandteil bei

Radio und Fernsehen - Unterschied zu Hörspiel: Der Stoff ist nie erdichtet und hat immer eine dokumentarische

Echtheit - Drei Grundformen im Radio arbeiteten mit Feature: Nachricht, Bericht, Kommentar - Gutes Feature immer eine Gemeinschaftsarbeit von Autor, Redakteur und Produzent

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14. November 2007 Brosda, Carsten, Schicha, Christian, Medienethik im Spannungsfeld zwischen Ideal- und Praxisnormen – Eine Einführung

1. Grundlagen - Moralische Ansprüche mit Anforderungen verknüpft, eigene Neigung oder spontane

Handlungswünsche mit Rücksicht auf Interessen andere zu begrenzen - Eine gottgegebene Moral ist aus philosophischer Perspektive abzulehnen

2. Zur Diskrepanz zwischen Ideal- und Praxisnormen

- Angewandte Ethik eine Disziplin, die sich bei moralischen Entscheidungsproblemen mit Normen, Werten und Grundorientierung der Menschen auseinandersetzt

- Beziehung zwischen idealen Normen und Praxisnormen stellen ein zentrales Spannungsfeld dar

- These: Unter Beibehaltung der universalpragmatischen Grundeinsichten, hätte die Ethik im technischen Zeitalter einen stärkeren pragmatischen Gehalt zu liefern, um einen relevanten Praxisbezug zu liefern.

- Idealebene: In der Idealebene werden innerhalb der Ethik universale Regeln aufgestellt, die eine grundlegende Orientierung bei moralisch relevanten Entscheidungen liefern sollen.

- Praxisebene: Normen sind verallgemeinerte Vorstellungen von Anleitungen, die sich im konkreten von bestimmten Interessen abgeleiteten Handelns konstituieren – sie unterliegen historischen Veränderungen.

3. Verschiedene Ebenen - Ideale Ebene: Normativ strittige Fragen aus einer Erzengelperspektive und ohne Rücksicht

auf strukturelle Einschränkungen diskutiert werden. - Ebene der sozio-kulturellen und politischen Rahmenbedingungen: Faktische Verhältnisse,

unter denen Individuen agieren spielen eine zentrale Rolle. - Ebene der Interessen: Unterschiedliche Präferenzen der Akteure. - Ebene der menschlichen Unvollkommenheit: Schwächen der menschlichen Akteure. - Um sich an idealtypische Forderungen zu halten sind Journalisten in best. Fällen

verpflichtet Informationen nicht zu veröffentlichen, sofern sie den Betroffenen oder Unbeteiligte damit schaden

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5. Dezember 2007 Haller, Michael, Reportage, S. 72 – 110

1. Soll man subjektive Darstellungsformen überhaupt definieren? - Gerade bei unerfahrenen Journalisten übt ins Blaue Erzählen eine große Faszination aus

können sich mit einbringen - Unumstritten: Journalismus muss vermittelnd auf Geschehen und Ereignis bezogen

werden - Moderne Reportage doppelte Funktion: Reisebericht (Erlebnis) und Augenzeugenbericht

(Ereignis) - Verfeaturen heißt einen Text als Feature zu gestalten - Anfeaturen heißt einen Text über ein zumeist aktuelles Thema mit Stilelementen des

Features aufzulockern

2. Zwischen objektiv und subjektiv - Objektive und subjektive Sachverhaltsdarstellungen sind in fast allen journalistischen

Texten gemischt. Lediglich die Meldung Nachrichtenteil ist frei von einer Meinung. - Moderne Reportage sollte im Printjournalismus eine Ergänzung oder Erweiterung der

nachrichtlichen Berichte sein und der Journalist sollte bestrebt sein, hinter die Fassade zu blicken.

- In der praktischen Handhabung ist die moderne Reportage nicht auf einen Darstellungstyp festzulegen.

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28. November 2007 Haller, Michael, Reportage, S. 79 – 82

1. Wie setzt der Reporter sein Thema um? - Reporter soll auf folgende Fragen Antworten finden: a.) Welche Einheit meines Mediums

muss ich berücksichtigen? b.) Wo finde ich den Aspekt des Themas, der am ehesten der Darstellungsform entspricht? c.) Wie vermittle ich gesellschaftliche Vorgänge, wie Werte und Einstellungen? d.) Welches Publikum spreche ich am ehesten an?

- Öffentliche Kommunikation als gesellschaftlicher Verständigungsprozess Darstellungsform als Brückenschlag zwischen Thema und Medium.

- Journalist muss sich Material beschaffen und dies sprachlich umsetzten - Voraussetzungen: a.) Medien, die subjektive Journalisten zulassen b.) Themen, zu denen

eine Reportage passen c.) Autoren, die sich mit Erlebnissen auseinander setzen und authentisch schildern können d.) Ein Publikum, welches sich mit langen Texten auseinandersetzt

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16. Januar 2008 Jarren, Otfried, Institutionelle Rahmenbedingungen und Organisationen der öffentlichen Kommunikation

1. Medienforschung als Organisation- und Strukturanalyse - Drei relevante Fragestellungen für Medienforschung: a.) die Wirkung der Existenz von

Medien b.) die Wirkung einer bestimmten Eigentums- und Organisationsformen der Massenmedien c.) die Wirkung, der von den Medien verbreiteten Inhalten

- Medienleistungen und bestimmte Programmleistungen sind von Systemebenen, von der rechtlichen Verfasstheit der Medien, der ökonomischen Ausrichtung von Medienunternehmen und von redaktionellen Organisationsformen abhängig

2. Medien als Organisation

- Medien nicht nur als technische Mittel oder Mittler verstanden. Medienbegriff ist nicht zu trennen von technischen und sozialen Bedingungen und somit von Organisationsformen

- Organisationen sind relativ stabile soziale Gebilde, die für bestimmte Zwecke und auf relative Dauer etabliert werden. Organisationen haben folgenden Merkmale: bewusst, planvoll und dauerhaft an der Erreichung bestimmter Ziele ausgerichtet

- Drei unterschiedliche Organisationstypen: a.) Betreibe bezw. Unternehmen b.) Verbände und gesellschaftliche Akteure c.) staatliche Akteure

3. Organisation von Medienunternehmen und Redaktionen – Ausgewählte Befunde

- Linienorganisation: Üblich bei einer Tageszeitung. Jede Stelle oder jedes Ressort hat einen direkten Vorgesetzen. Ressortleiter stehen dem Ressort und den zugewiesenen Journalisten als Vorgesetzter vor.

- Funktionale Organisation: Diese Form bei z.B. Fachzeitschriften. Dort müssen verantwortliche Ressortleiter auf unterschiedliche Fachkompetenzen zurück greifen.

4. Anwendungsfelder und zukünftige Aufgaben - Organisationsoptimierung: Effizienz und Effektivität - Medien- und Qualitätsmanagement: Zielerreichung - Regulierung: staatliche Regulierung und Selbstregulierung

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9. Januar 2008 Kamps, Klaus, Meckel, Miriam, Fernsehnachrichten, Ausschnitte aus dem Buch

1. Fernsehnachrichten: Entwicklungen in Forschung und Praxis - Ursprünge von Fernsehnachrichten sind die Wochenschauen, die im Verleihsatz über

internationales Rollfilmmaterial dem Kinopublikum eine „Welt im Film“ darbot - In den 50er Jahren wurden in GB und den USA versch. Informationsformate erprobt - Die erste Nachrichtensendung des westdeutschen Fernsehens bot die Tagesschau am 20.

Dezember 1952 an - Internet erlaubt es dem Nachrichtenjournalismus neue Informationen schnell zu verbreiten - Informationsgesellschaft eine Kommunikationsgesellschaft? - Fernsehnachrichten wurden zu einem „Politikum“ - Sendungen sollten: 1. Nachrichten verbreiten heißt Tatsachen melden 2. Schnell und

zuverlässig sein; im Zweifelsfall hat die Zuverlässigkeit Vorrang 3. Verantwortung trage, für das, was veröffentlich wird und für das, was nicht veröffentlicht wird 4. Nachrichten melden, die Sensationen sind 5. Nicht indoktrinieren, sondern informieren

- Fernsehnachrichten besitzen eigene Ausdrucks – und Aussagemöglichkeit

2. Nachrichtenwerttheorie und ihre Anwendung auf das Fernsehen - Verschiedene Untersuchungen, mit versch. Ansatz kommen auch auf unterschiedliche

Ergebnisse die Unterschiede lassen keine systematischen, regelhaften und erklärbaren Besonderheiten des Fernsehens erkennen

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7. November 2007 Keppelinger, Hans Mathias. Der Ereignisbegriff in der Politikwissenschaft

1. Fragestellung - Zwei versch. Ansichten: a. Die Realitätsdarstellung der Massenmedien wird als Abbild

eines Ausschnittes der Realität betrachtet. b. Massenmedien als Konstrukt, dass die vorrangige Arbeitsbedingung der Medien spiegelt.

- Vorliegender Text: Konzepte vorgestellt, in denen das Verhältnis zwischen aktuellem Geschehen und medialen Berichtserstattung empirisch analysiert wird

2. Objekte der Berichterstattung

- Medien berichten über: Menschen, Tiere, Naturerscheinungen, Kunst ect., wenn etwas zum Ereignis wurde

- Im Aufsatz drei Objekte der Berichterstattung: Ereignissen, Stellungnahme und Themen - Beobachter erster, zweiter und dritter Ordnung wichtig hoher Nachrichtenwert

3. Publizistische Funktion von Ereignissen

- Alle Ereignisse sind Teile von Ereignisnetzen, Ereignisse, die Aufmerksamkeit der Medien erregen: Auslöseereignisse (zwei Ebenen: Ebene der Darstellung und Ebene der Dargestellten)

- Folgeereignisse: Geschehnisse die direkt durch Auslöseereignisse verursacht werden - Massenmedien können theoretisch nur über Auslöseereignisse berichten (punktuell) oder

Folgeereignisse melden (Ereigniskette) - Berichterstattung in Medien folgt einer Routine - Schlüsselereignisse sind Geschehnisse, die zum Gegenstand außergewöhnlicher

Berichterstattung werden

4. Journalistische Verarbeitung von Geschehnissen - Einzelfallberichterstattung oder allg. Problematik - Grundlage sind Ereignisse

5. Zum Verhältnis von publizistischer Funktion und journalistischer Verarbeitung

- Theoretisch von einander abhängig (S. 125 Schaubild 2, zeigt das Zusammenspiel von publizistischen Funktionen und Ereignisse und ihre journalistische Verarbeitung in einer 6-Felder-Typologie) hoffe ihr verzeiht, wenn ich das nicht abzeichne.. ☺ liebs grüßle und weiter geht’s im ach so spannenden Text, die Sarah p.s. dieser Satz ist nicht Klausurrelevant…

- 6. Ursachen und Ereignisse

- Entstehung und Verlauf eines Ereignisses wird vom Mensch beeinflusst - Versch. Ereignisse: genuine (unabhängig von Medienberichterstattung), mediatisierte

(wären auch ohne Berichterstattung geschehen), inszenierte (werden zum Zweck der Berichterstattung herbei geführt)

- Es folgt eine Studie über die Berichterstattung von Deutschland ab S. 128. Ich fands nicht relevant

7. Zusammenfassung und Folgerung

- Drei Feststellung: - 1. Ursachen der Ereignisse, die zum Anlass und Gegenstand der Berichterstattung wurden

ändern sich im Lauf der Jahre. - 2. Trotz einer vermuteten Zunahme an mediatisierter und inszenierter Berichterstattung

ging die Zahl der Berichte in den 80er Jahren wieder zurück. Jedoch deutlich höher als in den 50er und 60er Jahren.

- 3. Tiefenschärfe der Deutschlandberichterstattung der Qualitätszeitungen nahm im Laufe der Jahrzehnte zu

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Kepplinger (1989). Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität. Seite 3-16

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1. Traditionen Nachrichtenwert-Forschung: Walter Lippmann (1922) Gatekeeper-Studien: David Manning White (1950) News-Bias: Malcolm W. Klein / Nathan Maccobby (1954)

2. Erklärungsmodelle Akteursorientierter Ansatz: Nachrichtengebung wird auf das Handeln von versch. Personen, Organisationen und Institutionen zurückgeführt Variablenorientierter Ansatz: Nachrichtengebung wird durch Faktoren erklärt, die den Charakter theoretischer Konstrukte besitzen Akteursorientierter Ansatz 6 Einflussquellen auf Nachrichtenauswahl:

- Journalisten, die die Nachricht auswählen - Eigentümer und Manager von Kommunikationsunternehmen (selbst keine

Journalisten) - Anzeigenkunden, die Einfluss auf den redaktionellen Teil der Berichterstattung haben - Politische Machtgruppen, die Einfluss über Eigentümer und Manager haben - Wirtschaftliche Machtgruppen, die nicht durch Vergabe oder Verweigerung von

Anzeigenaufträgen einwirken - Öffentlichkeit im Verbreitungsgebiet, deren Wertvorstellung die Berichterstattung

(Themenwahl, Tendenzen) beeinflussen können Variablenorientierter Ansatz 9 Einflussquellen:

- Eigenschaften von Ereignissen, über die Nachrichten informieren, bzw. objektive Relationen zwischen Ereignissen und Publikationsorganen

- Zuschreibungen zu Ereignissen, über die Nachrichten informieren (Nähe zw. Ereignis und Berichtregion, …)

- Eigenschaften von Nachrichten - Zuschreibungen von Eigenschaften zu Nachrichten (Verständlichkeit, Prägnanz) - Werte und Ziele von Journalisten - Formelle Verhaltenserwartungen an Journalisten (Presserecht, Pressekodex) - Informelle Verhaltenserwartungen an Journalisten (z.B. von Kollegen, Familie) - Formelle Weisungen an Journalisten (Richtlinienkompetenz von Verleger usw.) - Organisatorische Zwänge (z.B. Zeit- und Platzmangel)

3. Realitätsmodelle Journalisten in der Rolle von Mediatoren zwischen Ereignis und Rezipienten, deren Aufgabe die sachgerechte Selektion ist (was ist berichterstattungswürdig und was nicht) reines Selektionsmodell.

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Kepplinger (1989). Theorien der Nachrichtenauswahl als Theorien der Realität. Seite 3-16

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Die Kausalbeziehung (Zweck der Berichterstattung) zwischen Ereignis – Berichterstattung wird von der Finalbeziehung erwartete Berichterstattung – Pseudo-Ereignis überlagert. Instrumentelle Inszenierung = zweckgerichtete Schaffung von Ereignissen Journalistische Selektionsentscheidungen setzen Intentionalität voraus

Intentionen, die auf den Zweck der Berichterstattung selbst zielen Intentionen, die auf Zwecke jenseits der Berichterstattung zielen

Beide Intentionen können die Nachrichtenauswahl beeinflussen instrumenteller Aktualisierung (= zweckgerichtete Nutzung von bereits geschehenen Ereignissen) In den vorher genannten Modellen wird unterschieden: genuine, inszenierte und mediatisierte Ereignisse

- Genuine E.: Erdbeben, Unfälle, natürliche Todesfälle - Inszenierte E.: geschaffen nur für die Berichterstattung (Pseudo-Ereignisse), z.B.

Pressekonferenzen - Mediatisierte E.: Vorfälle, die aufgrund der Berichterstattung bestimmten Charakter

haben, aber auch ohne sie stattgefunden hätten, z.B. Olympiaden, Dichterlesungen ABER: In der Realität stoßen genuine, inszenierte und mediatisierte Ereignisse aufeinander. Publikationsfolgen werden oft auch zu Publikationen Integriertes Modell

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Mittwoch, den 24. Oktober 2007 Körber, Esther-Beate, Stöber Rudolf, Geschichte des journalistischen Berufs

1. Vom Zeitunger zum Publizisten - Frühen Neuzeit (1450-1800) galt öffentliche Kommunikation als Nebengewerbe - Ersten Zeitungen von Kaufleuten, niederes Ansehen von Zeitungen, allerdings immer

Angabe von: Ort und Datum einer Meldung, sachliche - Publizisten in der Frühen Neuzeit gaben Meinungen und Argumente wieder

angesehene Leute, wie Juristen, Politiker oder Theologen - Regeln für Flugblätter

2. Der Verlegerpublizist des 18. und 19. Jahrhunderts

- Frühen 18. Jh.: Publizist sein Publikum auf unterhaltsame Weise über Leben und

Gesellschaft belehren, finanziell unabhängig und keiner Partei dienen traf nicht auf viele Journalisten zu

- Im Zeitalter der Aufklärung war Erziehungsaufgabe sehr wichtig - Für die neue Art der kritischen Journalismus keine feste Regeln - Journalist nicht nur Richtigkeit einer Tatsache, sondern auch mit seiner Gesinnung zur

Partei der Zeitung stehen

3. Journalisten und Verleger seit dem Ende des 19. Jahrhunderts - Journalismus als Durchgangstation zu anderen akademischen Berufen - Viele Privatdozenten und Doktoren schrieben nebenher für Zeitungen - Große Bedeutung war die Entwicklung der Massenpresse gegen Ende des 19.

Jahrhunderts größere Redaktionen und damit die Entwicklung einer journalistischen Profession

- Erste „Deutsche Journalistentag“ 1864 in Eisenach - 1895 Gründung des Verbands deutscher Schriftsteller und Journalisten in Heidelberg - 1910 Gründung: Reichverband der deutschen Presse (RDP) - Danach: Immer verbesserte Umstände für Journalisten, was Urlaub, Gehalt, Kündigung

ect. Betrifft - Ausnahme: Während der NS-Diktatur

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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1. Umfrage - Umfragen sind nicht repräsentativ nur eine Zufallsauswahl und nicht die Meinung

„aller“ - Vermitteln Eindruck, welche unterschiedlichen Meinungen es zu einem Thema gibt - Ungeschminkt und in Alltagssprache - Wirken authentisch (Dialekt/Alltagserfahrungen) - Zeigen auf, dass das Programm die Bürger (somit Hörer) ernst nimmt - Haben oft auch Unterhaltungswert

Wahl des Umfrage-Themas

- Thema muss allgemein bekannt sein - Sollte emotional berühren, kein reines Kopf-Thema - Muss einfach und leicht verständlich sein

Fragen und Antworten

- Kurze und einfach gestellte Fragen Überraschungsfaktor! - Keine Suggestiv- oder sich selbst beantwortende Fragen stellen - Antworten: zusammenhängende Sätze, nie „ja“, „nein“ - Beim Zuhören die Antwort analysieren (und evtl. noch einmal nachfragen) - Abwechslung bei Befragten: Frau, Mann, Alt, Jung, … - Pärchen eignen sich eher nicht zum Befragen antworten oft als Team (schwer zu

schneiden) - 12-15 Befragte ist Minimum bei einer Sende-Länge von 50 Sekunden

Kriterien für den richtigen Ort für Umfragen

- Zielgruppe (Studenten Campus) - Genehmigung (Bahnhof, Kaufhäuser, Krankenhäuser, …) - Technik (Hintergrundgeräusche stören, können nach dem Schnitt unschön wechseln)

Regeln fürs Schneiden einer Umfrage

- Pro und Contra direkt hintereinander hängen - Nie manipulieren - Auch zwischendurch eine lockere Antwort - Einstieg und Schluss müssen knackig sein - Hörer soll gelegentlich auch an die Eingangsfrage erinnert werden

2. Aufsager kurze Berichte ohne Einspielungen (vor allem in O-Ton-Nachrichten)

- nachrichtliche Darstellungsform, werden von Journalisten geschrieben und selbst gesprochen

- längere Meldung mit Hintergrundinfo angereichert, keine kommentierende Elemente - Länge: meist nicht länger als eine Minute - Quelle: Korrespondenten bzw., Reporter vor Ort, Redaktion (redaktioneller O-Ton) - Aufsager können die Glaubwürdigkeit und Kompetenz der Nachricht erhöhen - Nachricht „bekommt Leben“ kurze Schilderungen, Einordnen und bewerten (aber

nicht die eigene Meinung wiedergeben), Stimmungsbild zeichnen (Ideal für Redaktionsaufsager)

- Überlegt eingesetzte Redaktions-/Expertenaufsager bereichern die Nachricht Glaubwürdigkeit des Senders wird gesteigert, „newskompetent“

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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3. O-Ton, Atmo und Geräusche O-Ton (Original-Ton):

- spezielle eingeholte Statements - ohne Aufforderung des Journalisten gesprochene Wort-Passagen, „belauschtes Leben“ - Ausschnitte aus Interviews, Reden und Pressekonferenzen - Wort-Passagen aus Archivmaterial - O-Töne (bei guter Vorbereitung) als Statements schnell und gezielt einholen, ODER:

im Interview einholen - Empfehlenswert bei: emotionale Äußerungen, Reaktionen auf überraschende Themen

und Statements von im Umgang mit dem Radio unerfahrene Partner - Fragen werden nicht gebraucht, außer man braucht sie noch für die Einordnung beim

Schneiden - O-Töne mit Leben füllen: entweder direkt (Achtung beim Schneiden: ungleichmäßig,

Pausen), oder als Atmo - Wenn Antwort unpassend ist, ruhig wiederholen lassen; Satzanfang evtl. vorgeben - Eigene Reaktionen wie „hm“ „aha“ im Griff haben - Telefon-O-Töne sind für die aktuelle Berichterstattung hilfreich, aber nicht von allen

Redaktionen gestattet

Atmo (Atmosphäre): - Allgemeine Umweltgeräusche eines Ortes (im Hallenbad: Gelächter,

Wassergeplätscher) - Transportiert eine Aussage und malt ein Bild im Kopf - Unterstützt eine Textpassage/Aussage eines O-Tons, oder fungiert als eine nonverbale

akustische Information - Atmo und O-Töne mit Atmo werden vor allem bei Mini-Features, Features, O-Ton-

Collagen und Dokumentationen verwendet, weniger bei nachrichtlichen Darstellungsformen

Geräusche:

- Sind Einzelbestandteile der Atmo (nur: Lachen, Wasserplätschern) - Verstärkung von Einzelaussagen („nasse Fliesen sind glatt“ Geräusch: weinendes

Kind) - Auch O-Musik kann zur Untermalung oder Verstärkung eingesetzt werden

4. O-Ton-Bericht - wichtigste Darstellungsform im Radio - O-Töne und Berichtstext sind gleichwertige Träger von Information - Auch „BME“ genannt („Bericht mit Einblendung“) - In den Text (Journalist) gehört:

o „roter Faden“ o das An- und Abtexten von O-Tönen o Infos, die vom Journalisten besser (einfacher) dargestellt werden können

- In den O-Ton (Experte) gehört: o besonders wichtige Fakten prägnant formuliert o die Meinung auf den Punkt gebracht o die eingängige Begründung o das illustrierte Beispiel o einprägsame Zusammenfassung o Bewegendes o Persönliches o Originalitäten

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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- O-Ton-Anteil im Bericht: 40-60% - Mehrere O-Ton-Geber pro Bericht: genaues Antexten, Hörer muss wissen wer gerade

spricht - Zeitrahmen: ca. 2’30’’ (aber kommt auf Format an!) - Platzierung der O-Töne:

o O-Ton verteilt sich auf mehrere Takes o O-Töne und Text wechseln sich möglichst gleichmäßig ab o Erste O-Ton relativ bald o Einzelne O-Töne dürfen nicht zu lang sein o Aber auch nicht so kurz, dass der Hörer nichts mehr versteht (Richtlinie: nicht

kürzer als 15s und nicht länger als 30s) - Antexten: Verbindung zwischen O-Ton und Berichtstext

o Hörer muss wissen wer gleich spricht: Name, Funktion, warum gerade er den O-Ton gibt, …

o Auf Anrede „Frau“, „Herr“ wird verzichtet o Antexter kann auch eine Frage sein, aber nicht zu häufig verwenden

5. Kulturbericht - Kultur-Themen werden mit O-Töne noch eindringlicher vermittelt - Wie O-Ton-Bericht aber Besonderheiten bei O-Tönen:

o Szenenausschnitte o O-Töne aus Filmen (Soundtrack-CD) o Konzert-O-Töne o Literaten

- Wichtig: immer rechtliche Lage vorher klären, was darf man aufnehmen!?!

6. Korrespondentenbericht aus dem Ausland - Die meisten Korrespondenten sind fest angestellt - 24-h Job - Korrespondent ist für alles selbst verantwortlich (O-Töne, Atmo) - Themen:

o Schwer wiegende Ereignisse (Katastrophen, Wahlen, …) o Ereignis mit Bezug zum eigenen Heimatland o Fortschreibung wichtiger Ereignisse (Reaktionen danach) o Überraschende Entwicklungen (Attentate) o Hintergrundberichte (Krisengebiet)

- Typisch: vereinfachend bei Eigennamen, Funktionen, Ortschaften, Details - Kredo: „Brücken bauen“ zwischen Heimat- und Berichtsgebiet

7. Mini-Feature - Kurz, Feature, Mini-Hörbild akustischer Film - Zutaten:

o O-Ton o Atmo o Geräusche o Musik o Eigener Text

- O-Ton, Atmo und Geräusche sind keine zufällige Beigabe Teil der Information!!! - Nicht mit Text beginnen - Atmo, Geräusche und Musik müssen immer geblendet werden - Atmo, Geräusche, Musik max. 5-10s alleine dann darüber die ersten Worte des Textes

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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8. O-Ton-Collage - Beitrag, ohne dass der Reporter redet ☺ - Zutaten:

o Umfragen o Atmosphäre von Aufnahmeorten o Musik (passend zum Thema)

9. Kommentar - Kritische Stellungnahme zu aktuellem Thema, folgt einer Nachricht oder Bericht - Beiträge von Auslandkorrespondenten: erläuternde Darstellungen (Mischform zw.

Bericht und Kommentar) - Journalist muss bereit sein, seine Meinung in Frage zu stellen Mut zur

Entschiedenheit - Kurze Sätze, klare Gedankenführung, Wiederholung von zentralen Gedanken,

Vermeidung von Fremdwörtern - Autor ist zugleich Sprecher engagiertes Vortragen Überzeugungskraft

10. Glosse - Knappe, kritische Meinungsäußerung

„Gut beobachtete Augenblick zwischen zwei Wimpernschlägen“ - Glosse darf verspotten, tadeln, entlarven und erläutern - Umgangssprache in Maßen: „Sprache des Volkes“ - Mit Klang der Stimme glossieren: „Radio-Glossist hat eine schnelle und spitze Zunge“ - Mit Geräuschen glossieren, aber keine Überflutung an Geräuschen, soll nur der

Verdeutlichung dienen - Mit O-Tönen glossieren (Aussagen von Politikern, …) - Zeitrahmen: max. 2min

11. Comedy & Comics - Erfundene Charaktere, die die Wirklichkeit parodieren:

o Stimmen o Werbeslogans o Musiktiteln o Aktuelle Ereignisse

- Blackouts: Minicomics, bei denen die Pointe mit dem letztem Wort des Witzes entsteht

- Gespielte Witze (evtl. in Doppelmoderationen) - Guter Comic erzählt eine Geschichte - Immer an Zielgruppe orientieren

12. Interview - Häufig um O-Töne einzuholen, aber auch Interview als Darstellungsform - Interviewer ist sachlich, neutraler „Anwalt“, interviewt nicht, um sich selbst oder

eigene Meinung darzustellen; Interviewpartner darf nicht positiv oder negativ dargestellt werden

- Interviewer o Bestimmt Thema o Legt Interview-Ziel fest

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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o Wählt Interview-Partner aus o Plant und steuert Verlauf o Führt das Interview

- Befragte ist Hauptperson (Augenzeuge, Experte, Betroffene, Prominente) - Drei Interview-Typen:

o Interview zur Sache o Meinungsinterview o Interview zur Person o (Sache und Meinung kann auch kombiniert werden)

- Interviewvorbereitung: Brainstorming, Recherche, Eingrenzung des Informationsziels, Vorbereitung auf Person

- Spickzettel ist oft hilfreich (Namen/Funktion des Befragten, Fragen, Interviewziel) - Vorgespräch

o Formalitäten klären o Nachrecherche (fehlende Infos kurz abklären) o Interviewinhalt kurz besprechen o Einstellen auf I-Partner o Evtl. erste Frage (bei nervösen I-Partner)

- NICHT: o Hinweise auf Fragen mit Überraschungseffekt o Fakten, die zum Nachhaken verwendet werden können o Ellenlange Erklärungen zum I-Ziel

- Fragearten: offene ~ (mit/ohne Aufforderungscharakter), geschlossene ~, Bestätigungs- ~, Alternativ- ~, Skala- ~, Gründe- ~, Suggestiv- ~, Unterstellungs- ~, Frage mit Balkon, Feststellungs- ~, Einwurf als Frage, Nachfrage, Mehrfach- ~, Doppel- ~

- Knapp und abwechslungsreich fragen - Den Antworten genau zuhören und evtl. nachhaken, unterbrechen, verdeutlichen, auf

den Punkt bringen - Fragen auch noch einmal stellen, wenn die Antwort noch nicht so war wie gewünscht - Körpersprache des Reporters kann bei der Steuerung des Interviews helfen:

o Interessierter Blick ermuntert zum Weiterreden o Stirnrunzeln, skeptischer Gesichtsausdruck signalisiert Unzufriedenheit mit

der Antwort o Drängendes Nicken bittet um Kurzfassen o Luftholen, angespannte Körperhaltung signalisiert Unterbrechen des

Reporters - Nachgespräch: kürzer als Vorgespräch, beim Befragten bedanken, … - Telefoninterviews: Befragte sind nicht so nervös, Unterbrechen ist schwieriger, dürfen

nur mit Erlaubnis aufgezeichnet werden

13. Reportage - Beschreibt Ereignisse, Erlebnisse und Beobachtungen (subjektiv) - Vermittelt Fakten, Stimmungen und Hintergründe farbige und emotionale

Darstellungsform o Live-Reportagen o Quasi-Live-Reportagen (zeitversetzt) o Gebaute Reportagen (später produziert)

- Raffen: - Dehnen:

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La Roche/Buchholz (2004). Radiojournalismus. Seite 81-206

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- Intermittieren:

- Nachsprechen:

- Vorraussetzung: Gründliche Recherche und Sachkenntnis - Anfang besteht aus Schilderungen - „Kino im Kopf“: Riechen und Schmecken beschreiben (duftet nach Lavendel, …),

plastische Sprache, auf abstrakte Zahlen verzichten, besser: Vergleiche (knöcheltief, mannshoch, …)

- Reportagen werden normalerweise durchgesprochen (nur besonders aussagekräftiger O-Ton kann vorkommen, aber kein Frage-Antwort-Spiel entstehen lassen)

- Konkretes Ende, welches nachhaltig beim Hörer im Kopf bleibt

14. Sportreportage - Hauptaufgabe: exakte Vermittlung des Geschehens - Schilderung erfolgt parallel zum Geschehen - Passiert nichts, dann:

o Analyse des Verlaufs oder Ergebnisse o Erläuternde Nachschilderungen o Darstellung wichtiger Hintergründe

- Stimmführung und Sprechtempo machen deutlich wann „nix los ist“ und „wann’s wieder los geht“

- Ein- und Ausstieg wichtig (Hinhörer/Earcatcher, Erinnerungseffekt) - Sprachliche Gestaltung ist wichtig! Stilmittel:

o Verkürzungen, Verbindungen (Namen, Handlungen und Stimmungen) Bsp: Harter Schlag, Ali steppt, trifft. Links, rechts. Kopf, Körper, Frazier wankt, fällt, …

o Anakoluth (Satzbruch) o Ellipse o Redundanz

- Atmo trägt die Reportage und ist wesentlicher Bestandteil (Jubeln beim Tor) - Körpersprache auch hier wichtig, Stimme wird impulsiver wenn Reporter bei

hochdramatischen Geschehnissen aufsteht usw. - Versprecher sind hier menschlich und müssen überspielt werden

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Löffelholz (2004). Theorien des Journalismus. Seite 17-64

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Theorien des Journalismus Journalismustheorien müssen auf den gesamten Komplex Journalismus zielen, nicht auf Trends. Wichtige Frageansätze für künftige Journalismusdebatte: Welche Konsequenzen haben: - Ökonomisierung

- Globalisierung - Mediatisierung - Technisierung - Expansion und Differenzierung des Medienangebots

Traditionelle Forschungsansätze:

- Gatekeeperforschung - Normativ-ontologische Forschungsansätze - Professions- und Sozialisationsforschung - Konstruktivistische Systemtheorie

Akteuransatz Journalismusforschung: • personenbezogene Forschung: „Ein-Person-Paradigma“ • „mikrosoziologisch“: Untersuchung der journalistischen Individuen • Im Mittelpunkt stehen Fähigkeiten, Talente, Handlungen • Entstehung: 50er und 60er

Kritik: Geht nicht auf die Gesellschaft ein!

Systemansatz Journalismusforschung: • „makrosoziologisch“ • Theoretisch-methodische Forschung • Zwiebel-Modell von Weischenberg

Kritik: Persönliche Einstellungen von Journalisten spielen keine oder nur eine geringe Rolle!

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Mittwoch, 17. Oktober 2007 Machill, Marcel, Journalistik in Zeiten des Wandels. Qualitätsdiskussion über die hochschulgebundene Journalistenausbildung unter Berücksichtigung des Bologna Prozesses.

1. Die Forderung nach Integration von Theorie und Praxis ist aktueller denn je - Hochschulen stehen unter dem Ruf praxisfern zu unterrichten - Praktikanten und Volos müssen allerdings schon recht schnell Aufgaben auf

Redakteursniveau erledigend - „Learning on the job“ - Allerdings: Studium vermittelt Methoden - Hochschulgebundene Ausbildung für Journalisten wird akzeptiert - Heute Verhältnis zwischen Theorie und Praxis in der universitären Ausbildung

2. Historische Wurzeln der universitätsgebundenen Journalisten Ausbildung

- Weimarer Republik: Begabungsdarwinismus - Nationalsozialismus: Kommunikationskontrolle - Nach 1945: Versuch einen dritten Weg zu finden - Kritischer Journalisten Nachwuchs mit demokratischen Verständnis - DDR: Journalist ein geschützter Beruf Fach- oder Hochschulgebundene - Ab 1970er Jahren in BRD wurde öffentliche Kommunikation wissenschaftlich

thematisiert - 1978 Reform der Ausbildung: Ausbildungskurs für Volo, Ausbau berufsbezogener

Studiengänge, Fortbildungsmöglichkeiten, Mindesqualifikation für best. journalistische Tätigkeiten (von pol. Interesse beeinflusst)

3. Akademisierung führt bei Praxisintergration zu Professionalisierung - Journalistische Kompetenz (nach Weischenberg): Sachkompetenz, Fachkompetenz,

Vermittlungskompetenz - Soziale Qualifikationen (nach Weischenberg): Funktionsbewusstsein,

Reflektionsfähigkeit, Autonomiebewusstsein

4. Beispiele realisierter Journalistik in Deutschland - Bei dt. Hochschulen Unterschiede in Gewichtung von Theorie und Praxis - Dortmund: Diplomstudiengang seit 1976. Vier Semester Grundstudium, danach Volo,

Hauptstudium von fünf Semester. Verschiedene Lehrredaktionen. - Dortmund: Seit WS 2003/2004 Bachelor Studium zusätzlich: Wirtschaftsjournalist - München: Magisterstudiengang Akademische Ausbildung. Seit 2003 keine neue

Studenten mehr. Allerdings ein Aufbaustudium in Zusammenarbeit mit DJS. - Eichstätt: Nur 25 Diplomstudenten. Vermittlung von Kernkompetenzen. Dreimonatiges

internes Praktikum vor Zwischenprüfung in einer Lehrredaktion und dreimonatiges Praktikum in einem Medienbetrieb.

- Leipzig: Neu 1993 gegründet. Diplomstudiengang mit zweitem Hauptfach. Integration von Theorie und Praxis in den Lehrredaktionen. Nach Auslaufen des Diplom Master.

5. Journalismus Ausbildung im europäischen Kontext - Massenmedien und damit Journalisten in Demokratie eine Kontrollfunktion – auch auf

europäischer Ebene von großer Bedeutung

6. Ausblick - Bachelor und Master werden sich auch im Bereich Journalistik durchsetzten.

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Machill/Köhler/Waldhauser (2006). Narrative Fernsehnachrichten. Seite 479-497

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Fernsehnachrichten –wichtig, beliebt und unverstanden 73% der Zuschauer sehen täglich Nachrichten 55% sagen Fernsehnachrichten sind ihre beliebtesten Sendungen „Das Ziel ist, durch öffentliche Kommunikation politische Entscheidungen von abgeklärter Rationalität herbeizuführen, die in größtmöglichem Maße dem Gemeinwohl dienen“ Schulze 1997 ABER: Sind Zuschauer wirklich gut informiert, oder fühlen sie sich nur so?

88% der Zuschauer verstehen die „Tagesschau“ nur zum Teil oder gar nicht Auch das Behalten der Nachrichten ist unbefriedigend: 98% können schon am Tag danach nicht mehr sagen, was gemeldet wurde Verständlichkeitsforschung 3 Faktoren: - Rezipienten Nachrichten werden von unterschiedlichem Wissenstand beeinflusst - Beziehung zwischen Rezipienten und Inhalt Nachrichten, die vom Rezipienten bevorzugt werden oder ihn interessieren, werden automatisch besser verstanden - Gestaltung der Nachricht Themen, die später in der Nachrichtensendung laufen, können besser behalten werden Bildführung (bei TV) kann den Zuschauer auch verwirren und eher kontraproduktiv sein! „Hamburger Verständlichkeitsmodell“ vier „Verständlichmacher“ (story telling):

- Einfachheit in Wortwahl und Satzbau - Innere und äußere Gliederung des Textes - Kürze und Prägnanz des Textes - Anregende Zusätze (Zitate, Personalisierung, Serviceinformationen)

Konzept der narrativen Fernsehnachrichten Nachricht soll trotzdem noch als Pyramide aufgebaut sein, aber sich die Mittel einer Erzählung zugute kommen lassen. Um das journalistische Erzählen greifbar zu machen, sind drei Faktoren entscheidend: der Erzähler, die Erzählung, das Erzählen Der Erzähler = Textperson; er vermittelt die Nachrichten. Hier soll deutlich werden, dass Nachrichten auch inszeniert sind. Die Perspektive erleichtert die Objektivität. Die Erzählung Hilfreich in der Gestaltung von Erzählstrukturen Aktantenmodell Aktanten sind die narrative Rollen oder Funktionen der handelnden Personen unter dem Aspekt ihrer Bedeutung für den Fortgang der Aktion. Aktanten sind: Subjekt, Objekt, Sender, Empfänger, Helfer, Gegenspieler (jeder Aktant kann durch verschiedene Akteure repräsentiert werden) Dieses Modell dient der besseren Vorstellung und soll die narrative Gestaltung bei Fernsehnachrichten verdeutlichen. Wie bei einem Märchen soll jeder Meldung eine bestimmt Rolle zugeordnet werden.

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Machill/Köhler/Waldhauser (2006). Narrative Fernsehnachrichten. Seite 479-497

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Das Erzählen 3 Ausprägungen der Narrativität in Fernsehnachrichten: - in sich geschlossene Erzählungen - Beiträge in serieller Erzählung - erklärende Erzählungen mit deskriptiven Exkursen Narrative Nachrichtenbeiträge werden bestimmt, als durch Journalisten audiovisuell vermittelte Erzählungen nichfiktionaler Art. Sie werden vor allem durch eine erzählende Bildsprache und Sprache anhand von Protagonisten und Handlungen in einer Dramaturgie erzählt. Fazit Das Konzept de narrativen Nachrichtenbeiträge kann das Behalten und das Verstehen der Inhalte von Beiträgen steigern. Vor allem bei Zuschauer bis 30 Jahre, die wenige Vorinformationen mitbringen, sich wenig für das Thema interessieren oder insgesamt selten Nachrichten wahrnehmen.

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Machill/Lewandowski/Karzauninkat (2005). Journalistische Aktualität im Internet. Ein Experiment mit den „News-Suchfunktionen“ von Suchmaschinen. Seite 105-164

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Technologie und Probleme der Nachrichtensuchmaschinen Spezielle Suchmaschinen

eigenständige Nachrichtensuchmaschinen: nicht an Universalsuchmaschinen gebunden, dienen ausschließlich dem Zweck der Nachrichtensuche (z.B. Paperazzi)

spezielle Suchfunktion für Nachrichten innerhalb der Websuchmaschinen (z.B. Google-News) Technologie der Nachrichtensuche

Suchmaschinen verwenden zugekauften Nachrichtenbestand, geliefert von z.B. Nachrichtenagentur (Newsfeeds)

Suchmaschinen erfassen selbst die Inhalte von Nachrichtenseiten mithilfe eines Crawlers Problem: Spam, unterschiedliche Strukturierung der einzelnen Websites Integration der Nachrichtensuche in Universalsuchmaschinen Problem: Dokumente können erst nach vollständiger Indexaktualisierung in Suchmaschinen aufgenommen werden keine Kontinuität

Suche nach Nachrichteninhalten Quellenspektrum und journalistische Professionalität Nachrichtenspektrum im Internet ist breit gefächert: Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsender, Branchen-Newsletter, Weblogs jeder kann im Internet publizieren Suchmaschinenbetreiber machen nur selten genaue Angaben zu den erschlossenen Nachrichtenquellen

Ausnahme: Paperball (Zusammenstellung durch redaktionelle Auswahl) Mögliche Kriterien: > regionale Fokussierung

> nationale oder internationale Reputation > besondere Themenschwerpunkte > Anmeldung durch Content-Anbieter

ABER: Quellentransparenz ist unverzichtbar für Journalisten, wenn sie das Geschehen nicht selbst beobachtet haben! Beeinflussung der journalistischen Arbeit auf drei Ebenen:

> eigene Recherche > Verarbeitung von Pressematerial > Verbreitung von journalistischen Inhalten durch Dritte (wie Internet) Suchmöglichkeiten – Qualitätsmerkmale für Nachrichtensuchmaschinen Unverzichtbare Abfragemöglichkeiten für die professionelle Recherche:

- Quellenauswahl - Regionale Einschränkungen - Ressortbeschränkung - Operatoren (Abstand von Wörter, die immer wieder vorkommen) - Feldbeschränkung (Beschränkung auf Titel/Anreißer) - Zeitliche Eingrenzung (nicht nur aktuelle Artikel suchbar) - Sortiermöglichkeiten (Relevanz, aber auch Datum) - Cluster-Bildung (thematisches, ressortspezifisches, … Cluster)

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Machill/Lewandowski/Karzauninkat (2005). Journalistische Aktualität im Internet. Ein Experiment mit den „News-Suchfunktionen“ von Suchmaschinen. Seite 105-164

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Überblick über News-Suchmschinen im deutschsprachigen Raum Alltheweb http://www.alltheweb.com/?cat=news AltaVista http://de.altavista.com/news/ AOL http://suche.aol.de/suche/index.jsp http://www.aol.de/index.jsp?sg=News Fireball http://www.fireball.de Google News http://news.google.de Lycos http://www.lycos.de/startseite/news/ Metager http://www.metager.de MSN Newsbot http://uk.newsbot.msn.com/ Paperazzi http://www.paperazzi.de Paperball http://paperball.fireball.de/ T-online http://brisbane.t-online.de/fast-

cgi/tsc?PortalLanguage=de&UserLanguage=de&context=profisearch&device=html&mandant=toi&q=&search_type=profi&tpc=service&active_tab=news

Yahoo http://de.news.yahoo.com/ WEB.DE http://portale.web.de/schlagzeilen/

Probleme bei der Nachrichtensuche - Erkennen der tatsächlichen Nachricht (auf jeder Seite sind Infos, die nicht zur Nachricht

gehören) - Aktualität der Meldungen (Uhrzeit und Datum sind nicht immer ohne Umwege erkennbar) - Fast identische Meldungen (Nachrichten werden von Agenturen oft übernommen) - Ranking von Nachrichtenmeldungen - Copyright

Ergebnisse von Machills Studie Studie: Untersucht wurden AltaVista, Google, Yahoo, Fireball, Lycos, T-Online, Web.de, MSN, AOL und Metager und ergänzend die unaghängige Nachrichtensuchmaschine Paperazzi. Diese wurden hinsichtlich ihrer Reichweite und Marktbedeutung in Deutschland ausgewählt. Drei Teile, inwieweit die Suchmaschinene ihrer Treffer pro Thema gliedern: - Fünf-Tage-Test (relevante, aber auch aktuelle Suchergebnisse zu einem Thema) - 24-Std-Test (ab wann die Treffer im Tagesverlauf auftauchen) - Reaktionstest: Vergleich +1h +3h +5h (Geschwindigkeit bei der Aufnahme von aktuellen

Ereignissen in den Nachrichtenindex) Ergebnis: - wer sich nur aus einer Internet-Nachrichtenquelle versorgt, verpasst zwangsläufig eine

große Zahl von Meldungen - generell dominieren die aktuellen Nachrichten das Internet - Hintergrundberichte, Analysen, Kommentare erscheinen kaum - Problem der Zuordnung einzelner Nachrichten in einen Gesamtkontext - Trotzdem: relativ schnell umfassender Überblick

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Meckel (1999). Redaktionsmanagement. Seite 59-92

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Organisationskonzepte in einer Redaktion Redaktionelle Organisation nach Zielen, Funktionen und Stellen: Arbeitsorganisationen:

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Meckel (1999). Redaktionsmanagement. Seite 59-92

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Hierarchien in einer Organisation (horizontal und vertikal): Führungsstrukturen im Verlagsgeschäft:

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9. Januar 2008 Ordolff, Martin, Fernsehjournalismus,

1. Nachrichtensendungen, Funktion von Nachrichten - Nachrichten müssen zum Gesamtimage und zur Ausrichtung des jeweiligen Senders

passen (Themen & Funktion) - Allgemein: Nachrichten fassen die wichtigen Ereignissen des Tages zusammen - Zuschauer werden nicht nur über Fakten informiert, sondern auch über Hintergründe - Orientierung an Zielgruppe des Senders - Hörfunk, Print und TV ergänzen sich gegenseitig - Selektion der Nachrichten muss einem Zuschauer ermöglichen in der modernen

Informationsgesellschaft den Überblick zu behalten

2. Aufbau einer Nachrichtensendung - Fast alle Nachrichtensendungen beginnen mit einem Themenüberblick - Thematisch beginnt die Sendung mit der wichtigsten Nachricht des Tages - Meist Trennung von Inland und Ausland - Grundsätzlich: Nachricht soll das wiederspiegeln, was für ein Zuschauer von großem

Interesse ist - Schaltgespräche mit Korrespondenten haben versch. Funktionen: Ein Ereignis soll

eingeschätzt und bewertet werden, ein Ereignis dauert noch an oder der Reporter hat zusätzliche Informationen

3. Redaktionelle Aufgaben - Koordination von aktuellen Themen, bes. Termine im Ausland - Nachrichtenteam wählt Themen aus, setzt Schwerpunkte und bestimmt die Reihenfolge

der Sendung; Schlusskontrolle und Überprüfung der Fakten - Die Sendung – das Studio: Eine Sendung ist erst zu Ende, wenn der Abspan erklingt.

Noch während der Sendung kann die Moderaktion von der Redaktion geändert werden (bei einer aktuellen Lage können auch noch neue Bilder geliefert werden)

4. Nachricht - Vergl: Nachrichtenfaktoren - Lead-Satz-Prinzip: Nachricht beginnt mit dem wichtigsten Inhalt - Nachricht im Film: kürzeste Form der Informationsübermittlung durch bewegte Bilder - Wortnachricht: Meldung, die der Sprecher im ON verliest (im Hintergrund sind

Standbilder, Karten oder Grafiken zu sehen)

5. Bericht - Vermittelt einen allgemeine interessanten und aktuellen Sachverhalt (ca. 1:30 min) - Tatsachenbericht: Fasst Fakten zusammen. Enthält kaum subjektive Wertungen. - Handlungsbericht: schildert Ablauf von Ereignissen. Ablauf des Geschehens muss dem

Zuschauer klar werden - Erlebnisbericht: ist stark subjektiv gefärbt, aber mit recherchierten Fakten angereichert;

nüchterner, als eine Reportage - Zitatenbericht: fasst eine Rede oder eine Pressekonferenz zusammen - Korrespondentenbericht: Der Korrespondent ist vor Ort und fertigt seinen Bericht aus dem

Material, welches der Kameramann gefilmt hat - Das erstellen eines Berichts: Ein Bericht steht selten für sich alleine, er wird in der Regel

von einem Moderator eingeleitet - Bericht muss auf Fakten und Neuigkeiten eingehen – aber nicht am Anfang - Sprache im Bericht ist kurz und knapp; Zeitform: Präsens

6. Aufsager

- Ein Aufsager ist ein Auftritt eines Reporters, vor der Kamera, der in einen Beitrag oder Bericht rein geschnitten wird

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Pöttker (2003). Nachrichten und ihre kommunikative Qualität. Die ‚umgekehrte Pyramide’ – Ursprung und Durchsetzung eines journalistischen Standards. Seite 414-426

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Die ‚umgekehrte Pyramide’ Nachrichten beginnen mit den wichtigsten Informationen, dann folgen immer unbedeutendere Angaben: - Überschrift - knapp formulierter Einstiegsatz (Leadsatz) mit Kerninformationen ("W-Fragen") - Satz Quelle - weitere wichtige Angaben (Hintergründe, Ursachen, Wirkungen und Zusammenhänge) Zur Entstehung der Pyramidenform gibt es verschiedene Thesen: - technologische These - politologische These - kulturwissenschaftliche These - ökonomische These - Fallbeispiel (Pöttker): ‚New York Herald’ / ‚New York Times’ - Wahrnehmungspsychologische These Technologische These: Während des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) waren die Telegrafenverbindungen so schlecht das Wichtigste an den Anfang (falls die Verbindung abbricht)

Kritik: Telegrafentechnik entstanden schon vor 1850 (insgesamt 100-jähirge Entwicklungsphase) und wurde auch von Journalisten zum Nachrichtenaustausch verwendet. Warum entstand Pyramidenform nicht auch zu dieser Zeit?

Politologische These: Im Interesse von Regierungen wurde die Pyramidenform zum Zwecke der politischen Steuerung genutzt. 1865 sendete der Kriegsminister Edwin M. Stanton eine Reihe von amtlichen Mitteilungen an die Presse (in Pyramidenform). Diese wurden von der Presse unverändert abgedruckt.

Kritik: Nach Abtreten von Stanton hätte Pyramidenform auch verschwinden müssen! Warum kam diese Form erst mit dem amerikanischen Bürgerkrieg, autoritäre Politiker gab es auch schon vorher!

Kulturwissenschaftliche These: Durch den Wandel des Bildungssystems Ende des 19. und Anfang des 20.Jhd, bevorzugte das Publikum (und auch die Journalisten) eine kurze und knappe Sprache. Man wollte soviel Informationen wie möglich!

Kritik: Fehlende Theorie!!! Keine Belege!

Ökonomische These: Gewinnkalkül von Zeitungsverleger: Möglichst viel Info in wenig Text, Schnelligkeit bei Produktion

Kritik: Ungenauigkeit in Datierungen, Kommerzielle Verlegerinteressen auch schon vor 1860

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Pöttker (2003). Nachrichten und ihre kommunikative Qualität. Die ‚umgekehrte Pyramide’ – Ursprung und Durchsetzung eines journalistischen Standards. Seite 414-426

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Fallbeispiel (Pöttker): ‚New York Herald’ / ‚New York Times’ Untersuchungsausgaben: 1855, 1875, 1895, 1920 Ergebnisse: - schon 1855 gibt es 3% an Texten nach dem Schema ‘inverted pyramide’ - zwischen 1880 und 1890 entwickelte sich dieses zum professionellen Standard - Erscheinungsbild der Zeitung ändert sich (1895): anschaulicher, übersichtlicher,

ansprechender - Entwicklung zum Redakteur (Impressum) ‚inside editing’ Wahrnehmungspsychologische These: Wenn Pyramidenform in den 1880er als professioneller Standard in Amerika entstanden ist, dann ist die technologische, politologische und kulturwissenschaftliche These widerlegt Entwicklung hätte dann Mitte der 1870er abgeschlossen sein müssen!

Wäre der Bildungsschub der Grund gewesen, hätte es nicht vor dem Jahrhundertwechsel stattfinden können!

Pyramidenform ist hilfreich bei der Herstellung der Nachricht, ebenso wie die rasche Aufnahme beim Publikum.

Nachrichten in Pyramidenform zu schreiben dient ähnlich wie das Reduzieren von Textumfang, das Illustrieren durch Fotos, das Verwenden von Headlines oder das Sortierne nach Ressorts der kommunikativen Qualität des journalistischen Produkts.

Externe Faktoren wie Politik, Technik und Kultur sind nicht die einzigen Rahmenbedingungen!

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Pürer/Raabe (2002). Zur Berufgeschichte des Journalismus. Seite 408-416

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Zur Berufgeschichte des Journalismus

Berufsgeschichte ist untrennbar zu Geschichte von Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, TV Paul Baumert 1928 vier Epochen:

• Die präjournalistische Periode Mittelalter und beginnende Neuzeit: obrigkeitlicher Briefwechsel, fürstliche Privatkorrespondenz, Gesandtschaftsberichte Überbringer: Sänger, Stadtschreiber, fürstliche Sekretäre Allmählich aufkommendes Nachrichtenbedürfnis (Fürsten, …) Etablierung von regelmäßigem Botenwesen

• Der korrespondierende Journalismus Ende des 16. bis Mitte 18. Jhd.: neutral vermittelnde Berichterstattung (Zeitungen) Zeitungen hatten noch keine Ressorts oder Rubriken, aneinanderreihen von Nachrichten

„Avisenblätter“ Inhalte: Gerüchte, aber auch Politik Überbringer: Korrespondenten (Beamte, Konsulatschreiber) aus Städten, Höfen (nebenberuflich)

• Der schriftstellerische Journalismus Mitte des 18. bis Mitte 19. Jhd.: neben Zeitungen entwickelte sich geistig anspruchsvolle Flug- und Zeitschriftenliteratur Entstehung: Geist der Aufklärung verändertes soziale und politisch-philosophische Verhältnisse Überbringer: Schriftsteller, die Literaten, Herausgeber und Verleger in einem waren Vertreter: Karl Marx (‚Rheinische Zeitung’)

• Der redaktionelle Journalismus Mitte des 19. Jhd.: 1848 Zensur: Nachrichtenbeschaffung und -bearbeitung musste mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden Inhalte: auch Lokaljournalismus, wirtschaftliche Zusammenhänge, Inhalte mussten an Leserschaft angepasst werden Unterschiedliche Leistungen erforderlich: korrespondieren, redigieren, schriftstellen Nach Baumert Journalismus auch wie wir ihn heute verstehen! Seitdem: Redaktionstechnischer Journalismus In der zweiten Hälfte des 19.Jhd. sind günstige politische, kulturelle, ökonomische und technische Vorraussetzungen für die Massenpresse entstanden. Elektronische Texterfassung (1975) erleichterte und beeinflusste die Arbeit des Journalisten maßgeblich rasche Aufnahme und Weitergabe von Informationen Auch Veränderungen im optischen Journalismus: Technische Bildbearbeitung Ebenso: Hörfunk + TV ‚electronic new gathering’ Man kann hier von der sog. fünften Phase sprechen! (die bis heute andauert)

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Weischenberg (1998). Journalistik 1. Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Seite 171-233

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Ethische und professionelle Standards Selbstverpflichtung durch Sozialverantwortung Doppelcharakter bei offenen Mediensysteme:

Verpflichtung gegenüber philosophischen Werten (Vernunft, Freiheit, Wissen, Mündigkeit)

Orientierung an praktisch-pragmatischen Vorgaben und Zielen (Reichweite, Konkurrenz, Redaktionsschluss, Professionalität, Karriere) Idee der Sozialverantwortungs-Konzept (SK): Die Medien sollen freiwillig der Gesellschaft dienen, so dass in den ‚Marktplatz der Wahrheit’ nicht bürokratisch eingegriffen werden muss. ODER: Das SK begreift das Verhältnis von Medien und Gesellschaft als sozialen Pakt, der nicht zulässt, dass sich die Institutionen und ihre Journalisten aus ihrer Verantwortung für das Funktionieren der ‚Mediengesellschaft’ zurückziehen. ABER: Unterschiedliches Verständnis von journalistischer Verantwortung:

Hutchins Commission (Chicago/1947) stellte fünf Forderungen für einen sozial verantwortlichen Journalismus:

- die Ereignisse wahrhaftig, umfassend und intelligent darzustellen und im Zusammenhang zu interpretieren

- dem Austausch von Kritik und Kontrolle in der Gesellschaft ein Forum zu bieten - ein Bild der sozialen Verhältnisse zu zeichnen, das alle gesellschaftlichen Kräfte

enthält - Ziele und Wertvorstellungen der Gesellschaft darzustellen und zu erklären - der Bevölkerung vollen Zugang zum aktuellen Wissen zu verschaffen

Herbert Altschull (1984): - ‚Sozialverantwortung’ gibt den Journalisten das positive Gefühl, dass sie einen Beitrag

für die Gesellschaft leisten, also im öffentlichen Interesse arbeiten - Ein solches Konzept reduziert Unsicherheiten über die Ziele der Arbeit in den Medien - Das Konzept erlaubt den Journalisten, die ökonomischen Realitäten ihrer Branche zu

ignorieren - Und es unterläuft geradzu Forderungen nach staatlichen Regelungen für den Bereich

der Medien (im Sinne der Hutchins Commission)

Grundlagen der Medienethik: Aktuelle Begründungen von ethischen Problemen:

- zunehmende Kommerzialisierung - größere Mediensysteme Konzentrationsprozesse - zunehmende Komplexität der Themen - Skepsis der Bevölkerung

!!!Mehr und mehr Ethikbedarf im Journalismus!!! Philosophische Prinzipien: Deontologische Ethik vs. teleologische Ethik

deontologische Ethik (Pflichtethik): kontextunabhängig Normen, die jederzeit und überall Gültigkeit besitzen

teleologische Ethik (Zielethik): Entscheidungen werden nach dem Nutzen getroffen. Die Handlungsfolgen entscheiden über richtig oder falsch.

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Weischenberg (1998). Journalistik 1. Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Seite 171-233

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Zur Substanz von Pressekodizes: Pressekodizes folgen der deontologischen Ethiklogik:

- 1973 überreichte der Deutsche Presserat die ‚Publizistischen Grundsätze’ (16 Punkte) - 1998: umgeändert in ‚Richtlinien für die publizistische Arbeit’ - Vier grundlegende Handlungsempfehlungen:

o Berichterstattung soll wahrhaftig und unabhängig von Interessen sein o Bei der Infobeschaffung soll auf unlautere Methoden verzichtet werden o Persönlichkeitsrechte von der Berichterstattung betroffener Personen sollen

gewahrt bleiben o Bei schweren Verbrechen soll besondere Zurückhaltung geübt werden

Heute: Grundsätze direkt verbunden mit Richtlinien für die publizistische Arbeit

Kommunikationswissenschaftliche Annäherung Der normativ-ontologische Ansatz: Allgemein: Der normativ-ontologische Ansatz ist das älteste, auf die klassische griechische Philosophie (Platon, Aristoteles u.a.) zurückgehende Konzept von politischer Wissenschaft. Gemeinsam ist allen dieses Ansatzes demnach die Lehre von einem absoluten Sein, welche davon ausgeht, dass es eine Realität, eine Wahrheit und eine Moral gibt, und dass man diese mit den richtigen Methoden auch finden kann.

Für Vertreter des normativ-ontologischen Ansatzes ist nicht entscheidend, was im Journalismus ist, sondern, was sein soll.

Brücke zwischen normativer Ethik und journalistischer Praxis Der empirisch-analytischer Ansatz: 1960er: lösen vom normativ-ontologischen Ansatz, aufgrund veränderter Gesellschaft Rühl/Saxer drei systemtheoretische Axiome:

- Trennung zwischen personalen und sozialen Systemen - Doppelte Selektivität von Kommunkation - Reflexivität und Kontingenz von Kommunikation und Ethik

Zum Praxisbezug einer Medienethik Negativbeispiele:

- Die Watergate-Affäre - Die Fälle Janet Cooke (‚Jimmygate’) und Stephen Glass - Die Hitler-Tagebücher - Die Barschel-Affäre (‚Waterkantgate’) - Das Gladbecker Geiseldrama - Die Unglücke von Borken und Ramstein - Das Fernsehen und der Fall Born - Bunte-Tatsachen

Medienethikformen:

Individualethik: Maßstäbe, die als moralische Verhaltensregeln für den einzelnen Journalisten formuliert werden (Idealisierung)

Professionsethik: Maßstäbe, die das berufliche Verhalten innerhalb der Gruppe der Journalisten berechenbar machen sollen, und die z.T. als ‚Standesethik’ von den Berufsverbänden kodifiziert werden (verborgene Gesetzlichkeiten)

Institutionenethik: Maßstäbe, die Medienbetriebe und ihre Verantwortlichen zu beachten hätten – in einem demokratischen System, das ihnen Freiräume zur Erfüllung einer ‚öffentlichen Aufgabe’ einräumt

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Weischenberg (1998). Journalistik 1. Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Seite 171-233

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Kommunikation und Verantwortung: - Journalisten sind Beobachter, die nicht Aussagen über Dinge, Eigenschaften oder

Beziehungen in der „Welt-an-sich“ (Kant) machen, sondern über Ergebnisse von Unterscheidungen. Auf dieser Grundlage werden Beziehungen und am Ende eigene Konstruktionen hergestellt.

- ABER: Journalisten sind autonom. Sie entscheiden letztendlich welchem Ereignis welche Bedeutung zukommt ‚objektive Realität’ = die relative Objektivität des Beobachters!

- Die Konsequenz dieser Objektivität ist, dass jeder für seine Wirklichkeitsentwürfe Verantwortung trägt

- Zwar unterliegen Journalisten Normen, aber jeder entscheidet selbst welche Weltbilder die Medien anbieten

- Diese Verantwortung, auch für ethische Maßstäbe, kann niemand abnehmen, weder Verleger oder Intendant noch ‚die Realität’