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18. April 2006 Jesus als Idol einer verlorenen Generation Rockmusiker Dirk Zöllner spielt die Hauptrolle im Musical „Jesus Christ Superstar“ an der Staatsoperette Dresden Dresden. Ein wenig sieht er schon aus wie Jesus auf einem Heiligenbild. Und doch war die Rolle des Gottessohnes eine absolute Premiere für Dirk Zöllner. Neuland war für den Rockmusiker auch die Arbeit an der Staatsoperette Dresden, das Zusammenspiel mit einem Theaterensemble. Dort ging am Wochenende erstmals eine tempogeladene Inszenierung des Andrew Lloyd-Webber-Musicals „Jesus Christ Superstar“ über die Bühne, das 1971 in New York uraufgeführt wurde. In den dargestellten letzten Tagen im Leben von Jesus Christus aus der Sicht von Judas Ischarioth (Matthias Pagani) spiegeln sich die Konflikte ganzer Generationen wider. Für Webber war Christi Leidensgeschichte das Spiegelbild seiner Zeit, der Zeit der Blumenkinder. Eine Zeit, in der junge Menschen, angewidert vom Druck der Konsumgesellschaft, auf der Suche nach neuen Idealen waren. Regisseur Wolf Widder greift die Intention des Musicals auf und setzt Jesus an die Spitze dieser Suche. In dieser Rolle konnte Dirk Zöllner zur Höchstform auflaufen. Gesanglich brillierte neben Pagani als Judas vor allem Sarah Schütz als Maria Magdalena. Jesus, der seine Jünger, diese Blumenkinder, immer aufgefordert hat, sich selbst zu befreien („Der Weg ist das Ziel“), wird schließlich in eine Rolle gedrängt, die ihn als Gott erscheinen lässt. Er genießt es einerseits, sich von der Menge tragen zu lassen. Und doch fühlt er andererseits wie ein normaler Mensch. Judas warnt ihn. Er verrät Jesus an die schwarz gekleideten Herrscher des Landes, weil er ihn auf den Boden zurückholen will. Bald muss er seinen Irrtum aber einsehen. Er wird von den korrupten Machthabern nur missbraucht. Judas schneidet sich die Pulsadern auf und lässt sein Blut an der Bühnendekoration herunterlaufen, nicht ohne vorher noch das Wort Freiheit hinzukrakeln. Jesus seinerseits fügt sich seinem Schicksal, da er dem Druck der Menge längst nicht mehr gewachsen ist: Er wird gekreuzigt. Und wird damit erst recht zum Idol einer verlorenen Generation. Es war vor allem junges Publikum, das den Superstar feierte. Unter der musikalischen Leitung von Michael Fuchs wurde der Abend ein Erfolg für die Operette, die es mit ihren Musicals immer wieder schafft, das Stammpublikum mit neuen Besuchern anzureichern. Die Vorstellungen für diese Saison jedenfalls sind bereits ausgebucht, wer in der nächsten dieses Stück sehen will, muss sich beeilen. (GFL/mit uh) Karten und Infos Telefon 0351/2079929. www.staatsoperette-dresden.de

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18. April 2006 Jesus als Idol einer verlorenen Generation Rockmusiker Dirk Zöllner spielt die Hauptrolle im Musical „Jesus Christ Superstar“ an der Staatsoperette Dresden Dresden. Ein wenig sieht er schon aus wie Jesus auf einem Heiligenbild. Und doch war die Rolle des Gottessohnes eine absolute Premiere für Dirk Zöllner. Neuland war für den Rockmusiker auch die Arbeit an der Staatsoperette Dresden, das Zusammenspiel mit einem Theaterensemble. Dort ging am Wochenende erstmals eine tempogeladene Inszenierung des Andrew Lloyd-Webber-Musicals „Jesus Christ Superstar“ über die Bühne, das 1971 in New York uraufgeführt wurde.

In den dargestellten letzten Tagen im Leben von Jesus Christus aus der Sicht von Judas Ischarioth (Matthias Pagani) spiegeln sich die Konflikte ganzer Generationen wider. Für Webber war Christi Leidensgeschichte das Spiegelbild seiner Zeit, der Zeit der Blumenkinder. Eine Zeit, in der junge Menschen, angewidert vom Druck der Konsumgesellschaft, auf der Suche nach neuen Idealen waren. Regisseur Wolf Widder greift die Intention des Musicals auf und setzt Jesus an die Spitze dieser Suche. In dieser Rolle konnte Dirk Zöllner zur Höchstform auflaufen.

Gesanglich brillierte neben Pagani als Judas vor allem Sarah Schütz als Maria Magdalena. Jesus, der seine Jünger, diese Blumenkinder, immer aufgefordert hat, sich selbst zu befreien („Der Weg ist das Ziel“), wird schließlich in eine Rolle gedrängt, die ihn als Gott erscheinen lässt. Er genießt es einerseits, sich von der Menge tragen zu lassen. Und doch fühlt er andererseits wie ein normaler Mensch.

Judas warnt ihn. Er verrät Jesus an die schwarz gekleideten Herrscher des Landes, weil er ihn auf den Boden zurückholen will. Bald muss er seinen Irrtum aber einsehen. Er wird von den korrupten Machthabern nur missbraucht. Judas schneidet sich die Pulsadern auf und lässt sein Blut an der Bühnendekoration herunterlaufen, nicht ohne vorher noch das Wort Freiheit hinzukrakeln. Jesus seinerseits fügt sich seinem Schicksal, da er dem Druck der Menge längst nicht mehr gewachsen ist: Er wird gekreuzigt. Und wird damit erst recht zum Idol einer verlorenen Generation.

Es war vor allem junges Publikum, das den Superstar feierte. Unter der musikalischen Leitung von Michael Fuchs wurde der Abend ein Erfolg für die Operette, die es mit ihren Musicals immer wieder schafft, das Stammpublikum mit neuen Besuchern anzureichern. Die Vorstellungen für diese Saison jedenfalls sind bereits ausgebucht, wer in der nächsten dieses Stück sehen will, muss sich beeilen. (GFL/mit uh)

Karten und Infos

Telefon 0351/2079929.

www.staatsoperette-dresden.de