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© Vervielfältigung und Veröffentlichung nur mit Genehmigung vom Prüfung von Blitzschutzsystemen Messen in der Praxis - Hinweise 12.4 Stand 04/09 Seite 1 von 6 Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld Grundsätzlich stellt sich bei Messungen an Blitz- schutzanlagen die Frage, was will ich messen? Ausbreitungswiderstand oder Schleifenwiderstand (Niederohmmessung)? Unter Schleifenwiderstand versteht man den Wi- derstand eines elektrischen Leiters, der vom Lei- tungsquerschnitt, der Leitungslänge und dem spe- zifischen elektrischen Widerstand des Leitermate- rials abhängt. Der Ausbreitungswiderstand R (Erdübergangswi- A derstand) ist der Widerstand der Erde zwischen dem Erder und einem Bezugserder. Vereinfacht kann man ausführen, dass der Ausbreitungswider- stand angibt, wie gut eine Erdungsanlage den Strom in das Erdreich übertragen und verteilen kann. Der Ausbreitungswiderstand hängt von den Ab- messungen des Erders / Erderungsanlage und dem spezifischen Erdwiderstand ab. Der spezifi- sche Bodenwiderstand ρ ist der spezifische Wi- E derstand der Erde und wird in m angegeben. Der spezifische Bodenwiderstand unterliegt jahreszeitli- chen Schwankungen. Folgende Faktoren beein- flussen unter anderem den Ausbreitungswider- stand: - die Eingrabtiefe des Erders (Bild 1) - die Länge des Erders (Bild 2) - der spezifische Bodenwiderstand (Bild 3) Bild 1: Abhängigkeit des spezifischen Bodenwiderstandes ρ von der Jahreszeit (ohne Beeinflussung durch E Niederschläge) Bild 2: Auswirkung der Länge l des gestreckten Ober- flächenerders (m) auf den Ausbreitungswiderstand Bild 3: Spezifischer Boden- widerstand ρ in E Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Erdreiches Beton Moorboden, Torf Ackerboden, Lehm Sandboden feucht Sandboden trocken Erde steinig Kies Kalk Fluß- u. Seewasser Meerwasser 10 100 1000 10000

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Prüfung von BlitzschutzsystemenMessen in der Praxis - Hinweise

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Stand 04/09

Seite 1 von 6

Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld

Grundsätzlich stellt sich bei Messungen an Blitz-schutzanlagen die Frage, was will ich messen? Ausbreitungswiderstand oder Schleifenwiderstand (Niederohmmessung)?

Unter Schleifenwiderstand versteht man den Wi-derstand eines elektrischen Leiters, der vom Lei-tungsquerschnitt, der Leitungslänge und dem spe-zifischen elektrischen Widerstand des Leitermate-rials abhängt.

Der Ausbreitungswiderstand R (Erdübergangswi-A

derstand) ist der Widerstand der Erde zwischen dem Erder und einem Bezugserder. Vereinfacht kann man ausführen, dass der Ausbreitungswider-stand angibt, wie gut eine Erdungsanlage den Strom in das Erdreich übertragen und verteilen kann.

Der Ausbreitungswiderstand hängt von den Ab-messungen des Erders / Erderungsanlage und dem spezifischen Erdwiderstand ab. Der spezifi-sche Bodenwiderstand r ist der spezifische Wi-E

derstand der Erde und wird in Wm angegeben. Der spezifische Bodenwiderstand unterliegt jahreszeitli-chen Schwankungen. Folgende Faktoren beein-flussen unter anderem den Ausbreitungswider-stand:

- die Eingrabtiefe des Erders (Bild 1)- die Länge des Erders (Bild 2)- der spezifische Bodenwiderstand (Bild 3)

Bild 1: Abhängigkeit des spezifischen Bodenwiderstandes r von der Jahreszeit (ohne Beeinflussung durch E

Niederschläge)

Bild 2: Auswirkung der Länge l des gestreckten Ober-flächenerders (m) auf den Ausbreitungswiderstand

Bild 3: Spezifischer Boden-widerstand r in E

Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Erdreiches

Beton

Moorboden, Torf

Ackerboden, Lehm

Sandboden feucht

Sandboden trocken

Erde steinig

Kies

KalkFluß- u. Seewasser

Meerwasser

10 100 1000 10000

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In der Praxis variiert der Ausbreitungswiderstand in Abhängigkeit von unterschiedlichen Bodenverhält-nissen und Jahreszeiten deutlich.

Beispiel 1: Eine intakte Erdungsanlage, die keine Mängel auf-weist, kann in sandigem Gebiet z.B. einen Wider-stand von 16 Ohm aufweisen und in Ackerboden mit großer Feuchtigkeit 2 Ohm.

Beispiel 2: Eine intakte Erdungsanlage, die keine Mängel auf-weist, kann im Februar einen Ausbreitungswider-stand von z.B. 4 Ohm und im August von 6 Ohm haben.

Für die Messung des Ausbreitungswiderstandes stehen nach DIN VDE 0101 (Januar 2000), An-hang N, Abschnitt N 2.1 vier Methoden zur Verfü-gung, die auch für die Bestimmung des Ausbrei-tungswiderstandes der Erdungsanlage eines Blitz-schutzsystems angewendet werden können:

1. Erdungsmesser (Erdungsmessbrücke)2. Hochfrequenz-Erdungsmessgerät3. Strom-Spannungs-Methode mit

verhältnismäßig großen Strömen4. Ermittlung aus den Einzelwiderständen

Für Messungen an Blitzschutz-Erdungsanlagen kommt üblicherweise die Messmethode 1 zur Anwendung. Die zu prüfende Erdungsanlage wird dabei gegen Sonde und Hilfserder gemessen (Bild 4).

Bild 4: Messung des Ausbreitungswiderstandes gegen Sonde und Hilfserder

Messrichtung gesehen) betragen, jedoch nicht we-niger als 20 m; der Abstand des Hilfserders minde-stens das 4-fache, jedoch nicht weniger als 40 m. Die Frequenz der verwendeten Wechselspannung sollte 150 Hz nicht überschreiten.

Die normativen Anforderungen (DIN VDE 0101) zur Anordnung von Sonde und Hilfserder lassen sich in dicht bebauten Gebieten häufig nicht reali-sieren. Bei der Anordnung von Sonde und Hilfser-der müssen daher Kompromisse eingegangen werden, die eine genaue Bestimmung des Ausbrei-tungswiderstandes erschweren. Die gemessenen Ausbreitungswiderstände können je nach Anord-nung von Sonde und Hilfserder zu hoch oder zu niedrig ausfallen. Maßgeblich sind die unterschied-lichen Spannungstrichter der zu prüfenden Er-dungsanlage und von Sonde und Hilfserder. Befin-det sich die Sonde deutlich im Bereich des Span-nungstrichters, der durch die zu prüfende Erdungs-anlage gebildet wird, sind die gemessenen Aus-breitungswiderstände zu niedrig (Bild 5). Umge-kehrt, wenn die Sonde zu nahe am Hilfserder ange-ordnet wird, sind die gemessenen Ausbreitungs-widerstände zu hoch (Bild 6).

Der Messaufbau sollte so vorgenommen werden, dass zu prüfender Erder, Sonde und Hilfserder möglichst auf einer Geraden liegen, und zwar so weit auseinander wie möglich. Der Abstand der Sonde vom zu prüfenden Erder sollte mindestens das 2,5-fache der größten Erderausdehnung (in

Bild 5: Der Ausbreitungswiderstand wird zu niedrig gemessen

Bild 6: Der Ausbreitungswiderstand wird zu hoch gemessen

Stand 04/09

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Nachfolgende Messanordnung verdeutlicht die Auswirkungen der unterschiedlichen Anordnung von Sonde und Hilfserder (Bild 7-9).

Mögliche Messungen an einer Blitzschutzanlage gegen Sonde und Hilfserder zeigen die nachfol-genden Bilder 10 und 11.

Bild 10: Messung des Ausbreitungswiderstandes der Erdungsanlage gegen Sonde und Hilfserder

Bild 11: Messung des Widerstandes von Fangleitungen, Ableitungen und Ausbreitungswiderstand der Erdungsanlage

Bild 7: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 20 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 0,18 W

Bild 8: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 8 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 0,95 W

Bild 9: Abstand zwischen Sonde und Hilfserder 4 m, Abstand zur Erdungsanlage 20 m, Ausbreitungswiderstand 6,43 W

In der Regel kann der Ausbrei-tungswiderstand nicht mit einer Erdungsmesszange gemessen werden. Mit der Erdungsmess-zange werden Widerstands-schleifen in Blitzschutz- und Potentialausgleichsanlagen gemessen.

Bild 12: Mit der Erdungsmesszange kann der Ausbreitungswiderstand in der Regel nicht gemessen wer-den.

Stand 04/09

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Bild 14: Erderanordnung für Beispielmessungen

Zwei Tiefenerder, Länge je 3,0 m, wurden in 15 m Abstand in das Erdreich getrieben. Die Wider-standswerte wurden für folgende Messanordnun-gen ermittelt:

Bild 13: Messprinzip der Erdungsmesszange: mit der Mess-zange, die in ihrem Messkopf je eine Generator- und Empfängerspule enthält, ist die Messung des Widerstandes einer Schleife möglich

Nachfolgendes Beispiel soll die zuvor gemachten Aussagen verdeutlichen.

Erderanordnung

15 m

Nr. Messung Messmethode Widerstand Bild

1 Tiefenerder 1 Messung des Ausbreitungswider- 19,80 W 15 standes mittels Erdungsmess- brücke gegen Sonde und Hilfserder

2 Tiefenerder 2 Messung des Ausbreitungswider- 31,30 W 16

standes mittels Erdungsmess- brücke gegen Sonde und Hilfserder

3 Tiefenerder 1 Messung des Ausbreitungswider- 12,74 W 17 und 2 parallel standes mittels Erdungsmessbrücke geschaltet gegen Sonde und Hilfserder

4 Tiefenerder 1 Messung des Schleifenwiderstan 51,20 W 18 und 2 parallel des mittels Erdungsmessbrücke geschaltet

5 Tiefenerder 1 Messung des Schleifenwider- 34,80 W 19und 2 parallel standes mittels Erdungszangegeschaltet

Bild 15: Tiefenerder 1 - Messung des Aus-breitungswiderstan-des mittels Erdungs-messbrücke gegen Sonde und Hilfser-der = 19,8 Wm (richtiger Wert)

Bild 19: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 - Messung des Schleifenwider-standes mittels Erdungsmess-zange = 34,8 W (falscher Wert)

Bild 16: Tiefenerder 2 - Messung des Aus-breitungswider-standes mittels Erdungsmess-brücke gegen Son-de und Hilfserder = 31,3 Wm (richtiger Wert)

Bild 17: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 - Messung des Ausbreitungswider-standes mittels Erdungsmess-brücke gegen Sonde und Hilfs-erder = 12,74 Wm (richtiger Wert)

Bild 18: Parallelschaltung Tiefenerder 1 und 2 - Messung des Schleifenwider-standes mittels Erdungsmess-brücke = 51,2 W (falscher Wert)

Stand 04/09

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Für die Funktion einer Blitzschutzanlage spielt die Messung des Schleifenwiderstandes von Erdungs-leitungen, Ableitungen und Fangleitungen eine grö-ßere Rolle, als die exakte Bestimmung des Aus-breitungswiderstandes. Zu hohe Kontaktwiderstän-de in Verbindungsstellen, Unterbrechungen oder zu geringe Leiterquerschnitte können im Falle ei-nes Blitzeinschlages die Funktionsfähigkeit des Blitzschutzsystems negativ beeinflussen oder zu großen Schäden führen.

Nachfolgende Messbeispiele verdeutlichen sinn-volle Messanordnungen.

Beispiel 1: Messung zwischen Erdeinführungen (Bild 20 und 21).

Bild 20: Messung des Schleifenwiderstandes zwischen Erdeinführungen

Bild 21: Schleifenmessung zwischen Erdeinführungen, Ersatzschaltbild

Beispiel 2: Messung zwischen den Ableitungen (Bild 22 und 23).

Bild 22: Messung zwischen Ableitungen

Bild 23: Schleifenmessung zwischen Ableitungen, Ersatzschaltbild

R = Widerstand der ErdungsanlageE

R = Widerstand der AbleitungA

R = Widerstand der FangeinrichtungF

R = gemessener Widerstand

Stand 04/09

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Beispiel 4: Einsatz von Erdungsmesszangen(Bild 26 und 27).

Auch bei dem Einsatz von Erdungsmesszangen sind Situationen möglich, bei denen fehlerhafte Verbindungen in Schleifen nicht immer erkannt werden.

Beispiel 3: Messung zwischen Erdeinführung und Ableitung (Bild 24 und 25).

Bild 24: Messung zwischen Erdeinführung und Ableitung

Bild 25: Schleifenmessung zwischen Erdeinführung und Ableitung, Ersatzschaltbild

Bild 26: Schleifenmessung mit der Erdungsmesszange, die Fehlerstellen werden nicht erkannt

Bild 27: Schleifenmessung mit der Erdungsmesszange, durch die veränderte Anordnung der Messzange kann die Fehlerstelle erkannt werden

Unterbrechungen

Es kann kein Messstrom fließen

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