34
13.1 Allgemeine Grundlagen 1 13.1.1 Epidemiologie 1 13.1.2 Verletzungsmuster 2 13.1.3 Diagnostische Strategie 3 13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 4 13.2.1 Thoraxwand 4 13.2.2 Pleuraraum 11 13.2.3 Zwerchfell 15 13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 17 13.3.1 Lungenparenchym 17 13.3.2 Tracheobronchialsystem 22 13.4 Mediastinum 24 13.4.1 Pneumomediastinum/Pneumoperikard 24 13.4.2 Aorta und große Gefäße 26 13.4.3 Pharynx und Ösophagus 31 13.4.4 Ductus thoracicus 32 Literatur 32 13.1 Allgemeine Grundlagen 13.1.1 Epidemiologie Thoraxtraumen können in stumpfe Verletzungen, penetrierende Verletzungen und in Druckwellen- traumen (Explosionstraumen) gegliedert werden (s. Übersicht). Formen des Thoraxtraumas Stumpfe Traumen penetrierende Traumen Stichverletzungen Schussverletzungen Explosions-/Druckwellentraumen („blast-injury“) Art und Häufigkeit der Verletzungen variieren in Abhängigkeit vom jeweiligen Untersuchungskollek- tiv erheblich. Sie hängen insbesondere vom Zivilisa- tionsgrad, von Milieufaktoren, der Kriminalitätsrate sowie von Kriegs- oder Friedenszeiten ab. So werden penetrierende Verletzungen und Explosionstraumen in Kriegszeiten weitaus häufiger als in Friedenszeiten sein. Häufigkeitsangaben können nur orientierenden Charakter haben. In Mitteleuropa sind Unfälle im Straßenverkehr mit etwa 85% die häufigste Ursache von Thoraxverletzungen und Polytraumen. Die Thoraxverletzung ist dabei in 20 – 25 % der Fälle für traumabedingte Todesfälle verantwortlich (Trupka et al. 1997). In Deutschland ist eine Zunahme der Zweiradunfälle zu verzeichnen, während die Zahl der PKW-Unfälle rückläufig ist. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. Der Altersgipfel liegt in der 3. Le- bensdekade. Das Verhältnis zwischen stumpfen und penetrierenden Verletzungen beträgt 9:1 (Khodada- dyan et al. 1995). Stichverletzungen Sie sind relativ harmlos, solange sie nicht relevante Organe betreffen. Schussverletzungen Unter Wundballistik versteht man die Geschosswir- kung auf das biologische Gewebe.Die pro Wegstrecke an das Gewebe abgegebene Energie ist ein Maß für die biologische Geschosswirkung. Sie hängt von der kinetischen Energie des Projektils (Geschossge- schwindigkeit), die Projektilart, dem Abstand („long range“ = > 7 m, „close range“ = 3 – 7 m, „very close range“ = <3 m) und der Vulnerabilität des betrof- fenen Gewebes ab. Besondere Bedeutung hat die Projektilgeschwin- digkeit. Unterschieden werden langsame (schall- schnelle) und überschallschnelle Geschosse. Haut wird nur penetriert, wenn die Geschossgeschwin- digkeit 50–60 m/s überschreitet. Bei langsamen Ge- schossen entspricht die Gewebezerstörung weitge- hend dem Schusskanal und seiner unmittelbaren Um- gebung. Bei Hochgeschwindigkeitsgeschossen (Ra- sanzgeschosse; ≥ 600 m/s) mit zwei- oder mehrfacher Schallgeschwindigkeit steht die hydrodynamische Sprengwirkung ganz im Vordergrund. Die temporä- ren Wundhöhlen (Kavitationen) betragen ein Mehr- faches des Volumens der bleibenden Wundhöhle. Es entstehen dadurch Gewebeschädigungen ohne direkte Geschossberührung in einiger Entfernung vom eigentlichen Schusskanal. Der persistierende Schuss-/Wundkanal mit tota- lem Gewebsverlust wird von der temorären Wund- Thoraxtrauma M. Galanski 13

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13.1 Allgemeine Grundlagen 113.1.1 Epidemiologie 113.1.2 Verletzungsmuster 213.1.3 Diagnostische Strategie 3

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 413.2.1 Thoraxwand 413.2.2 Pleuraraum 1113.2.3 Zwerchfell 15

13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 1713.3.1 Lungenparenchym 1713.3.2 Tracheobronchialsystem 22

13.4 Mediastinum 2413.4.1 Pneumomediastinum/Pneumoperikard 2413.4.2 Aorta und große Gefäße 2613.4.3 Pharynx und Ösophagus 3113.4.4 Ductus thoracicus 32

Literatur 32

13.1Allgemeine Grundlagen

13.1.1Epidemiologie

Thoraxtraumen können in stumpfe Verletzungen,penetrierende Verletzungen und in Druckwellen-traumen (Explosionstraumen) gegliedert werden (s. Übersicht).

Formen des Thoraxtraumas∑ Stumpfe Traumen∑ penetrierende Traumen

� Stichverletzungen� Schussverletzungen

∑ Explosions-/Druckwellentraumen („blast-injury“)

Art und Häufigkeit der Verletzungen variieren in Abhängigkeit vom jeweiligen Untersuchungskollek-tiv erheblich. Sie hängen insbesondere vom Zivilisa-tionsgrad, von Milieufaktoren, der Kriminalitätsratesowie von Kriegs- oder Friedenszeiten ab. So werdenpenetrierende Verletzungen und Explosionstraumenin Kriegszeiten weitaus häufiger als in Friedenszeitensein. Häufigkeitsangaben können nur orientierendenCharakter haben. In Mitteleuropa sind Unfälle im

Straßenverkehr mit etwa 85% die häufigste Ursachevon Thoraxverletzungen und Polytraumen. DieThoraxverletzung ist dabei in 20–25% der Fälle fürtraumabedingte Todesfälle verantwortlich (Trupka et al. 1997). In Deutschland ist eine Zunahme derZweiradunfälle zu verzeichnen, während die Zahl derPKW-Unfälle rückläufig ist. Männer sind häufiger alsFrauen betroffen. Der Altersgipfel liegt in der 3. Le-bensdekade. Das Verhältnis zwischen stumpfen undpenetrierenden Verletzungen beträgt 9 :1 (Khodada-dyan et al. 1995).

StichverletzungenSie sind relativ harmlos, solange sie nicht relevanteOrgane betreffen.

SchussverletzungenUnter Wundballistik versteht man die Geschosswir-kung auf das biologische Gewebe.Die pro Wegstreckean das Gewebe abgegebene Energie ist ein Maß fürdie biologische Geschosswirkung. Sie hängt von derkinetischen Energie des Projektils (Geschossge-schwindigkeit), die Projektilart, dem Abstand („longrange“ = > 7 m, „close range“ = 3–7 m, „very closerange“ = < 3 m) und der Vulnerabilität des betrof-fenen Gewebes ab.

Besondere Bedeutung hat die Projektilgeschwin-digkeit. Unterschieden werden langsame (schall-schnelle) und überschallschnelle Geschosse. Hautwird nur penetriert, wenn die Geschossgeschwin-digkeit 50–60 m/s überschreitet. Bei langsamen Ge-schossen entspricht die Gewebezerstörung weitge-hend dem Schusskanal und seiner unmittelbaren Um-gebung. Bei Hochgeschwindigkeitsgeschossen (Ra-sanzgeschosse; ≥ 600 m/s) mit zwei- oder mehrfacherSchallgeschwindigkeit steht die hydrodynamischeSprengwirkung ganz im Vordergrund. Die temporä-ren Wundhöhlen (Kavitationen) betragen ein Mehr-faches des Volumens der bleibenden Wundhöhle.Es entstehen dadurch Gewebeschädigungen ohnedirekte Geschossberührung in einiger Entfernungvom eigentlichen Schusskanal.

Der persistierende Schuss-/Wundkanal mit tota-lem Gewebsverlust wird von der temorären Wund-

Thoraxtrauma

M. Galanski

13

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höhle umgeben, die sich aus der inneren Kontusions-zone und der äußeren Kommotionszone zusammen-setzt. Die Kontusions- oder Devitalisationszone istdurch eine traumatische Nekrose mit homogenerhyaliner Muskeldegeneration, Leukozytose, Gewebs-thrombose und Diapedeseblutungen gekennzeichnet,die Kommotionszone durch eine reversible Extra-vasation (Forster 1986; Sherman u. Parish 1963).

Blast InjuriesBei Explosionen wird die Druckwelle auf die Thorax-wand übertragen und auf die Lunge fortgeleitet. Aus-breitung der Druckwelle im Gewebe (lokale Druck-wellengeschwindigkeit) hängt von der Dichte undElastizität des Gewebes ab. Für die Lungenverletzungsind im Wesentlichen drei Effekte verantwortlich,

∑ der Abplatzeffekt („spalling effect“),∑ der Trägheitseffekt („inertia effect“) und∑ der Implosionseffekt.

Der Abplatzeffekt tritt an Grenzflächen zwischen Gasund Flüssigkeit auf. Trifft die Druckwelle auf einederartige Grenzfläche, so wird sie teilweise reflek-tiert, teilweise weitergeleitet; frei werdende Energieunterbricht die Grenzfläche.

Beim Trägheitseffekt kann – bedingt durch die un-terschiedliche Beschleunigung – das weniger dichtealveoläre Gewebe von den dichteren Hilusstrukturenund von Gefäßen abgeschert werden.

Ein Implosionseffekt tritt auf, wenn die Druckwel-le auf abgeschlossene Luftblasen trifft. Diese werdenzunächst stark komprimiert und dehnen sich dannmit dem Weiterschreiten der Druckwelle plötzlichweit aus, so dass es zu Überdehnungen und Einrissenkommt (Zuckerman 1940).

13.1.2Verletzungsmuster

HäufigkeitenEine Übersicht über die häufigsten Verletzungen beiThoraxtraumen an Hand von drei größeren Erhe-bungen geben Tabelle 13.1 und 13.2. Bei Polytraumenist der Thorax mit 62% dritthäufigste Verletzungs-lokalisation nach den Extremitäten (86%) und demSchädel (69%). Eine primäre operative Interventionist allerdings nur in ca. 5% der Fälle erforderlich. DieMorbidität beträgt 36%, die Letalität 15,5% (Schorret al. 1987).

Die häufigsten Verletzungskombination beim Poly-trauma sind Extremitäten- und Schädelverletzungen(63%), gefolgt von Extremitäten- und Thoraxverlet-zungen (52%) sowie von Thorax- und Schädelver-letzungen (41%). Thorax- und Abdominaltraumenhingegen machen nur etwa 23% aus (s. Übersicht;Regel et al. 1993; Oestern u. Regel 1999).

Dominierende Verletzungsmuster beim Polytraumanach einer Analyse von 3406 Fällen der Jahre1972 – 1991. (Nach Regel et al. 1993)∑ 86% der Patienten Frakturen

(davon 40% offene Verletzungen)∑ 69% Schädel-Hirn-Trauma

(primäre operative Intervention in ca. 5%)∑ 62% Thoraxtrauma

(primäre operative Intervention in ca. 5%)∑ < 30% Abdominaltrauma

(primäre operative Intervention in ca. 20%)

Kapitel 13 Thoraxtrauma2

Tabelle 13.1. Art und Häufigkeit von Thoraxverletzungen

Art der Thoraxverletzung Häufigkeit

Glinz 1985 Gams u. LoCicero u.(vgl. auch Tabelle 13.2) Kalweit 1999 Mattox 1989(%) (%) (%)

Thoraxwand (Rippenfrakturen) – 60 45Hämatothorax 51 40 25Pneumothorax 18 20 20Lungenparenchymverletzung 21 20 26Tracheobronchialverletzung < 1 < 1 –Herzkontusion 16 15 9Perikardtamponade – < 1 –Aortenverletzung 2 2 –Verletzung großer Gefäße 1 1 –Zwerchfellruptur 4 – 7Ösophagusruptur – < 1 0,5Chylothorax 0,15 < 1 –Verschiedene/kombinierte – 21

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13.1.3Diagnostische Strategie

Aufgabe der initialen Röntgendiagnostik polytrau-matisierter Patienten ist es, unter zeitkritischen Be-dingungen mit möglichst hoher Effizienz die sowohlfür die Gesamtprognose als auch die für eine dif-ferenzierte organbezogene Therapie notwendigenpathologischen Veränderungen zu erkennen (Danzet al. 1996). Die essenziellen und unverzüglich zu klä-renden Fragen sind in der nachfolgenden Übersichtzusammengestellt.

Basisdiagnostik beim Polytrauma∑ Ist der Unfallverletzte hämodynamisch stabil?

� Puls-Status [supraaortale Äste; untere Extremitäten (Aortenverletzung)]

� oberflächliche Venen (Kollaps bei Hypovolämie und Schock, Distension bei Pneumothorax, Perikarderguss oder -blutung)

∑ Ist der Unfallverletzte respiratorisch stabil?∑ Wie ist Bewußtseinslage?

Der diagnostische Zeitaufwand spielt eine kritischeRolle. Für die Durchführung einer konventionellenAufnahme im Liegen müssen bei Schwerverletzten10–15 min kalkuliert werden (Danz et al. 1996).

Nativdiagnostik/ThoraxübersichtBei der Analyse der Thoraxübersicht ist neben demüblichen Check und der Beurteilung der Lage vonTubus, Kathetern, Sonden und Drainagen insbeson-dere auf Befunde zu achten, die Indiz für gravie-rende Verletzungen sein können (Blaisdell u. Trunkay1994). Es sind dies:

∑ Frakturen der obere Rippen sind häufiger mitGefäßverletzungen assoziiert (15%). Ein großesHämatom an der Halsbasis muss an eine thora-kale Gefäßverletzung denken lassen. Andererseitsist die Thoraxübersicht bei einem Viertel der

Gefäßverletzungen unauffällig, oder sie zeigt nurminimale und unspezifische Veränderungen;

∑ serielle Rippenstückfrakturen und bilaterale kosto-chondrale Frakturen, die einen instabilen Thoraximplizieren;

∑ Sternumfraktur als Indiz für eine Herzkontusion;∑ massiver Pneumothorax als Hinweis auf eine mög-

liche Bronchusläsion;∑ Mediastinalverbreiterung und/oder massiver Hä-

matothorax als Hinweis auf eine mögliche Aorten-ruptur oder andere arterielle Blutung.

ComputertomographieDer Stellenwert der Computertomographie (CT) inder Primär- und Verlaufsdiagnostik von Schädel-Hirn-Traumen, Wirbelsäulenfrakturen und Abdomi-naltraumen ist etabliert und unumstritten. Anders ist die Situation beim stumpfen Thoraxtrauma. Ob-gleich die diagnostische Überlegenheit der CT belegtist, wird die klinische Wertigkeit der diagnostischenMehrinformation durch die CT kontrovers beurteilt.Smejkal et al. (1991), Poole et al. (1993) und Marts et al. (1994) sehen die CT kritisch.

Trupka et al. (1997) schätzt den Wert hoch ein.Nach ihm werden in 65% der Fälle wesentliche Zu-satzinformationen (Lungenkontusion, Pneumotho-rax, Hämatothorax) erhoben und in etwa 40% derFälle soll sich eine Änderung der therapeutischenStrategie (positiver endexspiratorischer Druck/PE-EP-Beatmung, Bronchoskopie) ergeben. Eine Über-sicht über die Literaturmitteilungen zu diesem Aspektgibt Tabelle 13.3.

Der hämodynamisch instabile Thoraxtraumati-sierte ist sicherlich kein Kandidat für eine primäreCT-Untersuchung. Beim hämodynamisch stabilenPatienten wird jedoch die Indikation zu einer CT-Untersuchung der Thoraxorgane innerhalb der erstenStunde zunehmend großzügiger gestellt, mit demZiel einen möglichst umfassenden Status zu erheben,bevor der Patient auf die Intensivstation oder in denOperationssaal geht (Häuser u. Bohndorf 1999).

13.1 Allgemeine Grundlagen 3

Tabelle 13.2. Art und Häufigkeit von Thoraxverletzungen und extrathorakalen Begleitverletzungen bei 675 hospitalisiertenPatienten mit stumpfem Thoraxtrauma. (Nach Glinz 1985)

Thoraxverletzungen Häufigkeit Begleitverletzungen Häufigkeit(%) (%)

Hämatothorax 51 Schädel-Hirn-Trauma 51Pneumothorax 18 Abdominaltrauma 20Lungenparenchymverletzung 21 Extremitätenfraktur 38Tracheobronchialverletzung < 1 Beckenfraktur 13Herzkontusion 16 Wirbelsäulenverletzung 6Aortenverletzung 2 Gesichtsschädelverletzung 12Verletzung großer Gefäße 1Zwerchfellruptur 4Ösophagusruptur –Chylothorax 0,15

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Mögliche Indikationen zur CT können sein (Kho-dadadyan et al. 1995):

∑ ein isoliertes schweres Thoraxtrauma,∑ ein thorakales Hochrasanztrauma,∑ ein Polytrauma mit begleitendem Thoraxtrauma,∑ eine unklare respiratorische Insuffizienz im weite-

ren intensivmedizinischen Verlauf,∑ ein pathologischer oder unklarer Thoraxröntgen-

befund,∑ eine Brustwirbelsäulenfraktur.

13.2Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell

13.2.1Thoraxwand

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenDie Thoraxwand wird durch den knöchernen Thorax(Brustwirbelsäule, Rippen, Brustbein, Schlüsselbeineund Schulterblätter) und den umgebenden Weich-teilmantel mit Interkostal-, Paravertebral- und Schul-tergürtelmuskulatur gebildet. Der knöcherne Thoraxist nur im Bereich der oberen 10 Rippen zwischenWirbelsäule und Sternum zirkulär geschlossen, wo-bei allerdings auch nur die oberen 7 Rippen direkt andas Sternum heranreichen.

Die erste Rippe nimmt insofern eine Sonder-stellung ein, als sie dorsal relativ fest mit der Wirbel-säule, ventral mit dem Manubrium und dem Schlüs-selbein verbunden ist, so dass sie nur eine begrenzte

Beweglichkeit aufweist. Andererseits ist sie dem Zug der kräftigen Skalenusmuskulatur mit der Mög-lichkeit indirekter Frakturen ausgesetzt. Die A. undV. subclavia verlaufen in einer Knochenrinne amOberrand der 1. Rippe dorsal bzw. ventral des Tuber-culum scalenum. Aufgrund dieser sehr engen topo-graphischen Beziehung kann es bei Frakturen der 1. Rippe durch rezidivierende Mikrotraumen imRahmen der Atmung zu sekundären und verzögertenGefäßläsionen kommen (Hämatom, Thrombose).

Die Interkostalarterien, -venen und -nerven ver-laufen dorsal interkostal, lateral des Rippenwinkelsan den Rippenunterkanten in einem Sulkus. DieA. mammaria interna verläuft entlang der kosto-chondralen Verbindung und anastomosiert mit dersuperioren epigastrischen Arterie.

Verletzungen der Thoraxwand können die ver-schiedenen anatomischen Strukturen isoliert oder inunterschiedlicher Kombination betreffen.

� Weichteilverletzungen. Die häufigsten Weichteilver-letzungen der Thoraxwand beim stumpfen Thorax-trauma sind Hämatome und Emphyseme. In derMehrzahl sind sie klinisch bedeutungslos. Thorax-wandemphyseme werden beim stumpfen Thorax-trauma mit einer Häufigkeit von etwa 15% beobach-tet. Sie können transkutan über offene Wunden oderhäufiger über Rippenfrakturen vom Pleuraraum ausentstehen. Seltener ist die Entstehung über ein mas-sives Mediastinalemphysem beispielsweise im Rah-men einer Verletzung des Tracheobronchialsystems.

Weichteilhämatome können bei arteriellen Gefäß-zerreißungen erhebliche Ausmaße annehmen. Mas-

Kapitel 13 Thoraxtrauma4

Tabelle 13.3. Bewertung der Computertomographie in der Initialdiagnostik des Thoraxtraumas

Nachweis Nachweis im CT Kein Nachweis mit CT auf Thoraxübersicht oder Rö-Thorax

Pneumothorax – +53% Danz 97% Danz

Hämatothorax – +62% Danz 97% Danz

Kontusionen – +79% Danz 99% Danz

Dys-/Atelektasen – +20–40% Danz 95% Danz

Gefäßläsionen – +Rippenfrakturen + –

57% Marts 42% Marts 24% MartsSkapulafrakturen – +

36% Marts 64% Marts 18% MartsKlavikula 78% Marts 11% Marts 11% MartsSternum – 25% Marts 75% MartsWirbelsäulenfrakturen – +

38% Marts 62% Marts

– = wenig sensitiv; + = hochsensitiv; die Prozentzahlen beziehen sich auf Angaben in der Literatur.

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sive Hämatome finden sich regelmäßig bei schwerenSchultergürtelverletzungen, insbesondere bei derskapulothorakalen Dissoziation, die in 90% der Fällemit neurovaskulären Verletzungen einhergeht.

� Rippen- und Klavikulafrakturen. Rippenfrakturensind mit etwa 80% ein überaus häufiger Befund beimstumpfen Thoraxtrauma. Dabei handelt es sich in85% der Fälle um multiple, in lediglich 15% umsolitäre Frakturen. In bis zu 30% liegen bilateraleFrakturen vor. Am häufigsten sind die Rippen V bisXI betroffen, seltener die oberen Rippen, da diesedurch den Schultergürtel mit seinem Muskelmantelstärker geschützt sind. Frakturen der oberen Rippenweisen deswegen immer auf eine starke Gewaltein-wirkung hin. Jede Rippenfraktur geht mit einemBlutverlust von etwa 150 ml einher (Westaby u.Bralay 1990). Rippenfrakturen sind bei Kindern undJugendlichen aufgrund der größeren Elastizität desThoraxskeletts seltener als beim Erwachsenen undälteren Menschen. Fehlende Rippenfrakturen sinddeswegen bei Kindern und Jugendlichen nicht miteinem blanden Thoraxtrauma gleichzusetzen.

� Sternumfrakturen und Verletzungen des Sternoklavi-kulargelenks. Sternumfrakturen sind beim Thorax-trauma im Gegensatz zu Rippenfrakturen selten undmachen nicht mehr als 4% aller Frakturen am Thorax-skelett beim stumpfen Thoraxtrauma aus. HäufigsteFrakturlokalisationen sind das Corpus sterni (70%)und das manubriosternale Gelenk (15%). Verletzun-gen des Sternoklavikulargelenks sind ebenfalls sehrselten. Meist handelt es sich um Subluxationen, Luxa-tionen oder Luxationsfrakturen, die bei geringer Dis-lokation initial leicht übersehen werden.

Häufigste Ursache einer Sternumfraktur ist dasdirekte Anpralltrauma durch das Lenkrad beim Auto-unfall. Ein seltener Verletzungsmechanismus ist einextremes Hyperflexionstrauma, das dann in der Re-gel zugleich mit einer zervikothorakalen Wirbel-körperkompression einhergeht.

Klinische SymptomatikTypische Beschwerden sind atemabhängige Schmer-zen mit Dyspnoe und/oder Tachypnoe. Als Kehr-Zeichen wird ein Schulterschmerz bezeichnet, aus-gelöst durch eine Irritation der zentralen ligamentä-ten Zwerchfellabschnitte infolge einer infradiaphrag-malen Blutung.

Eine respiratorische Insuffizienz resultiert insbe-sondere aus Serien- und Stückfrakturen im Verlaufder ventralen und lateralen Rippenabschnitte, die zueiner paradoxen Atembewegung des betroffenenThoraxwandabschnitts führen können (instabilerThorax/„flail chest“). Ein instabiler Thorax liegt auchbei bilateralen, insbesondere parasternale Serien-

frakturen vor. Sternoklavikuläre Dislokationen nachventral verursachen meist keine Komplikationen.Dislokationen nach dorsal hingegen können zu Kom-pressionserscheinungen von Seiten der Trachea, desÖsophagus oder von Gefäßen führen und reposi-tionspflichtig sein.

Klinische Zeichen der skapulothorakalen Disso-ziation sind die Pulslosigkeit (Verletzung der A. sub-clavia) und die schlaffe Lähmung des Arms (Plexus-ausriss).

Beachte∑ Patienten mit Rippenfrakturen nach stumpfem

Thoraxtrauma und Schock ohne Hämato- oderPneumothorax müssen an intraabdominelle Blu-tungsquelle denken lassen.

∑ Brustbeinverletzungen sind immer ein Indiz fürein schweres Trauma und müssen an möglicheBegleitverletzung von Herz und großen Gefäßendenken lassen.

Radiologische Symptomatik� Weichteilbefunde (Abb. 13.1, 13.2). Hämatome undEmphyseme der Thoraxwand werden radiologisch inder Mehrzahl der Fälle lediglich als Zusatzbefund er-fasst und nur ausnahmsweise gezielt diagnostiziertund registriert, dann nämlich, wenn sie größere Aus-maße angenommen haben.

Thoraxwandemphyseme manifestieren sich je nachLokalisation und Ausbreitung unterschiedlich. Sub-kutane Lufteinschlüsse stellen sich als rundliche,ovaläre oder streifige Aufhellungen dar. SubfaszialeEmphyseme breiten sich entsprechend der Muskel-fiederung fächerförmig aus.Weichteilhämatome sindnativdiagnostisch auf den Thoraxübersichtsaufnah-men lediglich als Verdichtung und Verbreiterung des Weichteilmantels zu identifizieren oder zu ver-muten, der Nachweis und die genaue Lokalisation desHämatoms gelingt mit hinreichender Genauigkeit jedoch nur im Computertomogramm. Die Sono-graphie ist wegen der fehlenden Übersicht und dereingeschränkten Beurteilung intrathorakaler Kom-partimente weniger geeignet.

Bei der skapulothorakalen Dissoziation ist dieSkapula aus dem Verband des Schultergürtels gelöstund durch ein massives subskapulares Hämatom(Zerreißung der A. subclavia und/oder der A. verte-bralis; Angiographie!) nach lateral verlagert. A.-sub-clavia-Verletzungen sind relativ selten; in der Regelist es nicht die Fraktur, die die Gefäßverletzung bedingt, sondern die Fragmentdislokation; in derHälfte der Fälle ist eine Verletzung des Plexus bra-chialis kombiniert (komplett oder inkomplett, pas-sager oder permanent). Indikationen zur Angio-graphie sind eine Pulslosigkeit oder Pulsabschwä-chung.

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 5

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Interkostale Lungenhernien setzen eine Verletzungder Interkostalmuskulatur voraus. Sie kommen eherbei penetrierenden Verletzungen als bei stumpfenThoraxtraumen vor (Schnyder u. Wintermark 2000).

� Rippen- und Klavikulafrakturen (Abb. 13.3, 13.4 a – c,13.5 a – c). Der Nachweis einer Klavikulafraktur berei-tet in der Regel keine Schwierigkeiten. Anders ist dieSituation bei Rippenfrakturen.

Typische Befunde bei Rippenfrakturen sind dieKonturunterbrechung oder -versetzung und die Dis-lokation meist in Form einer Abwinkelung bzw. einerStörung des harmonischen Rippenverlaufs. Trotz-dem gelingt der Frakturnachweis auf der Thorax-übersicht erfahrungsgemäß nur in etwa 50% derFälle. Mit jeder zusätzlichen Projektion erhöht sichdie Detektionsrate. Der Frakturnachweis hängt we-sentlich vom Ausmaß der Dislokation und von derFrakturlokalisation ab. Probleme ergeben sich ins-besondere bei unmittelbar paravertebral gelegenenFrakturen, bei Frakturen im Bereich der Axillarlinie(wegen der Überlappungen) und bei Frakturen derkostochondralen bzw. kostosternalen Abschnitte. Hierist die CT hilfreich.

Folgende Erfahrungswerte sind bei der Diag-nostik generell zu berücksichtigen:

∑ Die Zahl der Rippenfrakturen korreliert mit demSchweregrad des Traumas.

∑ Frakturen von mehr als 7 Rippen gehen in zweiDrittel der Fälle mit einer Verletzung intrathora-kaler Strukturen und in etwa einem Sechstel derFälle mit einer intraabdominellen Verletzung ein-her (Wilson et al. 1977).

∑ Frakturen der oberen Rippen deuten – da siedurch den Schultergürtel mit seiner Muskulaturbesser geschützt sind – auf ein stärkergradigesThoraxtrauma und müssen immer an Begleitver-letzungen denken lassen, insbesondere an Ge-fäßverletzungen im Bereich der oberen Thorax-apertur und an die Möglichkeit einer Verletzungdes Tracheobronchialsystems.

∑ Verletzungen der A. subclavia sind relativ selten,Sie werden weniger durch die Fraktur an sich alsvielmehr durch die Fragmentdislokation verur-sacht. In der Hälfte der Fälle ist eine Verletzungdes Plexus brachialis kombiniert. Indikationen zur digitalen Subtraktionsangiographie (DSA)sind eine Pulslosigkeit oder Pulsabschwächung(Philipps et al. 1981; Costa u. Robbs 1998).

Kapitel 13 Thoraxtrauma6

Abb. 13.1. Ausgedehntes Thoraxwandemphysem bei drainier-tem Pneumothorax nach Thoraxtrauma mit Rippenfrakturenund pulmonaler Kontusion (Nativbild): Bandförmige, streifigeoder fleckige Aufhellungen dokumentieren das Weichteilem-physem der Thoraxwand. Die fächerförmigen Aufhellungen,die die Fiederung der Mm. pectoralis simulieren, sind charak-teristisch für ein Muskelfaszienemphysem

Abb. 13.2. Thoraxtrauma mit bilateralem Hämatothorax,ausgedehntem Thoraxwandhämatom und zuätzlichem Tho-raxwandemphysem. Das CT-Schnittbild verdeutlicht die Überlegenheit der CT. Während die Thoraxübersicht nebendem Thoraxwandemphysem lediglich eine Verbreiterung desWeichteilmantels zeigen würde (vgl. Abb. 13.1), erlaubt die CTdurch die bessere Dichteauflösung die Differenzierung derThoraxwandstrukturen in Fettgewebe, Muskulatur, Hämatom(Pfeile) und Emphysem. Das Schnittbild demonstriert zugleichdie Überlegenheit der CT beim Nachweis und der Quantifi-zierung eines Pleuraergusses oder -hämatoms. Trotz der er-heblichen Flüssigkeitsmengen würde die Thoraxübersicht imLiegen hautsächlich eine Transparenzminderung zeigen, je-doch allenfalls rechtsseitig einen ergussbedingten lateral rip-penständigen Begleitschatten

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13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 7

Abb. 13.3. Rippenfrakturen –Synopsis

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Kapitel 13 Thoraxtrauma8

Abb. 13.4 a–c. Rippenfrakturen (Thoraxübersicht).a Diskrete, unverschobene Fraktur der 10. Rippe rechts, einBefund der bei ungünstigen Aufnahmebedingungen leichtdem Nachweis entgeht. b Linksseitige Rippenserienfraktur,die aufgrund der Dislokation trotz der ansonsten wegen der Verkürzung und der gegenseitigen Überlagerung schlechtzu beurteilenden lateralen Rippenabschnitte leicht zu diag-nostizieren ist. c Serien-Stück-Fraktur; das aus dem Rippen-verband ausgesprengte Thoraxsegment ist instabil und wird bei der Atemmechanik nicht mitgeführt (sog. instabilerThorax mit paradoxer Bewegung)

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∑ Frakturen der unteren Rippen gehen häufiger mit intraabdominellen Begleitverletzungen einher,rechtsseitig mit Leberverletzungen, linksseitig mitMilzverletzungen.

∑ Bei Frakturen der 11./12. Rippe ist immer an dieMöglichkeit von Nierenverletzungen zu denken.

∑ In nahezu einem Viertel der Fälle werden Rip-penfrakturen von einem subkutanen Emphysembegleitet. Ein Hämatopneumothorax andererseitsspricht für eine Lungenlazeration durch Rippen-frakturen.

Einer besonderen Beachtung bedarf aufgrund derklinisch-therapeutischen Konsequenzen der instabi-le Thorax („flail chest“).

Unter einem instabilen Thorax ver-steht man die Herauslösung eines

Thoraxwandsegmentes aus dem Gesamtverbund derThoraxwand.

Es kann sich dabei sowohl um unilaterale Stückfrak-turen wie um bilaterale Rippenserienfrakturen oder

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 9

Abb. 13.5 a–c. Rippenfrakturen im CT-Schnittbild: Im axia-len Schnittbild werden die schräg verlaufenden Rippen jeweilsnur kurzstreckig angeschnitten, was eine verlässliche Beurtei-lung praktisch unmöglich macht. Nur dislozierte Frakturen

sind auf Anhieb zu erkennen (a, b). Ansonsten ist für die Be-urteilung der „cine-mode“ unerlässlich; für die Dokumenta-tion ist die Darstellung des Rippenskeletts mit angulierterSchnittebene oder im 3D-Modus geeignet (c)

Definition��

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um Rippenfrakturen handeln, die von kostochon-dralen oder kostosternalen Frakturen begleitet wer-den. In allen diesen Situationen kommt es unter derAtmung oder Beatmung zu einer paradoxen Bewe-gung des betroffenen, hinsichtlich der Atemmecha-nik gestörten Wandabschnitts.

Abgesehen vom Nachweis entsprechender Frak-turlokalisationen weist das sog. „costal hook sign“auf ein instabiles Thoraxwandsegment hin. Voraus-setzung für dieses Zeichen ist nämlich die Rotationdes Rippenfragments.

� Sternumfrakturen und Verletzungen des Sternoklavi-kulargelenks (Abb. 13.6 a, b, 13.7). Der radiologischeNachweis von Sternumfrakturen und Verletzungendes Sternoklavikulargelenks bei Patienten mit einemThorax- oder Polytrauma ist unter den Bedingungender Notfalldiagnostik schwierig. Sternumfrakturen,bei denen es sich in der Regel um Querfrakturen han-delt, lassen sich allenfalls im Seitenbild diagnostizie-ren und auch nur dann, wenn eine Dislokation vor-liegt. Andernfalls deutet möglicherweise nur das be-gleitende prä- und/oder retrosternale Hämatom aufdie Verletzung hin. Sensitiver kann in diesen Fällendie Sonographie durch den Nachweis der kortikalenKonturunterbrechung sein.

Kapitel 13 Thoraxtrauma10

Abb. 13.6 a, b.Sternumfraktur und manubriosternaleLuxation: Die projektionsradiographischeDiagnostik setzt die seitliche Aufnahmevoraus. a Dislozierte Fraktur des Corpussterni mit einem Begleithämatom.b Luxation der Synchondrose zwischenManubrium und Corpus sterni

Abb. 13.7.Sternumfraktur (Sonographie):Die Sonographie ermöglicht eine rascheund einfache Orientierung. Bei einerSternumfraktur ist der charakteristischeKortikalisreflex unterbrochen und/oderversetzt

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Bei einem entsprechenden klinischen Verdacht(z.B. aufgrund des Unfallhergangs) empfiehlt sich injedem Fall eine CT, mit der durch sekundär refor-matierte Schnittbilder nicht nur der Frakturnachweiseinfacher gelingt sondern zugleich auch Begleitver-letzungen an den intrathorakalen Organen beurteiltwerden können. Isolierte Sternumfrakturen sind sel-ten und nicht mit einer höheren Inzidenz kardialerSymptome (Arrhythmien) vergesellschaftet (Brookeset al. 1993; Hills et al. 1993).

Sternumfrakturen mit einer Verbrei-terung des Mediastinums sind immer

verdächtig auf eine Verletzung kardiovaskulärerStrukturen und erfordern in jedem Fall die Schnitt-bilddiagnostik (Harley u. Mena 1986).

Verletzungen des Sternoklavikulargelenks lassen sichprojektionsradiographisch nicht adäquat diagnos-tizieren. Wenngleich die Dislokation selbst sono-graphisch leicht zu verifizieren ist, ist die CT zur genauen Beurteilung der Verletzung am besten ge-eignet.

Weichteilverletzungen der Thorax-wand sind angesehen von offenen

Wunden klinisch meist bedeutungslos. Rippenfrak-turen sind häufig und betreffen meist die 5. bis 11. Rippe. Die Zahl der Rippenfrakturen korreliertmit dem Schweregrad des Traumas. Eine respiratori-sche Insuffizienz resultiert insbesondere aus Serien-,Stück- und bilateralen parasternalen Frakturen (in-stabiler Thorax/„flail chest“). Frakturen der oberenRippen müssen an Gefäßverletzungen im Bereich deroberen Thoraxapertur und an eine Verletzung desTracheobronchialsystems, solche der unteren Rip-pen an intraabdominelle Begleitverletzungen (Leber,Milz) denken lassen. Isolierte Sternumfrakturen sindnur selten mit kardialen Komplikationen vergesell-schaftet.

13.2.2Pleuraraum

Pathologisch-anatomische GrundlagenPleuraverletzungen kommen bei penetrierenden Tho-raxtraumen (offene Thoraxwandverletzung) regel-mäßig, bei stumpfen Traumen häufig vor. HäufigsteUrsache beim stumpfen Thoraxtrauma ist eine direk-te Verletzung des Lungenparenchyms durch Rippen-frakturen. Seltenere Ursachen sind eine rupturierteEmphysemblase oder eine Alveolarruptur auf demBoden eines interstitiellen Emphysems.

Pleura- und Parenchymverletzungen, die durchdislozierte Rippenfrakturen entstehen, sind meist

mit Blutungen im Sinne eines Hämatopneumothoraxkombiniert. Pneumothoraces, die über das Media-stinum und das Lungeninterstitium vermittelt wer-den, sind immer mit einem Mediastinalemphysem,oft auch mit einem tiefen kollaren Emphysem ver-gesellschaftet.

Als „offener Pneumothorax“ wirdnicht nur der Pneumothorax bezeich-

net, der durch eine Verletzung von außen entstandenist, sondern jeder Pneumothorax, der nach außen mitder Atmosphäre Verbindung steht (Glinz 1981).

Hämatothoraces entstehen in der Regel durch Blu-tungen aus Gefäßen des Systemkreislaufs, nur sehrselten aus solchen des Lungenkreislaufs. HäufigsteBlutungsquelle sind Interkostalgefäße bei Verletzun-gen der Thoraxwand. Hämatothoraces können aberauch Folge von Zwerchfellrupturen, Lungenlazeratio-nen, Wirbelsäulenfrakturen oder Aortenverletzun-gen sein. Venöse Blutungen tamponieren sich auf-grund des niedrigen Drucks rasch spontan.ArterielleBlutungen dagegen können erhebliche Ausmaße an-nehmen, ehe sie durch Druckausgleich zu Stillstandkommen. Der Druckausgleich kann durch das raum-fordernde Hämatom selbst herbeigeführt werdenoder aber Folge der schockbedingten Hypovolämieund Hypotonie sein.

Bei arteriellen Blutungen besteht des-wegen immer ein Risiko zur Rezidiv-

blutung unter der Therapie (Hämatomentlastung,Volumensubstitution).

Der Pleuraraum kann ein Volumen von bis zu 6 l fassen.

InzidenzPneumo- und Hämatothoraces sind überaus häufigeBefunde beim stumpfen Thoraxtrauma. Die Häufig-keitsangaben allerdings schwanken in Abhängig-keit vom jeweiligen Untersuchungskollektiv und vom verwendeten Nachweisverfahren beträchtlich.Bei Patienten mit stumpfem Thoraxtrauma, die einerstationären Beobachtung oder Behandlung bedür-fen, wird ein Pneumothorax und/oder Hämatothoraxin bis zu 40% der Fälle beobachtet. Bei penetrieren-den Verletzungen sind Hämatothoraces noch häu-figer (60–80%; Conn et al. 1963; Graham et al. 1979).

Klinische SymptomatikSymptome eines Hämato- oder Pneumothorax sindDyspnoe, Husten und Thoraxschmerz. Bei der kli-nischen Untersuchung ist der Pneumothorax durchfehlende Atemgeräusche und hypersonoren Klopf-schall, der Hämatothorax durch eine Dämpfung

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 11

CAVE !!

CAVE !!

Merke !!

Definition��

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charakterisiert. Diese Zeichen sind bei ausgedehntenThoraxwandverletzungen oder einem Hauptemphy-sem allerdings schwer zu erheben.

Ein massiver Hämatothorax geht mit einerSchocksymptomatik einher. Blutverluste von mehrals 1500 ml oder von 200 ml/h über 3–4 h sind In-dikationen zur einer chirurgischen Intervention.Blutverluste bis zu 100 ml/h sind meist Ausdruckeiner Koagulopathie.

Die akute Entlastung eines massiven Pneumo-oder Hämatothorax kann zu einem Reexpansions-ödem mit Husten, schaumigem Sputum, Agitiertheit,Tachypnoe und Tachykardie führen. Aus einem su-perinfizierten Hämatothorax kann sich ein Empyementwickeln. Eine seltene Komplikation des Hämato-thorax ist die Pachypleuritis.

Radiologische Symptomatik� Pneumothorax (Abb. 13.8 a, b, 13.9 a – c, 13.10). DieZeichen des Pneumothorax im Röntgenübersichts-bild sind der lungenzeichnungsfreie Raum und diePleuralinie. Die Transparenzerhöhung ist ein sehrunsicherer Befund, der keine definitive Diagnosezulässt. Diese Kriterien sind bei Röntgenaufnahmen

Kapitel 13 Thoraxtrauma12

Abb. 13.8 a, b.Ventraler Pneumothorax (Röntgen-zeichen): Typische Befunde des ventralenPneumothorax, die auch bei fehlenderPleuralinie und fehlendem lungenzeich-nungsfreien Raum die Verdachtsdiagnosenahelegen, sind der tiefe, spitze Sinus (Pfeil nach unten), die ungewöhnlichscharfe Zwerchfellkontur und die Auf-hellung des Leber- bzw. Milzfeldes (Sternchen). In Abb. 13.4 b sind zusätzlichdie Pleuralinie (Pfeil nach lateral) und der zeichnungsfreie Pleuraraum nach-weisbar

Abb. 13.9 a–c. Ventraler Pneumothorax (Tangential- und Seitaufnahme): Die Tangentialaufnahme ermöglicht denNachweis eines ventralen Pneumothorax (Darstellung dersicheren Pneumothoraxzeichen Pleuralinie und lungenzeich-nungsfreier Raum) durch eine entsprechende Ausrichtungdes Strahlengangs (a, b). Die Seitaufnahme (c) ist wegen dernotwendigen Hochlagerung der Arme und der Überlage-rungen weniger gut geeignet. Interpretationsschwierigkeitenergeben sich insbesondere auch bei Vorliegen eines Thorax-wandemphysems; computertomographisch ist diese Differen-zierung wegen der fehlenden Überlagerungen gänzlichunproblematisch (vgl. Abb. 13.10)

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im Liegen allerdings nur dann zu erheben, wenn essich um einen ausgedehnten, mantelförmigen Pneu-mothorax handelt. Kleinere Pneumothoraces sindbei Liegendaufnahmen im ventralen Pleuraraum lo-kalisiert, da die Lungen der Schwerkraft folgend nachdorsal absinken. Die gewohnten diagnoserelevantenZeichen des Pneumothorax fehlen deswegen und esfindet sich allenfalls eine leichte Transparenzer-höhung des betroffenen Hemithorax, die jedochwegen der zumeist eingeschränkten technischen Auf-nahmequalität kaum zu verwerten ist. Aus diesemGrund wird der ventrale Pneumothorax initial leichtübersehen (nach Literaturangaben in etwa 50% derFälle; Schnyder u. Wintermark 2000).

Bei sorgfältiger Bildanalyse ist der ventrale Pneu-mothorax jedoch vielfach anhand einiger Kriterienzu erkennen, die zwar nicht beweisend aber in ho-hem Maße verdächtig sind (s. Übersicht; Galanski et al. 1981; Moskowitz u. Griscom 1976). Ein ventralerPneumothorax mit einem Volumen von deutlichmehr als 200 ml ist auf diese Weise in etwa 90% derFälle nachzuweisen oder zumindest zu vermuten(Carr et al. 1992; Schnyder u. Wintermark 2000).

Röntgenzeichen des ventralen Pneumothorax∑ Tiefer, scharf konturierter Zwerchfellrippenwinkel

(„deep sulcus sign“)∑ ungewöhnlich scharf gezeichnete und bis ins Mediastinum

zu verfolgende Zwerchfellkontur∑ verstärkte Transparenz der Oberbauchfelder (Leber- und

Milzfeld) durch den überlagernden luftgefüllten Recessus∑ ungewöhnlich scharf konturierter Herz- und Mediastinal-

rand, insbesondere rechtsseitig durch Luft im paramedia-stinalen Pleuraspalt

Der definitive Nachweis und eine gewisse Volumen-abschätzung gelingen mit Zusatzaufnahmen mittelsSonographie oder mit der CT.

Zusatzaufnahmen in Form einer Seiten- oderTangentialaufnahme zielen auf die Darstellung deslungenzeichnungsfreien Pleuraspaltes und der Pleu-ralinie ab (Galanski et al. 1981; Carr et al. 1992).

Bei der Sonographie ist im Falle eines Pneumo-thorax die Gleitbewegung zwischen parietaler undviszeraler Pleura bei der Atmung aufgehoben, unddie pleurale Grenzfläche stellt sich als starre Linie dar(Wernecke et al. 1989). Begleitende Thoraxwandem-physeme schränken die Aussagekraft beider Verfah-ren ein.

Sensitivstes Verfahren zum Nachweis eines ven-tralen Pneumothorax ist zweifelsfrei die CT, die auchMinimalbefunde zu detektieren vermag. Etwa einDrittel der computertomographisch nachgewiesenenPneumothoraces sind auf den Übersichtsaufnahmennicht nachzuvollziehen (Brooks u. Olson 1989). Dieklinische Relevanz kleiner Pneumothoraces wirdallerdings kontrovers diskutiert. Als drainagepflich-tig werden allgemein Pneuvolumina von über 500 mlangesehen. Marts et al. (1994) propagieren auch dieDrainage kleiner, nur computertomographisch fass-barer, sog. okkulter Pneumothoraces bei Patienten,die unter PEEP-Beatmung stehen.

� Spannungspneumothorax (Abb. 13.11). Die radiologi-schen Zeichen eines Spannungspneumothorax sinddie Verlagerung der Mediastinalorgane, die Abfla-chung und Herabdrängung der betroffenen Zwerch-fellhälfte und eine Kompressionsatelaktase der Lunge.Dabei ist zu beachten, dass eine kontusionierte Lun-ge nicht kollabieren kann. Die fehlende Kompres-sionsatelektase schließt deswegen einen Spannungs-pneumothorax nicht aus.

Mögliche Begleitbefunde eines Spannungspneu-mothorax bei der sonographischen oder computer-tomographischen Untersuchung des Abdomens sinddie Distension der V. cava inferior und der Nie-renvenen sowie erweiterte Periportalfelder der Le-ber durch einen Lymphstau (Mirvis u. Templeton1992).

� Hämatothorax (Abb. 13.12, 13.13). Die Röntgensymp-tomatologie eines Hämatothorax auf der Liegend-aufnahme hängt ebenso wie die des Pneumothoraxwesentlich von seinem Volumen ab. Die Übersichts-aufnahme lässt nur eine grobe Abschätzung desFlüssigkeitsvolumen zu (Mirvis u. Rodriguez 1992;Schnyder u. Wintermark 2000). Auf Thoraxüber-sichtsaufnahmen im Stehen sind pleurale Flüssig-keitsansammlungen ab einer Menge von 200 ml, aufLiegendaufnahmen ab einer Menge von 500 ml nach-weisbar. Auf Thoraxübersichtsaufnahmen im Liegen

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 13

Abb. 13.10. Ventraler Pneumothorax: Das CT-Schnittbild zeigtneben Kontusionsherden in den dorsalen Parenchymabschnit-ten (Sternchen), einem Hämatothorax sowie Rippenfrakturen(scharzer Pfeil) einen schmalen ventralen Pneumothorax(weiße Pfeile), der auf der Thoraxübersicht nicht sichtbar war(vgl. auch Abb. 13.4 d)

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führen Flüssigkeitsmengen von weniger als 250 mllediglich zu einer leichten Transparenzminderungder betroffenen Seite. Flüssigkeitsmengen zwischen250 und 500 ml obliterieren den Zwerchfellrippen-winkel und maskieren die Zwerchfellkontur. Erstdanach, bei Volumina von 500–800 ml bildet sich oftunter Einbeziehung des kleinen Lappenspaltes einbandförmiger Flüssigkeitssaum zwischen Lunge undThoraxwand aus. Ein „apical cap sign“ im Bereich derLungenspitze ist erst ab einer Flüssigkeitsmenge vonüber 1 l zu erwarten.

Bei einem 1 cm breiten Flüssigkeitssaum auf De-kubitusaufnahmen kann man von Volumen von min-destens 500 ml ausgehen. Eine wesentlich genauereQuantifizierung ist heute durch das Volumenscan-ning mit der Spiral-CT möglich.

Beachte∑ Ein Pneumothoraxsaum von 1 cm (10%iger Pneu-

mothorax) signalisiert eine 50%ige Volumenkom-pression der Lunge, ein Saum von 5 cm (50%igerPneumothorax) einen Lungenvolumenverlust von80–90%.

∑ Rezidivierende Pneumothoraces müssen an einebronchopleurale Fistel denken lassen.

∑ Die fehlende Kompressionsatelektase der Lungeschließt einen Spannungspenumothorax nicht aus,da eine kontusionierte Lunge aufgrund der Ein-blutungen und Flüssigkeitseinlagerungen nichtkollabieren kann.

∑ Rezidivierende und raumfordernde Hämatotho-races müssen an eine arterielle Blutungsquelledenken lassen.

Kapitel 13 Thoraxtrauma14

Abb. 13.11. Spannungspneumothorax: Massiver rechtsseitigerSpannungspneumothorax mit Zwerchfelldepression und Ver-schiebung der Mediastinalorgane nach links. BegleitendesPneumoperitoneum und massives Thoraxwandemphysem. Be-achte den zu tief liegenden Trachealtubus und den fehlendenKollaps der rechten Lunge durch die Parenchymkontusion

Abb. 13.12. Hämatothorax: Der Hämatothorax stellt sich aufder Übersichtsaufnahme aufgrund der Lagerung des Patientenmeist lediglich als Transparenzminderung dar. Nur der massiveHämatothorax führt zu einem rippenständigen Begleitschatten.Geht er mit Zeichen der Raumforderung einher, ist immer voneiner arteriellen Blutung auszugehen (meist Interkostal- oderDiaphragmalarterien, im vorliegenden Fall Aortenruptur)

Abb. 13.13. Hämatothorax (CT-Diagnostik): Der Nachweiseines Pleuraergusses bzw. -hämatoms mittels CT ist unproble-matisch. Die CT ermöglicht darüber hinaus eine quantitativeAussage (vgl. auch Abb. 13.2)

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Pneumo- und Hämatothoraces sindhäufige Befunde beim stumpfen Tho-

raxtrauma. Der röntgenologische Nachweis auf derThoraxübersicht im Liegen ist problematisch. Com-putertomographisch ist der Nachweis unproblema-tisch. Verlässliches Hinweiszeichen auf einen ventra-len Pneumothorax im Übersichtsbild ist der scharfkonturierte, spitze Zwerchfellrippenwinkel („deepsulcus sign“). Beim Spannungspenumothorax ist zubeachten, dass die kontusionierte Lunge nicht kol-labieren kann. Rezidivierende und raumforderndeHämatothoraces müssen an eine arterielle Blutungs-quelle denken lassen.

13.2.3Zwerchfell

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenAnatomische Schwachstelle des Zwerchfells ist nebenden kostosternalen und paravertebralen Ansatzstel-len der Übergang zwischen muskulärem und liga-mentärem Teil.

Der N. phrenicus [4. und 5. (3. bis 6.) Zervikal-segment] verläuft zervikal vor dem M. scalenusanterior und hinter dem M. sternocleidomastoideus,im Bereich der oberen Thoraxapertur vor der A. sub-clavia und hinter der V. subclavia und im Media-stinum rechtsseitig lateral der V. cava superior unddes Perikard, linksseitig zwischen der A. carotiscommunis und der A. subclavia über das Perikard;er liegt dabei jeweils extrapleural vor den Hilusstruk-turen.

Zwerchfellrupturen sind, wenn man von den pe-netrierenden Verletzungen absieht, meist Folge einerplötzlichen und starken intraabdominellen Druck-erhöhung. Laterale Kompressionen bzw. Gewaltein-wirkungen sind dabei dreimal so häufig wie frontale.Typisch sind radiäre Risse im zentralen Sehnen-abschnitt oder im Übergangsbereich zwischen mus-kulärem und sehnigem Anteil. Laterale Kompres-sionen führen zur quer verlaufenden Rissen mitLungenkontusionen, frontale Kompressionen zurSagittalrissen und Mediastinalverletzungen.

In drei Viertel der Fälle ist die linke Zwerchfell-hälfte betroffen (Boulanger et al. 1993). Traumatischetransdiaphragmale Organhernien sind sogar in mehrals 90% links lokalisiert. Die rechte Zwerchfellkuppelist durch die Leber besser geschützt. Im Vergleichzum Abdominaltrauma sind stumpfe Thoraxtrau-men seltener die Ursache einer Zwerchfellruptur. ImZuge der Thoraxwandverletzung und der damit ver-bundenen Rippenfrakturen kommt es dabei häufi-ger auch zu Läsionen der peripheren Zwerchfellab-schnitte.

Herniationen betreffen in der Reihenfolge abneh-mender Häufigkeit den Magen, Kolon und Omen-tum, Dünndarm, Milz, Leber, Pankreas und Niere.

� Verletzungsformen. Folgende Verletzungsformenwerden unterschieden:

∑ Zwerchfellrelaxation,∑ traumatische Zwerchfellhernie,∑ Zwerchfellruptur.

Die Relaxatio diaphragmatis ist Folge einer Phreni-kusschädigung meist aus iatrogener Ursache. Bei der Zwerchfellhernie bleiben die pleuroperitonea-len Membranen intakt. Die Zwerchfellruptur bein-haltet die vollständige Durchtrennung aller Gewebs-schichten.

InzidenzDie Häufigkeitsangaben schwanken in weiten Gren-zen zwischen unter 1 und über 5%. Zwerchfellrup-turen sind bei Admoninal- oder Beckentraumen häu-figer als bei Thoraxtraumen (bis 5% beim stumpfenAbdominaltrauma, bis 1,5% beim stumpfen Thorax-trauma und noch häufiger bei penetrierenden Ver-letzungen, 6%; Mirvis u. Templeton 1992, Regel et al.1993).

Typische Begleitverletzungen einer Zwerchfell-ruptur sind Leber- und Milzlazerationen (bis zu40%), Verletzungen gastrointestinaler Organe (bis zu 20%) und Nierenverletzungen (bis zu 20%). Rip-penfrakturen und Beckenfrakturen werden in etwa15–20% der Fälle beobachtet.

Klinische SymptomatikDie Symptomatik hängt von Ausmaß der Zwerchfell-ruptur und vor allen von den Begleitverletzungen ab,die oftmals das klinische Bild dominieren und dieZwerchfellverletzung zugleich maskieren. Symptomewie Schulterschmerz, Pleura-/Thoraxschmerz, Dys-pnoe, Tachypnoe, Tachykardie, ein akutes Abdomenoder eine kontinuierliche Blutung sind möglich,letztlich aber unspezifisch.Kleinere Läsionen könnenzunächst asymptomatisch sein, ehe sie sich nachTagen oder Wochen durch eine Hernienbildung ma-nifestieren. Erfahrungsgemäß werden zwei Drittelder Zwerchfellrupturen primär nicht diagnostiziert.

Durch die kontinuierlichen Atembewegungenheilen Zwerchfellrupturen nicht; vielmehr kommt eszu einer Erweiterung der Zwerchfelllücke und zueiner zunehmenden Hernienbildung. Der negativeintrapleurale Druck führt bei der Zwerchfellrupturdazu, dass die Baucheingeweide sukzessive in denThoraxraum hinein gezogen werden; unter Spontan-atmung besteht bei der Zwerchfellruptur also eineEinbahnstraße für abdominales Gewebe vom Ab-domen in den Thorax.

13.2 Thoraxwand, Pleuraraum und Zwerchfell 15

Merke !!

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� Komplikationen. Eine zwar seltene aber gravierendeKomplikationen kann die Ischämie hernierter Or-gane durch Abklemmung der versorgenden oderdrainierenden Gefäße mit nachfolgender Nekroseund Sepsis sein.

Radiologische SymptomatikZwerchfellrupturen werden auch radiologisch in ei-nem hohen Prozentsatz primär nicht erkannt underst verzögert diagnostiziert, obgleich das Röntgen-bild des Thorax in nahezu 75% der Fälle patholo-gisch ist. Allerdings ist die Röntgensymptomatologieunspezifisch und allenfalls in 25–50% richtungs-weisend für Zwerchfellruptur (Marts et al. 1994).Die häufigsten nativdiagnostischen Röntgenbefunde(Thoraxübersicht) sind in der nachfolgenden Über-sicht zusammengestellt.

Zwerchfellruptur – Hinweiszeichen im Thoraxübersichtsbild∑ Zwerchfellhochstand (ggf. mit basalen Plattenatelektasen)∑ Konturunschärfe des Zwerchfells∑ Doppelkontur/Buckelung des Zwerchfells∑ Hämatothorax∑ Mediastinalverlagerung (Abb. 13.14 a, b)∑ Verlagerung von Abdominalorganen nach intrathorakal∑ ungewöhnliche Hohlraumbildungen und/oder Raumforde-

rungen intrathorakal

Alle Übergänge von einer leichten Unregelmäßigkeitüber eine Obliteration der Zwerchfellkontur bis hinzum intrathorakal verlagerten Hohlorgan sind mög-lich. Beweisend ist im Übersichtsbild allein die intrathorakale Herniation von Abdominalorganen.Ungewöhnliche intrathorakale Hohlraumbildungenoder pseudotumoröse Verschattungen oberhalb derZwerchfellebene mit begleitender Mediastinalver-lagerung zur kontralateralen Seite als Zeichen derRaumforderung sind deswegen hoch verdächtig undfordern die definitive Abklärung ggf. durch eineenterale Kontrastmittel-(KM-)Gabe mit Kontrollauf-nahme oder unter Durchleuchtungskontrolle. Damitgelingt allerdings nur der Nachweis einer Herniationvon Hohlorganen, nicht aber der Herniation paren-chymatöser Organe oder anderer solider Strukturen.Deswegen und zur Abschätzung weiterer Verlet-zungsfolgen ist eine ergänzende Schnittbilddiag-nostik in aller Regel indiziert.

Methode der Wahl zum direkten Rupturnachweisund zum Nachweis transdiaphragmaler Herniendürfte derzeit die Dünnschicht-Spiral-CT mit derMöglichkeit multiplanarer Sekundärreformationensein (Abb. 13.15 a–c). Die computertomographi-schen Zeichen der Zwerchfellläsion sind∑ die hämorrhagische Auftreibung,∑ die Kontinuitätsunterbrechung oder∑ das völlige Fehlen der Zwerchfellkontur.

Dieser Nachweis ist am linken Hemidiaphragma rela-tiv leicht möglich, rechtsseitig hingegen wegen der an-liegenden Leber und der dadurch schlechten Abgrenz-barkeit des Zwerchfellblattes problematisch.HernierteDarmschlingen zeigen in Höhe der Zwerchfelllückeeine taillenähnliche Schnürung („collar sign“).

Hinweis auf eine Zwerchfellruptur im CT kann das „dependent viscera“ Zeichen sein, bei dem dieOberbauchorgane infolge der Zwerchfellruptur nichtmehr in ihrer typischen Lage gehalten werden, son-dern bei Rückenlage des Verletzten nach dorsal ab-

Kapitel 13 Thoraxtrauma16

Abb. 13.14 a, b. Linksseitige Zwerchfellruptur mit traumati-scher Magen- und Dünndarmhernie: Die Thoraxübersicht zeigtlinks thorakal pathologische Verschattungen mit Lufteinschlüs-sen oberhalb der typischen Zwerchfellebene. Die ausgeprägteVerlagerung des Mediastinums zeigt den raumforderndenCharakter des Befundes an, was bei pulmonalparenchymatö-sen Traumafolgen nicht der Fall ist. Die bei Verdacht auf eineZwerchfellruptur durchgeführte orale KM-Applikation (b) be-stätigt den Verdacht und weist die traumatische Magenhernienach. Es findet sich bei dieser Kontrolle ein zunehmender links-seitiger Hämatothorax (auf eine linksseitige Pleuradrainagewurde wegen des Rupturverdachts initial verzichtet). Beachtedie begleitende linksseitige Rippenserienfraktur und das ausge-prägte linksseitige Thoraxwandhämatom

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sinken und Kontakt mit den Rippen gewinnen (Berginet al. 2001).

Die Sensitivität der CT-Diagnostik beim Nachweisvon Zwerchfellrupturen ist mit etwa 60%, die Spe-zifität mit 85% anzusetzen (Schnyder u. Wintermark2000). Die Leistungsfähigkeit der Kernspintomo-graphie dürfte äquivalent sein, verlässliche Literatur-angaben fehlen allerdings.

Die Sonographie kann zwar Flüssigkeitsansamm-lungen und Parenchymverletzungen gut darstellen.Der direkte Ruptur- oder Defektnachweis gelingt je-doch kaum. Bei Herniationen fehlt oft auch der fürdie korrekte Interpretation notwendige Überblick.

Eine angiographische Diagnostik mit Darstellungder A. phrenica ist nur ausnahmsweise bei unklarenBefunden oder unklaren Blutungsquellen indiziert.

Beachte∑ Bei dem Verdacht auf eine Zwerchfellruptur ist die

unkontrollierte Anlage einer Pleura- oder Thorax-drainage wegen der Gefahr einer Verletzung vonAbdominalorganen/Hohlorganen relativ kontra-indiziert.

∑ Ein rechtsseitiger Zwerchfellhochstand beim poly-traumatisierten Patienten spricht immer für eineZwerchfellruptur, da posttraumatische Phrenikus-läsionen extrem selten sind (traumatische Phre-nikusläsionen sind meist iatrogen; Westaby u.Braylay 1990).

∑ Unter maschineller Beatmung kann eine Zwerch-fellruptur lange maskiert bleiben, da durch dieBeatmung die Verlagerung der Abdominalorganein den Thoraxraum unterdrückt wird. Erst unterSpontanatmung kommt es dann zur Hernierung(Shapiro et al. 1996).

∑ Seltener Spätbefund nach einer Zwerchfell- undMilzruptur ist eine intrathorakale und/oder intra-abdominelle Splenose (Schnyder u. Wintermark2000).

Zwerchfellrupturen werden in einemhohen Prozentsatz primär nicht er-

kannt, da die Röntgensymptomatologie unspezifischist. Diagnostisch führend sind intrathorakale Hohl-raumbildungen oder pseudotumoröse Verschattun-gen oberhalb der Zwerchfellebene mit begleitenderMediastinalverlagerung. Beweisend ist der Nachweisintrathorakal hernierter Abdominalaorgane mittelseiner KM-Untersuchung oder der CT, die auch denRupturdefekt im Zwerchfell direkt nachweisen kann.

13.3Lunge und Tracheobronchialsystem

13.3.1Lungenparenchym

Pathologisch-anatomische und ätiologische Grundlagen� Kontusion und Lazeration. Kontusion und Lazera-tion sind unmittelbare traumatische Lungenschä-digungen, die sich in erster Linie graduell unter-scheiden.

Als Kontusion (Quetschung) wird eineanatomische und funktionelle Schädi-

gung der Lunge infolge eines nichtpenetrierendenKompressions-Dekompressions-Traumas bzw. einesRasanztraumas bezeichnet.

Pathomorphologisches Substrat ist eine blutig-seröseInsudation des betroffenen Parenchymabschnittsdurch mikroskopische Läsionen.

Die Lazeration (Zerreißung) bezeich-net makroskopische Rissbildungen im

Parenchym mit oder ohne Beteiligung der viszeralenPleura.

13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 17

Abb. 13.15 a–c. Zwerchfellruptur (CT): Das transversaleSchnittbild (a) zeigt neben der paravertebralen Rippenfraktur(schwarzer Pfeil) den Konturdefekt des linken Zwerchfellschen-kels (Pfeil nach links oben) und das ausgedehnte Begleithäma-tom (Sternchen). Die reformatierten CT-Schnittbilder von zweianderen Fällen (b,c) zeigen linksseitige Zwerchfellrupturen mitHernierung von Abdominalorganen in den Thoraxraum

Merke !!

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Definition��

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Ein Pneumo- und/oder Hämatothorax sind bei einerLazeration häufig. Durch Verletzung kleiner Gefäßeund Bronchien kann es zur Ausbildung traumati-scher Hämatome oder tramatischer Pneumatozelenkommen. Penetrierende Thoraxtraumen führen leichtzur Lazerationen. Stumpfe Traumen hingegen setzeneine erhebliche Gewalteinwirkung voraus.

Neben der direkten traumatischen Schädigungkommt es sowohl bei der Kontusion wie bei derLazeration durch die Einwanderung polymorph-kerniger Leukozyten zur Freisetzung gewebstoxi-scher Mediatoren und zur Ausbildung eines intra-alveolären und interstitiellen Ödems (Schlag et al.1992; Wagner et al. 1988).

Lungenkontusion und -lazeration manifestierensich in der Regel am Ort der Gewalteinwirkungsubpleural und thoraxwandnah. Es sind aber auch„Contre-coup-Läsionen“ möglich.

� Lungentorsion. Im Zuge eines gravierenden Thorax-traumas kann es insbesondere bei Jugendlichen zueiner Lungentorsion bei einem anlagebedingt kurzenoder traumatisch eingerissenem pulmonalen Liga-ment kommen. Die Fixation der Lunge am Hilus istdadurch geschwächt, und eine Torsion um den bron-chovaskulären Stiel durch starke Beschleunigungs-kräfte ist möglich. Der Schweregrad und die Folgensind im Wesentlichen von der Gefäßkompression ab-hängig.

� Blust injury/Explosionstrauma/Druckwellentrauma.Dieses Trauma stellt eine besondere Kontusionsformdar. Die Druckwelle wird über das Tracheobronchial-system auf das gesamte Lungenparenchym über-tragen. Es kommt zur disseminierten Ruptur von Alveolen und Kapillaren mit interstitiellen und in-traalveolären Hämorrhagien und der Ausbildungbronchiolovenöser und alveolovenöser Fisteln mitder Gefahr von Luftembolien.

InzidenzLungenkontusionen sind neben den Rippenfraktu-ren und Pneumothoraces die häufigste Verletzungs-form beim stumpfen Thoraxtrauma mit einer In-zidenz von bis zu 60%. Sie werden heute durch denEinsatz der CT häufiger diagnostiziert als früher, dakleinene Kontusionsherde im Thoraxübersichtsbilddem Nachweis leicht entgehen (Stark 1990). Die trau-matische Lungentorsion ist eine Rarität.

Klinische SymptomatikDie Mehrzahl der Lungenkontusionen und Lazera-tionen verläuft klinisch inapparent. Hämoptysensind insgesamt selten, bei einer Lazeration häufigerals bei einer Kontusion. Ob und in welchem Ausmaßsich Störungen des Gasaustausches manifestieren,

hängt vom betroffenen Lungenvolumen, von Be-gleitverletzungen (instabiler Thorax, Pneumothorax,Hämatothorax) und ggf. auch von präexistenten Lun-generkrankungen ab. Oftmals ist der radiologischeBefund eindrucksvoll, klinisch aber ohne wesentlicheBedeutung und Konsequenz. Ein Atemnotsyndromentwickelt sich bei schweren Parenchymverletzun-gen in etwa 10% der Fälle.

Anders stellt sich die Situation bei akuten intra-thorakalen Druckerhöhungen dar (Explosionstrau-ma, Thoraxkompressionen bei Glottisverschluss).Beim Explosionstrauma ist mit einer respiratorischenInsuffizienz, feuchten Rasselgeräuschen und unpro-duktivem Husten zu rechnen. Eine Thoraxkompres-sion unter Glottisschluss führt über eine abruptevenöse Einflussstauung zum Bild der traumatischenAsyphyxie mit zyanotisch-hämorrhagischem Aspektim Kopf-Hals-Bereich, subkonjunktivalen, skleralenoder auch kraniozervikalen Blutungen (Perthes-Syn-drom). Die Entwicklung eines progredienten zerebra-len und pulmonalen Ödems ist möglich.

BeachteEine reelle Gefahr insbesondere beim offenen, pene-trierenden Thoraxtrauma ist die arterielle Luftem-bolie, die oft nicht erkannt wird. Sie entsteht dann,wenn bei simultaner Eröffnung von Alveolen undVenolen Luft unter der Beatmung über die Lungen-venen ins linke Herz gelangt; minimale Luftmengenkönnen tödlich sein, wenn sie in die Koronararteriengelangen (Glinz 1981).

Kapitel 13 Thoraxtrauma18

Abb. 13.16. Lungenkontusion: Die Thoraxübersicht zeigt dentypischen Befund einer Lungenkontusion mit wenig intensi-ven, relativ homogenen und unscharf begrenzten Verdichtun-gen. Kontusionsherde sind zum Zeitpunkt der Primärdiagnos-tik praktisch immer voll ausgeprägt und bilden sich dannrasch binnen weniger Tage zurück

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13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 19

Abb. 13.17 a–d. Lungenkontusion und -hämatom (Verlauf):Die initial nach dem Trauma angefertigten Aufnahmen (a, b)zeigen den typischen Befund einer Lungenkontusion miteinem relativ homogenen und unscharf begrenzten Verdich-tungsareal am Ort der Gewalteinwirkung. Auf den 3 Wochen

später angefertigten Kontrollaufnahmen (c, d) sind die Kon-tusionsherde vollständig resorbiert. Verblieben ist ein um-schriebener, relativ scharf begrenzter Verdichtungsherd, dereinem pulmonalen Hämatom entspricht, das zunächst durchdie kontusionellen Veränderungen maskiert wurde

Radiologische SymptomatikDer Nachweis pulmonaler Kontusionsherde gelingtmit der CT praktisch immer, mit der Projektions-radiographie in etwa der Hälfte der Fälle (Schild et al.1986). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dassdie klinisch relevanten Befunde auch der Projektions-radiographie nicht entgehen. Unproblematisch ist inaller Regel auch die artdiagnostische Zuordnung derBefunde im Zusammenhang mit dem Trauma.

� Kontusion (Abb. 13.16, 13.17 a – d, 13.18 a – c, 13.19 a, b).Kontusionsherde stellen sich als relativ homogene,unscharf begrenzte Verdichtungen dar, die typischer-

weise subpleural am Ort der Gewalteinwirkung loka-lisiert sind. Auch der zeitliche Ablauf ist charakteris-tisch. Die Kontusionsherde bilden sich in kürzesterZeit (binnen weniger Stunden) nach dem Trauma ausund haben zum Zeitpunkt der Erstaufnahme meistschon ihre volle Ausdehnung erreicht. Sie bilden sichdann bei unkompliziertem Verlauf binnen wenigerTage zurück. Auch größere Kontusionsherde sind inder Regel nach maximal zwei Wochen resorbiert.Persistierende oder progrediente Veränderungenmüssen immer an Komplikationen denken lassen.

Computertomographisch stellen sich Kontusions-herde als unscharf begrenzte wenig intensive Ver-

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dichtungsareale ähnlich einer milchglasartigen Trü-bung dar. Ein Luftbronchogramm fehlt. Die Dichtelässt keinen Rückschluss auf die Art der Flüssigkeits-einlagerung zu. Interessanterweise sind Kontusions-herde umso kleiner je mehr Rippenfrakturen vor-liegen (Energieabsorption durch Rippenfrakturen).Eine Erfahrung aus der CT ist auch das Vorkommenvon Contre-coup-Läsionen beim Thoraxtrauma.

� Lazeration (Abb. 13.20, 13.21). Lazerationen sind imThoraxübersichtsbild primär von Kontusionsherdennur dann zu unterscheiden, wenn sich innerhalb derVerschattung lufthaltige zystische Strukturen finden,die die Parenchymzerreißung mit Ausbildung einerPneumatozele anzeigen. Ansonsten sind die Lazera-tionsherde allenfalls dichter. Im Verlauf ist die Dif-ferenzierung jedoch unproblematisch, da sich Par-enchymlazerationen nicht im Verlauf von Tagen son-dern von Wochen zurückbilden. Hämatome benö-tigen u.U. sogar einige Monate bis zur vollständigenResorption. Hämatome und Pneumatozelen tretenoftmals erst dann in Erscheinung, wenn sich die be-gleitenden Kontusionsfolgen zurückbilden.

Im Computertomogramm ist die Differenzierungzwischen einer reinen Kontusion und einer Lazera-tion meist primär möglich. Lazerationen sind ins-gesamt dichter und inhomogener, da sie neben denrein kontusionellen Veränderungen fast immer auchdichtere Hämatome, Lufteinschlüsse durch Verlet-zung kleiner Bronchiolen und Spiegelbildungen ineingebluteten Pneumatozelen aufweisen. Die Pneu-matozelen können sich unter assistierter Beatmungaufblähen. Eingeblutete Pneumatozelen geben sichu.U. erst verzögert mit der Evakuation des Blutes alssolche zu erkennen.

� Lungentorsion. Die Lungentorsion ist gekennzeich-net durch eine abnorme Position und Ausrichtungder Hilusachse mit atypischem Verlauf der großenGefäße und Einengung des torquierten Stamm-bronchus. Die Lungenlappen können überbläht oderdystelektatisch sein.

Kapitel 13 Thoraxtrauma20

Abb. 13.18 a–c. Lungenkontusion mit komplizierendem „adult respiratory distress syndrome“/ARDS: Die initial nachdem Trauma angefertigte Aufnahme (a) zeigt einen Pneumo-thorax und pulmonale Kontusionsherde, die sich als Paren-chymverdichtungen darstellen. Die wenige Stunden später angefertigte Aufnahme nach Anlage einer Drainage (b) zeigt eine Rückbildung des Pneumothorax und einen praktischstationären pulmonal-parenchymatösen Befund. Die Kon-trolle 4 Tage (c) später zeigt bilateral eine zunehmende Trans-parenzminderung der Lunge durch homogen flächenhafte Verdichtungen geringer Intensität. Dieser Verlauf ist mitKontusionsherden nicht vereinbar und muss an Komplikatio-nen denken lassen. Im vorliegenden Fall handelte es sich umein komplizierendes Atemnotsyndrom

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13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 21

Abb. 13.19 a, b. Lungenkontusion (CT): a Abgesehen von ei-nem schmalen rechtsseitigen Pneumothorax und bilateralenPleuraergüssen findet sich eine etwas inhomogene, insgesamtwenig intensive Transparenzminderung der angeschnittenenrechtsseitigen Lungenabschnitte als Ausdruck kontusioneller

Einblutungen. b Ausgeprägte bilaterale Pneumothoraces mitrechtsseitigem Thoraxwandemphysem und eine relativ inten-sive Verdichtung der rechten Lunge, die für reine kontusionelleEinblutungen eher ungewöhnlich ist

Abb. 13.20. Lungenlazeration (Thoraxübersicht): Die unmit-telbar posttraumatisch angefertigte Ausschnittsaufnahme derrechten Lunge zeigt unscharf begrenzte fleckig-flächige Ver-dichtungen, die mit Kontusionsherden vereinbar sind. Inner-halb derselben finden sich jedoch „zystische“ Aufhellungs-areale oberhalb des Endes der kürzeren Drainage, die trauma-tische Pneumatozelen und damit eine Lungenlazeration an-zeigen

Abb. 13.21. Lungenlazeration (CT): Das unmittelbar posttrau-matisch angefertigte Schnittbild zeigt neben Hämatothoracesund einem Thoraxwandemphysem linksseitig pulmonale Kon-tusionsherde unterschiedlicher Intensität – teils nur milch-glasartige Trübungen, teils dichtere Areale mit Lufteinschlüs-sen und teilweise Spiegelbildungen. Diese Veränderungen sindAusdruck einer Lungenlazeration mit pulmonalen Hämatomen(fokal dichte Herde), Pneumatozelen (lufthaltige zystischeFormationen) und eingeblutete Pneumatozelen (Spiegelbil-dungen)

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DifferentialdiagnostikDie Differentialdiagnose bereitet im Zusammenhangmit der Anamnese und dem Verlauf in der Regel kei-ne Schwierigkeiten. Bei der im Rahmen der Primär-diagnostik u.U. notwendigen Abgrenzung gegenAspirationsfolgen ist die Lokalisation hilfreich. As-pirationen zeigen eine gravitationsabhängige undsegmentale Verteilung, während sich Traumafolgensubpleural manifestieren und keine anatomischenGrenzen mit Ausnahme der Lappenspalten respek-tieren.

Persistierende, progrediente und imVergleich zum Ausgangsbefund neue

Befunde müssen immer an Komplikationen, insbe-sondere Aspirationsfolgen, eine Sekundärinfektionoder die Ausbildung eines Atemnotsyndroms denkenlassen.

Die Mehrzahl der Lungenkontusionenund Lazerationen verläuft klinisch in-

apparent und hat keine therapeutische Konsequenz.Die CT ist beim Nachweis von Parenchymverletzun-gen weitaus sensitiver als die Thoraxübersicht. DieDiagnose ist in der Regel aufgrund der Röntgensymp-tomatologie und des Verlaufs unproblematisch.Charakteristisch sind thoraxwandnahe Parenchym-verdichtungen am Ort der Gewalteinwirkung, die so-fortige Manifestation nach dem Trauma und die ra-sche Rückbildung. Persistierende, progrediente undposttraumatisch zusätzlich auftretende Befundemüssen an Komplikationen denken lassen.

13.3.2Tracheobronchialsystem

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenVerletzungen des zentralen Tracheobronchialsystemssind immer Ausdruck eines schweren Thoraxtrau-mas. Folgende Entstehungsmechanismen sind mög-lich:

1. sagittale Thoraxkompression, wodurch der Trans-versaldurchmesser des Thorax vergrößert wird;die Lungen passen sich dem aufgrund der Elas-tizität an; das Tracheobronchialsystem kannschlechter ausweichen; durch den Zug auf dieKarina kommt es zur Lazeration/Transsektion derTrachea oder eines Hauptbronchus;

2. intrathorakale Druckerhöhung bei geschlossenerGlottis; lineare Ruptur am Tracheobronchialbaum;

3. Rasanztrauma (Beschleunigungstraume) mit Ak-zeleration oder Dezeleration; Scherkräfte führenzur Ruptur/Rissbildung;

4. penetrierende Verletzung;5. nach Glinz (1992): Zum Entstehen einer Bron-

chusruptur ist ein Glottisschluss erforderlich; inErwartung des Unfalls holt der Betroffene tief Luftund schließt die Glottis; unter der Kompressionkommt es zum intraluminalen Überdruck mitkonsekutiver Bronchusruptur.

Lokalisation80% der Verletzungen des Tracheobronchialsystemslokalisieren sich in einem Umkreis von 2,5 cm um dieKarina, wobei die häufigste Lokalisation das proxi-male Segment der Stammbronchien ist. Rechter undlinker Stammbronchus sind in etwa gleich häufig be-troffen, evtl. mit leichter Bevorzugung der rechtenSeite. Die Verletzung kann sich auf die Mukosa oderdie inneren Wandschichten beschränken, die Bron-chuswand penetrieren (Riss) oder den Bronchus imSinne einer Transsektion ganz abtrennen. Transver-salrupturen sind häufiger als Longitudinalrisse. Ander Trachea ist vorzugsweise der Übergang zwischenmembranösem und kartilaginärem Teil betroffen.

InzidenzVerletzungen des Tracheobronchialsystems gelten alsselten (< 2,5%). Tatsächlich dürften sie jedoch häu-figer sein, da einerseits ein Teil der Patienten dasTrauma nicht überlebt, andererseits Verletzungen geringeren Grades u.U. nicht erkannt und behandeltwerden. Penetrierende Traumen (auch iatrogen) sind ursächlich häufiger als stumpfe Gewaltein-wirkungen.

Klinische SymptomatikIn zwei Drittel der Fälle sind die Vitalfunktionen erhalten, und die Tracheobronchialverletzung istnicht ohne Weiteres apparent. Hämoptysen oder eineBlutaspiration liegen ebenso wie die Zeichen einerobstruktiven Belüftungsstörung in etwa 40% derFälle vor. Diese Befunde sind jedoch vieldeutig undebenso unspezifisch wie ein vermindertes Atemge-räusch. Symptome wie Heiserkeit, Dysphonie (durchRecurrensläsion), Husten oder Stridor sind in derAkutphase kaum zu erwarten. Entscheidend ist es,an die Möglichkeit einer Tracheobronchialruptur zudenken. Die relevanten Hinweisszeichen sind in dernachfolgenden Übersicht zusammengestellt.

Hinweiszeichen auf eine Verletzung des Tracheobronchialsystems∑ Anamnestische Hinweise

� Rasanztrauma∑ klinische Hinweise

� Husten� Dyspnoe� Hämoptysen

Kapitel 13 Thoraxtrauma22

CAVE !!

Merke !!

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∑ radiologische Hinweise, primär� Subkutanemphysem� Pneumothorax� Pneumomediastinum� Pneumoperikard� Frakturen des Thoraxskeletts

∑ radiologische Hinweise, sekundär� Subkutanemphysem, therapierefraktär� Pneumothorax, therapierefraktär� Pneumomediastinum, therapierefraktär� Pneumoperikard, therapierefraktär

Komplikationen∑ Bronchopleurale Fistel,∑ bei Sekundärheilung narbig-stenosierende Gra-

nulombildung mit konsekutiver Stenosierung undrezidivierenden Infekten der abhängigen Lungen-segmente,

∑ bei komplettem Abriss Atelektase ohne Infektion;Rechts-Links-Shunt initial > 30% geht rasch auf< 5% zurück.

PrognoseVerletzungen des Tracheobronchialsystems können,wenn sie rechtzeitig erkannt werden, operativ gutversorgt werden, sodass eine Restitutio ad integrummöglich ist. Trachealrupturen sind jedoch generellprognostisch ungünstiger einzuschätzen als Bron-chusrupturen. Fehl- oder narbig stenosierend ver-heilte Rupturen werden reseziert und sind prog-nostisch ebenfalls günstig, wenn nicht bereits Schä-digungen der abhängigen Lunge eingetreten sind.

Radiologische SymptomatikDirekte Zeichen einer Verletzung des Tracheobron-chialsystems im Thoraxröntgenbild sind weitaus sel-tener als indirekte. In 20% der Fälle ist mit einemnegativen Befund zu rechnen. Die indirekten Zeichensind zwar unspezifisch, sie können aber den ent-scheidenden Hinweis auf eine mögliche Verletzungdes Tracheobronchialsystems geben. Derartige Hin-weiszeichen sind

∑ ein Pneumothorax,∑ ein Pneumomediastinum oder∑ ein Pneumoperikard

insbesondere dann, wenn sie sich therapierefraktärerverhalten. In diesen Fällen sind eine CT-Untersu-chung und/oder Bronchoskopie indiziert (Abb. 13.22,13.23).

Die direkten radiologischen Zeichen einer Tracheo-bronchialverletzung sind zwar spezifisch, aber ex-trem selten. Dazu zählen ein Bronchusabbruch, eineVersetzung der Bronchuskontur (Bajonett-Zeichen)und das sog. „fallen-lung sign“, welches einen Bron-chusabriss voraussetzt. Die betroffene Lunge verliert

damit ihre Verankerung am Hilus und sinkt derSchwerkraft folgend ab, bei stehender Aufnahme-position nach kaudal, bei liegender Aufnahmepo-sition nach dorsal. Bei Bettaufnahmen ist diesesZeichen deswegen nicht zu verwerten. In der CTmanifestiert sich das „fallen-lung sign“ in eineratypischen Schnittbildtopographie: Der rechte Ober-lappenbronchus ist mit seinem anterioren Seg-mentbronchus nicht mehr in seiner typischen Loka-lisation in Höhe der Karina dargestellt, sondern

13.3 Lunge und Tracheobronchialsystem 23

Abb. 13.22. Tracheobronchialverletzung (Thoraxübersicht):Die Aufnahme wurde nach einem schweren Thoraxtrauma(Sturz aus großer Höhe) angefertigt. Sie zeigt einen bilateralendrainierten Pneumothorax, ein ausgedehntes Pneumomedias-tinum und Pneumoperikard und pulmonale Kontusionsherde.Die trotz adäquater Therapie persistierenden Pneumothoracesund mediastinalen Luftansammlungen legten den Verdacht aufeine Bronchusruptur nahe, der endoskopisch bestätigt wurde

Abb. 13.23. Tracheobronchialverletzung (CT): seltener Befundeines direkten nachgewiesenen trachealen Wandeinrisses (Pfeil)mit massivem Mediastinalemphysem

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weiter kaudal mit schräg-dorsaler Verlaufsrichtung(Tack et al. 2000).

Beachte∑ Der Röntgennativbefund ist in 20% der Fälle ne-

gativ.∑ Ein kompletter Abriss kann übersehen werden,

wenn die Ruptur durch das umgebende Gewebegedeckt wird.

∑ Ein Pneumoperikard und Luft in der tiefen Hals-region sprechen für eine Tracheobronchialver-letzung (Westaby u. Braylay 1990).

∑ Das „fallen-lung sign“ bei Ruptur der bronchialenVerankerung der Lunge manifestiert sich in derCT dadurch, dass der rechte Oberlappenbronchusmit seinem anterioren Segmentbronchus nichtmehr in seiner typischen Lokalisation in Höhe der Karina angeschnitten wird, sondern weiterkaudal mit schräg-dorsaler Verlaufsrichtung (Tacket al. 2000).

Verletzungen des zentralen Tracheo-bronchialsystems sind immer Aus-

druck eines schweren Thoraxtraumas. Wegen der unspezifischen klinisch-radiologischen Symptoma-tik werden sie in einem hohen Prozentsatz pri-mär übersehen und erst sekundär diagnostiziert.Typische Verletzungslokalisation sind die karina-nahen Bronchusabschnitte. Richtungsweisend imRöntgenbild können ausgeprägte und insbeson-dere therapierefraktärer Befunde wie ein Pneumo-thorax, ein Mediastinalemphysem oder eine Atel-ektase sein.

13.4Mediastinum

13.4.1Pneumomediastinum/Pneumoperikard

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenIm Zusammenhang mit einem stumpfen Thorax-trauma wird ein Pneumomediastinum in etwa 10%der Fälle angetroffen. Es kann verschiedene Ursachenhaben bzw. auf verschiedenen Wegen entstehen.Häufigste Ursache ist die Entstehung über eine Al-veolar-/Parenchymruptur, über die die Luft in dasperibronchovaskuläre Lungeninterstitium und vondort in das Mediastinum gelangt („Macklin-Phäno-men“ = Parenchymruptur mit interstitieller Dis-sektion von Luft entlang der bronchovaskulären Bin-degewebsscheiden durch Kompression und Reex-pansion). Seltener sind die primäre Enstehung imMediastinum durch Verletzung des zentralen Tra-

cheobronchialsystems oder des Ösophagus und dieFortleitung eines Weichteilemphysems der Thorax-wand oder des Halses in das mediastinale Binde-gewebe.

Mediastinalemphyseme sind weitaus häufiger imvorderen Kompartiment lokalisiert oder betreffenden gesamten Mediastinalraum als dass sie im hin-teren Mediastinum gelegen sind. Da das Media-stinum kein abgeschlossener Raum ist, kann sich einMediastinalemphysem in alle Richtungen ausdehnen,nach zervikal, retroperitoneal und intraperitoneal.

Eine Pneumoperikard kann direkt über eine pene-trierende Verletzung oder durch gleichzeitige Rupturvon Pleura und Perikard entstehen oder aber sekun-där ausgehend von einem interstitiellen Emphysemüber die Adventitia der Pulmonalvenen vermitteltwerden, insbesondere bei einer Beatmung mit hö-herem PEEP.

Klinische SymptomatikEin Mediastinalemphysen kann bis in die Schulternund Oberarme ausstrahlende retrosternale Schmer-zen und Dyspnoe verursachen. Bei der Auskulta-tion finden sich abgeschwächte Herztöne und herz-aktionsabhängige Knistergeräusche („Hamman’scrunch“)

Radiologische SymptomatikDer Nachweis eines relevanten Mediastinalemphy-sems gelingt nativdiagnostisch in einem hohen Pro-zentsatz der Fälle. Diskrete Veränderungen entgehender Thoraxübersichtsaufnahme allerdings infolgeder Summationsphänomene, die die Bildinterpreta-tion erschweren. Diesbezüglich ist die CT der Pro-jektionsradiographie deutlich überlegen.

Am besten und einfachsten ist das Mediastinal-emphysem üblicherweise an den Mediastinalrän-dern, insbesondere am linken Herzrand, im Bereichdes aortopulmonalen Fensters und entlang der des-zendierenden thorakalen Aorta sowie an einer beton-ten Markierung der pleuralen Recessus zu erkennen.Die Vielzahl weiterer, mehr oder weniger häufigerund hilfreicher radiologischer Befunde wurden kürz-lich von Wintermark und Mitarbeitern (2000) zu-sammengestellt.

� Pneumomediastinum (Abb. 13.24 a – d). Typische Be-funde beim Pneumomediastinum sind:

∑ „Continuous diaphragm sign“: Durch Luft zwi-schen Perikard und Diaphragma wird das Zwerch-fell durchgehend in seiner gesamten Länge konturiert, also auch innerhalb des Mediasti-nalschattens, wo es normalerweise durch den Kontakt zwischen den weichteiläquivalenten Me-diastinal- und Oberbachorganen nicht zur Dar-

Kapitel 13 Thoraxtrauma24

Merke !!

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stellung kommt. Modifikationen dieses Befundessind das „continuous left hemidiaphragm sign“und das „extrapleural air sign“. Das „continuousleft hemidiaphragm sign“ und das „extrapleuralair sign“ können sich auch auf der seitlichenThoraxaufnahme manifestieren.

∑ „V-sign“: scharf konturierte V-förmige Aufhellungam Übergang vom linken Hemidiaphragma (Luftzwischen dem Zwerchfell und der diaphragmalenPleura) zum paravertebralen Bindegewebe (Luftzwischen thorakaler Aorta und mediastinalerPleura). Als „V-sign“ wird auch eine Scharfkontu-rierung des Venenwinkels zwischen V. subclaviaund V. brachiocephalica bei Luft im vorderenoberen Mediastinum bezeichnet.

∑ Luftstreifen oder -sicheln entlang der großen me-diastinalen Gefäße wie Aorta, supraaortalen Ästen,Pulmonalarterien, V. cava und V. acygos; z.B.„ringaround the artery-sign“ im Seitbild, „infraacygosair-sign“.

∑ „Bronchial wall sign“: Durch Luft im peribron-chialen Bindegewebe wird die Wand des lufthal-tigen Bronchus direkt als weichteildichter Streifenoder Ring dargestellt.

∑ Thymuszeichen: Demarkierung des Thymus bzw.des Thymusrestes durch Luft im vorderen oberenMediastinum. Dieser Befund ist insbesondere beiKindern zu erwarten und entspricht in seinerKonfiguration den typischen Thymusbefunden indiesem Lebensalter.

∑ Präkordialer bzw.präaortaler Luftstreifen oder Luft-sichel im Seitenbild zwischen der Herzvorderwandbzw. der aszendierenden Aorta und dem Sternum.

∑ Luftstreifen im pulmonalen Ligament: Das Lig.pulmonum fixiert die Unterlappen ans Media-stinum. Mediastinale Luft im pulmonalen Liga-ment stellt sich als scharf begrenzte bandförmigeoder schmale pyramidale Aufhellung rechtsseitigparakardial oder linksseitig in Projektion auf denHerzschatten dar.

13.4 Mediastinum 25

Abb. 13.24 a–d. Mediastinalemphysem: a Der Nachweis desMediastinalemphysems (hier im Rahmen eines Polytraumas)ist unproblematisch. Typisch sind die vertikal ausgerichteten„schwarzen“ Streifenschatten in Projektion insbesondere aufdie Randpartien des Mediastinalschattens. Das Luftleck istmeist nicht lokalisierbar, die Lokalisation desselben vielfach

auch nicht erforderlich. b–d Eine weitaus bessere bzw. detail-liertere Beurteilung lässt die CT zu. Sie erlaubt die eindeutigeDifferenzierung zwischen dem Mediastinalemphysem im en-geren Sinne (b, c), einem begleitenden Pneumoperikard (d)und etwa zusätzlicher Luft im medialen, paramediastinalenPleuraspalt

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� Pneumoperikard (Abb. 13.25). Der Perikardsack kannsich in Abhängigkeit von der individuellen Anatomieeinige Zentimeter nach kranial auf die aszendierendeAorta und auf die V. cava superior bis in Höhe dereinmündenen V. acygos erstrecken. Er kann verschie-dene Recessus ausbilden, deren Kenntnis insbeson-dere für die computertomographische Bildanalysevon Interesse sind.

∑ Typischer Befund ist ein singulärer Luftstreifenbzw. ein Luftband oder eine Luftsichel, die dieHerzkontur je nach Ausdehnung des Befundesbegleitet. Das Luftband wird dabei lateral durcheinen schmalen Pleurastreifen begrenzt. Nachkranial wird das Pneumoperikard durch die peri-kardiale Umschlagfalte in Höhe der Aorten- bzw.Pulmonaliswurzel limitiert.

∑ Perikardiale Recessus sind:� „Theile’s transverse sinus“ hinter der Aorta as-

cendens und der V. cava superior,� „Haller’s oblique sinus“ dorsal des linken Vor-

hofs kaudal der einmündenden inferioren Lun-genvenen,

� linker pulmonaler Recessus zwischen der lin-ken Pulmonalarterie und der linken oberen Pulmonalvene.

DifferentialdiagnostikGanz generell gilt, dass der Nachweis und die anato-mische Zuordnung pathologischer Luftansammlun-gen im Mediastinum mit der CT leichter und bessergelingt als mit der Projektionsradiographie. Erheb-liche Interpretationsschwierigkeiten entstehen ins-

besondere dann, wenn zusätzlich zum Mediastinal-emphysem ein Weichteilemphysem der Thoraxwandoder ein Pneumothorax vorliegt. So können insbe-sondere die Abgrenzung eines ventralen Pneumo-thorax gegen Luft im pulmonalen Ligament und dieDifferenzierung zwischen einem Mediastinalemphy-sem und einem Pneumoperikard problematisch sein.Beim Pneumothorax und Pneumoperikard ist dieLuft frei verschieblich; im Gegensatz dazu ist die Luftbeim Mediastinalemphysem fixiert und nicht lage-verschieblich. Beim Pneumoperikard wird die Luftnach kranial durch die perikardiale Umschlagfalte in Höhe der Aorten- bzw. Pulmonaliswurzel scharfbegrenzt.

Das Pneumomediastinum kann ver-schiedene Ursachen haben und kann

sich in alle Richtungen ausbreiten, da das Mediasti-num kein in sich abgeschlossener Raum ist. Unter Be-atmungstherapie ist es ein relativ häufiger Befundohne besondere Bedeutung. Massive und therapiere-fraktäre Mediastinalemphyseme dagegen müssen aneine Tracheobronchial- oder an eine Ösophagus-ruptur denken lassen. Die Röntgendiagnostik ist un-problematisch, die CT wesentlich sensitiver als dieProjektionsradiographie.

13.4.2Aorta und große Gefäße

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenIn etwa 75% der Fälle liegt der Aortenverletzung einRasanztrauma mit frontaler oder lateraler Gewaltein-wirkung ganz überwiegend im Rahmen von Automo-bilunfällen zugrunde. In den übrigen 25% sind einFall aus großer Höhe oder selten andere Traumen fürdie Aortenverletzung verantwortlich. Bis zu 40% derprimär letalen Verletzungen im Straßenverkehr ge-hen auf eine Aortenruptur zurück.

Verschiedene Pathomechanismen werden postu-liert. Neben einer Fixation der Aorta im Isthmus-bereich durch das Lig. Botalli, die bei Rasanztraumenzu einem Einriss führt, werden eine Kompression der deszendierenden Aorta zwischen Sternum undWirbelsäule bei frontaler Krafteinwirkung und eineplötzliche traumatisch bedingte intraaortale Druck-erhöhung mit Berstung der Wand diskutiert. NachGlinz (1992) führt die Dezeleration in vertikaler Rich-tung bei gleichzeitiger Kompression zur Aortenrup-tur; die Dezeleration in horizontaler Richtung hin-gegen nicht (negative Beschleunigungen bis – 45 gwerden toleriert). Plötzliche intraluminale (intra-aortale) Drücke > 2500 mmHg können zur Wand-rupturen führen (Parmley et al. 1958).

Kapitel 13 Thoraxtrauma26

Abb. 13.25. Pneumoperikard: Das Pneumoperikard unter-scheidet sich vom Mediastinalemphysem dadurch, dass es sichals ein singuläres, nicht gekammertes Kavum darstellt, daskranial durch die Perikardumschlagfalte begrenzt ist und deswegen das Niveau des aortopulmonalen Fensters nichtüberschreitet

Merke !!

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Häufigste Verletzungslokalisation im Aortenver-lauf ist die Aorta descendens unmittelbar distal derA. subclavia sinistra in Höhe des Isthmus bzw. desDuctus arteriosus Botalli. Die Ruptur verläuft in derRegel transversal, selten longitudinal oder spiralig.Teilrupturen, die sich auf die Intima und Media be-schränken, machen 65% aus, komplette transmuraleRupturen mit Beteiligung der Adventitia, die diestärkste Wandschicht darstellt, 35%.

10–20% der Patienten mit einer Ruptur der des-zendierenden thorakalen Aorta überleben das initialeTrauma zumindest temporär und kommen zur Diag-nostik und Therapie. Im weiteren Verlauf versterben30% binnen 6 h, 40% binnen 24 h, 72% innerhalb von8 Tagen und 90% innerhalb von 10 Wochen.

InzidenzAlle Häufigkeitsangaben beziehen sich auf die Ver-letzten, die nicht primär am Unfallort versterben.Daraus resultiert zwangsläufig eine Dunkelziffer,was die Verletzungen der aszendierenden thorakalenAorta angeht, da diese wegen der nahezu regelhaftenHerz- und/oder Koronargefäßbegleitverletzungen ineinem hohen Prozentsatz letal verlaufen.

Verletzungen der distalen thorakalen Aorta inHöhe des Zwerchfelldurchtritts sind selten (2–3%);in 10% der Fälle sind sie mit Zwerchfellrupturen ver-gesellschaftet.

Klinische SymptomatikAortenverletzungen verursachen retrosternale unddorsale Schmerzen, die sich zwischen die Schulter-blätter projizieren. Allerdings wird die Symptomatikoft durch andere Traumafolgen überlagert, sodassder Thoraxschmerz kein verlässlicher Befund ist,abgesehen davon, dass der Verletzte oft nicht in derLage ist, Auskunft zu geben. Klinisches Leitsymptomist der Kreislaufschock. Hinweiszeichen bei der kli-nischen Untersuchung sind eine Blutdruckdifferenzzwischen rechtem und linkem Arm bzw. zwischenoberer und unterer Extremität, eine massive Schwel-lung der unteren Halsregion mit Stridor, Heiserkeit,Dyspnoe und Dysphagie. Indirekte Zeichen könnenein Horner-Syndrom, eine Paraplegie und eineOligurie sein. Neben diesen klinischen Zeichenkommt der Kenntnis des Unfallhergangs in Hinblickauf die Risikoabschätzung eine wesentliche Bedeu-tung zu.

BeachteBei Volumensubstitution kann es zu sekundären Blu-tungen mit Exitus kommen.

Radiologische Symptomatik� Thoraxübersicht. Im Thoraxübersichtsbild ist dieVerbreiterung des oberen Mediastinalschattens einzwar häufiger, zugleich aber unspezifischer Befund,der verschiedene Ursachen haben kann. Allein dieTatsache, dass die Aufnahme meist am liegendenPatienten unter erschwerten untersuchungstechni-schen Bedingungen angefertigt werden muss, be-dingt eine mangelhafte Inspirationstiefe und eineverstärkte Füllung der Kava und der übrigen medias-tinalen Venen. Hinzu kommen lagerungsbedingteProjektionsfehler und ungünstig Abstandsverhält-nisse (verkürzter Fokus-Film-Abstand).

Die Mediastinalverbreiterung allein ist deswegenkein hinreichend verlässliches Kriterium für eineAortenverletzung, zumal die Mehrzahl mediastinalerHämatome aus Blutungen kleinerer arterieller undvenöser Gefäße resultiert. Trotz dieser Einschrän-kungen ist die Thoraxübersichtsaufnahme unverän-dert Bestandteil der Basisdiagnostik bei Patientenmit einem Thoraxtrauma. Ihre Bedeutung im Zu-sammenhang mit Aortenverletzungen ist vor allemdarin zu sehen, dass ein negativer, d. h. ein unauffäl-liger Befund eine Aortenverletzung mit hoher Wahr-scheinlichkeit ausschließt. Der negative Vorhersage-wert liegt bei 98% (Mirvis et al. 1987).

Die möglichen nativdiagnostischen Zeichen ei-ner Aortenruptur sind mit Häufigkeitsangaben inTabelle 13.4 aufgelistet.

Von diesen Kriterien sind insbesondere diejenigendiagnostisch relevant, die Ausdruck einer raumfor-dernden arteriellen Blutung im Mediastinum sind.Dies sind die Verlagerung der Trachea und des Öso-phagus (bzw. der Magensonde) nach rechts und eine Elongation und Kaudalverlagerung des linkenHauptbronchus.Venöse Blutungen bauen keinen ent-sprechenden Druck für derartige Organverlagerun-gen auf. Weitere relativ verlässliche Hinweiszeichensind eine Obliteration der Aortenkontur (Aorten-knopf und Deszendenskontur) und eine Obliterationund Verdichtung des aortopulmonalen Fensters.

13.4 Mediastinum 27

Tabelle 13.4. Nativdiagnostische Zeichen einer Aortenruptur

Nativradiologischer Befund Häufigkeit(%)

Mediastinalverbreiterung > 8 cm 70Tracheal(tubus)verlagerung nach rechts 63Ösophagus(sonden)verlagerung nach rechts 50Hauptbronchusverlagerung nach kaudal 40Obliteration der Aortenkontur 55Verdichtung des aortopulmonalen Fensters 67„left apical cap“ 65Verbreiterung des Paratrachealstreifens 53Verlagerung der Paravertebrallinie 35Massiver linksseitiger Hämatothorax 35Fraktur der 1. Rippe 16

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Ein massiver, raumfordernder undtherapierefraktärer Hämatothorax ist

immer verdächtig auf eine arterielle Blutung (Aortaoder supraaortale Äste, Interkostalarterien, Zwerch-fellarterien).

Die Ruptur der Aorta ascendens bedingt einen rechts-seitigen, die Ruptur der Aorta descendens einenlinksseitigen Hämatothorax (Abb. 13.26, 13.27 a, b,13.28 a, b, 13.29 a, b).

� Computertomographie (Abb. 13.30). Bei dringendemVerdacht auf eine Aortenverletzung, sei es aufgrundder Symptomatologie, des nativradiologischen Be-fundes oder des Unfallhergangs, ist heute die Spiral-CT Methode der Wahl zum Nachweis oder Ausschlusseiner Aortenläsion. Die CT in Form der CT-Angio-graphie ist der klassischen Angiographie (DSA) inmehrfacher Hinsicht überlegen. Zum einen erlaubtder singuläre computertomographische Volumenda-tensatz die Darstellung der Aorta in jeder beliebigenProjektion, zum anderen liefert die CT nicht nur In-formationen über das Lumen, sondern auch über dieWandbeschaffenheit und den perivaskulären Raum,vermag also intramurale und periaortale Hämatomenachzuweisen.

Die typischen Befunde sind in der nachfolgen-den Übersicht zusammengestellt (Dyer et al. 1999;Richardson et al. 1991). Bei sorgfältiger Analyse derSchnittbilder unter Nutzung multiplanarer Rekon-struktionen ist der zu erhebende Befund in der Regelkonklusiv, sodass sich weitere diagnostische Schritteerübrigen und auf die Angiographie verzichtetwerden kann. Die interaktive multiplanare Schnitt-bildrekonstruktion ist insofern von besonderer Be-deutung, als sie eine bessere Übersicht im Bereich des Aortenbogens und der supraaortalen Gefäßab-gänge gewährleistet. Pulsationsartefakte stellen beiden heute üblichen Subsekundenscannern kein diag-nostisches Problem mehr dar.

Kapitel 13 Thoraxtrauma28

CAVE !!

Abb. 13.26. Synopsis nativdiagnostischer Befunde bei Aorten-ruptur (1 Elongation und Herabdrängung des linken Stamm-bronchus, 2 Obliteration der Aortenkontur, 3 spitzer Karina-winkel, 4 Verlagerung von Trachea und Ösophagussonde ausder Mittellinie nach rechts, 5 „apical cap sign“, 6 massiverHämatothorax)

Abb. 13.27 a, b. Aortenruptur (Mediastinalverbreiterung mit Trachea-/Ösophagusverlagerung): Die Ausschnitte der Thoraxübersichten von zweiFällen mit Aortenruptur zeigen Befunde, die immer dringend verdächtig aufeine Aortenruptur sein müssen. Es sind dies die Zeichen einer raumforderndenBlutung im oberen Mediastinum. Verdächtig ist dabei weniger die Verbreiterungdes oberen Mediastinalschattens als vielmehr die Verlagerung der Trachea(erkennbar am Tubusverlauf, a) bzw. des Ösophagus (erkennbar am Verlauf derMagensonde, b); beides deutet auf den Hämatomdruck infolge der arteriellenBlutung hin. In Teilabb. a erkennt man bei einliegender Pleuradrainage zugleichein sog.„Apical-cap-Zeichen“. Beachte auch die paravertebralen Frakturen der1. und 2. Rippe links (Pfeile)

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Computertomographische Befunde bei Aortenruptur∑ Abrupte Kaliberänderung (akute Koarktation)∑ intraluminale Irregularität (Intimaflap)∑ abnorme Aortenkontur∑ abnorme Kontur der supraaortalen Gefäßabgänge∑ intramurales Hämatom∑ periaortales/perivaskuläres Hämatom∑ Mediastinalhämatom∑ Dichtezunahme und Zeichnungsvermehrung des mediasti-

nalen Fettgewebes

Nachteile der transösophagealen Sonographie sinddie starke Untersucherabhängigkeit, die oft nicht ge-währleistete Verfügbarkeit im Nacht- und Bereit-schaftsdienst sowie die Kontraindikation bei Ge-sichts-, Hals- und Wirbelsäulenverletzungen.

� Angiographie/digitale Subtraktionsangiographie. Dieangiographische Diagnostik ist mit der Einführungder Spiral-CT stark in den Hintergrund getreten, dasie bei vergleichbarer Aussagekraft keinen Zeitvorteilmehr bietet und zudem invasiv und kostenintensiverist. Die angiographischen Zeichen sind denen derCT-Angiographie durchaus vergleichbar. Leitbefundist eine umschriebene Konturunregelmäßigkeit derAortenwand an typischer Stelle unmittelbar distaldes Abgangs der linken A. subclavia. Die Rupturstelleliegt meist im medialen oder lateralen Wandab-schnitt. Informationen über intramurale oder para-aortale Hämatome vermag die Angiographie nicht zu liefern, da sie lediglich das Lumen und damit inVerbindung stehende Hohlräume (Aneurysma spu-rium) darzustellen vermag. Problematisch kann dieAbgrenzung zwischen degenerativen Wandverände-rungen und traumatischen Aortenläsionen sein.

Aufgrund dieser Zusammenhänge ist die Angio-graphie nur noch in wenigen Situationen indiziert,beispielsweise bei einem nichtkonklusiven CT-Be-fund, bei fehlender Verfügbarkeit eines leistungs-fähigen Scanners oder mit dem Ziel einer minimal-invasiven Therapie (Aortenstent).

Differentialdiagnostik∑ Mediastinalverbreiterung: Differentialdiagnostisch

sollte bei einer pathologischen Mediastinalver-breiterung im Zusammenhang mit einem Poly-trauma immer auch an die Möglichkeit einerWirbelsäulenfraktur gedacht werden.

∑ Pseudoaneurysma: Nach Literaturangaben mussin etwa 15% der Fälle damit gerechnet werden,dass die Differenzierung zwischen einer trauma-tischen Läsion und einer anatomischen Varianteoder einer traumaunabhängigen Veränderungnicht gelingt (Morse et al. 1987). Falsch-positiveAneurysmabefunde kommen insbesondere beiDuctusdivertikeln vor. Ductusdivertikel sind meistprominenter, inferomedial lokalisiert und weiseneinen weniger stumpfen Winkel zum Aortenbandauf als ein Aneurysma. Der „ductus bump“ istdurch eine minimale Konvexität, seine Glattwan-digkeit und Symmetrie sowie durch einen stump-fen Winkel am Übergang zur Aortenwand charak-terisiert.

UntersuchungstrategieOrientierende Daten zur Sensitivität, Spezifität undzum negativen Vorhersagewert der verschiedenenbildgebenden Verfahren sind in Tabelle 13.5 wieder-gegeben. Sie bestimmen letztlich die diagnostischeStrategie.

13.4 Mediastinum 29

Abb. 13.28 a, b.Aortenruptur: Die nach einemschweren Polytrauma angefertigteThoraxübersicht zeigt eine patho-logische Verbreiterung des Media-stinums mit Obliteration des aor-topulmonalen Fensters und derKontur der Aorta descendens (a).Eine Elongation des Hauptbron-chus ist andeutungsweise zu er-kennen (Pfeil). Zusätzlich liegt ei-ne linksseitige Zwerchfellrupturvor (Pfeilspitze). b Der Verdachteiner Aortenruptur bestätigte sichangiographisch

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Primäres bildgebendes Verfahren beim Thorax-oder Polytrauma zur Orientierung über den kardio-vaskulären und pulmonalen Status ist unumstrittendie Thoraxübersicht trotz ihrer geringen Spezifitätund trotz der neuen Modalitäten. Legen der klinischeUntersuchungsbefund, die Thoraxübersicht oder derVerletzungsmechanismus den Verdacht auf eine Aor-tenverletzung nahe, ist die KM-unterstützte Spiral-CT-Untersuchung (CT-Angiographie) der nächstediagnostische Schritt. Bei negativem Befund ist dies-bezüglich keine weitere Abklärung erforderlich.

Beim Nachweis einer traumatischen Aortenläsionist die sofortige operative Intervention indiziert. Fin-det sich lediglich ein Hämatom im vorderen Media-stinum ohne Nachweis einer Blutungsquelle ist eine

Kapitel 13 Thoraxtrauma30

Abb. 13.29 a, b. Aortenruptur: Beide Aufnahmen wurden ineinem Abstand von nur 2 h angefertigt. Innerhalb dieser Zeitentwickelte sich ein massiver Hämatothorax mit Schock-symptomatik, der für eine arterielle Blutung sprach und imvorliegenden Fall durch eine Aortenruptur verursacht war

Tabelle 13.5. Sensitivität, Spezifität und NPV („negative pre-dictive value“) der verschiedenen Untersuchungsmodalitätenbeim Nachweis einer traumatischen Aortenläsion

Untersuchungs- Sensitivät Spezifität NPVmodalität (%) (%) (%)

Thoraxübersicht 90 25 90Angiographie 96 98Transösophageale 97 98

SonographieSpiral-CT 96 > 99 > 99

Abb. 13.30. CT-Zeichen der Aortenverletzung (Aneurysma)

abwartende Haltung unter kontinuierlicher Beob-achtung gerechtfertigt. Bei einem periaortalen Hä-matom und/oder zweifelhaftem Befund im CT ist zur definitiven Abklärung ggf. eine komplementäreDiagnostik (Angiographie, transösophageale Echo-graphie) zur definitiven Abklärung erforderlich.

Nur 10–20% der Patienten mit einerRuptur der deszendierenden thoraka-

len Aorta überleben das initiale Trauma. Häufigsteund typische Verletzungslokalisation ist die Aortadescendens unmittelbar distal der A. subclavia. Aufder Thoraxübersicht ist die Mediastinalverbreiterungim Zusammenhang mit einer entsprechenden Klinikund Traumaanamnese entscheidender Hinweis. Die

Merke !!

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Mediastinalverbreiterung ist allerdings ein unspezifi-scher Befund. Dringend verdächtig sind immer be-gleitende Zeichen einer Raumforderung durch diearterielle Blutung. Ein unauffälliger Befund auf derThoraxübersicht schließt eine Aortenruptur prak-tisch aus. Nachweismethode der Wahl ist heute dieCT-Angiographie.

13.4.3Pharynx und Ösophagus

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenPharynx- und Ösophagusverletzungen im Rahmenstumpfer Thoraxtraumen sind extrem selten (< 0,01%der stumpfen Thoraxtraumen), da der Ösophagus inder Tiefe des Mediastinums geschützt liegt und gutverschieblich ist, sodass er Krafteinwirkungen aus-weichen kann (Beal et al. 1988). Stärker gefährdetsind Pharynx und Ösophagus hingegen durch pene-trierende Verletzungen (Stich- und Schussverlet-zungen).

Intraluminale Verletzungsmechanismen (insbe-sondere iatrogene Verletzungen im Rahmen endo-skopischer Eingriffe) sind dabei weitaus häufiger als extraluminale. Typische Lokalisation iatrogenerLäsionen sind die physiologischen Engen, in ersterLinie der Ösophagusmund (pharyngoösophagealerÜbergang), an zweiter Stelle der ösophagogastrischeÜbergang (Zwerchfellhiatus).

Extraluminale Ursachen Perforationen sind sehrselten. Nur etwa 5% aller penetrierenden Verletzun-gen tangieren den Ösophagus, vorzugsweise in sei-nem oberen Abschnitt (Oparah u. Mandal 1979). Eshandelt sich dabei meist um Schussverletzungen. Inzwei Drittel der Fälle liegen zugleich Tracheal- undGefäßverletzungen vor. Sehr selten sind auch Öso-phagusrupturen im Rahmen von Explosionsverlet-zungen. Eine von äußerer Gewalteinwirkung unab-hängige Verletzungsform ist die spontane Perfora-tion durch Erbrechen.

Bei stumpfen Traumen und spontanen Rupturenhandelt es sich in der Regel um Längsrisse, die sichentweder auf die Mukosa oder Muskularis beschrän-ken und mit intramuralen Hämatomen einhergehenoder die ganze Wand im Sinne einer komplettenRuptur durchsetzen.

Klinische SymptomatikÖsophagusverletzungen werden – wenn nicht auf-grund des Unfallhergangs primär an sie gedacht wird (penetrierende Verletzung, iatrogene Verlet-zung) – leicht übersehen und oft erst nach Tagen mit dem Auftreten entzündlicher Komplikationen im Sinne einer Mediastinitis diagnostiziert (Fie-

ber, Leukozytose, Tachykardie, „general malaise“,Schmerzen). Die Latenzzeit beträgt im Mittel etwa5 Tage. Die Gründe dafür sind einmal darin zu sehen, dass die Verletzung per se selten ist, zum anderen darin, dass sonstige Traumafolgen dasklinische Bild beherrschen und die Ösophagusver-letzung maskieren.

Beachte∑ Verzögerungen in der Diagnose und Therapie ver-

schlechtern die Prognose signifikant,∑ die Mortalität von Ösophagusrupturen liegt zwi-

schen 10–30%, wobei das Alter des Patienten einungünstiger Prognosefaktor ist,

∑ Komplikationen einer nicht adäquat behandeltenÖsophagusperforation sind Fistelbildungen undStrikturen.

Radiologische SymptomatikHäufigster radiologischer Befund (60%) ist ein per-sistierendes Weichteilemphysem im Mediastinum-und/oder Halsbereich. Häufig ist auch ein beglei-tender linksseitiger Pleuraerguss. Eine Verbreiterungdes Mediastinalschattens und eine Unschärfe derMediastinalkonturen sind verglichen mit den klini-schen Zeichen einer Mediastinitis wenig spezifischeBefunde. Neben der KM-Diagnostik (wasserlöslichesKontrastmittel) empfiehlt sich immer die CT, dieauch kleinere pathologische Lufteinschlüsse nachzu-weisen vermag. Die Sicherung der Diagnose erfolgtin der Regel endoskopisch.Wegen der häufigen Kom-binationsverletzungen sollten dabei Ösophagoskopieund Bronchoskopie simultan durchgeführt werden.

Beachte∑ Bei einem ätiologisch unklaren Mediastinalem-

physem sollte man immer an die Möglichkeiteiner Ösophagusverletzung denken,

∑ in etwa einem Drittel der Fälle ist die Röntgen-diagnostik negativ.

Pharynx- und Ösophagusverletzun-gen im Rahmen stumpfer Thorax-

traumen sind sehr selten. Häufiger sind sie bei penetrierenden Verletzungen, insbesondere durchintraluminale Verletzungsmechanismen (iatrogen).Ösophagusverletzungen werden – wenn nicht an siegedacht wird – leicht übersehen. Verzögerungen inDiagnose und Therapie verschlechtern die Prognosesignifikant. Häufigster radiologischer Befund ist einpersistierendes Mediastinal- und/oder Halsemphy-sem, u.U. begleitet von einem linksseitigen Pleura-erguss.

13.4 Mediastinum 31

Merke !!

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13.4.4Ductus thoracicus

Pathologisch-anatomische und ätiologische GrundlagenVerletzungen des Ductus thoracicus sind sehr selten.Neben direkten Läsionen des Ductus thoracicus beipenetrierenden Traumen können Hyperextensions-traumen der Wirbelsäule indirekt zu Ductuszerrei-ßungen führen, typischerweise in Höhe des Zwerch-felldurchtritts. Typischer Befund ist der Chylothorax.Nur etwa 18% der Chylothoraces allerdings sindtraumatischer Genese. Häufiger ist der Chylothoraxtumorbedingt (40%) oder Operationsfolge (20%). In14% der Fälle ist keine Ursache zu eruieren (spon-taner/idiopathischer Chylothorax).

Distale Rupturen führen zum rechtsseitigen, proxi-male zum linksseitigen Chylothorax. Bei Rupturen inHöhe der Kreuzung des Ductus von rechts nach links(3. bis 6. Thorakalwirbel) sind bilaterale Chylothora-ces möglich.

Klinische SymptomatikLeitsymptom ist die rezidivierende Pleuraerguss-bildung mit konsekutiver Dyspnoe. Charakteristischist das verzögerte Auftreten mit einer Latenz von 2–8 Tagen zum Trauma. Ein Lymphverlust von mehrals 1,5 l innerhalb von 5 Tagen oder von mehr als200 ml pro Tag nach 14 Tagen gilt als relative Opera-tionsindikation.

Radiologische SymptomatikRöntgenologisch ist die Differenzierung zwischeneinem serösen, einem entzündlich-exsudativen, ei-nem biliären oder einem chylösen Erguss nicht mög-lich, auch nicht mittels computertomographischerDichtemessung. Diagnostisch entscheidend ist diePunktion mit nachfolgender biochemischer Analyse(Lipoproteinelektrophorese).Chylusflüssigkeit ist mil-chig und proteinreich (Proteingehalt < 3 g/l), weisteinen pH zwischen 7,4–7,8 und enthält Triglyzeride.In der Sudanfärbung lassen sich Fetttropfen nach-weisen. Die Darstellung des Ductus thoracicus undseine Pathologie gelingt möglicherweise mit derKernspintomographie (Hayashi u. Miyazaki 1999).Größere Erfahrungen diesbezüglich liegen jedochnicht vor.

Verletzungen des Ductus thoracicussind sehr selten. Typischer Befund ist

der Chylothorax. Leitsymptom ist mit einer Latenzvon einigen Tagen posttraumatisch auftretende Pleu-raergussbildung. Der Chylothorax ist immer eineklinisch-biochemische Diagnose. Radiologisch ist dieDifferenzierung der Ergussflüssigkeit nicht möglich.

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Kapitel 13 Thoraxtrauma32

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