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Optionen qualitätsorientierter Vergütung in Deutschland
19. Mai 2017
Prof. Dr. Boris Augurzky
SIQ! Forum 2017
Was gilt es in der Gesundheitsversorgung zu erreichen?
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Quelle: RWI
Qualität der Versorgung 1
Wirtschaftliche Erbringung der Leistungen 2
Guter Zugang für alle Bürger 3
SIQ! Forum 2017
Was ist aber Qualität?
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Quelle: RWI
Struktur- und Prozessqualität
Patientennutzen Indikations-
qualität
Service
Zuwendung
Ergebnisqualität
Was lässt sich datenmäßig erfassen?
Qualitätsmaße stets am Patienten ansetzen
Ausnahme Indikationsqualität: hier regionale und fachspezifische Muster
analysieren, nicht auf Patientenebene, sondern auf Ebene von Populationen
Forderung: sektorenübergreifende Maße und elektronische Patientenakte erforderlich
SIQ! Forum 2017
Wie lässt sich Qualitätsverbesserung erreichen?
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Quelle: RWI
Weg 1: Public Reporting
Qualitätstransparenz,
Verständlichkeit,
Health Literacy
Abstimmung mit den Füßen
Einrichtungen mit hoher Qualität wachsen,
solche mit geringer Qualität schrumpfen
Geringe Qualität wird seltener
Weg 2: Qualitätsorientierte Vergütung
Zuschläge für hohe Qualität/Qualitäts-
verbesserung und/oder Abschläge für
niedrige Qualität/Qualitätsverschlechterung
Qualitätsorientierte Ressourcenverteilung
Anreiz, Qualität zu verbessern und qualitativ
schlechte Leistungen einzustellen
Geringe Qualität wird seltener
Forderung: Qualitätstransparenz und verständliche Darstellung (unter Nutzung moderner Medien)
SIQ! Forum 2017
Beide Wege erfordern ein gute Messung der Qualität
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Quelle: RWI
Weg 1: Public Reporting
Messfehler führen zu falschen
Patientenentscheidungen
Justiziabilität: kein ernstes Problem
Weg 2: Qualitätsorientierte Vergütung
Messfehler führen zu falscher
Verteilung der Ressourcen
Justiziabilität: ernstes Problem
Forderung: Qualität risikoadjustiert messen
Aber: Trade-off zwischen Genauigkeit und Praktikabilität
Mischung aus Pragmatismus und Vorsicht Sukzessive Ausweitung der Leistungssegmente mit Qualitätsmessung
SIQ! Forum 2017
Weg zu Public Reporting konsequent beschreiten, … … qualitätsorientierte Vergütung konsequent prüfen
Public Reporting: mittelfristig über IQTIG
Qualitätsorientierte Vergütung (P4P) …
• … ist nichts Neues, Modelle gibt es in vielen Ländern
• … ist grundsätzlich nicht möglich für alle Erkrankungen
• Mögliche Nebeneffekte
o Fokus auf das Gemessene, Vernachlässigung des Nicht-Gemessenen
o Rosinenpicken von Patienten, wenn vorstationäre patientenbezogene Risikofaktoren im
Qualitätsmaß nicht abgebildet sind, aber einen Effekt auf die Ergebnisqualität haben
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Quelle: RWI
SIQ! Forum 2017
Evidenz: P4P nicht automatisch Erfolgsgarant
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Beispiele im stationären Bereich
Quelle: RWI
Medicare, USA NHS, Nordwesten Englands Übersichtsartikel von Milstein und Schreyögg (2016)
Hospital Value-Based Purchasing Program
Seit 2012
Evidenzlage
• Gemischt
• Keine klare Evidenz für Ver-besserung der Mortalitäts- und Komplikationsraten
• Noch keine Langzeiteffekte
Advancing Quality
Seit 2008
Evidenzlage
• Kurzfristig gesunkene Mortalitätsrate
• Langfristig jedoch nicht
Übersicht zu
• 14 OECD-Ländern
• 34 Programmen
Evidenzlage
• Nicht eindeutig
• Abhängig von Ausgestaltung des Programms
• Vereinzelt positive Effekte in der mittleren Frist
• Nicht immer Langzeiteffekte
Forderung: Pilotprojekte durchführen Probieren, evaluieren, in Frage stellen, anpassen
SIQ! Forum 2017 8
Beispiel Medicare in den USA
Hospital Value-Based Purchasing Program
2012 im DRG-System von Medicare eingeführt (50 Mio. Versicherte)
1%ige Abgabe der Krankenhäuser auf DRGs 2013, ansteigend bis 2% 2017
Vergütungszuschlag bei
Qualität über dem Durchschnitt oder
Qualitätsverbesserung im Referenzzeitraum überdurchschnittlich
Qualitätskriterien
Start mit hohem Gewicht für Prozessqualität
Sukzessive Höhergewichtung der Ergebnisqualität
Anzahl Kriterien 2013 2014 2015 2016
Prozessqualität 12 13 11 8
Ergebnisqualität 0 3 5 8
Patientenzufriedenheit 8 8 8 8
Effizienz 0 0 1 1
Quelle: Völzke, Matthes und Mansky (2015)
Backup
SIQ! Forum 2017
Milstein und Schreyögg: große Programmvielfalt
Verschiedene Ziele der Programme (Beispiele)
• Verbesserung der Qualität von ausgewählten Krankheiten
• Reduktion von Wartezeiten
• Verbesserung der Einhaltung nationaler Qualitätsrichtlinien
Verschiedene Zielgrößen
• Meistens Prozessindikatoren(1), weil einfacher messbar, aber keine Garantie, dass sich auch das Ergebnis verbessert
• Seltener Ergebnisindikatoren(2)
Verschiedene Auslöser für Zuschläge, Zuschlag erhalten …
• Einrichtungen mit der absolut besten Qualität
• Einrichtungen mit Qualitätsverbesserung über die Zeit
• Einrichtungen, die sich besser entwickeln als der Durchschnitt (der auch fallen kann)
Verschiedene Arten der Auszahlung
• Zuschläge als Anteil an DRG oder als absoluter Betrag auf die DRG
• Einbehalt von Vergütungen und Rückzahlung bei Erfüllung der Qualitätsziele
Unterschiedliche relative Höhe der Zuschläge
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Programme im stationären Bereich
(1) Z.B. CT innerhalb von 24 Stunden nach Schlaganfall (2) Z.B. 30-Tage-Mortalität, Anteil Wiederaufnahmen in KH Quelle: RWI
Backup
SIQ! Forum 2017
Milstein und Schreyögg: Erfahrungen und praktische Probleme
Auszahlungszeitpunkt der Qualitätsboni: Qualität muss erst gemessen werden; wenn aber
Auszahlung zu lange dauert, verpufft der Anreiz
Umgang mit fehlerhaften Daten und mit dem Anreiz, Daten zu „beschönigen“
Nicht nur die besten belohnen, auch die schlechtesten benötigen einen Anreiz, ihre Qualität zu
verbessern
Je größer der Qualitätszuschlag, desto größer kann der Effekt sein, aber desto größer kann aber
auch der Widerstand der Krankenhäuser sein
Fokus auf Qualitätsverbesserung ausschließlich bei den gewählten Erkrankungen
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Programme im stationären Bereich
Quelle: RWI
Backup
SIQ! Forum 2017
Bei P4P zu beachten …
Inhalte
• Nur Segmente mit solider Qualitätsmessung und für die das KH Gesamtverantwortung übernehmen kann
• Sobald solide Maße für weitere Segmente vorliegen, Schritt für Schritt ausweiten
• Auch „weiche“ Qualitätsziele einbeziehen: Zuwendung, Patientenzufriedenheit
• Mittelfristig sektorenübergreifende Qualitätsmessung, dafür elektronische Patientenakte implementieren
• Peer Review, um von anderen zu lernen, wie Qualität verbessert werden kann
Vergütung
• Relevante Bonuszahlung, sodass es sich lohnt, in Qualität zu investieren
• Keine Abschläge, nur Zuschläge, zuvor 1%-Vergütungsabzug für alle P4P-Leistungssegmente, Zuschläge für
Top-Performer, z.B. Top-25% mit Zuschlag 4%.
• Einfaches System, das man verstehen kann
• Nicht nur absolute Qualität, sondern auch Qualitätsverbesserung belohnen
Umsetzung
• Regionales Pilotprojekt in wettbewerbsintensiver Region, z.B. Ruhrgebiet, Berlin, Hamburg
• Verpflichtende Teilnehme, um Selektion zu vermeiden
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Quelle: RWI
SIQ! Forum 2017
Und: alles halb so schlimm …
Mehr als 25% der Krankenhäuser würden Qualitätszuschläge erhalten, weil Verteilung auf Ebene
der Leistungssegmente erfolgt
Das einzelne Krankenhaus kann mal „Gewinner“ in einem Leistungssegment und mal „Verlierer“ in
einem anderen sein
Es gibt also nicht 75% „Verlierer“
Außerdem: auch Segmente mit unterdurchschnittlicher Qualität, aber nachgewiesener
Verbesserung, erhalten Zuschläge
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Quelle: RWI