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940 IN a n o t e c h n o lo q i e Chemie lngenieur Technik (71) 9 I99 Herstellung und Eigenschaften von uber Laserverdampfung gewonnenen keram isc hen Nanopulvern PROF. DR. E. MULLER, DR. CH. OESTREICH, DR. M. LOOGK TU Bergakademie Freiberg, Institut fur Keramische Werkstoffe, D-09596 Freiberg; DOZ. DR. G. STAUPENDAHL. DR. K. SCHINDLER, D R . H:D. KURLAND Friedrich-Schiller-Universitat Jena, Technisches Institut, D-07743 Jena. Aus Nanopartikeln aufgebaute Werkstoffe konnen sich in wesent- lichen Parametern signifikant von Werkstoffen rnit groberem Ge- fiige unterscheiden bm. konnen sogar uber neuartige, fur die be- treffende Werkstoffklasse untypische Eigenschaften verfugen. Da- her ist gegenwartig weltweit ein Trend zur Enhvicklung von Tech- nologien zur Erzeugung nanoskaliger Pulver zu erkennen. Durch mechanisches Mahlen sind Pulver mit TeilchengroBen unter 100 nm im allgemeinen nicht mehr herstellbar. Deshalb werden Nanopartikel typischenveise uber gesteuerte Keimbildungs- und Wachstumsprozesse aufgebaut. Im Falle keramischer Nanopulver spielen hier Gasphasenprozesse eine wesentliche Rolle, da sie hohe Reinheit mit guter Steuerbarkeit des Herstellungsprozesses zu verbinden gestatten. Neben reaktiven Verfahren werden auch Verdampfung und Rekondensation hierfur genutzt. Dafur sind La- ser in besonderem MaBe geeignet, da sie nicht nur in der Lage sind, die Verdampfungsbedingungen auch fur hochtemperaturstabile Keramiken zu realisieren, sondern auch in einfacher Weise eine Steuerung von raumlicher Ausdehnung und Zeitverhalten der Pro- zeRzone ermoglichen. Letztgenannter Weg wurde hier beschritten, wobei ins- besondere untersucht wurde, inwieweit sich in der Literatur bereits bekannte Ergebnisse fur oxidische Keramikpulver hinsichtlich der Pulverausbeuten optimieren und auf nichtoxidische Materialien ubertragen lassen. Hierzu wurde ein C0,-Hochleistungslaser (bis 4 kW) eingesetzt, der sowohl kontinuierlich als auch gepulst betrieben werden konnte. Der Laserstrahl wurde auf der Oberfla- che eines relativ zum Strahl permanent bewegten Targets, das aus grobkornigem Keramikpulver oder gesinterter Keramik bestand, fokussiert. Das verdampfte Material wird durch einen variabel ein- stellbaren Tragergasstrom sehr schnell aus dem heil3esten Bereich der ProzeRzone abtransportiert, so daB durch tjbersattigung indu- zierte homogene Keimbildung auftritt, die zur Ausbildung sehr fei- ner, vorrangig kugelformiger Partikel rnit Durchmessern zwischen 10 und 100 nm fuhrt, wie sie auf der Abbildung fur Zirkonoxid zu sehen sind. Dabei ist die PartikelgroBenverteilung uber Laserinten- sitat, Betriebsweise des Lasers und Geschwindigkeit des Trager- gasstromes steuerbar. Die Einzelpartikel sind typischenveise nur in Ausnahmefallen uber Feststoffbriickenverknupft; die leicht re- dispergierbaren Agglomerate wurden durch elektrostatische Ab- scheider und an Prallblechen abgeschieden. Fur oxidische Pulver (ZrO,. Al,O,), die unter Normalat- mosphare oder reinem 0, hergestellt wurden, konnten auf diese Weise Verdampfungsraten von etwa 100 glh realisiert werden, wo- bei eine Erhohung der Verdampfungsrate erwartungsgemafi rnit einer Verschiebung der TeilchengroBenverteilung zu groReren Durchmessern verbunden ist. Das Verarbeitungsverhalten sol- cher Pulver und die Eigenschaften daraus herstellbarer Kerami- ken werden exemplarisch vorgestellt. Im Falle nitridischer Pulver (AlN, Si,N,, TiN),fur deren Herstellung eine Verdampfung unter Stickstoffatmosphare erfor- derlich ist, konnten sogar Verdampfungsraten bis zu 200 glh er- reicht werden. Hierbei treten aber Besonderheiten in der chemi- schen Zusammensetzung der Pulver in den Fallen auf, in denen die Rekondensation unter Normaldruck uber eine nichtkongruen- te Schmelzphase verlauft. AuBerdem ist fur alle derartigen nano- skaligen Nichtoxidpulver die Vermeidung von Oxidationsprozes- sen wahrend ihrer Handhabung von groBer Bedeutung. iiber erste Versuche zu einer diesbezuglichen In-situ-Konditionierng nitri- discher Nanopulver wahrend des Herstellungsprozesses sol1 be- richtet werden. Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemein- schaft fur die finanzielle Unterstutzung dieser Untersuchungen. Abbildung. Uber Laserverdampfung hergestelltes 20,-Nanopulver. Systematische ProzeBsynthese mit Hilfe mathematischer Methoden D1PL:ING. D. BRUSIS, DIPL.-ING. TH. FREY. P R 0 F. - D R. -I N G . J. S T I C H L M A I R (Vortragender) Lehrstuhl fur Fluidverfahrenstechnik, TU Munchen; DR.-ING. M. H. BAUER Wacker Chemie GmbH; DR:ING. 5. GLANZ Linde AG. In einem friihen Stadium der ProzeBsynthesewerden bis heute fast ausschliealich heuristische Regeln angewendet, um die Struktur eines Prozesses und die darin enthaltenen Gmndoperationen fest- zulegen. AnschlieRend wird rnit Hilfe kommerziell erhaltlicher Si-

16. Systematische Prozeßsynthese mit Hilfe mathematischer Methoden

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940 IN a n o t e c h n o l o q i e Chemie lngenieur Technik (71) 9 I 9 9

Herstellung und Eigenschaften von uber Laserverdampfung gewonnenen keram isc hen Nanopu lvern

P R O F . D R . E . M U L L E R , D R . C H . O E S T R E I C H , D R . M . L O O G K

TU Bergakademie Freiberg, Institut fur Keramische Werkstoffe, D-09596 Freiberg;

D O Z . D R . G . S T A U P E N D A H L . D R . K . S C H I N D L E R ,

D R . H:D. K U R L A N D

Friedrich-Schiller-Universitat Jena, Technisches Institut, D-07743 Jena.

Aus Nanopartikeln aufgebaute Werkstoffe konnen sich in wesent- lichen Parametern signifikant von Werkstoffen rnit groberem Ge- fiige unterscheiden bm. konnen sogar uber neuartige, fur die be- treffende Werkstoffklasse untypische Eigenschaften verfugen. Da- her ist gegenwartig weltweit ein Trend zur Enhvicklung von Tech- nologien zur Erzeugung nanoskaliger Pulver zu erkennen. Durch mechanisches Mahlen sind Pulver mit TeilchengroBen unter 100 nm im allgemeinen nicht mehr herstellbar. Deshalb werden Nanopartikel typischenveise uber gesteuerte Keimbildungs- und Wachstumsprozesse aufgebaut. Im Falle keramischer Nanopulver spielen hier Gasphasenprozesse eine wesentliche Rolle, da sie hohe Reinheit mit guter Steuerbarkeit des Herstellungsprozesses zu verbinden gestatten. Neben reaktiven Verfahren werden auch Verdampfung und Rekondensation hierfur genutzt. Dafur sind La- ser in besonderem MaBe geeignet, da sie nicht nur in der Lage sind, die Verdampfungsbedingungen auch fur hochtemperaturstabile Keramiken zu realisieren, sondern auch in einfacher Weise eine Steuerung von raumlicher Ausdehnung und Zeitverhalten der Pro- zeRzone ermoglichen.

Letztgenannter Weg wurde hier beschritten, wobei ins- besondere untersucht wurde, inwieweit sich in der Literatur bereits bekannte Ergebnisse fur oxidische Keramikpulver hinsichtlich der Pulverausbeuten optimieren und auf nichtoxidische Materialien ubertragen lassen. Hierzu wurde ein C0,-Hochleistungslaser (bis 4 kW) eingesetzt, der sowohl kontinuierlich als auch gepulst

betrieben werden konnte. Der Laserstrahl wurde auf der Oberfla- che eines relativ zum Strahl permanent bewegten Targets, das aus grobkornigem Keramikpulver oder gesinterter Keramik bestand, fokussiert. Das verdampfte Material wird durch einen variabel ein- stellbaren Tragergasstrom sehr schnell aus dem heil3esten Bereich der ProzeRzone abtransportiert, so daB durch tjbersattigung indu- zierte homogene Keimbildung auftritt, die zur Ausbildung sehr fei- ner, vorrangig kugelformiger Partikel rnit Durchmessern zwischen 10 und 100 nm fuhrt, wie sie auf der Abbildung fur Zirkonoxid zu sehen sind.

Dabei ist die PartikelgroBenverteilung uber Laserinten- sitat, Betriebsweise des Lasers und Geschwindigkeit des Trager- gasstromes steuerbar. Die Einzelpartikel sind typischenveise nur in Ausnahmefallen uber Feststoffbriicken verknupft; die leicht re- dispergierbaren Agglomerate wurden durch elektrostatische Ab- scheider und an Prallblechen abgeschieden.

Fur oxidische Pulver (ZrO,. Al,O,), die unter Normalat- mosphare oder reinem 0, hergestellt wurden, konnten auf diese Weise Verdampfungsraten von etwa 100 glh realisiert werden, wo- bei eine Erhohung der Verdampfungsrate erwartungsgemafi rnit einer Verschiebung der TeilchengroBenverteilung zu groReren Durchmessern verbunden ist. Das Verarbeitungsverhalten sol- cher Pulver und die Eigenschaften daraus herstellbarer Kerami- ken werden exemplarisch vorgestellt.

Im Falle nitridischer Pulver (AlN, Si,N,, TiN), fur deren Herstellung eine Verdampfung unter Stickstoffatmosphare erfor- derlich ist, konnten sogar Verdampfungsraten bis zu 200 glh er- reicht werden. Hierbei treten aber Besonderheiten in der chemi- schen Zusammensetzung der Pulver in den Fallen auf, in denen die Rekondensation unter Normaldruck uber eine nichtkongruen- te Schmelzphase verlauft. AuBerdem ist fur alle derartigen nano- skaligen Nichtoxidpulver die Vermeidung von Oxidationsprozes- sen wahrend ihrer Handhabung von groBer Bedeutung. iiber erste Versuche zu einer diesbezuglichen In-situ-Konditionierng nitri- discher Nanopulver wahrend des Herstellungsprozesses sol1 be- richtet werden.

Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemein- schaft fur die finanzielle Unterstutzung dieser Untersuchungen.

Abbildung. Uber Laserverdampfung hergestelltes 20,-Nanopulver. Systematische ProzeBsynthese mit

Hilfe mathematischer Methoden D 1 P L : I N G . D . B R U S I S , D I P L . - I N G . T H . F R E Y .

P R 0 F . - D R . - I N G . J . S T I C H L M A I R (Vortragender) Lehrstuhl fur Fluidverfahrenstechnik, TU Munchen;

D R . - I N G . M . H . B A U E R

Wacker Chemie GmbH;

DR: ING. 5. G L A N Z

Linde AG.

In einem friihen Stadium der ProzeBsynthese werden bis heute fast ausschliealich heuristische Regeln angewendet, um die Struktur eines Prozesses und die darin enthaltenen Gmndoperationen fest- zulegen. AnschlieRend wird rnit Hilfe kommerziell erhaltlicher Si-

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mulationsprogramme eine Analyse durchgefuhrt, um zu iiberprii- fen, ob die notwendigen Produktspezifikationen mit diesem ProzeB erreicht werden. Wenn nicht, setzt einiterativer ProzeR ein, in des- sen Folge sich Synthese- und Analyseschritte abwechseln. Diese Vorgehensweise birgt einige Nachteile in sich, wobei der schwer- wiegendste der immense Zeitaufwand ist. Hinzu kommt, daB sich viele heuristische Regeln widersprechen und somit, je nach Ge- wichtung dieser Regeln, ganz unterschiedliche Prozesse syntheti- siert werden. Somit kann kein optimaler ProzeB garantiert werden.

Um diese Nachteile zu umgehen, wird ein neuartiges mathematisches Werkzeug zur ProzeRsynthese angewandt, die so- genannte gemischt ganzzahlige, nichtlineare Programmierung (Mixed Integer Non Linear Programming, MINLP). Der wesentli- che Vorteil ist hierbei, daR nicht der eigentliche ProzeR syntheti- siert wird, sondern eine allgemeine ijberstruktur, die im Idealfall alle verfahrenstechnisch sinnvollen ProzeRelemente und deren Verknupfungen enthalt. Die Modellgleichungen dieser Uber- struktur enthalten sogenannte Binarvariablen, die nur die Werte Null oder Eins annehmen konnen. Die Existenz bm. Nichtexi- stenz einzelner ProzeBelemente, z. B. Kolonnen, Feedboden, Pro- duktabzuge oder Warmetauscher, wird durch die Werte Eins bzw. Null der Binarvariablen gekennzeichnet. Im Verlauf der Optimie- rung wird durch Veranderung der Werte der Binarvariablen die Struktur des Prozesses verandert. Gleichzeitig wird auch eine Op- timierung der Betriebsvariablen durchgefuhrt. Innerhalb der

ijberstruktur wird der optimale ProzeB durch die Abfolge verschie- dener mathematischer Algorithmen meist bereits nach wenigen Iterationen gefunden.

Um die kombinatorische Vielfalt aller moglichen Pro- zesse zu beschranken, wurden Methoden entwickelt, um, basie- rend auf thermodynamischen Voriiberlegungen, insbesondere aus den Informationen des Phasengleichgewichts, ijberstruktu- ren zu generieren. Bei rektifikativen Trennprozessen gelingt dies beispielsweise durch die Anwendung des Prinzips der ,,bevor- zugten Trennung". Diese Art von Trennungen beschreibt den am leichtesten durchfiihrbaren Trennschnitt fiir ein Mehrstoffge- misch. Eine Folge von bevorzugten Trennungen ergibt eine Uber- struktur des Prozesses, die die groRte Zahl sinnvoller Trennschritte enthalt. Das Ergebnis einer ProzeBoptimiemng ist in der Abbil- dung dargestellt. Als Zielfunktion wurden die jahrlichen Betriebs- kosten und die annualisierten Investitionskosten verwendet.

Neben rein rektifikativen Prozessen zur Zerlegung zeo- troper oder homogen azeotroper Gemische existieren mittlerweile MINLP-Modelle fiir hybride Prozesse, die einen Extraktionsschritt enthalten, sowie fur die Reaktivrektifikation, also die simultane Durchfuhmng von Reaktion und Rektifikation in einer Gegen- stromkolonne. An diesen Beispielen kann die Einsatzmoglichkeit der rigorosen ProzeBsynthese und -0ptimierung mit MINLP und deren Leistungsfahigkeit demonstriert werden.

Abbildung. FlieBbild des Prozesses mit den geringsten jahrlichen Ge- samtkosten fur das Gemisch MethanollEthanolNVasser.

Shortcut-Verfahren fur den Entwurf - 1 r - - - - - - - - -

D2' Methanol I 0 I I p - v -

I

I 1189kW I

I I I I

I I

D3 I

B3

175kW Ethanol

1-3 Wasser

von Rektifikationskolonnen zur Tre n n u n g n i c h t- i dea I e r G em i sc h e

D I P L . - I N G . J . B A u s A (Vortragender),

Lehrstuhl fiir ProzeRtechnik, RWTH Aachen, TurmstraRe 46, D-52056 Aachen.

D I P L . - I N G . C H . R E D E R . P R O F . D R . - I N G . W . M A R Q U A R D T

Der Enhvurf von destillativen Mehrkomponententrennungen fuhrt zu einer Vielzahl von Schaltungsalternativen. Dies gilt insbesonde- re dann, wenn komplexe Kolonnen mit Seitenabzugen, -verstar- kern, -strippern oder auch hybride Schaltungen einbezogen wer- den. Wegen der hohen Anzahl der moglichen Alternativen verbie- tet sich jedoch der Einsatz von rigorosen Simulationswerkzeugen an dieser Stelle des Planungsablaufs. Um ungunstige oder aus ther- modynamischen Griinden nicht mogliche Sequenzen schon friih zu erkennen und auszuschlieden, sind dagegen einfache und schnelle Berechnungsverfahren notwendig, die einen groben Entwurf un- terstiitzen und eine wirtschaftliche Beurteilung erlauben.

Fur diese Aufgabe bieten sich Shortcut-Verfahren an, die im Gegensatz zu rigorosen Simulationsverfahren eine schnelle Bilanzierung einer Schaltung erlauben, ohne daR hierfur ein detai- lierter Entwurf notig ware. Weiterhin stellen Shortcut-Verfahren ein wesentliches Hilfsmittel bei der Schaltungssynthese dar, da sie Einblick in die thermodynamischen Eigenschaften des betrach- teten Stoffsystems vermitteln.

Wahrend fiir ideale Gemische seit langerem einfache und schnelle Berechnungsverfahren zur Verfugung stehen, die