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D ie Universität Hamburg hat einen Verhaltenskodex zur Religionsausübung erstellt. Da- rin fordert sie ihre Mitglieder dazu auf, die Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu respektieren. Als Grund für diesen ungewöhnli- chen Schritt führt Universitäts- präsident Dieter Lenzen an, vereinzelte Vorkommnisse hät- ten „eine Reihe von Fragen zum Umgang mit dem Religiösen in Studium, Lehre, Forschung und im alltäglichen Miteinander an der Hochschule aufgeworfen“. Auch wenn er sich allgemein ausdrückt, ist klar, was er meint: Immer häufiger haben muslimi- sche Studenten Andersgläubige verbal attackiert, muslimische Frauen beschimpft, weil sie nicht verschleiert waren, oder in uni- versitätsöffentlichen Räumen und sogar während Lehrveran- staltungen laut gebetet. Der Kodex und die ergänzenden Ausführungsbestimmungen sol- len jetzt „das respektvolle und friedliche Miteinander aller Uni- versitätsangehörigen bei der Ausübung verschiedener Glau- bensüberzeugungen regeln“. Es ist richtig, dass die Universi- tätsleitung den Provokationen muslimischer Studenten mit kla- ren Regeln entgegentritt. Sie sollte aber auch ihren islamwis- senschaftlichen und islam-theo- logischen Einrichtungen genau- er auf die Finger schauen. Mög- licherweise wird erst hier die gif- tige Saat gesät. Überhaupt hat jemand, dem man Religionsfreiheit erst erklä- ren und ihm mithilfe eines Kodex Grenzen setzen muss, an einer Universität nichts verloren – nicht als Student und auch nicht als Mitarbeiter. Für jeman- den, der seinen Glaubenskrieg auf dem Campus führen will, darf es nur eines geben: die Zwangsexmatrikulation bezie- hungsweise die Kündigung. JAN HEITMANN: Werft sie raus Die Zerstörung Europas EU-Eliten stellen sich immer aggressiver gegen den Willen der Völker Jetzt sind die Tschechen dran: Wer sich gegen die von den Mächtigen befohlene Ideologie stellt, wird als „Antidemokrat“ beschimpft. Der Wahlausgang in Prag hat es erneut gezeigt: Die Völker Europas werden immer unruhiger, die Un- zufriedenheit mit der tonangeben- den Elite in der EU nimmt ständig zu. In Tschechien erreichte die einwanderungs- und Euro-kriti- sche Partei ANO fast 30 Prozent. Zum Vergleich: Die einst bestim- menden Sozialdemokraten rutsch- ten auf sieben Prozent. Zuvor hatte Österreichs Urnen- gang die Euro-Eliten erschüttert, davor der Erfolg der AfD in Deutschland, vergangenes Jahr schockierte die Brexit-Entschei- dung des britischen Volkes die EU. Die mittelosteuropäischen Mitglie- der wie Polen oder Ungarn sper- ren sich schon länger gegen Vorgaben aus Brüssel in der Zu- wanderungsfrage und haben ent- sprechend gewählt. Die Reaktion der tonangeben- den Eliten auf solche Entschei- dungen, die alle von den jeweiligen Völkern demokratisch herbeigeführt wurden, fällt stets gleich aus: „Wer Einwanderer und die Aufnahme von Flüchtlingen grundsätzlich ab- lehnt, lehnt damit die liberale De- mokratie ab“, schäumt eine der größten deut- schen Tageszeitungen am Montag gegen die Wahlentscheidung der Tschechen - und spricht damit die Meinung der Mächtigen in Berlin, Brüssel und anderswo aus. In Wahrheit läuft die Spaltung genau entgegengesetzt: Liberale (freiheitliche) Demokratie (Volks- herrschaft) heißt, dass die Völker frei entscheiden, welchen Weg sie gehen. Gewisse, sich fest im Sattel wähnende Eliten aber haben den Völkern eine multikulturelle „Eine Welt“-Ideologie verschrieben und befehlen ihnen nun, diesem Befehl gefälligst zu folgen. Tun die Völker dies nicht, sind die Eliten zutiefst beleidigt und rea- gieren mit Ag- gressivität und Sturheit, auch über die EU hin- aus. Dieselbe Wut auf freie Volks- entscheidungen folgte auf die Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni- ger herablassend müssen sich die Schweizer wegen unwillkommen ausgegangener Volksabstimmun- gen behandeln lassen - siehe die Empörung über die Entscheidung der Eidgenossen für ein Neubau- verbot von Minaretten. Das spanische Desaster um die festgefahrenen Beziehungen zwi- schen Madrid und Barcelona lässt ahnen, wohin die EU-Elite den Kontinent treibt: Dort hat die un- belehrbare Hartleibigkeit der Zen- tralregierung die Verstocktheit in Barcelona erst auf die Spitze ge- trieben. Folge: In den Herzen ist Spanien bereits ein geteiltes Land. Bei der EU-Elite ist ebenfalls keine Lernbereitschaft erkennbar: Für den Brexit will Brüssel die Bri- ten so hart wie möglich bestrafen, womit die Beziehungen zwischen der Insel und dem Kontinent für lange Zeit beschädigt bleiben. Die Osteuropäer sollen „diszipliniert“ werden, wenn sie sich der desa- strösen Asylpolitik nicht anschlie- ßen wollen. Europa wird nicht von „Populisten“ gespalten, sondern von oben. Hans Heckel Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam: Der Wiederaufbau beginnt Startschuss am 29. Oktober Preußen / Berlin 5 DIESE WOCHE Rassismus nach innen Werner J. Patzelt äußert sich im PAZ-Interview über die Fehler der Altparteien Aktuell 2 Abschreckendes Beispiel Wohin der Multikulturalismus den einstigen Musterstaat Schweden geführt hat Hintergrund 4 Austria: Wohl Schwarz-Blau Mit NEOS hätten ÖVP und FPÖ Zweidrittelmehrheit Ausland 6 Kein Ende der »Schickeria« Die Spider Murphy Gang feiert ihren 40. Geburtstag Kultur Verliererin in Siegerpose Beobachtungen bei zwei Wahlkampfauftritten Angela Merkels Deutschland 3 9 Spanien zeigt, wohin diese verstockte Arroganz führt Einzelverkaufspreis: 2,70 Euro Nr. 43 – 27. Oktober 2017 U NABHÄNGIGE W OCHENZEITUNG FÜR D EUTSCHLAND ZKZ 05524 - PVST. Gebühr bezahlt Die Freier kamen aus den besten Kreisen Rosemarie Nitribitt Geschichte 10 Gegen die Arroganz der Macht: Demonstration in Rom zur 60-Jahr-Feier der Römischen Verträge im März Bild: action press Regelmäßige Militärangriffe Israels auf Syrien Mit schwerer Artillerie und Kampfflugzeugen geht Tel Aviv gegen Assads Truppen vor – unter Verletzung des Völkerrechts V ergangenen Sonnabend nahmen die israelischen Streitkräfte drei Artillerie- stel lungen der syrischen Armee unter Be schuss. Zwei syrische Soldaten wurden verletzt. Die sy- rische Seite bestätigte den Vorfall im Allgemeinen, stellte ihn im De- tail aber ein wenig anders dar. Sie wirft Israel vor, bei dem Angriff mit syrischen Extremisten zusam- mengearbeitet zu haben. Diese hätten israelisch besetztes Gebiet be schos sen, um den Israelis den Vorwand für ihren Angriff zu lie- fern. Schaden war durch den Mörserbeschuss jedoch keiner ent stan den. Wer auch immer der Angreifer war – die se jüngste Attacke fügt sich in eine lange Reihe ähnlicher Vorfälle, bei denen die Israelis seit Monaten in syrischem Ho heits ge- biet militärisch operieren. Nur fünf Tage zuvor hatte die israeli- sche Luft w affe eine syrische Luft- abwehrbat terie beschossen. Anfang September: Is raels Luft- waffe be schoss eine Fabrik in Sy- rien, in der „nach Einschätzung“ der USA Kampf mittel hergestellt wurden. Ende Juni ein ähnliches Bild wie das vo rige auf dem Golan. Auf der israelischen Seite hätten zehn Geschosse einge- schla gen, ohne Schaden anzu- richten. Darauf hin hat ein israelisches Kampfflugzeug einen Angriff geflogen, bei dem zwei sy- rische Soldaten getötet wurden. Trotzdem behauptete der isra e- lische Verteidigungsminister Avig- dor Lie ber mann, Jerusalem werde sich nicht in Syriens innere Ange- le genheiten einmischen. Zwei Tage darauf erwiderte der irani- sche Mi litärstabschef Mohammad Bagheri bei einer Pressekonferenz in Damaskus, sein Land werde keine „Verletz ungen des syrischen Terri toriums durch israe lische Streitkräfte“ dulden. Es sei nicht hinnehmbar, dass das „zionisti- sche Re gime Israel“ jederzeit und wann im mer es wolle, in das Land eindringe und den Luftraum Sy- riens ver letze. Auch wenn Bagheri mit seinem mannhaften Schwur ein wenig zu spät kam, ist er doch einer der ganz weni gen, die auf diese ständige Verletzung des Völ- ker rechts durch Israel überhaupt hinweisen. Die zahlreichen Angriffe Israels auf die reguläre syrische Armee sind ein Beweis dafür, dass es sich beim Syrien-Konflikt keineswegs um einen Bürger krieg handelt noch je ge han delt hat. Vielmehr findet man in Syrien die alt be- kann ten Handelnden vor, die man von anderen sogenannten Regime Chang es, Farbenrevolutionen und Put schen kennt: so als herausra- gende Ak teure den Milliardär George Soros und seine Nichtre- gierungs organisationen, die CIA und Blackwater-Söldner, die sich örtlicher und herangekarrter Ex- tremisten bedienen. Israels Rolle ist diejenige des weitgeh end stillen, aber jederzeit handlungs be reiten Beob achters, der umso mehr Nut zen aus dem Geschehen zieht, je mehr Zerstö- rung in seinem Umfeld angerichtet wird. Ruin ierte Nachbarn sind für Israel von Vorteil und in all den ge- nannten Fäl len betreiben andere das Geschäft der Ge walt fast zur Gänze al lein. Das Ein greifen Israels kann sich auf einige Bei spiele wie die genannten be schränken. Aller- dings darf man nie ver gessen: Es ist bislang in den mehr als sechs Jah- ren des Krieges gegen Syrien nicht einmal be kannt geworden, dass das israelische Militär auch nur ein en ein zigen Schuss gegen den Islamischen Staat oder die al- Nusra-Front oder eine andere der islami schen Terrororga nisationen abgegeben hätte. Dass der Umsturz in Syrien mili- tärisch scheitern wird, ist abzuse- hen. Doch die heutigen Fronten werden weiterbestehen. So haben sowohl die USA als auch in treuer Gefolgschaft die EU bereits kund- getan, dass sie sich an einem Wie- derauf bau des Landes nicht beteiligen werden. Ist auch über- flüssig. Denn dafür stehen Russland und China bereit. Peking will sogar aus Syrien die westliche Dreh schei- be der Neuen Seidenstraße ma- chen. Und dann hat der Westen nach der mili tä rischen auch noch eine wirtschaftliche Niederlage hinzunehmen. Florian Stumfall Das Ostpreußenblatt Gewaltexzesse auf der Buchmesse, S. 12

2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

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Page 1: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Die Universität Hamburg hateinen Verhaltenskodex zur

Religionsausübung erstellt. Da-rin fordert sie ihre Mitgliederdazu auf, die Religionsfreiheitund die Gleichberechtigung derGeschlechter zu respektieren. AlsGrund für diesen ungewöhnli-chen Schritt führt Universitäts-präsident Dieter Lenzen an,vereinzelte Vorkommnisse hät-ten „eine Reihe von Fragen zumUmgang mit dem Religiösen inStudium, Lehre, Forschung undim alltäglichen Miteinander ander Hochschule aufgeworfen“.Auch wenn er sich allgemeinausdrückt, ist klar, was er meint:Immer häufiger haben muslimi-sche Studenten Andersgläubigeverbal attackiert, muslimischeFrauen beschimpft, weil sie nichtverschleiert waren, oder in uni-versitätsöffentlichen Räumenund sogar während Lehrveran-staltungen laut gebetet. DerKodex und die ergänzendenAusführungsbestimmungen sol-len jetzt „das respektvolle undfriedliche Miteinander aller Uni-versitätsangehörigen bei derAusübung verschiedener Glau-bensüberzeugungen regeln“.Es ist richtig, dass die Universi-

tätsleitung den Provokationenmuslimischer Studenten mit kla-ren Regeln entgegentritt. Siesollte aber auch ihren islamwis-senschaftlichen und islam-theo-logischen Einrichtungen genau-er auf die Finger schauen. Mög-licherweise wird erst hier die gif-tige Saat gesät.Überhaupt hat jemand, dem

man Religionsfreiheit erst erklä-ren und ihm mithilfe einesKodex Grenzen setzen muss, aneiner Universität nichts verloren– nicht als Student und auchnicht als Mitarbeiter. Für jeman-den, der seinen Glaubenskriegauf dem Campus führen will,darf es nur eines geben: dieZwangsexmatrikulation bezie-hungsweise die Kündigung.

JAN HEITMANN:

Werft sie raus

Die Zerstörung EuropasEU-Eliten stellen sich immer aggressiver gegen den Willen der Völker

Jetzt sind die Tschechen dran: Wersich gegen die von den Mächtigenbefohlene Ideologie stellt, wird als„Antidemokrat“ beschimpft.

Der Wahlausgang in Prag hat eserneut gezeigt: Die Völker Europaswerden immer unruhiger, die Un-zufriedenheit mit der tonangeben-den Elite in der EU nimmt ständigzu. In Tschechien erreichte dieeinwanderungs- und Euro-kriti-sche Partei ANO fast 30 Prozent.Zum Vergleich: Die einst bestim-menden Sozialdemokraten rutsch-ten auf sieben Prozent.Zuvor hatte Österreichs Urnen-gang die Euro-Eliten erschüttert,davor der Erfolg der AfD inDeutschland, vergangenes Jahrschockierte die Brexit-Entschei-dung des britischen Volkes die EU.Die mittelosteuropäischen Mitglie-der wie Polen oder Ungarn sper-ren sich schon länger gegen

Vorgaben aus Brüssel in der Zu-wanderungsfrage und haben ent-sprechend gewählt.Die Reaktion der tonangeben-den Eliten auf solche Entschei-dungen, die alle von denjeweiligen Völkern demokratischherbeigeführt wurden, fällt stetsgleich aus: „WerEinwanderer unddie Aufnahmevon Flüchtlingengrundsätzlich ab-lehnt, lehnt damitdie liberale De-mokratie ab“,schäumt eine der größten deut-schen Tageszeitungen am Montaggegen die Wahlentscheidung derTschechen − und spricht damit dieMeinung der Mächtigen in Berlin,Brüssel und anderswo aus.In Wahrheit läuft die Spaltunggenau entgegengesetzt: Liberale(freiheitliche) Demokratie (Volks-

herrschaft) heißt, dass die Völkerfrei entscheiden, welchen Weg siegehen. Gewisse, sich fest im Sattelwähnende Eliten aber haben denVölkern eine multikulturelle „EineWelt“-Ideologie verschrieben undbefehlen ihnen nun, diesem Befehlgefälligst zu folgen.

Tun die Völkerdies nicht, sinddie Eliten zutiefstbeleidigt und rea-gieren mit Ag-gressivität undSturheit, auchüber die EU hin-

aus. Dieselbe Wut auf freie Volks-entscheidungen folgte auf dieWahl Donald Trumps durch dieUS-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich dieSchweizer wegen unwillkommenausgegangener Volksabstimmun-gen behandeln lassen − siehe dieEmpörung über die Entscheidung

der Eidgenossen für ein Neubau-verbot von Minaretten.Das spanische Desaster um diefestgefahrenen Beziehungen zwi-schen Madrid und Barcelona lässtahnen, wohin die EU-Elite denKontinent treibt: Dort hat die un-belehrbare Hartleibigkeit der Zen-tralregierung die Verstocktheit inBarcelona erst auf die Spitze ge-trieben. Folge: In den Herzen istSpanien bereits ein geteiltes Land.Bei der EU-Elite ist ebenfallskeine Lernbereitschaft erkennbar:Für den Brexit will Brüssel die Bri-ten so hart wie möglich bestrafen,womit die Beziehungen zwischender Insel und dem Kontinent fürlange Zeit beschädigt bleiben. DieOsteuropäer sollen „diszipliniert“werden, wenn sie sich der desa-strösen Asylpolitik nicht anschlie-ßen wollen. Europa wird nicht von„Populisten“ gespalten, sondernvon oben. Hans Heckel

Hof- und Garnisonkirche zuPotsdam: Der WiederaufbaubeginntStartschuss am 29. Oktober

Preußen /Berlin

5

DIESE WOCHE

Rassismus nach innenWerner J. Patzelt äußert sichim PAZ-Interview über dieFehler der Altparteien

Aktuell

2

Abschreckendes BeispielWohin der Multikulturalismusden einstigen MusterstaatSchweden geführt hat

Hintergrund

4

Austria: Wohl Schwarz-BlauMit NEOS hätten ÖVP undFPÖ Zweidrittelmehrheit

Ausland

6

Kein Ende der »Schickeria«Die Spider Murphy Gangfeiert ihren 40. Geburtstag

Kultur

Verliererin in SiegerposeBeobachtungen bei zweiWahlkampfauftritten Angela Merkels

Deutschland

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9 Spanien zeigt,wohin diese verstockte Arroganz führt

Einzelverkaufspreis: 2,70 Euro

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 U N A B H Ä N G I G E W O C H E N Z E I T U N G F Ü R D E U T S C H L A N D ZKZ 05524 - PVST. Gebühr bezahlt

Die Freier kamen aus denbesten KreisenRosemarie Nitribitt

Geschichte

10

Gegen die Arroganz der Macht: Demonstration in Rom zur 60-Jahr-Feier der Römischen Verträge im März Bild: action press

Regelmäßige Militärangriffe Israels auf SyrienMit schwerer Artillerie und Kampfflugzeugen geht Tel Aviv gegen Assads Truppen vor – unter Verletzung des Völkerrechts

Vergangenen Sonnabendnahmen die israelischenStreitkräfte drei Artillerie-

stel lungen der syrischen Armeeunter Be schuss. Zwei syrischeSoldaten wurden verletzt. Die sy-rische Seite bestätigte den Vorfallim Allgemeinen, stellte ihn im De-tail aber ein wenig anders dar. Siewirft Israel vor, bei dem Angriffmit syrischen Extremisten zusam-mengearbeitet zu haben. Diesehätten israelisch besetztes Gebietbe schos sen, um den Israelis denVorwand für ihren Angriff zu lie-fern. Schaden war durch denMörserbeschuss jedoch keinerent stan den.Wer auch immer der Angreiferwar – die se jüngste Attacke fügt

sich in eine lange Reihe ähnlicherVorfälle, bei denen die Israelis seitMonaten in syrischem Ho heits ge-biet militärisch operieren. Nurfünf Tage zuvor hatte die israeli-sche Luft waffe eine syrische Luft-abwehrbat terie beschossen.Anfang September: Is raels Luft-waffe be schoss eine Fabrik in Sy-rien, in der „nach Einschätzung“der USA Kampf mittel hergestelltwurden. Ende Juni ein ähnlichesBild wie das vo r ige auf demGolan. Auf der israelischen Seitehätten zehn Geschosse einge-schla gen, ohne Schaden anzu-richten. Darauf hin hat einisraelisches Kampfflugzeug einenAngriff geflogen, bei dem zwei sy-rische Soldaten getötet wurden.

Trotzdem behauptete der isra e-lische Verteidigungsminister Avig-dor Lie ber mann, Jerusalem werdesich nicht in Syriens innere Ange-le genheiten einmischen. ZweiTage darauf erwiderte der irani-sche Mi litärstabschef MohammadBagheri bei einer Pressekonferenzin Damaskus, sein Land werdekeine „Verletz ungen des syrischenTerri toriums durch israe lischeStreitkräfte“ dulden. Es sei nichthinnehmbar, dass das „zionisti-sche Re gime Israel“ jederzeit undwann im mer es wolle, in das Landeindringe und den Luftraum Sy-riens ver letze. Auch wenn Bagherimit seinem mannhaften Schwurein wenig zu spät kam, ist er docheiner der ganz weni gen, die auf

diese ständige Verletzung des Völ-ker rechts durch Israel überhaupthinweisen.Die zahlreichen Angriffe Israelsauf die reguläre syrische Armeesind ein Beweis dafür, dass es sichbeim Syrien-Konflikt keineswegsum einen Bürger krieg handeltnoch je ge han delt hat. Vielmehrfindet man in Syrien die alt be-kann ten Handelnden vor, die manvon anderen sogenannten RegimeChang es, Farbenrevolutionen undPut schen kennt: so als herausra-gende Ak teure den MilliardärGeorge Soros und seine Nichtre-gierungs organisationen, die CIAund Blackwater-Söldner, die sichörtlicher und herangekarrter Ex-tremisten bedienen.

Israels Rolle ist diejenige desweitgeh end stillen, aber jederzeithandlungs be reiten Beob achters,der umso mehr Nut zen aus demGeschehen zieht, je mehr Zerstö-rung in seinem Umfeld angerichtetwird. Ruin ierte Nachbarn sind fürIsrael von Vorteil und in all den ge-nannten Fäl len betreiben anderedas Geschäft der Ge walt fast zurGänze al lein. Das Ein greifen Israelskann sich auf einige Bei spiele wiedie genannten be schränken. Aller-dings darf man nie ver gessen: Es istbislang in den mehr als sechs Jah-ren des Krieges gegen Syrien nichteinmal be kannt geworden, dassdas israelische Militär auch nurein en ein zigen Schuss gegen denIslamischen Staat oder die al-

Nusra-Front oder eine andere derislami schen Terrororga nisationenabgegeben hätte.Dass der Umsturz in Syrien mili-tärisch scheitern wird, ist abzuse-hen. Doch die heutigen Frontenwerden weiterbestehen. So habensowohl die USA als auch in treuerGefolgschaft die EU bereits kund-getan, dass sie sich an einem Wie-derauf bau des Landes nichtbeteiligen werden. Ist auch über-flüssig. Denn dafür stehen Russlandund China bereit. Peking will sogaraus Syrien die westliche Dreh schei -be der Neuen Seidenstraße ma-chen. Und dann hat der Westennach der mili tä rischen auch nocheine wirtschaftliche Niederlagehinzunehmen. Florian Stumfall

Das Ostpreußenblatt

Gewaltexzesse auf

der Buchmesse, S. 12

Page 2: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Er ist ein gefragter Gast bei Ge-sprächssendungen und hat als so-zialwissenschaftlich geschulterfreier Geist keine Berührungsäng-ste im Umgang mit Freunden undGegnern. So tritt er sowohl bei derLinkspartei als auch vor konserva-tiven Studentenverbindungen aufund hat oft das letzte Wort: WernerJ. Patzelt, deutscher Politikwissen-schaftler aus Passau, seit 1991 Pro-fessor für Politikwissenschaft ander Technischen Universität Dres-den. Er gehört zu den ersten maß-geblichen Wissenschaftlern, wel-che die Pegida-Bewegung in Dres-den empirisch untersuchten. DenEinzug der AfD in den DeutschenBundestag befürwortet Patzelt mitder Begründung, dass dadurch ei-ne Repräsentationslücke geschlos-sen worden sei. Für die PAZsprach Bernd Kallina mit ihm.

PAZ: Gibt es zwischen Bayernund Sachsen eine gewisse Ähn-lichkeit in den eher konservativenGrundeinstellungen, die sie vonden Menschen aus anderenBundesländern unterscheidet?Werner J. Patzelt: Es sind weni-

ger Ähnlichkeiten in dem, wasman gemeinhin konservativ nennt,also Rückständigkeit und Reform-unlust. Sondern es gibt große Ähn-lichkeit im Stolz auf das eigeneLand, auf das schon Erreichte, daszu Bewahrende, das einfach zuVerbessernde. Deshalb haben we-der Bayern noch Sachsen großeLust, das von ihnen Errungenedurch unbedachte Politik beschä-digen zu lassen. Wenn man nunKonservativismus als jene Haltungzur Wirklichkeit versteht, bei dersich das Neue zu rechtfertigen hat,nicht aber das schon Bewährte,dann wird man sagen können: Ja,es gibt da eine Ähnlichkeit imKonservativen.

PAZ: Zurzeit ist „Sachsen-Ba -shing“ große Mode, weil die AfDbei der Bundestagswahl dort alsstärkste Partei vor der CDU so gutabschnitt. Zu hören sind Sätzewie: „Bitte, liebe Russen, nehmtdie Sachsen zurück!“ Oder:„Tschechien, wie wär’s? Wir neh-men Euren Atommüll. Ihr nehmtSachsen!“ Was signalisieren Ihnenderartige Kommentare?Patzelt: Solche Aussagen sind

rassistisch. Sie zeugen von einemlange schon kultivierten antisäch-sischen Rassismus. Das ist ein kul-turalistischer Rassismus, den wirin den Blick bekommen, sobaldwir uns vom engen biologischenRassismusbegriff verabschieden.Man erkennt Rassismus dannnicht nur beim Umgang mit An-dersfarbigen oder Ausländern,sondern auch an der Haltung zuLeuten aus dem eigenen Land.

PAZ: „Wenn alle applaudierenund loben, dann muss man prü-fen“, formulierte vor zweieinhalb-tausend Jahren Konfuzius und er-gänzte: „Wenn alle verurteilen undverdammen, dann muss man prü-fen.“ Wenn dieetablierten Funk-tionseliten inMainstream-Me-dien und PolitikPegida und AfDverurteilen undverdammen, wasist Ihr politikwissenschaftlichesPrüf-Ergebnis?Patzelt: Es ist differenziert. Als

Pegida im Herbst 2014 aufkam,hielt ich gerade ein Seminar zurFallstudien-Forschung. Zum prak-tischen Üben musste sich jederTeilnehmer einen Fall aussuchen.Manche wählten Pegida und be-richteten wöchentlich, was sie dasahen. So war ich von Anfang an inengem empirischem Kontakt miteiner Sache, die wenig später dieöffentliche Diskussion beherrsch-te. Bei deren Vergleich mit unseren

Beobachtungen zeigte sich schnell,wie viele jener Ferndiagnosen vor-eingenommen oder schlicht falschwaren. Etwa wurde rasch zum ge-meinsamen Glauben, dass imGrunde alle Pegida-Demonstran-ten nationalistisch und fremden-feindlich, rassistisch und rechtsra-dikal wären. Leute dieser Art wa-ren zweifellos dabei, doch deutlichin der Minderheit. Aber Differen-zierungen wollte kaum jemand hö-ren. Ähnlich ging es später mit derAfD.

PAZ: Wenn wireinmal „Pegida“vom demokratie-theoretischen Ge-sichtspunkt ausbetrachten, ist esdoch eigentlichbegrüßenswert,wenn Bürgerfriedlich demon-strierend auf dieStraßen gehenund ihren Forde-rungen Nach-druck verleihen,oder?Patzelt: Es ge-

hört sich in einerplural is t ischenDemokratie, dassman sogar unwill-kommene Mei-nungen nichtgleich als Gefahr,sondern zunächsteinmal als Her-ausforderung zumWeiterdenken auf-fasst. Gerade star-ke oppositionelle Bewegungen,gleich ob sie sich in Demonstratio-nen oder im Wahlverhalten aus-drücken, nimmt man am bestenzum Anlass, die eigenen Positio-nen zu überprüfen. Die könnensich dabei ja als richtig erweisen.Am besten hält man es deshalb mitVoltaire: Man bekämpft zwar dieMeinung des anderen, setzt sichaber mit Entschiedenheit dafürein, dass er diese Meinung frei ver-treten kann. Gerade hierbei ist imUmgang mit Pegida und der AfDGrundlegendes schiefgegangen.

PAZ: Was ist Ihr Kritikpunkthierbei?Patzelt: Es haben sich eben auch

redliche Demokraten an einerGrundregel pluralistischer Demo-kratie vergangen: Sie haben abge-lehnte Meinungen nicht bloß argu-mentativ bekämpft, sondern oben-drein versucht, auch schon die öf-fentliche Artikulation solcher Mei-nungen für ungehörig zu erklären.Pegida-Leute haben sich ja nochselbst ausgegrenzt. Doch selbst mitdiskussionswilligen AfD-Leutenwollte man sich nicht vor großemPublikum streiten. Die bekämennur eine Bühne für ihren Unsinn,sagte man. Doch es wäre ebenauch eine Bühne gewesen, auf derman den politischen Gegner vorvielen Zuschauern hätte stolz be-siegen können. Solches Kneifen

nenne ich Feigheit, und der Sieges-zug der AfD ist die verdiente Quit-tung dafür.

PAZ: Sie haben den Einzug derAfD in den Deutschen Bundestagals Vorteil bezeichnet, was besorg-te Nachfragen und Irritationen imMainstream-Lager auslöste. Worinbesteht dieser Vorteil?Patzelt: Vom letzten Bundestag

fühlten sich jene Leute nicht mehrvertreten, die sich nicht als linksoder mittig ansehen, sondern sichals klar rechts verorten. Jahrzehn-

telang haben die Unionsparteienauch diese Leute repräsentiert undderen Anliegen in eine vernünftigeMitte-Rechts-Position integriert.Doch unter Angela Merkel beend-ete die Union dieses kluge Verhal-ten einer breit aufgestellten, vonder Mitte bis weit nach rechts alleLeute ansprechenden Partei. Werals rechts galt, wurde in der Unionkaltgestellt, manchmal gar wegge-mobbt. Doch rechte Positionenverschwanden nur in der CDU undim Bundestag, nicht aber in derBevölkerung. So entstand eine Re-

präsentationslücke im rechten Be-reich des politischen Spektrums.Die hat nun auch im Bundestag dieAfD geschlossen. Dass diese Lückegeschlossen ist, halte ich für gut.Doch es wäre besser, wenn es da-für nicht die AfD gebraucht hätte.

PAZ: Die sogenannte Flücht-lingspolitik der offenen Grenzenwar wohl der entscheidendeGrund für die Stimmengewinneder AfD. Nun meint aber die Kanz-lerin Merkel rückblickend, sie ha-be im Prinzip nichts falsch ge-macht und willAfD-Wähler in ihrLager zurückge-winnen. Kann dasgelingen?Patzelt: Nein.

Weil der AfD vorallem jene zunei-gen, die ihr Vertrauen in die Uni-onsparteien von der Kanzlerinenttäuscht sehen, stößt diese Leu-te jeder ab, der gar nichts Falschesan der Regierungspolitik der letz-ten Jahre erkennen kann. Ohnehinwird man allenfalls jene 60 Pro-zent der AfD-Wähler zurückge-winnen können, die den Etablier-ten einen Denkzettel verpassenwollten. Auf den muss man dannaber schon mit klaren Kurskorrek-turen reagieren, und die müssenihrerseits eingebettet sein in Aus-sagen darüber, wegen welcher frü-

heren Fehler esüberhaupt neuePo l i t ikakzentebraucht. Einfachzu appellieren,man möge dochbitte wieder dieCDU wählen,

wird ganz wirkungslos sein.Gar nicht wenige übersehen

außerdem, dass ohnehin vieleLeute dem etablierten Parteiensys-tem innerlich gekündigt haben.Anlass – doch nicht letzter Grund– war jene Verbindung aus passivhingenommener Einwanderungund Verzicht auf wirkungsvolleAbschiebung der Nichtbleibebe-rechtigten, die unser Land 2015/16kennzeichnete. Den wenigsten län-ger schon im Land Lebendenleuchtet nämlich der Sinn dessenein, dass man freizügig Leute ins

Land lässt, sie unter Belastung dernormalen Steuerzahler undmittels Verzicht auf wünschens-werte Investitionen versorgt, dannJahre braucht für die Klärung ei-nes Bleiberechts – und anschlie-ßend tausend Gründe findet, sicheben doch nicht wieder von Mi-granten zu trennen, die kein Rechtzum Bleiben haben. Wenn in einersolchen Lage die Kanzlerin auchnoch trotzig verkündet, sie wissenicht, was man überhaupt hätteanders machen sollen, dann wirktdas auf sehr viele Leute wie eine

Mischung ausProvokation, Ar-roganz und Unfä-higkeit.

PAZ: Selbst derr e n o mm i e r t eHenry Kissingerstellte zum Jah-r e s w e c h s e l2015/16 im „Han-delsblatt“ kritischfest: „Wenn sichdie Zusammen-setzung der Ge-sellschaft drama-tisch schnell ver-ändert als Resul-tat von äußerenEinwirkungen ,dann wird dashistorische Kon-sequenzen ha-ben.“ Herr Pat-zelt, glauben Sie,dass sich dieBundeskanzlerindieser Konse-quenzen wirklich

bewusst war, oder ist?Patzelt: Nein. Andernfalls hätte

sie absichtlich irrational gehan-delt, was so recht nicht zu ihrpasst. Sie war wohl einesteils auf-richtig davon überzeugt, das Rich-tige zu tun, und andernteils zu ge-fallsüchtig, als dass sie sich dasÜberstehen schlimmer Bilder vonder Zurückweisung Geflüchteteran deutschen Grenzen zugetrauthätte. Jedenfalls hat sie den Nut-zen Deutschlands nicht gemehrt.Immerhin hat sie sich ans Stiftenvon Zuversicht gemacht …

PAZ: Daher ja auch ihre Parole:Wir schaffen das!Patzelt: Ja, doch leider ohne

Aufweis eines realistischen Wegs.Im Grunde hat unser Staat dieVerantwortung für das Gelingenseiner Politik an die Gesellschaftdelegiert. Auch deshalb wurdedie Willkommenskultur wie diePraxis einer alle Bürger ver-pflichtenden Zivilreligion kulti-viert. Gewiss auch hätte sich oh-ne derlei Transzendenzüber-schuss ein gigantisches Werk wieder rasche, irreversible WandelDeutschlands zu einer Einwan-derungsgesellschaft nicht gegenso viele und große Vorbehaltedurchsetzen lassen. Gelingenkonnte dies dank des starkenHangs der Eliten unseres Landsder „Richter und Henker“ zu ei-ner bußfreudigen moralisieren-den Umgangsweise mit realenProblemen. Dabei wollen die von„1968“ geprägten Verwalter intel-lektueller Hegemonie, ihrerseitskosmopolitisch geprägt, mög-lichst alle Nationalstaaten über-winden und fangen mit Deutsch-land als Klassenprimus an. DieMehrheit der schon länger imLand Lebenden will das abernicht, und so zerfällt zunächstdie Wählerbasis der sich als fort-schrittlich verstehenden Multi-kulti-Ideologie und versickert

wohl bald schon die Diskurs-macht von deren Trägern.PAZ: Sehen Sie hierbei einen

Zusammenhang zwischen deut-scher Selbstbehauptungsschwä-che und dauerhafter NS-Vergan-genheitsbewältigung dergestalt,dass staatspolitisch notwendigeAbwehr- und Schutzmaßnahmensofort mit Missbräuchen aus derNS-Zeit in Verbindung gebrachtund damit undurchsetzbar ge-macht werden, wir also eine ge-schichtspolitisch bedingte Läh-mung unseres Gemeinwesens zuverzeichnen haben?Patzelt: Ja. In Deutschland wur-

de nicht nur aus der Geschichtegelernt, was doch höchst wün-schenswert ist, weshalb der Ver-weis auf geschichtliche Zu-sammenhänge als politisches Ar-gument eingesetzt werden kann.Sondern es wird Geschichte auchgleichsam als Waffe benutzt, undzwar fast ausschließlich die ver-brechensvolle Geschichte der Na-zizeit. Die eignet sich nämlichvorzüglich zum Kampf gegen allesRechte beziehungsweise gegen je-den, den man zuvor als „rechts“zu etikettieren vermochte. Dasaber hat oft auch für die Fachpoli-tik fatale Folgen. Als etwa das Ar-gument auftauchte, um des gesell-schaftlichen Zusammenhaltswillen sollten aus nach Deutsch-land gekommenen Türken zu-nächst deutsche Türken, am Endeaber türkische Deutsche werden,fand sich das rasch gleichgesetztmit „Zwangsgermanisierung“ und„Aufnordungspolitik“, also mitschlimmstem Rassismus. So gehtes bislang quer über alle Politik-felder. Das hindert uns daran,durch wirkungsvolle Integrations-maßnahmen ein solches Einwan-derungsland zu werden, in demwir wirklich alle gut und gerne le-ben können.

PAZ: Ist diese Gemengelage ei-ner deutschen Negativ-IdentitätTeil, vielleicht sogar wesentlicherTeil, des Gesamtproblems, demsich kaum jemand anzunähernwagt?Patzelt: So sage und schreibe

ich das seit vielenJahren. Das Giftunserer Debattenüber Einwande-rung und Integra-tion quillt daraus,dass Deutsche –und zwar aus

höchst verständlichen Gründen –ein sehr gestörtes Verhältnis zuihrem Land und zu dessen Ge-schichte oder Kultur haben.Deutsch zu sein, wird empfundenwie Zahnweh oder Mundgeruch.Man kann zwar damit leben,wünscht sich im Innersten aberNormaleres. Oder man erlebtDeutschsein so, wie – als Mannoder Frau – „im falschen Körper“zu stecken. Die einen neigen dannzur sich verhärtenden Über-Iden-tifikation, und die anderen wollen„das Deutsche“ an Deutschlandausdünnen. Dazu dient dann zah-lenstarke Einwanderung oder dasPflegen der Ansicht, über den Ge-brauch unserer Sprache hinauswäre keinerlei spezifisch deut-sche Kultur fassbar. Jedenfallskann sich kaum einer vorstellen,dass jemand um Deutschlandswillen nach Deutschland zuwan-dern möchte. Das aber macht alleentsprechenden Diskussionen sofurchtbar verklemmt. Gerade diegewünschte Zuwanderung ver-langt also von uns, wieder zu ei-nem halbwegs entspannten inne-ren Verhältnis zum eigenen Landzu gelangen. Vielleicht hilft dabeiIronie – etwa grundsätzlich vonder „schon länger im Land beste-henden“ Kultur zu sprechen, undso alle Kritik an angeblicher„Deutschtümelei“ ins Leere lau-fen zu lassen.

2 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Neuer Posten fürStaatssekretär

Berlin – BundesumweltministerinBarbara Hendricks (SPD) hat ihrenStaatssekretär Jochen Flasbarth andie Spitze der bundeseigenen BGZGesellschaft für ZwischenlagerungmbH berufen. Als Vorsitzender derGeschäftsführung wird er gemein-sam mit dem Technischen und demKaufmännischen Geschäftsführerdie Verantwortung für die Zwi -schenlagerung radioaktiver Abfälleübernehmen. Zu seinem Bereichgehören Grundsatzfragen derUnternehmensführung, die Zu-sammenarbeit mit der Bundes- undden Landesregierungen sowie Inter-nationales und Kommunikation.Kritiker bemängeln, ihm sei ein Ver-sorgungsposten zugeschoben wor-den. Der Staatssekretär ist zwar Be-amter auf Lebenszeit, könnte aberals politischer Beamter im Zuge derBildung der neuen Bundesregie-rung in den einstweiligen Ruhe-stand versetzt werden. J.H.

Rassismus nach innenDer Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt äußert sich im PAZ-Interview über die Fehler der Altparteien

Weg vonRom

Mailand/Venedig – Die Einwohnerder beiden norditalienischen Pro-vinzen Lombardei und Venetien ha-ben sich in einer Volksabstimmungmit überwältigender Mehrheit fürmehr Autonomie ihrer Gebietegegenüber der Zentralregierung inRom ausgesprochen. Mehr als 98Prozent der Veneter und 95 Prozentder Lombarden stimmten dabei fürmehr Eigenständigkeit. Mit 60 be-ziehungsweise 40 Prozent war dieBeteiligung für ein nichtbindendesReferendum zudem ausgesprochenhoch. Die beiden mitteleuropäischgeprägten Regionen werden von derLega Nord regiert, die auch dieVolksabstimmung initiiert hatte. MitHilfe des Volksvotums möchte dieinzwischen pan-italienisch agieren-de Regionalbewegung bei künftigenVerhandlungen mit der Zentralre-gierung für den Norden ähnlicheVorteile erlangen wie sie Sardinienund Sizilien genießen. Auch wennmomentan der Verbleib beider Re-gionen im italienischen Staatsver-band noch von allen Seiten be-schworen wird, dürfte die Unab-hängigkeitsbewegung angesichtsder erneut hohen Unterstützungs-werte an Fahrt aufnehmen. T.W.W.

Österreich regeltIntegration

Wien – In Österreich ist ein Integra-tionsgesetz in Kraft getreten, mitdem für anerkannte Asylbewerberund Flüchtlinge, die im Land eineAufenthaltsgenehmigung bekom-men haben, klare Regeln und Ver-antwortlichkeiten geschaffen wur-den. Unter anderem fordert das Ge-setz von Zuwanderern aus Nicht-EU-Ländern die Unterzeichnung ei-nes sogenannten Integrationsvertra-ges, der sie dazu verpflichtet,Deutsch in Wort und Schrift zu ler-nen und an Kursen über die „grund-legenden Werte der Rechts- undGesellschaftsordnung“ Österreichsteilzunehmen. Immigranten habenzwei Jahre Zeit, nachzuweisen, dasssie der IntegrationsvereinbarungFolge geleistet haben. Denjenigen,die diesen Nachweis nicht erbrin-gen, drohen eine Geldstrafe von biszu 500 Euro, zwei Wochen Haft undder Verlust der Ansprüche auf Sozi-alleistungen. Die Abschiebung alsSanktionsmaßnahme ist hingegennicht vorgesehen. Außerdem ver-bietet das Gesetz das öffentlicheTragen von Verschleierungen, diedas ganze Gesicht verhüllen, unddas Verteilen des Koran in der Öf-fentlichkeit. Bei Zuwiderhandlun-gen drohen Geldstrafen und sogareine Freiheitsstrafe. J.H.

MELDUNGEN

AKTUELL

»Angela Merkel hat den Nutzen Deutschlands nicht gemehrt. Immerhin hat sie

sich ans Stiften von Zuversicht gemacht«

»Im Grunde hat unser Staat die Verantwortung für das Gelingen seiner Politik

an die Gesellschaft delegiert«

Politologe mit dem Schwerpunkt Vergleichende Politikwis-senschaft an der TU Dresden: Werner Patzelt

Page 3: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 3

Zwischen Stade und Hamburg lie-gen 50 Kilometer. Für AngelaMerkel liegen außerdem 23 Tagedazwischen sowie die nieder-schmetternden Ergebnisse einerBundestagswahl. In der Hambur-ger Fischauktionshalle absolvier-te sie am 20. September einenWahlkampfauftritt. Im Stadeum,dem Veranstaltungszentrum derniedersächsischen Kleinstadt Sta-de, trat sie am 15. Oktober auf.PAZ-Autor Volker Kleinophorsthat beide Veranstaltungen be-sucht. Er sah eine Stehauffrau, ei-ne beredte Schweigerin und eineVerliererin in Siegerpose.

Da kommt sie auch schon, die„ewige Kanzlerin“. Von einem PulkLeibwächter wird sie durch dieMenge geschoben. Aufgekratzt undfrisch wirkt sie. Oben auf der Büh-ne des Stadeums reißt sie Witzeüber Bernd Althusmanns fehlendeKrawatte beim gestrigen TV-Duellgegen SPD-Ministerpräsident Ste-phan Weil. Das kommt an. DieMenge lacht. Die handverlesenenrund 1000 Besucher sind von Be-ginn an euphorisiert. Fast kannman ihre Bewunderung sogar ver-stehen. Krachend verlieren undtrotzdem Siegerin – das muss ihrmal einer nachmachen. Aber wennman das mit dem dialektischenMaterialismus halt drauf hat … Wenn keiner pfeift und trillert,

hebt das sicher auch die Stim-mung. Das war auf der anderenElbseite am 20. September ganzanders. Da hat man die Trillerpfei-fen bis in die Fischauktionshallegehört. In Stade ist Protest ganzfern. Vor dem Stadeum lärmt nie-mand, und in der Halle herrschteine ganz andere Warmherzigkeit,

als bei den Merkel-Fans im frostig-arroganten Hamburg. Der Wahl-kreis Stade ist eben CDU-Land,Hamburg SPD.Dennoch: Merkel hat das

niederschmetternde Ergebnis derBundestagswahl anscheinend gutvertragen. Vor gut drei Wochen inHamburg kam sie müde und lust-los rüber, merkelte ihre Rede imschwunglosen Singsang runter.Jetzt stellt sich raus: Opposition

kann sie besser. Endlich mal Attak-ke: Mannomann, die SPD und dieGrünen sind so was von unfähig.Die würden Niedersachsen kaputt-regieren; sie verspielen die Zu-kunft; Niedersachsen sei ein Hortder Salafisten; Null Toleranz fürdie Verletzung des Rechtes; Terro-risten muss man habhaft werden!Die Masse spielt mit und applau-

diert. Plakate werden geschwenkt.In den Köpfen scheint dagegen

Stillstand zu herrschen. Wundertsich doch anscheinend keiner, dassdie unfähigen Grünen demnächstan Merkels Seite mitregieren sollenund die unfähigen Sozialdemokra-ten es die letzten Jahre über kräftiggetan haben. Hat Merkel nicht ei-gentlich alles gemacht, was die SPDwollte? Auf Kosten dessen, wofürdie CDU immer stand: solide Fi-nanzen, keine Experimente, Si-cherheit.

Interessant ist in der Politik im-mer, was unerwähnt bleibt: Asyl,Obergrenze, Islam, Vielfalt, CSU,Homo-Ehe, Österreich, EU undBrexit werden nicht angesprochen.Von Familiennachzug ist ebensowenig die Rede, wie von Messerste-chern und Vergewaltigern. DurchsStadeum klingt eine schwungvolleRede, die kein Thema berührt, daseventuell keinen Applaus bringenkönnte. Die Mer-kel-Jünger sollennicht überfordertwerden. Das warauch in Hamburgso. Bloß nichtsStrittiges. Ignorieren lässt

sich aber auch dieses nicht: WasMerkel verschwieg, hat Vorred-ner Althusmann zumindest teil-weise angesprochen. Der Pasto-rensohn ist so eine Art Bauern-Trump. Er mag es markig, sprichtdeutliche Worte: „Asylrecht istkein Einwanderungsrecht; werdas Grundsetz nicht achtet undin Parallelgesellschaften fliehenmöchte, ist hier falsch; keineScharia für Deutschland“, erklärter und erntet dafür den heftig-sten Applaus des Abends. DieAblehnung der „offenen Gren-zen“ kann man erspüren. Mit wieviel Elan werden diese Men-schen wohl Merkels abschließen-de Beschwörung gefolgt sein?„Gehen sie raus und sprechen siebis Sonntag noch 100 Menschenan. Erklären sie denen, wieNiedersachsen mit der CDU wie-der gut regiert wird“, hat sie sichgewünscht.Zunächst einmal aber zelebrie-

ren die potenziellen Merkel-Mis-sionare das Finale im Stadeum:

Mit Harmonie, Heimat und – manist schließlich im Alten Land, ei-nem berühmten Obstanbaugebiet– mit Äpfeln klingt der Abendaus. Einen Korb der Sorte Boskopüberreicht die hiesige Apfelköni-gin. Google hat verraten, dass diesäuerlich schmeckenden Äpfelder Kanzlerin besonders munden.Es folgen reichlich Händeschüt-teln und reichlich Winken. Ste-

hende Ovationenhat sich dieKanzlerin her-beigeredet. Soviel hat sie auchschon lange nichtmehr gelächelt.Auf dem Park-

platz kommen dann allerdingsauch einige Besucher ins Grinsen.Die Visitenkarten, die oben anden Fahrertüren ihrer Fahrzeugeklemmen, haben keine Autohänd-ler dort platziert. Die Rückseite istblau. Das AfD-Logo prangt darauf.Nachtrag Eins: Althusmann hat

der Merkeleinsatz wenig ge-bracht. Er hat zwar seinen Wahl-kreis Seevetal gewonnen, auchStade ging wieder an die CDU.Wie im Bundestrend lagen beideMale die Zweitstimmen, also dieeigentliche Wahlentscheidung fürdie Parteien, deutlich unter denErststimmen. Merkels Kommen-tar: „Ein lokales Wahlergebnis.“ Nachtrag Zwei: Am frühen

Sonntagmorgen kam es gegen6.30 Uhr am Stader Pferdemarktzu einer Messerstecherei, bei derein 38-jähriger Mann aus Ham-burg schwer verletzt wurde. DerTäter wurde als klein undschmächtig mit schwarzem vollenHaar und südländischem Ausse-hen beschrieben.

In der CDU wachsen die Vorbe-halte gegen die Vorsitzende undBundeskanzlerin Angela Mer-

kel. Offen aussprechen möchte daskaum jemand, aber die Nachfolge-Debatte hat begonnen.Vier Wochen nach dem schwa-

chen Abschneiden bei der Bundes-tagswahl ist ein mehr oder wenigerlautes Rumoren in den Gremiender CDU kaum noch zu überhören.Doch nach dem alten Mikado-Mot-to „Wer sich zu früh bewegt, ver-liert“, traut sich von den potenziel-len Kandidaten, die auf die Vorsit-zende Angela Merkel folgen könn-ten, niemand wirklich aus der Dek-kung. Das übernimmt bisher diezweite Garde. „Es wäre wichtig,dass jetzt hier neue Impulse gesetztwerden, vor allen Dingen damit diePartei jetzt nicht mehr aus demKanzleramt regiert wird“, sagte derVorsitzende der UnionsvereinigungFreiheitlich-konservativer Auf-bruch, Alexander Mitsch, in der Ra-diosendung „SWR Aktuell“. „In derCDU gibt es in der sogenanntenzweiten Reihe jede Menge guteLeute, die in der Lage wären, denParteivorsitz zu übernehmen“, sag-te Mitsch, der als NachfolgerBundesfinanzminister WolfgangSchäuble, Staatssekretär JensSpahn oder den Mittelstandspoliti-ker Carsten Linnemann ins Ge-spräch brachte.So deutliche Stimmen sind in der

CDU bisher die absolute Ausnah-me. Merkels Führungsanspruch alsKanzlerin stellt niemand in Frage,mittlerweile geht man innerhalbder Partei auch davon aus, dassMerkel die gesamte Legislaturpe-riode durchziehen wird. Offen isteher, wie in Berlin spekuliert wird,ob sie sogar 2021 für eine fünfteAmtszeit kandidiert. Bei allen Vari-anten ist jedoch die spannende Fra-

ge, ob es ihr gelingt, was noch kei-nem Kanzler vor ihr geglückt ist: ei-nen Nachfolger oder eine Nachfol-gerin zur Regierungshalbzeit aufzu-bauen und freiwillig, ohne Druck,einen parteiinternen Putsch odereine Abwahl den Rückzug aus derPolitik zu schaffen. Hinter ver-schlossenen Türen gibt es aller-dings deutlich vernehmbare Signa-le, dass der Widerstand gegen Mer-kels Doppelrolle als Kanzlerin undParteivorsitzende wächst. Ihr „Wei-ter so“ nach der Bundestagswahlhabe der Union geschadet und diekrachende Niederlage in Nieder-

sachsen verursacht. Merkel könneden Vorsitz freiwillig an einen jün-geren Politiker abgeben, der dannan ihrer Seite Zeit hätte, ein Profilaufzubauen. Merkels enge Vertrau-te kommen dafür wohl weniger inFrage. Hessens MinisterpräsidentVolker Bouffier nähert sich demRentenalter und steht kaum für ei-nen glaubhaften Neuanfang. Glei-ches gilt für den bisherigen Innen-minister Thomas de Maizière.Hört man in die Gremien hinein,

fällt immer wieder der Name JensSpahn. Der 37-jährige Bundestags-abgeordnete und Parlamentarische

Staatssekretär im Bundesfinanzmi-nisterium gilt als extrem ehrgeizigund auffallend gut vernetzt. Merkelhat ihm allerdings eine Zeit langvorgeworfen, dass er in einerKampfabstimmung um einen CDU-Präsidiumsposten gegen den vonihr favorisierten Gesundheitsmini-ster Hermann Gröhe angetretenwar – und gewann. Schäuble, derdesignierte Bundestagspräsident,lobt den „Rebellen“ jedenfalls auf-fällig häufig. „Der hat sich mit Mutin einer Kampfkandidatur gegenGröhe im Präsidium durchgesetzt.Das gefällt mir immer. Wir brau-

chen solche Leute“, sagte Schäuble.Wenn es davon „ein paar mehr“ inder CDU gäbe: „umso besser.“In Talkshows und Interviews ha-

be sich Spahn als kritischer, werte-bewusster Kommentator gesell-schaftlicher Fehlentwicklungen beiden Themen Islam in Deutschlandoder Integration von Flüchtlingenangeboten, lobte unlängst die„Frankfurter Allgemeine Zeitung“.Das Blatt spekulierte, Merkel könneversuchen, die rheinland-pfälzischeFraktionsvorsitzende Julia Klöcknerin ihr künftiges Kabinett zu beru-fen, um sie als Gegenspielerin

Spahns um den Parteivorsitz inStellung zu bringen. Doch inner-halb der Partei gilt die ehemaligeWeinkönigin spätestens seit ihrerNiederlage bei der Landtagswahlim vergangenen Jahr als extrem an-geschlagen. Einen Wahlsieg auf ih-rer Seite hat die saarländische Re-gierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die 55-Jährige gilt alseine der engsten Vertrauten derKanzlerin. Doch die heimatverbun-dene Saarländerin hat einen Wech-sel nach Berlin kürzlich ausge-schlossen und sich damit wohlauch aus der Debatte um den Par-teivorsitz vorzeitig verabschiedet. In dieser Diskussion fällt neuer-

dings der Name Paul Ziemiak auf-fallend häufig. Der Chef der Nach-wuchsorganisation Junge Union istgerade erst 32 Jahre alt und damitein Jahr älter als der künftigeBundeskanzler Österreichs, Seba-stian Kurz, den er als „meinenFreund“ bezeichnet. In Interviewsgibt sich Ziemiak staatsmännisch:„Ich finde nicht, dass wir in ersterLinie über die Bundeskanzlerinsprechen müssen. Aber wir müssenuns breiter aufstellen, auch mit jün-geren Köpfen in Regierung, Frak-tion und Partei“, sagt er auswei-chend. Merkels Stellvertreter imParteivorsitz, der Hesse Bouffier,spricht ebenfalls eher vage von derZukunft: „Wir haben eine Parteivor-sitzende und Bundeskanzlerin, diein aller Welt anerkannt wird. Ange-la Merkel ist keine Vorsitzende aufAbruf. Und was wir irgendwannmal machen, steht jetzt nicht zurDebatte. Die CDU sollte bestrebtsein, dass ein Wechsel nicht irgend-wie passiert, sondern dass sich diePartei optimal aufstellt. Aber dieseFrage stellt sich jetzt nicht.“ Wannsie sich stellt, sagt er nicht.

Peter Entinger

Konservative wittern MorgenluftIn der CDU ist die Debatte um die Nachfolge von Angela Merkel als Parteivorsitzende entbrannt

DEUTSCHLAND

Verliererin in SiegerposeBloß nichts Strittiges und reichlich Winken – Beobachtungen bei zwei Wahlkampfauftritten Angela Merkels

Müde in Hamburg, gut gelaunt in Stade: Dazwischen eine krachende Niederlage bei der Bundes-tagswahl. In beiden Auftritten beredtes Schweigen über entscheidende Themen Bilder (2): Kleinophorst

In der Diskussion um eine mög-liche Nachfolge von Angela Mer-kel als CDU-Chefin wird an er-ster Stelle zumeist Jens Spahngenannt. Ihm traut man am ehe-sten zu, die CDU wieder aufkonservativen Kurs zu bringen.Keine Frage, was er sagt, trifft aufden Punkt. Und sein Mut, sichgegen die Übermutter der Unionzu stellen, verdient Respekt.Aber wer Konservativismus pro-pagiert, muss ihn auch leben,um glaubwürdig zu sein. Spahnscheint nach seiner Vita und sei-ner Lebensweise jedoch allesandere als geeignet zu sein,überzeugend für einen konser-vativen Aufbruch der Union zustehen. Würde man ihn zu des-sen Galionsfigur machen, wäredas so, als mache man den Inha-ber einer maroden Chemiefabrikzum Vorsitzenden einer Um-weltschutzpartei. AufrichtigeKonservative können sich vonihm nicht vertreten fühlen.

Sein größtes Manko ist, dass ervom „richtigen Leben“ keine Ah-nung hat. Er hat zwar eine Ausbil-dung zum Bankkaufmann absol-viert, ist aber schon ein Jahr da-nach in die Politik gewechselt. Inden Augen dessen, der „immerstrebend sich bemüht“ (Goethe) imharten Arbeitsleben bestehenmuss, hat er als Berufspolitiker vonreiferer Jugend an praktisch nierichtig gearbeitet, nichts geleistet,nichts geschaffen.Auch hinsichtlich der konserva-

tiven Tugenden Fleiß und Streb-samkeit kann er kein Vorbild sein.Für ein wenig anspruchsvolles Po-litikstudium an der FernuniversitätHagen hat er sagenhafte 14 Jahregebraucht. Üblich sind bei diesemberufsbegleitenden Studiengangweniger als halb so viele.Wer konservativ sein will, muss

sich zur Verteidigungsfähigkeitund Verteidigungsbereitschaft desLandes bekennen, für die gesell-schaftliche Anerkennung der

Bundeswehrsoldaten und ihresDienstes eintreten. Wie will Spahndas überzeugend tun? Ausweislichseines Lebenslaufes hat er, obwohlwehrpflichtig, keinen Wehr- undnoch nicht einmal Ersatzdienst ge-leistet. Den für einen Konservati-ven ehrenvollen Dienst für Staatund Gesellschaft hat er anderenüberlassen.Auch in Sachen konservatives

Familienbild kann Spahn nichtmitreden. „Kinder statt Inder“ hatdie CDU vor Jahren im Wahlkampfplakatiert und damit die Konserva-tiven angesprochen. Spahn ist ho-mosexuell, lebt mit einem Mannzusammen und ist sozusagen einbevölkerungspolitischer Blindgän-ger. Mit diesem „Familienbild“wird der Verfechter der „Ehe füralle“ und des Adoptionsrechts fürHomosexuelle konservative Partei-mitglieder und Wähler eher nichtbegeistern können.Wenig mit konservativen Tugen-

den wie Ehrlichkeit und Aufrich-

tigkeit in Einklang zu bringen istseine lukrative Betätigung als Phar-malobbyist, während er gleichzei-tig Mitglied des Bundestags-Ge-sundheitsausschusses war. Das giltebenso für seine – auch noch mitSteuermitteln geförderte! – finan-zielle Beteiligung an einem Unter-nehmen, das Steuer-Software ent-wickelt und wegen dubioser Prak-tiken ins Visier der Finanzverwal-tung geraten ist. Für die Regulie-rung eben dieser Branche zustän-dig: Finanzstaatssekretär JensSpahn.Nicht jeder, der Wahrheiten of-

fen ausspricht und Missstände inder CDU anprangert, ist deshalbauch der richtige, die Partei wiederdahin zu führen, wo sie einst standund große Wahlerfolge erzielenkonnte. Zweifel daran, dass Spahnzum Hoffnungsträger der Konser-vativen in der CDU taugt, sind an-gebracht. Denn das, was er ist undwas er macht, ist alles andere alskonservativ. Jan Heitmann

Kommentar: Ist Spahn wirklich der Richtige?

Mit »keine Scharia«erntet Althusmannden größten Applaus

Page 4: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

4 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Der einstige Musterstaat Schwe-den, der sich heute in einem ex-trem desolaten Zustand befindet,kann als Menetekel dafür dienen,was ungebremste Einwanderungund staatlich forcierter Multikul-turalismus auf Dauer anrichten.

Das Königreich Schweden mitseinen rund zehn Millionen Ein-wohnern hat in Relation zur Be-völkerungszahl in den letzten Jah-ren so viele Flüchtlinge bezie-hungsweise Zuwanderer aufge-nommen wie kein anderer Staatder Europäischen Union. Der An-teil der Immigranten aus zumeistarabisch-afrikanischen Ländernbeträgt deshalb nun schon 18 Pro-zent – nicht mitgerechnet die vie-len illegal Eingereisten. Unter denNeuankömmlingen sind fast eineMillion Muslime. So lautet zu-mindest die Schätzung des priva-ten Gatestone Institutes in NewYork, denn offizielle Statistikenhierzu existieren nicht. Für die 1975 einstimmig vom

Reichstag in Stockholm beschlos-sene Entscheidung, Schweden in

eine Hochburg des Multikultura-lismus zu verwandeln, zahlte dasskandinavische Land einen ho-hen Preis. Beispielsweise explo-dierte die Kriminalität. So nah-men die Gewaltverbrechen in denvergangenen vier Jahrzehnten um300 Prozent zu und die Zahl derregistrierten Vergewaltigungenstieg sogar um 1472 Prozent. Da-mit liegt das stati-stische Risiko fürFrauen, Opfer ei-ner Vergewalti-gung zu werden,nur in dem rück -ständigen süd-a f r i kan i s chenZwergstaat Lesotho höher. Dabeikommen viele der Taten inSchweden gar nicht mehr zur An-zeige, weil die Polizei kaum nochgegen ausländische Täter er-mittelt.Denn die verschwinden sowie-

so auf Nimmerwiedersehen inden No-Go-Areas der Vorstädtewie Stockholm-Rinkeby, Malmö-Seved oder Göteborg-Bergsjönmit Immigrantenquoten von über

90 Prozent, in denen sehr vieleher die Scharia herrscht alsschwedisches Recht. Davon zeugt,dass mittlerweile bereits jederzehnte Mord in die Kategorie„Ehrenmord“ unter Muslimenfällt.Ein Problem ist aber nicht nur

die Verbrechensrate. Immerhinmuss Schweden nun schon fast

ein Fünftel seinesSteueraufkom-mens für die Im-migrationsfolge-kosten aufwen-den. Darunter fal-len auch Zahlun-gen an islamische

Polygamisten. Im Sommer diesesJahres wurde der Fall eines Syrersbekannt, der mit drei Frauen16 Kinder zeugte und vom Staatmehrere Häuser mit Meerblick imbeliebten Ferienort Saltsjöbadenim Gesamtwert von anderthalbMillionen Euro zur Verfügung ge-stellt bekam. Deshalb liegt dieStockholmer Zeitung „Dagens Ny-heter“ wohl durchaus richtig,wenn sie prophezeit, dass „das

Wohlfahrtssystem Schwedens balderheblich zusammengestrichenund die Ausgaben der lokalen Be-hörden … schon 2020 gewaltigeEinschnitte erleben“ werden. Das hängt auch mit der Wirt-

schaftskrise zusammen, auf diedas Königreich momentan zu-schlittert. Untrügliche Vorzeichenderselben sind rasant steigendeImmobilienpreise, eine auffällighohe Verschuldung der privatenHaushalte sowie die wachsendeInflationsrate.Angesichts all dessen erscheint

konsequentes Umsteuern in wei-ten Bereichen der Gesellschaft rat-sam. Hierzu dürfte es aber frühe-stens nach den Wahlen im Sep-tember 2018 kommen, wenn dieSchwedendemokraten, welche diebisherige Einwanderungs- und In-tegrationspolitik für komplett ge-scheitert halten und die Rückkehrzur „homogenen Gesellschaft“ an-streben, tatsächlich zweitstärksteKraft im Parlament werden. Denaktuellen Meinungsumfragen zu-folge könnte ihnen das gelingen.

Wolfgang Kaufmann

Die ausufernden Immigra-tionskosten führen dazu,dass Schweden wichtige

Zeugnisse seiner Geschichte derklammheimlichen Vernichtung an-heim gibt. Dieser Skandal wurdekürzlich von Johan Runer, Archäo-loge beim Stockholmer Landes-museum, aufgedeckt. Wie er zu-nächst in der Zeitschrift „PopulärArkeologi“ und dann nochmals am8. August dieses Jahres in einemInterview mit dem „Svenska Dag-bladet“ enthüllte, existieren klareAnweisungen der Regierungsbe-hörden an die Privatfirmen, dieheute in der Regel Ausgrabungenim staatlichen Auftrag durchfüh-ren, „so wenig Funde wie möglichaufzuheben“. Das wird mit demFehlen entsprechender finanziel-ler Mittel für die aufwendige Kon-servierung ur- und frühgeschicht-licher beziehungsweise mittelal-terlicher Artefakte entschuldigt.

Ideologische Gründe dürftenebenso eine Rolle spielen.Schließlich sollen die Ausgra-bungsstücke, die von der Vergan-genheit des Königreiches zeugen,auch nicht in die Hände von Pri-vatleuten geraten. Das begründetdie Obrigkeit mit der Gefahr,

dass sonst ein Schwarzmarkt fürFundsachen entstehe und „Plün-derer mit Metalldetektoren“ an-gelockt werden. Tatsächlich gehtes aber wohl sehr viel eher da-rum, eine Amnesie herbeizufüh-ren, was die Historie der germa-nischen Schweden betrifft, um sodas Projekt der multikulturell-

multiethnischen Gesellschaftweiter voranzutreiben. Welche Folgen diese spezielle

Art von Kulturpolitik hat, zeigteRuner am Beispiel von zwei Aus-grabungen am Ort bronze- undeisenzeitlicher Siedlungsplätzein Lund und Molnby. Wie die of-fizielle Fundtabelle belegt, ent-sorgte man folgende Objektegleich noch an Ort und Stelle:Kupfermünzen, Eisenmesser,metallene Beschläge, einenThorshammer-Ring und mehrereAmulett-Ringe, Gegenstände ausHolz beziehungsweise Leder so-wie diverse unidentifizierte Arte-fakte, deren Bedeutung für dieWissenschaft nicht einmal an-satzweise geprüft wurde. Inso-fern hat der Stockholmer Archä-ologe völlig Recht, wenn er zumSchluss des Interviews beklagt:„Wir werfen unsere Geschichteweg!“ W.K.

Zeitzeugen

Üblicherweise sollten sich Im-migranten und Flüchtlinge

integrieren, indem sie die Spracheihres jeweiligen Gastlandes erler-nen. Nicht so aber in Schweden.!Denn dort verlangen illegal einge-reiste Afghanen, als deren Für-sprecher die linksextreme Pro-Asyl-Organisation „Ung i Sverige“(„Jung in Schweden“) auftritt, dassdie angestammte Bevölkerung desskandinavischen Landes jetztendlich Kurse in Dari, einem ver-breiteten afghanischen Dialektmit persischen Wurzeln, belege.Denn nur dann könne sie sich inder „neuen Gesellschaft zurecht-finden“. So stand es bis vor Kur-zem explizit auf der Facebook-Seite der Gruppierung.Das „Integrationsprojekt“ für

autochthone Schweden fand am27. September dieses Jahres aufdem Stockholmer Platz „NorraBantorget“ statt, den die Afgha-nen seit einiger Zeit besetzt hal-ten, nachdem sie von der Polizeivom zuvor okkupierten „Medbor-garplatsen“ vertrieben wurden.Und tatsächlich kamen auch umdie 50 Personen, von denen aller-dings nur knapp zwei Dutzend

keinen orientalischen Immigra-tionshintergrund hatten. Die we-nigen Dari-Sprachschüler schwe-discher Herkunft gehörten fastausschließlich dem weiblichenGeschlecht an.Im Internet stieß das anmaßen-

de Gebaren der illegalen Afgha-nen fast einhellig auf Ablehnung.Viele Facebook-Nutzer meinten,anpassen sollten sich gefälligstdie Immigranten und nicht derenGastgeber. Andererseits blieb dergroße öffentliche Aufschrei aberaus. Lediglich die als rechtsex-trem eingestufte „NordischeWiderstandsbewegung“ (NordiskaMotståndsrörelsen, NMR) veran-staltete am 30. September eineKundgebung in Göteborg, die sichauch gegen die Aktion von „Ung iSverige“ richtete. Das rief gleich10000 linke sogenannte Gegen-demonstranten auf den Plan, dieden NMR-Marsch blockierten.Letzteres wiederum feierten dieillegalen Afghanen und derenUnterstützerclique dann mit demebenso großspurigen wie be-zeichnenden Facebook-Kommen-tar: „Keine Nazis auf unserenStraßen!“ W.K.

Rakhmat Akilov – Der abgelehnteusbekische Asylbewerber raste am7. April 2017 mit einem Lkw in dieMenschenmassen auf der Stock -holmer Flaniermeile Drottningga-tan und hernach ins Kaufhaus „Åh-léns“. Dabei tötete er vier Perso-nen, darunter ein elfjähriges Kind.Akilov gab an, im Auftrag des Isla-mischen Staates gehandelt zu ha-ben. Er gehört zu den 12000 aus-reisepflichtigen „Flüchtlingen“, diesich illegal in Schweden aufhalten.

Dan Tore Eliassohn – Am 21. Juni2017 gab der Chef der schwedi-schen Reichspolizei eine Presse-konferenz, in deren Verlauf auchder Bericht der Nationalen Opera-tiven Abteilung über die sozialenBrennpunkte im Lande vorgestelltwurde. Dieser listet insgesamt60 Gebiete mit erheblicher Aus-länderkriminalität auf. Das sindsieben No-Go-Areas mehr als2015.

Margot Wallström – Bereits imOktober 2015 musste die sozialde-mokratische AußenministerinSchwedens auf dem EU-Flücht-lingsgipfel in Brüssel bekennen,dass ihr Land bald keine Immi-granten mehr aufnehmen könne:Sonst werde „unser System … aus-einanderbrechen“. Kurz zuvor hat-ten die einwanderungskritischenSchwedendemokraten WallströmsPartei erstmals bei Meinungsum-fragen überflügelt.

Joakim Lamotte – Auf seiner Face-book-Seite, die inzwischen131000 Abonnenten hat, doku-mentiert der freie Journalist ausGöteborg sämtliche ihm bekanntenVergewaltigungsfälle in Schwedenund baut damit eine Gegenöffent-lichkeit zu den etablierten Massen-medien des Landes auf, die dasPhänomen weitgehend bagatelli-sieren. Hierbei bekommt er zuneh-mend Hilfe von Polizisten, dienicht länger Teil des herrschendenSchweigekartells sein wollen.

Fatemeh Khavari – Die aus Afgha-nistan stammende Immigrantin ge-hört zu den führenden Organisato-ren der „Protestaktionen“ von ille-galen Einwanderern im ZentrumStockholms, mit denen die ange-blichen Flüchtlinge den schwedi-schen Staat nötigen wollen, ihnenein Bleiberecht zu gewähren. Kha-vari sagte am 10. September 2017,sie habe das Ziel, eines Tages Mi-nisterpräsidentin von Schwedenzu werden.

Kulturfrevel wie beim ISZeugnisse der germanischen Vergangenheit sind unerwünscht

Abschreckendes BeispielWohin der Multikulturalismus den einstigen Musterstaat Schweden geführt hat

Chefredakteur:Dr. Jan Heitmann

Verantwortliche Redakteure: Politik,Wirtschaft, Berlin: Hans Heckel; Kul-tur, Lebensstil, Leserbriefe: HaraldTews; Geschichte, Preußen: Dr. Ma-nuel Ruoff; Buchseite, Bildredaktion,Ost preußen heute: Manuela Rosen-thal-Kappi; Mensch & Zeit, Heimatar-beit: Frank Horns; Ostpreußische Familie: Ruth Geede.Korrespondenten: Norman Hanert(Berlin), Edyta Gladkowska (Allen-stein), Jurij Tschernyschew (Königs-berg).Verlag und Herausgeber: Lands-mannschaft Ostpreußen e. V., An-schrift von Verlag und Redaktion:Buchtstraße 4, 22087 Hamburg.Druck: Schleswig-Holsteinischer Zei-tungsverlag GmbH & Co.KG, Feh-marnstraße 1, 24782 Büdelsdorf. –ISSN 0947-9597.Die Preußische Allgemeine Zeitungist das Organ der LandsmannschaftOstpreußen (LO) und erscheint wö-chentlich zur Information der Mit-glieder des Förderkreises der LO.Bezugspreise pro Monat seit 1. Januar2016: Inland 11 Euro einschließlich 7Prozent Mehrwertsteuer, Ausland

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Gewaltexzess in der No-Go-Area: Ergebnis von Ausländer-Unruhen im Stockholmer Multikulti-Vorort Rinkeby im Jahr 2013 Bild: pa

Johan Runer:»Wir werfen unsereGeschichte weg!«

Die Schweden sollensich integrieren

SCHWEDENS MULTIKULTURAL ISMUSBild: CF

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Nr. 43 – 27. Oktober 2017 5

Grundschulenauf Abwegen

Von THEO MAASS

Berlin hat es mit Rot-Rot-Grün auf einenzweifelhaften Spitzenplatz geschafft. Ineinem Test hat der Stadtstaat sogar

Bremen als Schlusslicht überholt. DerBildungsstand der Viertklässler in Berlin istunter allen Bundesländern der niedrigste.Bekannt war schon seit vielen Jahren, dassdie Hauptstadt bei den PISA-Tests im hinte-ren Drittel liegt. Bei einer gesonderten Unter-suchung von Viertklässlern gab es nun sogardie Rote Laterne.

An den Vorbildern der seit Jahrzehntenvon CDU und CSU regierten Länder Sachsenund Bayern mag man sich an der Spree nichtorientieren. Kritiker haben die „Vorreiterfunk-tion“ Berlins bei Inklusion und Asylsucherzu-wanderung als Ursache für das Ergebnis aus-gemacht. Sorgen machen der Stundenausfall,die Schwänzerquote oder die Gewalt gegenLehrer.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD)legt nun ein neues Qualitätsprogramm auf,das „Berliner Indikatorenmodell“. Im Wesent-lichen geht es um sechs Schritte, wobei dererste in der Bestandsaufnahme besteht, so dieSenatorin.

Damit sollen Schulen ermittelt werden,deren Niveau besonders niedrig ist. DasProgramm der Senatorin sieht dann weiterefünf Stufen vor. Da wird die Frage nach dem„Warum“ gestellt, dann „Mission und Vision“,die Benennung konkreter Ziele sowie dieFrage nach dem Erreichen der Ziele. Schlus-sendlich soll das Programm in eine „To-Do-Strategie“ münden.

Der Berliner Bundestagsabgeordnete ÖzcanMutlu Bildungsexperte der Grünen, meint:„Schule muss ein Ort der Vielfalt, Akzeptanzund des Wohlfühlens sein.“ Was das heißt?Als ich vor 14 Jahren den Elternabendmeines Sohnes besuchte, klagte die Klassen-lehrerin, er sitze die ganze Zeit in der Spiel-ecke. Ich kannte zuvor so etwas nicht. DieLehrerin hatte diesen Ort eingerichtet, damitauch lernunwillige Kinder sich wohlfühlenkönnten. Statt Aufmerksamkeit und Engage-ment zu fordern also „spielen“?

Nein, Herr Mutlu, die Schule braucht nichtin erster Linie ein Ort der Vielfalt, Akzeptanzund des Wohlfühlens zu sein. Das kann ersein, dann ist es schön, aber in erster Liniesind die Kinder dort, um etwas zu lernen.

Im Bundestagswahlkampf ließ die SPD pla-katieren: „Bildung darf nichts kosten außeretwas Anstrengung.“

Auch hier Widerspruch: die Schule sollnicht nur „etwas anstrengend“ sein. Sie sollanstrengen, fordern und die Kinder so zuhöchster Leistung anspornen. Sonst bleibtden Kleinen am Ende nichts anderes, als denWeg des Martin Schulz einzuschlagen – dendes Berufspolitikers. Im Bundestag ist dieZahl der Sitze irgendwie denn doch begrenzt.

Bereits im Jahr 1991 warb die Tradi-tionsgemeinschaft Potsdamer Glok-kenspiel e.V. für einen Wiederaufbauder Potsdamer Garnisonkirche. Die-ses, aber auch andere Wiederaufbau-projekte sind noch immer stark um-stritten, wird aber nach über einemVierteljahrhundert der Auseinander-setzungen nun Realität.

Der Vorstand der Stiftung Garnison-kirche hat für den 29. Oktober zu ei-nem Gottesdienst geladen, der zumin-dest den offiziellen Start zum Wieder-aufbau der 1968 von den Kommuni-sten gesprengten Garnisonkirche mar-kieren wird. Erste Arbeiten für dasFundament des Kirchturms mit 42Pfählen laufen tatsächlich bereits eini-ge Tage zuvor an. Die Planungen derStiftung sehen vor, zunächst den mar-kanten Kirchturm zu errichten.

In der kalkulierten Bausumme vonrund 26 Millionen Euro sind Turm-helm, Glockenspiel und barocke Ver-zierungen des Turms nicht vorgesehen.Die vollständige Rekonstruktion desTurms nach historischem Vorbild sollerst nach dem Eingang weiterer Spen-dengelder erfolgen. Rechtzeitig zumBaubeginn hat nun auch die Bundesre-gierung den von ihr versprochenenBeitrag zum Wiederaufbau freigege-ben. Der Bund stellt zwölf MillionenEuro bereit, die ab Anfang des kom-menden Jahres ausgezahlt werden.

Gegen das Wiederaufbauprojekt regtsich seit Jahren Widerstand von Initia-tiven wie „Potsdam ohne Garnisonkir-

che“, „Christen brauchen keine Garni-sonkirche“ oder der Martin-Niemöl-ler-Stiftung. Bei dieser ist nun auch dieFreigabe der Bundesmittel auf scharfeKritik gestoßen.

Aus Sicht der evangelischen Stiftungmüsse der neu gewählte Bundestagdaran beteiligt werden, „wie an dieserStelle deutsche Geschichte dargestelltwird“. Ein Sprecher von Kulturstaats-ministerin Monika Grütters (CDU)wies als Reaktion darauf hin, dass derBundestagshaushalts-ausschuss die Mittelbereits zu Jahresbe-ginn formal zur Ver-fügung gestellt unddie Ministerin mit derUmsetzung der För-dermaßnahme beauf-tragt habe.

Der Wiederaufbau der Kirche istnicht das einzige Projekt in Potsdam,das heftige Diskussionen ausgelöst hat.Unmittelbar neben der Baustelle derGarnisonkirche steht ein ehemaligesRechenzentrum, das derzeit noch vonKünstlern genutzt wird. Diese solltendas Gebäude ursprünglich bereits En-de August räumen. Allerdings verliefdie Suche der Stadt nach einem Aus-weichquartier bislang nicht erfolg-reich, sodass inzwischen auch Forde-rungen nach einer Sanierung undWeiternutzung des Baus aus den1970er Jahren aufgekommen sind.

Eine Entscheidung zur Zukunft desGebäudes ist entscheidend, wenn auflange Sicht nicht nur der Turm, son-

dern auch das Kirchenschiff der Gar-nisonkirche wiederhergestellt werdensoll. Das ehemalige Rechenzentrumwurde zum Teil auf der Fläche errich-tet, auf der bis 1968 das alte Kirchen-schiff stand.

Auch am Alten Markt blockiert einDDR-Bau, das Gebäude einer ehemali-gen Fachhochschule, die Rekonstruk-tion der historischen Stadtmitte Pots-dams – zumindest bislang. Inzwischensteht nämlich ein Fahrplan zum Ab-

riss des 40 Jahre altenBaus fest. OhneSprengung soll dasHaus ab dem 6. No-vember zunächst ge-schossweise abgetra-gen werden. Im Sep-tember 2018 werden

laut Plan schließlich der Rückbau unddie Verfüllung des Kellergeschossesanlaufen.

Auf dem Areal der Ex-Fachhoch-schule wird in den kommenden Jahrenein Wohnkarree entstehen, das sicham alten Straßengrundriss orientiert.Zum Teil sind sogar historische Fassa-den vorgesehen, wiederauferstehensoll etwa ein Knobelsdorff-Bau undder „Plögersche Gasthof“. Bereits voll-endet wurde am anderen Ende des Al-ten Markts der Nachbau des PalaisBarberini, in dem das Kunstmuseumdes Mäzens Hasso Plattner eine Hei-mat gefunden hat (die PAZ berichtete).

Erst im Januar eröffnet, hat sich dasMuseum zu einer weiteren Touristen -attraktion Potsdams entwickelt. Allein

die erste Sonderausstellung „Impres-sionisten. Die Kunst der Landschaft“zog in nur rund drei Monaten320000 Besucher an. Zur zweitenAusstellung „Von Hopper bis Rothko.Amerikas Weg in die Moderne“strömten weitere 140000 Besucherins Palais Barberini.

Für Potsdam ist das Kunstmuseumaus mehreren Gründen ein Glücksfall:Das gesamte Areal rund um den AltenMarkt und den Landtag im wiederauf-gebauten Stadtschloss hat sich spürbarbelebt. Zudem locken die Kunstaus-stellungen auch Gäste nach Potsdam,die sich nicht vorrangig für die preußi-schen Schlösser und Parks interessie-ren. Potsdam wirkt allerdings nichtnur auf Touristen wie ein Magnet, son-dern auch auf Zuzügler aus ganzDeutschland und dem Ausland.

Bereits im September sagte die Chef-statistikerin der Stadt voraus, dassPotsdam noch vor Jahresende die Mar-ke von 175000 Einwohnern erreichenwerde. Laut Recherchen der „Potsda-mer Neuesten Nachrichten“ ist dieserStand inzwischen fast erreicht. EineAnfrage im Rathaus ergab demnachbereits zum Ende des dritten Quartalseine Einwohnerzahl von 174612. Da-mit nicht genug: Die brandenburgischeLandeshauptstadt verzeichnete sogarden höchsten Anstieg bei Zuzügen ineinem dritten Quartal seit dem Jahr1990. Im Schnitt hat Potsdam seit derdeutschen Vereinigung jede Woche120 Einwohner dazugewonnen.

Norman Hanert

Kommenden Sonn-tag beginnt derWiederaufbau: Teile des gesprengten Gotteshauses amStandort der Garnisonkirche

Bild: pa

Rainer Robra, der für Me-dien zuständige Chef derStaatskanzlei von Sachsen-

Anhalt, hat sich für eine tiefgrei-fende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystemsausgesprochen. Gegenüber der„Mitteldeutschen Zeitung“ schluger den Umbau der ARD zu einemSchaufenster der Regionen vor.Der Senderverbund solle „das Be-ste aus Mitteldeutschland zeigen,aus dem Norden, aus allen Län-dern.“

Der Minister aus Sachsen-An-halt sieht das derzeitige ARD-Programm zugepflastert mit „zuviel vom Gleichen“ und zu klei-nen regionalen Fenstern. Auf die„Tagesschau“ angesprochen, ant-wortet Robra, „die wäre dann indieser Form überflüssig“. Der Mi-nister, selbst Mitglied im ZDF-Fernsehrat, erklärte zudem, dievon ARD und ZDF unlängst prä-sentierten Vorschläge gingennicht weit genug, sie würden zueiner Erhöhung der Beitragsge-

bühren führen, die sei mit Sach-sen-Anhalt nicht zu machen. DasZDF sieht Robra künftig in derRolle eines „nationalen Players“.

Der CDU-Politiker übte auchKritik an den Online-Aktivitäteneiniger ARD-Sender und sprachsich für ein konsequentes Verbot

presseähnlicher Textproduktio-nen für die öffentlich-rechtlichenSender aus.

Auch Thüringens Ministerprä-sident Bodo Ramelow (Linkspar-tei) übte scharfe Kritik an derARD. Laut „Bild“-Zeitung warnteer in einem Brandbrief an die an-deren Ministerpräsidenten unddie ARD-Vorsitzende vor Plänender ARD zur Altersversorgung.Laut Ramelow hat sich der Anteil

des Rundfunkbeitrags, der bereitsjetzt für die Altersversorgung ver-wendet wird, nach überschlägigerBerechnung „in den letzten 15Jahren mindestens verdreifachtund droht, weiter zu steigen“.

ARD, ZDF und Deutschlandra-dio haben vor Kurzem Vorschlägefür eine Strukturreform vorgelegt.Das ZDF will bis 2028 rund 270Millionen Euro einsparen, diePläne der ARD sehen bis 2028 einSparvolumen von rund zweiMilliarden Euro vor. Der Chef derBerliner Senatskanzlei, BjörnBöhning, schätzt die Sparvor-schläge als nicht ausreichend ein.Der SPD-Politiker erklärte laut„Berliner Tagesspiegel“: „Wir er-warten weitergehende Schritte,wie sie auch die Kommunen ge-tan haben.“ Bislang stehen ARD,ZDF und Deutschlandradio proJahr rund acht Milliarden Eurozur Verfügung. Die Ministerpräsi-denten der Bundesländer disku-tieren derzeit Sparvorschläge undReformen für die Sender. N.H.

Zweifel an der ARD Sachsen-Anhalt will Senderverbund grundlegend reformieren

Garnisonkirche: Der Bau beginntStartschuss am 29. Oktober − Schritt für Schritt erhält Potsdam sein historisches Gesicht zurück

Die „Süddeutsche Zeitung“nannte den Auftritt „selbst-gerecht, eitel, narzisstisch“,

für die „Bild“-Zeitung war es gar„dumm und unangebracht“ unddem „Spiegel“ erschien die Ak-tion bestenfalls „nicht schlimm,aber belanglos“. Dafür ernteteHertha BSC Aufmerksamkeit bishinein in die Weltpresse.

Der Berliner Fußball-Bundesli-gist hatte eine Geste US-amerika-nischer Football-Spieler kopiert,die beim Abspielen der National-hymne vor dem Spiel nieder-knien, statt die Hymne stehendund nach Landessitte mit derHand auf dem Herzen mitzusin-gen.

In den USA hat die Kampagneheftigen Protest ausgelöst. Präsi-dent Donald Trump beschimpftedie knienden Spieler als „Huren-söhne“, Zuschauer buhten sie aus,der Erfinder der Aktion, der farbi-ge Football-Spieler Colin Kaeper-nick, wurde von seinem Verein inSan Francisco gefeuert. Manche,

die sich der „Knie nieder“-Kam-pagne zunächst angeschlossenhatten, sind mittlerweile davonwieder abgerückt angesichts derwütenden Reaktionen.

Den Berliner Fußball-Profisdroht indes keinerlei ernstzuneh-mender Gegenwind. Sie wollen,

wie aus dem Klub verlautet, ein„Signal“ für Werte wie „Vielfaltund Toleranz“ sowie „gegen Ras-sismus“ setzen, womit sie sich ineiner Linie mit allen relevantenKräften in der Bundesrepublikbefinden. Da es keine Traditiondes Absingens der Nationalhym-ne vor Sportereignissen gibt wiein den USA, droht ihnen auch kei-ne Gefahr, als unpatriotisch kriti-siert zu werden.

In dieses Bild passt die Nach-richt, dass es bei der Hertha kei-nerlei Diskussion über das Vorha-ben gegeben habe. Die Idee seivom Verein gekommen, die Spie-ler hätten sofort zugestimmt. Der„Spiegel“ vermutet hinter der Ak-tion daher reines Werbe-Kalkül:„Es ging um ein allgemeines Ima-ge: Wir sind die Guten.“

Der Protest der US-Spieler wer-de, so moniert das Magazin, „sei-ner eigentlichen Bedeutung be-raubt und auf eine rebellische Ge-ste reduziert“, die, so müsste hin-zugefügt werden, in Deutschlandalles andere als „rebellisch“ zunennen wäre. In den Kommenta-ren verweisen deutsche Mediendarauf, dass die WerbeagenturJung von Matt die Imagepflegevon Hertha betreibt. Diese Erwäh-nung deutet auf den Verdacht hin,dass die Idee zu der Aktion nichteinmal wirklich vom Berliner Ver-ein stammt, sondern womöglichvon den Hamburger Werbedienst-leistern ersonnen wurde. H.H.

»Die Tagesschau wäredann in dieser

Form überflüssig«

»Es ging um einallgemeines Image: Wir

sind die Guten«

Die Gegner ziehendennoch weiterhin

alle Register

PREUSSEN / BERL IN

Hertha BSC in der KritikBerliner Fußballer kopieren US-Aktion »Knie nieder«

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MELDUNGEN

Ex-Gouverneur muss in Haft

Jakarta – Der einstige christlicheHoffnungsträger Indonesiens, Ba-suki Tjahaja Purnama, Gouver-neur von Jakarta, muss jetzt fürzwei Jahre hinter Gitter, weil erden Propheten und seine Inter-preten beleidigt haben soll. Pur-nama hatte eine Welle der Entrü-stung von streng islamischer Sei-te verursacht, als er 2016 wäh-rend des Gouverneurs-Wahl-kampfes behauptet hatte, dass dieInterpretation gewisser Verse desKoran, die es einem Muslim ver-böten, einen Christen zu wählen,nicht korrekt sei. Radikale Musli-me hatten in der Folge das größteislamische Land der Erde zumSchauplatz von Massendemon-strationen gemacht, die schließ-lich dazu geführt hatten, dassPurnama der Prozess gemachtwurde. B.B.

Belgien weist Großimam aus

Brüssel – Belgien hat den Chef al-ler Imame im Land wegen „An-stiftung zum Hass“ ausgewiesen.Die Behörden werfen dem ausÄgypten stammenden AbdelhadiSewif vor, in Brüssel den strengislamischen Salafismus zu predi-gen. Seine Anhängerschaft be-steht vor allem aus jungen männ-lichen Muslimen aus dem Sudan,die in den letzten Jahren und Mo-naten Brüssel zunehmend bevöl-kern. Nun kam ein Untersu-chungsausschuss des belgischenParlaments, der die Hintergründeder Anschläge von 2016 unter-sucht, zu dem Schluss, dass derseit 13 Jahren in Belgien lebendeislamische Geistliche ein „für dienationale Sicherheit gefährlichesVerhalten“ zeige. Wie der Staats-sekretär für Asyl und Einwande-rung, Theo Francken, mitteilte,wurde Sewif die Aufenthaltsge-nehmigung mit sofortiger Wir-kung entzogen. Dagegen hat die-ser Klage eingereicht. B.B.

Ganz Europa schaut in die-sen Tagen auf Katalonien.Dabei verlieren viele aus

den Augen, dass ein tatsächlichjahrhundertelang unterdrücktesVolk, nämlich die Kurden, bereitsam 25. September im Nordirakebenfalls ein Unabhängigkeitsre-ferendum durchgeführt hatte.92,3 Prozent der Wähler hattenfür eine Loslösung der Kurdenvom Irak gestimmt. Die Regierun-gen in Bagdad, Ankara und Tehe-ran wollen jetzt die irakischenKurden für das Unabhängigkeits-votum abstrafen.

Von den Schutzmächten derKurden hatte nur Israel das Votumbegrüßt. Dagegen kam aus denUSA Ablehnung, obwohl die Kur-den die engsten und einzigen Ver-bündeten der USA im Kampf ge-gen den IS sind und für die USAdie Bodentruppen stellen. DieAblehnung der kurdischen Unab-hängigkeitsbestrebungen wird imWesten mit der Instabilität be-gründet, die nach einer mög-lichen Unabhängigkeit die ohne-hin instabile Region noch unsi-chererer machen könnte.

Die Kurden werden mit ihrenPeschmerga-Kämpfern so langefür die Eindämmung des IS ge-braucht, wie es diesen noch gibt.Aber in Kürze werden die IS-Ter-roristen besiegt sein, dann könn-ten die USA und auch Russland

schnell andere Interessen haben,als die kurdische Souveränität zuunterstützen.

Die unmittelbaren Nachbarlän-der der Kurdenregion im Nord-irak sind bereits in eine Offensivegegen die Kurden übergegangen.Erdogan hat die Grenzübergängegeschlossen und droht damit, dieirakischen Kurden auszuhungernund ihre Ölexporte zu blockieren.Der bilaterale Handel zwischender Türkei und Irakisch-Kurdi-stan brachte es 2016 auf ein Fi-nanzvolumen von beachtlichen

neun Milliarden Euro, die kurdi-sche Region im Nordirak boomte,während sich die türkische Wirt-schaft unter Erdogans Ego-Tripseinen Rückschlag nach dem an-deren gefallen lassen muss.

Offen ausbrechen könnte einKrieg um die Metropole Kirkuk,die im Sommer 2014 nach demAnsturm des IS von irakischenTruppen verlassen und von kurdi-schen Truppen besetzt wordenwar. Seit Jahrhunderten wohnenin dieser erdölreichen RegionKurden, Araber und Turkmenen

zusammen. Schiitische Milizensollen nach dem Referendum be-reits in die Vorstädte dieser Stadtvorgedrungen sein, die offizielleirakische Armee, mit der zusam-men die Kurden noch vor weni-gen Monaten gemeinsam Mossulvom IS befreit hatten, wartet nochan der offiziellen Demarkationsli-nie. Sollten wirklich Kämpfe aus-brechen, wäre das auch phanta-sielosen westlichen Politikern zu-zuschreiben, die seit Bush Schii-ten auf Kosten von Kurden undSunniten gefördert haben unddeshalb mitverantwortlich amChaos in der Region sind.

Nur Israel hat als einziger Staatdie Unabhängigkeitsbestrebungender Kurden ohne Wenn und Aberunterstützt, während die Palästi-nensische AutonomiebehördeKritik an dem Selbstbestim-mungsrecht der Kurden übte, ob-wohl man es für sich selbst auchbeansprucht. Das Bewusstsein,dass die Kurden wie die Aramäerein separater Volksstamm sindmit eigener Kultur, Sprache undHerkunft, ist in Israel seit jeherpräsent. Der Iran, wo selbst einemillionenstarke kurdische Bevöl-kerung lebt, nutzt diese engen Be-ziehungen zwischen Jerusalemund den Kurden, um gegen dieKurden zu hetzen. „Kurdistanwerde ein zweites Israel werden“,hieß es in Teheran. Bodo Bost

Vor einem Monat saßen US-Präsident Donald Trumpund sein türkischer Amts-

kollege Recep Tayyip Erdoganfreudestrahlend Seite an Seite amRande der UN-Vollversammlungin einem New Yorker Hotel undversicherten sich ihrer unzer-brechlichen Freundschaft. Nun istdie Männerfreundschaft anschei-nend in die Brüche gegangen,denn die Beziehungen der beidenStaaten, die diese Männer reprä-sentieren, sind auf einem „histori-schen Tiefpunkt“ angelangt.

Verursacht wurde die Verstim-mung durch die Verhaftung einestürkischen Mitarbeiters der US-Botschaft, Metin Topuz, durchtürkische Sicherheitskräfte. DerMann, der vor seiner Einstellungdie strengsten Sicherheitsprüfun-gen durchlaufen haben müsste,stand angeblich auf einer türki-schen Terrorfahndungsliste. Weildie Verhaftung für den US-Bot-schafter offenbar ein reiner Will-kürakt war, der eher nach einerGeiselnahme aussah, kündigtedieser einen Tag später an, die Vi-sumvergabe in den US-Vertretun-gen in der Türkei einzustellen.

Die Türkei reagierte prompt mitVergeltung und kündigte diesel-ben Maßnahmen für ihre Vertre-tungen in den USA an. Der da-durch ausgelöste Visakrieg zwi-schen der USA und der Türkei

verschärfte sich anschließendrhetorisch weiter, allerdings alleinvon türkischer Seite, weil die Tür-kei unter der Visumverweigerungam meisten leidet.

Im Visakrieg drohte Erdogan of-fen mit dem Abbruch der Bezie-hungen zum NATO-Partner USAund attackierte den US-Botschaf-ter John Bass persönlich. Erdogandenkt, dass Botschafter Bass, derkurz vor seinem Wechsel nach Af-ghanistan steht, seine Interven-tion nicht mit seinen Vorgesetztenabgesprochen hätte.

Die Verhaftung des Botschafts-mitarbeiters Topuz passt in eineReihe weiterer politisch motivier-ter Geiselnahmen in der Türkei.So sitzt auch der US-Bürger An-drew Brunson in türkischer Haft.Der protestantische Pastor betreu-te eine kleine christliche Gemein-de in Izmir, bevor er im Oktober2016 festgenommen wurde wegenangeblicher Gülen-Verbindungen.Im September hatte Erdogan ineiner Rede im Präsidentenpalastvon Ankara eine direkte Verbin-dung zwischen den Fällen Brun-

son und Gülen hergestellt: „Gebtihn heraus, dann werden wir ver-suchen, Euch den amerikani-schen Pastor zu geben“, sagte erdamals. Damit stellt sich Erdoganoffen auf eine Stufe mit Terrori-sten und Kriminellen, für die Gei-selnahmen zum Geschäftsmodellgehören.

Die beiden NATO-Verbündetenmit den größten Armeen steuernauf eine Kollision zu, wie es sie inder türkisch-amerikanischen Ge-schichte lange nicht mehr gege-ben hat. Dennoch wird weiterhinbetont, dass die NATO-Partner-schaft davon nicht betroffen sei.

In Syrien könnten sich Angehö-rige der Armeen der beiden Staa-ten schon bald militärisch gegen-überstehen. Die USA unterstützenim Kampf gegen die Terrormiliz„Islamischer Staat“ die kurdischeYPG, die von der Türkei als syri-sche Schwester der Terrororgani-sation PKK betrachtet und be-kämpft wird. Ankara arbeitet inSyrien nun verstärkt mit Russlandzusammen. Russlands PräsidentWladimir Putin, der auf eine Spal-tung der NATO setzt, ist der einzi-ge, der vom Visakrieg zwischenden beiden profitiert. Man solltenicht vergessen, dass die Türkei1949 als Gegengewicht gegenüberder damals noch existierendenSowjetunion in die NATO aufge-nommen wurde. B.B.

Die Eiszeit könntesich auch auf

die NATO auswirken

Ablehnung selbst bei den Verbündeten

aus den USA

AUSLAND

Es droht ein zweites IsraelKurden fühlen sich nach Unabhängigkeitswahl vom Westen verraten

Eskalierender VisakriegDiplomatische Beziehungen zwischen Türkei und USA kühlen ab

Nach dem Erdrutschsieg derÖsterreichischen Volkspartei(ÖVP), die bei der Nationalrats-wahl als Liste Sebastian Kurz an-getreten war und 31,5 Prozent derStimmen für sich verbuchenkonnte, stehen die Zeichen auf ei-ne Koalition mit der Freiheit-lichen Partei Österreichs (FPÖ).

Wenn sich auch die FPÖ sokurz nach der Wahl offiziell nochnicht festlegen möchte, so ist esdoch sehr wahrscheinlich, dasses zum ersten Mal seit 2006 zu ei-ner schwarz-blauen Koalitionkommen wird. Dann wäre ÖVP-Chef und Außenminister Se-bastian Kurz, der die Partei-führung im Mai von ReinholdMitterlehner übernommenhatte, mit erst 31 Jahren welt-weit der jüngste Regierungs-chef.

Allerdings hat Kurz offizielleine Dreier-Konstellation zu-sammen mit der bürgerlich-li-beralen Partei „NEOS – DasNeue Österreich und LiberalesForum“ auch nicht ganz aus-geschlossen: „Für viele Projek-te braucht es auch eine Zwei-drittelmehrheit, mehr als nureinen Koalitionspartner.“

Doch dass Sebastian Kurzwährend des Wahlkampfes aufeine starke Regulierung derZuwanderung gesetzt und dieAsylfrage ganz oben auf dieAgenda gesetzt hatte, nahmihm die FPÖ übel und wertetesie als Themenklau. Dement-sprechend wurde der FPÖ-Chef Heinz-Christian Stracheangesichts dessen jahrelangerWarnung vor einer unkontrol-lierten Zuwanderung und dro-henden Islamisierung als „Vor-denker“ plakatiert. Für denFPÖ-Generalsekretär HerbertKickl sei es ein Faktum, dass„60 Prozent der Österreicherein freiheitliches Programmgewählt haben“.

Mit diesem Programm schafftees die ÖVP zum dritten Mal inder Parteigeschichte, die SPÖ zuüberholen. Beim letzten Mal,

2002, hatte der damalige ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel eineinternational mit Argusaugen be-trachtete Koalition mit den Frei-heitlichen ge-führt.

Der rote Noch-Kanzler Christi-an Kern, der zu-nächst den Gangin die Oppositionangekündigt hat-te, will jetzt eigentlich davonnichts mehr wissen. Vielmehrtrachte er danach, „weiter Verant-wortung übernehmen“ undmittelfristig den ersten Platz zu-

rückerobern zu wollen. „Mit Ver-antwortungsbewusstsein“ werdeseine Partei Gespräche mit derÖVP führen. Doch auch wenn die

Sozialdemokratische ParteiÖsterreichs (SPÖ) mit knapp27 Prozent der rund 4,3 Millio-nen Stimmen abgegebenen Stim-

men noch um einen Prozent-punkt vor der FPÖ den zweitenPlatz erlangte, gilt die Neuauflageeiner Regierung aus SPÖ undÖVP als unwahrscheinlich.

Die SPÖ, die in den vergangenenzehn Jahren den Kanzler stellteund nun in die Rolle des kleinerenRegierungspartners schlüpfen

müsste, hatte im Juni nach ständi-gen Querelen mit der ÖVP denNeuwahlantrag der Opposition an-genommen. Auch angesichts des

Zerbrechens derKoalition an stän-digem Zank undeinem Schmud-del-Wahlkampf,der in gegenseiti-gen gerichtlichenKlagen der einsti-

gen Koalitionspartner seinen Tief-punkt fand, wäre eine Neuauflagevon Rot-Schwarz in Form vonSchwarz-Rot eine sowohl in denParteien selbst als auch in der Be-

völkerung eher unpopuläre Op-tion.

Keine Chance auf eine Regie-rungsbeteiligung haben die Grü-

nen, die bei der Nationalratswahlein historisch schlechtes Ergebniseinfuhren und aus dem Parlamentflogen. Mit einem Verlust vonmehr als zwei Drittel der Stimmenscheiterten sie zum ersten Mal seit1986 an der Vier-Prozent-Hürdefür den Einzug in den Nationalrat.„Das ist für uns ein schweres De-bakel, eine schwere Niederlageund eine große Enttäuschung“, ge-stand die grüne SpitzenkandidatinUlrike Lunacek ein.

„Lunacek hat die Partei im Früh-ling kurzfristig übernommen.Dann passierten einige handwerk-liche Fehler“, erklärt ein grüner In-

sider, verweist aber auch auftiefer liegende Gründe für dasdesaströse Ergebnis. Auch wäh-rend der Einwanderungswellehatten die Grünen auf Positio-nen verharrt, für die selbst ein-gefleischte Wähler wenig Ver-ständnis aufbrachten: „Es warintern kaum möglich, das Pro-blem der begrenzten Kapazitätanzusprechen“, erklärt ein frü-herer Funktionär, „aber esgrenzt eben an Realitätsver-leugnung zu behaupten, dassdas Problem mit europäischerSolidarität alleine zu lösen sei.“

Mit ein Grund für das de -saströse Ergebnis der Grünenwar zweifellos die Abspaltungihres Abgeordneten Peter Pilzim Juni, der daraufhin eine ei-gene Partei gründete und gleichbeim ersten Anlauf die Grünenüberholen konnte. Umso zyni-scher mag es für so manchenanderen früheren Abgeordne-ten der Grünen anmuten, dasssich die Liste Pilz über den Ein-zug ins Parlament freuen darf.

Auch die NEOS werdenweiterhin im Nationalrat ver-treten sein. Mit einem Stim-menanteil von 5,1 Prozent hatdie junge Partei klar die Vier-Prozent-Hürde übersprungen.Insgesamt waren 16 Parteienbei der Nationalratswahl ange-

treten, sechs davon in einzelnenBundesländern. Österreichweithatten zehn Bewerber zur Wahl ge-standen. Michael Link

Schwarz-Blau ist wahrscheinlichMit den NEOS hätten ÖVP und FPÖ eine Zweidrittelmehrheit im österreichischen Nationalrat

Sebastian Kurz: »Für viele Projekte braucht es auch eine Zweidrittelmehrheit,

mehr als nur einen Koalitionspartner«

Wahlsieger und wohl zukünftige Koalitionspartner: FPÖ-Chef Strache und ÖVP-Chef Kurz (v.l.) Bild: pa

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MELDUNGEN

Zypries würdigtkaiserliches Amt

Stromversorgergreifen durch

Berlin – Ungewohnte Töne von ei-nem Mitglied der Bundesregie-rung: Wirtschaftsministerin Brigit-te Zypries (SPD) hat das vor 100Jahren zur Steuerung der Kriegs-wirtschaft gegründete Reichswirt-schaftsamt (RWA) als Vorläufer desBundeswirtschaftsministeriumsgewürdigt. Damit sei „die eigen-ständige Bedeutung der Wirt-schaftspolitik in Deutschland erst-mals durch Schaffung einer eige-nen Behörde zum Ausdruck ge-bracht“ worden. Mit der Gründungseien wichtige Modernisierungs-schritte verbunden, zum Beispieldie Beteiligung von Fachleuten ausder Praxis an der Arbeit des Am-tes. Nicht zuletzt habe das RWAFrauen den Weg in die oberstenReichsbehörden geebnet. J.H.

Bonn – Wegen unbezahlter Rech-nungen haben die Stromversor-gungsunternehmen im vergange-nen Jahr 330000 Haushalten denStrom abgestellt. Das geht aus demEntwurf des Jahresberichts vonBundesnetzagentur und Bundes-kartellamt hervor. Zudem ver-schickten sie rund 6.6 Sperr-An-drohungen an säumige Zahler. Ei-ne Abschaltung erfolgt, wenn derKunde mit mindestens 100 Euroim Rück stand ist. J.H.

Die Zahl der Minijobber inDeutschland steigt. Experten zei-gen sich zunehmend alarmiert.Eine aktuelle Untersuchung desInstituts für Arbeitsmarkt- undBerufsforschung (IAB), der For-schungseinrichtung der Bundes-agentur für Arbeit, verdeutlichtdas geradezu explosionsartigeWachstum der Nebenjobs hierzu-lande.

Im ersten Quartal dieses Jahreshatten demnach 3,07 MillionenAngestellte, Selbstständige oderBeamte einen Nebenjob. Die Zahlder Menschen, die mehr als einerErwerbstätigkeit nachgehen, hatsich demnach seit dem Jahr 2003mehr als verdoppelt.

Unter einem Minijob verstehtman eine geringfügige Beschäfti-gung, die steuerfrei ist. Seit dem1. Januar 2013 dürfen Minijobberbis zu 450 Euro im Monat verdie-nen, ohne Steuern oder Abgabenzahlen zu müssen. Das heißt, siebekommen am Ende des Monatsdenselben Netto-Lohn, wie siebrutto verdient haben. Von derMöglichkeit, in die Rentenkasseeinzuzahlen, lassen sich die mei-sten Arbeitnehmer befreien. Le-diglich der Arbeitgeber über-weist einen Pauschalbetrag fürSozialbeiträge und Steuern an dieMinijob-Zentrale.

Die IAB-Experten kritisiertenbei der Präsentation ihrer Stu-dienresultate mit Nachdruck,dass der Staat die Minijobs durchSteuer- und Abgabefreiheit sub-ventioniere. „Dies ist unnötig undsollte gestrichen werden“, sagteIAB-Forschungsdirektor EnzoWeber. Dem Leiter des For-schungsbereichs „Prognosen undStrukturanalysen“ am IAB undInhaber des Lehrstuhls für Empi-rische Wirtschaftsforschung ander Universität Regensburg zu-folge sei es sozialpolitisch kurz-sichtig, Geringverdiener durchdie Förderung von Minijobs indie Mehrfachbeschäftigung zutreiben. Nötig sei vielmehr, dieEinkommensmöglichkeiten imHauptberuf zu verbessern undneue Anreize zu schaffen. „Die

Menschen im Nebenjob zu entla-sten, setzt sie nur auf das falscheGleis“, sagte Weber gegenüberdem Internetportal N24.

Nach der Auffassung der Links-partei steckt hin-ter den Zweitjobsvor allem finan-zielle Not. „Fürimmer mehr Be-schäftigte reichtdas Einkommen aus einem Jobnicht mehr aus“, hat Linken-Frak-tionsvize im Bundestag, SabineZimmermann, kürzlich kritisiert.

Weber hält diese Behauptungfür nicht belegbar. Die Motive fürdie Aufnahme eines Nebenjobslassen sich nach seiner Ansichtgrob in zwei Kategorien ordnen.Wenn – erstens – eine Person inihrer Hauptbeschäftigung nichtso viele Stunden arbeiten könne,wie sie möchte, verdiene sie in

der Regel auch ein geringeresEinkommen als gewünscht bezie-hungsweise nötig. „Beispiels-weise kann dann ein Nebenjobnotwendig werden, um das Haus-

haltseinkommen zu sichern,wenn ein Familienmitglied ar-beitslos geworden ist oder inKurzarbeit arbeiten muss; oder

wenn ein Partner nach der Ehe-scheidung unterhaltspflichtigwird und nur noch knapp überdie Runden kommt. Dieses ersteMotiv fasst alle Gründe zusam-men, die aus arbeitszeitlichen be-ziehungsweise finanziellen Be-schränkungen heraus zur Auf-nahme eines Nebenjobs führen.“

Daneben gebe es aber auch einzweites Motiv, das Experten als„Portfolio-Motiv“ bezeichnen.Demzufolge gehe es den Nebenjob-bern mehr darum, den Hauptjob

um Tätigkeiten zuergänzen, dieSpaß machenoder Prestige ein-bringen. Beispieleseien der Univer-

sitätsprofessor, der als Berater inWirtschaft oder Politik tätig ist,oder aber der Fließbandarbeiter,der abends gegen Entgelt Konzerte

mit der Band gebe. Es sei aberkaum zielführend, dass diese Grup-pe steuerlich entlastet werde, sagtWeber.

Die Frage, ob das Geld zumÜberleben gebraucht werde oderob es ein nettes Zubrot sei, lassesich nicht eindeutig beantworten.Die speziellen Begünstigungen für

Nebenjobber kritisierte Weber imGespräch mit „Spiegel-Online“.„Die allermeisten sind nicht in derRentenversicherung, und die gro-ße Arbeitsmarktintegration oderberufliche Entwicklung findetüber einen Nebenjob üblicher-weise auch nicht statt“, sagte derExperte. „Für die meisten ist dieAufnahme eines zweiten Jobs da-her ohne Alterssicherung, ohneberufliche Weiterbildung und miteinem zweiten Anfahrtsweg ver-bunden.“

Der Vorsitzende des DeutschenGewerkschaftsbunds Nord, UwePolkaehn, hat von der künftigenBundesregierung daher eineKehrtwende in der Minijob-Poli-tik gefordert. Solche Arbeitsange-bote dürften nur noch zugelassenwerden, „wenn die Arbeitgeber abdem ersten Euro die vollen Sozial-versicherungsbeiträge auf die er-brachten Arbeitsleistungen zah-len“, erklärte er gegenüber derDeutschen Presse-Agentur. „DerBoom der Neben- und Minijobszeigt, dass sich die Arbeitgeberhier ein Schlupfloch geschaffenhaben, um aus den Sozialversi-cherungssystemen auszusteigen.“Das verstärke den Trend zu Billig-lohn und Altersarmut.

Die IAB-Autoren betonen, „dasseine Ausweitung der Erwerbstä-tigkeit durch Anreize zu beloh-nen, mit Blick auf die finanzielleSelbstständigkeit der Arbeitneh-mer wie auch mit Blick auf Fach-kräfteengpässe grundsätzlichrichtig ist“. Zudem sei gerade fürGeringverdiener, die am ehestenNebenjobs ausüben, die (Sozial-)Abgabenbelastung in Deutsch-land im internationalen Vergleichrecht hoch. „Die Begünstigung ei-ner zweiten Beschäftigung bei ei-nem anderen Arbeitgeber ist abernicht das richtige Instrument, umhier gegenzusteuern. Erstens pro-fitieren von der Regelung auchviele Gutverdiener. Zweitens lei-sten kleine Nebenjobs gerade fürdie Personen, für die es besonderswichtig wäre, kaum einen Beitragfür eine nachhaltige beruflicheEntwick lung und Alterssiche-rung.“ Peter Entinger

Arbeitsagentur schlägt AlarmRasanter Anstieg der Zahl der Minijobber gefährde die Alterssicherung und sei unsozial

Nach langem Ringen hat sichder Beschäftigungsaus-schuss des EU-Parlaments

für eine Neuregelung der soge-nannten Entsenderichtlinie ent-schieden. Kern der Reform ist derGedanke, dass für Arbeit am glei-chen Ort künftig auch der gleicheLohn bezahlt wird. Des Weiterensoll die Möglichkeit zur Arbeitneh-merentsendung auf 24 Monate be-grenzt werden.

Die bereits 1997 eingeführte Ent-senderegelung ermöglicht esUnternehmen, Mitarbeiter für einebegrenzte Zeit in ein anderes EU-Land zu schicken, um sie dortDienstleistungen erbringen zu las-sen. Der Europäische Gerichtshofhat vor gut zehn Jahren signalisiert,dass er dieser Dienstleistungsfrei-heit auf dem gemeinsamen MarktVorrang vor nationalen Arbeit-nehmerrechten einräumt. Unter-sagt wurden zum Beispiel Streiksund Tarifforderungen gegen Ent-sendefirmen.

In den letzten Jahren sieht manin Brüssel aber zunehmend die Ge-fahr einer Wettbewerbsverzerrung,wenn Unternehmen in anderenEU-Ländern mit Niedriglohnkostenauftreten können. Die EU-Kommis-sion hat deshalb bereits vergange-nes Jahr eine Reform der Entsende-richtlinie vorgeschlagen. Ein Ent-wurf von ihr sieht vor, dass ent-

sandte Arbeitskräfte aus anderenEU-Staaten den gleichen Lohn wieeinheimische Arbeitnehmer erhal-ten sollen. Als treibende Kraft hin-ter den Änderungswünschen giltEmmanuel Macron. Der Präsidenteines Hochlohnlandes betrachteteine Änderung als Kampf gegen So-zialdumping.

Anders ist die Sichtweise in derOst-EU mit den dort vergleichs-weise niedrigen Löhnen. Die Staa-ten fürchten, mit einer oktroyiertenAngleichung der Löhne einen Wett-

bewerbsvorteil einzubüßen. Insbe-sondere in Warschau ist man be-strebt, Veränderungen am Text derEU-Entsenderichtlinie zu verhin-dern. Polnische Medien gingen so-gar soweit, der EU zu unterstellen,sie plane eine generelle Abschaf-fung der Entsendemöglichkeit.

Welche Bedeutung der Möglich-keit, Arbeitskräfte aus EU-Ländernmit niedrigem Einkommen in Län-der mit höherem Einkommen zuentsenden, beigemessen wird, zeigtdas europapolitische Magazin „eu-ractiv“. Es schreibt der Entsende-

möglichkeit sogar zu, für eine Um-verteilung des Reichtums gesorgtzu haben: „Die Praxis der entsand-ten Arbeitskräfte hat de facto teil-weise die nicht existierende euro-päische Fiskalpolitik ersetzt.“

Wahrscheinlich ist, dass derStreit um die Richtlinie nur einenVorgeschmack bietet von zu be-fürchtenden, erbittert geführtenVerteilungskämpfen in der EU. Be-reits im kommenden Jahr werdendie Verhandlungen zum EU-Fi-nanzrahmen 2021 bis 2028 starten.Der Ausstieg der Briten als dritt-größter EU-Beitragszahler wird da-zu führen, dass beim EU-Haushaltkünftig gut zwölf Prozent der Ein-nahmen fehlen. Haushaltskommis-sar Günther Oettinger will die Lük-ke durch einen Mix aus Einsparun-gen und höheren Einzahlungen derEU-Staaten stopfen. Der SPD-ChefMartin Schulz sprach sich vor Mo-naten dafür aus, die Vergabe vonEU-Geldern an die Kooperations-bereitschaft der Mitgliedsländer inder Zuwanderungsfrage zu knüp-fen. Angesprochen fühlen müssensich damit abermals Polen, aberauch Ungarn, die Slowakei und dieTschechei. Auch in den Plänen desfranzösischen Präsidenten zumUmbau der Eurozone steckt Poten-zial für eine Blockade und langfri-stig sogar für eine Spaltung der EU.

Norman Hanert

Der europäische Flugzeug-bauer Airbus übernimmtdie Mehrheit der Mittel-

streckenflugzeug-Sparte des kana-dischen Herstellers Bombardier.Wie aus einer Erklärung beider Fir-men hervorgeht, will Airbus künf-tig einen Anteil von 50,01 Prozentder sogenannten C-Serie von Bom-bardier-Flugzeugen mit 100 bis150 Sitzen halten. Der Anteil vonBombardier soll bei 31 Prozent lie-gen, weitere 19 Prozent liegen beider Investmentbehörde von Que-bec. Die Behörden müssen den Ein-stieg von Airbus noch prüfen.

Gelingt das Geschäft, dann könn-te sich die Zusammenarbeit als cle-verer Schachzug erweisen. Bom-bardier sah sich nämlich wachsen-dem Druck aus den USA ausge-setzt. Dem US-Konkurrenten Boe-ing ist es bislang sehr effektiv ge-lungen, Bombardiers Mittelstrek-kenjets vom Markt in den Vereinig-ten Staaten fernzuhalten. Ein Ange-bot Bombardiers an die FluglinieUnited Airlines konterte Boeingzum Beispiel mit Erfolg, indem eseinen massiven Rabatt für eigenesFluggerät anbot. Vor Kurzem schei-terte Bombardier auch bei derFluggesellschaft Delta Air Lines, dieeine Bestellung für 75 Regionaljetsdes Typs C-100 aufgeben und sichzusätzlich eine Optionen auf weite-re 50 Flieger sichern wollte.

Boeing hatte argumentiert, Bom-bardier würde illegal subventio-niert. US-Präsident Donald Trumphatte sich dieser Sichtweise ange-schlossen und für den Verkauf derkanadischen Flugzeuge CS100 undCS300 eine 80-prozentige Anti-Dumping-Steuer sowie einen Straf-zoll von 220 Prozent verhängt. Mitdem Airbus-Einstieg dürften dieStrafzölle vermutlich nicht mehr zuhalten sein. Airbus will die End-montage der C-100-Jets in seinemWerk in Alabama durchführen. Da-

mit dürfte die Drohung von Straf-zöllen ins Leere gehen.

Der hochverschuldete Bombar-dier-Konzern kann sich des Weite-ren Hoffnung auf eine finanzielleEntlastung machen. Die speziell fürden US-Markt konzipierten Mittel-streckenjets seiner C-Serie geltentechnisch zwar als anspruchsvoll,haben aber auch immense Ent -wicklungskosten verursacht. Aufder anderen Seite hat Bombardierseit anderthalb Jahren keine neuenBestellungen für die Mittelstrek-kenflieger erhalten. Die Schwierig-

keiten waren so groß, das bereits2015 die Regionalregierung vonQuebec mit einem Anteil vonknapp 50 Prozent bei dem ange-schlagenen Flugzeugbauer einge-stiegen war. Die staatliche Beteili-gung war wiederum ein gefundenesFressen für die Argumentation desFlugzeugbauers Boeing. Nun, mitAirbus im Rücken, verbessern sichdie Marktchancen schlagartig. Air-bus verfügt über gute Kundenbe-ziehungen zu den großen Flugge-sellschaften in den USA.

Profitieren kann das Gemein-schaftsunternehmen von Bombar-dier und Airbus zudem von demweltweiten Wartungsnetzwerk, dasder europäische Konzern aufgebauthat. Auch der Einkauf dürfte günsti-ger werden. Airbus hat wegen sei-nem Produktionsvolumen einesehr viel größere Marktmacht beiZulieferern.

Allerdings kann sich auch Air-bus als Gewinner sehen. Verein-bart wurde offenbar, dass Airbuskeinen Kaufpreis zahlen muss undsich auch nicht an den Schuldenvon Bombardiers Flugzeugsparteoder den Entwicklungskosten derC-Serie beteiligen muss. Quasigratis erhält der europäische Flug-zeugbauer damit ein neu entwik-keltes Flugzeugmodell, das die ei-gene Angebotspalette perfekt er-gänzt. N.H.

Europäer und Kanadier können sichals Gewinner sehen

Allianz gegen BoeingAirbus übernimmt 50,01 Prozent der C-Serie von Bombardier

Entsenderichtlinien-StreitVorgeschmack auf erbittert geführte Verteilungskämpfe in der EU

Interessenkonfliktzwischen Frankreichund dem EU-Osten

Die Schulden-Uhr:

Gesamtverschuldung:1.977.961.276.403 €Vorwoche: 1.977.926.563.347 €

Verschuldung pro Kopf:24.043 €Vorwoche: 24.042 €

(Dienstag, 24. Oktober 2017, Zahlen: www.steuerzahler.de)

WIRTSCHAFT

Der Staat forciere die Entwicklung noch mit finanziellen Fehlanreizen

Minijobs werden von Arbeitnehmern wie Arbeitgebern geschätzt: Aufsteller In München Bild: Imago

Page 8: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

8 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Was könnte unsere Welt soschön sein, pflegte meineGroßmutter früher öfter

zu sagen. Während sie stets nachdiesem Satz laut seufzte, dachte ichmir meist den Rest des niemals vonihr zu Ende geführten Gedanken:Doch wir Menschen sind einfachnicht in der Lage dazu! Als ichkürzlich auf einer Reise in dieNeue Welt an einem Treffen zwi-schen dem US-deutschen Ethno-Botaniker und Kulturanthropolo-gen Wolf-Dieter Storl und einemOberhäuptling der kanadischen Mi:kma-ki-Indianer teilhaben durfte, wurde mirunser schweres Dilemma, in dem wir, diesogenannte zivilisierte Welt, stecken, wie-der einmal schmerzlich deutlich.Storl, der nahezu die ganze Welt bereist

hat, um Kultur undTradition zahlreicherVölker zu erforschen,vornehmlich derenVerhältnis zu hei -mischer Pflanze undheimischem Tier,sprach von der Unfä-higkeit des durchschnittlichen Homo Sa-piens, sich heute noch mit der Natur ver-binden zu können, um überhaupt je wie-der zu sich zu gelangen. Enge, Stress, Het-ze und allwährender Druck verbietendoch längst, den so notwendigen innerenAusgleich, der in der Ruhe der Natur ambesten zu entdecken wäre, zu finden, ver-bunden vorzugsweise mit einem dankba-ren Gebet für all die herrlichen Gaben,die uns die Natur bislang verlässlichschenkte. Was meinte er damit?Nun, der Naturwissenschaftler war ei-

nes Oktobertages mit uns durch die ost-kanadische Landschaft gestreift, die im„Indian Summer“ gerade in ein herrlichgoldgelbes wie auch flammenrotes Far-benmeer getaucht war. Manche Büscheund Bäume sprühten geradezu Feuer, wildloderte das Laub wie in leuchtend roterGlut einer untergehenden Abendsonne,übermütig changierten die gleißenden

Farbtöne im Rhythmus des kräftigenHerbstwindes, während die Sonne demunbeschreiblichen Szenario ihr pracht-goldenes Himmelslicht schenkte. Geradegewachsene Zedern und wiegende Fich-ten, die das Bild immer wieder durchbra-

chen, hatten indes ihrvornehm grünes Kleidnicht verändert undboten angenehme Ru-hepunkte in dematemberaubendenGlanz. Welch ein Er-lebnis! Ich war zu-

tiefst gerührt. Es war, als hätte der Schöp-fer alle Pracht und Schönheit aufgeboten,um uns, den Menschen, zu sagen: Schauther. Schaut doch endlich genau hin!Nehmt diese Welt wahr, sie ist doch soschön!Der Forscher führte uns an einen We -

ges rand, an dem etliche Kräuterlein war-teten, an denen man zuvor schon oft acht-los vorübergegangen war. Sogleich knieteer am Feldboden, vorsichtig nahm er dasKöpfchen eines zartblass blühendenPflänzchens in die Hand. Wusste jemandetwa ihren Namen? Nein, leider nicht. Eswar der Augentrost, so lernten wir. Hat je-mand etwa entzündete Augen, vielleichtvon der stundenlangen Computerarbeit,so konnte der Augentrost ihm ein feinerFreund werden. Ein Tee aus ihm gekocht,musste man nur die Augen öfter auswa-schen damit, und schon konnte man dasÄrgernis recht schnell loswerden. Ach, ja?

Und so vieles andere berichtete er ausdem herrlichen Garten der Natur, vomtreuen Wegerich zum Beispiel, der sichbei Insektenstichen und zur Wundheilungstets als guter Gefährte erweisen möchte,so man ihn doch nur endlich ließe. Und inNotzeiten: Ja, wer hätte es denn gedacht,dass man Wurzelwerk, Blätter, Blüten, Sa-men und Stiele als wunderbare Heilnah-rung verwenden kann, und zwar beinahesämtlicher Pflanzen und Büschlein. Kaumzu glauben, was er wusste, dieser weiseMann, und was alles für ihn so selbstver-ständlich war. Beschämt sahen einige vonuns zur Erde. Tatsächlich, wir hatten vielverloren, sowohl beim Herunterschauenzur guten, alten Erde als auch beim Blickhimmelwärts.Wenig später kam er dann dazu, der

Oberhäuptling des Stammes der Mi:kmaqvom Territorium der kanadischen Ostkü-ste. Den Würdentitel hatte er von seinenUrvätern geerbt, generationenlang war esso Tradition gewesen. Der Chief, der auchals Professor und Kulturbeauftragter einerostkanadischen Universität tätig war, trugein farbenprächtiges Gewand und edel-sten Federschmuck, der mit einem breitenBand, das sich quer über die Stirne zog,verbunden war. Gemessenen Schrittes trater in stolzer, aufrechter Haltung vor underzählte die Geschichte seiner Ahnen, dieer schon als Kind gelernt hatte. So berich-tete der Häuptling von sieben Schöp-fungsebenen, die von Anbeginn aller Zei-ten existierten. Wunderbar war, seine Re-

de anzuhören, waren seine Worte dochdurchdrungen von Vornehmheit, Verant-wortung und Nachhaltigkeit. Und vonLiebe. Liebe zur Natur, Liebe zu MutterErde, Liebe auch zu Großvater Sonne, wieer sie nannte. Er sprach von dem geheilig-ten Adler, der als edelster Botschafter desHimmels betrachtet werde und uns Men-schen immer wieder Nachrichten aus hö-heren Ebenen übermittele. Viele Mitglie-der seines Volkes, so der Häuptling, das jaerheblich dezimiert worden war im Laufeder letzten zwei, drei Jahrhunderte, ver-stünden die Botschaft des Adlers selbstkaum noch, da Wurzeln und Erinnerun-gen von altem Glauben und Werten syste-matisch ausradiert worden seien von deneuropäischen Ein-wanderern. Man spürte den bit-

teren Verlust, denSchmerz, für dendoch immer wiedernur wir Menschenverantwortlich sind,durch falsche Worte, falsches Tun. DurchUnwissenheit der Schöpfungsgesetzeauch, die wir so sträflich ignorieren unduns selten nur um Verantwortung undZukunft kümmern. Verlust, wohin manschaut: Verlust des Richtigen, des Wichti-gen, Verlust der eigenen Identität, Verlustvon Kultur und Tradition, Verlust auchder Verbindung mit dem Licht, dem Him-mel und – der Liebe. Wer sich die Ge-schichte der indigenen Völker nicht nur

in Nord- und Südamerika ansieht,dem kann es dabei nur schwinde-lig werden. Wer sich aber die der-zeitige Geschichte einiger Völkeransieht, die heute offenbar zumUntergang verurteilt sind, sokommt ein schmerzliches Ahnendes Bevorstehenden.Eine Friedenspfeife wurde

schließlich geraucht im fernen Ka-nada. Der Häuptling hatte den Eth-no-Botaniker zu der seltenen Zere-monie eingeladen. Süßgras, Salbei,Zeder und weitere Heilkräuter

wurden gestopft, und während der wohl-duftende Rauch emporstieg, besiegeltendie beiden weisen Männer ihre Freund-schaft. Diese Freundschaft basiert auf Re-spekt, Toleranz, Verantwortung undNachhaltigkeit, damit man auch dennachfolgenden Generationen noch einenLebensraum hinterließe, der sich alswirklich lebenswert erweise. Als der Häuptling die Zeremonie

schließlich zu beenden gedachte, teilte erseinem neuen Bruder mit, dass die ge-meinsam beschlossenen Werte für immerGültigkeit behielten und beide sich aus-nahmslos daran zu halten hätten. Würdeman den Sinn der Worte zu einem späte-ren Zeitpunkt abändern wollen, so wäre

dies erst möglich beieinem weiteren, ge-meinsamen Ritualder Friedenspfeife. Sound nicht anders hat-ten es einst auch dieAhnen gehalten, de-nen Treue, Verläss-

lichkeit und Verantwortung für denNächsten an oberster Stelle standen.Tja, diese Form der Politik könnte tat-

sächlich funktionieren. Was könnte unse-re Welt so schön sein … Ich musste dannan die Koalitionsverhandlungen denken,die fern von Weisheit und Güte, fern auchvom Willen zu Nachhaltigkeit und Ver-antwortung für unsere Kinder, wie einarmseliges, trübes Kasperletheater der-zeit in Deutschland aufgeführt werden.

Die Autorin: Eva Hermans Buch »Das Eva-Prinzip« erreichte 2006 hunderttausende Leser.

Weitere Bestseller über Medien, Familie, Mutterschaft und Spiritualität folgten. Die

ehemalige ARD-Moderatorin, die 1958 in Emdengeboren wurde, lebt in Hamburg.

Systeme schließenVon Eberhard Hamer

Offene Sozialsysteme ziehtumso größere Sozialimmi-

gration an, je höher die Differenzder Sozialversorgung gegenüberanderen Systemen ist. Die Zusatz-kosten der Sozialimmigrationtreiben die Lohnnebenkosten fürdie Betriebe in die Höhe, vermin-dern deren internationale Wettbe-werbsfähigkeit. Insbesondere sindoffene Rentensysteme immer ex-plosionsgefährdet, wenn die Poli-tik wachsende Fremdrentenan-sprüche schafft, Zuwanderern oh-ne Beiträge Rentenrechte zubilligtund auch Rentenexport ins Aus-land zulässt. Wer also das Renten-system international öffnet, legt

damit den Sprengsatz zu seinerZerstörung. Auch für die Sozial-leistungshöhen gilt, dass Hoch-versorgungssysteme nur gegen -über der Zuwanderung zu si-chern sind, wenn sie national ge-schlossen werden, also die Be-rechtigung zu Sozialleistungennational begrenzt wird. Als offe-nes Sozialsystem bleibt es für dieArmen der Welt attraktiv, wirdsich dann durch Überforderungreduzieren müssen und weltweitnivelliert. Wer hohe Sozialversor-gung national erhalten will, darfden Zuwanderern keine Soziallei-stungen gewähren, muss also dieSozialfreizügigkeit beenden.

Abgeordnete ohne GestaltungsmachtVon Walter Schmidt-Glaeser

Es ist kein neues Phäno-men. Schon die Republi-kaner, die DSU und erst

recht die NPD mussten damit zu-rechtkommen: Rechte Parteien,auch nichtextremistische, wer-den von den installierten politi-schen Parteien dezidiert be-kämpft und ihnen ohne Wennund Aber jeglicher demokrati-sche Charakter abgesprochen,obgleich keinerlei Zweifel darü-ber bestehen kann, dass auchrechte, nicht nur linke Politik (je-weils bis zum Extremismus), zueiner „normalen“ Demokratiegehört. Diese Staats- und Regie-rungsform ist offen und plurali-stisch angelegt, nicht eng undeinseitig. Das macht ihre Frei-heitlichkeit aus.Nach dem Auftreten der AfD

und ihren zunehmenden Erfol-gen bei den Europa- und beiLandtagswahlen, schließlich so-gar bei der Bundestagswahl 2017,

verschärfen sich die Angriffeund werden zunehmend kom-promissloser. Inzwischen ver-merken auch distanzierte Beob-achter, dass der Ekelfaktor denUmgang mit der AfD prägt. Die-se Beobachtung konnte manauch schon bei Parteibespre-chungen nach Landtagswahlenbeobachten, aber die Abneigungwird – nach wie vor bedingungs-los unterstützt durch den jeweili-gen Fernsehmoderator – zuneh-mend übermächtig und der je-weilige AfD-Vertreter zu einerArt „Ausgestoßenem“.Nun fragt man sich freilich,

wem denn eigentlich diese Aus-grenzung gelten soll. Geht eswirklich um den AfD-Abgeord-neten oder in Wahrheit um dieBürger, die diesen Kandidatenwählten und dadurch zum Abge-ordneten legitimierten. Ekelnsich diese Parteiführer also vordem Souverän? Eine erstaunli-

che Folgerung, die nichts ande-res bedeuten würde als die De -savouierung der existenziellenGrundnorm jeglicher Demokra-tie, dem Verfassungsgebot näm-lich, dass alle Staatsgewalt vomVolk ausgeht und vom Volk inWahlen und Abstimmungen aus-geübt wird. Diesem Ver-

wurf möchteman sich natür-lich nicht aus-setzen und be-ruft sich auf diehässlichen Ver-führungskünste der AfD-Kandi-daten (beispielsweise durchAngst), die ihr die Wähler zutrei-ben würden. Damit wird abernur ein weiterer elementarer de-mokratischer Grundsatz verletzt,nämlich die der Volkssouverä-nität notwendig zugrunde liegen-de Annahme einer Fähigkeit derBürger, als Wähler „richtig“ zu

entscheiden. Das Argument mitden Verführungskünsten läuft al-so darauf hinaus, dass man denWähler für demokratisch inkom-petent ansieht, weil er unselbst-ständig und manipulierbar ist.Wenn es gelänge, diese Einstel-lung zum Wähler durchzusetzen,

dann droht dietotale Herr-schaft der jewei-ligen, durch dieMedien willfäh-rig unterstütz-ten Meinungs-führer.

Das wäre der Anfang einerAuflösung der parlamentari-schen Demokratie. Früher warenes meist radikale Parteien deslinken und rechten Randes, wel-che die Menschen nicht fürmündig, sondern für erziehungs-bedürftig erachteten. Heuteherrscht diese Einstellung beiden Trägern des Mainstreams.

Verheerend ist der letzte,durchaus konsequente Schritt,der sogenannte „SchwerinerWeg“, nämlich die Ausschaltungder AfD-Abgeordneten durch dieAblehnung aller Anträge ihrerFraktion und einzelner ihrerMitglieder durch die anderenParteien ohne jegliche Diskus-sion und ohne Berücksichtigungihres Inhalts. Einem Teil desSouveräns wird damit seine ihmzustehende Gestaltungsmacht imParlament entzogen. Die Wahlder betroffenen Abgeordnetenwird damit zur Makulatur.Man mag über die AfD den-

ken, wie man will. Jedenfallssollte unbestritten sein, dass eskeine Partei wert ist, ihretwegendie Demokratie zu ruinieren.Hält man die AfD wirklich für sobrandgefährlich, dass sie unserefreiheitliche Ordnung zerstörenkönnte, dann muss gegen sie dasVerbotsverfahren geführt wer-

den. Darüber aber entscheidetallein das Bundesverfassungsge-richt und entscheiden nichtirgendwelche Politiker oder Par-teien. Meint man es aber nicht soernst und geht es den anderenParteien doch mehr um den Ver-lust von Marktanteilen, dannsind derartige Machenschaftenzur Ausschaltung politischerKonkurrenten verwerflich. Äu-ßerst beunruhigend ist es imÜbrigen, dass diese offenkundi-gen Verfassungsbrüche auch inder (wissenschaftlichen) Öffent-lichkeit kaum diskutiert werden.

Der Autor ist emeritierterRechtsprofessor mit dem Ar-beitsschwerpunkt ÖffentlichesRecht und CSU-Mitglied. Von1994 bis zu dessen Auflösung1996 war er Präsident des Baye-rischen Senats, der neben demLandtag zweiten Kammer derVolksvertretung.

Artikel 20 desGrundgesetzesist eindeutig:Alle Staatsge-walt geht vomVolke aus, –nicht von Parteien oderPolitikern

Bild: tws

Frei gedacht

Schöne Welt. Arme Welt

Von EVA HERMAN

Die Kolumne: Zwei Publizisten reden Klartext.Immer abwechselnd, immer ohne Scheuklappenund immer exklusiv in der PAZ. Dem Zeitgeist„Gegenwind“ gibt der konservative Streiter

Florian Stumfall. „Frei gedacht“ hat Deutschlandsberühmteste Querdenkerin Eva Herman.

FORUM

Keine Partei ist eswert, ihretwegen die

Demokratie zu ruinieren

Page 9: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 9

MELDUNGEN

Herausforderungfür den HörsinnHamburg − Am 1. November star-tet die fünfte Ausgabe der „Grea-test Hits“, das Festival für zeitge-nössische Musik. An vier Tagenstehen drei Klangkünstler imMittelpunkt, deren Werke denHörsinn herausfordern: der unga-rische Opernkomponist Peter Eöt-vös, der französische „Spektral-musiker“ Gérard Grisey und derKlangtüftler und Instrumenten-bauer Harry Partch aus den USA.Die Konzerte finden auf Kampna-gel statt und erstmals auch in der– jedoch bereits ausverkauften –Elbphilharmonie. Internet: www.greatest-hits-hamburg.de tws

„Mir san a bayerische Band.“Diese Zeile kennt fast jede Gene-ration in Bayern und darüber hin-aus. Die Rede ist von der SpiderMurphy Gang, die dieses Jahr auf40 Jahre Bandgeschichte zurück -blickt. Ihr „Skandal im Sperrbe-zirk“ und „Schickeria“ sind zuDauerhits geworden. Am 28. und29. Oktober bilden die Konzertein der Münchener Olympiahalleden Höhepunkt des Jubiläums.

Die Bandhistorie begann aberfrüher. Günther Sigl, nach seinerJugend und den Berufsjahren alsBankangestellter in Karlsruheund seit 1967 in München, häng-te 1971 den Beruf an den Nagel,um sich ganz der Musik zu wid-men. Bei der Bildung einer neuenBand kamen der aus Kulmbachstammende Schlagzeuger FranzTrojan und als Gitarrist der Fern-meldetechniker Gerhard Gmelldazu, der von Jugend auf denSpitznamen „Barney“ hat. Zusam-men mit Fritz Haberstumpf bilde-ten die drei die Band „Stummick“.Als Repertoire kristallisierte sichwegen der vielen Auftritte in US-Clubs der Rock ’n’ Roll heraus.Mitte 1977 verließ Haberstumpf

die Gruppe, im Sommer übten siezu dritt, bis Barney von dem Pia-nisten Michael Busse erzählte. Beieinem Besuch bei Busse warendie beiden Gitarristen hin undweg von dessen Piano-Spiel – undverpflichteten ihn für ihre Band. Als nächstes stand die Erarbei-

tung eines Rock ’n’ Roll-Pro-gramms an – und ein neuer Band-name. Dieser – Spider MurphyGang – ist einem Textabschnittaus Elvis Presleys „JailhouseRock“ entlehnt.Die Münchener Musikszene zu

erobern, war allerdings nichtleicht. Doch dann fiel dem Club-betreiber des „Memoland“, MemoRhein, im Fasching 1978 kurzfri-stig eine Band aus, sodass er die

Spider Murphy Gang engagierte.Da die Band gut ankam, wurdedas Engagement verlängert. Im Radiosender Bayern 3 spiel-

te damals Georg Kostya wöchent-lich Rock ’n’ Roll in seiner Sen-dung „Aus meiner Rocktasche“.Die Spider Murphy Gang hatteinzwischen eine Langspielplatteherausgebracht, und Kostya nahmKontakt auf. Denn er plante eineLive-Sendung mit dem Titel

„Rock house“. Der Clou dabei soll-te Rock ’n’ Roll in bayerischerSprache sein. Sigl und Co. fanden Gefallen

daran. Und im Hintergrundschwang der Rock ’n’ Roll im Stildes in diesem Jahr verstorbenenUS-Sängers Chuck Berry mit.„Chuck war ja der Urvater desRock ’n’ Roll, er hat das Gitarren-spiel für alle späteren Rock ’n’Roll-Bands entwickelt“, erläutertSigl, „nicht so sehr aus dem Rock -abilly-Bereich, er hatte seine Wur-

zeln ja in den Big Bands.“ UndBarney Murphy ergänzt: „ChuckBerry hat viel aus den 20er und30er Jahren übernommen, hat esaber in ein neues rhythmischesGe wand gesteckt. Und er hat Jazz-Akkorde in seinen Rock ’n’ Rollmit hereingebracht. Solche schrä-gen Akkorde gab es zuvor nicht.“1980 kam die LP „Rock ’n’ Roll

Schuah“ heraus, und in der deut-schen Musikszene nahm die

„Neue Deutsche Welle“ Fahrt auf.So traf 1981 der auf Hochdeutschgesungene „Skandal im Sperrbe-zirk“ mit der neuen deutschenPoprichtung zusammen. Dass dasLied über die Prostituierte „Rosi“im Bayerischen Rundfunk nichtgespielt wurde, erhöhte nur des-sen Popularität: Die Nachfragenach der Single und der LP„Dolce vita“ stieg enorm. Wegendes Bannes für die „Rosi“ schobdie Band als weitere Single„Schickeria“ nach – ebenfalls mit

Top-Quoten. Die „Gang“ war nunabsolut top. Es lief richtig gut – ausgedehnte

Tourneen, Artikel in Jugend- undKlatschmagazinen, Gold- und Pla-tinplatten. 1983 kam der Spielfilm„Die Spider Murphy Gang“ in dieKinos, im gleichen Jahr tourte die„Gang“ als erste westdeutscheBand durch die DDR. Das 1984erAlbum „Scharf wia Peperoni“ ent-hielt unter anderem Franz Trojans

Erinnerung an die DDR-Tour„Mädchen drüben“, das er selbstgeschrieben und gesungen hat –eines von wenigen Stücken, dasnicht von Günther Sigl stammt.Zwar tourten die vier „Gang-

ster“ nach dem Abflauen der„Neuen Deutschen Welle“ weiter,doch die LP „Wahre Liebe“ (1985)und die Single-Auskopplung„Cadillac“ waren nicht mehr sonachgefragt. Die Jahre 1985 und1986 waren von Umstrukturie-rungen gekennzeichnet. Michael

Busse stieg aus der Band aus, dieTasten übernahm kurz Willy RayIngram, der zuvor die Band alsSaxofonist unterstützt hatte. Zum Zehnjährigen erschien

1987 die LP „Überdosis Rock ’n’Roll“ – mit dem neuen Keyboar-der Ludwig Seuss. Bei der näch-sten LP „In Flagranti“ (1989)wurde erstmals bei den Arrange-ments Willie Duncan genannt, derschon seit 1982 zur Spider-Crewgehörte und nun als Musiker indie Band hineinwuchs. Bei der1990er LP „Hokuspokus“ setztesich die Band aus Sigl, Gmell, Tro-jan, Seuss und Duncan zusam-men. Willy Ray Ingram kehrte indie USA zurück.Zwar landete die Band keine

Top-Hits mehr, tourte aber imganzen deutschsprachigen Raum.Franz Trojan schied 1992 aus, sei-nen Platz nahm Paul Dax ein.1996 stieß mit Otto Staniloi einMusiker hinzu, der die Bläser-parts übernahm. Da wird es rich-tig bayerisch, wenn Seuss dasAkkordeon spielt und Staniloi dieTuba bläst – wie etwa bei „Renate“auf dem 1997er Album „KeineLust auf schlechte Zeiten“.Nun, schlechte Zeiten hatten

die Spiders nicht, nur mit neuenLiedern ließen sie sich Zeit. Erst2002 brachten sie mit „RadioHitz“ ihr bisher letztes Album mitneuen Aufnahmen heraus. EinHöhepunkt zum 30. Jubiläum war2007 die Würdigung auf derHomepage von Chuck Berry alsVertreter von Chuck Berrys Artdes Rock ’n’ Roll. Im Juli 2016 kames zur bislang letzten Umbeset-zung mit Andreas Keller, der dasSchlagzeug übernahm. Ob es zum Jubiläum ein neues

Album gibt, ist noch in derSchwebe. Aber live sind die „Spi-ders“ weiter unterwegs – gemäßeines ihrer ersten Songs: „I ziagsnet aus meine Rock ’n’ Roll Schuah!“ Markus Bauer

Kein Ende der »Schickeria«So klingt Elvis auf Bayerisch – Die Münchener Band Spider Murphy Gang feiert ihr 40-jähriges Bestehen

Auch als Oldies gut in Schwung: Die drei Spiders Günther Sigl, Otto Staniloi und „Barney“ (v. l.)

Hoch erhobenen Hauptessteht Martin Luther vorseinem Kaiser und ande-

ren Obrigkeiten. Widerrufen?Niemals: „Hier stehe ich undkann nicht anders. Gott helfemir“, sagte er vor dem Reichstagzu Worms. Ein mutiges Wort, dasJahrhunderte überdauern wird.Ein Wort, das ihn den Kopf hättekosten können. Prompt wird derAufrührer aus Wittenberg als Ket-zer verdammt und für vogelfreierklärt. Wer war dieser

Mann? Ein schwermü-tiger Grübler oder einwacher Rebell? EinWutbürger oder Frei-geist? Vor Luther gibtes 500 Jahre nach des-sen Thesenanschlag andie Tür der Schlosskir-che zu Wittenbergauch im Fernsehenkein Entkommen. DasZDF rettet sich ineinen Abenteuerfilm(„Zwischen Himmelund Hölle“, 30. Okto -ber, 20.15 Uhr) mit Starbesetzung:Maximilian Brückner spielt Lu -ther, Joachim Król den ErzbischofAlbrecht, Rüdiger Vogler ist Kur-fürst Friedrich. TV-Wüterich Ar -min Rohde gibt brachial denAblasshändler Tetzel, der in Ta -lern wühlt und in den Kirchen zuAblasszahlungen aufruft: „Sobalddas Geld im Kasten klingt, dieSeele in den Himmel springt!“Wenn es doch so einfach wäre

mit der Rettung vor dem Fegefeu-

er. Der Mönch aus Wittenberg willnichts weniger als diese Aus-wüchse der katholischen Kirchebeenden. „Gott will nicht, dasswir uns fürchten. Er will, dass wirfrei sind!“ Im Versteck auf derWartburg beginnt er ein Mam-mutprojekt, das ihn unsterblichmachen wird: Er übersetzt dasNeue Testament erstmals insDeutsche, damit jedermann dieHeilige Schrift lesen kann. DerFilm endet mit den Bauernkrie-

gen, in denen Thomas Müntzer,einst Freund, dann Feind Luthers,zum Anführer der aufständischenBauern wird. Schlachtenlärm,Gemetzel, brennende Dörfer,geschundene Gesichter, die sichanklagend erheben – die Bild-sprache ist bei Mittelalter-Sujetsscheinbar vorgegeben. Einen Tag später der Luther-

Nachschlag: Das Dokudrama „DasLuther-Tribunal“ (Dienstag, 31.Oktober, 20.15 Uhr) fokussiert

sich auf jene zehn Tage im April,in denen Luther 1521 vor denReichstag in Worms zitiert wird.Die damals mächtigsten Männerauf deutschem Boden hatten sichin der Domstadt versammelt.Luther (Roman Knizka) gegenKaiser Karl V. aus dem Geschlechtder Habsburger, dem mächtigenHerrscher über zahlreiche König-reiche. Der Mönch übersteht diePrüfung, weil Landesherr Fried -rich der Weise den Rebellen unter

seinen Schutz stelltund auf die Wartburgentführen lässt. Ging der Historien-

film noch lässig mithistorischen Faktenum, so will das Doku-drama möglichst ge -nau sein. Ein Konflikt-punkt: Autor und Re -daktion hätten es gerngesehen, bei einer derAnhörungen Luthersauch Frauen ins Bildzu setzen. Der histori-sche Berater ProfessorHeinz Schilling hielt

dagegen: „Es war damals undenk-bar, dass aus der weiblichenBevölkerung irgendjemand denFuß über die Schwelle einerReichstagssitzung setzt, das wareine reine Männergesellschaft.“ Im Anschluss an das Dokudra-

ma wird um 22 Uhr aus Berlin einPop-Oratorium mit 4000 Sängernaus der Feder von Michael Kunzeübertragen. Es ist Glanz- undSchlusspunkt des Reformationsta-ges. Anne Martin

Als hätten wir ihn gerufen,scheint uns Jacopo Tinto-retto von seinem um 1547

geschaffen Selbstporträt mit gro-ßen Augen prüfend zu betrachten.Die Wissenschaftler sind sichnicht sicher, ob der Venezianer1518 oder 1519 geboren wurde.Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum feiert Tintorettos 500.Geburtstag mit einer Präsentationseines frühen Schaffens vor. Das Repertoire des 1594 gestor-

benen Venezianers umfasstbiblische und mythologischeStoffe, Heiligenbilder undPorträts. Zu TintorettosGemälden gesellen sicheinige Werke seiner Vorbil-der und Zeitgenossen.Auch sein Werkstattmitar-beiter Giovanni Galizzisteht im Blickpunkt.Jacopos Künstlername

„Tintoretto“ bedeutet „Fär-berlein“. So nannte er sich,weil sein Vater Tuchfärber war.Wegen seines bildnerischen Erfin-dungsreichtums gilt der Schnell-und Vielmaler als Genie. Er ver-blüfft den Betrachter immer wie-der durch die ungewöhnlicheBehandlung altbekannter Bildthe-men. In der ihm kürzlich neuzugeschriebenen „Fußwaschung“(um 1539) etwa beansprucht einauf seinem Stuhl ungebärdig zap-pelnder Apostel die Bildmitte. DieWissenschaftler vermuten in ihmein Selbstporträt Tintorettos. Daseigentliche Hauptthema des dieFüße seiner Jünger waschendenChristus aber ist in die rechte

Bild ecke gerückt. Dort blickt derHerr zu dem vor ihm sitzendenPetrus auf. Gern machte Tintoretto seine

Gemälde durch den Einsatz ele-ganter Damen oder freizügigerweiblicher Figuren aus mytholo-gischen Gefilden unwiderstehlich.Fast schon frivol, jedenfalls aberungewöhnlich geht es auf dem

Gemälde „Der heilige Ludwig, derheilige Georg und die Prinzessin“(1551) zu. Die Prinzessin reitetnämlich auf dem Drachen, dender Ritterheilige Georg zu ihrerRettung getötet hat. Sie blickt zudem über sie gebeugten Retterauf. Ihr Dekolleté spiegelt sich inseinem Brustpanzer, sodass uns

der gleiche Einblick wie Georgvergönnt ist. Spärlich bekleidetbis splitternackt präsentieren sichschließlich die Musikinstrumentespielenden Musen auf dem vonTintoretto und Werkstattmitarbei-tern um 1555 gemalten Bild, daszu den jüngsten der Schau zählt.Viele Gemälde zeichnet eine

theatralisch anmutende Gestikund Mimik der Akteure aus. AufTintorettos Bildvision vom „Sün-denfall“, die um 1551/52 entstan-den ist, verrät Eva eine hüllenlo-

se Eitelkeit: Sie hat sich dieHaare blondiert und mitHilfe kleiner Zweige hoch-gesteckt. Eva umschlingtmit dem rechten Arm denBaumstamm, an dem dieSchlange lauert, und bietetAdam verführerisch denApfel in ihrer Linken an.Noch zögert er, das sündi-ge Angebot anzunehmen,

wie seine ans Kinn gelegteHand verrät. Das Gemälde

bewertet schon Tintorettos Bio-graf Carlo Ridolfi (1594–1658) alseines seiner Hauptwerke. Diesesallein hätte laut Ridolfi ausge-reicht, Tintorettos Ruhm zubegründen. Veit-Mario Thiede

Bis 28. Januar im Wallraf-Rich-artz-Museum, Obenmarspforten,Köln, geöffnet Dienstag bis Sonn-tag 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 13Euro. Telefon (0221) 22121119,Internet: www.wallraf.museum.Der Katalog aus dem Hirmer Ver-lag kostet im Museum 35 Euro, imBuchhandel 45 Euro

Tintoretto: „Deukalion undPyrrha beten vor der Statueder Göttin Themis“, 1541/42

Bauernopfer: Schlacht von Frankenhausen im ZDF

Filmkunst vonOstseeanrainernLübeck − Die traditionsreichenNordischen Filmtage Lübeck, dieseit 1956 stattfinden, gehen vom 1. bis 5. November in ihre 59.Runde. An den fünf Tagen werden195 Filme aus skandinavischensowie Ostseeländern gezeigt undein mit 12 500 Euro dotierterFilmpreis vergeben. Internet:www.luebeck.de/filmtage/de tws

KULTUR

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Luthers SchlachtenSpielfilm, Doku, Oratorium – So findet im ZDF die Reformation statt

Die Mythen des FärberleinsWerke des venezianischen Künstlers Tintoretto in Köln ausgestellt

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Lübeck − Das Buddenbrookhaussoll baulich um sein Nachbar-grundstück erweitert werden undeine neue Dauerausstellung er -halten. Beides, Architektur undAusstellung, wird nun in einemWettbewerb europaweit ausge-schrieben. Bis zum 20. De zemberkönnen Wettbewerbsbeiträge ein-gereicht werden, im März 2018wird das Preisgericht über diebesten Entwürfe entscheiden. tws

Thomas Manns neue Nachbarn

Page 10: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

10 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Die Freier kamen aus den besten KreisenBis heute ist der Mörder der Hure Rosemarie Nitribitt nicht bekannt

Es war ein Skandal, der gar nichtgenug aufgebauscht werden konn-te. Er platzte hinein in die Idyllevon Nierentisch und Tütenlampe.Der Skandal hatte einen Namen:Rosemarie Nitribitt. Die hatte sicheinen Namen gemacht als soge-nannte Edelhure. Als ihr Nameallgemein bekannt wurde, war sietot. Das ist jetzt 60 Jahre her.

Ein schwarzes Mercedes-Coupé190 SL mit roten Sitzen, ein wei-ßer Pudel und ein dicker Brillan-tring, das waren Markenzeichender Prostituierten Rosemarie Ni-tribitt in Frankfurt. IhreFreier reisten aus denbesten Kreisen an. Auserbärmlichsten Ver-hältnissen hatte sichdas Mädchen Rosema-rie hochgearbeitet. Siescheffelte Geld undtrug ihren Reichtumzur Schau. Das war dieGeschichte, die zumsogenannten Wirt-schaftswunder der jun-gen Bundesrepublikpasste. So richtig be-kannt wurde das alleserst, als Rosemarie Ni-tribitt gewürgt und er-schlagen am 1. Novem-ber 1957 in ihrem Lu-xus-Appartement auf-gefunden worden war.Da war sie wahrschein-lich bereits 20 bis30 Stunden tot. Das bundesdeutsche

Publikum, das nochzüchtig mit dem soge-nannten Kuppelpara-grafen lebte, der Ver-mietern Strafe androh-te, sollten sie eineWohnung einem unver-heirateten Paar über-lassen oder Damen-beziehungsweise Her-renbesuch nach 22 Uhrdulden, berauschtesich an dem Schlüssel-loch-Skandal. Zeitungen und Illu-strierte machten sich darüber her.Die Illustrierte „Quick“ warb denHauptverdächtigen des Mordes

für eine Enthüllungsstory an undsetzte 50000 D-Mark für die Er-greifung des Mörders aus. Film-produzenten eigneten sich denStoff an und füllten die Kinos. DerFall wurde zur Vorlage für Romanund Musical. Täglich tauchten neue Namen

auf, Namen aus höchsten Kreisen.Das machte die Geschichte pi-kant. Die Polizei ermittelte gegenProminente, Vertreter des „Wirt-schaftswunders“ schlechthin. Ha-rald von Bohlen und Halbach wardabei, Harald Quandt, Ernst Wil-helm Sachs, sein Bruder Gunter

Sachs. So ganz abwegig dürftendie vermuteten Beziehungennicht gewesen sein. Jahrzehntenach dem Mord wurden Liebes-

briefe veröffentlicht, die Haraldvon Bohlen und Halbach an Rose-marie Nitribitt, sein „Fohlen“, ge-schrieben hatte. Für andere Beziehungen bis in

die Spitze der Bonner Politik feh-len die Nachweise. Hartnäckig im-mer wieder genannt wurden dieNamen des damaligen Bundes-verkehrsministers Hans-Chri-stoph Seebohm und des späterenBundeskanzlers Kurt Georg Kie-singer. Für die Geschichte genüg-te es, dass diese prominenten Na-men mit Rosemarie Nitribitt inVerbindung gebracht wurden.

Das Mädchen Rosemarie hatte esvon ganz unter nach ganz oben ge-schafft, das war die Botschaft, dieman hören wollte.

Das Mädchen Rosemarie, wiesie sich selbst nannte, wurde am1. Februar 1933 in der Eifel gebo-ren. Die Mutter gab ihr den Na-men Maria Rosa-lia Auguste, denVater hat dasMädchen niemalskennengelernt. Erweigerte sich,Unterhalt zu zah-len. Nicht das al-lein machte die Kindheit in Düs-seldorf und Ratingen prekär. DieMutter wurde mehrfach zu Haft-strafen verurteilt. Das Mädchen,

das gemeinsam mit zwei Halb-schwestern verschiedener Väteraufwuchs, steckte man 1937„wegen Verwahrlosung“ in ein Er-

ziehungsheim. Sie machte sichheimlich davon. Eine Pflegefamilienahm das Mädchen auf. Als es elfJahre alt war, vergewaltigte ein 18-

Jähriger das Kind. Die Tat wurdenicht angezeigt.Nur wenig älter, begann sie sich

gegen Geld und Naturalien zu ver-kaufen, häufig an fran-zösische Soldaten. Mit14 Jahren ließ sie abtrei-ben. Sie wurde immerwieder in Erziehungs-heime und Verwahran-stalten eingewiesen,stand im Ruf, nicht er-ziehbar zu sein. Mehr-fach riss sie aus. Wenigerfolgreich versuchte siesich als Kellnerin undMannequin in Frankfurtdurchzuschlagen. Geldverdiente sie nur, wennsie anschaffte. Da kamsie auch ohne Zuhälterzurecht. Als RosemarieNitribitt 19 Jahre alt war,wurde sie abermals auf-gegriffen und in die„Rheinische Landes-Ar-beitsanstalt Brauweiler“eingewiesen. Dort bliebsie ein Jahr weggesperrt. Wieder im Geschäft,

arbeitete Rosemarie Ni-tribitt hart daran, ihreDefizite in Bildung undBenehmen auszuglei-chen. Sie besuchte Be-nimm-Kurse, lernteEnglisch und Franzö-sisch. Und machte Kar-riere als Hure. Kundenund Bekannte zeichne-ten später ein höchstunterschiedliches Bild.Sie wurde als charmant

beschrieben und gleichzeitig alsvulgär, als mädchenhaft und abge-brüht, als geizig und verschwende-risch. Offenbar spielte Rosemarie

Nitribitt jede Rolle, für die man siebezahlte. Das lohnte sich. Ein Kun-de schenkte ihr einen Opel Kapi-tän, andere luden sie zum Urlaub

am Mittelmeerein, Dinge, vondenen dieBund es bü rg e rm e h r h e i t l i c hnicht einmal zuträumen wagten.Nach Ermittlun-

gen der Kriminalpolizei Frankfurtkassierte Nitribitt im letzten Le-bensjahr 90000 Mark, damals einungeheuerliches Einkommen. Nurwenige ihrer Kunden waren ver-mögender. Die Mutter der 24-Jäh-ringen erbte 120000 Mark.Bei dem Versuch, den Tod Rose-

marie Nitribitts aufzuklären, wardie Kriminalpolizei immer wiederauf prominente Namen aus Wirt-schaft und Politik der Bonner Re-publik gestoßen. Da der Mördernicht überführt werden konnte,kam der Verdacht auf, einflussrei-che Kreise verhinderten die Auf-klärung. Angeklagt wurde schließlich der

Handelsvertreter Heinz ChristianPohlmann, ein winziger Fisch inder Riege der großen Namen. BeiPohlmann wurde sehr viel Geld ge-funden, das vermutlich aus einerblauen Kassette im Wohnzimmer-schrank der Nitribitt stammte.Mangels Beweisen wurde Pohl-mann 1960 freigesprochen. SeinVerteidiger, der spätere bayerischeInnenminister Alfred Seidl, hatteder Polizei erhebliche Fehler beider Feststellung der Todeszeitnachgewiesen. So wurde niemalsermittelt, wer Rosemarie Nitribittumbrachte und ihr nach der Tat einrosa Frottierhandtuch unter denKopf gelegt hatte. Erst 2007 überführte das Krimi-

nalmuseum Frankfurt den SchädelNitribitts nach Düsseldorf, wo dieTote beigesetzt worden war. Bis da-hin war der Schädel zu Lehrzwek-ken aufbewahrt worden.Und schließlich fanden sich 2013

im Archiv der Frankfurter Polizeidie lange vermissten Akten zu demMordfall. Sie waren dort vergessenworden. Klaus J. Groth

Vor 60 Jahren wurde ErichMielke zum Minister fürStaatssicherheit ernannt.

Anschließend verwandelte er dieDDR in einen weltweit einzigarti-gen Überwachungsstaat. Hier-durch sicherte er 32 Jahre lang dieHerrschaft der SED-Führung inOst-Berlin.Im Juni 1945 kehrte der fanati-

sche Kommunist und Polizisten-mörder Mielke nach 14-jährigemExil in seine Geburtsstadt Berlinzurück. Kurz darauf ernannte Wal-ter Ulbricht, der Statthalter Mo-skaus in der Sowjetischen Besat-zungszone, ihn zum Leiter der Po-lizei-Inspektion Lichtenberg. Demfolgte ein Karriereschub ohneglei-chen. Innerhalb nur eines Jahresreüssierte der gelernte Speditions-kaufmann zum Vizepräsidentender Deutschen Verwaltung des In-nern sowie Abteilungsleiter für Po-lizei und Justiz im Zentralkomiteeder KPD. In dieser Position arbei-tete Mielke mit aller Macht daraufhin, einen eigenständigen Ge-heimdienst auf mitteldeutschemBoden aufzubauen. Die entschei-dendste Weichenstellung hierzuerfolgte am 28. Dezember 1948,seinem 41. Geburtstag, als das Po-litbüro des ZK der KPdSU in Mo-skau die diesbezüglichen Pläne ab-segnete.

Als Keimzelle der späteren Sta-si dienten zunächst Mielkes Kom-missariat 5 sowie die ihm unter-stehende Hauptverwaltung zumSchutze der Volkswirtschaft, dieam 12. Oktober 1949 gegründetwurde. Wenig später, am 18. Fe-bruar 1950, wertete der DDR-Prä-sident Wilhelm Pieck letztere perGesetz zum „Ministerium fürStaatssicherheit“ (MfS) auf. Damitwäre Mielke eigentlich der lo-gischste Kandidat für den Postendes Ministers gewesen. Doch denerhielt überraschend der Quer -einsteiger Wilhelm Zaisser. Denndieser hatte mehr Fürsprecher imKreml, weil er früher gleich fürzwei sowjetische Geheimdienste,den militärischen Nachrichten-dienst GRU und den Kurier- undNachrichtendienst der KominternOMS, spioniert hatte. Wenigstenswurde Mielke Staatssekretär undStellvertreter Zaissers. Als sol-cher zeichnete er sowohl für dieoperative Tätigkeit des MfS alsauch dessen systematischen Aus-bau verantwortlich. Dabei hoffteder ehrgeizige Vollblut-„Tsche-kist“ auf den Aufstieg an die Spit-ze des Stasi-Imperiums. Und derschien dann tatsächlich zumGreifen nahe, als Zaisser wegenseines angeblichen Versagens imVorfeld des Volksaufstandes vom

17. Juni 1953 abgesetzt wurde.Sein Ministerium wurde zu ei-nem Staatssekretariat (SfS) herab-gestuft und dem Innenministe-rium unterstellt.Doch wiederum erhielt mit

Ernst Wollweber ein ehemaligerAgent der Sowjets den Vorzug.Der Ex-NKWD-Mann stand je-doch auf ziemlichverlorenem Po-sten, weil Ul -bricht nicht ganzzu Unrecht ver-mutete, dass erwie sein Vorgän-ger große eigeneMachtambitionenverfolgte. Unddann erlitt Woll-weber auch nocheinen Herzin-farkt, von dem ersich nie wirklicherholte. Damitschlug nun end-lich die Stunde von Erich Mielke.Im Sommer 1957 übernahm erdie Amtsgeschäfte Wollwebers.Allerdings fehlte ihm noch derSegen Moskaus. Den erlangte erkurz darauf während einer Visitedes KGB-Chefs Iwan Serow inOst-Berlin. Dem Vernehmen nachsoll Mielke seinen Amtskollegen

damals förmlich mit Geschenkenüberhäuft haben. Nach dem Plazet der Sowjets

fand zum 1. November 1957 dieformelle Ernennung durch denMinisterpräsidenten Otto Grote-wohl zum Chef der Staatssicher-heit statt, die seit 1955 wieder ein

Ministerium war.Im Gegensatz zuseinen glücklosenVorgängern solltees Mielke gelin-gen, 32 Jahre andessen Spitze zuverbleiben unddabei den Rangeines Armeegene-rals zu erreichen,weil er anders alsseine Vorgängerstrikt nach demPrinzip verfuhr,dass das MfS dasmacht, „was diePartei von derStaatssicherheit

fordert und gar nichts anderes“.Die Stasi mutierte dadurch nuntatsächlich ohne Wenn und Aberzum „Schild und Schwert“ derSED, zur entscheidenden Stützedes Regimes in Ost-Berlin.Um diese Aufgabe in jeder Situ-

ation erfüllen zu können und keineNeuauflage des 17. Juni zu erleben,

die ihn bestimmt das Ministeramtgekostet hätte, baute Mielke dengeheimen Sicherheitsapparat derDDR in einem solchen Maße aus,dass die Überwachungsdichte amEnde größer war als in jedem an-deren Staat der Welt, die Sowjetu-nion und das Dritte Reich einge-schlossen. Auf 180 Bürger kam einGeheimdienstler. Bis zu seinem er-zwungenen Rücktritt am 7. No-vember 1989 stockte Mielke dieZahl der hauptamtlichen Mitarbei-ter des Ministeriums für Staatssi-cherheit von 14000 auf 91000 auf.Dazu kamen rund 180000 Inoffi-zielle Mitarbeiter (IM). Gleichzei-tig expandierte der zentraleDienstsitz des MfS in der BerlinerNormannenstraße, bis er sich zu-letzt über zwei Quadratkilometererstreckte.Mielkes Credo lautete: „Genos-

sen, wir müssen alles wissen!“ AlsResultat dieser paranoiden Kon-trollsucht gegenüber der eigenenBevölkerung entstand eine giganti-sche Anzahl von Akten, von denenheute trotz umfangreicher Ver-nichtungsmaßnahmen zur Zeit dersogenannten Wende immer noch180 laufende Kilometer existieren.Während seiner Zeit als Mini-

ster legte der nur 1,63 Meter großeMann, der von seinen ehemaligenMitarbeitern als pedantischer, un-

gehobelter und wenig gebildeterMisanthrop charakterisiert wurde,einen bemerkenswerten Aufstiegin der DDR-Hierarchie hin. Wichti-ge Meilensteine desselben warendie Ernennung zum Mitglied desNationalen Verteidigungsrates1960 und zum Vollmitglied des Po-litbüros des Zentralkomitees derSED 1976.Da Mielkes Loyalität stets dem

Amt und nicht der Person desStaats- und Parteichefs galt, hatteer kein Problem damit, dass ErichHonecker 1971 an die Stelle seinesalten Förderers Ulbricht trat.Allerdings kritisierte Mielke späterHoneckers Kurs der Öffnung nachWesten, weil diese der „politisch-ideologischen Diversion“ Tür undTor zu öffnen schien. Ebenso wet-terte der mit vier Lenin-Orden de-korierte „Held der Sowjetunion“heftig gegen Michail Gorbat-schows Politik der Perestroika,weil er beizeiten ahnte, welcheFolgen diese haben würde. Davonzeugt beispielsweise seine ein-dringliche Warnung an die Adres-se des KGB-Generals Sergej Kon-draschow: „Gorbatschow und eureFührung sollten begreifen, dassdamit die Deutsche Demokrati-sche Republik zerschmettertwird.“ Und genauso kam es jadann auch. Wolfgang Kaufmann

GESCHICHTE & PREUSSEN

»Genossen, wir müssen alles wissen!«Vor 60 Jahren wurde Erich Mielke vom DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl zum Minister für Staatssicherheit ernannt

Wohl niemand verkörpert die Schattenseiteund die Doppelmoral der Ära des deutschen»Wirtschaftswunders« so prominent wie sie

Mit ihrem schwarzen Mercedes 190 SL mit roten Sitzen und einem weißen Pudel: Rosemarie Nitribitt Bild: action press

Erich Mielke Bild: pa

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PREUSSEN Nr. 43 – 27. Oktober 2017 11GESCHICHTE & PREUSSEN

Der große Gegenspieler Mao Tse-tungsVor 130 Jahren wurde der Generalissimus und Präsident der Republik China, Tschiang Kai-schek, geboren

Tschiang Kai-schek, der großeGegenspieler MaoTse-tungs, wur-de vor 130 Jahren, am 31. Oktober1887, in einer Provinz an der Ost-küste Chinas geboren. Tschiangstarb am 5. April 1975 im Altervon 87 Jahren auf Taiwan, nur einJahr vor Mao. Noch in seinem Te-stament sprach Tschiang von der„heiligen Aufgabe der Vernichtungdes Kommunismus“.

Mao bezeichnete Tschiang Kai-schek gegenüber dem japanischenMinisterpräsidenten Tanaka Ka-kuei als „einen Mordskerl, der nie-mals aufgibt“. Damit hatte Maozweifellos recht. Noch in seinemVermächtnis vom 29. März 1975schrieb Tschiang Kai-schek: „Dadie heilige Aufgabe der Vernich-tung des Kommunismus und dieRückgewinnung des Festlandesimmer mehr an Bedeutung gewin-nen, sollten die Moral und derGlaube des Volkes und meiner Ge-fährten unter keinen Umständendurch mein Ableben erschüttertwerden.“ Die „Rückgewinnung“des Festlandes blieb zwar einTraum, aber bis heute hat Taiwan,das offiziell „Republik China“heißt, bewundernswert Stand ge-halten gegenüber der immermächtiger werdenden Volksrepu-blik China.Tschiang kam in dem kleinen

Ort Xikou in der am ostchinesi-schen Meer gelegenen ProvinzZhejiang zur Welt. Er wurde einerder wichtigsten chinesischen Poli-tiker und Militärführer im20. Jahrhundert, eine welthistori-sche Persönlichkeit. Dass es mitAusnahme des schon 1976 er-schienenen Werkes von Friedrich-Wilhelm Schlomann „Tschiang Kaischek. Ein Leben für China“ keineeinzige deutsche Biografie überden bedeutenden chinesischenStaatsmann gibt, ist eigentlich un-fassbar. Es decouvriert die Igno-ranz und auch politische Einäugig-keit in der deutschen Politik- undGeschichtswissenschaft, aber auchin der Zunft der Sinologen. Umsoverdienstvoller ist das Werk Schlo-manns. Es gibt zudem mehrereenglischsprachige Biografien überTschiang Kai-schek.Tschiang hatte sich früh für eine

Offizierslaufbahn entschieden. Ab1907 konnte er in Japan eine Mili-tärausbildung absolvieren. Dortbegegnete er auch dem „Vater derRevolution“ gegen die chinesischeKaiserdynastie, Sun Yat-sen (siehePAZ Nr. 45/2016). Tschiang wurdeMitglied im „Chinesischen Revolu-tionsbund“. In Wuchang brach am10. Oktober 1911 ein Aufstand ge-gen die seit 1644 herrschendemandschurische Qing-Dynastie

los. Bis heute ist der 10. OktoberNationalfeiertag in Taiwan. Am29. Dezember 1911 wurde Sun Yat-sen in Nanking zum provisori-schen Präsidenten gewählt. Langekonnte er das Amt nicht inneha-ben. Tschiang wirkte als sein Bera-ter und Sekretär. Es kam zu einem Zweckbündnis

zwischen der von Sun Yat-sen ge-gründeten Natio-nalpartei Kuomin-tang (KMT) und derKommunistischenPartei Chinas(KPCh). Die KPChhabe im Schutz derKMT wachsen wol-len, um dann in ei-ner sozialistischenRevolution dieMacht zu erobern,erklärt der Sinolo-ge Kai Vogelsang.Die KMT wiede-rum habe vom Ein-fluss der KPCh aufdie Arbeiter sowievon einer finanziel-len und militäri-schen Unterstüt-zung Moskaus pro-fitieren wollen. Tschiang leitete

die MilitärakademieWhampoa. Mit demTod von Sun 1925verloren die Revolu-tion sowie die KMTund die KPCh ihreIntegrationsfigur.1926 rief Tschiangdas Kriegsrecht ausund ließ sowjeti-sche Berater verhaf-ten. Seine Truppenveranstalteten unterKommunisten inSchanghai ein Mas-saker. Zugleich be-gann er den Nord-feldzug, um Chinazu einigen. Im Dezember

1927 heirate Tschi-ang Song Meiling,die in den USA auf-gewachsene jünge-re Schwester vonSuns Witwe SongQingling. Sie wurdeseine wichtigeaußenpol i t ischeBeraterin. 1928 eroberte Tschiang Peking.

Doch das riesige Reich blieb wei-ter zerstritten. Mao verkündete1927: „Regierungsmacht kommtaus dem Lauf der Gewehre.“ RoteGarden veranstalteten ebenfallsMassaker. Bei einem roten Terrorin Hailufeng wurden 10000 Men-schen abgeschlachtet. Mao formte

die Rote Armee. Schon 1930 ließer dabei 4400 ihm unliebsame Of-fiziere und Soldaten hinrichten. Tschiang hätte die Kommunisten

besiegt, wäre nicht der Angriff derJapaner erfolgt. 1937 begann derZweite Weltkrieg in Ostasien.Nach dem Sieg über die Japaner,der den USA zu verdanken war,ging der Krieg zwischen den KMT-

und den KPCh-Truppen weiter.Moskau gewährte Maos Armee inder Mandschurei Unterschlupf.Von dort aus begannen die Kom-munisten ihren Siegeszug. Im Zweiten Weltkrieg starben 15

bis 20 Millionen Chinesen. DerBürgerkrieg zwischen 1946 und1949 kostete weiteren zwei bis dreiMillionen Menschen das Leben.

Der unterlegene Tschiang Kai-schek floh mit rund zwei Millio-nen seiner Anhänger nach Taiwan.Ohne Tschiangs Entscheidung,

sich nach Taiwan zurückzuziehenund dieses sowie vorgelagerte In-seln zäh zu verteidigen, wärenauch die heute 23 Millionen Men-schen auf Taiwan von der Volksre-publik einverleibt worden und ge-

nössen nicht die Freiheit und De-mokratie, die sie inzwischen ha-ben. Und wenngleich Tschiangund seine KMT auf Taiwan auchdiktatorisch regierten: Mit einemMassenmörder wie Mao, demschon in den 50er Jahren bei sei-nem „Großen Sprung nach vorn“Dutzende von Millionen Chinesenzum Opfer fielen, kann man Tschi-

ang nicht vergleichen. Maos Kul-turrevolution kostete weiteren 1,5bis 1,8 Millionen Menschen dasLeben.Der frühere US-Diplomat Jay

Taylor schreibt in seiner 2009 er-schienenen Biografie „The Gene-ralissimo. Chiang Kai-shek and theStruggle for Modern China“ überTschiang: „Er war ein modernisie-

render Neo-Konfu-zianer, der sich fürFrauenrechte ein-setzte …, und er warein starker Natio-nalist, erbittertüber die früherenDemütigungen Chi-nas durch denWesten, aber esmachte ihm nichtdas Geringste aus,dass alle seine En-kel Eurasier wa-ren.“ Und: „Er hattewenig Charismaund wurde im All-gemeinen von sei-nen Kollegen nichtgemocht, aber sei-ne Entschlossen-heit, sein Mut undseine Unbestech-lichkeit machtenihn zeitweilig weit-hin populär.“ Sei-nen Tagebüchernzufolge sei Tschi-ang gläubigerChrist gewesen.Wenn es aber umdas Überleben derNation, deren Ein-heit oder seine ei-gene Herrschaft ge-gangen sei, habe erauch grausameHandlungen ge-rechtfertigt.In Taiwan ist bis

heute die Verant-wortung Tschiangsfür die Ereignisseam 28. Februar1947 umstritten, alses zu einer brutalenNiederschlagungvon Protesten derTaiwaner durchden vom Festlandstammenden Gou-verneur Chen Yikam. Tschiang

selbst befand sich zu dem Zeit-punkt noch auf dem Festland. Einoffizieller Untersuchungsberichtaus dem Jahr 1992 schätzt 18000bis 28000 Todesopfer. Zwischen1950 und 1987 sollen außerdembis zu 4000 Personen aus politi-schen Gründen exekutiert undZehntausende inhaftiert wordensein. Michael Leh

Falls man heutzutage über-haupt noch von Oppositionund Widerstand jenseits der

vor 28 Jahren gefallenen BerlinerMauer spricht, wird durchwegnur an die Bürgerrechtler von1989 gedacht. Ihr Verhalten in Eh-ren, doch sie wollten zumeist le-diglich eine „menschlichereDDR“. Vergessen sind indes dieMenschen, die ab 1948 in den il-legalen Widerstand gingen. Esdürfte aus der heutigen Sicht mitihrem sehr verbreiteten Egoismusund Materialismus kaum glaub-haft erscheinen, wie viele Männerund Frauen damals in ihrer Sehn-sucht nach Freiheit und derWiedervereinigung ihres Vater-landes die SED-Diktatur be-kämpften. Sie wussten, was sie ta-ten und welches Schicksal viel-

leicht auf sie wartete, sie folgtenlediglich ihrem Gewissen. Vieleillegale Widerstandsgruppen sindnie bekannt geworden, doch al-lein die Zahl derjenigen DDR-Be-wohner, die in Verbindung zu frei-heitlichen Organisationen inWest-Berlin stan-den, dürfte weitüber 10000 gele-gen haben. Wohl die mei-

sten von ihnenwurden im Laufeder Jahre von derStasi aufgespürt, nicht wenige ka-men – wenn überhaupt –menschlich zerbrochen aus Baut-zen und Hoheneck zurück. Man-che von ihnen konnten indes ih-rer drohenden Verhaftung entge-hen und West-Berlin erreichen.

Doch in der Bundesrepublikkümmerte sich zumindest in denAnfangsjahren kaum jemand umsie und um ihr weiteres Schicksal.Wohl jedes Volk dieser Erde hättejene, die ihr Leben einsetzten fürihr Land, geachtet und geehrt. In

Deutschland hingegen werden sieaus welchen Gründen auch im-mer totgeschwiegen. Von sehr we-nigen Ausnahmen abgesehen, istihr Einsatz auch in der Forschungund der historischen Wissen-schaft praktisch vergessen. Dies

gilt selbst für die CDU und eben-so für die SPD, die eigentlichdoch stolz auf ihre Mitglieder„drüben“ sein müssten. Tatsächlich bekamen diese

Män ner und Frauen des illegalenWi derstands von offizieller Seite

bis zum heutigenTage nicht einmalein – zudem ko-stenloses – „Dan-ke“. Es gab des-halb Briefe anBundespräsidentJoachim Gauck,

deren Echo nur die üblichennichtssagenden Floskeln erhielt.Soweit bekannt, hat er zwar über-aus vielen Menschen die Händegereicht, aber keinem DDR-Inhaf-tierten oder gar einer Person desillegalen Widerstandes. Inhalts-

ähnliche Hinweise an denBundestagspräsidenten bekamenkeinerlei Antwort, selbst als aus-ländische Zeitungen ein solchesSchreiben an ihn abdruckten undauch von dort deutliche Wortevon Universitäten kamen. Ein sol-ches Verhalten ist wohl typischfür die politische Kultur und Mo-ral im heutigen Deutschland. Diemeisten jener Menschen von da-mals sind längst verstorben. Dieletzten, die heute enttäuscht vonihren einstigen Idealen, verbittertund zurückgezogen leben, wer-den in den nächsten Jahren dieWelt verlas sen. Ein recht kostba-res und stolzes Blatt deutscherDDR-Geschichte wird durchwegleer und ungeschrieben zurück -bleiben.Friedrich-Wilhelm Schlomann

Verschwiegene Helden28 Jahre nach dem Fall der Mauer wird der illegale Widerstand in der DDR weitgehend ignoriert

DHM feiert 30. Jubiläum

Mit einem Museumsfest feiertdas Deutsche Historische

Museum (DHM), Unter den Lin-den 2, 10117 Berlin, am Sonntag,den 29. Oktober sein 30-jährigesBestehen. Den ganzen Tag gibt esbei freiem Eintritt ein buntes Pro-gramm mit Musik, Humor, Podi-umsdiskussion, Sonderführungenund Film. Zur Eröffnung des Fests disku-

tieren internationale Gäste aus Po-litik, Wissenschaft und Kultur imSchlüterhof das Thema „Deutsch-land und Europa, wohin?“. Histo-rische Umbrüche und ihre Aus-wirkungen auf die Gegenwart,Fragen zur momentanen Sicher-heit, Immigration, Finanzen sowiedie Perspektiven der Vergangen-heit und ihre Folgen für das heuti-ge Europa stehen im Mittelpunktder Podiumsdiskussion. Die Mati-nee findet statt in Kooperation mitdem Magazin „Zeit Geschichte“. Am Nachmittag unterhalten der

Komiker Mark Britton und dieBand Ørban Ears das Publikum. Invielfältigen Führungen gebenDHM-Mitarbeiter Einblicke in die30-jährige Sammlungsarbeit desMuseums. Sie stellen außerge-wöhnliche Objekte vor, erzählenaus den Werkstätten der Restaura-toren und führen durch die Dau-erausstellung sowie die Sonder-ausstellungen „Die Erfindung derPressefotografie. Aus der Samm-lung Ullstein 1894–1945“, „Giernach neuen Bildern. Flugblatt, Bil-derbogen, Comicstrip“ sowie„1917. Revolution. Russland undEuropa“. Das Museumsfest bietetein Programm für die ganze Fami-lie mit einer Fotostation mit histo-rischen Kostümen, einer Mu-seumsrallye und Führungen fürKinder und Jugendliche. DasZeughauskino zeigt Verfilmungender berühmtesten Romane von Er-ich Kästner.Das DHM wurde 1987 anläss-

lich der 750-Jahr-Feier der StadtBerlin von der BundesrepublikDeutschland und dem Land Berlingegründet. Im Rahmen des Ver-trags zur deutschen Wiederverei-nigung wurden die Gebäude undSammlungen des Museums fürDeutsche Geschichte (MfDG), deszentralen Geschichtsmuseums derDDR, in den Besitz des DeutschenHistorischen Museums überführt.So wurde das DHM Museum mitder Vereinigung 1990 zu einemgesamtdeutschen Museum für Ge-schichte. PAZ

Sprachrohr derVertriebenen

Vor 60 Jahren wurde der Bundder Vertriebenen gegründet.

Nach der Besetzung Deutschlandshatten die Alliierten Zusammen-schlüsse von Vertriebenen undFlüchtlingen untersagt. In der so-wjetischen Besatzungszone bezie-hungsweise der DDR blieb diesesso bis zu deren Ende. Dort gab esnämlich keine Vertriebenen, weilnicht sein kann, was nicht seindarf, sondern nur „Umsiedler“und „Neubürger“, deren Einbin-dung 1952/53 für abgeschlossenerklärt wurde. In den Westzonenhingegen wurde das Verbot Mitte1948 aufgehoben. Es fand sowohleine Organisation nach demWohnort in Regional- und Landes-verbänden als auch nach der Hei-mat in Landsmannschaften statt.Im Jahr der Gründung derBundesrepublik entstanden mitdem Zentralverband der vertrie-benen Deutschen (ZvD) und denVereinigten Ostdeutschen Lands-mannschaften (VOL) gleich zweiDachverbände. Der ZvD war amWohnort, der VOL an der Heimatorientiert. Am 27. Oktober 1957schlossen sich die konkurrieren-den Dachverbände zum Bund derVertriebenen, Vereinigte Lands-mannschaften und Landesverbän-de (BdV) zusammen. PAZ

Wenn überhaupt wird höchstens der Bürgerrechtler von 1989 gedacht und damit

der systemimmanenten Opposition

In Generalsuniform 1943: Tschiang Kai-schek Bild: CF

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12 Nr. 43 – 27. Oktober 2017 MENSCH & ZEIT

Eines muss man dem ameri-kanischen Präsidenten Do-nald Trump neidlos zuge-

stehen: Er schafft Arbeitsplätze –auch und gerade in Deutschland.Als „Trump-Experte“ können nunselbst Schwervermittelbare aufdem Arbeitsmarkt reüssieren undmit Klatsch und Tratsch – pardonAnalysen – rund um das Treibendes ärgsten Albtraums aller Poli-tisch Korrekten ein regelmäßigesEinkommen erzielen. Ebenso bie-ten sich neue Chancen für die fru-strierten Vertreter des staatstra-genden Mainstream-Journalis-mus. Selbige waren ja gezwungen,ihren sorgsam kultivierten Anti-Amerikanismus aus Bush-Tagenan die Kette zu legen, als der ju-venile schwarze Messias Obamaan die Macht gelangte. Deshalbdürfen sie jetzt aufatmen, weil imWeißen Haus wieder ein ebensoweißer alter Mann herumlüm-melt, der zudem auch noch be-kennender Heterosexueller ist.Dabei haben die Trump-Erklä-

rer meist wenig Lust, kompliziertepolitische Themen zu behandeln.Also konzentrieren sie sich auf di-verse Petitessen wie Trumps Fri-sur, Trumps Freizeitaktivitäten,Trumps neuesten Versprecheroder Trumps Äußerungen überFrauen und andere „unterdrückteMinderheiten“.

71 Jahre alt ist der Kerl mittler-weile. Ein Verfallsdatum für ver-bale Trump-Entgleisungen gibt esanscheinend nicht. Manches, wasihm angedichtet wird, liegt schonlänger zurück als Angela MerkelsFDJ-Karriere zu Zeiten des seli-gen Erich Honecker, der übrigensvon der bundesdeutschen Pressemit mehr Hochachtung behandeltwurde als der jet-zige US-Präsi-dent.Die Beschäfti-

gung mit den ver-schiedenen Facet-ten des Phäno-mens DonaldJohn Trump hat solche Ausmaßeangenommen, dass quasi eineneue politische Wissenschaft ent-standen ist: Nennen wir sie Trum-pologie. Ja, mehr noch! Inzwi-schen existieren sogar schon di-verse Unterdisziplinen. Eine da-von ist die Trumpophobenkunde.Die generiert permanent Aufli-stungen all der angeblichen Pro-minenten und Künstler, welchezum „Widerstand“ gegen den Prä-sidenten aufrufen oder ihn ein-fach nur hassen, weil er meint, ge-legentlich müssten auch mal dieInteressen der arbeitenden Mehr-heit berücksichtigt werden. Dannwären da noch die Trumpono-men: Deren Forschungsziel be-

steht in der Durchleuchtung derfinanziellen Verhältnisse des„mächtigsten Mannes der Welt“,welche je nach Opportunität alsblamabel schlecht oder obszöngut dargestellt werden.Viele Anhänger hat zudem

auch die Vergleichende Trumpo-logie gefunden. Deren Adeptenversuchen herauszufinden, ob

der Washingto-ner Blondschopfnun schlimmersei als die nord-koreanische Bri-kettfrisur KimJong-un odernicht. Dabei lan-

det der muntere Asiate oft sogardann auf Platz Zwei, wenn er ge-rade wieder eine neue Kernwaffebeziehungsweise Rakete oderausgesucht sadistische Hinrich-tungsmethode getestet hat. Dennder experimentierfreudige kleineJong-un wird ja schließlich vondem großen Rüpel im WeißenHaus provoziert. Deshalb warNordkorea vor dem AmtsantrittTrumps auch ein weithin strah-lender Leuchtturm der Demokra-tie. Große Zukunftsaussichtenscheinen darüber hinaus derTrumpiatrie beschieden zu sein,welche die unzähligen mentalenStörungen des 45. US-Präsiden-ten und deren Auswirkungen auf

den ansonsten weitgehend gesi-cherten Weltfrieden beschreibt.Der Trumpologie im Allgemei-

nen und den verschiedenen Sub-disziplinen derselben im Speziel-len ist eigen, dass sie auf dreiGrundaxiomen basieren, alsdawären: Erstens: Restlos alles, was

Trump tut oder lässt, ist schlechtfür Amerika und die Welt – auchwenn niemand auf Anhieb oderirgendwann später erklären kann,warum.Zweitens: Trump erleidet aus-

schließlich Misserfolge – anders-lautende Einschätzungen sind dieFolge einer dezidiert rechten Ge-sinnung und können mit sponta-nem Demokratie-Nachhilfeunter-richt seitens der Antifa quittiertwerden.Drittens: Jede Meldung über

Trump muss zwingend mit einemSchnappschuss illustriert werden,der ihn wahlweise dement odertollwütig erscheinen lässt – diebesten propagandistischen Ergeb-nisse zeitigen natürlich Bilder, diebeides zugleich vermögen.Wer diese Grundregeln be-

herrscht, kann sicher noch eineganze Weile sein Auskommen inder Medienlandschaft von heutefinden und jedweder Form vonehrlicher Arbeit aus dem Wegegehen. Wolfgang Kaufmann

Einen „linksradikalen Mob“, „ge-waltgeile Groupies“ und einen „be-merkenswerten Widerstand“ vonkonservativer Seite erlebte GünterScholdt beim Besuch der Frankfur-ter Buchmesse. Für die PAZ berich-tet der emeritierte Germanistik-Professor und Buchautor („Auto-renschlacht“) über „Weimar pur“.

Lange war ich der FrankfurterBuchmesse ferngeblieben, jenemJahrmarkt der Eitelkeiten mit demAnspruch, die wesentlichen Kultur-trends zu setzen. Doch Diskrimi-nierungen rechter Verlage bereitsim Vorfeld ließen mich diesmal um-denken. Solidarität war gefragt.Auch wollte ich die Szene authen-tisch erleben, ungetrübt von demzu erwartenden tatsachenver-schleiernden Mediennebel. FürZeitzeugen war besonders der 14. Oktober ergiebig, an dem dieAntifa als militanter Arm unserer„Zivilgesellschaft“ durch massivenKrawall eine Buchvorstellung tor-pedierte. Zeigten die Ereignissedoch geradezu modellhaft, wie – unter dem Vorwand von „Vielfalt“und „Toleranz“ – bei uns Demokra-tie häufig nur gespielt wird. Doch der Reihe nach: Als erstes

fiel mir in Frankfurt der moralisti-sche Cordon sanitaire auf, den eine„sensible“ Messeleitung um dieHandvoll für anrüchig erklärterVerlage gezogen hatte. Drei Metervom Stand der Wochenzeitung„Junge Freiheit“ etwa bot man Be-suchern Gelegenheit, sich unterdem Slogan „Kein Ort für Nazis“ fo-tografieren zu lassen. Schräg gegen-über des Antaios-Verlages posierteals „antirassistischer“ denunziatori-scher Wachhund die Amadeu-An-tonio-Stiftung, die Handreichungenfür den ausgrenzenden Umgangmit Rechten fertigt. Wie der Abendzeigte, für gelehrige Schüler. Beim Manuscriptum-Verlag hat-

ten „wehrhafte Demokraten“ überNacht sämtliche Bücher und Zeit-schriften gestohlen – offenbar einezeitgemäße Form der Bücherver-brennung. Auch Antaios erhielt (so-gar zweimal) nächtlichen Besuch,wobei 35 Bände mit Zahnpastaoder Kaffee verdreckt und Plakatezerstört wurden. Bei ihrer Abend-

veranstaltung kam es dann zurEskalation, für die der Börsenvereindie volle Verantwortung trägt. Denn seine vermeintlich bau-

ernschlaue Strategie, es mit keinerlinkstotalitären Gruppe zu ver-derben und dennoch pro formaLiberalität zu reklamieren, ist kra-chend gescheitert. Anstatt dasSelbstverständliche zu gewähren(die Meinungsäußerungsfreiheitim Sinne der Charta des Schrift-stellerverbandes P.E.N.), ließ manscheinneutral dieUngeliebten zu,desavouierte siejedoch per Pres-seerklärung undrief unter Hin-weis auf ihreS tandnummerzur „Auseinandersetzung“ mit ih-nen auf. Messe-GeschäftsführerAlexander Skipis führte sogarpersönlich eine Demonstrationgegen Antaios an. Die Saat ging auf. Nach dem

Vandalismus der Vortage bot dieAntaios-Buchvorstellung vomSonnabend Gelegenheit, „Ge-sicht“ gegen Rechts zu zeigen.Allerdings nicht ganz wörtlich.

Denn in der Regel tragen dieseTapferen dunkle Brillen, Maskenoder schützen sich vor erken-nungsdienstlichen Fotos durchvorgehaltene Hefte. Die erstenInterviews zu den Büchern vonLichtmesz, Sommerfeld oder Pirinçci wurden lediglich durch(hysterische) Schreie oder lauteMusikeinspielungen unterbro-chen. Als Martin Sellner und Ma-rio Müller von der Identitären Be-wegung reden wollten, setzte

schlagartig einLärmorkan ein,mit dem die Anti-fa per Trillerpfei-fen, Pauke undSprechchören dieAutoren buch-stäblich mundtot

machte. Und die ehrwürdige Mes-seleitung sah eine halbe Stundelang keinen Bedarf, von ihremHausrecht Gebrauch zu machen,sondern berief sich perverser-weise gar auf die Meinungsfrei-heit dieser Brüller.Ich selbst erlebte die Vorfälle in

einer seltsamen Gefühlsmischungaus Wut über die pöbelhaft ent-fesselten Möchtegern-Zensoren

und Faszination des Historikersfür Ursituationen. Und so wardenn auch mein erster Gedanke:Das hier ist Weimar pur – in sei-ner hassvollen gesellschaftlichenZerklüftung und seiner aufs Tota-litäre zielenden Kommunikations-verweigerung. Allen vom Fach,die sonst lediglich in Kompendienoder Aktenbeständen wühlen,seien solche Eindrücke zur atmo-sphärischen Veranschaulichungwärmstens empfohlen. Auch dieser linksradikale Mob

duldete keine Gegenmeinung, son-dern wollte schlicht verhindern,dass unter 7000 Ausstellern tat-sächlich eine Handvoll anderesverkündeten, als das, was ClaudiaRoth, Stegner, Merkel oder Göring-Eckardt über unsere real existie-rende Welt halluzinieren. OhnePolizei wäre bei diesen Schlägerty-pen, denen eine offiziöse Pseudo-moral quasi die Lizenz zum Prü-geln erteilt, fraglos Blut geflossen,wie es bei Dutzenden anderer Ge-legenheiten schon geschah. Ihnenallen (darunter Söhn- und Töch-terlein aus „bestem“ Hause) stär-ken ideelle Paten ihr gutes Gewis-sen, um einmal richtig Schwein

sein zu dürfen – das Ganze im Be-wusstsein, dass eine vielfach links-politisierte Justiz ihnen letztlichnicht wehtut. Zu solch fragwürdi-gen Helden zieht es gewaltgeileGroupies. In Frankfurt intoniertensie zudem in lustvoller Provoka-tion Sprechgesänge wie: „Wir ha-’m den Krieg verlor’n.“ Manwünschte den in-fantilen Ahnungs-losen, dass sie we-nigstens ansatz-weise mal etwasvon dem verspür-ten, was im Frühjahr 1945 un-mittelbar auf die Niederlage folgte. Positiv überrascht hat mich ein

Publikum, das die Herausforde-rung annahm. Ich erwartete eszwar von der Garde aus Identitä-ren oder Jungen Alternativen, diesolche Konfrontation gewöhntsind. Doch die Teilnehmer der Ver-anstaltung setzten sich aus fast al-len Altersklassen und beiden Ge-schlechtern zusammen. Darunterein Rollstuhlfahrer, der ein wenigtraurig berichtete, er sei gekom-men, um sich mal ohne Medienfil-terung ein eigenes Bild überbundesrepublikanische „Unperso-nen“ zu machen. Leider umsonst. Gegen solche Bevormundung

rührte sich spontan ein gruppen-dynamisch bemerkenswerterWiderstand. Nur wenige entfern-ten sich, erschreckt von der ex-plosiven Stimmung. Das Gros for-mierte sich zur Gegenphalanxund brüllte zurück. Es hat zwarseine Komik, wenn ergraute Her-ren oder Damen mittleren Alterssich erstmals in Saalschlachtge-sängen erproben. Aber ihr Gegen-chor: „Haut ab!“, „Räumen!“ (andie Adresse der Polizei) oder „Je-der hasst die Antifa“ hatte gleich-wohl etwas Wohltuendes. Signali-sierte er doch, dass sich hier end-lich einmal nicht nur um ihren„gutbürgerlichen“ Ruf besorgteEingeschüchterte getroffen hatten,sondern Citoyens, die noch desZorns fähig und sich ihrer frei-heitlichen Aufgabe bewusst wa-ren. Auch ihre stimmgewaltigskandierte Antwort („Nazisraus!“) war bestens adressiert im

Sinne von Ignazio Silones Bon-mot, der heutige Faschismus ver-kleide sich als Antifaschismus. Die Reaktion der Medien wäre

ein Thema für sich. Als absurderEpilog nur so viel: Am Morgen lasich als erstes einen Artikel auf„Spiegel.Online“, dessen klares

Feindbild alleVorwürfe überdie „Lügenpres-se“ bestätigt. Sei-ne Verfasserin,begabt mit deranalytischen Tie-fenschärfe eines

Pantoffeltierchens, betitelte ihnsinnigerweise: „Dialogversucheauf der Buchmesse – Rechte ra-sten aus“, was die Redaktion mitt-lerweile schamhaft änderte. Es le-be das Rechercheschema à la„Kind beißt Hund“. Spannend wird’s 2018. Auch

der Messeleitung dürfte nicht ent-gangen sein, dass ihre moralischeInkriminierung alternativer Verla-ge ein klassisches Selbsttor war.Sie haben nichts gelernt aus dersogar internationalen Blamage ih-res Sieferle-Tribunals und ande-ren Ausgrenzungsversuchen. Viel-mehr hat ihre Hysterie wirklichenoder nur vermeintlichen rechtenVerlagen eine drastisch erhöhteAufmerksamkeit und entspre-chend vermehrte Kundschaft ver-schafft, als wären sie von derenPR-Abteilungen besoldet. Läuft al-les wie bisher, droht nächstes Jahrzudem eine Gewalteskalation. Schützt sich die Messe also

künftig vor vermehrtem Ärger da-durch, dass man unerwünschteVerlage gar nicht mehr zulässt?Schon Weimar präsentierte ja mitumgedrehten politischen Vorzei-chen dieses Handlungsmuster.Damals störten rechte Provoka-teure den Antikriegsfilm „ImWesten nichts Neues“ so lange,bis die Reichsregierung seine Auf-führung aus öffentlichen Sicher-heitsgründen verbot. Für alle, dieVergleichbares auch unseren„Kultureliten“ zutrauen, gibt es in-zwischen die „Charta 2017“ fürgelebte Meinungsfreiheit. Siesteht im Netz und wartet auf wei-tere Unterschriften.

Merkelsteine“ werden sieim Volksmund genannt:

Betonpoller, die Volksfeste undandere Großveranstaltung vorislamischen Mordattacken perLkw schützen sollen. Bunt an-gemalt und im verspielten Le-gosteine-Design, wie hier aufdem Erfurter Domplatz, wirken

sie harmlos und stehen doch fürtödliche Terrorgefahr. Die Brüs-seler EU-Kommission hat gera-de einen „Aktionsplan zum ver-besserten Schutz öffentlicherRäume“ vorgelegt und emp-fiehlt, deutlich mehr von den„innovativen und diskreten Bar-rieren“ aufzustellen. FH

Frag doch mal den Trumpologen Der 45. US-Präsident ist ein echtes Job-Wunder – Er hat ein ganz neues Berufsbild erschaffen

Möchtegern-Zensoren in einer gespielten Demokratie: Meron Mendel, Direktor der Frankfur-ter Bildungsstätte Anne Frank, demonstriert vor dem Stand des Antaios-Verlages Bild: Imago

Der Moment der Woche

»Jeder hasst die Antifa«, brüllte dieGegenphalanx

Finanziell geht es ihmmal blamabel schlechtoder obszön gut

Ohne Polizei wäre beidiesen Schlägertypen

Blut geflossen

Foto: pa

Unter dem Vorwand von Vielfalt und ToleranzGewalt, Vandalismus, Meinungsdiktatur – Die Frankfurter Buchmesse wurde zur Skandalveranstaltung – Ein Augenzeugenbericht

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MELDUNGEN

Landstreitkräfte werden verstärktLötzen – In Lötzen wurde das Festder Landstreitkräfte zelebriert.Sie sind der wichtigste Teil derpolnischen Armee. An der Veran-staltung nahmen Soldaten aus Ru-mänien, Großbritannien und denVereinigten Staaten teil, die inMasuren in NATO-Bataillonsstär-ke stationiert sind. Nach Lötzenkam der Vizeminister der Vertei-digung, Tomasz Szatkowski. Erversprach eine spürbare Verstär-kung der Landstreitkräfte. ImRahmen des 15-jährigen Pro-gramms der Verstärkung derLandstreitkräfte sind Einkäufevon Artilleriegerät und Kampf-hubschraubern geplant. PAZ

Burg Heilsberg ist nicht nur schönund majestätisch, sonderen auchgut erhalten. Soeben ist ein neuerReiseführer über die Sehenswür-digkeit im südlichen Ostpreußenerschienen.

In den vergangenen Jahrenwurden in der Heilsberger Burgumfangreiche Renovierungsarbei-ten durchgeführt. Unter anderemgehört nun ein Hotel zum Kom-plex der Burganlage. Da bislangnicht viel über die Geschichteund Architektur des Bauwerksbekannt war, haben MałgorzataJackiewicz-Garniec und MirosławGarniec einen neuen Reiseführermit dem Titel „Das Schloss der Bi-schöfe in Heilsberg“ herausgege-ben, eine reich illustrierte Publi-kation. Sie enthält nicht nur Foto-grafien des historischen Interi-eurs und von Gegenständen desprächtigen Denkmals, sondernauch Grafiken und Karten, welchedie Geschichte dieses Ortes erläu-tern.Die Autoren erinnern an denpreußischen Ermlandstamm, derdas Gebiet bis zum 13. Jahrhun-dert bewohnte. Sie erzählen vonder Gründung der Diözese Erm-land. Dies veranschaulicht eineKarte, welche die Kirchen- undVerwaltungsabteilungen desDeutschen Ordens in Preußenzwischen 1341 und 1466 zeigt,auf der die riesige Diözese Erm-land markiert ist. Der Reisefüh-rer enthält auch eine Karte derermländischen Herrscher mit ei-ner mittelalterlichen Verwal-tungseinteilung sowie eine Karteder Stadt und der Burg um dasJahr 1500. Das Buch erwähntauch die berühmten ErmländerBischöfe Ignatius Krasicki, Jo-hannes Dantiscus sowie Stanis-laus Hosius, Martin Cromer und

Adam Stanislaus Grabowski,Domherr Nicolaus Copernicusund seinen Onkel Lukas Watzen-rode, die alle einst Bewohner derBurg waren. In dem Reiseführersind alte Gravuren und Fotogra-fien des Denkmals, der Orange-rie sowie der Gärten des Bi-schofs Krasicki enthalten.Die Texte stammen vonMałgorzata Jackiewicz-Garniec,der Direktorin des in der Burg ge-legenen Ermländer Museums.Mirosław Garniec zeichnet für dieFotos sowie für Planung und Ent-würfe wie auch für die Druckvor-bereitung verantwortlich. Der Rei-seführer ist bereits im Verkauf. Erist in polnischer, englischer, deut-scher und russischer Sprache er-hältlich.

Der polnische Name für Heils-berg [Lidzbark Warminski]stammt vom preußischen NamenLecbarg ab. Die Stadt wurde zu

Beginn des 14. Jahrhunderts er-richtet, die Burg im Jahre 1350fertiggestellt. Dieser Ort wurdedas Herz des Ermlandes. Die Burgwar das Hauptquartier der Erm-länder Bischöfe, die nicht nurKleriker waren, sondern auch dieweltliche Autorität auf dem Ge-biet von Ermland ausübten. Ihre Erbauer orientierten sich anden Burgen des Deutschen Rit-

terordens, obwohl sie auch ver-suchten, die Burg Heilsberg denBedürfnissen des Bischofs und sei-nes Hofes anzupassen. Keine Kom-turburg blieb in so gutem Zustandwie die in Heilsberg. Sie ähnelt denHauptquartieren von Komtureienmit ihren Plänen, der Gestaltungder Räume und dem Hauptturm.Wegen der Erhaltung der ur-sprünglichen Elemente mit ihrenKreuzgängen wird sie heute auch„Wawel des Nordens“ genannt. DerWawel ist die ehemalige Residenzder polnischen Könige in Krakau.Der prominenteste Bewohner derBurg war Nicolaus Copernicus, dersieben Jahre hier verweilte. Er kamnach Heilsberg weil sein Onkel Lu-cas Watzenrode Bischof von Erm-land wurde.

Nach dem Fall der AdelsrepublikPolen Ende des 18. Jahrhundertsverlor die Burg ihre Bedeutungals königliche Residenz. Von1859 bis 1932 gab es hier Kaser-nen, ein Krankenhaus und einWaisenhaus. Dies geschah, weilim 18. und bis ins 19. Jahrhun-derts die Menschen alte Gebäu-de nicht wertschätzten. Die Bur-gen wurden in Büros, Gefäng-nisse oder Kasernen umgewan-delt.Heute gilt das Hotel vor der Bi-schofsburg als gotische Perle desErmlands. Es gibt dort viele Ori-ginalteile wie den Grabowski-Pa-last, und der Uhrturm wurdenach historischen Dokumentenrekonstruiert. Die Überreste derGebäude waren in sehr schlech-tem Zustand. Die Errichtung desHotels sorgte für Kontroversen,aber dank des Hotelbaus konntedie Burg gerettet werden. ImSommer kann man während desFestivals „Varmia Musica“ kosten-los antike und zeitgenössischeMusik hören. Die Innenarchitek-tur der Burg liefert ihre außerge-wöhnliche Aura dazu. In den Kreuzgängen sind imBoden nicht nur farbige Inschrif-ten aus dem Mittelalter erhalten.Es wurden auch solche aus denTagen entdeckt, als Copernicusdort lebte. Der Reiseführer istmehr zum Anschauen als zumLesen geeignet. Die Bilder wur-den sehr präzise gewählt, um dieBurg zu verschiedenen Zeitendes Jahres zu unterschiedlichenTageszeiten zu zeigen. Das Buch ist eine wichtige Pu-blikation, denn in Polen undauch im Ermland selbst ist we-nig über die Geschichte und dieherausragenden Bewohner desErmlands bekannt.

Leszek Chaburski

»Gotische Perle des Ermlands«Eine neuer Bild-Reiseführer informiert über die Geschichte der Bischofsburg in Heilsberg

Burg Heilsberg: Gut erhaltenes Zeugnis der Geschichte des Landes Bild: Miroslaw Garniec

Kohlelieferungaus Russland

Braunsberg/Elbing – In diesemJahr wurde ein Rekord an Stein-kohle aus Russland eingeführt. DieZufuhr erfolgte über den Grenz-übergang in Braunsberg und überden Hafen in Elbing. Wie die Kam-mer der Finanzverwaltung in Al-lenstein prognostizierte, wird miteinem Import von 2,75 MillionenTonnen Kohle in das südliche Ost-preußen in diesem Jahr ein Re-kord erreicht. Im südlichen Ost-preußen ist eine Kohle-Bevorra-tung nicht nötig, zum einen, weiles nicht genug polnische Kohlegibt, zum anderen, weil die russi-sche billiger ist. Die russischeKohle kommt in das südliche Ost-preußen über den Hafen von El-bing. Der Vorsitzende des ElbingerHafens, Arkudiusz Zglinski, sagte,dass in diesem Jahr bis Septemberüber den Wasserweg 16800 Ton-nen importiert worden seien. PAZ

Copernicus lebte sieben Jahre dort

Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Sechzig deutsche und polni-sche Teilnehmer, darunterFunktionsträger der Lands-

mannschaft Ostpreußen sowiepolnische Landräte, Vertreter derDeutschen Minderheit aus demsüdlichen Ostpreußen haben sicham vergangenen Wochenende inAllenstein getroffen, um in Vorträ-gen und Diskussionsbeiträgen dasTagungsthema „Deutsche und Po-len im Kräftefeld von Staat und Re-ligion“ näher zu beleuchten. Derstellvertretende Allensteiner Stadt-präsident Jaroslaw Sloma begrüßtedie Teilnehmer, Wiktor MarekLeyk (Minderheitenbeauftragterdes Marschalls) und Bernard Gaida(Vorsitzender des Verbandes derdeutschen sozial-kulturellen Ge-sellschaften in Polen) sprachen

Grußworte. Edyta Gładkowska (Re-präsentantin der LandsmannschaftOstpreußen in Allenstein) verlasdie Wünsche des Woiwoden für dasgute Gelingen der Veranstaltung.

In den verschiedenen Referen-ten wurde deutlich, dass Reli-gion in Ostpreußen stets einewichtige Rolle gespielt hat. Be-sonders die Reformation, deren

500. Jahrestags wir in diesemJahr gedenken, hatte Einfluss aufdie Beziehung zwischen Deut-schen und Polen. Einerseitsführte sie zu Spannungen zwi-

schen Katholiken und Protestan-ten, anderseits legte sie durchdie Übersetzung der Bibel dieGrundlage für die Bildung derBevölkerung.

Angeregte Diskussionen und dasgroße Interesse der Teilnehmerzeugen von einer gelungenen Ver-anstaltung. MRK(Ein Bericht folgt in Ausgabe 44)

11. Deutsch-Polnischer Kommunalpolitischer Kongress in Allenstein

Folgten mit großem Interesse den Vorträgen: (v.l.) Heinrich Hoch, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, Ber-nard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, und der stellvertretende Allensteiner Stadtpräsident Ja-roslaw Sloma. LO-Sprecher Stephan Grigat begrüßt die Teilnehmer (r.) Bilder: MRK

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14 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

der November steht vor der Tü-re, und die Gedanken gehen jetztstärker als sonst zurück in dieVergangenheit und zu denen, dienicht mehr unter uns sind. WerKränze auf die Gräber legen kann,weiß die Verstorbenen geborgen,aber für viele Vertriebene bleibtnur die Erinnerung, denn die Grä-ber ihrer Lieben sind unbekanntoder können nicht mehr gefun-den werden. Die große Suchenach ihnen ist noch lange nichtbeendet, wenn auch, wie wir inder letzten Folge berichteten,manche die Hoffnung aufgeben,und dazu gehört nun auch leiderHerr Horst Barheier aus Herne.Zehn Jahre lang hat er versucht,etwas über seine Großmutter Au-guste Strachowitz geb. Michalzikaus Lyck zu erfahren, leider ver-geblich. Nun bedankt sich HerrBarheier für die Veröffentlichungseines Suchwunsches in Folge30/2016 und für die damit ver-bundenen Bemühungen. Die Ost-preußische Familie war seine letz-te Hoffnung gewesen, denn er hat-te vorher schon viele Institutio-nen bemüht, manche Schreibenblieben unbeantwortet, andereenthielten nur einen zwar freund-lichen, aber leider negativen Be-scheid. Vielleicht wenn Herr Bar-heier sich schon früher an uns ge-wandt hätte, wäre die Suche er-folgreicher verlaufen, aber „hun-dert Jahre sind schon eine langeZeit“, wie er schreibt, denn diesenZeitraum hätten die gesuchten In-formationen über GroßmutterStrachowitz erfasst. Deshalb warauch ich nicht sehr hoffnungsvoll,als ich nach den wenigen Anga-ben von Herrn Barheier seinenSuchwunsch in unserer Kolumneveröffentlichte. Die Schwierigkei-ten lagen nicht nur darin, dasssich das nachvollziehbare Ge-schehen um den Ersten Weltkriegabspielte, sondern vor allem andem frühen Tod seiner Großmut-ter: Die junge Ehefrau von GustavStrachowitz und Mutter ihrerTochter Martha verstarb an denSpätfolgen einer Geburt nach derFlucht aus ihrer masurischen Hei-mat. Dies könnte am Fluchtort Jü-terbog, aber auch nach der Heim-kehr an ihren Wohnort Lyck ge-schehen sein. Lyck ist allerdingsnicht der Geburtsort von Auguste,einer geborenen Michalzik, son-dern das Dorf Skomatzko amAryssee. Herr Barheier hat über-all nach diesen Namen geforscht,

fand auch eine Spur, die sichallerdings als nicht begehbar er-wies, weil der Betreffende mitdem gesuchten Namen eine Ver-wandtschaft ablehnte. Da GustavStrachowitz nach dem frühen Todseiner Frau wieder heiratete unddie Familie nach Herne zog, en -dete wohl auch die Beziehung zuOstpreußen. Zwar soll TochterMartha – Mutter von Herrn Bar-heier – noch einige Male in Lyckgewesen, also muss es dort Ver-wandte gegeben haben, aber eserfolgte bisher kein Hinweis. Jetztwirft ihr Sohn das Handtuch: „Ichwerde meine Nachforschungeneinstellen, mein Suchen begann2007 und endet 2017. Schade,dass sich auf Ihren ausführlichenBericht niemand gemeldet hat.“Finden wir auch, aber vielleichtkommt doch noch einmal einbrauchbarer Hinweis, denn es

sind ja erst 14 Monate seit derVeröffentlichung vergangen, unddas ist für unsere OstpreußischeFamilie nur ein kurzer Zeitraum.Da haben wir gleich einen Be-

weis, dass sich auch nach längererZeit noch Informanten finden,wenn diese sich zuerst um erfolg-versprechende Nachforschungenbemühten und keine falschenHoffnungen erwecken wollen.Unser Mitdenker Dirk Oelmannaus Oranienburg ist da mal wie-der fündig geworden und hat soEiniges zu dem vor einem Jahrveröffentlichten Anliegen vonFrau Dreschel und der damit ver-bundenen Familienforschung sa-gen können. Sein Schreiben andie Suchende enthält mit Sicher-heit einige passende Steinchenfür ihr Familienmosaik: „IhreSuchanfrage vom Oktober 2016im Ostpreußenblatt ist mir erst

gestern in die Hände gefallen. Beidem Familiennamen Raupach binich hellhörig geworden. In mei-nem Heimatort Birkenwerder gibtes ein Denkmal für einen PeterRaupach. Bis mir ein Buch überdas KZ-Außenlager Heinkel in dieHände fiel, wusste ich nichts überihn. Peter Raupach ist 1904 gebo-ren und 1945 umgekommen. Erhat den Häftlingen bei Heinkelgeholfen und war dort angestellt.Er muss ja nichts mit Ihrer Fami-lie zu tun haben. In Deutschlandleben zurzeit etwa 3000 Men-schen, die den FamiliennamenRaupach tragen. Zu Ihren Großel-tern: Der Geburtsort Ihrer Groß-mutter ist Freudenthal, Kreis Hei-ligenbeil. Ihr Großvater stammtwohl aus Liebau, Kreis Landes-hut, Reg. Bezirk Liegnitz inNiederschlesien.“ Soweit diewichtigsten Informationen aus

dem Brief von Herrn Oelmann anFrau Dreschel, die er auch unsübermittelt. Darüber freuen wiruns, denn in manchen Fällen be-kommen wir trotz der Erfolge, diedurch die Veröffentlichung in un-serer Kolumne verzeichnet wur-den, über diese keine Informa-tion. Da hören wir dann erst vondritter Seite, dass etwas Positivesgeschehen ist. Das ist schade,denn wie viele Leserinnen undLeser nehmen Anteil an denWünschen und Fragen und war-ten darauf, dass sich Lösungenfinden. Es brauchen ja keine gro-ßen Berichte zu sein, Erfolge kannman mit wenigen Worten aus-drücken, auch wenn es nur heißt:Es hat geklappt.Schon im April hatte Bernd

Dauskardt uns mitgeteilt, dass erwieder einmal etwas entdeckthatte, was für ihn lebende Vergan-

genheit ist. Es geschah in einermemelländischen Kirche naheHeydekrug, in Saugen. Als er dasGotteshaus betrat, fiel ihm auf,dass das Innere der Kirche wun-derbar erhalten war und anschei-nend sorgsam gepflegt wurde.Aber sein Hauptaugenmerk rich-tete er auf eine große, weiße Tafel,die viele Namen enthielt, denn eshandelte sich um eine Gedenkta-fel für die im Ersten Weltkrieg Ge-fallenen, die aus dem KirchspielSaugen stammten. Und da standauch sein Familienname: ErtmannDauskardt, gefallen im Alter von33 Jahren in Russland. Wie er fest-stellte, ist er mit diesem Ertmannüber seinen Urgroßvater ver-wandt. „Es ist erschüttert zu lesen,wie aus den Sterbedaten auf derGedenktafel ersichtlich wird, dassVäter und Söhne gleichseitig fürihr Vaterland starben“, schreibtHerr Dauskardt. Auch wenn esüber 100 Jahre her ist, wird ihrernoch immer in dieser Kirche ge-dacht, kein Kriegsgeschehen hatdie Tafel zerstört. Die deutscheVergangenheit wird nicht ver-schwiegen, im Gegenteil, dennüber dem Altar befindet sich dieInschrift in deutscher und litaui-scher Sprache: Ehre sei Gott inder Höhe. Dieser Bericht würdewohl zum Totengedenktagen pas-sen“, schrieb Herr Dauskardt da-mals, ich meinte das auch und ha-be es nun in die Tat umgesetzt.Was mich an diesem Bild so be-eindruckt, ist die Helle, die den inLichtblau gehaltenen Altarraumdurchflutet – ich kann da HerrnDuskardt nur beipflichten, wenner von dieser memelländischenKirche so angetan war. Ähnlich istes ja dem vor einem Jahr verstor-benen Günter Uschtrin ergangen.Der nach der Vertreibung gebore-ne Sohn ostpreußischer Elternentdeckte in der Kirche von Co-adjuthen auf den sich dort befin-denden Gedenktafeln seinen Na-men – das war die Initialzündungfür seine späte, selbstgewählte Le-bensaufgabe, die wechselvolleGeschichte der Ahnenheimat ineinem 500 Seiten umfassendenWerk zu dokumentieren. Was ei-gentlich zuerst als Familienchro-nik gedacht war, wuchs – über dietätige Hilfe für die Pfarrkirchehinaus, die zum Bindeglied zwi-schen alten und neuen Bewoh-nern wurde – zu einem Ge-schichtswerk über das Memel-land, dass heute eine wahre Fund-grube für alle ist, die sich für Ost-preußen und da vor allem für sei-nen nördlichen Teil, interessieren.Unsere Ostpreußische Familie

ist immer gut für Entdeckungen –ich denke da an das Kruzifix, das

sich heute bei der Berliner Evan-gelischen Gemeinde Schlachten-see befindet und das aus einemostpreußischen Gotteshaus stam-men soll. Er wurde auf der großenFlucht im Januar 1945 auf einemTreckwagen bis nach Berlin ge-bracht und dort dem Pfarrer derGemeinde übergeben, wie eineinzwischen verstorbene Zeitzeu-gin berichtete. Sie konnte sichaber nicht mehr erinnern, auswelcher Gegend der Treck kamund wo sich die Kirche befand, inder das gut erhaltene Kruzifix biszur Flucht hing. Wir haben darü-ber in Folge 33 berichtet, aber lei-der hat bisher wohl niemand ausunserem Leserkreis einen Hin-weis geben können, denn die Ge-meinde Schlachtensee hat sichnicht wieder gemeldet.

Das dürfte bei unserem näch-sten „Fund‘“ wohl anders sein,denn da werden wenigstens derName und die ehemalige An-schrift genannt. Auch wenn dieMitteilung auf Umwegen zu unsgelangte, dürften die wenigen An-gaben doch genügen, um eineSpur zu finden. Geschrieben hatuns Frau Andrea Leiber aus Mün-chen im Auftrag einer Bekannten,deren Familienangehörige diesenFund gemacht haben – damalszwei Jahre nach Kriegsende undFlucht. In der Kleinstadt Lübz inMecklenburg entdeckten sie in ei-ner Mauernische ein Buch, dassich als ein Lehrbuch der Christ-lichen Wissenschaft erwies. DerTitel „Wissenschaft und Gesund-heit mit Schlüssel zur HeiligenSchrift“ deutet darauf hin, dass essich um ein Lehrbuch zur Ausü-

bung von Unterweisungen han-delt, das rege im Gebrauch gewe-sen sein muss, wie die zahlrei-chen Unterstreichungen und Ver-merke des Besitzers vermuten las-sen. Dieser gläubige Mann hatsich mit Namen und Anschrifteingetragen: Anton Daus, Königs-berg, Königseck 9. „Ließe sichvielleicht auf diesem Weg dasSchicksal von Anton Daus einstückweit rekonstruieren?“, fragtFrau Leiber und hofft, dass sichNachkommen oder andere Fami-lienangehörige von Herrn Dausmelden, die dieses Erinnerungs-stück gerne besitzen würden. DaHerr Daus wohl einer christlichenGlaubensgemeinschaft angehörte,wie zu vermuten ist, könnte sichauch heute noch eine Spur findenlassen. Mit großer Wahrschein-

lichkeit ist das Buch auf derFlucht vor den russischen Erobe-rern in Sicherheit gebracht wor-den und konnte dann nicht mehraus dem Versteck geholt werden.Zuschriften sind an Frau Leiberzu richten, die weitergehende Fra-gen allerdings nicht beantwortenkann. Sie ist aber bereit, den Kon-takt zu ihrer Bekannten herstel-len. (Andrea Leiber, Osserstraße34 in 81679 München, E-Mail [email protected])

Eure

Ruth Geede

OSTPREUSS ISCHE FAMIL IE

Alle in der »Ostpreußischen Familie« abgedruckten Namen und Daten werden auch ins

Internet gestellt. Eine Zusendung entspricht somit auch einer Einverständniserklärung!

Lichtdurchflutete Kirche in Saugen Bild: Dauskardt

Lewe Landslied, liebe Familienfreunde,

Wer weiß etwas? Wer kennt die-sen lieben Menschen? Wer kannweiter helfen?Das schwere Schicksal der

Vertriebenen hat bei den Betrof-fenen und ihren Nachkommenunendlich viele Fragen aufge-worfen. Ruth Geede sucht in ih-rer Rubrik „Die ostpreußischeFamilie“ nach den Antworten.Die Schriftstellerin und Journali-stin wurde 1916 in Königsberggeboren. Seit 1979 ist sie die„Mutter“ der Ostpreußischen Fa-milie. Ihre Kenntnis und ihre Le-benserfahrung halfen bereitsvielen hundert Suchenden undWissbegierigen weiter. Es geht

um das Auffinden verschollenerFamilienmitglieder und Freunde,um Ahnenforschung oder wich-tige Fragen zur ostpreußischenHeimat.Anfragen an: Redaktion Preu-

ßische Allgemeine Zeitung,Buchtstraße 4, 22087 Hamburg,r e d a k t i o n@ p r e u s s i s c h e -allgemeine.de

Bild

: Paw

lik

Die Bewegung für die Auto-nomie Schlesiens sowieder Oberschlesische Bund

haben eine gemeinsame politi-sche Partei gegründet. Die hierfürnötigen Unterstützungsunter-schriften wurden während desjährlich stattfindenden „Autono-miemarsches“ Mitte Juli in Katto-witz gesammelt, bei dem die bei-den um die regionale Gunst wer-benden Gruppierungen erstmalsSchulter an Schulter durch dieInnenstadt zogen. Gemeinsamfeierten die Mitglieder und Sym-pathisanten beider Gruppierun-gen am 15. Oktober zudem aufdem heiligen Berg der Region,dem Sankt Annaberg in der Wo-iwodschaft Oppeln, einen Gottes-dienst für alle Oberschlesier. Diesist auch insofern hervorzuheben,da im polnischen Verständnis dassogenannte Oppelner Schlesienvon „Oberschlesien“, womit nurder östliche Teil der Region ge-

meint ist, unterschieden wird.Meist sogar für deutsche Ohrenvöllig irreführend, indem Ost-oberschlesien nur als „Schlesien“verstanden wird – wozu manNiederschlesien und sogar dasoberschlesische „Oppelner Schle-sien“ nicht dazurechnet. „Die neue Partei soll nicht ge-

gen etwas oder jemanden sein.Wir kümmern uns nicht nur umdie Region, sondern auch um denpolnischen Staat, denn diese Re-publik lebt aus allen ihren Regio-nen“, sagte Grzegorz Franki, Chefdes seit 1989 bestehenden Ober-schlesischen Bundes gegenüberdem Internetportal Onet.Slask.„Das Fundament der Tätigkeit der(Ober-)Schlesischen Regionalpar-tei soll das Streben nach einerbreiten Selbstverwaltung, also ge-wissermaßen nach Autonomiesein“, so Henryk Mercik, der stell-vertretende Vorsitzende der Auto-nomiebewegung RAS.

Der Begriff Autonomie wird inPolen meist mit Separatismusgleichgesetzt. Diese Gleichset-zung beruht auf dem Umstand,dass die eigentlich mit Autonomiegemeinte Subsidiarität als Begrifferst mit den neuen europäischenStrukturen ein-zog und inhalt-lich aus der zen-tralistischen Tra-dition Polensheraus nicht er-fasst wird. Derbegrifflichen Ver-wirrung möchten die oberschlesi-schen Aktivisten entgegenwirken.„Wir Oberschlesier glauben anSelbstverwaltung stärker als an-derswo, denn in der Zwischen-kriegszeit konnten wir eine volle,echte autonome Selbstverwaltungausleben. Hier bei uns hat Selbst-verwaltung bereits Tradition“, soMercik. Die oberschlesische Be-wegung betont also, dass die von

1922 bis 1939 im damals polni-schen Ostoberschlesien geltendeAutonomie der Region bis heuteweiterhin vorenthalten wird.Nach der der letzten Kommu-

nalwahl, bei der zugleich das Re-gionalparlament mit dem Mini-

sterpräsidenten –dem Marschall –gewählt wurde,stellte RAS vierAbgeordnete imSejmik (Landtag)der Woiwod-schaft Schlesien.

Zurzeit gehört die Autonomiebe-wegung wieder der Regierungsko-alition in der Woiwodschaft an.2012 wurde ein OberschlesischerRat gegründet, den elf oberschle-sische Organisationen bilden,darunter der Verband für Men-schen (Ober-)Schlesischer Natio-nalität, der sich für den Erhalt desregionalen slawischen Idioms ein-setzende Verein Pro Loquela Sile-

siana und auch die oft in Opposi-tion zum Dachverband der deut-schen Minderheit in Oppeln ste-hende und ihm dennoch angehö-rende deutsche GemeinschaftVersöhnung und Zukunft umDietmar Brehmer. Damit decktder Rat die gesamte Bandbreiteoberschlesischen Selbstverständ-nisses ab, von Oberschlesierndeutscher Option über National-oberschlesier bis hin zu Ober-schlesiern polnischer Option.Die (Ober-)Schlesische Regio-

nalpartei soll nun eine Antwortauf das zentralistische Beharrenaus Warschau sein. Oberschlesienbrauche eine politische Gruppie-rung, die nicht lediglich Filiale ei-ner gesamtpolnischen Partei sei,so Mercik von der RAS, der zu-gleich Vizemarschall der Wo-iwodschaft Schlesien ist. Dieswürde auch zur Stabilisierung derpolitischen Situation in der Re-gion beitragen, behauptet er. Der

Chef und Gründervater der Auto-nomiebewegung, Jerzy Gorzelik,behauptet, dass der Fall Katalo-nien eindeutig zeige, dass Europasich regionalisiere. Die neue Par-tei möchte bereits bei den Kom-munalwahlen 2018 eigene Kandi-daten aufstellen. Damit könnte eindezidiert oberschlesisches Votumkünftig über die bisherigen Hoch-burgen der RAS um Rybnik undKattowitz hinaus möglich werden.Der bundesdeutsche Ableger

der Autonomiebewegung, die In-itiative der Autonomie Schlesiense.V., hatte ihren Bundesvorsitzen-den Robert Starosta aus Würzburgsogar bei der Bundestagswahl alsDirektkandidaten platzieren kön-nen. Starosta trat über die FreienWähler Unterfranken in Bayernan und erhielt im Landkreis Mil-tenberg beachtliche 3,75 Prozentder Erststimmen und im Land-kreis Main-Spessart 3,53 Prozentder Erststimmen. Chr. W. Wagner

Katalonien als VorbildNeue oberschlesische Regionalpartei bündelt Vertreter aller nationalen Optionen

ÖSTL ICH VON ODER UND NEISSE

»Wir Oberschlesierglauben an

Selbstverwaltung«

Page 15: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 15GLÜCKWÜNSCHE

20175. bis 8. November: Kulturhistorisches Seminar in Helmstedt13. bis 19. November: Werkwoche in Helmstedt

201817. bis 18. März: Arbeitstagung der Kreisvertreter in Helmstedt7. bis 8. April: Arbeitstagung der Deutschen Vereine in Sensburg20. bis 22. April: Kulturseminar in Helmstedt8. bis 14. Oktober: Werkwoche in Helmstedt20. Oktober: 9. Deutsch-Russisches Forum in Insterburg(geschlossener Teilnehmerkreis)

Auskünfte erhalten Sie bei der Bundesgeschäftsstelle der Lands-mannschaft Ostpreußen, Buchtstraße 4, 22087 Hamburg, Telefon (040) 41400826, E-Mail: [email protected], Internet: www.ostpreussen.de

TERMINE DER LO

ZUM 100. GEBURTSTAG

Hartmann, Eva, geb. Czibur,verw., Janke, aus Albrechts-wiesen, Kreis Angerburg, am29. Oktober

Regge, Elfriede, geb. Lipka, ausTreuburg, am 28. Oktober

ZUM 98. GEBURTSTAG

Düding, Elfriede, geb. Dudek,aus Kalgendorf, Kreis Lyck,am 28. Oktober

Nippa, Frieda, geb. Gallus, ausHeinrichswalde, Kreis Elch-niederung, am 1. November

Speder, „Tante“ Ida, geb. Gru-nau, aus Schirwindt, KreisSchloßberg, am 28. Oktober

ZUM 97. GEBURTSTAG

Johann, Christel, geb. Grajetzki,aus Allenburg, Kreis Wehlau,am 31. Oktober

Schwarz, Hanni, geb. Merchel,aus Neidenburg, am 28. Ok-tober

ZUM 96. GEBURTSTAG

Arius, Käte, geb. Heinrichs, ausSprosserweide, Kreis Elchnie-derung, am 31. Oktober

Krause, Hildegard, geb. Linka,aus Malga, Kreis Neidenburg,am 28. Oktober

Maseizik Heinz, aus Lyck, Mor-genstraße 32, am 28. Oktober

Nothhorn, Christel, geb. Misch-kewitz, aus Lyck, MemelerWeg 1, am 28. Oktober

Zysk, Irmgard, geb. Chilla, ausGlauch, Kreis Ortelsburg, am31. Oktober

ZUM 95. GEBURTSTAG

Güges, Helene, geb.Adamus/Jopp, aus Nußberg,Kreis Lyck, am 28. Oktober

Michalowitz, Amalie, geb. Wi-schnewski, aus Draheim,Kreis Treuburg, am 1. Novem-ber

Schramma, Erwin G., aus Len-zendorf, Kreis Lyck, am 28. Oktober

Skerswetat, Irmgard, geb. Witten-berg, aus Kloken, Kreis Elchnie-derung, am 1. November

Stanko, Edith, aus GarbassenKreis Treuburg, am 28. Okto-ber

ZUM 94. GEBURTSTAG

Frasch, Irma, geb. Niklas, ausStatzen, Kreis Lyck, am 30. Oktober

Zygann, Hilde, geb. Schönbeck,aus Wilkendorf, Kreis Wehlau,am 31. Oktober

ZUM 93. GEBURTSTAG

Jackisch, Heinz, am 1. Novem-ber

Niebaum, Helga, geb. Liedtke,aus Neuendorf, Kreis Elchnie-derung, am 29. Oktober

Olk Frieda, geb. Scharnowski,aus Dimmern, Kreis Ortels-burg, am 31. Oktober

Ostermann, Erika, geb. Matz-dorf, aus Gindwillen, KreisTilsit-Ragnit, am 2. November

Symanzik, Walter, aus Farienen,Kreis Ortelsburg, am 30. Ok-tober

ZUM 92. GEBURTSTAG

Frank, Gertrud, geb. Czarnojan,aus Wiesenfelde, Kreis Treu-burg, am 30. Oktober

Nicolaus, Waltraut, aus Lyck, am2. November

Reibe, Herbert, aus Ebenrode,am 27. Oktober

Schmidt, Lieselotte, geb. Bauer,aus Woinassen, Kreis Treu-burg, am 30. Oktober

Smukal, Waltraud, aus Neumal-ken, Kreis Lyck, am 1. Novem-ber

Szameitat, Karl, aus Stadtfelde,Kreis Ebenrode, am 28. Okt-ober

Zimmermann, Erika, geb. Trze-ziak, aus Liebenberg, KreisOrtelsburg, am 31. Oktober

ZUM 91. GEBURTSTAG

Behres, Waltraut, geb. Koma-schewski, aus Treuburg, am30. Oktober

Bierkandt, Kurt, aus Groß Mi-chelau, Kreis Wehlau, am 27. Oktober

Dietzek, Emil, aus Schwarzen-ofen, Kreis Neidenburg, am 2. November

Färber, Heinz, aus Weißensee,Kreis Wehlau, am 31. Oktober

Fitschen, Erna, geb. Nowosadt-ko, aus Reuß, Kreis Treuburg,am 30. Oktober

Johansson, Ruth, geb. Omilian,aus Reiffenrode, Kreis Lyck,am 1. November

Kecker, Heinz, aus Moditten,Kreis Königsberg, am 31. Okt-ober

Oster, Waltraut, geb. Zimmer-mann, aus Kreuzingen, KreisElchniederung, am 1. Novem-ber

Schmelow, Helmut, früherSchmielewski, aus Warchal-len, Kreis Neidenburg, am 27. Oktober

Starbatty, Helene, geb. Daniel-zik, aus Reinkental, KreisTreuburg, am 30. Oktober

Steinke, Irma, geb. Ziemek, ausLenzendorf. Kreis Lyck, am29. Oktober

Szogs, Ulrich, aus Kuckerneese,Kreis Elchniederung, am 27. Oktober

Tutlies, Achim, aus Reuß, KreisTreuburg, am 31. Oktober

Werner, Ilse, geb. Henschel, ausBirkenmühle, Kreis Ebenrode,am 2. November

Topel, Gerda, geb. Weber, ausHohensprindt, Kreis Elchnie-derung, am 31. Oktober

ZUM 85. GEBURTSTAG

Behrendt, Walruth, geb. Ga-domski, aus Moithienen, KreisOrtelsburg, am 30. Oktober

Dewor, Irmgard, geb. Brozio,aus Reimannswalde, KreisTreuburg, am 31. Oktober

Geike, Waltraut, geb. Klesz, ausMoithienen, Kreis Ortelsburg,am 29. Oktober

Hansen, Eva Maria, KreisgruppeDüsseldorf, am 23. Oktober

Hüber, Ursula, geb. Lange, ausLank, Kreis Heiligenbeil, am27. Oktober

Kudzus, Horst, aus Neukirch,Kreis Elchniederung, am 27. Oktober

Kuhn, Herta, geb. Ausfeld, ausKönigshuld, Kreis Tilsit-Rag-nit, am 30. Oktober

Lepenis, Helga, aus Nikolaiken,Kreis Sensburg, am 29. Okto-ber

Pagalies, Werner, aus Trammen,Kreis Elchniederung, am 30. Oktober

Patett, Olga, geb. Renz, ausTheerwisch, Kreis Ortelsburg,am 28. Oktober

Rudorf, Gerda, geb. Bohl, ausHoppendorf, Kreis PreußischEylau, am 29. Oktober

Schmidt, Gertrud, geb. Wenzel,aus Bürgerhuben, Kreis Elch-niederung, am 28. Oktober

Schmidt, Gisela, geb. Schlenger,aus Eydtkau, Kreis Ebenrode,am 1. November

Wiechers, Edith, geb. Szislows-

ki, aus Neidenburg, am 2. No-vember

Witulski, Hildegard, geb. Itzek,aus Ebendorf, Kreis Ortels-burg, am 28. Oktober

ZUM 80. GEBURTSTAG

Angel, Annemarie, geb. Sabo-rosch, aus Gutfeld, Kreis Nei-denburg, am 28. Oktober

Baran Willy, aus Flammberg,Kreis Ortelsburg, am 30. Ok-tober

Berwein, Martin, aus Ortels-burg, am 1. November

Dannowski, Günter, aus Krös-tenwerder, Kreis Lyck, am 28. Oktober

Dembrowski, Klaus, aus Lyck,am 30. Oktober

Ferno, Peter, aus Kuglacken,Kreis Wehlau, am 30. Oktober

Freiberg, Ursula, geb. Pehwe,aus Eydtkau, Kreis Ebenrode,am 1. November

Gehring, Hans-Georg, aus Go-warten, Kreis Elchniederung,am 27. Oktober

Grahl, Elisabeth, geb. Reichert,aus Imten, Kreis Wehlau, am31. Oktober

Gutzat, Diethard, aus Reipen,Kreis Wehlau, am 29. Oktober

Kallenbach, Manfred, aus Dom-nau, Kreis Bartenstein, am 29. Oktober

Karthoff, Manfred, aus Neiden-burg, am 29. Oktober

Klär, Heinz, aus Aßlacken, KreisWehlau, am 2. November

Korth, Ulrich, aus Rügenwalde,Kreis Pommern, am 31. Okt-ober

Mork, Ella, geb. Tregel, aus Rot-

bach, Kreis Lyck, am 28. Ok-tober

Packheiser, Dieter, aus Königs-berg, am 30. Oktober

Pehlke, Sieglinde, geb. Gerlach,aus Lyck, am 30. Oktober

Sacher, Helene, geb. Naujokat,aus Kalkhöfen, Kreis Ebenro-de, am 27. Oktober

Skalischus, Heinz, aus Bladiau,Kreis Heiligenbeil, am 29. Oktober

Wollmann, Gerhard, aus Sarken,Kreis Lyck, am 31. Oktober

ZUM 75. GEBURTSTAG

Erdtmann, Hans-Joachim, ausGroß Keylau, Kreis Wehlau,am 29. Oktober

Loch, Gerhard, aus Klein See-dorf, Kreis Neidenburg, am 1. November

Pieper, Walter, aus Wehlau, am31. Oktober

Ploetner, Hans-Alfred, aus Pup-pen, Kreis Ortelsburg, am 27. Oktober

Richter, Ingrid, geb. Knizia, ausNeu Keykuth, Kreis Ortels-burg, am 1. November

Schneider, Hans-Gerd, aus Tapi-au, Kreis Wehlau, am 29. Okt-ober

Vollmer-Müller, Regina, geb.Sieg, aus Schlöppen, KreisTreuburg, am 28. Oktober

Wunderlich, Maria, geb. Heim-buchner, aus Allenburg, KreisWehlau, am 31. Oktober

Zillmer, Marie, geb. Preuß, ausLilienfelde, Kreis Ortelsburg,am 27. Oktober

ZUM 90. GEBURTSTAG

Eschment, Eberhard, aus Bers-brüden, Kreis Ebenrode, am30. Oktober

Grevsmühl, Ursel, geb. Nitz-kowski, aus Lyck, Kaiser-Wil-helm-Straße 9, am 31. Oktober

Grunert, Hildegard, geb. Je-rosch, aus Alt Kiwitten, KreisOrtelsburg, am 28. Oktober

Jabs, Gerhard, aus Lesgewan-gen, Kreis Tilsit-Ragnit, am 30. Oktober

Nehrenheim, Elfriede, geb.Kohlmeier, aus Klein Nuhr,Kreis Wehlau, am 1. Novem-ber

Ruschewitz, Günter, aus Reuß,Kreis Treuburg, am 1. Novem-ber

Sauer, Edith, geb. Bodschwinna,aus Prostken, Kreis Lyck, am27. Oktober

Szeimies, Arno, aus Loye, KreisElchniederung, am 28. Okt-ober

Thur, Erna, geb. Langhans, ausAugam, Kreis Preußisch Ey-lau, am 1. November

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AUS DEN HEIMATKREISENDie Kartei des Heimatkreises braucht Ihre Anschrift. Melden Sie deshalb jeden Wohnungswechsel.

Bei allen Schreiben bitte stets den letzten Heimatort angeben

Die Kreisgemeinschaft wirdnicht aufgelöst, sondern untereiner neuen Leitung weiterge-führt. Die Kreisvertreter konntenauf der Kreistagssitzung am 8.Oktober in Dortmund unserMitglied Siegfried Strysio zumVorstand des Kreisausschusseswählen, damit hat die Kreisge-meinschaft eine Führung. AlsStellvertreter wurde Klaus Dow-nar gewählt. Die Kassenverwal-tung liegt weiterhin in den be-währten Händen von GünterWoyzechowski. Die Mitgliederder Kreisgemeinschaft könnensich ab sofort mit allem, was sieberührt, an den neuen Vorstandwenden. Sollten Sie Rückfragenhaben, wenden Sie sich bitte anSiegfried Strysio, Telefon(05147) 975518 oder Klaus Dow-nar, Telefon (03521) 7279796.

Das gesamtdeutsche Heimat-treffen des RegierungsbezirkesGumbinnen findet wieder in deman der B 191 gelegenen „Landho-tel Spornitz“ in Spornitz amSonnabend, 11. November, von 10bis 15 Uhr statt. Kaffee und Mitta-gessen können im Hotel einge-nommen werden. Ein Übernach-tung sollte rechtzeitig angemeldetwerden unter Telefon (038726)880. Auskunft erteilt Friedrich-Eberhard Hahn unter Telefon(03871) 226238.

Donnerstag, 9. November, 13 bis18 Uhr, Best Western „Hotel zur

Der Zuspruch unserer Lands-leute wird zwar geringer, dafürersetzen Engagement und Ein-satz der Besucher und belebendie Veranstaltung. Als Gästekonnte Kreisvertreter Erwin Po-pien am 14. Oktober BrigitteStramm von der Landsmann-schaft und Dirk Vollmer vonAgoff-Arbeitsgemeinschaft ost-deutsche Familienforscher be-grüßen und nach einem gemein-samen Mittagessen mit den Eh-rungen und Gedenken der imletzten Jahr Verstorbenen die Sit-zung eröffnen. Geehrt wurdenChrista Steffen und HeinerSchüpp mit dem Verdienstabzei-chen der LO. Das Ableben vonSr. Almerida vom Katharinen-Orden und Erwin Eberlein alswohlbekannter Autor wurdenstellvertretend für die vielen ver-storbenen Landsleute erwähntund ihrer mit Schweigen gedacht.Ein sehr erfreulicher Aspekt

und mit Applaus unterstrichenwurde nach stürmischer Diskus-sion die Bereitschaft einer Grup-pe, Verantwortung im Vorstand zuübernehmen. Im März 2018 sollauf einer weiteren Kreistagssit-zung nähere Einzelheiten beraten

werden. Die weiteren Regularienwurden reibungslos genehmigt.Mit dem Hinweis auf die positi-

ven Schritte für den Erhalt unddie Entwicklung dieser Gemein-schaft beschloss der Kreisvertre-ter die gemeinsame Sitzung.

Erwin Popien

Hamburg – Mittwoch, 1. No-vember, 12 Uhr, Hotel Zeppelin,Frohmestraße 123-125: Treffen.Informationen: Manfred Samel,Telefon (040) 587585, E-Mail:[email protected].

Kreisvertreter: Erwin Popien, Ei-chendorffstraße 30, 41564 Kaarst,Telefon (02131) 62403, E-Mail: [email protected].

HEILSBERG

Kreistagstreffen

Vorsitzender Stadt & Land: ReinerBuslaps, Am Berg 4, 35510 Butz-bach-Kirch-Göns, Tel.: (06033)66228, Fax (03222) 3721953, E-Mail: [email protected] InsterburgStadt & Land e. V., Geschäftsstelle,Am Marktplatz 10, 47829 Krefeld,Postfach 111 208, 47813 Krefeld,Tel.: (02151) 48991, Fax (02151)491141, E-Mail: [email protected], Internet: www.insterbur-ger.de, Bürozeiten: Montag – Frei-tag von 8 bis 12 Uhr.

INSTERBURG −STADT UND LAND

Kreisvertreter: Siegfried Strysio,Telefon (05147) 975518. Ri-schwiesen 4, 31311 Uetze/Hänig-sen. Internet: www.kreisge-mein-schaft-johannisburg.de

JOHANNISBURG

Bitte senden Sie uns Ihre Texte und Bilder für die Folge 45 bis

Mittwoch, 1. November zu

Es geht weiter

Kreisvertreterin: Karin Banse,Wiesengrund 9, 29559 Wrestedt,OT Wieren, Telefon (05825) 642,E-Mail: [email protected],Internet: www.kreis-gumbin-nen.de.

GUMBINNEN

50. Heimattreffen

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Kreisvertreterin: Bärbel Wiesen-see, Diesberg 6a, 41372 Nieder-krüchten, Telefon (02163) 898313.Stellvertr. Kreisvertreter: DieterCzudnochowski, Lärchenweg 23,37079 Göttingen, Telefon (0551)61665.

LYCK

Treffen

Treffen der Bremer

HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung auf Seite 16

Page 16: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

16 Nr. 43 – 27. Oktober 2017 HE IMATARBE IT

Ostpreußens einzigartige Schönheit hat schonimmer bedeutende Maler angelockt. Die

Künstlerkolonie in Nidden und die KönigsbergerKunstakademie zeugen davon. Ausgewählte Werkesolcher Maler, die sich von Ostpreußen faszinierenund inspirieren ließen, sind jährlich in den exklusi-ven Kalendern des Dortmunder Verlages „type artsatz & grafik“ zu sehen. Das gilt natürlich auch für2018. Die farbenfrohen „Ostpreußische Spät-Ex-

pressionisten“ sind diesmal das Thema. Der Kalen-der hat das Format: 50 x 35 Zentimeter und kannbis zum 30. September inklusive Versand zum Vor-zugspreis von 21,50 Euro bestellt werden (später22,60 Euro).Zu erhalten ist er bei: der Kalender bei „type art

satz & grafik“, Südrandweg 15, 44139 Dortmund,Telefon (0231) 5573780, Fax (0231) 55737820, E-Mail: [email protected].

Jetzt erhältlich: Der neue Ostpreußenkalender für 2018

Eines der Kalendermotive: Ernst Mollenhauers (1892–1963) „Blick auf Purwin“ Bild: typeart

Post“, Bahnhofsplatz 11, 28195Bremen: 9. Treffen der in Bremenund „umzu“ wohnenden ehemali-gen Lycker Landsleute, derenNachkommen und Freunde. Wei-tere Informationen: Wilhelm Nor-ra, Telefon (0421) 820651.

Liebe Kreis-Preußisch-Eylauer!In diesem Jahr fand unser Kreis-treffen erstmals im Forum derVerdener Niedersachsenhallestatt, die wie das Hotel Nieder-sachsenhof in der Nähe der Land-kreisverwaltung, dem Ort unsereroffiziellen Sitzungen, liegt. Dievon der Kreisvertreterin getroffe-ne neue Ortswahl hat sich be-währt: Die Niedersachsenhalle istfür Zusammenkünfte verschie-denster Art geeignet. Der großehohe Hauptraum mit der un-mittelbar angeschlossenen Ga-stronomie kann sowohl als Gast-stätte als auch für Versammlun-

gen, als Filmsaal wie als Ausstel-lungsraum dienen. Hier saßen al-le Teilnehmer vereint – Aus-weichmöglichkeiten gab es nicht– an den herbstlich dekoriertenTischen und blieben alle beisam-men wie eine Familie. Es warenetwa 120 Landsleute gekommen.Hinzu kamen zeitweise die polni-sche und die kleinere russischeDelegation, die ein gesondertesProgramm absolvierten. Das Kreistreffen begann wie üb-

lich mit den Sitzungen des Vor-stands und der Delegiertenver-sammlung, in denen über die lau-fende Arbeit berichtet und disku-tiert wurde. Dabei wurde wiederdeutlich, dass die Kreisgemein-schaft angesichts schwindenderMitgliederzahl vor allem die Auf-gabe hat, das bisher gesammelteKulturgut für die Zukunft zu be-wahren und zugänglich zu ma-chen. Das bedeutet: Es muss wei-ter zügig archiviert werden. Dienun wieder verbesserte Finanzla-ge erlaubte es, hierfür einen an-sehnlichen Betrag bereitzustellen.Allerdings fehlt es bisher trotzwiederholter Appelle noch anHelfern, um das in den letztenJahren eingegangene Material indas vorhandene Archiv aufzuneh-men. Daher rufen wir an dieserStelle noch einmal dazu auf: Ge-schichtlich beziehungsweise hei-matkundlich Interessierte mögensich bei der stellvertretenden Vor-sitzenden Christine Bilke-Krauseunter der Mailadresse [email protected] melden. Die Tä-tigkeit ist – nach Einweisung –nicht schwierig und nicht an Zeitund Ort gebunden. Ein einfach zubefolgendes Computerprogrammist vorhanden. Auslagen werdenerstattet. Höhepunkt des Treffens war

wie voriges Jahr das Kulturpro-gramm am Sonnabendnachmittagund am Abend. Irmgard Gegner-Sünkler setzte ihre Einführung indie Familienforschung „mit prak-tischen Beispielen am Computer“fort. Sie hatte wieder zahlreicheZuhörer. Vor allem aber war dasPublikum – auch Verdener Bürgerund Interessierte aus Politik und

Verwaltung waren eingeladen –von dem Vortrag Lorenz Grimonisangetan. Das aktuelle Thema „Kö-nigsberg, das erste Territoriumder Reformation“ war auf ihn zu-geschnitten: er ist Pfarrer im Ru-hestand und hat lange Jahre dasMuseum Stadt Königsberg in Du-isburg geleitet und ausgebaut.Grimoni stellte die Zeit der ge-waltigen religiösen und politi-schen Umbrüche vor 500 Jahrenin Preußen sehr anschaulich darund würdigte dabei besonders diePersönlichkeit Albrechts vonBrandenburg-Ansbach. Der Nach-mittag klang aus mit leichtererKost: gemeinsam gesungenen Lie-dern – Albrecht Thiel, Canditten,war der Vorsänger – und SiegfriedLenz‘ unvergänglichen Geschich-ten aus „So zärtlich war Sulei-ken“, vorgetragen von Elfi Hoppe.Alles in allem ein harmonischesProgramm, von dem nicht zuletztauch die allzeit hilfsbereite Ga-stronomie profitiert haben dürfte,die dann zum Abendessen dieKönigsberger Klopse servierte.Der Vorstand, vor allem die

Kreisvertreterin Evelyn von Bor-ries, hatte ständig zu tun, um inder vorgegebenen kurzen Zeit-spanne alle notwendigen Kon-takte zu pflegen. Dazu gehörtauch die Vertiefung der Partner-schaft zu den heutigen Kommu-nen in unserem Kreisgebiet. DieDelegationen kamen nach langerAnreise schon am Donnerstag-abend in Verden an und wurdendort sogleich von den VerdenerVertretern und der Kreisvertrete-rin bei einem gemeinsamenAbendessen begrüßt. Gelegen-heit zu intensiverem Austauschbot dann am Sonnabend derEmpfang im Rathaus. Die Begeg-nungen verliefen routiniert undunkompliziert. Da die Kreisstadtauf der polnischen Seite Barten-stein ist, war der – gut deutschsprechende – stellvertretendeLandrat Pietrzak praktisch derSprecher der polnischen Delega-tion, obgleich auch die Bürger-meister der Stadt und der Land-gemeinde Landsberg, Jacek Kost-ka und Bozena Olszewska-Swi-taj, zu Wort kamen. Evelyn vonBorries fasste das gegenwärtigepartnerschaftliche Verhältnis sozusammen: „Wir sind zu Freun-den geworden.“ Sie bezog dabeiauch die Reise im August mitVerdener Vertretern nach Ost-preußen mit ein. Wie um dieseWorte zu unterstreichen, über-brachte die polnische Delegationals Gastgeschenk große LaibeBrot „aus heimischer Erde, dieuns verbindet“. Und Frau Ols-zewska-Switaj betonte (mitRecht), dass wir, die alten Kreis-Preußisch-Eylauer, verpflichtetseien, den neuen Bewohnern daskulturelle Erbe der Region zuvermitteln. Der Vertreter desneuen Landrats von PreußischEylau brachte die Anerkennungder russischen Seite für die ge-

lungene Instandsetzung der Kir-che Mühlhausen zum Ausdruck. Am Rande des Empfangs trafen

sich die Kreisvertreterin, JacekKostka und die Abgeordnete derDeutschen Gesellschaft Natangen(DGN) zu einem Gespräch, dasvom Verdener Bürgermeister LutzBrockmann moderiert wurde. DieStadt Landsberg schlägt uns vor,ein gemeinsames historischesMuseum einzurichten. Die Betei-ligten wollen dazu in Verhandlun-gen eintreten. Zunächst wirdKostka uns einen schriftlichenVorschlag zuleiten, sodann müs-sen Besprechungen in Landsbergund Allenstein folgen. In dieÜberlegungen wird auch dasHaus der DGN (das alte Lands-berger Amtsgericht) einzubezie-hen sein. Der Bürgermeisterin der

Landgemeinde Landsberg,Bo� ena Olszewska-Switaj, war esein besonderes Anliegen, von denPlänen für ein Kur-Zentrum inNeuendorf (nordöstlich vonLandsberg im Warschkeiter Wald)zu berichten. Die Bauarbeiten ha-ben schon begonnen. Neuendorfwar bereits zu deutscher Zeit einbeliebter Ausflugsort. Die Leserdes Kreisblatts und des Ostpreu-ßenblatts (Rubrik Heimatarbeit)werden über den Fortgang dieserProjekte auf dem Laufenden ge-halten.Das Preußisch-Eylau-Museum

im Kreishaus Verden fand regesInteresse, obwohl die Besuchszei-ten leider nach wie vor sehr ein-geschränkt sind. Besonders dasInteresse der polnischen und derrussischen Delegation an unse-rem Museum scheint von Jahr zuJahr zu wachsen. Das Kreistreffenklang wie üblich am Sonntag mitder Feierstunde, geleitet wiede-rum von Pfarrer i. R. Lorenz Gri-moni, und der Totenehrung aus. Das Forum der Niedersachsen-

halle hat sich als Veranstaltungs-ort hervorragend geeignet. Daherfindet das nächste Kreistreffenwieder am gleichen Ort, jedochwie in den Vorjahren am drittenSeptember-Wochenende, vom 15.bis 16. September 2018, statt. Bit-te schon jetzt vormerken! Wirwerden das Treffe wieder mitinteressanten Referenten berei-chern. M. L

Der 68. Hilfstransport derKreisgemeinschaft Schloßbergführte uns vom 10. bis 17. Septem-ber in das Königsberger Gebiet.Wir machten uns mit einemSprinter des DRK und sieben Per-sonen von Wanna/OtterndorfRichtung Osten auf den Weg.Schwer beladen mit Hilfsgüternführte uns der Weg über Berlin,Küstrin zunächst bis nach Elbing.Dort legten wir eine Zwischen-übernachtung in unserem gutbe-kannten Hotel „Zajazd Zulawy“ein. Nach einem guten Frühstückfuhren wir durch das nördlicheMasuren bis zum Grenzübergang

Goldap. Einen kurzen Stopp gabes noch in der um 1700 erbauteWallfahrtskirche Heiligelinde. Ander polnisch-russischen Grenzewurden wir korrekt behandeltund nach 90 Minuten waren alleFormalitäten erledigt. Durch dennordwestlichen Teil der RominterHeide führte uns der Weg bisnach Gumbinnen. Dort wurdenwir vom Direktor der evangeli-schen Diakonie, Alexander Mi-chel, begrüßt. Wir übergaben dorteinige Geldspenden von Privat-personen und schauten uns nochdie Salzburger Kirche an. ÜberKussen und Schloßberg führteuns der Weg bis nach Lasdehnen,unserem eigentlichen Ziel.Im Kulturhaus empfing uns die

Gruppe Tschebatucha mit einemkleinen Imbiss, anschließendsuchten wir unser Quartier in Ha-genfließ auf.Der nächste Tag führte uns

wieder zurück in die RominterHeide. Ein Mitglied der Kreisge-meinschaft Goldap überbrachtean verschiedenen StationenGeldspenden an Russlanddeut-sche Familien. Einer Pastorinüberbrachten wir eine Geldspen-

HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung von Seite 15

PREUSSISCHEYLAU

Kreisvertreterin: Evelyn v. Bor-ries, Tucherweg 80, 40724 Hil-den, Telefon (02103) 64759, Fax:(02103) 23068, E-Mail: [email protected]. Kartei, Buch-versand und Preußisch Eylauer-Heimatmuseum im KreishausVerden/Aller Lindhooper Straße67, 27283 Verden/Aller, E-Mail: [email protected], Internet:www.preuss i sch-ey lau .de . Unser Büro in Verden ist nurnoch unregelmäßig besetzt. Bittewenden Sie sich direkt an dieKreisvertreterin Evelyn v. Borries,Telefon: (02103) 64759 oderFax: (02103) 23068, E-Mail:[email protected]

Beim Empfang im Verdener Rathaus: Kreisvertreterin Evelyn von Borries (m.) mit Ehrengästen undStadtoberen Bild: privat

Kreistreffen

Treffen der Preußisch Eylauer: Erstmals im Forum der Nieder-sachsenhalle in Verden Bild: privat

Kreisvertreter: Michael Gründ-ling, Große Brauhausstraße 1,06108 Halle/Saale. Geschäftsstel-le: Renate Wiese, Tel. (04171)2400, Fax (04171) 24 24, Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen(Luhe).

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Alle Seiten »Heimatarbeit«

auch im Internet unter

www.preussische-allgemeine.de

68. Hilfstransport

Große Freude: Fahrradübergabe an eine rußlanddeutsche Fami-lie in Schloßberg Bild: privat

HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung auf Seite 17

Page 17: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

de, damit im Winter die Gebäu-de beheizt werden können, indenen kirchliche Veranstaltun-gen durchgeführt werden. ImMuseum in Groß Rominten gabes interessante Informationenüber die Geschichte der Romin-ter Heide und in Trakehnen in-formierten wir uns über das frü-here Pferdegestüt. Abends warenwir bei der Sozialarbeiterin inSchloßberg zum Essen eingela-den. Dort konnten wir uns überihre Hilfe von alten Leuten mitkleiner Rente informieren undwir berieten darüber, wie wirhelfen können. Wir kauften Le-bensmittel in Gumbinnen vonunseren Geldspenden ein undübergaben sie mit Bekleidungs-stücken, die wir mitgebracht hat-ten. Dieses wurde in hervorra-gender Weise von unseren Mit-gliedern Brigitte und Irina vorbe-reitet. Es gab sehr interessante Ge-

spräche mit diesen alten Leuten,man spürte deutlich große Dank-barkeit und es floss auch so man-che kleine Träne, auch auf unse-rer Seite. So erging es uns auchbei einer Großfamilie, die wir imletzten Jahr kennengelernt hattenund die wir gerne weiter unter-stützen möchten.Die Unterstützung des Kinder-

gartens in Schillfelde fiel bei die-sem Transport etwas kleiner aus,weil sie beim Transport im Augustschon großzügig bedacht wurde.Wir konnten dort auch nicht hin-fahren, weil dieses Gebiet zumSperrgebiet gehört und dort Ma-növer stattfinden sollten. So kamdie Kindergartenleiterin Tamara

zu uns nach Hagenfließ und emp-fing dort ihre für sie gedachtenSpenden. Der Kindergarten in Schloßberg

wurde etwas großzügiger bedacht.Vom Kindergarten Ihlienworthhatten wir Schreibmaterial mitge-bracht, des Weiteren konnten wirgespendete Zahnpflegemittel dortüberreichen. Von weiteren Spen-den konnten wir einen langer-sehnten Rasenmäher kaufen undauch gleich an die Leiterin desKindergartens Schloßberg, FrauMischkina übergeben. Wie immer wurden wir zum

Schluss unseres Besuches in die-sem Kindergarten köstlich bewir-tet. Das Küchenpersonal hattesich wieder viel Mühe gegebenund wurde von uns mit einer klei-nen Geldspende bedacht.In Schackeln, südwestlich von

Tollmingen besuchten wir einenrusslanddeutschen Gemüsebauern.Dieser junge Mann hat dort vor sie-ben Jahren ein altes Haus erworbenund toll renoviert, sodass er nebenseinem Gemüseanbau auch nochTourismus betreiben möchte. SeineErnte vermarktet er übrigens bisnach Königsberg, wo er wöchent-lich einmal hinfährt.Bei einer Besichtigung von Til-

sit konnten wir uns ein Bild vomWiederaufbau der Häuser in derInnenstadt machen, auch das Por-tal der Königin-Luise-Brücke gabes zu bestaunen.In Breitenstein betreibt unser

gutbekannter Juri Userzov einMuseum über die Geschichte Ost-preußens. Auch dieses haben wiruns angesehen und waren er-staunt, was alles seit den achtzi-ger Jahren von ihm zusammenge-tragen wurde. Von den führenden Personen

der russischen Kreisverwaltung

wurden wir im Verwaltungsge-bäude empfangen. Bei Tischredenwurde uns für die Hilfeleistunggedankt. Auch wir haben unsüber die freundliche Aufnahmegefreut und hoffen auf weitere In-tensivierung der Hilfe für bedürf-tige Menschen sowie über ge-meinsame Kultur- und Jugendar-beit.Am letzten Abend haben wir

noch mit einem guten russischenFreund in unserer Unterkunft zu-sammengesessen und Einigesüber die Veränderungen im Kö-nigsberger Gebiet erfahren.Auf der Rückreise haben wir

uns das Ostseebad Cranz an derSamlandküste angesehen. Für einBad in der Ostsee war es leiderschon zu kalt. Die Grenzkontrolle bei Heili-

genbeil verlief ohne Probleme.Bei einer Stadtbesichtigung inDanzig konnten wir noch so man-ches schöne Gebäude auf demLangen Markt bestaunen. Auchein Bummel durch die Frauengas-se hat uns natürlich gut gefallen.Nach einer Zwischenübernach-tung in Rahmel führte uns derWeg über Stettin, A20 und Lübeckwieder in das Hadelner Land.Nach der Rückkehr steht für

uns fest, dass weitere Hilfe dortnötig ist und wir auch weiterhinhelfen möchten. Unser Dank gilt der Kirchenge-

meinde Wanna, dem Kindergar-ten Ihlienworth, Ditt & Datt derLandfrauen, dem DRK Wannaund Hemmoor und vielen priva-ten Spendern, die diesen Hilf-stransport unterstützt haben.

Norbert Schattauer

Diesmal waren wir vom 9. bis19. September in der Messe- undKulturstadt Leipzig im Balance-Hotel. Um 15 Uhr empfingen wirunsere Gäste und begrüßten sie

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 17

mit einem schön gedecktenTisch mit Kaffee und Kuchen.Die Freude war groß. Vor demAbendessen stießen wir mit Sektauf guten Gelingen an. Sogar dasWetter war uns gesonnen. Am er-sten Tag machten wir eine gutvierstündige Stadtrundfahrt mitBus und Gastführerin, dessenVater auch Tilsiter war. Zum Mit-tagessen waren wir im KaiserNapoleon. Die Begleitung warhervorragend. Am Abend ehrtenwir Annemarie Knopf mit einerUrkunde und einer Bernstein-brosche und dankten ihr, dasssie am 30. Sptember 1997 dasKlassenfoto mit unserer Johan-na-Wolff-Schule im Ostpreußen-blatt inseriert hatte.Das Völkerschlachtdenkmal

war für den zweiten Tag ausge-sucht. 1813 tobte in Leipzig diegrößte militärische Auseinander-setzung des 19. Jahrhunderts.Hundert Jahre später, 1913, wur-de nach 15 Jahren Bauzeit das 91 Meter hohe Denkmal einge-weiht. Die Kosten betrugen sechsMillionen Goldmark. Es war einebeeindruckende Besichtigung.Danach machten wir Leipzig un-sicher.Um 15 Uhr begaben wir uns in

die Thomaskirche, um dem Got-tesdienst beizuwohnen und denThomanerchor zu hören. Es warein Ohrenschmaus die berühmteFreitagsmotette zu hören. Danachwaren Kaffee und Kuchen ange-

sagt. Nach dem Abendessen über-raschte uns Wolfhard Froese wie-der mit einem wunderschönenFilm von unserem Treffen 2016 inErfurt. Die Musikbegleitung warunser Ostpreußenlied.Am dritten Tag waren wir auf

der Weiße Elster und machten ei-ne 70-minütige Bootsfahrt mit ei-ner tollen Erklärung des BesitzersBootsverleih Herold. Auf demsel-ben Gelände haben wir etwas ge-gessen, dann brachte uns die Stra-ßenbahn Linie 1 in die Stadt. ZumAbendessen um 19 Uhr warenwieder alle im Hotel. Es war derletzte Tag, denn am Sonntag fuh-ren wir nach Hause. Nun heißt eswieder ein Jahr warten. Nach demAbendessen haben wir uns unter-halten. Es waren viele Themen imProgramm. Leipzig ist eine schö-ne und freundliche Stadt. So ha-ben wir sie erlebt und eine Reiseist sie mehr als wert.

Irmgard Steffen geboreneHoedtke, Schulsprecherin

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HeimatkreisgemeinschaftenFortsetzung von Seite 16

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Stadtvertreter: Hans Dzieran,Stadtgemeinschaft Tilsit, Post-fach 241, 09002 Chemnitz.Geschäftsführer: ManfredUrbschat, E-Mail: [email protected].

TILSIT–STADT

Johanna-Wolff-Schüler

In Leipzig: Brigitte Birth, Dora Oeltze, Detlef und Heidi Daehmlow (hintere Reihe v.l.). Peter Birth,Anneliese Albrecht, Abbemarie Knopfm Ute Hoffmann, Rita Rausch, Hildegard Weiss (mittlereReihe, v.l.). Imgard Steffen, Gerda Daehmlow, Wolfhard Froese, Klaus Rausch, Renate Pletzing(vordere Reihe, v.l.) Bild: Wolfhard Froese

Landesgruppe – Sonnabend,28. Oktober, 9.30 bis 17.30 Uhr,Kulturzentrum Ostpreußen,Deutschordensschloss: 2. Landes-kulturtagung. Bamberg – Mittwoch, 15. No-

vember, 15 Uhr, Hotel Wilde Rose,Keßlerstraße: Vortrag „Zu Fuß vonKöln nach Königsberg“.Ellingen – Samstag, 28. Oktober,

9.30 bis 17.30 Uhr, KulturzentrumOstpreußen, Deutschordens-schloss: 2. Landeskulturtagung.Hof – Sonnabend 11. November,

13 Uhr, Altdeutsche Bierstube HofMartinstag-Heimatnachmittag mitGansessen.Landshut – Donnerstag, 2. No-

vember: Gedenken der verstorbe-nen Landsleute mit Gräberbesuchin den Achdorfer-, Nord- undHauptfriedhöfen, anschließendTreffen im Café „Himmel“.

Frauengruppe –Mittwoch, 8, No-vember, 13.30 Uhr,Pflegestützpunkt,Wilhelmstraße 116-

117, 10963 Berlin: Totenehrung.Anfragen: Marianne Becker, Tele-fon (030) 7712354.

Rastenburg – Sonn-tag, 12. November, 15Uhr, Stammhaus,Rohrdamm 24 B,13629 Berlin; Ernte-

dankfest. Anfragen: Martina Son-tag, Telefon (033232) 188826.

Königsberg – Frei-tag, 17. November, 14Uhr, Johann-Georg-Stuben, Johann-Ge-org-Straße 10, 10709

Berlin-Halensee: Erntedankfest

Kriegsgräberfürsorge zum Volks-trauertag, anschließend Kranznie-derlegung im VDK-Ehrenhain.

KREISGRUPPEN

Frauengruppe –Freitag, 27. Oktober,15 Uhr, Haus des Be-gleiters, HardersKamp 1, Bergedorf:

Kaffeetafel mit Luthertorte.

Darmstadt/Dieburg – Unserlandsmannschaftliches Treffen am16. September stand im Zeichendes Erntedankes und begann mitkurzen Begrüßungsworten vonChristian Keller. Er bedankte sichfür den Blumenschmuck auf den

LANDSMANNSCHAFTLICHE ARBEITLANDESGRUPPEN

mit Tombola, Anfragen: Elfi Fort-ange, Telefon (030) 4944404.

Potsdam – Sonntag, 29. Okt-ober, ab 10 Uhr, „Haus der bran-denburgisch-preußischen Ge-schichte“, Veranstaltungsraum I.Etage, Am Neuen Markt 9, 14467Potsdam: Gemeinschaftsveran-staltung mit der PRUSSIA-Gesell-schaft, der Prußen-Stiftung Tolke-mita sowie der Botschaft der Re-publik Litauen. Die Teilnahme istkostenfrei. Programmschwer-punkte: 10.15 Uhr: Vorträge von Rein-

hard Grunenberg, Berlin, „Euro-päische Minderheiten und ihreFörderungen“ und „Die Zukunftder prußischen Bewegung“,13.30 Uhr: Enrico Seewald und

Dr. Matthias Dornfeldt, Berlin, re-ferieren zum Thema „HundertJahre Deutsch-Litauische Bezie-hungen“ und stellen das gleich-lautende Buch vor. 15.30 Uhr: Jörg Naß, Rheine,

bringt den Zuhörern in seinem

Vortrag „Johannes Bobrowski undseine Verbundenheit zur ostpreu-ßischen Heimat“ näher. 17 Uhr: Abschlussdiskussion,Weitere Informationen: Hans-

Jörg Froese, Phöbener Chaussee-straße 10, 14542 Werder, Telefon(0151) 58705472, E-Mail:[email protected],

Bremen – Dienstag, 31. Oktober,12 Uhr, „Hotel Robben - Grollan-der Krug“, Emslandstraße 30, inBremen-Grolland: Das traditio-nelle Entenessen der Frauengrup-pe, offen für alle Mitglieder undFreunde der Landsmannschaft.Eine halbe Ente wird als Tellerge-richt mit den üblichen Beilagenserviert und kostet 21,90 Euro proPerson. – Sie erreichen das Lokalmit den BSAG-Linien 1 und 8,Haltestelle: „Norderländerstraße“.Anmeldungen bei Frau Richter,Telefon (0421) 405515 oder in derGeschäftsstelle. Bremerhaven – Sonntag, 19.

November, 11.45 Uhr, Kapelle Ge-estemünder Friedhof: Gedenk-stunde Volksbund Deutsche

Vorsitzender: Friedrich-WilhelmBöld, Telefon (0821) 517826, Fax(0821) 3451425, Heilig-Grab-Gas-se 3, 86150 Augsburg, E-Mail: [email protected], Internet: www.low-bayern.de.

BAYERN

Geschäftsstelle: Forckenbeck-straße 1, 14199, Berlin, Telefon(030) 2547345, E-Mail:[email protected], Internet:www.ostpreussen-berlin.de. Ge-schäftszeit: Donnerstag von 14 Uhr bis 16 Uhr

BERLINVorsitzender: Hans-Jörg Froese, Phoebener Chausseestraße 10,14542 Werder, Telefon: (03327) 741603, E-Mail: [email protected],Internet: https://lolgbrandenburg.wordpress.com/

BRANDENBURG

Vorsitzender: Jörg Schulz, Telefon(04296) 747701, Am Anjes Moor4, 27628 Uthlede. StellvertrendeVorsitzende: Marita Jachens-Paul,Ratiborer Straße 48, 27578 Bre-merhaven, Telefon (0471) 86176.

BREMEN

Erster Vorsitzender: HartmutKlingbeutel, Haus der Heimat,Teilfeld 8, 20459 Hamburg, Tel.:(040) 444993, Mobiltelefon(0170) 3102815.

HAMBURG

Landsmannschaftl. ArbeitFortsetzung auf Seite 18

Darmstadt/Dieburg: Ein schmucker Erntedanktisch Bild: privat

Vorsitzender: Ulrich Bonk,Stellvertretender Vorsitzender:Gerhard Schröder, Engelmühlen-weg 3, 64367 Mühltal, Telefon(06151) 148788

HESSEN

Page 18: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

18 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

HafendesantikenRom

Ton-warenher-stellen

Strecken-verlegung

Motor-zubehör

nord.Schick-sals-göttin

krabbeln Staat inNahost

Vorrich-tung zumHeizen,Kochen

zu etwastaugen(sich ...)

Gehilfe,Mit-arbeiter

Unter-einheitvon Eurou. Dollar

Vorge-setzter eine Zahl

veraltet:Haus-ange-stellter

Gewichteheben

Längs-rinne,Rille

hintererRachen

Unter-kunft,Wohnung

Zugspitz-gewässer

poetisch:Atem

germa-nischesVolk

ring-förmigeKorallen-insel

Schädi-gungdurchFrost

wegen,auf-grund

Stadt u.See inPennsyl-vania

schweiz.-dt. Autor(Her-mann)

Reiter-sitz

Brut-stätte

FallenderBörsen-kurse

Wendungzurück

italie-nischeInsel

inRich-tung,nach

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42. Prä-sidentder USA(Bill)

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Bruderd. Mutteroder desVaters

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baum-loserStreifenim Wald

Windin Asien

aus-genom-men,frei von

Groß-vater

amerik.Film-legende(James)

FlusszurDonau

brasilia-nischeFußball-legende

demNickelähnlichesMetall

nachetwasaus-schauen

Schreit-vogel,Sichler

Hanse-schiff

Blütevor derEntfal-tung

jegliches Teil vonVietnam

isolierteelektri-scheLeitung

Mün-dungs-arm derWeichsel

massiverTräger(Bau-wesen)

spani-scherMaler(Joan)

Staatim süd-lichenAfrika

Kfz-Zeichen Cham

Brei ausFrüch-ten, Kar-toffeln

Flachs,Faser-pflanze

Grund-stoff-teilchen

Vor-nehm-tuer

ugs.:amerika-nischerSoldat

zu-weilen

heftigweinen

Name d.Storchesin derTierfabel

Vorsilbe:über,jenseits(lat.)

Lachs-fisch

Geliebtedes Zeus

O U O K O A C N S T E M M E N R I E F E S C H L U N D A T O L L L O G I S E I B S E E L I I E E R F R I E R U N G I N F O L G E C A P R I I N C A N E S T D O N F T E L E H E S S E T B E U T E G E B U R T G E L A E N D E A M M E R G E R A N I E R N T A N T I K N N N G E R T E T R I S T E S S E E R I P P E L S S C H A R G E F U E L L T L E H R E N S I A I O L I O S E S C H N E I S E M O N S U N P E L E C D E A N I N N I R O H N E K O G G E K N O S P E M I E N N B O T S U A N A B A L K E N B O C L E I N A T O M M A N C H M A L S N O B G I L H E U L E N A D E B A R T R A N S S A L M L E T O

Kreiskette

Diagonalrätsel

So ist’s richtig:

SudokuLösen Sie das japanische Zahlenrätsel: Füllen Sie die Felder so aus, dass jede waagerechte Zeile, jede senk rechte Spalte und jedes Quadrat aus 3 mal 3 Kästchen die Zahlen 1 bis 9 nur je ein-mal enthält. Es gibt nur eine richtige Lösung!

6 8 5 7 4 2 2 1 6 3 5 3 1 2 7 3 8 4 9 6 8 5 6 4 3 1 9 3 3 2 7 4

6 8 5 7 4 2 2 1 6 3 5 3 1 2 7 3 8 4 9 6 8 5 6 4 3 1 9 3 3 2 7 4

1 3 6 8 2 5 7 4 9 4 8 5 7 3 9 1 6 2 7 2 9 1 4 6 8 3 5 6 5 8 3 1 2 9 7 4 3 9 1 5 7 4 6 2 8 2 4 7 9 6 8 3 5 1 8 6 2 4 9 3 5 1 7 9 7 4 6 5 1 2 8 3 5 1 3 2 8 7 4 9 6

Diagonalrätsel: 1. Strich, 2. pellen, 3. Wuerde, 4. Ariane, 5. unklar, 6. Gondel – Seeaal, Hering

Kreiskette: 1. Garage, 2. Traute, 3. tasten, 4. Valuta, 5. Platte – Gartentulpe

Sudoku:

PAZ17_43

Die Wörter beginnen im Pfeilfeld und laufen in Pfeilrichtung um das Zahlen-feld herum. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, nennen die elf Felder in der oberen Figurenhälfte eine Pflanze.

1 Abstellraum für Fahrzeuge, 2 Mut, Zuversicht (umgangssprachlich), 3 fühlen, berühren, 4 fremde Währung, 5 sehr flache Servierunterlage

Wenn Sie die Wörter nachstehender Bedeutungen waagerecht in das Dia-gramm eingetragen haben, ergeben die beiden Diagonalen zwei Fisch-arten.

1 Linie2 norddeutsch: schälen3 Ehrgefühl, Haltung4 Roman von Anet5 verschwommen, vage6 Kabine einer Seilbahn

HEIMATARBE IT

Tischen bei Waltraud Barth und beiGisela Keller für die gelungene Ge-staltung des Erntedanktisches.Zum Nachdenken waren auch

die Bibelworte von Herrn Turowski.Zahlreiche Geburtstagskinder auchein Eisernes Hochzeitspaar zähltenzu der Spenderschar für Kaffee, Ku-chen und Erntedankgaben. AuchIhnen wurde herzlichst gedanktnicht zuletzt mit einem musikali-schen Glückwunsch, vorgetragendurch die Musik- und Gesangs-gruppe Biebesheim- Dornheim.Zwischenzeitlich war auch Ger-

hard Schröder trotz seines Unfallesnach ärztlicher Versorgung dochnoch eingetroffen. Mit einem kur-zen Überblick über das Treffen derLOW Mecklenburg-Vorpommern inStralsund, das er und HanneloreNeumann besuchten, gestalteteGerhard Schröder den weiterenProgrammablauf. Eine Lieder-sammlung erinnerte an die HeimatDerjenigen die durch Flucht undVertreibung ihre Heimat verlassenmussten. Anni Oest gratulierte, wieimmer, mit einem kleinen Gedicht,den Geburtstagskindern der letztenWochen. Mit einem Gedicht vorge-tragen von Hannelore Neumann,und einer wissenswerten Analyseüber unsere ostpreußische Heimatsetzte Gerlinde Groß gekonnt dieVortragsreihe fort. Carla Jaenichtrug im ostpreußischen Dialekt einGedicht vor.Nach einer Musik- und Gesangs-

einlage verlas Gisela Keller einenArtikel aus der „Frankfurter Allge-meine Sonntagszeitung“ mit demTitel „Lorbas und Marjellchen“:Was bleibt, wenn ein Dialekt stirbt?Leute, die ihn lieben und lebendighalten. Wie Rudolf Waldmann dasOstpreußische. Ein Lieder-Potpour-ri leitete das Ende der gelungenenVeranstaltung ein. Mit Worten desDankes an alle Mitwirkenden wur-de an unsere nächstes Treffen am11. November erinnert. Allen Kran-ken wünschen wir beste Genesung.Kassel – Donnerstag, 2. No-

vember, 14.30 Uhr, AWO-Alten-zentrum, Am Wehrturm 3, Kas-sel. Karin Balk berichtet überPuppen und Spielzeug in unsererKinderzeit.

Wetzlar – Montag, 13. Novem-ber, 19 Uhr, „Grillstuben“, Stop-pelberger Hohl 128: Der Marbur-ger Historiker Dr. Peter Wörsterspricht zum Thema „Mitten in Eu-ropa – und doch an der Periphe-rie. Baltische Geschichte im Über-blick“. Der Eintritt ist frei. Kon-takt: Kuno Kutz, Telefon (06441)77055.Wiesbaden – Dienstag, 14. No-

vember, 14.30 Uhr, Haus der Hei-mat, Wappensaal, Friedrichstraße35: Frauengruppe „Winterfreudenin der Heimat“.

Helmstedt – Donnerstag, 9. No-vember, 15 Uhr, Begegnungsstätte,Schützenwall 4: Treffen.Rinteln - Donnerstag, 9. Novem-

ber, 15 Uhr, Hotel Stadt Kassel,Klosterstraße 42, 31737 Rinteln:

Monatstreffen mit Lichtbildervor-trag von Professor Heinz Schür-mann, Bielefeld zum Thema„Unterwegs in Böhmen“. Nebenden Mitgliedern sowie Angehöri-gen, Freunden und Bekanntensind auch interessierte Gäste ausNah und Fern herzlich willkom-men. Weitere Auskünfte zurlandsmannschaftlichen Arbeitgibt es beim Vorsitzenden, Joa-chim Rebuschat, unter Telefon(05751) 53 86 oder über: [email protected] – Mehr zum The-ma der Veranstaltung im Internet;www.myheimat.de/2836237.Oldenburg – Die Landsmann-

schaft Ostpreußen und Westpreu-ßen Oldenburg konnte trotz derisolierten Situation von Oldenburg(es fuhren keine Züge nach Bre-men) den Schauspieler und Hör-spielsprecher Klaus Nägelen ausLilienthal bei Bremen begrüßen,der zusammen mit Heinrich Loh-mann, Vorsitzender der Ost- undWestpreußen Bremen, per Auto an-gereist kam. Umrahmt von der Ern-tedankatmosphäre durch unserenBasar mit Ernteprodukten ausheimischer Fertigung trug NägelenLyrik und Prosa von Johannes Bo-browski einem interessierten Publi-kum vor: „Holunderblüte“, „Kind-heit“ und „die Frauen der Neh-rungsfischer“ als Lyrik und Prosaaus der späteren Schaffenszeit Bo-browskis „Das Käuzchen“, „Mäuse-fest“ und „De homine publico trac-tatus“. Erläuternd und gefühlvolltrug er die teilweise schwere Kostvor und ermöglichte einen ver-ständnisvollen und offenen Hörge-nuss. Das Ostpreußenlied und Lie-der zum Herbst rundeten einenschönen Nachmittag ab.

Gisela Borchers

Bonn – Dienstag, 7. November,18 Uhr, „Haus am Rhein“, Elsa-Brändström-Straße 74: Vortrag von

Elimar Schubbe „50 Jahre Zeitzeu-genschaft eines Journalisten im20ten Jahrhundert“. – Mittwoch, 8.November, 15 Uhr, Erkerzimmerder Stadthalle Bad Godesberg:Treffen des Freundeskreises derOst- und Westpreußen.Düsseldorf – Jeden Mittwoch,

18.30 bis 20 Uhr, Eichendorff-Saal, Gerhart-Hauptmann-Haus(GHH), Bismarckstraße 9: Chor-probe der Chorgemeinschaft Ost-preußen-Westpreußen-Sudeten-land. – Sonnabend, 28. Oktober,15 Uhr, Eichendorff-Saal, GHH:Erntedankfest, Einlass ab 14 Uhr.– Sonnabend – 4. November, 15Uhr, GHH: Vortrag von Dr. SabineGrabowski und Professor Win-freid Halder „Reformationsjahr2017“, „Mein Luther – Zwei Per-spektiven auf den Reformator“. –Mittwoch, 8. November, 15 Uhr,Raum 311, GHH: OstdeutscherStickkreis. – Mittwoch, 8. Novem-ber, 19 Uhr, GHH: „Schlesien“ –Liebesgedichte von Barock bisGegenwart mit Frank Schwa-blewski und Dr. Jürgen Nelles –Freitag, 10. November, 18 Uhr,

GHH: Verleihung des „Andreas-Gryphius-Preises“. – Mittwoch,15. November, 19 Uhr, GHH: Do-kufilm, tschechisch „EuropeanArch. Bohuslav Fuchs“.Neuss – Sonntag, 29. Oktober, 11

Uhr (Einlass ab 10 Uhr), Marien-haus, Kapitelstraße 36: Feierlich-keiten 65 Jahre LandsmannschaftOstpreußen, Kreisgruppe Neuss. –Jeden ersten und letzten Donners-tag im Monat, 15 bis 18 Uhr, Ost-deutsche Heimatstube, Oberstraße17: Tag der offenen Tür.Wesel – Sonnabend, 4. Novem-

ber, 15 Uhr, Heimatstube, Kaiser-ring 4: Ostdeutscher Kulturabend(29. Preußische Tafelrunde). DerKulturreferent der Gruppe, Paul So-botta, spricht über den großen ost-deutschen Schiffs- und Lokomotiv-bauer Ferdinand Schichau. WeitereInformationen: Paul Sobotta, Tele-fon (0281) 45657 oder ManfredRohde, Telefon (02852) 4403.

Mainz – Sonnabend, 4. Novem-ber, 15 Uhr, Mundus Residenz,Große Bleiche 44: Heimatnach-mittag mit Ostpreußenfilm.

Magdeburg – Dienstag, 7. Novem-ber, 13 Uhr, Immermannstraße 19:Treffen der Stickerchen. – Freitag,10. November, 16 Uhr, Sportgast-stätte bei TuS Fortschritt, ZielitzerStraße: Treffen des Singkreises.

Pinneberg – Donnerstag, 9. No-vember, 15 Uhr, Restaurant „Mon-dea“, Mühlenstraße 70d: „Gänse-verspielen“ (Bingo) Uetersen – Freitag, 10. Novem-

ber, 15 bis 17 Uhr, Haus Ueter-sEnd, Kirchenstraße 7: Frank Fa-rin berichtet über die wirtschaftli-che und politische Situation.

Landesgruppe – Donnerstag, 9.November, Klub Volkssolidarität,Rötweg 6, Schmalkalden: Heimat-nachmittag.

Am 14. Oktober verstarbnach kurzer Krankheit

Werner Rommeis, der Leiterder Folkloregruppe Wandersle-ben, im Alter von 86 Jahren. Wir bedauern das sehr, wir

werden ihn vermissen. Er hatsein Lebenswerk vollbracht,viele Menschen beglückt underfreut, ostpreußisches Brauch-tum und Kulturgut gepflegt underhalten. Dafür sind wir ost-preußischen Landsleute, dieden verehrten Verstorbenen inVeranstaltungen deutschland-weit erlebten, sehr dankbar. Der gelernte Schrift- und Gra-

phikmaler Werner Rommeis hol-te sich als gebürtiger Thüringersein Wissen über Ostpreußenaus den Erzählungen seiner FrauIrene, einer Memelländerin, undaus der ostpreußischen Literatur.Er war ein exzellenter Kennerund Verehrer unserer Heimat,des Landes der dunklen Wälder

und kristallenen Seen. Er ver-stand es, sein Wissen musika-lisch durch Gesang, Tänze undvielfältige Darstellungen, aber oftauch nur durch Worte, die demostpreußischen Dialekt ent-stammten, umzusetzen. Zahl-reich waren die Landsleute, dieam Schluss der Veranstaltungmit ihm das Gespräch führtenund um Texte baten. Auch daraufwar er vorbereitet, im Kleinenwie im Großen ein tüchtiger Or-ganisator. Mit letzter Kraft, die Atemluft

wurde knapp, griff er im Pflege-bett liegend zu seiner Mund-harmonika und verkündete,dass Feierabend für ihn sei. Füruns wie ein Vermächtnis! Wie wönsche em a Platzke

am Himmelsrand, dat he jeder-tied sehe kann, Thüringen undat Ostpreußeland!

Margarete Ritter, Folklore-gruppe Wandersleben/Thür.

Nachruf: Es ist Feierabend ...Landsmannschaftl. ArbeitFortsetzung von Seite 17

Wetzlar: Der Historiker PeterWörster spricht über baltischeGeschichte Bild: Rühl

Vorsitzende: Dr. Barbara Loeffke,Alter Hessenweg 13, 21335 Lüne-burg, Telefon (04131) 42684. Be-zirksgruppe Lüneburg: ManfredKirrinnis, Wittinger Straße 122,29223 Celle, Telefon (05141)931770. Bezirksgruppe Braun-schweig: Fritz Folger, Sommerlust26, 38118 Braunschweig, Telefon(0531) 2 509377. BezirksgruppeWeser-Ems: Otto v. Below, NeuenKamp 22, 49584 Fürstenau, Tele-fon (05901) 2968.

NIEDERSACHSEN

Vorsitzender: Wilhelm Kreuer,Geschäftsstelle: Buchenring 21,59929 Brilon, Tel. (02964) 1037,E-Mail: [email protected], Internet: www.Ost-preussen-NRW.de

NORDRHEIN-WESTFALEN

Alle Seiten »Heimatarbeit«

auch im Internet

Vors.: Dr. Wolfgang Thüne, Worm-ser Straße 22, 55276 Oppenheim.

RHEINLAND-PFALZ

Vors.: Michael Gründling, GroßeBrauhausstraße 1, 06108 Halle,Telefon privat (0345) 2080680.

SACHSEN-ANHALT

Vors.: Edeltraut Dietel, August-Bebel-Straße 8 b, 07980 Berga ander Elster, Tel. (036623) 231414.

THÜRINGEN

Vors.: Edmund Ferner, Julius-Wichmann-Weg 19, 23769 Burgauf Fehmarn, Telefon (04371)8888939, E-Mail: [email protected]

SCHLESWIG-HOLSTEIN

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Nr. 43 – 27. Oktober 2017 19HEIMATARBE IT

Sechzig Jahre Treue zu Ost-preußen. 60 Jahre aufopfe-rungsvoller Einsatz für die

Heimat, 60 Jahre ehrenamtliche Ar-beit zur Erhaltung und Pflege ost-preußischer Kultur mit dem Blickin die Zukunft! Eine Gedenkveran-staltung im Ostpreußischen Lan-desmuseum würdigte jetzt diesesnoble und hocherfolgreiche Tun.Anlass war die Gründung des „Ost-preußischen Jagdmuseums – Wild,Wald und Pferde Ostpreußens“ am23. Dezember 1957. HochkarätigeGäste und Redner fanden sich ein,darunter die Bundestagsabgeordne-ten Eckhard Pols (CDU) und KlausBrähmig (CDU), Vorsitzender derGruppe der Vertriebenen, Aussied-ler und deutschen Minderheiten imDeutschen Bundestag. Sie hörten zunächst einen Rük-

kblick auf die Entstehungsge-schichte des Jagdmuseums. BarbaraLoeffke, Vorsitzende des „Förderer-kreises Ostpreußisches Jagdmu-seum – Hans-Ludwig Loeffke Ge-dächtnisvereinigung“ beschrieb dieAnfänge: Der 1906 in Tilsit gebore-ne Forstmeister a.D. Hans-LudwigLoeffke, aus einer Familie stam-mend, die seit 1620 in Ostpreußenansässig war, wollte fern der Hei-mat die Erinnerung nicht nur beiseinen Schicksalsgefährten an dasOrdensland am Pregel wachhalten,sondern auch bei Nicht-Vertriebe-nen. Das, so meinte er, könntedurch Ausstellungen mit Jagdtro-phäen erreicht werden. In einemgrößeren Rahmen konnte Loeffkeseine Idee auf einer Ausstellung derDeutschen Landwirtschafts-Gesell-schaft und dem Bundestreffen derLandsmannschaft Ostpreußen1953 in Bochum verwirklichen.Diese Ausstellungen fanden nicht

nur die ungeteilte Aufmerksamkeitder Ostpreußen, sondern auch derMitglieder des Deutschen Jagd-schutzverbandes. So wurde Hans-Ludwig Loeffke beauftragt, auf derInternationalen Jagdausstellung inDüsseldorf 1954, die Gedenkschau„Deutscher Osten“ aufzubauen. Siewurde bei den 800000 Besuchernwegen der dort gezeigten Trophäen

zu einer Sensation. Für Loeffkestand endgültig fest, seine Idee indie Tat umzusetzen: Geeignetes An-schauungsmaterial über das, wasfür Ostpreußen typisch war, zu-nächst schwerpunktmäßig über dieBereiche Wild, Wald und Pferde zu-sammenzutragen und in einer Dau-erausstellung, in einem Ostpreußi-schen Jagdmuseum, der Öffentlich-keit zugänglich zu machen. Dasendgültige Ziel: Einmal das ganzeOstpreußen in einer musealen Do-kumentation festzuhalten. Am 8. Dezember 1958 konnte

dann das „Ostpreußische Jagdmu-seum – Wild, Wald und Pferde Ost-preußens“ in dem traditionsreichenLüneburger Alten Kaufhaus feier-

lich eröffnet werden. Doch schonein Jahr später, in der Nacht vom22. auf den 23. Dezember 1959wurde es durch Brandstiftung ver-nichtet. Außer vier anderen Gewei-hen konnte nur der sogenannte U-Boot-Hirsch, der 1945 aus dem ein-geschlossenen Danzig – am Kom-mandoturm eines U-Boots befestigt– gerettet werden. Dank der Initiative von Loeffke

gelang es mithilfe der Stadt Lüne-burg, die ein altes Lüneburger Patri-zierhaus zur Verfügung stellte, dasMuseum 1964 wieder zu eröffnen.Die Ostpreußen kamen von nahund fern, um ein Stück ihrer Hei-mat wiederzufinden. Wie gelungenInhalt und Aufbau des Jagdmu-seums war, bezeugte auch das voneinem Künstler geschaffene Elch-diorama, das von Fachleuten da-mals als das schönste Diorama Eu-ropas bezeichnet wurde. Zwei Er-weiterungsbauten folgten, der letzte1974, fünf Wochen vor dem Tod vonHans-Ludwig Loeffke. Das Ostpreu-ßische Jagdmuseum wurde ehren-amtlich weitergeführt, bis im Jahr1982 von der Bundesregierung die

„Grundsatzkonzeption zur Weiter-führung der ostdeutschen Kulturar-beit“ verabschiedet wurde, die fürErhaltung, Pflege und Weiterfüh-rung der ostdeutschen Kulturarbeitendlich ein festes Fundament bilde-te. Es gelang, ein Grundstück in derRitterstrasse zu erwerben, um dorteinen Museumsneubau zu errich-ten, der es erlaubte, Ostpreußen inseiner Gesamtheit darzustellen. Am26. Juni 1987 öffnete das nun inOstpreußisches Landesmuseumumbenannte Museum seine Pfortenmit 3000 Quadratmetern Nutzflä-che.Wie steinig und mit wieviel per-

sönlichem Einsatz der Weg bis zudiesem Junitag trotz Bereitstellungöffentlicher Mittel war, deren Ver-gabe aber an viele Bedingungengeknüpft war, die die Ostpreußenzu meistern wussten, schilderteder Vorsitzende des Vereins Ost-preußisches Jagd- und Landesmu-seum, Hubertus Hilgendorff. DieBestände wuchsen, viele kostbareErinnerungsstücke, die Flucht undVertreibung überlebt hatten, unddie für die Darstellung Ostpreu-ßens so wichtig waren, konntenaufgrund von Platzmangel schließ-lich nicht mehr gezeigt werden.Dank der Finanzierung durch die

öffentliche Hand und namhafteSpenden der ostpreußischenLandsleute konnten ein Um- undErweiterungsbau in Angriff ge-nommen werden, der 2018 hof-fentlich vollendet sein wird. Wiedereröffnet wird das Ost-

preußische Landesmuseum am27. August 2018. Diesen Termingab Direktor Joachim Mähnert inseiner Ansprache bekannt (sieherechts). Der langjährige Bundes-tagsabgeordnete Klaus Brähmig,der dem neuen Bundestag nichtmehr angehören wird, bekundeteseine Zuneigung für das Schicksalder vertriebenen Ostpreußen undihre Heimat in einem eindrucks-vollen Grußwort. Höhepunkt derVeranstaltung war dann ein Vor-trag des Forstdirektors Horst Bu-schalsky über „Jagd und Jäger inOstpreußen“ (siehe unten). Diewie immer gelungene musikali-sche Umrahmung durch dieBöhmsholzer Jagdhornbläserreichte vom Fürstengruß über dasÄnnchen von Tharau und das Lu-therlied „Ein feste Burg ist unserGott“ bis zum Ostpreußenlied.

PAZ

Klaus Brähmigs Grußwort findensie in unserer nächsten Ausgabe

Horst F. Buchalsky (62) ist einprofunder Kenner der einzigarti-gen Natur Ostpreußens, ihrerTiere und der dortigen Jagdver-hältnisse. Dass er auch fesselndund unterhaltsam darüber be-richten kann, zeigte er bei seinemVortrag anlässlich der Gedenk-veranstaltung. Der leitende Forst-direktor sprach zum Thema„Jagd und Jäger in Ostpreußen –einst und heute“. Die PAZ veröf-fentlicht seinen Vortrag in mehre-ren Teilen. Lesen Sie hier den er-sten Teil.

Marion Gräfin Dönhoffschreibt im Jahr 2001 in ihren„Bemerkungen zur GeschichteOstpreußens“ unter anderem dasFolgende: „Und dann trauert je-der, der dort zu Hause war, na-türlich der Landschaft nach –den weiten Wiesen und Feldernunter dem großen Himmel desOstens; den einsamen Wäldernund klaren Seen, dem Zug derWildgänse, Störche und Kranicheim Frühjahr und Herbst, demabendlichen Schnepfenstrichund der morgendlichen Pirschdurch tauglänzendes Gras. … Werdas erlebt hat, der wird nie etwasanderes seine Heimat nennen alsOstpreußen“.Diese Worte bringen zum Aus-

druck, dass noch heute Ostpreu-ßen nicht nur etwas mit dem Ver-lust von Besitz und Eigentum,mit dem Verlust von Menschen,Bekannten und Freunden, mitdem Verlust einer sorglosenKindheit und Jugend, mit dem

Verlust einer landsmannschaft-lichen Verbundenheit gepaartmit einem eigenen ostpreußi-schen Menschenschlag und ei-gener Mundart zu tun hat, son-dern auch mit einer großenempfindsamen, innigen Ver-trautheit, Verwurzelung und Ge-fühlsbetontheit.Ostpreußen, also ein Land wie

im Traum; ein Land der dunklenWälder und kristallenen Seen.Das Ostpreußenlied drückt dabeiaus, worum es geht. Es gibt, diesesubjektive Einschätzung sei mirverziehen, ja auch keine schöne-re landsmannschaftliche Hymneals unser Ostpreußenlied.1945 war das alles am Ende. Die

Ostpreußen bekamen mit vollerWucht als erste deutsche Zivilbe-völkerung die direkte, unmittelba-re Gewalt des Krieges zu spüren.Die Flucht und die spätere

Vertreibung, das Leid von un-zähligen Frauen, Kindern undalten Menschen ist unvorstellbargewesen. Die Rache des Feindeswar unendlich. Der einzelneMensch konnte nichts machen;er war dem Spiel der entfesseltenKräfte schutzlos ausgesetzt. Erwar einfach nur hilflos. Gerech-tigkeit war abgeschafft.Es gibt aktuell eine Reihe von

Büchern, die sich mit dem Ge-

schehen in Ostpreußen 1944 / 45beschäftigen. Das eindrücklich-ste und aufwühlendste war fürmich das von Freya Klier, „Wirletzten Kinder Ostpreußens“. Ichempfehle es sehr.Insgesamt war es eine europäi-

sche, politische Katastrophe, aus-gelöst durch ideologische, dog-

matische und nationalistischeVerblendung. Der einzelneMensch wurde in dieser Krieg-maschinerie aufgerieben.Und dann kommen die Men-

schen aus Ostpreußen und den an-deren Provinzen Ostdeutschlands– geflüchtet, vertrieben, gestrandetund verfemt, nur glücklich am Le-

ben zu sein – irgendwo in derMitte und im Westen Deutsch-lands an, oftmals sind sie garnicht willkommen; das Weltbild,die bis dahin gute Zukunft zer-stört, die Heimat verloren, Ver-wandte, Freunde, Bekannte tot.Viele sind daran verzweifelt. Nicht aber die Menschen, die

sich sehr bald nach der Kriegskat-astrophe zusammenfanden, umihre persönlichen Interessen undRechte sowie die ihrer gestrande-ten Landsleute zu vertreten undin die Hand zu nehmen. Dazu ge-hörte auch Hans-Ludwig Loeffke,der das in besonderer Weise tatund so unter anderem 1957 zumInitiator und Begründer des „Ost-preußischen Jagdmuseums –Wild, Wald und Pferde Ostpreu-ßens“ wurde, aus dem das heutige„Ostpreußische Jagd- und Lan-desmuseum“ hervorgegangen ist.Hier schließt sich der Kreis zu

den Eingangsworten der GräfinDönhoff; denn warum wählteHans-Ludwig Loeffke das Thema„Wald, Wild und Pferde“ und nichtvon vornherein die Kultur Ost-preußens als Thema für die Be-gründung einer Erinnerungsstätte?Es ist nicht nur der Tatsache ge-schuldet, dass Loeffke passionier-ter Forstmann und Jäger war under 1953 und 1954 auf dem

Deutschlandtreffen der Ostpreu-ßen beziehunsweise der Interna-tionalen Jagdausstellung in Düssel-dorf eine hervorragende und vonallen Besuchern und Experten ge-lobte Präsentation ostpreußischerJagdverhältnisse organisierte unddurchführte, sondern es war dasThema selbst, was sich aufdrängte.Starke Hirsche und urige El-

che, die edlen Trakehner, das lei-stungsfähige Herdbuchvieh, allesin einer besonders liebenswer-ten, zum Teil ursprünglichenLandschaft waren – wir würdenheute sagen – Markenzeichen,die in Deutschland und darüberhinaus einen bekannten Namenhatten und mit der Provinz Ost-preußen verbunden wurden. Seitfast 200 Jahren genießen Wald,Wild und Jagd in Forst- und Jä-gerkreisen einen außerordent-lichen Ruf. Und dafür gibt esGründe.Insbesondere auf den Interna-

tionalen Jagdausstellungen 1880in Budapest, 1890 in Graz, 1910 inWien, 1930 in Leipzig und 1937 inBerlin zeigte sich vor allem beimRot-, Elch- und Rehwild die Lei-stungsfähigkeit ostpreußischerReviere. Sie waren unter anderemein wesentlicher Grund deraußerordentlichen Wertschätzungund Anerkennung ostpreußischerHege- und Jagderfolge.

So usprünglich war die Natur,dass sogar Bär, Wolf und Wisentnoch lange Zeit durch Ostpreu-ßens Wälder streiften. Mehr dar-über in der nächsten Ausgabe.

»Ein Land wie im Traum«Jagd und Jäger in Ostpreußen – Teil I des Vortrages von Horst F. Buschalsky

Hirsch in Rominten: „Außerordentliche Wertschätzung und An-erkennung ostpreußischer Hege- und Jagderfolge“ Bild: Archiv

Gäste und Veranstalter: Der Bundestagsabgeordnete KlausBrähmig, Barbara Loeffke, Museumsdirektor Joachim Mähnert,Hubertus Hilgendorff und Forstdirektor Horst Buchalsky Bild: privat

Für Fachleute dasschönste Elchdiorama

in ganz Europa

Joachim Mähnert, Direktor desOstpreußischen Landesmu-seums, gab einen Einblick zumaktuellen Stand der Bauarbeitenzur Modernisierung und Erwei-terung des Hauses. Die PAZdruckt ihn hier in einer gekürz-ten Version.

Was erwartet Sie, wenn wir imkommenden Jahr, am 25. August2018, unsere Türen wieder öff-nen? Zuallererst eine große, for-dernde Themenvielfalt! Diese istunvermeidlich. Niedersachsenhat sechs große Landesmuseen.Wir aber haben,auch dank derneuen Aufgabe,einer deutsch-baltischen Ab-teilung, eine Re-gion abzudek-ken, die vier Malso groß ist wie Niedersachsen.Junge und Alte wollen und sol-len zudem möglichst gleichran-gig angesprochen werden undbeide das Museum als lohnens-wertes Erlebnis erfahren. Klarist, je geringer das Vorwissen,desto aufwendiger muss didakti-sche Vermittlung eingesetzt wer-den. Kürzlich ergab eine Studie,dass noch nicht einmal die Hälf-te der 14- bis 16-jährigen wissen,was Auschwitz ist. Sie könnensich vorstellen, wie viel wir dannvon unseren jungen Besuchernzu Königsberg und Kant, Deut-scher Orden und Tannenberg er-warten dürfen.Und noch eine Herausforde-

rung: Die neue Dauerausstellungsoll mehr Inhalte und Themenals die alte vermitteln: nicht nurdas alte Ostpreußen mit seinerGeschichte, Kultur und Land-schaft, sondern ebenso dieDeutschbalten mit ihrer komple-xen Geschichte. Und nicht zu-letzt werden wir endlich auch

das Ankommen der Heimatver-triebenen in Norddeutschland,wo sie millionenfach strandeten,neu anfangen mussten und ihrengroßen Beitrag zum Wiederauf-bau der Bundesrepublik geleistethaben, einen eigenen, nicht un-bedeutenden Abschnitt widmen. Planen Sie also ausreichend

Zeit für einen Besuch der neuenDauerausstellung ein. Die Flächeist gewachsen. Wir zeigen Ihnenüber 2000 Exponate. Angesichtsdes heutigen Schwerpunktthe-mas sei Ihnen versichert: dieJagd wird ihre Rolle spielen, und

dies nicht nurzu Kaisers Zei-ten, sondernauch, was sieheute kenn-zeichnet – hier-für Dank an dasMin i s te r i um

von Herrn. Buschalky sowie dieFörderer, welche hier großzügiggeholfen haben. Das Ostpreußische Landesmu-

seum wird ein Stück Heimat fürall diejenigen sein, die ihre fami-liären Wurzeln dort haben. Füralle, ob mit familiärer Bindungoder ohne, will es anregen, sichmit unserer Geschichte und Kul-tur auseinanderzusetzen, umsich auf sich selbst zu besinnenund darüber nachzudenken, wieunser Land zu dem wurde, wases ist. Hierfür wollen wir dieMenschen für dieses zauberhaf-te Land Ostpreußen begeistern,und Heimat als einen Ort derSehnsucht benennen. Ein klugerMann – kein Ostpreuße – hateinmal ausgeführt: „Wenn du einSchiff bauen willst, dann tromm-le nicht die Männer zusammen,um Holz zu beschaffen, Aufga-ben zu vergeben und die Arbeiteinzuteilen, sondern lehre dieMänner die Sehnsucht nachdem weiten, endlosen Meer.“

Treue und Einsatz auf einem steinigen WegEin denkwürdiges Jubiläum galt es in Lüneburg zu feiern – Vor 60 Jahren wurde das Ostpreußische Jagdmuseum gegründet

Am 27. August 2018wird das Museumwiedereröffnet!

Das Museum als Erlebnis

Page 20: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

20 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Nach dem Sturmtief Xavier war bei der Deutschen Bahn großes Aufräumen angesagt: Weil sich die Flora entlang der Bahngleiseungebremst ausbreiten konnte, gab es durch Sturmschäden tagelang Zugausfälle auf wichtigen Bahnlinien Bild: pa

Leserbriefe geben die Meinung derVerfasser wieder, die sich nicht mitder der Redaktion decken muss.Von den an uns gerichteten Briefenkönnen wir nicht alle, und viele nurin Auszügen, veröffentlichen. Alleabgedruckten Leserbriefe werdenauch ins Internet gestellt.

Zu: Versagen Nr. (41)

Sturm und Schneebruch sindEreignisse, die jedes Jahr mehr-mals auftreten und Verkehrsteil-nehmer beeinträchtigen. Bis voretwa 20 Jahren musste der Ver-kehr auf Eisenbahn-Fernverkehrs-strecken bei widrigen Wetterver-hältnissen nicht eingestellt wer-den, denn aus der Dampflokzeitgab es noch zunehmend verwil-dernde Brandschutzstreifen ne-

ben der Strecke. Auf diesen wur-de früher der Bewuchs niedrig ge-halten, um Waldbrände durchFunkenflug zu vermeiden.

Jetzt wachsen in diesen Streifenhohe Bäume, weil der Bundesge-setzgeber es versäumt hat, im All-gemeinen Eisenbahngesetz vorzu-schreiben, dass Baumwuchs ne-ben der Strecke so niedrig zu hal-ten ist, dass bei Sturm undSchneebruch Äste und Bäumenicht auf Gleise und Oberleitung

fallen und dass das Gefährdungs-und Schadensrisiko beim Um-stürzen von Bäumen die Eigentü-mer der an die Eisenbahnstreckeangrenzenden, stark bewachse-nen Grundstücke tragen.

Es ist nicht einzusehen, dassder Schutz von Bäumen juristischwegen etwaiger Forderungen desNaturschutzes höher angesetztwird als der Schutz von Men-schen und die Sicherheit des Ei-senbahnverkehrs. Immerhin be-

trägt der Waldanteil in Deutsch-land knapp ein Drittel der Fläche.Er nimmt sogar leicht zu, obwohlständig flächenfressende Bau-maßnahmen die Natur beein-trächtigen. Warum also sollen ver-hältnismäßig wenige Bäume un-mittelbar neben den Eisenbahn-strecken Menschenleben gefähr-den oder zu tagelangen Betriebs -einstellungen führen?

Zu bedenken ist, dass Züge vorHindernissen einen deutlich län-

geren Bremsweg besitzen als Stra-ßenfahrzeuge, weshalb Bäume,die neben Eisenbahnstreckenwachsen, bei starkem Sturm deut-lich gefährlicher sind als solche,die an Straßen stehen. Die bean-standeten tagelangen Betriebsein-stellungen zeigen wieder einmaldie Unfähigkeit und Verantwor-tungslosigkeit der zuständigenVerkehrspolitiker und des Gesetz-gebers. Wolfgang Hendlmeier,

München

Zu: Die hehre Theorie vom Parla-mentarismus (Nr. 40)

Der Autor hat den Zustand un-seres Berliner Parlamentarismusmit dem Fazit, „Deutschlands Ver-fassungswirklichkeit ist in Unord-nung“, zutreffend beschrieben.

Unerwähnt blieb, dass derBundestag mit der Großen Koali-tion nicht willens und nicht fähigwar, mit Wahlrechtsänderungendie weitere Aufblähung des Parla-mentes zu verhindern.

So haben die Steuerzahler nunstatt 598 durch Überhang- undAusgleichsmandate 709 Abgeord-

nete zu bezahlen. Das macht invier Jahren 200 Millionen EuroMehrkosten aus.

Das vom Autor erwähnte „über-aus günstige Biotop für die Kanz-lerin“ garantiert, dass Deutsch-land die zweithöchste Steuerlastder Welt behält, die Sommerzeitvielleicht 2041 abgeschafft wirdund der Solidaritätszuschlagwahrscheinlich erst im Jahr 2090zeitgleich mit der Streichung desTages der Einheit wegfällt.

Die Verkrustung der zur finan-ziellen Beute der Altparteien de-generierten Nachkriegsdemokra-tie und die stetige Wahlverdros-

senheit der Wähler und der vie-len Nichtwähler könnte meinerEinschätzung nach nur aufgebro-chen werden, wenn in den zuwählenden Gremien die Zahl derMandate nach den wirklichenStimmanteilen besetzt würde unddie Sitzblöcke der Nichtwähler-zahl entsprechend leer blieben.Die Stimmenwerber müssten umihre Pfründe kämpfen, und dasmit wirklich kompetentem Perso-nal, sowie im Verlauf der Legisla-turperiode jederzeit überprüfbareEinlösungen der Wahlverspre-chen vorlegen. Peter L. Hahne,

Kropp

Parlamentssitze für Nichtwähler Ende einer Partei

Zum Leserbrief: Wir sind bereitsauf dem Weg, fremd im eigenenLand zu werden (Nr. 39)

Eine Überfremdung und dieschleichende Islamisierung sindin Deutschland unübersehbar. Invielen Städten breiten sich orien-talische Sitten sowie ein Sprach-gewirr wie beim Turmbau zu Ba-bylon aus.

Überfremdung führt unweiger-lich zum Verlust der kulturellenIdentität eines Volkes und zu sei-nem Niedergang. Diesen Zu-sammenhang erkannte schon vor2000 Jahren der römische DichterJuvenal, der mit satirischen Wor-ten die Überfremdung Roms an-prangerte, weil fremde Völker ausdem Römischen Reich die StadtRom überfluteten.

Wegen des nicht versiegendenZustroms von Migranten – vor -wiegend Muslime – ist es nur ei-ne Frage der Zeit, wann die „Isla-mische Republik Deutschland“proklamiert wird. Werden einesfernen Tages die letzten Deut-schen in Reservaten leben, so wiejetzt die Indianer in Nordameri-ka? Uwe Spahr,

Elmshorn

Merkels VerachtungZu: Merkel muss weg (Nr. 39)

Ähnlichkeiten in der politisch-ideologischen Entwicklung dereinst großen, aber 1994 unterge-gangenen italienischen Volkspar-tei Democrazia Christiana (DC)und der deutschen CDU sindfrappierend.

Die 1943 von Persönlichkeitenwie Alcide de Gasperi, Aldo Mo-ro, Amintore Fanfani, Giulio An-dreotti und anderen gegründeteDC, die sich als gemäßigte katho-lische Volkspartei der Mitte ver-stand, in den ersten Jahrzehnten40- bis 45-prozentig Wahlerfolgeerzielte und zwischen 1945 und1993 fast alle MinisterpräsidentenItaliens stellte, öffnete sich in den60er und 70er Jahren nach linksund schloss 1973 den sogenann-ten „historischen Kompromiss“,der eine direkte Zusammenarbeitmit der reformierten, eurokom-munistischen Partei Enrico Ber-linguers ermöglichte. Zugleichverstrickte sie sich in zahlreichenKorruptionsfällen.

Im Ergebnis dieser Entwicklungverlor die DC einen bedeutenden,hauptsächlich konservativen Teilihrer Wähler und sank ihr Stim-menanteil auf nahe 30 Prozent.Mit einer Fünfparteienkoalitionin den 80er Jahren konnte sie ih-ren Untergang auch nicht mehraufhalten, der am 29. Januar 1994mit der Auflösung der DC besie-gelt wurde. Von den anschließenddurch verschiedene Flügel der DCgegründeten Parteien existierenheute keine mehr.

Zur gleichen Zeit entstandenrechtsgerichtete Parteien wie dieForza Italia und die Lega Nord, indie viele der ehemaligen Stamm-wähler der DC abwanderten, wasden Untergang der DC noch be-schleunigte. Ob die CDU derGegenwart aus den Fehlern derehemaligen DC lernen wird? Zu-nächst gibt es dafür meiner Ein-schätzung nach noch keine Anzei-chen. Dr. Ádám Sonnevend,

Rostock

Zu: Gefährliche Gäste (Nr. 41)

Mit ihrem Wahlspruch „EinLand, in dem wir gut und gerneleben“ bezeugte die Kanzlerin,dass sie keine Ahnung hat, wiesich heute das öffentliche Lebenaußerhalb ihrer gepanzerten Li-mousine anfühlt.

Ihre Rechts- und Gesetzesbrü-che, die die überwiegend illegaleMassenzuwanderung kulturfrem-der, meist muslimischer Men-schen ermöglichen, führen dazu,dass die Gastgeber – insbesonde-re die Nachkriegs- und Aufbauge-neration, also die, „die schon län-

ger hier leben“ – den Wert der in-neren Sicherheit anders definie-ren, wenn sie von zugewanderten„Bereicherern“ angepöbelt, zu-sammengeschlagen oder verge-waltigt werden.

Merkels Aussagen „Wir sind ge-nau auf dem Weg, den ich mir fürDeutschland wünsche“ und„Flüchtlinge, nun sind sie halt da“sowie „Ich wüsste nicht, was ichanders machen würde“ kenn-zeichnen ihre Verachtung für dasdeutsche Volk. Ist das noch dasLand, in dem „wir“ gut und gerneleben? Gisela Recki,

Troisdorf

Leben im Reservat

Naturschutz ist höher angesetzt als Schutz von MenschenLeserbriefe an: PAZ-Leserfo -rum, Buchtstraße 4, 22087Hamburg, Fax (040) 41400850oder per E-Mail an [email protected]

LESERFORUM

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Nr. 43 – 27. Oktober 2017 21

Luther, Studententreffen und ne -benbei auch noch Sängerkrieg – auf die Wartburg kommt imJubiläumsjahr von Reformationund Burschenschaft eine Mengezu. Aber erst einmal muss man zuihr hinauf.

Dass die Wartburg hoch überEisenach thront, lässt sich nichtgerade behaupten. Vom Markt imZentrum der Stadt ist die Burgvielleicht nur knapp eineinhalbKilometer Luftlinie entfernt, trotz-dem liegt sie auf dem Berg hinterhohen Bäumen verborgen. Als dieStudenten vor 200 Jahren zumWartburgfest kamen (siehe auchSeite 2), standen sie wohl auchvor der Frage: Wo bitte geht es zurWartburg?

Wie die meisten Besucher heut-zutage haben die Studenten da -mals die Burg über einen Wegerobert, der sich jetzt Wartburg -allee nennt und der sich auf vierKilometern den Berg hinaufwin-det. Es gibt aber auch einen direk-teren Weg, die 200 Höhenmetervon Eisenach aus zu überwinden.Auf fast gerader Linie führt vonder Stadt ein sogenannter Luther-erlebnispfad zur Burg hinauf.Damit Wanderer vom anstrengen-den Aufstieg ein wenig ver-schnaufen können, sind alle paarMeter lehrreiche Schautafeln auf-gestellt, die auf einer Zeitleisteüber geschichtliche Ereignisseaus der Lebenszeit des Reforma-tors informieren.

Schritt für Schritt – so die Bot-schaft während des Aufstiegs –kommt man Luther näher. Aucher kam ja 1521 auf dubiose Weiseauf die Wartburg, wo er in einemspartanisch eingerichteten Zim-mer das Neue Testament über-setzte. Nicht nur seinetwegenwurde die Wartburg zu einem dergeschichtsträchtigsten Orte inDeutschland.

Gegen Ende des Lutherpfadestaucht die Burg dann hinter den

Baumwipfeln auf. Vom Besucher-parkplatz erfolgt ein letzter, kur-zer steiler Anstieg, ehe man vonder Nordseite aus über die Zug-brücke in den Burghof gelangt.

Hier trennt sich bei den Besu-chern die Spreu vom Weizen. Dieeinen fragen nach der Lutheraus-stellung (siehe Artikel unten), dieGeschichtsinteressierten kommenwegen des Burschenschafttreffensvor 200 Jahren und die Kulturbe-

flissenen wegen Goethe, dermehrmals auf der Burg weilte,oder wegen Wagner, der niemalshier war, dessen Oper „Tannhäu-ser“ aber hier spielt. Im Untertitelheißt sie ja auch „Sängerkrieg aufder Wartburg“.

Die Lutherstube befindet sichunmittelbar am Eingang an derWestseite der Burg. Als Luther

beim Reichstag zu Worms fürvogelfrei erklärt wurde, ließ ihnsein Gönner, der Kurfürst Fried -rich der Weise von Sachsen, zureigenen Sicherheit des Geächte-ten „entführen“. Als „JunckerJörg“ lebte Luther knapp ein Jahrinkognito auf der Wartburg. Indem kleinen Raum, in dem er dieBibel übersetzte, ist heute wenigmehr zu sehen als ein Tisch, einSchemel, ein Porträt, ein Ofen

und eine abge-kratzte Wand.

Luther soll hierein Tintenfassgegen den Teufelgeschleudert ha -ben, der ihm wo -möglich in seineneinsamen Träu-men erschienenwar. Um sich einSouvenir zu si -chern, kratztenBesucher im 19.Jahrhundert denTintenfleck ab,sodass an derWand ein unver-putzter Teil zu -rückblieb.

Solche Anek-doten bekommtman von einemder Angestelltenerzählt, der dieBesuchergruppendurch die Burgführt. Dabei er -fährt man auchdie Sage, wonachsich der Erbauerder Burg, Ludwig

der Springer, im Jahr 1067 wäh-rend der Jagd verlaufen habensoll und auf der Hügelspitze, woer nach Orientierung suchte, aus-rief: „Wart! Berg, du sollst mir eineBurg werden!“ Daher der Name.

Das Mittelalter hat die Burglängst verlassen. Beim Wartburg-fest im Jahr 1817 erlebten die Stu-denten nur eine kleine, verfallene

Feste. Ihr heutiges Aussehen ver-dankt die Burg Großherzog CarlAlexander, der sie von 1838 anaufwendig renovieren und erwei-tern ließ. Im Inneren trägt sie jetztein spätromantisches Gewand.Wo zu Luthers Zeiten von Mottenzerfressene Wandteppiche hin-gen, sind jetzt Wandfresken desRo mantikers Moritz von Schwindzu sehen, welcher die Teppichor-namentik nachgeahmt hat. Undjene Mosaiken aus zehntausen-den Steinen, die in einem kleinemRaum das Leben der Heiligen Eli-sabeth von Thüringen erzählen –ihr Mann Ludwig baute die Wart-burg ab 1211 zu einer repräsenta-tiven Burg aus –, entstanden erstzu Anfang des 20. Jahrhunderts.

Höhepunkt der Romantikvereh-rer ist der 40 Meter lange Festsaal.Hier soll im Mittelalter der Sän-gerkrieg stattgefunden haben, denWagner in seiner Oper „Tannhäu-ser“ thematisiert. Anders als inder Oper, wo sich der entjungfer-te Held als Kenner eines wahrenMinnesangs in Rage singt, soll derdamalige Burgherr dem Verliererdes Sängerwettstreits mit demBeil gedroht haben. Weil sich kei-ner um Kopf und Kragen singenwollte und jeder sein Bestes ausden Stimmbändern holte, gab eskeinen Verlierer.

Der Verlierer war im Mittelalterdie Dienerschaft, die auch imWinter das Essen quer über denHof zum Speisesaal der Ritter tra-gen musste. Wegen der Feuerge-fahr, die früher oft von der Kücheausging, war diese getrennt vonden Herrschaftsgemächern. DasEssen wurde samt Geschirr aufHolzplatten hineingetragen undauf den Tisch gelegt. Beim näch-sten Gang wurde die Platte ein-fach durch die nächste ersetzt.

Schaut man vom Südturm aufdie Wartburg hinab, kommt sieeinem recht klein vor. Als sich vor200 Jahren hier 600 Studentenund Professoren zum Wartburg-

fest versammelt hatten, um gegenreaktionäre Kleinstaaterei und füreine fortschrittliche deutscheNation zu demonstrieren, muss esziemlich eng zugegangen sein. Inder Geschichte haben sie sichaber ebenso einen Platz verschafftwie der Schriftsteller Fritz Reuterunterhalb der Wartburg.

Um der sozialen Enge seinerniederdeutschen Heimat zu ent-fliehen, zog der Autor biografischgefärbter niederdeutscher Ro -manklassiker wie „Ut mineStromtid“ oder „Ut mine Fe -stungstid“ von Mecklenburg ausnach Eisenach. Hier ließ er sich1863 kurz vorm Aufstieg zur Burgunweit der Wartburgallee eine

prächtige Villa bauen, für die ausPlatzgründen der Teil einer nahenFelswand weggesprengt wurde.

Heute beherbergt die Villa einsehenswertes Museum, das nichtnur Reuter gewidmet ist – son-dern auch Wagner. 1897 erwarbdie Stadt Eisenach die Sammlungdes leidenschaftlichen WienerWagnerianers Nicolaus Oesterleinund integrierte sie in das Reuter-Haus. Zu sehen ist die wohl größ-te Wagner-Sammlung außerhalbBayreuths, die auch viele Origi-nalpartituren und Handschriftendes Komponisten enthält. Der„Sängerkrieg“ tobt seitdem auchunterhalb der Wartburg im HauseFritz Reuters. Harald Tews

Menschenleerer Innenhof der Wartburg. Doch im Lutherjahrwerden hier über 350000 Besucher erwartet Bild: tws

Am 31. Oktober 1517 richte-te ein bis dahin nicht großin Erscheinung getretener

Wittenberger Mönch einen Briefan Kardinal Albrecht von Bran-denburg. Anlass des Schreibenswaren die im Namen des Kardi-nals vertriebenen Ablassbriefe.Der Absender beklagte „dasgrundfalsche Verständnis, dassdie unglücklichen Seelen glau-ben, wenn sie Ablassbriefe lösen,seien sie ihres Heils sicher“. DemSchreiben legte er seine 95 The-sen gegen den Ablasshandel beiund unterschrieb mit „Euerunwürdiger Sohn MartinusLuther, Augustiner, berufenerDoktor der heiligen Theologie“.

Sein tatsächlicher Familienna-me aber war „Luder“. Mit„Luther“ unterzeichnete er nunerstmals, abgeleitet vom griechi-schen Wort „eleutheros“ – „derdurch das Evangelium freiGewordene“.

Luthers 95 Thesen löstenbekanntlich die Reformation aus.Deren 500. Jubiläum begeht Wit-tenberg, wo der Reformator 35Jahre lang lebte, mit einer Aus-stellung im Augusteum. Der ersteTeil präsentiert „95 Schätze“. Zuihnen gehören Objekte, die Lu -ther besessen, benutzt oder gese-hen hat. Der zweite Teil belegt mitZitaten und Gegenständen von„95 Menschen“ die Wirkungsge-schichte Luthers bis heute. An -hänger wie der Künstler AlbrechtDürer und Gegner wie der AutorThomas Mann kommen zu Wort.

Den dramaturgischen Höhe-punkt der Schau bildet die Abfol-ge dreier Schriftstücke. Nebeneinem Exemplar der Ablassbriefeliegt Luthers Beschwerdebrief anKardinal Albrecht. Auf sie folgtLuthers Handexemplar des NeuenTestaments (um 1544). Aufge-schlagen ist die Seite mit einerNotiz seines Privatsekretärs GeorgRörer. Die legt nahe, dass Luthersso berühmter wie bezweifelterThesenanschlag an die Tür derWittenberger Schlosskirche tat-sächlich stattgefunden hat.

Rörers lateinischer Eintrag lau-tet: „Im Jahr 1517 am Vorabendvon Allerheiligen (31. Oktober)sind in Wittenberg an die Türender Kirchen Martin Luthers The-sen über den Ablass öffentlichangeheftet worden.“ Stefan Mi -chel wendet jedoch im Katalogein: „Als problematisch an diesemhistorischen Datum stellt sich dar,dass keiner der späteren Bericht -erstatter persönlich dabei gewe-sen war.“ Also auch Rörer nicht.

Gemälde und Objekte machenauf Luthers Mitreformatoren wiePhilipp Melanchthon, Beschützerwie die Kurfürsten von Sachsenund Gegner wie Kaiser Karl V.und Papst Leo X. aufmerksam. EinBild aus der Werkstatt des älterenCranach zeigt Luthers EhefrauKatharina von Bora (um 1525).Die aus Sicht der Papstkircheskandalöse Priesterehe verliefharmonisch. Das bezeugt LuthersTestament vom 6. Januar 1542.Entgegen der gängigen Rechtspra-

xis setzte er seine Ehefrau alsalleinige Erbin und Vormund derKinder ein. Darüber hinaus be -scheinigt er sich in seinem Testa-ment, „Lehrer der Wahrheit“ so -wie „Gottes Notarius und Zeuge“zu sein.

Gegen Mitternacht vom 4. aufden 5. Mai 1521 fand der vonPapst und Kaiser gesuchte Glau-

bensabweichler Martin LutherZuflucht auf der Wartburg. Sieehrt nun ihren ehemaligen Gastmit der Schau „Luther und dieDeutschen“. Die Ausstellung gehtden wechselvollen Beziehungenzwischen dem Reformator und„seinen“ Deutschen nach. Heuterespektieren sich die unterschied-lichen Konfessionen in „versöhn-ter Verschiedenheit“. Bekanntlichwar das nicht immer so. Das zei-

gen aufs Schönste zwei Gemälde.Egbert van Heemskerck malte um1700 „Luthers Eintritt in dieHölle“. Johann Erdmann Hummelhingegen malte um 1806 die Ver-herrlichung des in den Himmelerhobenen „heiligen“ Luther. DasHauptbild umziehen kleinforma-tige Szenen aus dem Leben desReformators.

Hummels Gemälde veranschau-licht uns also auch, dass man zuseiner Zeit begann, nicht mehrnur den Theologen, sondern auchden Menschen Luther in denBlick zu nehmen. Der PhilosophHerder erhob ihn zum „kraftvollinspirierenden Urbild der Deut-schen“. Damit brachte er die dannbesonders im wilhelminischenKaiserreich in Blüte stehende Ver-ehrung Luthers als Nationalheld

auf den Weg. Die Nationalsoziali-sten schätzten seine antisemiti-schen Entgleisungen. In der Bun -desrepublik wurde er als unpoli-tisch „entnazifiziert“, währenddie DDR ihn zunächst als „Für-stenknecht“ abqualifizierte, dannaber zu einem der größten Söhnedes deutschen Volkes erhob.

Die Stärken der Schau sind diedem Reformator selbst und derWartburg gewidmeten Abteilun-gen. Zeitgenössische Dokumenteveranschaulichen, wie und wa -rum es ihn auf die Wartburg ver-schlug. Am 17. und 18. April 1521sollte er auf dem Reichstag zuWorms seine Schriften widerru-fen. Präsentiert wird seine eigen-händig aufgezeichnete Verteidi-gungsrede. Mit Hinweis auf seinGott verpflichtetes Gewissen ver-weigerte er den Widerruf. Nunmusste der vogelfreie Luther umsein Leben fürchten.

Luthers Landesherr Friedrichder Weise ließ ihn zu seinemSchutz auf die Wartburg „ver-schleppen“. Luthers dortige Groß-tat war die Übersetzung des latei-nischen Neuen Testaments insDeutsche. Ob „Herzenslust“ oder„Perlen vor die Säue werfen“: Wirverwenden noch immer vieleWortbildungen und Redewendun-gen, die von Luther stammen.

Am 1. März 1522 verließ Lutherendgültig die Wartburg. Bald stell-ten sich die ersten Verehrer desReformators hier ein, um seinenals „Lutherstube“ berühmt gewor-denen Arbeitsraum zu besichti-

gen. Großherzog Carl Alexanderließ die verfallene Burg im 19. Jahrhundert zum überkonfes-sionellen Nationaldenkmal aus-bauen.

„Letztendlich ist das authenti-sche Lutherbild dasjenige desgelehrten Mönchs, der vor 500Jahren ein aus seiner Sicht dring-liches theologisches Problem zurDis kussion stellte und damit Ent -wicklungen auslöste, die die Weltverändert haben“, resümiert derSchweizer Kurator Marc Höchner.Es passierte eben wie so häufig:kleine Ursache, große Wirkung.Ein paar Hammerschläge lösteneinen Donnerschlag der Ge -schichte aus. Veit-Mario Thiede

Luther! 95 Schätze – 95 Men-schen, bis 5. November im Augu-steum, Collegienstraße 54, Wit-tenberg, geöffnet Montag bis Frei-tag 9 bis 18 Uhr, Sonnabend,Sonntag 10 bis 16 Uhr, Eintritt: 8 Euro, inklusive Lutherhaus mitLutherstube 12 Euro. Telefon(03491) 4203171, Internet:www.martinluther.de. Der Kata-log aus dem Hirmer Verlag kostetin der Ausstellung 29,90 Euro, imBuchhandel 39,90 Euro. Lutherund die Deutschen, bis 5. Novem-ber auf der Wartburg, Eisenach,geöffnet täglich 8.30 bis 17.30Uhr (letzter Einlass), Schließungdes Burgtors 20 Uhr, Eintritt: 12Euro. Telefon (03691) 250220,Internet: www.wartburg.de undwww. 3xhammer.de. Der Katalogkostet 29,95 Euro.

Die sogenannte Wartburg-Bibel von 1541 Bild: Wartburg-Stiftung Eisenach

LEBENSST IL

Donnerschlag der GeschichteWas ein paar Hammerschläge alles auslösen können – Luther und seine Welt in Wittenberg und auf der Wartburg

Lehrreicher Gang zur WartburgEin Ort mit Geschichte – Wo Luther die Bibel übersetzte, Studenten eine deutsche Nation forderten und ein Sängerkrieg tobte

Festsaal auf der Wartburg (o.). Unten: DieFritz-Reuter-Villa am Weg zur Burg Bilder (2): tws

Page 22: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

22 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

Aaron Koenigs Buch „Crypto -coins – Investieren in digitale

Währungen“ ist flott und flüssig ge-schrieben, aber dennoch ist es kei-ne leichte Lektüre für Jedermann.Zu fremd und kryptisch ist die Ma-terie, als dass man das Gelesenesogleich in die Tat umsetzen und„reich“ werden könnte. Das Vorha-ben „Investieren in digitale Wäh-rungen“ wird wohl den meistenLesern ein geheimnisvolles undverschlüsseltes Wagnis bleiben. Ob jedoch die „digitale Revolu-

tion“ ungehindert dazu führenwird, dass eines Tages die Techno-logie über die Herrschaftsmachtobsiegt, das wird spannend für dieZukunft sein. Ob diese Entwick -lung friedlich verlaufen wird, dasist die bange Frage, denn die hoch-verschuldeten Staaten der Erdewerden sich nicht so leicht ent-machten lassen und sich das Geld-vermehrungsmonopol entreißenlassen, mit dem sie ihre zerrüttetenHaushalte zulasten der Bürger zuregulieren ver-suchen. Das Buch ist

in sich folge-richtig aufge-baut und inneun Kapitelgegliedert. Esbeginnt mit der„20-Millionen-Dollar-Pizza“,erklärt dieG r und l a g e nder Crypto -coins. Hieraufwerden prakti-sche Tipps fürAnfänger gege-

ben. Danach dreht es sich umCryptocoins für weltweite Zahlun-gen, für lokale Zahlungen und be-sondere Dienste. Spannend istauch das Kapitel „Geld verdienenmit Cryptocoins“ und – ganz wich-tig – um die Frage, woran man alsLaie Betrugsmodelle erkennt, dennauch im Crypto-Teich schwimmenhungrige Haie. Das letzte Kapitelbefasst sich mit der Dezentralisie-rung der Welt. Ob diesem Unter-fangen die derzeit übermächtigenKräfte der Zentralisierungsbefür-worter, und das sind die Finanz-Mächte der Welt zusammen mitden Staatsführern, tatenlos zuse-hen und damit ihr Geld- und Herr-schaftsmonopol widerstandslosaufgeben werden, das wird einespannende Frage sein.Auf alle Fälle, das Buch lohnt ge-

lesen zu werden, denn man musswissen, was alles an heimlichen,unheimlichen wie offenen Ent -wick lungen in der Welt passiert.

Wolfgang Thüne

Das Genre des Gerichtsdra-mas ist alles andere alsneu. Kleists „Der zerbro-

chene Krug“ und sein „MichaelKohlhaas“ mit den darin gespie-gelten Erfahrungen des Verfassersmit Recht und Gericht sind ein-schlägige Klassiker, ebenso dasKöniglich Bayerische Amtsge-richt, das keineswegs immer soliebevoll lebensnah agierte, wiedie Fernsehserie glauben machenmöchte. Unzählige TV-Gerichtsserien

und Krimis markieren ein drama-tisch ausgiebig beackertes Feld.Aber ein Roman? Von Ingo Schul-ze stammt die Aussage über die„Buddenbrooks“ von ThomasMann: „Wenn ich 600 Seiten alsSchriftsteller zur Verfügung habeund der Leser danach immernoch nicht weiß, wie das Kauf-männische funktioniert, da binich als Schriftsteller gescheitert.“Nehmen wir also mit Schulze

das intime Kennenlernen einesgesellschaftlichen Subsystems alsQualitätskriterium, so ist der neueRoman „Justizpalast“ von PetraMorsbach ein literarisches Klein-od. Denn der Leser erfährt vielGrundsätzliches: Wie funktioniertdas Gerichtswesen, was sind dieRegeln – die geschriebenen unddie ungeschriebenen –, wasmacht der jahrzehntelange Jobmit dem Richter in der Gerechtig-keitsfabrik? Auch Richter fangenunerfahren an, haben Liebeskum-mer, durchleben Scheidungen, ei-ne nicht ideale Kindheit, sind vor-eingenommen, müssen Rücksichtuntereinander walten lassen, weil

sie in unterschiedlichsten Funk-tionen immer wieder aufeinandertreffen. Zudem gibt es fleißige undweniger emsige, begabtere undeher uninspirierte, dafür intrigan-te Exemplare. Morsbach porträtiert sie alle

anhand einer Fülle von skizzier-ten Gerichtsfällen aus allen Le-bensbereichen. Die ProtagonistinThirza ist Richterin in München.Die Eltern, ein Künstlerpaar, las-sen sich frühscheiden undThirza wächstbei heimatver-triebenen ost-preußischen Ver-wandten auf. Fleißigim Jurastudium baut sie das obli-gatorische Prädikatsexamen, umdann im Justizpalast die verschie-denen Kammern im Laufe der Be-rufsjahre kennenzulernen, nurkurz unterbrochen von einer Ver-waltungstätigkeit im Justizmini-sterium. Mit den Männern klapptes anfangs nicht so recht. Erst alssie einen eher unscheinbarenRechtsanwalt trifft – als Schaden-sachbearbeiter in einer Versiche-rung eigentlich unter ihrem Ni-veau –, nimmt ihr Privatleben ei-nen erfreulicheren Verlauf.Stilistisch flott und leichtfüßig,

mitunter ironisch und vor allenDingen spannend setzt Morsbachdas so leicht als dröge abgetaneThema in Szene. Selbst derbeSpäße, von denen man nichtglaubte, dass vorsichtige Juristendazu imstande seien, fehlen nicht.So wird einem lustlosen Richter,der nur noch Unterschriften lei-

stet, von seinen Kollegen ein To-desurteil mit Begründung unter-geschoben. Der lustlose Richtertappt in die Falle. Tröstlichimmerhin, im Gericht hat die in-nere Kündigung auch ihre Gren-zen. Grenzen erleben aber auch die-

jenigen, die bisher Glück hattenoder deren Vertrauen in dieRechtsschutzversicherung unbe-grenzt war. Gerechtigkeit ist nicht

Recht, und derRechtsstaat, nunja, klingt ersteinmal gut.Überhaupt: Gibtes eigentlich Un-

rechtsstaaten? Mot-to: Wir haben einen Unrechts-staat, und das ist gut so. Hier sinddie Grenzen offenbar fließend. Noch so ein Erlebnis: Eine „Be-

trügerpersönlichkeit“ (Morsbach)intrigiert als Richter gegen Thirza,meldet sichdann krankund lässt siemit einem an-geklagten Be-trüger allein.Da wird demLeser schwin-delig. Alleindie schiere,ständig wach-sende Masseimmer kom-p l e x e r e rRechtsausein-andersetzun-gen bedeuteteine schlei-chende Aus-

höhlung des Rechtsstaates, weildie Justiz keineswegs gewillt ist,das Personal anzupassen. Eherdas Gegenteil ist der Fall. Dermassive politische Einfluss aufGerichtsverfahren, so sie „dieganz oben“ treffen, ist damit nochnicht einmal gemeint. Lehrreich auch das Porträt des

„Magic Circle“, eine Handvollenglischer Spitzenkanzleien, dieim Jahr jeweils über zwei Milliar-den Umsatz machen und derenSpezialität darin zu bestehenscheint, mittels geschickter Aus-nutzung nationalen, internationa-len und EU-Rechts solche Rechts -ungetüme aufzubauen, dassschlechterdings vor Gericht nurnoch Vergleiche möglich erschei-nen – berechnend bereits auch sokonzipiert, Verschleppung inklu-sive. Ein atemberaubender, nach-denklich stimmender Roman.

Nike U. Breyer

Omid Nouripour sitzt seit2006 im Deutschen Bun -destag und fungiert derzeit

als außenpolitischer Sprecher derFraktion Bündnis 90/Die Grünen.Ebenso ist er ordentliches Mitgliedim Auswärtigen Ausschuss und imAusschuss für Menschenrechteund humanitäre Hilfe sowie stell-vertretendes Mitglied im Verteidi-gungsausschuss und im Unteraus-schuss für Auswärtige Kulturpolitikunseres Parlaments. Dabei hat der in Teheran Gebore-

ne, welcher sowohl die iranischeals auch die deutsche Staatsbürger-schaft besitzt, keinerlei Berufsab-schluss vorzuweisen: Weder be-endete er nach dem Abitur seinErststudium der Philologie sowiePolitik- und Rechtswissenschaftennoch ein zweites Studium der So-ziologie, Philosophie und Volks-wirtschaftslehre. Das hinderte ihnfreilich nicht daran, als „Doktorandder Germanistik“ aufzutreten, bisdie Presse diesen Schwindel publikmachte. Insofern muss man sich natürlich

ernsthaft fragen, welcher Teufel die

dtv Verlagsgesellschaft geritten hat,Nouripour in ihre Autorenliste auf-zunehmen und sein Werk „Was tungegen Dschihadisten?“ herauszuge-ben. Weil er aufgrund seiner isla-mischen Religionszugehörigkeitautomatisch zum Terrorismus-Ex-perten taugt? Weil die Mitglied-schaft in Ausschüssen unweiger-

lich klug macht – ganz gleich, wieder fachliche Hintergrund des Be-treffenden aussieht? Oder weilNouripours Vorschläge, „wie wirden Terror besiegen können“, sogenial und erfolgversprechendsind?Auf jeden Fall ist die Rechnung

des Verlages nicht aufgegangen:Das Buch des deutsch-iranischenStudienabbrechers kommt inhalt-lich extrem schlicht daher. Keinerder Punkte seines großspurig prä-sentierten „Plans gegen den Dschi-

hadismus“ besitzt irgendeinenNeuigkeitswert, vielmehr gehörendie aufgelisteten Floskeln zumStandardrepertoire zahlreicherhiesiger Politiker von der CSU biszur Linkspartei. Aber vielleichtgeht es ja auch gar nicht darum.Dieser Gedanke drängt sich auf,wenn man sieht, dass der Grünedas Thema für allerlei Rundum-schläge gegen den politischen Geg-ner im In- und Ausland nutzt. So unterstellt

er beispiels-weise DonaldTrump die „ge-zielte Diskrimi-nierung vonMu s l im e n “ ,welche denDschihadismusfördere. An-sonsten lassenauch mancheAllheilmittelgegen den Ter-ror aufhor-chen, die Nou-ripour emp-fiehlt: eine wei-

tere Zentralisierung der Europäi-schen Union sowie diverse Maß-nahmen gegen die „Islamfeindlich-keit“ im Westen. Denn die HeiligenKrieger vom Islamischen Staat undähnlichen Terrororganisationenseien ja gar keine richtigen Musli-me – eine schon tausendfach ge-hörte Schutzbehauptung, die frei-lich nicht dadurch wahrer wird,dass Omid Nouripour sie nun zum1001. Male vorbringt.W. Kaufmann

In der Literatur werden histori-sche Ereignisse gern in einenRoman „verpackt“. Histori-

sches Geschehen gibt der Erzäh-lung eine größere Plausibilität. Ei-nes der berühmtesten Beispiele istLeo Tolstois Roman „Krieg undFrieden“, bei dem man mitunterschon gar nicht mehr zwischenFiktion und Realität unterscheidenkann. Der in Bamberg als Arzt tätige

Autor Sigurd Göttlicher hat sichdurch mehrere Bücher, in denener vor allem Ereignisse aus demAlten Testament romanhaft aufbe-reitet hat, einen Namen gemacht.In seinem neuen Buch „Die Gebo-te der Wüste“ erzählt er, wie diegöttlichen zehn Gebote nicht, wie

in der Bibel beschrieben, Mosesvon Gott auf Gesetzestafeln gege-ben wurden, sondern womöglicheinfach aus menschlicher Überle-gung zum friedlichen Zusammen-leben kodifiziert wurden. So abwe-gig ist diese Überlegung nicht,denkt man an die Gesetzgebungdes babylonischen Königs Hamu -rabi aus dem 17. Jahrhundert vorChristus oder an Codices aus demalten Ägypten, die auf berühmtenTafeln in Hieroglyphen festgehal-ten sind. Göttlicher erzählt eine Art Fami-

liensaga. Die anfangs als Beduinenin der Wüste lebende GroßfamilieSchuach wird in einer Stadt sess-haft und bringt über Generationenberühmte Bildhauer und Stein-

metze hervor, die neben Götterbil-dern immer wieder auch göttlicheGebote, hier Gebote des GottesBaal, auf steinerne Tafeln meißeln,die dann öffentlich ausgestelltwerden. Das geht über Jahrhun-derte so. Der letzte Schuach lebt inJebus, das nach der Eroberungdurch König David zu Jerusalemwird. Das Gebot „Du sollst nichtehebrechen“ will David, der dieFrau seines Feldhauptmanns Uriazum Weib genommen hat, nichtakzeptieren. Er lässt Kuna, denletzten Schuach, ermorden.Strenge Kriterien der Literatur-

kritik sollte man hier nicht anle-gen. Es wird gradlinig, oft etwasnaiv und bieder erzählt, über derFamilie scheint bis zum grausamen

Mord am Ende stets die Gnaden-sonne der handwerklichen Bega-bung, des Ansehens und des Er-folgs zu stehen. Die alten bibli-schen Geschichten seit Adam undEva über Noah bis Abraham, Saulund David werden mit heutigemEmpfinden erzählt, was der Autormehrfach durch persönliches Auf-treten unterstreicht. Man mag po-sitiv ansehen, dass die oft kriegeri-schen Ereignisse in der Bibel hiereinmal unter dem Blickwinkelfriedlichen Zusammenlebens ge-sehen werden. Ein ungewohnter Nebenaspekt:

Der schriftstellernde Doktor inBamberg ist Mitglied des Bundes-verbandes Deutscher Schriftstel -lerärzte (BDSÄ). Dieser wiederum

gehört zum Weltverband derSchriftstellerärzte (Union mondia-le de Écrivainsmèdicins –UMEM), derkürzlich sei-nen Jahreskon-gress im bulga-rischen Plov-div abhielt.Wer also sei-nen Arzt in derPraxis oder amKrankenbettvermisste, magdaran denken,dass sein Dok-tor vielleichtS t e t h o s ko poder Skalpell

beiseitegelegt und dafür den Pega-sus bestiegen hatte. Dirk Klose

Wer heutzutage eine rechte Par-tei gründet, lebt gefährlich und

kann so manche Überraschung erle-ben. Das weiß auch Holger Arppe,gelernter Offsetdrucker und Vertre-ter der AfD in der Rostocker Bürger-schaft und dem Landtag von Meck -lenburg-Vorpommern. Sonst hätte erwohl kaum den Kriminalroman „DieGründung. Affären um eine Partei“geschrieben, welcher übrigens seinErstlingswerk ist.In dem Buch

geht es um denMord am Bun-desvorsitzen-den der neuenPartei Bündnisfür Freiheit undD em o k r a t i e(BFD). Hierfürwird der engsteMitarbeiter desToten verant-wortlich ge-macht, aller-dings bleibendie Hintergrün-de der Tat rät-selhaft.

Das lockt den Journalisten MarcusSchellhorn auf den Plan. Dieserstößt bei seinen Recherchen auf einepolitische Intrige, welche selbstver-ständlich in keiner Weise an die ak-tuellen Vorkommnisse rund um dieAfD oder irgendeine andere real exi-stierende Partei gemahnen soll. SagtArppe. Ob dem so ist, mag der Leserselbst entscheiden. Denn hier wirdnatürlich nicht verraten, was Schell-horn herausgefunden hat. W.K.

BÜCHER IM GESPRÄCH

Thirza wächst beiVertriebenen auf

Nachdenklich stimmender Roman zum Thema Justiz Fremde Materie

Deutscher Arzt erzählt biblische Geschichten mit heutigem Empfinden

Standardfloskeln ohne Neuigkeitswert Mord in rechter Partei

Petra Morsbach:„ J u s t i z p a l a s t “ ,Knaus Verlag,München 2017,gebunden, 479 Sei-ten, 25 Euro

Aaron Koenig:„Cryptocoins – In-vestieren in digita-le Währungen“, Fi-nanzbuch Verlag,München 2017,broschiert, 192Seiten, 16,99 Euro

Sigurd Göttlicher:„Die Gebote derWüste. Ein histori-scher Roman“, Erich Weiß Verlag,Bamberg 2017, ge-bunden, 312 Sei-ten, 19 Euro

Holger Arppe: „DieGründung. Affärenum eine Partei“,ß Verlag, Rostock2017, broschiert,256 Seiten, 19,90Euro

Omid Nouripour:„Was tun gegenDschihadisten? Wiewir den Terror be-siegen können“, dtvVerlagsgesellschaft,München 2017, bro-schiert, 304 Seiten,16,90 Euro

Grüner führtRundumschläge aus

Page 23: 2 3 4 Die Zerstörung Europasarchiv.preussische-allgemeine.de/2017/paz2017-43.pdf · Wahl Donald Trumps durch die US-Amerikaner. Und nicht weni-ger herablassend müssen sich die Schweizer

Nr. 43 – 27. Oktober 2017 23

Joachim ScholzVon Danzig nach Danzig ... ein weiter Weg 1933-1945Schicksal einer Generation War es wirklich so? Wie konnte es so weit kommen? Diese Fragen wurden Joachim Scholz nach entsprechenden Fernseh-, Radio- oder Zeitungsberichten von seinen Kindern immer wieder gestellt. Sein Bericht beginnt am 1. Sep tember 1939 in Danzig, als er vom Kanonendonner der Schiffsartille-rie geweckt wird und endet am 9. Mai 1945, als er nach den schweren Abwehrkämpfen in Ostpreußen, die er als junger Leutnant erlebt, bei der Kapitulation in Sichtweite seiner Heimatstadt Danzig in russische Kriegsgefangenschaft gerät. Seine Erinnerungen führen aber auch zurück in die schicksal-haften Jahre 1933-1939, die er als Schüler und Angehöriger der Hitlerjugend erlebte und die das Lebensgefühl in dieser Zeit widerspiegeln. Es liegt ihm am Herzen, nachzuzeichnen, wie leicht Idealismus, gerade bei jungen Menschen, fehlge-leitet und von Meistern der Demagogie verwandt werden kann. 30 farbige Abbildungen. 256 SeitenNr. P 533142 Gebunden 14,95 €

Joachim ScholzAls nur die Hoffnung bliebIn russischer Kriegsgefangenschaft Joachim Scholz, 1924 in Danzig geboren, hat in seinem Buch „Von Danzig nach Danzig ... ein weiter Weg“ die Jahre von 1933 bis 1945 geschildert, die Zeit einer sorglosen Jugend im Freistaat Danzig bis zum 8. Mai 1945, dem Tag der Kapitulation. Mit dem Morgen des 9. Mai 1945 beginnt nun dieses Buch und führt damit nahtlos weiter in die vier langen Jahre russischer Kriegsgefangenschaft. Dem Autor gelingt es auch hier, mit bewegenden Worten die Stimmung dieser Jahre einzufangen, die Ängste und Hoffnungen in dem immer aussichtsloser werdenden Kampf um das Überleben, bis schließlich der so lang ersehnte Schritt in die Freiheit erreicht wird. Aber Scholz will mehr als diese heute fast unvorstellbaren Erlebnisse festhalten: Er will zeigen, dass es sich immer lohnt, in schweren Zeiten durchzuhalten. So wird dieser fesselnde Zeitzeugenbericht ein Buch, das Mut macht. 66 Abbildungen. 256 SeitenNr. P 533151 Gebunden 14,95 €

Arvydas BarysasThomas MannMein SommerhausThomas Mann erzählt im Film von seinem Sommerhaus in Nidden auf der Kurischen Nehrung, so, wie er es vor den Münchner Rotariern am 1. September 1931 tat. Sein Text wird gelesen von seinem Enkel Frido Mann. 1929 verbrachte Thomas Mann erstmals Sommerferien an der ostpreußi-schen Ostseeküste. Mit seiner Familie besuchte er Nidden. Begeistert von der Landschaft zwischen Haff und See beschlossen sie, sich in Nidden einen Sommersitz zu bauen. Ein Bauplatz fand sich auf einer Düne über dem Haff, ein Memeler Architekt wurde mit dem Bau eines leichten reet-gedeckten Hauses im Stil der Niddener Fischerhäuser beauftrag. In ihm verbrachten Thomas Mann und die Seinen die Sommer 1930 bis 1932. Zu den Worten Thomas Manns zeigt der Film die Natur der Nehrung, wie sie Thomas Mann faszinierte, und er dokumentiert traditionelles Niddener Leben der Vorkriegszeit.Meine Worte können Ihnen keine Vorstellungvon der eigenartigen Primitivität und dem großartigen Reiz des Landes geben. Ich möchte mich hier auf Wilhelm von Humboldt berufen, der dort war, und speziell von Nidden so erfüllt war, dass er erklärte, man müsse dieses Gegend gesehen haben, wie man Italien oder Spanien gesehen haben müsse („wenn einem nicht ein Bild in der Seele fehlen soll“). Dieser Film wurde beim 51. Filmfestival „Tage des nordischen Films in Lübeck“ im Jahr 2009 vorgeführt. Spieldauer: 20 Minuten.Nr. P A0933 DVD 24,95 €

DVD

Arvydas BarysasZwischen WanderdünenNidden – Künstlerkolonie auf der Kurischen NehrungEine öde Gegend, der ärmste Landstrich, die „Preußische Sahara“ – alles Bezeichnungen für die Kurische Nehrung im 19. Jahrhundert. Und doch kam sie ab Ende des 19. Jahrhunderts zu einiger Berühmtheit als Ort der Sommerfrische, der Ruhe, der Abgeschiedenheit und Natürlichkeit. Schriftstellern und Malern verdankt die Kurische Nehrung ihren allmäh-lich wachsenden Ruhm. Ihr künstlerisches Zentrum wurde das kleine Fischerdorf Nidden, das den Titel einer Künstlerkolonie erhielt. Schon vor dem Ersten Weltkrieg kamen berühmte Künstler in diesen abgelegenen Ort, dessen außergewöhnlicher Charakter sich aber unter Künstler und Intelektuellen allmählich herumsprach. Einfach ging es da zu, ohne Lu-xus und modernsten Komfort. Aber das suchten die Reisenden dort, ein wenig Ausstieg aus der Zivilisation. Dieser Film zeigt anhand vieler Doku-mente und alten wie neuen Aufnahmen, wie die Künstler dort lebten und arbeiteten, was sie sahen und heute noch sehen. Durch eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und kleine Spielszenen entsteht erstmalig ein lebendiger Eindruck vom Wesen der Künstlerkolonie Nidden. Spieldauer: 47 Minuten.Nr. P A0932 DVD 24,95 €

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Elisabeth BangertBlechkuchen ohne Schnickschnack (80 Seiten im Großformat)Es gibt sie noch, „die Rezepte aus Omas Küche“ Blechkuchen sind das pure Kuchenglück – frisch aus dem Ofen und ver führerisch duftend! Die schönsten Rezepte aus Omas Backstube sind gefragt wie eh und je: Mit Rhabarberkuchen, Apfel-Rahmkuchen oder Johannisbeerbaiser bringen Sie das Gefühl von früher auf die Kaffeetafel.Alle Rezepte sind leicht verständlich erklärt und einfach nachzubacken. Ein umfangreicher Ratgeber informiert über die verschiedenen Teigsor-ten, die wichtigsten Zutaten und die benötigten Backutensilien. Nr. P A1016 Gebunden 6,00 €

Elisabeth BangertBacken ohne Schnickschnack Es gibt sie noch, „die Rezepte aus Omas Backstube“ Ein selbst gebackener Kuchen ist die Krönung jeder Kaffeetafel! Die köst-lichen Rezepte von früher stehlen so mancher aufwendigen Backkreation die Show. Und dank moderner Küchengeräte sind gedeckter Apfelku-chen, Rotweinkuchen oder Waffeln schnell, einfach und gelingsicher gebacken. Alle Rezepte sind leicht verständlich erklärt und einfach nach-zubacken. Ein umfangreicher Ratgeber informiert über die wichtigsten Zutaten und die benötigten Backutensilien. 80 Seiten im Großformat.Nr. P A0952 Gebunden 6,00 €

Johanna EllsworthDas Wiegenlied der WolfskinderHistorischer RomanWinter 1944/45: Gemeinsam mit ihrer Mutter und Großmutter fl iehen die Geschwister Gretel und Karlchen aus dem ostpreußischen Ger-dauen vor den russischen Soldaten. Ihr Ziel ist Berlin, wo die Mutter Verwandte hat, doch erweist sich die Reise bald als Irrwanderung durch Ostpreußen, in der Zwangsarbeit, Hunger, Krankheit und Tod den Alltag bestimmen. Als die Lebensmittelrationen nach Kriegsende immer knap-per werden, wird die achtjährige Gretel nach Litauen geschickt, um Ge-genstände gegen Essen einzutauschen. Nach dem Tod der Mutter auf sich allein gestellt, verschlägt es die Geschwister zu einem litauischen Bauern, wo sie durch Zufall getrennt werden. Der historische Roman, basierend auf den Lebenserfahrungen von Zeitzeugen, ist Erlebnisbe-richt und spannungsreiche Fiktion zugleich und beleuchtet authentischdas (Über-)Leben deutscher Flüchtlingskinder nach dem Zweiten Welt-krieg, die als „Wolfskinder“ in die Geschichte eingingen. 276 SeitenNr. P A1015 Kartoniert 14,95 €

Kalender Masuren, Ermland und Oberland in Farbe 2018Mit 12 aktuellen Motiven aus Masuren, dem Ermland und dem Ober-land. Spiralbindung. Format 33 x 31 cmNr. P 535803 Kalender 14,95 €

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NEU für 2018

Historische Karte: Provinz Ostpreussen 1910 (Gefaltet)Reprint Karte Provinz Ostpreussen. Grenz-und fl ächenkolorierte Karte. Carl Flemmings Generalkarten No. 3. Carl Flemming Verlag Glogau, Buch- u. Kunstdruckerei, ohne Jahr (ca. 1910). Maßstab 1:475 000.Außenformat (Breite x Höhe) 65 cm x 95 cm – Darstellungsgröße (Breite x Höhe) 63,7 x 87,7 cm. Farbenprächtiger Nachdruck der Originalkarte. Mit statistischer Übersicht aller Regierungsbezirke der Provinz Ostpreussen im oberen, linken Bereich und einer Extra-Karte von Königsberg und seiner Umgebung im oberen, rechten Bereich, im Maßstab 1:150 000.Nr. P A1105 Gebunden 19,80 €

DVD - Spielfi lmWolfskinder Laufzeit: 98 MinutenNr. P A0860 DVD 16,99 €

Sommer 1946. Tausende eltern-lose Kinder kämpfen in Ostpreu-ßen um ihr Überleben. Zu ihnen gehört auch der 14-jährige Hans (Levin Liam). Als seine Mutter (Jördis Triebel) im Sterben liegt, überträgt sie ihm eine letzte Aufgabe: Er soll sich mit seinem kleinen Bruder Fritzchen (Patrick Lorenczat) nach Litauen durch-schlagen, wo es noch Bauern geben soll, die deutsche Kinder bei sich aufnehmen. Doch in der Wildnis geraten sie zwischen die Fronten und die beiden Brüder verlieren sich aus den Augen. Seine Suche nach Fritz-chen wird zu einer Odyssee, und Hans muss in einem fremden Land gegen Hunger, Wetter und Krankheit kämpfen.

Sonya WinterbergWir sind die WolfskinderVerlassen in Ostpreußen 336 Seiten/TaschenbuchNr. P A0699 11,00 €

Vermisst, verloren, vergessen: Über 20.000 deutsche Kinder werden ab 1944 in Ostpreußen von ihren Familien getrennt – viele für immer. Gegen Hunger, Kälte und sowjetische Willkür führen sie einen Kampf um Leben und Tod. Monatelang streifen sie, Wölfen gleich, durch die Wälder Litauens. Nach jahrzehntelangem Schweigen erzählen die letzten Wolfs-kinder erstmals von den Schrecken der Vergangenheit. Sonya Winterberg, geboren 1970, lebt und arbeitet nach Stationen in Belgien und den USA als freie Journalistin in Berlin und ihrer fi nnischen Heimat. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Krieg und Trauma. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Drehbuchautor Yury Winterberg, schrieb sie „Kriegskinder – Erinnerun-gen einer Generation.“

Konrad LöwAdenauer hatte rechtWarum verfi nstert sich das Bild der unter Hitler lebenden Deutschen?Antisemitismus war ein Kernelement des Nationalsozialismus. Er kulminierte in der Ermordung von Millionen Juden. Hat das deutsche Volk mehrheitlich Hitlers brutale Judenpolitik gebilligt und sich da-mit kollektiv an einem der schlimmsten Verbrechen der Geschichte schuldig gemacht? Dazu äußerte sich Bundeskanzler Konrad Ade-nauer 1953 vor dem Deutschen Bundestag: „Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit die an den Juden begangenen Verbrechen verabscheut und hat sich an ihnen nicht beteiligt ...“50 Jahre später veröffentlichte die Bundeszentrale für politische Bil-dung einen Text, der genau das Gegenteil besagt und das deutsche Volk der aktiven Mitwirkung am Holocaust bezichtigt. Die Zeitzeu-gen, gerade auch die jüdischen geben eine klare Antwort. 203 SeitenNr. P A0750 Kartoniert mit farbigem Überzug 15,90 €

LandkarteDie Ostgebiete des deutschen Reiches in den Grenzen vom 31.12.1937Diese farbige Landkarte zeigt die Ostgebiete des deutschen Reiches in den Grenzen vom 31.12.1937. Von der Küste der Ostsee bis zum Riesengebirge im Süden kann man sich auf Spuren-suche begeben nach den Ortschaften der ehemaligen deutschen Provinzen Pom-mern, Ostpreußen, Schlesien und im Sudetenland. Maßstab 1: 1.000.000Nr. P 5408 9,95 €

George TurnerSalzburger, OstpreußenIntegration und IdentitätswahrungProfessor Turner widmet sich den Lebensverhältnissen der „Salzburger“ in der Zeit 1732–1944/45 in Ostpreußen und deren Versuch, den Zusammen-halt trotz des Auseinanderdriftens in unterschiedliche Länder nach 1945 zu fördern. Wie ein roter Faden ziehen sich dabei die Themen „Integration“ und „Bewahrung der Herkunft“ durch die ein zelnen Kapitel. Es zeigt sich, dass in der bisherigen Darstellung des Schicksals der „Salzburger“ man-ches sehr summarisch, gelegentlich auch zu euphorisch behandelt wurde. Das gilt vor allem für ihr Verhältnis zu der bereits im Siedlungsgebiet ansässigen Bevölkerung. Neu sind insbesondere zwei Akzente. Einmal ist es das Thema „Protestantisches Bekenntnis und wirtschaftlicher Erfolg“. Auch hier galt es Max Webers These, dass die protestantische Ethik den Kapitalismus befördere, zu relativieren. Zum anderen fi ndet der Autor eine Erklärung, warum sich das Salzburgische als Dialekt nicht erhalten hat. Auch wenn die vorliegende Darstellung viele Aspekte berücksichtigt, das Thema „Salzburger und Ostpreußen“ ist noch längst nicht abgeschlossen. 128 SeitenNr. P A1187 Kartoniert mit farbigem Überzug 19,95 €

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24 Nr. 43 – 27. Oktober 2017

MELDUNGEN MEINUNGEN

Linke VerzweiflungWarum wir gerade einen Epochenwechsel erleben, womit man sich entlarvt, undwie sich Joseph Goebbels selber sah / Der Wochenrückblick mit HANS HECKEL

Das Blöde ist, dass man diegroßen Wendepunkte derGeschichte so gut wie nie

erkennt, wenn sie gerade passie-ren. Fast alles, was im Momentdes Geschehens zum „histori-schen Ereignis“ aufgeblasen wur-de, erwies sich später als mickrigeBodenwelle, die bald vergessenwar.Ist also schwer zu sagen, womit

wir es gegenwärtig zu tun haben.Da wir auf die Gegenwart wegender Naturgesetze nun malschlecht „zurückblicken“ können,müssen wir das Urteil den Zeitge-nossen überlassen. Für die mar-kieren die Tumulte auf der Frank-furter Buchmesse (siehe Seite 12)tatsächlich einen geschichtlichenUmbruch. Interessanterweise sehen das

sowohl die Linken als auch dieRechten so, was dafür spricht,dass es stimmen könnte. In Frank-furt hat sich die machthabendeLinke mit hysterisch-unbeholfe-nen Attacken auf rechte Verlagebis auf die Knochen blamiert.Die Linken sind geschockt, ver-

wirrt und von Zweifeln, insbeson-dere von Selbstzweifeln, gequält.Im Debattenteil des „Spiegel“ zer-martern sich linke Autoren denKopf darüber, was hier eigentlichgerade passiert. Vom „kommen-den Kulturkampf“ redet TobiasRapp und wittert, dass die „radi-kale Rechte“ (eine andere als eine„radikale“ Rechte scheint es nichtzu geben) „einen umfassendenAngriff auf die liberalen Errun-genschaften der BundesrepublikDeutschland begonnen“ habe. Als das, was die Rechten wol-

len, zählt Rapp auf: die Westbin-dung kappen, die neoliberaleWirtschaftsordnung bekämpfen(Waren beides nicht mal „linke“Ziele? Was soll’s!), das „linkslibe-rale Gesellschaftsexperiment“ be-kämpfen und nicht mehr jedenZweiten auf die Uni gehen lassen.Dies zusammen sei die „Ankündi-gung eines Kulturkampfs“!Klingt alles reichlich akade-

misch, nicht wahr? Richtig, undgenau da steckt auch der Wurmim Gemüse. Mit keiner Silbe er-wähnt Rapp solche Sachen wiedie Ausbreitung des radikalen Is-lam, den Abbau von Demokratieund Bürgermacht durch den EU-Zentralismus oder die Entfrem-dung von der eigenen Lebenswelt

durch sprunghafte Massenein-wanderung. Mit anderen Worten:Der Mann hat nicht ansatzweisebegriffen, was die Leute in unse-ren Tagen wirklich über Grün-links erschaudern lässt. Mag jasein, dass auch rechte Intellek-tuelle gern über Neoliberalismus,Gesellschaftsexperimente oderBildungspolitik reden. Aber dassihnen plötzlich so viele Leute zu-hören, hat andere Gründe: Radi-kaler Islam und islamischer Ter-ror, Massenzuwanderung, Staats-versagen an den Außengrenzenoder in den „No-Go-Areas“ derGroßstädte und ähnliches mehr.Die linke Debatte über die auf-

strebende Rechte erinnert an denv e r g a n g e n e nBundestagswahl-kampf. Da wolltedie CDU unbe-dingt über denländlichen Raumund die SPDüber Gerechtig-keit diskutieren,weil sie hofften,durch das Ge-sabbel würden die Wähler dieAsylkrise vergessen. Haben sieaber nicht, Pech gehabt.Statt sich auf das entscheidende

Problem zu stürzen, verlaufensich die Linken in Ersatzproble-men. Merken die das nicht? Sinddie zu doof dazu? Keineswegs, es ist viel schlim-

mer: Über das Islam- und das Zu-wanderungs-Ding können heutigeMode-Linke gar nicht ernsthaftund ehrlich diskutieren, ohnesich selbst zu entlarven.Ein Islam, der sich immer mehr

radikalisiert, widerspricht der li-beralen Gesellschaft zehnmalschärfer als es selbst dem knallig-sten deutschen Rechten jemalseinfiele, weil für den Letzterenbeispielsweise die Gleichberech-tigung der Frau eine Selbstver-ständlichkeit geworden ist. Des-halb sind ihm mittelalterlicheKleidervorschriften, Trennung derGeschlechter in Gebetshäusernoder in Schwimmhallen oderVielweiberei unerträglich. DemLinken auch?Und sprudelt die Einwande-

rung munter weiter, dann ist ab-sehbar, wann der Sozialstaat un-ter der rapide wachsenden Zu-satzlast kollabiert. Das weiß jeder,der auch nur ein bisschen rech-

nen kann. Da nimmt es kaumWunder, dass sich die Linken insdichte Gewölk aus politisch kor-rekten Phrasen und manipulier-ten „Studien“ flüchten, sobalddiese Zusammenhänge an dieOberfläche drängen. Das Dilem-ma besteht darin, dass die Wirk-lichkeit nicht einfach verschwin-det, wenn man sie von der Tages-ordnung streicht.Hier wird verständlich, woher

diese schreckliche Nervosität derLinken rührt. Sie wissen, dass sieverloren haben, weil ihnen dieAntworten ausgegangen sind. Espasst alles nicht mehr zusammen.Was macht man da?Man schreit, man prügelt, man

speit Verwün-schungen aus.Vor allem machtman sich lächer-lich: So ging dieLe i tung derF r a n k f u r t e rBuchmesse mitd e r g a n z e nMacht des Esta-blishments auf

drei kleine rechte Verlage los undstellte diesen Feldzug unter dieParole „Freiheit und Vielfalt“. Dieungewollte Satire in diesem ab-surden Widerspruch aber be-merkte sie nicht.Wie wird das weitergehen?

Werfen wir voller Kühnheit einenBlick in die Zukunft. Wie siehtdas politische Spektrum inDeutschland in, sagen wir mal,zehn Jahren wohl aus? Nun ja, eu-ropaweit schrumpft die Linke inatemberaubendem Tempo, man-cherorts ist die Sozialdemokratienahezu verdampft. Das gibt Hin-weise darauf, wie es bei uns in ei-nem Jahrzehnt zugehen dürfte.Vermutlich gibt es dann nur

noch drei Lager: Eine von denDeutschen nebst assimiliertenEinwanderern dominierte Rechteund eine reaktionär-religiöseMoslempartei und daneben dieRestposten jener Bewegung, dieals Grünlinke heute noch fast allewichtigen Stellen in Staat und Ge-sellschaft besetzt. Diese Restpo-sten werden weiter alle Rechtenals Nazis beschimpfen und dafürstreiten, den Religiös-Reaktionä-ren mehr Raum und Macht zu ge-ben im Namen der „Vielfalt“.Natürlich werden die Restlin-

ken weiter ihre „Werte“ hochhal-

ten, weshalb sich ihre Frauen ausSolidarität mit den Musliminnenund ihre Männer aus Solidaritätmit ihren Frauen verschleiern.Wofür die Männer auf dem Bahn-steig verprügelt werden. Sie ver-raten aber nicht, von wem, weilsie den Rechten keine Argumentezuspielen wollen.Wird so etwa die Zukunft aus-

sehen? Ach nein, das erscheintdenn doch zu düster, soweit wirdes nicht kommen. Denn zumGlück läuft die Geschichte ja nie-mals geradeaus in der Richtung,die sie gerade eingeschlagen hat.Sie schlägt vielmehr überra-

schende Haken. In manchen eu-ropäischen Ländern hat sich dieLinke gerettet und erneuert, in-dem sie Volk und Nation für sichwiederentdeckt hat. Bei Lichtebetrachtet nichts Ungewöhnli-ches, schließlich waren das ja malurlinke Anliegen.Aber wollen wir uns das auch

für Deutschland wünschen? Zubefürchten steht, dass die deut-schen Linken ihren eingebrann-ten Deutschenhass in so eineNeuausrichtung einfach mitneh-men und in ebensolchen Auslän-derhass drehen. Auf „Spiegel-on-line“ hat eine linke Autorin ihrenganzen Ekel unter der Überschrift„Deutsche, schafft Euch ab“ erstvergangenen Sonntag hervorge-kotzt: „Engherzig, trotzig, bitter,kleinlich, ignorant, geschichtsver-drossen und besserwisserisch“,das sei die „deutsche Dreckskul-tur“, kübelt die 1991 in Kiel gebo-rene Hengameh Yaghoobifarahuns ins Netz. Sie hofft, dass die„Kartoffeln“ ihre Abschaffungselbst in die Hand nehmen undsich dabei bitte beeilen.So also klingt linke Völkertole-

ranz, wenn man sie ungefilterthört. Nun stellen wir uns mal vor,das hätte ein Deutscher überirgendein anderes Volk ausgegos-sen, widerliche Aussicht, ganzund gar zum Schämen − und zumFürchten.Wer linke Parolen wie

„Deutschland halt’s Maul“,„Deutschland ist Sch...“ odergleich „Deutschland verrecke“ insDeutschnationale umkehrt, derversteht erst, warum sich JosephGoebbels sein Leben lang als Lin-ken gesehen hat. Der Verbrecherwar ganz und gar mit sich im Rei-nen. Heute ahnen wir, warum.

Man schreit, manprügelt, man speit

Verwünschungen aus.Vor allem macht man

sich lächerlich

ZUR PERSON

Anführer derUnzufriedenen

Die Schlinge um Europas Volks-parteien zieht sich immer enger

zu. Nachdem bei den Bundestags-wahlen die AfD in die Phalanx derEtablierten einbrach und in Öster-reich mit Sebastian Kurz bald je-mand regieren könnte, der die EU-Asylpolitik radikal ändern will, sieg-te nun auch in Tschechien ein Auf-stand der Unzufriedenen. Mit seiner „Aktion unzufriede-

ner Bürger“ (ANO) gewann derMilliardär Andrej Babiš die Parla-mentswahlen in Tschechien haus-hoch. Sollte es ihm gelingen, eineregierungsfähige Mehrheit zu bil-den, dürfte mit ihm als Minister-präsidenten die kritische Einstel-lung der Visegrád-Staaten gegen -über Brüssel gestärkt werden, zu-mal er dann noch den ÖsterreicherKurz mit ins Boot holen könnte.Der Donald Trump Tschechiens,

wie man den zweitreichsten Manndes Landes nennt, bringt einigeskandalträchtige Altlasten mit insneue Amt. Wegen des Vorwurfs derSteuerhinterziehung warf ihn dersozialdemokratische Ministerpräsi-dent Bohuslav Sobotka, der bei derParlamentswahl selbst nicht mehr

kandidierte, imMai als Finanz-minister ausdem Kabinett.Außerdem sollBabiš wegen ei-nes „Storchen-nest“ genannten

Ferienressorts Subventionsbetrug inHöhe von 1,8 Millionen Euro be-gangen haben. Dass er als früheresMitglied der kommunistischen Par-tei unter dem Decknamen „Bureš“Spitzeldienste begangen haben soll,prallte ebenso an ihm ab.Der 63-Jährige ist durch seine

unternehmerische Tätigkeit so gutvernetzt, dass er viele einflussrei-che Unterstützer auf seiner Seiteweiß. In den 1990er Jahren schuf erauch mit Hilfe von Millionen vonEU-Fördergeldern aus der kleinenChemiefiliale Agrofert den größtenprivaten Arbeitgeber des Landes,der auch nach Deutschland expan-dierte. Mit seiner politisch in derpragmatischen Mitte angesiedeltenANO, die für eine liberale Wirt-schafts- und rigide Asylpolitik ein-tritt, könnte Babiš in ganz EuropaSchule machen. H. Tews

Der französische Star-AutorMichel Houellebecq erteilt im„Spiegel“ (21. Oktober) der Ideeeiner völligen Vereinigung derEU-Staaten eine klare Absage:

„Ich habe nicht daran ge-glaubt, dass der nationale Sou-veränitätswille vergehen würde.Die Vereinigten Staaten von Eu-ropa wird es nie geben, da ver-folgte man lange eine Schimäre.Um es unverblümt zu sagen: DieUnabhängigkeitsbestrebungensetzen sich auf mittlere und län-gere Sicht immer durch.“

Alexander Görlach, Theologean der renommierten Harvard-Universität in den USA, warntim „Focus“ (21. Oktober) vorder Einführung eines islami-schen Feiertags in Deutschland:

„Die Mehrheit in Deutschlandhat ihrerseits ein Recht darauf,dass ihre Kultur erkennbarbleibt. Sie lehnt einen islami-schen Feiertag mit großer Mehr-heit ab, zu 76 Prozent laut Um-frage. Ein islamischer Feiertagwürde den Graben zwischenMuslimen und der Mehrheits-gesellschaft wohl tiefer machen,statt ihn einzuebnen.“

Roger Köppel erklärt in derZüricher „Weltwoche“ (22. Ok -tober), warum die politischeLinke zunehmend hysterischauftritt:

„Die Linken sind mit ihremLatein am Ende ... Es gab denBrexit. Trump wurde gewählt.Die meisten linken Parteienstecken in der größten Krise seitdem 20. Jahrhundert. In Scha-ren wenden sich die Leute ab.Man glaubt nicht mehr an offe-ne Grenzen, segensreiche Völ-kerwanderungen, weise Eliten,internationale Konferenzen,künstliche Währungen undständig mehr Steuern und Staat... Die Leute wollen zurück zudem, was funktioniert, zurückzum Überschaubaren, zum Ver-trauten, am Ende: zurück zumMenschen, wie er wirklich istund nicht so, wie ihn linkeÜberflieger-Ideologen habenwollen.“

Wie einer tickt, dessen „La-tein“ erschöpft ist, davon gibtdie linke Autorin Sibylle Bergauf „Spiegel online“ (21. Ok -tober) eine Kostprobe:

„Vielleicht ist der SchwarzeBlock, die jungen Menschen derAntifa, die Faschisten mit demeinzigen Argument begegnen,das Rechte verstehen, die einzi-ge Bewegung neben einem digi-tal organisierten Widerstand,die eine Wirkung hat. Es wirdnichts mehr von alleine gut. DieRegierung wird uns nicht retten.Allein eine Neudefinition desBegriffs linker Aktivismus kannden Schwachsinn des Hassesund der Menschenverachtungstoppen ... Die Zeit des Redensist vorbei.“

Der Ex-Bahn-Chef und späte-re Chef der nunmehr unterge-henden Air Berlin, HartmutMehdorn, kritisiert im „Tages-spiegel“ (22. Oktober) die Poli-tik des Bundes (Luftverkehrs-steuer), vor allem aber den Ber-liner Senat, der die großen In-frastrukturprobleme ausblende:

„Berlin wird wie ein Dorf be-handelt. Schuld ist auch dieschwache und taube Verkehrs-politik des Senats: Die drehtsich nur um Radfahrer und Be-schränkung des individuellenAutoverkehrs, aber nicht darum,wie man Berlin per Fernbahn,Fernstraßen, Flughafen undWasserstraßen adäquat anbin-det. Das ist wirklich schade.“

Frankfurt am Main – Die Target2-Salden der Bundesbank habenmit 879 Milliarden Euro im Sep-tember einen Rekordstand er-reicht. Es handelt sich dabei umAußenstände anderer Notenban-ken bei den Deutschen. Ex-Ifo-Chef Hans-Werner Sinn glaubtnicht, dass die Schulden je zu -rückgezahlt werden. Daher stehehinter der Summe ein gewaltigesRisiko für Deutschland. H.H.

Wien – Der bekannte österreichi-sche Liedermacher Peter Corne-lius wirft Angela Merkel vor, dieDeutschen „praktisch ins Komaregiert“ zu haben, aus dem es ein„schlimmes Erwachen“ gebenwerde. Der 66-Jährige beobachtetin Europa eine Rückbesinnungauf die eigene Kultur als „unbe-wusste Reaktion auf die Gleich-macherei der Berufsverbrecher-bande in Brüssel“, die ein „zu-sammengemanschtes Insgesamt-Europa“ fabriziere. H.H.

Von Merkel »ins Koma regiert«

Großes Risiko fürDeutschland

PANORAMA