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#13 FREIEXEMPLAR | EHRENAMTLICH | WERT 3 EURO HERBST 2014 KÖLNER KULTUREN MAGAZIN | WWW.NULL22EINS-MAGAZIN.DE

#13 Herbst 2014

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null22eins. Kölner Kulturen Magazin https://www.facebook.com/null22eins

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#13

FREIEXEMPLAR | EHRENAMTLICH | WERT 3 EURO

HERBST 2014

KÖLNER KULTUREN MAGAZIN | WWW.NULL22EINS-MAGAZIN.DE

02 EDITORIAL

„Können Sie mir sagen, wie spät es ist?“ Eine langweilige Frage. Die Antwort hierauf interessiert auch gar nicht. Es ist der Blick des Befragten. Ging dieser noch vor 20 Jahren automatisch zum linken oder rechten Handgelenk, bleibt er heute starr. Die Hand bewegt sich und zückt das Telefon – der Verweis auf „mobil“ hat sich erübrigt. Ein Kommunikationsmittel bestimmt die Zeit. Ganz schön komisch eigentlich, ist man doch der Überzeugung, dass Raum, Zeit und

„Dinge“ nicht das gleiche sind. Oder ist unsere Wahrnehmung dafür nur einfach zu eingeschränkt? Waren es nicht die zur See fahrenden Entdecker, die erst mit der Taschenuhr das Navigieren perfektionier-ten? Und so den bis dahin begrenzten Raum überwinden konnten? Verschwimmende Grenzen haben positive, manchmal aber auch negative Eigenschaften. Was gestern noch trennte, ist heute verknüpft.

„Es ist übrigens 13 Uhr“, antwortet eine junge Dame. Überraschung: Sie hat eine alte Taschenuhr in der Hand. Doch nun muss sie weiter gehen. Das Telefon klingelt.

Und wir haben auch gar keine Zeit. Es geht weiter und weiter – vor-bei an Glück und Pech, an Glaube und Aberglaube, an Raum und Zeit. Wir heben ab – und liefern euch null22eins #13 für den Herbst 2014.

Viel Spaß beim Lesen.

E d i t O r i a lE d i t o r i a lE d i t o r i a lE d i t o r i a l

03EDITORIAL

04 INHALT

05INHALT | IMPRESSUM

artishocke e. V.

Deutsche Skatbank Konto-Nr.: 4680715 • BLZ: 830 654 10

IMPRESSUMINHALTHERAUSGEBER

REDAKTION U. REDAKTIONELLE MITARBEIT

V.I.S.D.P

LAYOUT

FOTOS

ILLUSTRATIONEN

DRUCK

artishocke e. V.Mülheimer Freiheit 61 • 51063 Kö[email protected]

Maria Aguilar, Miriam Barzynski, Britta De Matteis, Robert Filgner, Camilla Geier, Melanie Hahn, Marie-Luise Hofstetter, Christiane Kanthak, Simone Kollmann, Christina Löw, Giacomo Maihofer, Andreas Richartz, Christian Schneider, Anna Stroh, Christine Willen

Robert Filgner [email protected]

Stefanie Grawe, Sabrina Halbe, Leo Pellegrino, Stephanie Personnaz, Kirsten Piepenbring, Rosa Richartz, Andi Wahle, Julia Ziolkowski

Emi Maria Bohacek, Boris Breuer, Alessandro De Matteis, Johanna Flammer, Stephanie Lieske, Carina Matijasic, Houtan Nourian, Andi Wahle

Sabrina Halbe, Fricka Langhammer, Jovita Majewski, Leo Pellegrino, Stephanie Personnaz, Kirsten Piepenbring

Stephanie Personnaz

Andi Wahle

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Druckerei WIRmachenDRUCK GmbHMühlbachstr. 7 • 71522 Backnangwww.wir-machen-druck.de

[email protected]

Urheberrechte für Beiträge, Fotos und Illustrationen sowie der gesamten Gestaltung bleiben beim Herausgeber oder den Autoren. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers! Alle Veranstaltungsdaten sind ohne Gewähr.

ALT | NEU /// TOURISMUSSelfie-Verwirklichung vs. Nostalgie

06

WERKSCHAU /// MADELINE VON FOERSTERWhat the hell is nature?

08

FOTOSTRECKE /// MARIA MAGDICLeben in Welten

10

KÖLN SZENE /// GEBENLass es finden

14

ZWISCHENRAUM /// SPAZIERENGEHEN Vom Verlust eines Kulturgutes

16

FILM /// TRASH Das Grauen aus der Tiefe

22

KÖLNER ORTE /// GEISTER JAGEN Ohne Führung durch Kalk

36

KUNST /// AUSGEZEICHNETHaarkleine Mikrokosmen

18

THEATER /// NOT / AUFNAHME Ein neuer Blick auf Depression

34

GALERIE /// SALONABEND Die Staatsgalerie Delirien

24

SPORT /// PADEL Wartet mal fünf Jahre

38

ARTISHOCKE /// DAKTYLUS Eine Bildergeschichte – zweiter Teil

26

PORTRÄT /// 12 FARBEN Lasst Literatur Stadt finden

40

MUSIK /// KI RECORDS Photosynthese

30

EVENT /// JENSEITS VON EUROPA Das Afrika-Film-Festival

42

MUSIK /// IN KÖLNthe blackwhitecolorful

Half Past 2Elephants on our graves

Litman

32

NETZWERKEN /// 3D -STUDIUMBeruf mit Zukunft

44

WISSENSCHAFT /// STADTGESCHICHTEKolonial-Schau

46

TITELSEITE

RÜCKSEITE

ANZEIGEN

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BANKVERBINDUNG

SELFIE –VerwirklichungVS. Nostalgie

06 ALT | NEU

Gemalte Romantik als Ausdruck von Urlaub – das war einmal. Heute stecken wir oberflächlich Orte auf der persönlichen Weltenbummler-Landkarte ab.

Als Ausgleich und zur Erholung wandelten und wandeln Men-schen durch Land und Natur – die Seele vom Alltag befreit, den Blick erweitert, romantische Landschaftspoesie. Ein Tourist begibt sich auf Reisen, genießt einen Spaziergang – er macht eine „Tour“. Aus dem Bedürfnis, die eigene Lebensumwelt für einen begrenzten Zeitraum zu durchbrechen, sich zum Erobe-rer der Neuzeit zu erheben, sind Touristen ein fester Bestand-teil besonders schöner oder interessanter Orte geworden. Jeder Kölner kennt die Masse an Menschen, die als Karawane durch die Altstadt zieht. Für die Stadt selbst ist das ein Segen. Touris-mus als Wirtschaftsform entstand parallel zur Entwicklung des Anspruchs auf Urlaub, was es noch gar nicht so lange gibt. Erst im 20. Jahrhundert etabliert, ist das Prinzip Tourismus weiter im Wandel. Schnell und oberflächlich entwickelt sich die Ent-deckung unseres Globus zum privaten Poesiealbum mit per-sönlicher Widmung und fotografischer Verewigung. Aber was bleibt im Zwist zwischen Selfie-Verwirklichung und Nostal-gie? Was bleibt im Geist und als Gefühl von der Fremde, von dem Exotischen, dem kulturellen Erbe? Alte Ansätze und neue Formen – oder einfach nur ein Wandeln in unterschiedlichen Zeiten, wie es jeder für sich selbst erkunden muss...

07ALT | NEU

TEXT /// ROBERT FILGNER

ILLUSTRATION /// JOVITA MAJEWSKI

What the hell is NATURE?

Madeline Von Foerster

08 WERKSCHAU

Seit Tausenden von Jahren versucht der Mensch, die ihn umgebende Natur zu verstehen. Doch was ist das eigentlich, Natur? Und wie gehen wir mit ihr um? Wichtige Fragen, die sich im Zeitalter des Anthropozän aufdrängen. Madeline von Foerster verpackt diese Themen in die anmutige Ikonografie der Renaissance.

Fremdartige Tier- und Pflanzenarten, in Reli-quien nistende Papageien, von Schlingpflan-zen überwucherte Menschen: Die Natur wird erforscht in ihren Gemälden, sie wird in Wun-derkammern archiviert, scheinbar gezähmt und bleibt doch unbändig und geheimnisvoll.

Das mysteriöse Tier, dessen Blut in einem Kelch aufgefangen wird, ist ein Pangolin. Dieses asiatische Schuppentier ist heute vom Ausster-ben bedroht, da es in China als Delikatesse gilt. Madeline inszeniert es wie Jan van Eycks Opfer-lamm auf dem Genter Altar. Kunsthistorische und religiöse Bezüge sind ganz bewusst gesetzt. Die Natur ist heute in unserer Wahrnehmung das, was im Mittelalter die Religion war. Was uns täglich umgibt, stellen wir nicht infrage. Um es mit der Fischparabel* von David Foster Wal-lace zu sagen: What the hell is nature?

Die natürliche Vielfalt und Schönheit ist schützenswert. Doch durch unser Bestreben zu kategorisieren und zu kontrollieren, stoßen wir immer wieder an die Grenzen des Begreiflichen. Genau diesen Zauber des Unbegreiflichen fängt Madeline in ihren Arbeiten ein.

* There are these two young fish swimming along, and they happen to meet an older fish swimming the other way, who nods at them and says, „Morning, boys, how‘s the water?“ And the two young fish swim on for a bit, and then eventually one of them looks over at the other and goes, „What the hell is water?“

TEXT /// CAMILLA GEIER

WEITERE INFOS ///

WWW.MADELINEVONFOERSTER.COM

Dabei bedient sie sich einer über 600 Jahre alten malerischen Mischtechnik aus Öl und Eitempera, die schon die flämischen Meister anwandten und die heute kaum noch jemand beherrscht. In einer vom Aussterben bedrohten Technik bringt sie diese ephemeren Wesen auf die Leinwand und so korre-spondiert ihre Malweise auch mit dem Inhalt ihrer Bilder.

10 FOTOSTRECKE 10 FOTOSTRECKE

LEBEN IN WELTEN

WEITERE INFOS ///

MARIJA MAGDIC

WWW.MARIJAMAGDIC.DE

Menschen in ihrem ganz persönlichem Umfeld, die ihre eigene interessante Geschichte erzählen: das steht im Mittelpunkt der Fotografien von Marija Magdić. Ihre Bilder schaffen charakteristische Momentaufnahmen, mit der Kraft, die Fotografierten genau zu verorten. Identität, Heimat, Selbstref lexion und Mentalität bannt die 27-jährige Kölnerin in sehr persönliche Porträts. Das gelingt bei Persönlichkeiten wie der Schauspielerin Pheline Rogan und dem Komponisten Carsten Meyer ebenso wie bei der Aufarbeitung ihrer eigenen kroatischen Herkunft. Marija fotografiert das Leben in dessen Welten. Manchmal sind es sehr verschiedene Welten, doch das ist für sie „nema problema“ – „kein Problem“.

11FOTOSTRECKE

12 FOTOSTRECKE

13FOTOSTRECKE

LASS ES FINDEN !DAS PRINZIP „GEBEN“ im Alltag

TEXT /// CHRISTINE WILLEN

GRAFIK /// SABRINA HALBE

WEITERE INFOS ///

WWW.KULTURLISTE-KOELN.DE WWW.UMSONSTLADEN-KOELN.DE

14 KÖLN SZENE

Schönes im Leben ist frei – also meist kostenfrei. Schöne Dinge im oder für das Leben kann man auch geben. Die „Nehmer“ werden sich freuen.

Im Alltag wird unabhängig aller sozialen Gefüge sehr rege so gut wie alles getauscht. Das zeigt uns nicht nur die Tauschbörse

„Nettwerk“ auf Facebook. Ganze Autos und Wohnungen gehören ebenfalls dazu, wie in manchen Kleinanzeigen nachlesbar: „Nur im Tausch mit dem Automodel Z oder mit ei-ner Wohnung in Stadtviertel X.“ Bei solchen Tauschgeschäften versucht ein jeder, zumin-dest etwas Gleichwertiges oder etwas Besse-res für die individuelle Situation zu ergattern. Dabei ist das Prinzip „geben“ viel einfacher – und kostspielig muss es auch nicht sein.

Im Alltag tauschen wir am häufigsten Gedanken und Ideen aus, beispielsweise am Abend im Park mit Freunden und Bierchen. Dabei kann aus der leeren Bierflasche schon eine Mini-Spende für Bedürftige werden. An manchen Plätzen in Köln ist die Infrastruk-tur dafür bereits optimiert: Ringförmige Flaschenhalter am Mülleimer bringen die Flaschen-Spende als indirekte Geldspen-de sicher an den Sammler. So ähnlich kann auch die angefangene Zigarette fungieren, die nicht im Müll landet, sondern vorsichtig ausdrückt beispielsweise für Obdachlose lie-gen bleibt. Eine kleine Mini-Gabe „Tabak“ – ohne viel Aufwand. Geld liegt ja schließlich nicht auf der Straße, oder doch? Zumindest manchmal: einen Meter höher als freiwilli-ge oder unfreiwillige Spende in Automaten für Parkscheine oder Zigaretten. Bedürftige schauen immer nach, weil manche Menschen dort sogar gerne und absichtlich etwas Klein-geld „vergessen“.

Im Überfluss spendenEs wird in der Regel schneller gespendet und geschenkt, was im Überfluss da ist: Wer es hat, spendet Geld, manchmal auch Zeit (durch ehrenamtliche Tätigkeiten) oder Altkleider. Was von offiziellen Kleider-Spenden wo und wie ankommt, weiß man in der Regel nicht. Dabei geht das ganz lokal. Neben gut erhal-tenen Altkleidern sind Alltagsgegenstände gefragt, die noch zu schade zum Wegwerfen sind. Eine Einrichtung dafür ist zum Beispiel der Umsonstladen in Mülheim – eine Abga-be für andere Besucher, für Menschen, die die Sachen gut zu Hause gebrauchen und sich einfach kostenlos mitnehmen können. Klei-derspenden können aus Platzgründen nur aus saisonal passender Kleidung bestehen. Es mangelt im Umsonstladen eher an anderen Dingen: an Hausrat wie beispielsweise Kaf-feemaschinen, Wasserkocher und Geschirr oder Lampen, CDs und DVDs. Der Gang zur Berliner Straße in Mülheim lohnt sich aber auch auf anderer Ebene. Der Umsonstladen ist auch ein Begegnungsort für eine einfache Idee: ein Netzwerk für mehr Selbstversor-gung, ohne den Zwang zum Kaufen.

Kultur gebenManche fühlen sich gezwungen etwas zu kaufen, viele andere können es einfach nicht. Wer nicht einmal Geld für Urlaub hat, wird an Kultur wohl noch weniger denken. In Köln gibt es in dieser Hinsicht aber ein einfa-ches Prinzip: Überschüssige Eintrittskarten für das Theater oder das Konzert stiften die

Veranstalter und stellen diese als kostenlose Gästelistenplätze zur Verfügung. Die Kul-turliste Köln vermittelt diese Plätze dann per Telefon. Die Anmeldung für die Kulturliste ist nur durch persönliche oder schriftliche Anmeldung möglich. Jeder, dessen Einkom-men unterhalb der Armutsgefährdung liegt, kann sich bei der Kulturliste anmelden. Und dazu zählen nicht nur Hatz-IV-Empfänger: 930 Euro netto im Monat sind hierfür die Grenze – nicht nur für Studierende ein An-reiz. Klar, die großen Konzerte der Weltstars deckt die Kulturliste wohl nicht ab. Doch sie ist ein weiterer Beweis dafür, dass das Prin-zip „geben“ funktioniert – und dass es nicht unbedingt Geld braucht, um Kulturveran-staltungen zu genießen. Bei der Vermittlung der Kulturliste geht es um die Integration von Menschen in schwierigen Lebenslagen und die Förderung der kulturellen Teilhabe. Geben kann nicht nur einfach sein, sondern auch viel bewirken. Mit etwas Aufmerksam-keit und Solidarität kann jeder von uns einen Beitrag leisten – sei es durch den kleinen Ta-bakrest und die leere Bierflasche oder auch mehr.

15KÖLN SZENE

Spazierengehen–

Hetzende Menschen, die sich durch Handys und Kopfhörer von der Umgebung abschotten. Den beobachtenden Spaziergänger, der gelassen in der Stadt umherschlendert, gibt es nicht mehr.

Vom Verlust eines Kulturgutes

16 ZWISCHENRAUM

17

Ein Mann überquert eilig den Rudolfplatz. Er hat fast den Bürgersteig erreicht, da rutscht er auf dem nassen Laub des Rinnsteins aus und fällt hin. Eine junge Frau ist ihm schnell beim Aufstehen behilflich, bevor die nächs­ten Autos kommen, bleibt sogar bei ihm ste­hen und reicht ihm ein Taschentuch, damit er sich seine Hose säubern kann. Ein kurzer Moment, nicht einmal fünf Minuten. Unge­wöhnlich und auch schon wieder vorbei, als sei nichts geschehen.

Das Ziel ist wichtiger als der WegDas übliche Bild, was sich einem sonst in den Städten bietet, sind eilig durch die Straßen hastende Menschen. Alle scheinen schnell irgendwohin zu müssen. Kein Blick nach rechts und links. Keiner hat mehr Zeit. Rote Ampeln werden achtlos übergangen. Ankom­men ist wichtiger als das Hingehen. Das Ziel ist wichtiger als der Weg. Langsames Schlen­dern scheint ein vergessenes Kulturgut zu sein. Den beobachtenden Spaziergänger, der gelassen in der Stadt umherschlendert und sich in der Menge treiben lässt, gibt es nicht mehr. Gemächliche Spaziergänge, die allein der Muße dienen, sind längst vergessen.

Bot der Gang durch die Stadt den Menschen einmal die Möglichkeit zu entspannen, in Ruhe zu beobachten und sich ungestört mit einem Begleiter zu unterhalten, sind wir Menschen heute scheinbar rastlos mit ande­ren Dingen, wie beispielsweise unserem Han­dy, beschäftigt. Mit Kopfhörer wird sich von der Umwelt abgeschottet. Sprich mich bloß nicht an, ist die Botschaft, die gesendet wird. Die Zeit, um von Ort zu Ort zu gelangen, will effizient genutzt werden. Am besten gelingt dies, wenn man mehrere Dinge gleichzei­tig erledigen kann. Gehen und Musik hö­ren, Bahn fahren und arbeiten, gehen und telefonieren.

TEXT /// CHRISTIANE KANTHAK

FOTOS /// ANDI WAHLE

Dabei war einst der Spaziergang ein Privileg derjenigen, die genug Zeit hatten. Den an­deren, den Arbeitern war dies nur sonntags vergönnt, den Rest der Zeit mussten sie Geld verdienen. Heute arbeiten die Menschen wieder viel. Der Arbeit wird die meiste Zeit gewidmet. Lediglich am Sonntag sieht man die Menschen in Parks und am Rheinufer entlang gehen, um sich Bewegung zu ver­schaffen. Doch außerhalb der begrünten Erholungsflächen sind Spaziergänger selten zu sehen. Graue Wohnblöcke und Häuser­schluchten laden nicht zum erholsamen Schlendern ein. Der Blick kann nicht unge­stört in die Ferne schweifen, und die Sonne schafft es, abgeschottet durch die hohen Häu­ser, nicht bis auf die Straße.

zielgerichtet durch die StadtVerlassen wir die vertraute, alltägliche Um­gebung und besuchen eine andere Stadt, gibt es genug Neues zu entdecken, ist ein Gang durch die Stadt wieder attraktiv. Doch auch hier nehmen wir uns oft nicht die Zeit alleine durch die Gegend zu streifen und die Stadt für uns zu entdecken. Stadtführungen und Stadtrundfahrten präsentieren das Wichtigs­te in kompakten und effizienten 30 Minuten. Bewusste Wahrnehmung der eigenen Um­welt gibt es nicht mehr. Navigationssysteme lenken uns und wir haben den Blick eher auf den Bildschirm gerichtet und lassen uns von technischen Hilfsgeräten zielgerichtet durch die Stadt leiten.

Ebenso wie dem Spazierengehen ist es dem Schaufensterbummeln ergangen. Heu­te geht man nicht mehr bummeln, es wird geshoppt. Unser Konsumverhalten hat uns zum erlebnisorientierten Kunden gemacht, der nicht mehr nur einkauft, was er braucht, sondern das Einkaufen zum glamourösen Event machen will. Oder man verlässt erst gar nicht das Haus und konsumiert online per Mausklick.

Tragen wir doch etwas zur Erhaltung un­serer Kultur bei und gehen wieder bewusster durch die Städte und entdecken das langsa­me Schlendern neu. Wer weiß, was wir in unse rer Eile bisher alles übersehen haben.

ZWISCHENRAUM

18 KUNST

TEXT ///

MARIE-LUISE HOFSTETTER

FOTOS ///

JOHANNA FLAMMER

BORIS BREUER

WARSTEINER

Wenn aus Öl und Acryl neue Welten entstehen und dort Haar wie selbstverständlich seine Wurzeln schlägt, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Johanna Flammer ihre Finger im Spiel hatte. Von einer Künstlerin, die ihre Stimme gefunden hat, und einer Kunst, so besonders, dass sich ein zweiter und dritter Blick in jedem Fall lohnen.

19KUNST

A n einem Mittwoch um kurz nach Drei klingelt in einem Düsseldorfer Atelier Johanna Flammers Handy. Johanna

und ich sind zum Interview verabredet. Tele­fonisch. Zunächst völlig merkwürdig für uns beide: Miteinander warm werden, ins Ge­spräch kommen, über Persönliches sprechen, ohne sich je persönlich begegnet zu sein. Aber: Nach nicht einmal vier Minuten läuft die Unterhaltung wie geschmiert. Während ich vor meinem zu einem Schreibtisch um­funktionierten Wickeltisch im tiefsten All­gäu sitze, Johannas Homepage auf meinem Laptop betrachtend, befindet sich die Künst­lerin vor einer teils bemalten, teils noch wei­ßen Leinwand 600 km nördlich. Nach einem kurzen Kennenlernen kommen wir schnell auf das zu sprechen, was Johanna so einzig­artig macht: papierenes Haar.

In ihren drei Serien Nodi, Stolo und In my Hair schafft die Künstlerin kleine verflochte­ne Mikrokosmen, in denen Fotografien von Haaren mit Öl und Acryl verschmelzen und zu einer scheinbar völlig natürlichen, aber dennoch überraschenden Einheit werden. Jo­hanna hatte vor ihrem Studium an der Kunst­akademie Düsseldorf passenderweise eine Ausbildung zur Friseurin angestrebt. Nicht zuletzt ihrem Hang zur Biologie, der, wie sie selbst sagt, ihrer „Wald und Wiesen­Kindheit“ geschuldet ist, haben ihre Serien die außer­gewöhnlichen Titel zu verdanken. Nodi von dem lateinischen Wort „nodus“ bedeutet Knoten und benennt, ähnlich der Serie Sto­lo (von stolonen: „Ausläufer von Tieren, die nach ihrer Abtrennung als eigenständiges Lebewesen existieren“) eben das, was Johan­na seit nunmehr sieben Jahren auf Leinwand wachsen lässt. Ihre Werke, so die Künstle­rin, seien wie die abgetrennten Stücke eines Regenwurms: Jedes für sich existiere als ei­genständiger Teil eines großen, verknüpften Ganzen. Ist diese außergewöhnliche Idee der miteinander verwurzelten Mikrostrukturen einmal verstanden, so überrascht es auch nicht, dass Johanna ihrer jüngsten Einzelaus­stellung in der Berliner Galerie von Michael Schultz den Titel „Zoom“ verlieh.

WEITERE INFOS ///

WWW.JOHANNA-FLAMMER.DE

WWW.BLOOOM.DE

20 KUNST

Dass Johannas Kunst mittlerweile bis in namhafte Berliner Galerien vorgedrungen ist, hat sie nach eigener Aussage zu großen Teilen ihrer Teilnahme am BLOOOM Award by WARSTEINER 2012 zu verdanken. Einge­reicht hatte die Wahl­Düsseldorferin damals Stolo on White 4, einen, wie der Name schon vermuten lässt, weißen, fast schwerelos wir­kenden „Ausläufer“ ihres haarigen Gesamt­kunstwerkes. Ausschlaggebend für ihre Teil­nahme war der ausgeschriebene Preis: ein einjähriges Mentoring durch den Direktor und künstlerischen Leiter der ART.FAIR und BLOOOM, Walter Gehlen, sowie eine Rei se zur Kunstmesse Art Basel Miami Beach.„Die Veranstalter des BLOOOM Award by WAR­STEINER haben sich wirklich Gedanken gemacht, wie sie die teilnehmenden Künstler nachhaltig und sinnvoll unterstützen können. Geldgewinne, wie sie bei solchen Wettbewer­ben häufig üblich sind, sind irgendwann auf­gebraucht. Wenn man jedoch weiß, wohin man mit seiner Kunst will, sind die Kontakte, die einem die Zusammenarbeit mit einem Mentor wie Herrn Gehlen ermöglichen, un­bezahlbar“, erklärt mir Johanna während ich mir Bilder der Preisverleihung ansehe. Auf einem von ihnen hält meine Gesprächspart­nerin den Award in ihren Händen – im Hin­tergrund Stolo on White 4. Offenbar wusste Johanna, wohin ihre Reise gehen sollte. Aus dem Kontakt zu „Herrn Gehlen“ wurde ein Austausch mit „Walter“, der auch heute noch überdauert.

Die Galerie Michael Schultz hat ein paar ih­rer Arbeiten auch für die kommende ART.FAIR im Gepäck. Vom 24. bis 27. Oktober kann man also in der Koelnmesse ihre Bil­der „in Natura“ sehen. Das habe ich ihr und mir gewünscht. Ich freue mich darauf, live vor Johanna Flammers Arbeit zu stehen und einzutauchen in diese von ihr erschlossenen, neuen, kleinsten Welten. Vielleicht ergibt sich auch die Gelegenheit, der Frau mit der netten Stimme und den blonden Locken per­sönlich zu gratulieren und mir die Sache mit der Jahre überdauernden Liebe zum Haar noch einmal genau erklären zu lassen.

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TRASHTRASH

22 FILM

Das Grauen aus der TiefeReißerische Titel wie „Foltercamp der Liebes-hexen“ oder „Zombies unter Kannibalen“ soll-ten damals den unbedarften Zuschauer ins Kino locken und warben mit Versprechungen im Filmtitel, die oft gar nicht erfüllt wurden. Was früher als übler Schund verschrien war, erweist sich heute jedoch als Fundgrube für den geneigten Filmfan. „So bad it s good“ lau-tet das Credo dieser Film-Enthusiasten, die Filme abseits des guten Geschmacks suchen, um sich unterhalten zu lassen. Trashfilme scheinen dabei immer mehr ein Publikum zu finden, das sich auch außerhalb der einge-weihten Trash-Fan-Zirkel findet. Man könnte sagen, Trash wird salonfähig. So salonfähig, dass heute bewusst Trashfilme wie beispiels-weise „Sharknado“ gedreht werden, in dem ein Tornado, der aus Haien besteht, den Pro-tagonisten das Leben zur Hölle macht. Im Unterschied zu früheren Trashfilmen wird mittlerweile bewusst Trash produziert, der lustig sein soll. Die klassischen Vertreter hin-gegen wurden größtenteils mit Ernsthaftig-keit gefilmt und brachten im Laufe der Jahre eine eher unfreiwillige Komik hervor.

TEXT /// CHRISTIAN SCHNEIDER

FOTOS /// ANDI WAHLE

Ein bekannter Vertreter des klassischen Trash- film-Genre ist die „Schulmädchen Report“-Reihe. Hier werden Orgien gefeiert, Lehrer von frühreifen Mädchen verführt und haar-sträubende Geschichten aus dem Hut gezau-bert, die unter dem Deckmantel mora lischer Aufklärung dargeboten werden. Das alles wird mit einem schmissigen Soundtrack und flippigen Sprüchen untermalt, was in der heu-tigen Zeit mehr zum Schmunzeln anregt als schockiert. Meister des frühen Trashkinos sind unter anderem die Italiener, wie Lucio Fulci, der in seinem Fantasyfilm „Conquest“ einen mit Nunchakus bewaffneten Barbaren auf Werwölfe, Zombies und eine leicht be-kleidete Hexe treffen lässt, die ihm zu einem elektronischen Soundtrack nach dem Leben trachten. Gepaart mit weich gezeichneten, unwirklich wirkenden Bildern ergibt sich ein absurder Film, der seinesgleichen sucht.

Wer heutzutage noch einen VHS-Player sein Eigen nennt, kann sich viele dieser tras higen Filme besorgen. Leider wer den diese Klassiker nicht allzu oft auf DVD oder Blu-ray gebannt. Wer einen Schritt weiter gehen und einige dieser Kunstwerke im Kino bewundern möchte, der findet in der

„Something Weird Cinema“-Reihe des Köl-ner Filmhauses die Möglichkeit dazu. Hier werden einige Schmankerl auf original Zel-luloid-Material in ihrer Urform dargeboten. Weitere Möglichkeiten bieten der abseitige Kölner Filmzirkel „Retronativ“ oder der ge-heimnisvolle Filmclub „Buio Omega“, für den man sich jedoch nach Gelsenkirchen bege ben muss. Wie auch immer man sich diese Filmspektakel zu eigen macht, ein Er-lebnis ist es allemal – sei es nur als Bewertung zum schlechtesten Film aller Zeiten. Und hier buhlen einige Anwärter um den Spitzen-platz.

Eine Handvoll Sex, eine geballte Faust Ge walt und eine offenkundige Unfähigkeit des gesam-ten Filmteams ergeben die explosive Mischung der in der breiten Öffentlichkeit (zu Recht?) vergessenen 70er und 80er Jahre Trashfilme.

23FILM

TEXT ///

ANNA STROH

FOTOS ///

ALESSANDRO DE MATTEIS

HOUTAN NOURIAN

Ein Salonabend im 2. Jahrtausend

24 GALERIE

TEXT ///

ANNA STROH

FOTOS ///

ALESSANDRO DE MATTEIS

HOUTAN NOURIAN

WEITERE INFOS ///

WWW.AETHERBOCXS.BLOGSPOT.DE

Drei Künstler leben den Traum ihrer eigenen Galerie – sprichwörtlich. Denn ihre STAATSGALERIE DELIRIEN ist mehr als ein Atelier in vier Wänden: Wohnzimmeratmosphäre trifft auf den Charme vergangener Zeiten.

Jeder weiß: Kultur steht im weitesten Sinne in den Kommunen nicht wirklich an erster Stelle. Im Zeichen von Haushaltssparmaß-nahmen fließen Gelder eher in angeblich sinnvollere Projekte. Also kommt man nicht umher, selbst initiativ zu werden und eigene künstlerisch wertvolle Einrichtungen zu er-schaffen. Das dachten sich wohl auch Steffen und seine beiden Mitschreiter, Ricarda und Oliver, als ihnen die Idee einer unabhängigen Künstlergemeinschaft in den Sinn kam. Kur-ze Zeit später waren die passende Location gefunden, das Projekt umgesetzt und mit der neu gegründeten Staatsgalerie Delirien ein Weg entdeckt, um in Köln hoffentlich nicht nur aufzufallen.

Bereits 2012 bezogen die drei jungen Künstler ihr autarkes Reich in der Gladba-cher Straße 29 unweit des Stadtgartens. Auch wenn es eher wie das Luxemburg auf der Landkarte der Kölner Galerien wirkt, fehlt es ihnen nicht an Platz. Trotz verschiedener Sti-le und Genre, die von Porträtmalerei, Skulp-tur, Installation und Abstrakter Malerei bis hin zu Assemblage und Fotografie reichen, kommen sich die Künstler nicht in die Quere. Und möchte einer von ihnen doch mal ganz ungestört arbeiten, zieht er einfach seinen großen weißen Vorhang zu und schafft sich so seine eigene kleine Welt.

Wir-Gefühl und WohnzimmerDas alles funktioniert nur so gut, weil die drei sich prächtig verstehen und mitein-ander befreundet sind. Differenzen bei der Musikwahl, die bei der Arbeit sehr wich-tig und inspirierend für sie ist, gibt es nicht. Hier toleriert der Elektro-Freund die mar-tialische Gitarrenwand des Punkrockers und umgekehrt. Überhaupt wird Toleranz, Offenheit und ein Mit- statt Gegeneinander groß geschrieben, ein Wir-Gefühl ist förm-lich überall zu spüren. Das Atelier ist für die drei jungen Künstler aber nicht nur ein klassischer Arbeitsplatz. Sie haben in ihren vier kleinen, aber feinen Wänden sogar ein äußerst gemütliches Wohnzimmereckchen eingerichtet: ein Platz für sich und natürlich die vielen Freunde und Kunstliebhaber zum Austauschen, Diskutieren oder einfach nur zum Chillen.

Das Motto lautet: Kunst gehört zur Schau gestellt und darf nicht hinter einem Vor-hang versteckt werden. Dabei ist ihnen der persönliche Kontakt zu anderen Künstlern und Kunstinteressierten besonders wich-tig. Auch Externe dürfen in ihrem Ate-lier arbeiten und ausstellen. Das neueste Schmankerl aber sind die sogenannten Sa-lonabende, eine Transformation der histo-rischen Salonabende des 19. Jahrhunderts als kulturelles Zusammentreffen in unser modernes Zeitalter. Die Korken knallen, laute Rockmusik wabert aus den Boxen, vie-le interessante Menschen unterhalten sich

angeregt – eine Mischung aus Galerieatmo-sphäre und Privatparty mit Programm. Zwi-schendurch werden die Regler immer wieder nach links gedreht, um Nachwuchskünstlern mit Lesungen, aber auch musikalisch be-gleiteten literarischen Versen, Gesang, Ge-dichten, Kurzgeschichten oder einfach nur notierten Gedanken genügend Freiraum zu lassen.

Willkommener AustauschGleich geht’s los. Der Vorleser setzt sich in einen Sessel, der mindestens in den 70er Jah-ren, höchstwahrscheinlich früher, gefertigt wurde. Die Besucher sind irgendwie überall: sitzend auf dem Boden, an der Wand neben einem Porträtgemälde lehnend oder vor dem Atelier im Flur. Applaus und weiter. Wieder Musik und aktiver Austausch über das Vor-getragene, die Werke an den Wänden oder einfach nur über das, was letztes Wochenen-de passiert ist. Oder passieren wird?

Jeder ist hier willkommen und hat die Möglichkeit auf irgendeine Art mitzuma-chen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Ricarda ein Faible für die Nostalgie und Romantik eines Salonabends hat und eine stilechte Saloniere ist. Die nächste Möglich-keit einen solchen Abend mitzuerleben bietet sich bereits im Oktober und ist allemal einen Besuch wert.

Rückblick Daktylus #12Eine Frau steigt aus dem Wasser, in den Händen hält sie eine Schreibmaschine. Die Frau ist auf der Suche, aber wonach? Sie ist orientierungslos. Das Geräusch des Betätigens der Schreibmasche ist seltsam vertraut. Genauso wie der Ort, zu dem es sie zieht. Dort spürt sie die Anwesenheit von Menschen, die ihr nahezustehen scheinen. Alles fühlt sich bekannt an und doch erscheint es ihr unwirklich, sie selbst erscheint sich unwirklich. Ein Haus erinnert sie an das Gefühl von Geborgenheit aus früherer Zeit und sie betritt es. Dort fängt ein Bilderrahmen ihren Blick. Sie versucht, eine Erinnerung zu greifen, doch es gelingt nicht. Erschöpft fällt die Frau in einen tiefen Schlaf.

In einer früheren Zeit: Nur der Rahmen zeigt, was hätte sein können.

Eine Bildergeschichte – zweiter Teil

daktylus

26 ARTISHOCKE

Im Licht fügt sich zusammen, was getrennt wurde.

Erinnerung an glückliche Zeiten. Doch das Geräusch der Schreibmaschine verklingt, wird dumpf. Schwappt aus dem Traum des Großvaters in die Wirklichkeit. Die Schreibmaschine ist die Brücke zwischen Traum und Realität und ein Symbol der Erinnerung an die Enkelin.

OUTFIT ///

ANNA KRUS /// POLYESTERSHOCK VINTAGE STORE

WWW.POLYESTERSHOCK.COM

NORBERT OLLIG /// GALANT SCHÖNE SACHE

WWW.GALANT-KOELN.DE

MODEL ///

LILLI LOUISE LENZ

NORBERT OLLIG

ARTISHOCKE E.V. ///

MIRIAM BARZYNSKI, CLAUDIA BRÜCKNER,

PHILIPP DREBER, ANDREAS LENZ,

CHRISTIAN SCHNEIDER, ANDI WAHLE

WEITERE INFOS ///

WWW.NULL22EINS-MAGAZIN.DE

WWW.FACEBOOK.COM/NULL22EINS

EIN BESONDERES DANKESCHÖN AN ///

FABIAN WAHRSCHEINLICH

ODONIEN

WWW.ODONIEN.DE

TEXT ///

MIRIAM BARZYNSKI

FOTOS ///

ALESSANDRO DE MATTEIS

WWW.ALESSANDRODEMATTEIS.COM

FOTO-ASSISTENT ///

HOUTAN NOURIAN

WWW.HOUTANNOURIAN.EU

HAIR- & MAKEUP ARTIST ///

KATHRIN MÜLLER

WWW.FACEBOOK.COM/KATHRINMUELLERMAKEUP

TRAILER ///

CHRISTIAN SCHNEIDER

WWW.DASAUGE.DE/-CHRISTIAN-SCHNEIDER

MUSIK ///

STEFANIE GRAWE / GRAY

WWW.GRAYMUSIC.DE

29ARTISHOCKE

Das Independet-Label Ki Records hat seine Wurzeln tief in die Kölner Musikszene gegraben und ist längst weit über die Stadtgrenzen hinausgewachsen.

Ki ist Japanisch und bedeutet Baum. Ebenso organisch ist das Label seit seiner Gründung 2009 gewachsen und wird von den Freunden Amelie, Freda, Christian, Mitch, Marius, Timo und Paul gestemmt. Zwölf Künstler, die eine Passion zu elektronischen Klängen teilen, veröffentlichen inzwischen ihre Wer-ke im Rahmen von Ki Records. Bei der Aus-wahl der Musik möchte sich das Label nicht auf eine Nische konzentrieren, sondern durch Abwechslung glänzen. Gemeinsam haben alle Veröffentlichungen, dass sie aus der breiten Masse hervorstechen. „Ich höre immer sehr überraschtes Feedback“, freut sich Mitgründer Mitch. „Die Leute honorie-ren unseren Mut, diese Musik zu veröffentli-chen. Das ist das schönste Kompliment!“

30 MUSIK

Vinyl ist unser Medium2009 war kein leichtes Jahr für die Grün-dung eines Plattenlabels. Zum damaligen Zeitpunkt galt Vinyl als überholt und die Leute griffen verstärkt zu anderen, in erster Linie digitalen Tonträgern. Trotzdem setzt das Label auf die runden Scheiben. Haupt-grund hierfür ist der Platz, den ein Platten-Cover zur Gestaltung bietet. Christian Löff-ler gestaltet seine Veröffentlichungen selbst. Andere Werke werden von unabhängigen Künstlern beigesteuert. Dabei handelt es sich um Freunde des Labels und um frem-de Künstler, die auf das Label aufmerksam geworden sind und ihre Mithilfe anbieten. Für Marius schwingt bei der Wahl des Me-diums die Qualität mit, auf die Ki Records in allen Bereichen setzt: „Es ist schön, eine Platte in der Hand zu halten und das Cover zu bestaunen. Die Platten und der künstle-rische Aspekt der Cover unterstreichen die Wertigkeit des Gesamtproduktes.“

Nachhaltigkeit der MusikDa es heute schon mit wenig Aufwand möglich ist, Musik zu produzieren, wird der Markt mit Neuerscheinungen überflu-tet. „Früher hat man sich wieder und wieder das gleiche Album angehört. Heutzutage ist Musik sehr schnelllebig“, stellt Label-Grün-der Paul fest und möchte dem Trend mit Ki Records auch in Zukunft entgegensteuern:

„Wir versuchen die Musikkultur zu erhalten, indem wir Musik veröffentlichen, die man sich auch noch in vielen Jahren anhören möchte.“ Aktuell steht die Veröffentlichung des neuen Albums „Floating Underwater“ von Daisuke Tanabe an, der seit den ersten Tagen bei Ki Records dabei ist und damals das Logo des Labels gestaltet hat.

Der wohl bekannteste Künstler ist Christi-an Löffler, der das Label zusammen mit sei-nem Schulfreund Paul ins Leben gerufen hat.

„Am Anfang war es ein Abenteuer und auch etwas naiv“, reflektiert Paul die Gründung. Mittlerweile hat sich Ki Records aber einen Namen in der Szene gemacht und zahlreiche Künstler wollen ein Teil davon werden. Auch wenn nicht jedes eingesendete Material den Ansprüchen des Labels standhält, findet es Beachtung: „Man muss sich alles anhören, weil sich dazwischen wahre Schätze verber-gen.“ Das Demo-Material von Sean Piñeiro, einem der jüngsten Neuzugänge, ist auf so viel Begeisterung gestoßen, dass Ki Records kurze Zeit später ein komplettes Album mit ihm veröffentlicht hat.

Musik, die verbindet„Was ich schön finde, ist die persönliche Ebe-ne“, meint Marius Sahdeeq, einer der Künst-ler des Labels. „Wenn einer von uns einen Gig hat, treffen wir uns vorher zum Abend-essen und gehen gemeinsam hin.“ Im Hin-tergrund arbeiten Amelie, Freda und Timo ehrenamtlich und kümmern sich um Fotos, Pressetexte und den Vertrieb der Veröffent-lichungen. Zuletzt waren die Beteiligten auf dem Label-Showcase in Brüssel vereint. Dadurch, dass die Musiker sich untereinan-der kennen, inspirieren sie sich gegenseitig.

„Durch Ki-Records bin ich zu Musik gekom-men, die ich sonst nicht gehört hätte“, erklärt Marius weiter, „von Techno mit Tiefsinn, bis Elektronika ist alles vertreten.“

WEITERE INFOS ///

WWW.KI-RECORDS.COM

TEXT /// SIMONE KOLLMANN

FOTOS /// KI RECORDS

MUSIK 31

Es geht um die Ruhe vor dem Sturm oder das Chaos danach. Der Auf­stieg nach dem Fall oder der Fall nach dem Aufstieg. Das ist ganz abhän­gig da von, wo man sich auf der Suche nach sich selbst befindet. Denn still steht nichts. Diesem Widerspruch, diesem Möbius’schen Band ha­ben sich the blackwhitecolorful verschrieben. Mittels des Sprachrohrs des Alternati ve Rock, mit hier und da einer Leihe aus Post­Rock und Post­Hardcore, setzen Sascha (Gesang, Gitarre), Jonas (Bass/Synths), Mathias (Gitarre) und Lukas (Drums) seit 2013 an, diesen mit einem hörbaren Gewand zu versehen. In verschie dene, kleine Kapitel unterteilt, demonstriert ihre kürzlich erschienene Debüt­EP die Reise eines Ichs nach sich selbst – mit Ruhe und mit Sturm.

Aus lockeren Proben um halb drei ist das Bandprojekt Half Past 2 entstanden, das sich heute in Köln wohlfühlt. Christian, Nico und Stefan machen Musik, weil es ihnen Spaß macht – und das hört man auch. Half Past 2 steht für eine klangvolle Mischung aus luftigen Pop­ und treibenden Alternative­Rock­Songs, die ins Ohr gehen. Den Half Past 2­Sound gibt es bald auch für zuhause und unterwegs: Nach knapp zehn Jahren Live­Erfahrung nimmt die Band zurzeit ihr erstes Album auf: „The Monster We Created“ wird voraussichtlich nächstes Jahr fertig sein. Doch auch jetzt schon lohnt es sich, auf den Half Past 2­Internetseiten vorbei­zuschauen. Dort lassen sich die Aufnahmen mitverfolgen und in regelmäßigen Abständen immer neue Ergebnisse hören.

THE BLACKWHITECOLORFUL

HALF PAST 2

ICH ZU SICH SELBST

VON LIVE AUF LP

WEITERE INFOS ///

WWW.THEBLACKWHITECOLORFUL.COM

WWW.THEBLACKWHITECOLORFUL.BANDCAMP.COM

Das ist unsere Plattform für Musiker aus und in Köln. Egal, ob ganz frisch im Geschäft, etabliert oder kurz vor dem großen Durchbruch: Die Bands und Künstler leisten ihren kleinen Beitrag und helfen, diese Seite zu produzieren. Interesse? E-Mail an: [email protected]

WEITERE INFOS ///

WWW.HALFPASTTWO.DE

WWW.FACEBOOK.COM/HALFPAST2

WWW.SOUNDCLOUD.COM/HALF-PAST-2

Musik in KÖLN

32 ANZEIGEN

Wortlos betritt das als Trio gegründete Ambientrockprojekt die Synapsenlandschaft des Hörers und lässt ihn zwischen Klang und Geräusch taumeln. Dunkel, melancholisch – kreischend und zart. Eine erste EP und Hörproben des bald erscheinenden Albums fin­det man hier:

„Wir sind Träumer, die keiner liebt – aber bleiben Träumer aus Prinzip.“ Diese Zeile aus dem Song „Stampede“ verrät viel über das Selbstverständnis des Künstlers Litman: Tief verwurzelt in der Hip Hop­Kultur ist der stetige Antrieb seines Schaffens, seinen Gefüh­len und Gedankengängen Ausdruck zu verleihen. Die Erwartungs­haltung Anderer spielt dabei keine Rolle – nach über 15 Jahren am Mic ist Musik ein existentieller Bestandteil seines Lebens. Litman schreibt Texte, produziert Beats und ist ein ausgeprägter Vinyljun­kie. Die musikalische Unterlegung seiner persönlichen Texte sind zeitlose Sample­Collagen. Seine aktuelle EP „Sepia“ kann man über www.litman.bandcamp.com/album/sepia downloaden. Weitere Projekte, z. B. eine EP mit dem US­Rapper Foodie, stehen kurz vor der Fertigstellung. Und auch in der Zukunft werden weitere musi­kalische Taten folgen. Denn ein Leben ohne Musik ist für ihn keine Option.

ELEPHANTS ON OUR GRAVES

LITMAN

KLANGFARBEN

KEIN LEBEN OHNE MUSIK

WEITERE INFOS ///

WWW.FACEBOOK.COM/LITMANONE

WEITERE INFOS ///

WWW.ELEPHANTSONOURGRAVES.BANDCAMP.COM

WWW.FACEBOOK.COM/ELEPHANTSONOURGRAVES

33ANZEIGEN

TEXT /// MIRIAM BARZYNSKI

FOTOS, SCHNITT & MATERIAL /// EMI MARIA BOHACEK

Depression und Burnout sind heute allgegenwärtig und gerade im beruflichen Umfeld gängige Begriffe. Aus Angst vor Stigmatisierung teilen sich betroffene Menschen oft nicht mit. Nicole de Cruppé möchte dies mit ihrer Soloperformance NOT / AUFNAHME ändern.

Die Idee zu NOT / AUFNAHME entstand während eines Klinikaufenthalts, bei dem sich Nicole de Cruppé intensiv mit sich und dem eigenen Platz in der Gesellschaft ausei-nandersetzte. Hieraus entstand das Bedürf-nis, diese Erfahrung mit anderen Menschen zu teilen. Denn eigentlich hat fast jeder das Gefühl von Traurigkeit, Einsamkeit und Entschlusslosigkeit bereits im eigenen Leben erfahren. Heute werden derartige Gemüts-verfassungen unter Depression als Diagnose zusammengefasst, was seit der Ökonomisie-rung von Gesundheit auch wirtschaftliche Gründe hat: Die Diagnose kann schnell ge-stellt werden und bringt beispielsweise der Pharmaindustrie höhere Absätze. Zudem werden diese Emotionen als Schwäche eines Menschen umgedeutet, sodass dieser durch das Raster der Leistungsgesellschaft fällt.

Eine Ode an das MenschseinNicole steht bei der Performance selbst auf der Bühne. Diese persönliche und intime Umsetzung gewährleistet die nötige Authen-

Not / Aufnahme

34 THEATER

WEITERE INFOS ///

WWW.FACEBOOK.COM/NOTAUFNAHME.NICOLEDECRUPPE

WWW.EMIMARIABOHACEK.WORDPRESS.COM

WWW.THEATERJOBS.DE/NICOLEDECRUPPÉ

tizität und Nähe, damit sich der Zuschauer in NOT / AUFNAHME wiedererkennen und neu entdecken kann. Im Hintergrund wer-den scheinbar unvereinbare Motive wie Na-tur und z. B. Beton in Form von Fotos gezeigt und durch Zeitraffer doch verbunden. Hier-zu werden Porträtfotos unterschiedlichster Menschen kombiniert, die während eines Shootings mit der Fotografin Emi Maria Bohacek entstanden sind. Um den Fotos die Flüchtigkeit zu nehmen, kann der Besucher die Portraits im Rahmen einer Ausstellung genauer betrachten und die Einzigartigkeit der Menschen in ihrer Gleichheit und Un-gleichheit ergründen. Nicole und die Foto-grafin sind vor Ort und stehen für Fragen zur Verfügung. Der Austausch eigener Er-fahrungen und der persönliche Kontakt sind essenziell für das Projekt: Sie sollen dem Be-sucher die Scheu nehmen und einen offenen Umgang mit den Themen Depression und Burnout fördern.

Utopische AnsprüchEDepression und Burnout können als ge-rechtfertigte Reaktion auf die Widersprüch-lichkeit gesellschaftlicher Erwartungen an-gesehen werden: Einerseits bedarf es einer gewissen Rücksichtslosigkeit in der Arbeits-welt, um sich gegen die Konkurrenz durch-setzen zu können. Andererseits ist soziales Engagement im Lebenslauf gern gesehen. Eigeninitiative ist zwar vorbildlich, aber nur

innerhalb vorgegebener Regeln erwünscht. Die hochtechnisierte Welt evoziert außerdem einen ständigen Vergleich des Menschen mit der Leistung des Computers, der ihm seine vermeintliche Fehlerhaftigkeit, mangelnde Effizienz in Arbeitsprozessen und Ersetzbar-keit vor Augen führt. NOT / AUFNAHME appelliert an die Verantwortung jedes ein-zelnen Menschen. Er soll sich bewusst da-rüber werden, dass er selbst Teil des Systems ist und auch etwas daran ändern kann. Die Performance konzentriert sich bewusst auf das Menschsein in seiner konformen und non-konformen Existenz durch Bewegung, Stimme, Berührung, Ton, Fotografie und Video. Die Verbindung verschiedener künst-lerischer Mittel verdeutlicht eindrucksvoll, was den Menschen ausmacht, die digitale Kommunikation aber an ihre Grenzen treibt: menschliche Nähe.

Crowdfunding für die PremiereDer immensen Einsatzbereitschaft der Betei-ligten ist es zu verdanken, dass NOT / AUF-NAHME umgesetzt werden kann. Für das Vorankommen des Projekts ist aber weitere finanzielle Unterstützung notwendig, unter anderem für Räumlichkeiten und Material. Unter www.visionbakery.com/notaufnahme kann man seinen Teil dazu beitragen. Die Premiere findet voraussichtlich im Februar 2015 in Berlin, im März dann in Köln statt.

Not / Aufnahme

ein szenischer Spaziergang

TEXT /// MARIA AGUILAR

ILLUSTRATIONEN /// FRICKA LANGHAMMER

WEITERE INFOS ///

WWW.ACADEMY-COLOGNE.ORG

Wir Lassen uns ein auf eine Stadtführung der anderen Art.

Vorhang auf für Köln-kalk, eine hommage an das Flanieren.

Willkommen bei einem Kunstprojekt.

Kalk, am Spielplatz hinter den Köln Arcaden. Ich hatte schon befürchtet, der Spaziergang würde buchstäblich ins Wasser fallen. Doch ein kleines Sommergewitter soll die Premiere nicht verhindern. Ich bekomme freundlich einen Jutebeutel mit orangefarbenem Strei-fen in die Hand gedrückt. Eine junge Frau kommt auf mich zu. „Bist du orange? Hast du Lust auf einen Spaziergang mit mir?“ Es geht also los. Ich bin allein, scheinbar orange und ein bisschen beschämt. Normalerweise spaziert man in kleinen Gruppen. Ich aber marschiere mit meiner sympathischen Be-gleiterin allein los. Sie legt ein freundliches Grinsen auf und beginnt ihren Monolog.

„Geister jagen. Ein szenischer Spaziergang zu den Dingen, die heimsuchen“ ist ein Pro-

36 KÖLNER ORTE

37KÖLNER ORTE

jekt der Kulturwissenschaftsstudentinnen Maike Berger und Julia Wellmann, gefördert durch die Junge Akademie der Künste. Die Idee entsprang einer Masterarbeit und konnte schnell Freunde und Bekannte zum Mitma-chen begeistern. Die elf Darsteller, meist eher Laien auf dem Gebiet der Schauspielerei, leben in Kalk oder fühlen sich auf besondere Art und Weise mit dem Ort verbunden.

Geballte Geschichte aus aller WeltDer Spaziergang geht durch die kleinen, nas-sen Kalker Nebenstraßen. Vorbei an grau gekachelten Häusern, schnuckeligen Eck-Kneipen und spielenden Kindern. „Hier habe ich mal gewohnt. Komisch oder?“, sagt mei-ne Begleitung, ihren Monolog weiterführend, und zeigt auf ein typisches Kölsches Arbei-terhaus, aus dem neugierig eine alte Frau durch ihre Gardinen lugt. Meine Begleiterin reibt etwas Putz von einer der vielen maro-den Wände. „Hast du dich mal gefragt, was hinter dieser Mauer steckt, hinter dem Putz?“ Kalk, einst ein kleiner Pilgerort, hatte sich im 19. Jahrhundert zu einem beachtlichen In-dustriestädtchen gemausert und wurde 1910 von der Stadt Köln eingemeindet. Im zweiten Weltkrieg fast gänzlich zerstört, erfolgte der Wiederaufbau in Windeseile. Heute ist Kalk einer der Kölner Stadtteile mit dem höchsten Migrationsanteil. Hinter diesem Putz liegt also sehr viel mehr, als zunächst erwartet. Das Veedel Kalk unterlag einem ständigen Wandel, der durch die Einwohner und deren vielfältigen Geschichten besonders geprägt wurde.

FlanierenDem, was dahinter steckt, dem Geist, den dieser Wandel mit sich trägt, versucht sich der Spaziergang zu nähern. Wir pflücken eine Blume, entdecken eine winzige rosafar-bene Haarspange, fühlen uns fast verbunden mit dem muskelbepackten jungen Mann mit Boxer, der uns kaum ausweicht. Wir saugen unsere Umgebung bei diesem Spaziergang scheinbar in uns auf. „Bist du ein Flaneur?“ Ich schaue verdutzt. Sie zeigt auf meinen Jutebeutel. Da steht es: „Flaneur“. „Sagt dir Walter Benjamins Flaneur-Konzept etwas?“ Im selben Moment beginnt es heftig zu reg-nen. Gerade rechtzeitig erreichen wir den Klub Genau und finden Unterschlupf. Der Regen fällt schwer, dumpf und irgendwie be-ruhigend auf das Wellblechdach der alterna-tiven Kalker Kulturinstitution.

Am „Flaneur“, einer Figur, die unter ande-rem von dem Philosophen Walter Benjamin sowie den Schriftstellern Gustave Flaubert und Charles Baudelaire besprochen wurde,

scheint sich dieser szenische Spaziergang tatsächlich zu orientieren. Der Flaneur als ein aufmerksamer Spaziergänger nimmt sich in aller Ruhe Zeit, das unbändige Treiben der durch die Industrialisierung geprägten, wachsenden Großstadt des 20. Jahrhunderts aufmerksam zu beobachten. Dabei wird er selbst als ein Teil der Masse unsichtbar und gleichermaßen hoffnungslos überflutet von seinen Eindrücken. Das Projekt „Geister jagen“ nimmt dieses urbane Gefühl voll-kommen auf. Der gemeinsame Spaziergang entpuppt sich als eine wilde Flut von Denk-anstößen. Die kleine Expedition, ununter-brochen begleitet durch den Monolog der Darsteller, schneidet den nächtlichen Spuk der Gedanken, die einen nicht einschlafen lassen wollen, ebenso an, wie die Geister der Ahnen, die besonders in Kalk aus aller Welt zusammenkommen. Vor allem aber ist dieser Spaziergang ein Aufruf – ein Aufruf zum de-taillierten Beobachten und Hinterfragen un-serer direkten Umgebung. Was bringt mein Viertel mit sich? Welche Geschichten und Geister schlummern in seinen Gemäuern?

„Geister jagen“ schenkt uns eine Anleitung zum modernen Flanieren im 21. Jahrhundert und tatsächlich verlässt man diesen Spazier-gang mit geschärftem Blick. Diesen Herbst steht womöglich eine weitere Runde an.

38 SPORT

TEXT /// BRITTA DE MATTEIS

FOTOS /// ALESSANDRO DE MATTEIS

WEITERE INFOS ///

WWW.PADEL-COLONIA.COM

WWW.CAMPUSSPORT-KOELN.DE/SPORTCOURTS/PADEL

WARTET MAL FÜNF JAHRE

39SPORT

Überrascht darüber, dass es in Köln gar kei-nen Padel-Court gab, muss Ignacio Gutiérrez wohl nachsinnend die schattige Allee an der Uni-Mensa vorbei geschlendert sein. Da fiel sein Blick plötzlich auf eine unfertige Anlage auf dem neuen campussport-Gelände. „Das wird doch ein Padel-Court!“ In Deutschland stehen heute knapp 50.000 Tennisplätze ge-rade einmal 15 Padel-Courts gegenüber. In Spanien waren es schon 2010 über 100.000 Padelplätze – und heute wohl dreimal mehr.

Trendsport in SpanienIgnacio, Spitzname Nacho, hat die rasante Entwicklung dieser Sportart in seiner Hei-mat Málaga selbst miterlebt und aktiv gestal-tet. Jede Wohnanlage hat mittlerweile eigene Spielplätze, die recht schnell und unaufwen-dig gebaut werden können. Spanien verließ er im vergangenen Jahr eigentlich, da er vom Fachkräftemangel in Deutschland hör-te und sich als Chemie-Ingenieur bei vielen deutschen Firmen bewarb. Allerdings ohne Erfolg. Doch hier war sie: seine Chance für Arbeit und Aufenthalt in Köln. Sofort nach Fertigstellung des Courts spielte er los. Da er eindeutig der beste Spieler war, wurde er

Zwar aus Tennis entstanden wirkt die Sportart Padel gar nicht elitär und abgrenzend, sondern verbindend und für jeden zugänglich. Und sie verbreitet sich rasend schnell. ohne Umschweife von der Uni Köln als Trai-

ner angeheuert. Mit der 15-jährigen Spieler-fahrung und seiner Leidenschaft zu unter-richten war er genau der Richtige. Ignacio ist unter anderem ausgebildeter Lehrer für Tennis, Spanisch, Tango und Segeln. Mitt-lerweile kann er 19 Stunden pro Woche sei-nen Lieblingssport verbreiten und natürlich selbst spielen.

Einfacher Spaß im DoppelDie Sportart Padel ist 1965 in Mexiko ent-standen und verbindet Elemente von Squash und Tennis zu einem bewegungsreichen Rückschlagspiel, das immer im Doppel, also zu viert, gespielt wird. Die Grundtechniken sind sehr leicht zu lernen. Anfängern hilft, dass sie eine zweite Schlagchance bekommen, wenn der Ball von den umgebenden Wänden abprallt. Der Spielcourt ist ungefähr halb so groß wie ein Tennisplatz, auf halber Länge ist ein recht niedriges Netz gespannt. Der Padel-Schläger ist leicht und kurz. Gespielt wird mit einem Tennisball, der einen etwas geringeren Innendruck hat, sodass die Spielgeschwin-digkeit reduziert wird. Zudem bringt Padel die Menschen zusammen: „Männer wie Frauen, Kinder wie Erwachsene, Profis und Anfänger spielen gemeinsam. Eine gute Art, neue Leute kennenzulernen“, findet Ignacio.

Rasante Entwicklung Er strahlt bei der Idee, in das „Geschäft“ Pa-del einzusteigen: „Ich möchte den ersten überdachten Padel-Court für Köln bauen.“ Nacho spricht mit einem Glitzern in den Augen von einer ganzen Padel-Generation. Denn in Spanien sind die jetzigen Teenager nicht mehr mit Tennis, sondern direkt mit Padel aufgewachsen. Seine logische Konse-quenz: „Tennis ist tot – es lebe Padel! Viel-leicht auch bald in Deutschland. Wartet mal fünf Jahre!“

TEXT /// ANDREAS RICHARTZ

FOTOS /// MADAME ROSSI

„Literatur findet Stadt“, so lautet das Credo des Literatur-Vereins rhein-wörtlich e.V. Über die Vielfalt der Edition „12 Farben“ zeigt Bettina Hesse, wie Literatur wieder stärker bei uns ankommen kann.

Bettina Hesse ist eine eloquente und amüsan-te Gesprächspartnerin. Außerdem ist sie eine leidenschaftliche Kämpferin für die Literatur. Das hat sie jahrelang als Verlegerin in ihrem kleinen, aber feinen Verlag „Tisch 7“, als He-rausgeberin diverser Anthologien und als Au-torin und Kulturjournalistin bewiesen. „rhein wörtlich“ heißt ihr derzeit größtes Projekt, das sie als Gründerin und erste Vorsitzende ge-meinsam mit Christof Bultmann als Zweihirn-Think-Tank realisiert. Neben der ständigen Suche nach Fördermitteln, erweist sie sich als findige Agentin außerordentlicher Literatur. Während Bultmann als zweiter Vorsitzender mehr für die mediale Präsentation verant-wortlich ist, arbeiten beide als Lektoren gleich-berechtigt, wenn ein neuer Band ihres ambitio-nierten Projektes „12 Farben“ den Feinschliff erhalten soll. Doch Bettina Hesse will mehr.

Sie sieht sich nicht lediglich als Promoterin der schönen literarischen Künste, sondern auch als Veranstalterin. „Dinge anfassen, die einen Stich ins Wespennest bedeuten.“ Man merkt es schnell: Sie kennt auch die saturierten Seiten des Literaturbetriebs in- und auswendig.

Dass sie ihre auf 12 Bände angelegte Editi-on als Vereinsvorsitzende herausgibt, ist dabei für all jene selbsterklärend, die einmal versucht haben, kulturelle Projekte zu stemmen, ohne dabei die eigene Privatkasse zu plündern. So sind es u.a. die Kunststiftung NRW und das Förderprogramm der SK-Stiftung Kultur, so-wie das Kulturamt der Stadt Köln, die ihr helfen. Trotzdem: „Bei uns kann man auch Mitglied werden“, betont Hesse. Sondervergünstigungen bei den Veranstaltungen des Vereins sowie ein Freiexemplar jeder Neuerscheinung sind dabei obligatorisch.

Lasst Literatur Stadt finden!

40 PORTRÄT

WEITERE INFOS ///

WWW.RHEIN-WOERTLICH.DE

Seit 2011 erscheinen die Erstveröffentlichun-gen in einer Auflage von jeweils 600 Exemp-laren. Acht Bände sind bislang erschienen, das Projekt befindet sich also im letzten Drittel auf der Zielgeraden. Aktuell arbeitet Ulrike Anna Bleier mit ihrer Erzählung „Miriam” an der neunten Veröffentlichung der „12 Farben“.

Literarische UnterhaltungDie Edition lebt von wunderbaren Texten wie Selim Özdoğans „Was wir hörten, als wir nach der Wahrheit suchten“ als siebter Band – ein glänzendes Buch, das fiktionale Plattenkri-tiken fiktionaler Bands vereint, die Özdoğan zu Miniaturen eines popkulturellen Diskur-ses komponiert und das bereits im Titel das Spiel um Wahrheit und Lüge in der Literatur führt; ein Heidenspaß literarischer Hoch-Unterhaltung. Bettina Hesse selbst ist auch mit einem Band vertreten. Das kommentiert sie mit sympathischem Understatement: „Ei-gentlich erscheint man ja nicht in der eigenen Reihe.” Dennoch: Ihr Buch ist eine kunstvoll geschachtelten Zeitreise des Erinnerns an eine vergangene (Körper-)Liebe. „Am Ende anfan-gen“ wird durch das Konzept der an jeden Text der Reihe anschließenden Poetologie, einem Werkstattbericht zur eigentlichen Erzählung, noch voller, noch pittoresker und dabei klarer.

„Der Reiz der Konzeption liegt in der Freiheit der Poetologie als Einblick in die Werkstatt, privat-autobiographisch, hochphilosophisch, aber niemand ‚erklärt’ seinen Text. Es han-delt sich um eine zusätzliche Textart.” Und das Konzept geht auf: Wo man sonst Königs Erläuterungen oder die blauen Reclam-Hefte bemühen muss, um auf die Metaebene, die textimplizite Mentalitätsgeschichte eines Pri-märtextes zu stoßen, liefern die Autoren der

„12 Farben” diese Ebene gleich mit – ohne den Duktus literaturwissenschaftlicher Verbrä-mung, sondern mit Lust an der Erfüllung der Vorgabe, einen zweiten Text zum oder über den eigentlichen Text zu schreiben. Wobei

dies nicht immer so weit führen mag wie bei Ulrike Anna Bleier, deren Poetologie ein fik-tionales Eigenleben erhält, da sie der (Schein-)Frage nachgeht, inwieweit die Grenzen von fiktionalem Text und Werkstattbericht aufge-hoben werden können, eine Idee mit literar-experimentellem Charakter.

Kunstverein für LiteraturWesentlicher Teil des Konzeptes von „12 Far-ben“ ist aber auch das, was Hesse als „Perfor-mance von Literatur“ beschreibt: an außer-ordentlichen Orten Buchpremieren „Stadt finden“ zu lassen und dabei den Rahmen zu erweitern für diverse künstlerische Darbie-tungen. Vermittlung von Literatur im perfor-mativen Akt: Damit kommt „rhein-wörtlich e.V.“ dem nahe, was die deutschen Kunstver-eine für ihre Kunst vermittelnden Projekte als Selbstverständlichkeit erachten. So wird die Veröffentlichung eines der Abschlussbände der Edition, Stan Lafleurs „Rhein-Meditation”, im nächsten Jahr als Buchpremiere im Pump-werk angedacht.

Nicht zuletzt die Rezeptionsgeschichte der Edition ist ein großer Erfolg: In der Tagespres-se wurden alle bislang erschienenen Bände be-sprochen. Der erste Band der gesamten Reihe wurde in Roger Willemsens und Martin Stan-kowskis Literatur-Talk in Würselen mit einer Auszug-Lesung und Besprechung bedacht – ein Glücksfall. Stankowski war denn auch der erste Abonnent der Edition, bald folgte das prominente Deutsche Literaturarchiv Mar-bach. Den Ritterschlag aber erhielten die „12 Farben“ durch Peter Handke. Voll des Lobes schrieb dieser an den Autor des achten Ban-des, Roland E. Koch, einen ganzseitigen Brief. Sein Buch „Alleestraße“ sei einfach im Erzäh-len ohne Urteilen. Die Wertschätzung aus der Feder eines Großen der deutschsprachigen Li-teratur belegt: Eine schönere Adelung für ein rundum gelungenes Literatur-Projekt kann es kaum geben.

41PORTRÄT

Gegen Klischees und „abgedroschenes, paternalistisches

Entwicklungshelferzeug“

TEXT /// CHRISTINA LÖW

ILLUSTRATION /// SABRINA HALBE

WEITERE INFOS /// WWW.FILME-AUS-AFRIKA.DE

Jenseits VON EUROPA

AFRIKA-FILM-FESTIVAL

42 EVENT

„Jenseits von Europa“ ist mehr als nur der Titel des Kölner Afrika-Film-Festivals, das dieses Jahr zum 13. Mal stattfindet: Es steht für einen authentischen Blick von afrikani-schen Filmemacherinnen und Filmemachern auf ihren Kontinent. Filme, die aus Afrika auf Afrika schauen, stehen im Mittelpunkt. Wichtig ist der direkte, persönliche und aus-führliche Bezug zu den Ländern, die in den Filmen gezeigt werden. Damit entspricht „Jenseits von Europa“ voll und ganz den Zielen, die sich FilmIniti-ativ Köln e.V. schon zu seiner Gründung ge-setzt hat: Seit 1988 will der Verein vor allem den Filmen einen Raum schaffen, die aktu-elle weltpolitische Ereignisse diskutieren und dokumentieren - und dadurch auch zum in-terkulturellen Austausch anregen. Der Fokus auf das zeitgenössische afrikanische Kino kam 1992 hinzu, als sich die Weltbevölke-rung mit dem 500. Jahrestag der Koloniali-sierung Amerikas befasste und laut Film-Initiativ Köln einen entscheidenden Faktor vergaß: „Kolonialismus und Eroberung be-gann in Afrika schon vorher, bevor die Euro-päer nach Lateinamerika kamen - zumindest an den Küsten.“ Als eine Art ‚Gegenveranstaltung‘ wurde die erste Filmreihe mit afrikanischen Filmen organisiert, mit dem in Deutschland auffind-baren Material eine Herausforderung: „Was

man hauptsächlich fand, war so abgedro-schenes, paternalistisches Entwicklungshel-ferzeug, was man auf keinen Fall zeigen oder unterstützen wollte“, stellt Karl Rössel fest.

Die Mühe hat sich aber gelohnt: Entstan-den ist das biennal veranstaltete Kölner Afri-ka-Film-Festival, das sich über die rund zwei Jahrzehnte seit seiner Gründung zur um-fassendsten Präsentation des afrikanischen Filmschaffens in Deutschland entwickelt hat. Auch heute noch ist den Veranstaltern beson-ders wichtig, dass die gezeigten filmischen Geschichten aus Afrika von Afrikanerinnen und Afrikanern selbst erzählt werden. Oder wie die Filmregisseurin Sarah Maldoror im Rahmen von „Jenseits von Europa VI“ fest-stellte: „Entscheidend ist unsere Perspektive, uns durch unsere eigenen Bilder zu betrach-ten.“ Bei „Jenseits von Europa“ stehen nicht nur die afrikanischen Filme im Mittelpunkt, von großer Bedeutung sind für FilmInitiativ Köln auch die Filmemacher selbst: Bei den bisher zwölf Ausgaben des Festivals waren mehr als 100 Filmschaffende aus 30 Ländern Afrikas zu Gast – um ihre Filme selbst zu präsentie-ren oder auch die Schirmherrschaft für einen der Festival-Zeiträume zu übernehmen. Die Kölner Veranstalter selbst halten sich eher im Hintergrund. Ein weiterer Aspekt des Festivals, den afrikanischen Gäste wie Ade Bantu Odukoya, Filmemacher aus Lagos und Schirmherr von „Jenseits von Europa XII“, positiv wahrnehmen: „Die Träume, Ängs-te und Hoffnungen eines komplexen, viel-

schichtigen und facettenreichen Kontinents, der 54 Länder umfasst, wurden in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit gerückt. Es ent-stand ausnahmsweise so etwas wie ein ‚Dia-log auf Augenhöhe‘.“ Auch dieses Jahr steht bei „Jenseits von Afrika XIII“ wieder Vielfalt auf dem Pro-gramm: Gezeigt werden 83 Filme aus 27 Ländern Afrikas – aktuelle Produktionen von den wichtigsten afrikanischen Filmfesti-vals (Ougadougou, Tunis, Durban, Sansibar) ebenso wie von Festivals mit Afrika-Fokus aus aller Welt. Inhaltlich werden Filme über Frauen in Afrika neben „LGBTI“-Filmen und Filmen anlässlich der 50-jährigen Städte-partnerschaft Köln-Tunis präsentiert. Spiel-filme finden ihren Platz neben Kurz- und Dokumentarfilmen. In allen werden die ge-sellschaftlichen und politischen Situationen der jeweiligen Länder reflektiert. Zusätzlich gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm mit Ausstellungen, Lesungen, Workshops und Live-Musik, das sich nicht nur auf die eigentlichen zehn Festival-Tage (18. bis 28. September) beschränkt, sondern noch dar-über hinaus geht: Dadurch ist der Kontinent Afrika mit seinen vielen unterschiedlichen Ländern und deren ganz persönlichen Ge-schichten (fast) den ganzen Monat lang an verschiedensten Orten in Köln präsent.

43EVENT

BERUF MIT ZUKUNFT:

3D-DIRECTOR

WEITERE INFOS ///

WWW.HS-FRESENIUS.DE

TEXT /// MELANIE HAHN

ILLUSTRATION /// STEPHANIE PERSONNAZ

44 NETZWERKEN

Morgens das Briefing der Hotelkette bespre-chen, mittags Avatare für den virtuellen Auf-tritt der Messegesellschaft kreieren, abends das Budget der 3D-Konzepte für die Unter-nehmensberatung kalkulieren: So sieht der Arbeitsalltag eines 3D-Directors aus - krea-tiv, abwechslungsreich, verantwortungs- und anspruchsvoll. 3D-Techniken begegnen uns nicht nur auf der Kinoleinwand oder auf dem Computer, sondern auch im Alltag. Tas-sen, Stühle oder Autos: Auch die dreidimen-sionale Gestaltung von Objekten zählt dazu. 3D-Visualisierungen finden sich in einer anspruchsvollen Vortragspräsentation, einer App oder auch einer Print-Werbekampagne. Das 3D-Design dringt zunehmend in alle Bereiche vor: Architektur, Medizin, Tech-nik bis hin zum Marketing. Mit der „dritten Dimension“ können bildliche Inhalte und Informationen neu aufbereitet werden. Das schafft neue Perspektiven, zum Beispiel auch für betriebswirtschaftliche Problemstellun-gen, Visionen oder Prozesse, die sich mit neuester 3D-Technik darstellen lassen.

Chris Wickenden, Diplom-Designer und Studiengangsleiter an der Hochschule Frese-nius in Köln, hatte die Vision, einen Studi-engang zu konzipieren, der sowohl kreative, philosophische als auch unternehmerische Inhalte gleichermaßen bietet. „Ziel ist es, den Studierenden einerseits einen direkten Zugang zur Praxis und den entsprechen-den theoretischen Grundlagen zu gewähren und andererseits eine Plattform zu bieten, abstrakte und reale Themen zu hinterfra-gen, zu beleuchten und zu untersuchen“, so

Chris Wickenden. „Ein 3D-Director muss mehr können als das reine Anwenden von Software-Werkzeug.“ Ein zunehmender Teil der 3D-Kreativen bewegt sich als Freelancer oder selbständiger Unternehmer am Markt. Neben der Voraussetzung, 2D- und 3D-An-wendungen zu beherrschen und dem kreati-ven Umgang mit den neuen Medien, stehen dabei vor allem Anforderungen in den Berei-chen Selbstvermarktung, Management und Akquisition im Vordergrund. Für den 3D-Experten Arndt von Koenigsmarck ist unter-nehmerisches Know-how für das zukünftige Berufsbild besonders wichtig. Klassische Design-Ausbildungen sowie Studienangebo-te, die auf das reine Erlernen von Software-Werkzeugen spezialisiert sind, greifen seiner Meinung nach zu kurz. Ausbildungsziele würden damit häufig auf rein ausführende Tätigkeiten in Werbeagenturen oder in der Filmbranche reduziert.

Von der Theorie zur PraxisNeben der Entwicklung eigener Ideen und Konzepte, ist der 3D-Director auch für Prä-sentationen und die Beratung von Kunden verantwortlich. Seine 3D-Software-Fähigkei-ten und seine unternehmerische Kompetenz erfüllen zwei konkrete Anforderungen des heutigen Managements: Praxis und Profes-sionalität.

So arbeitet ein 3D-Director beispielswei-se im „Store Design“: In einem neuen Ein-kaufszentrum soll ein Laden für eine spezi-elle Zielgruppe entstehen. Der 3D-Director macht mit dem zukünftigen Ladenbesitzer eine Zielgruppenanalyse. Unter Berücksich-tigung der Raumgröße und der Lage sowie des zur Verfügung stehenden Budgets ge-staltet der 3D-Director dann Entwürfe für den neuen Store. Das Konzept, die zeitliche Planung und die Kosten legt er dem Kunden vor. Seine Entwürfe präsentiert er als dreidi-mensionale Modelle am Bildschirm in Form begehbarer Räume. Mithilfe des 3D-Drucks (Rapid-Prototyping) werden außerdem ein-zelne Details des Stores zu Objekten zum Anfassen.

Entwicklung einer Fantasy-Film-FigurEine ganz andere Ebene ergibt sich für 3D-Spezialisten in den Medien: Für eine Film-sequenz benötigt ein Regisseur eine Fanta-syfigur, die den realen Hauptdarsteller auf der Straße begleiten soll. Der Regisseur kann lediglich den Verlauf der Filmsequenz be-schreiben. Der kreative 3D-Director ist in der Lage, sich in die Thematik hineinzuversetzen und die Anforderungen des Regisseurs um-zusetzen. Innerhalb kurzer Zeit liefert er ers-te Ideen zu der Figur in 3D und gibt Impulse zum Verlauf und der Stimmung der Filmse-quenz. Der Regisseur beauftragt die zeitin-

„3D-Mind & Media“: ein Studiengang der Hochschule Fresenius.

tensive und kostenaufwändige Produktion dieser Figur. Der 3D-Director leitet dann ein kleines Team von 3D-Artists, die seinen An-weisungen folgen.

Doch auch auf ganz anderen Gebieten ist 3D künftig fest verankert: 3D-lösungsorien-tierte Denkanstöße und Präsentationen bei-spielsweise gestalten ganze Unternehmens-prozesse: Die Umsätze eines Möbelhauses brechen erheblich ein. Eine beauftragte Un-ternehmensberatung entwickelt Strategien, um diese Umsatzeinbußen zu bremsen. Zu-sammen mit einem 3D-Director beleuchten sie die verschiedenen Einflüsse auf den Um-satzeinbruch von unterschiedlichen Perspek-tiven. Der 3D-Director konzipiert anhand der von der Unternehmensberatung ermit-telten Parameter zum Umsatzverlauf mehre-re Faktoren, mit denen er die Situation drei-dimensional darstellt. Am Ende präsentiert er die Gesamtproblematik in einer dreidi-mensionalen Form, die andere Perspektiven ermöglicht und damit zu neuen Lösungsan-sätzen führt. Die Einsatzmöglichkeiten des 3D-Directors sind also vielfältig. Er kann als Freelancer selbständig für Unternehmen arbeiten, als Festangestellter in einer Werbe-agentur oder einem Designstudio, oder auch in einem Unternehmen mit eigener Pro-duktentwicklung. Es gibt keine Grenzen: ein Kreativ-Beruf mit Zukunft!

45NETZWERKEN

Die Stadt Köln im ausgehenden 19. Jahrhun-dert ist wie viele andere Städte des jungen Deutschen Reichs ein Ort der nationalen und völkischen Begegnung. Weiß trifft auf Schwarz, Europäer auf Afrikaner, Zivilisa-tion auf Barbarei. Zwischen Völkerschau-en, Zeitungsberichten und Plakaten werden Stereotypen des Fremden evoziert. Der edle Wilde und der Neger als Kind stehen dem zi-vilisierten Europäer gegenüber. Ein skurriles Chaos der kulturellen Begegnungen beginnt:

Ein verzweifelter Lehrer wendet sich am 19. Juli 1885 an den Kölner Stadt-Anzeiger, der damals noch eine Beilage der Kölnischen Zeitung ist: Er schreibt, dass er zutiefst be-sorgt sei, über die marodierenden Banden von Jungs, die durch die Straßen ziehen wür-den. Sie hätten sich in der Tracht der Kame-runer verkleidet, die man im Panoptikum sehen könne. Und sie würden mit Steinen nach den Zäunen werfen und wilde Kämpfe auf offener Straße veranstalten. Viel schlim-mer noch: Sie würden ihre Hausaufgaben nicht mehr machen, weil sie lieber Afrikaner spielten.

Die Kinder sind zu dieser Zeit nicht die Ein-zigen, die die Faszination an den Fremden packt. Die ganze Stadt ist im Fieber. Völker-schauen, in denen Stämme aus den fernen Kolonien in Köln auftreten, sind große medi-ale Ereignisse und ziehen ein enormes Publi-kum an. Sie kommen aus Kamerun, aus Togo, Zulus und Nubier, Familien wie Karawanen. Anfangs werden sie tatsächlich im wörtlichen Sinne „ausgestellt“. Wie die Nubier-Karawa-ne, die 1880 nach Köln kommt und deren Mitglieder im Garten eines Riehler Hauses mit ihren Kamelen, Zebus und wilden Eseln verweilen. Bald aber werden ganze Program-me entwickelt. Die Völkerschauteilnehmer tanzen für ihre Zuschauer, sie singen und kämpfen miteinander, sie inszenieren für ihr Publikum sogar kleine Theaterstücke: Ein Frauenraub wird dargestellt, in dessen Folge die Männer gegeneinander antreten müssen. Im Happy End bekommt der Gute die Schö-ne – ein Muster, das sich schon in der mittel-alterlichen Hofliteratur immer gut bewährt hat. Auf der folgenden Hochzeit geben die Afrikaner vor ihren Zuschauern Volkstänze zum Besten und musizieren gemeinsam.

KÖLN IN DER ZEIT DES DEUTSCHEN KOLONIALISMUS

Marodierende Kinderbanden, tanzende Afrikaner und die weit entfernte Wirklichkeit. Ein kommentierender Rückblick auf Kölnische Stadtgeschichte.

47WISSENSCHAFT

Die Wahrnehmung der Fremden ist von Be-ginn an sehr gespalten. Die Kölner sind be-eindruckt von ihrer Schönheit. Regelrechte Schwärme von Männern sollen der schwar-zen Prinzessin Amazula zu Füßen gelegen haben. Manche bieten ihr Geschenke an. Der Bonner Anthropologe Professor Schaaffhau-sen geht sogar so weit und behauptet, die Schönheit der Fremden wissenschaftlich er-weisen zu wollen. Im Stadt-Anzeiger des aus-gehenden 19. Jahrhunderts fallen die Wörter edel, schön und anmutig in vielen Beschrei-bungen. Auch Erotik spielt eine wichtige Rol-le. Spätestens die Dahomey Amazonen lassen vor allem bei den Männern das Blut in Wal-lung geraten. „Wilde Weiber – der Dahomey Amazonen Corps“ wirbt ein Plakat 1880 für die Vorstellung am Panoptikum. „Soldaten im Unterrock“ titelt der Stadt-Anzeiger. „Die Soldatinnen sind schlaue, zumeist wohlge-bildete kastanienbraune Gestalten“, schreibt die Zeitung und spricht später noch von

„schwarzbraunen Damen.“ Im leichten Mie-der tanzen die Amazonen vor ihrem Publi-kum.

Daneben aber wird das Wesen der Afri-kaner auch als laut und wild beschrieben. Es ist von unzivilisierten Menschen die Rede, schmerzunempfindlich und kaltblütig: Die Musik, die lauten Trommeln, die fremden Götzen, die sie anbeten, all das wirkt fremd, all das macht Angst. Und gleichzeitig erzeugt es Mitleid. Das Wesen des Afrikaners wird mit dem eines Kindes gleichgesetzt, es wird von Wüstenkindern, Naturkindern oder

Kindnegern gesprochen – Kindern, die Hil-fe und Leitung benötigen. Auf Illustrationen sieht man sie diese Hilfe empfangen, vor-zugsweise in einer niederknienden Haltung: Auf dem Cover der Zeitschrift „Gott will es!“ werden Afrikaner abgebildet, die von einem Missionaren des „Afrika-Verein deut-scher Katholiken“ gesalbt werden. Die Iko-nographie ist bewusst dem Mittelalter ent-lehnt – dem berühmten Abbild des Heiligen Bonifatius, der Ende des ersten Jahrtausends für Karl den Großen die Slawen missioniert hat. Das ist auch das erklärte Ziel des Ver-eins, den der Domkapitular Karl Hespers 1888 gründet: „Die Zivilisierung des Negger durch Bekehrung zum Christentum.“

Hespers inszeniert dafür im Kölner Dom eigenhändig eine Taufe mehrerer Afrikaner. Er geht einen Deal mit J.C. Bruce ein, der sich selbst als „Berufsneger“ bezeichnet. Nayo Bruce, wie sein heimischer Name lautet, ist ein Prinz aus Togo. Er ist des Deutschen wie des Englischen mächtig und hat abseits sei-ner Heimat Karriere in der deutschen Kolo-nialverwaltung gemacht. Jetzt mimt er bei den Aufführungen den strengen König, der schweigend über sein unzivilisiertes Volk herrscht. Viele seiner Kinder hat Bruce in christlichen Heimen untergebracht, lässt sie nach europäischen Werten erziehen und in der Kölnischen Zeitung äußert er in einem Interview, er wolle seine Leute zivilisieren. Nayo Bruce hat eine der größten reisenden Völkerschautruppen in ganz Europa im Schlepptau: 15 Männer, zehn Frauen und ein Kind befinden sich in seinem Gefolge. Er streift mit seiner Truppe durch den ganzen Kontinent, von London bis St. Petersburg und Avignon. Als er 1903 zum dritten Mal nach Köln kommt, lässt er sich von Dom-kapitular Hespers überzeugen, einige seiner Kinder taufen zu lassen. Es ist nicht das erste Mal. Bereits acht der 27 Völkerschauteilneh-mer hat der Prinz katholisch taufen lassen. Sieben Mädchen und zwei Jungen der Togo-gruppe sind dieses Mal an der Reihe.

TEXT /// GIACOMO MAIHOFER

ILLUSTRATION /// KIRSTEN PIEPENBRING

Das Spektakel wird in den Medien ange-kündigt: Der Dom füllt sich entsprechend mit Besuchern. Die Preise werden an diesem Abend ermäßigt. Das Kölner Abendblatt wird am nächsten Tag von einem „rühren-den Anblick“ schreiben. Die Kinder der Tro-pen seien in Andacht vor dem Altar nieder-gekniet, um das heilige Sakrament aus den Händen des Priesters zu empfangen. Sie hät-ten laut und freudig ihren Glauben bekannt. Jocoto Quajo heißt von nun an Johannes, sein Bruder Quete Ajavou heißt Joseph und die Mädchen tragen fortan die Namen Christina, Elisabeth, Katharina, Maria, Caecilia und Agnes. Andere Namen: Sie versprechen ein anderes Leben, ein neuer Glaube eine neue Verheißung. Zivilisation, die große Mission, das große Versprechen, das die Europäer den Afrikanern aber auch sich selbst gegeben ha-ben, das Ziel und Legitimation zugleich ist, für die Herrschaft in Übersee. Sie ist wie die Völkerschauen selbst nur Inszenierung, ein gut durchgeführtes Spektakel.

Denn während die Afrikaner in der rhei-nischen Metropole tanzen und die Taufe empfangen, brennt in ihrer Heimat die Erde, liegen ihre Landsleute in Ketten. Von dort, wo wirklich gekämpft wird, wo gestorben wird, hört man nicht viel – außer dem, was man auch in der Stadt sieht: Die Zivilisierung der Neger ist ein großer Erfolg.

49WISSENSCHAFT

50 VEREIN

NULL22EINS – KÖLNER KULTUREN MAGAZIN IST EIN UNABHÄN-

GIGES MEDIUM, DAS UNTERSCHIEDLICHEN KREATIVEN, KÜNSTLERN

UND MEDIENMACHERN EINE PLATTFORM BIETET, SICH UND IHR

JEWEILIGES KÖNNEN ZU BEWEISEN. DAS MAGAZIN SELBST DIENT

DEM NETZWERKGEDANKEN. DAHINTER STEHT DER ARTISHOCKE E.V.

DIE ARTISHOCKE LEBT VOM FREIWILLIGEN ENGAGEMENT VIELER

LIEBENSWERTER UND VERRÜCKTER KÖPFE. WIR HABEN EINIGES

IM SINN, BRAUCHEN DAFÜR ABER VOR ALLEM FINANZIELLE UN-

TERSTÜTZUNG. UND DAFÜR BENÖTIGEN WIR MITGLIEDER UND DE-

REN MITGLIEDSBEITRAG. DENN WIR BRAUCHEN NICHT NUR GELD

FÜR DEN DRUCK VON NULL22EINS. JEDER BRIEFVERKEHR, JEDES

VERBRAUCHSMATERIAL, JEDER FLYER UND JEDES POSTER VERUR-

SACHT KOSTEN.

FÜR EINEN MITGLIEDSBEITRAG VON MINDESTENS 60 EURO IM JAHR

KÖNNEN INSTITUTIONEN, KULTUREINRICHTUNGEN ODER CAFÉS,

LÄDEN UND WEITERE GEWERBETREIBENDE EIN FÖRDERMITGLIED

DES ARTISHOCKE E.V. WERDEN. ZIEL DIESER UNTERSTÜTZUNGS-

FORM IST ES, DEN VEREIN NACHHALTIG AUF SICHERE BEINE ZU

STELLEN. SO KÖNNEN WIR WEITEREN ZIELEN NÄHER KOMMEN.

ÜBER FÖRDERMITGLIEDER GEHEN WIR QUASI DEN ERSTEN SCHRITT

FÜR EIN ABO AUF NULL22EINS. DARÜBER HINAUS BIETEN WIR WEI-

TERE MÖGLICHKEITEN FÜR KOOPERATIONEN UND GEGENSEITIGE

UNTERSTÜTZUNG AN. KONKRET WOLLEN WIR UNSERE KREATIVEN

KÖPFE UND KÜNSTLER IM UMFELD DES VEREINS AKTIV VERMIT-

TELN – FÜR WEITERE PROJEKTE UND NEUE UMSETZUNGSFORMEN.

DENN DIE ARTISHOCKE IST EIN ÄUSSERST LEBENDIGES NETZWERK.

FÖRDERMITGLIEDER KÖNNEN EIN FESTER BESTANDTEIL DER AR-

TISHOCKE WERDEN. WIR STELLEN ALLE DREI MONATE EIN FÖR-

DERMITGLIED EXPONIERT IM MAGAZIN VOR. DABEI BEHALTEN WIR

UNS LEDIGLICH VOR, DIES VON DER HÖHE DES MITGLIEDSBEITRAGS

DER FÖRDERMITGLIEDSCHAFT ABHÄNGIG ZU MACHEN. DENN HIN-

TER JEDER GESTALTETEN SEITE IN DIESEM MAGAZIN STEHT AUCH

EIN WERT. WIE DIESER EXPONIERTE PLATZ IM MAGAZIN AUSSEHEN

KANN ZEIGEN WIR ÜBER DIE TREUE ARTISHOCKE „MR. SHIRAZY“

UND SEINEN CD-RELEASE. FÖRDERMITGLIEDER KÖNNEN DIESEN

SERVICE IN ZUKUNFT REGELMÄSSIG FÜR SICH NUTZEN.

WIR FREUEN UNS NATÜRLICH AUCH WEITERHIN ÜBER FREIE SPEN-

DEN ODER GESPENDETE „WERTE“, WIE EINEN RAUM, AUSSTATTUNG,

ETC. UND EBENSO ÜBER INTERESSIERTE „ORDENTLICHE“ VEREINS-

MITGLIEDER.

WEITERE INFOS ///

WWW.NULL22EINS-MAGAZIN.DE/FOERDERN

IN EIGENER SACHE

51ANZEIGE

MIT SEINEM NEUEN ALBUM KEHRT DER PIONIER DES HI-TEK-

GLOBAL-FUNK WIEDER AUF DIE BÜHNE IM STADTGARTEN ZURÜCK!

NACH FAST VIER JAHREN HAT MR. SHIRAZY SEIN NEUES ALBUM

„OCEAN“ IM GEPÄCK – MIT NOCH NIE GEHÖRTEN SOUNDS AUS

ENTFERNTEN UND VERTRAUTEN ECKEN DES UNIVERSUMS,

BEGLEITET VON „THE EXILE ORCHESTRA“ UND BOMBASTISCHEN

BILDER-WELTEN.

MR. SHIRAZY & THE EXILE ORCHESTRA LIVE

@ STADTGARTEN, FR. 19.09.1014

AFTERSHOW-PARTY MIT DJS VON GLOBALTRONIC SURFERS

KONZERT

(INKL. PARTY - EINLASS 20H, BEGINN 21H): 9,- VVK / 13,- AK

AFTERSHOWPARTY, AB CA. 24 H: 6,- (KEIN VVK)

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AUDIO-VISUAL RELEASE CONCERT FROM OUTTA SPACE!