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 308 150 psychologische Aha-Experimente So informiert uns zwar dieses Experiment über die unter- schiedliche „Ansteckbarkeit“ von Menschen durch Gähnen, doch es sagt uns kaum etwas über den Nutzen dieser Ansteckung. Bestimmte Forscher (Baenninger , 1997) sehen in dem anstecken- den Gähnen ein evolutionäres Überbleibsel, das unseren V orfah- ren einst half, ihre Aktivitäts- und Ruhephasen miteinander zu koordinieren. Möglicherweise konnten sich alle Mitglieder einer Gruppe auf diese Weise darauf einstimmen, zur selben Zeit das- selbe zu tun. Das Gähnen hätte demnach etwa folgendem Satz entsprochen: „Es ist Zeit für die Siesta, gib das an deinen Nach- barn weiter .“ Vielleicht waren dies die allerersten Anfänge unserer Gruppenaktivitäten.  W as das Alter betrifft, in dem dieses V erhalten erstmals auf- tritt, so scheint das zwischen ein und zwei Jahren der Fall zu sein (Piaget, 1969). Meltzoff und Moore (1977) vermuten, dass das Baby erst dann, wenn es sich als eigenes Individuum wahrnimmt und sich selbst im Spiegel erkennen kann, die Fähigkeit entwi- ckelt, Mimik nachzuahmen. Ab da lässt es sich auch von Gähnen anstecken. Fazit  Wenn Sie sich leicht vom Gähnen eines anderen anstecken lassen, kann man Sie wahrscheinlich als einen Menschen mit ausgepräg- tem Einfühlungsvermögen bezeichnen. Das heißt, es fällt Ihnen leicht, den psychischen Zustand der Menschen in Ihrer Nähe zu erkennen und zu erfassen, vor allem die ausgeprägten emotiona- len Empfindungen, die uns nach einem Fauxpas, einer Beleidi- gung, einer Überraschung, einem glücklichen Ereignis oder Ähn- lichem überwältigen. Lässt Sie dagegen der Anblick eines gähnenden Menschen kalt, dann besitzen Sie m öglicherweise einige schizotypische Per- sönlichkeitsmerkmale, was zur Folge hat, dass Sie nur schwer zu erahnen vermögen, was andere verspüren.

150 Psychologische Aha-Experimente (2011) 312

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150 Psychologische Aha-Experimente (2011) 312

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  • 308 150 psychologische Aha-Experimente

    So informiert uns zwar dieses Experiment ber die unter-schiedliche Ansteckbarkeit von Menschen durch Ghnen, doch es sagt uns kaum etwas ber den Nutzen dieser Ansteckung. Bestimmte Forscher (Baenninger, 1997) sehen in dem anstecken-den Ghnen ein evolutionres berbleibsel, das unseren Vorfah-ren einst half, ihre Aktivitts- und Ruhephasen miteinander zu koordinieren. Mglicherweise konnten sich alle Mitglieder einer Gruppe auf diese Weise darauf einstimmen, zur selben Zeit das-selbe zu tun. Das Ghnen htte demnach etwa folgendem Satz entsprochen: Es ist Zeit fr die Siesta, gib das an deinen Nach-barn weiter. Vielleicht waren dies die allerersten Anfnge unserer Gruppenaktivitten.

    Was das Alter betrifft, in dem dieses Verhalten erstmals auf-tritt, so scheint das zwischen ein und zwei Jahren der Fall zu sein (Piaget, 1969). Meltzoff und Moore (1977) vermuten, dass das Baby erst dann, wenn es sich als eigenes Individuum wahrnimmt und sich selbst im Spiegel erkennen kann, die Fhigkeit entwi-ckelt, Mimik nachzuahmen. Ab da lsst es sich auch von Ghnen anstecken.

    Fazit

    Wenn Sie sich leicht vom Ghnen eines anderen anstecken lassen, kann man Sie wahrscheinlich als einen Menschen mit ausgeprg-tem Einfhlungsvermgen bezeichnen. Das heit, es fllt Ihnen leicht, den psychischen Zustand der Menschen in Ihrer Nhe zu erkennen und zu erfassen, vor allem die ausgeprgten emotiona-len Empfindungen, die uns nach einem Fauxpas, einer Beleidi-gung, einer berraschung, einem glcklichen Ereignis oder hn-lichem berwltigen.

    Lsst Sie dagegen der Anblick eines ghnenden Menschen kalt, dann besitzen Sie mglicherweise einige schizotypische Per-snlichkeitsmerkmale, was zur Folge hat, dass Sie nur schwer zu erahnen vermgen, was andere verspren.