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Jeder Moment ist Medizin Gesundheit im Vogtland Die exklusive Medizinserie des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen Ausgabe 13 – Unsere Psyche www.helios-kliniken.de/plauen Die nächste Ausgabe unserer Medizinserie erscheint am Samstag, 9. Januar 2016. 2. Jahrgang | November 2015 Die 85. Plauener Mittwochsvorlesung findet am Mittwoch, 25. November 2015, um 17 Uhr im Konferenzzentrum des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen statt. Der Chefarzt der Klinik für Innere Medi- zin I, Dr. med. Alexander Horn, spricht zum Thema: „Es brennt! – Volkskrank- heit Sodbrennen“. Die nächste Mittwochsvorlesung Wenn eine geplagte Kinderseele Schmerzen auslöst Nächtliches Einnässen, morgendliche Bauch- oder Kopfschmerzen – was steckt dahinter? Etwa jedes zehnte Kind hat Beschwerden, bei denen keine hinreichende organische Ursache zu finden ist. „Solche somatoformen oder psychosomatischen Erkrankungen sind oft nicht leicht zu diagnostizieren und die Behandlung erfordert viel Geduld und Ein- fühlungsvermögen“, sagt Dr. Simone Pötzsch, Chefärztin der Kinderklinik. Psychische Störungen machen sich bei Kindern häufig mit körperlichen Symptomen bemerkbar. Hinter immer wiederkehrenden Bauch- schmerzen können sich beispielsweise Äng- ste, Depressionen oder verschiedenste Arten von Überforderung verbergen, sagt Andreas Fährmann. Fünf bis zehn Prozent der Kin- der und Jugendlichen leiden an Angststö- rungen. „Psychosomatische Störungen bei unter 18-Jährigen nehmen generell zu“, so der Diplom-Psychologe. Diesen Trend kann auch Cathrin Preuß, Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie /-psychotherapie der MVZ-Praxis am Plauener Klinikum, bestä- tigen. Im Teenageralter treten Essstörungen noch besonders häufig auf. Magersucht oder Bulimie können sogar lebensbedroh- liche Konsequenzen haben und müssen deshalb früh erkannt und behandelt wer- den. Die Ursachen psychosomatischer Er- krankungen sind vielfältig. „Kinder reagie- ren auf schwierige Familienverhältnisse, auf den wachsenden Leistungsdruck an Schu- len und auf den Stress in der Gesellschaft“, sagt Andreas Fährmann. Häufig auch Aus- löser für psychosomatische Beschwerden im Kindes- und Jugendalter: Trennung der Eltern, Gewalt, sexueller Missbrauch, schwere körperliche Erkrankungen eines Elternteils, chronisch kranke Geschwister sowie Über- lastung allein erziehender Eltern. Was für ein einzelnes Kind psychisch belastend und Kinder drücken psychische Not oft mit Schmerzen aus: Ständige Erkältungen, Schlafstörungen, Bauchweh oder Kopfschmerzen können Warnhinweise sein, dass die Seele krank ist. Körper und Psyche beeinflussen sich gegenseitig. Wenn die Seele leidet, leidet auch der Körper. Psychische Probleme äußern sich deshalb oft in körperlichen Beschwerden. Die Folge: psychosomatische Erkrankungen. chosomatisch Erkrankter kann die erlebten Gefühle nicht hinreichend wahrnehmen und beschreiben“, erklärt Dr. Pedrosa Gil, Experte auf dem Gebiet der Psychosomati- schen Medizin. „Der Patient findet keinen Zugang zu seinen Emotionen und schildert vorrangig körperliche Symptome. Außer- dem nimmt er körpereigene Vorgänge und Reize weitaus intensiver wahr, als das bei einem gesunden Menschen der Fall ist“, so Pedrosa Gil. Der Arzt oder auch ein Ver- trauter des Patienten können also nur helfen, wenn sie dem Betroffenen aktiv zuhören. „Sie müssen auf kleine sprachliche Details achten, umso eine Bedeutung herausfinden zu können, was hinter der körperlichen Er- krankung stecken kann.“ Was dahinter steckt Etwa 25 Prozent der Erwachsenen leiden mindestens einmal im Leben an psychi- schen Beschwerden, die sich in einer kör- perlichen Erkrankung ausdrücken. Die am häufigsten auftretenden Krankheiten sind die nervösen Störungen: Nervöse Herz- oder Magenbeschwerden, Schlafstörun- gen, Schmerzsyndrome und allgemeines körperliches Unwohlsein, Müdigkeit sowie Zerschlagenheit. „Eine Hauptursache für seelische Belastungen sind Konflikte“, so der Chefarzt. Sie können die körperlichen Funktionen sowie das Wohlbefinden be- einträchtigen und die Entstehung von Ent- zündungen oder auch andere krankhafte Prozesse begünstigen. Ein Krankheitsfak- tor, der am häufigsten auftritt, ist Stress. Er wird vor allem ausgelöst durch beruf- liche Belastung, familiäre Sorgen, aber auch soziale Unsicherheit. Diagnose und Therapie Um psychosomatisch erkrankten Menschen helfen zu können, wird zuerst die Vorge- schichte sowie die Beschwerdesymptomatik des Patienten ausführlich erarbeitet. „Für den Patienten ist es wichtig, als Gesamtper- sönlichkeit wahrgenommen zu werden. Er braucht Beachtung und keinesfalls das Ge- fühl, nur als „Fall“ behandelt zu werden“, betont Pedrosa Gil. Bei den Untersuchungen wird entsprechend das Hauptaugenmerk auf die Gespräche gelegt. Des Weiteren sollte eine exakte organische Funktionsdiagnos- tik erstellt und der Patient sollte tiefgreifend psychologisch untersucht werden. Nach diesen Untersuchungen wägt der Arzt zu- sammen mit dem Patienten die möglichen Therapieverfahren von therapeutischen Ge- sprächen, über Verhaltenstherapie bis hin zu Psychotherapie ab. Körper und Seele in Einklang Kopf-, Brust-, Bauch- und Rückenschmer- zen sind neben Müdigkeit, Schwindel, Atem- not und Schlafstörungen die häufigsten Be- schwerden, weswegen ein Patient zum Arzt geht – und die häufigsten, bei denen nicht immer eine organische Ursache gefunden wird. Daher ist es bei der Behandlung dieser Probleme besonders wichtig, psychische und körperliche Aspekte gleichermaßen zu be- rücksichtigen. Denn Körper und Seele sind eine Einheit. „Wenn es der Seele gutgeht, ist der Körper gesünder. Wenn es der Seele schlecht geht, dann geht es auch dem Kör- per schlecht“, sagt Priv.-Doz. Dr. med. Fran- cisco Pedrosa Gil, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psycho- somatik am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen. Von Herzrasen bis zum Kloß im Hals Ein mulmiges Bauchgefühl, Herzklopfen, schweißnasse Hände oder der berühmte Kloß im Hals sind Phänomene, die wohl je- der in psychisch anstrengenden Situationen schon an sich beobachten konnte. Sie zeigen, wie sich seelische Vorgänge auf den Körper auswirken können. Diesen Zusammenhang beschreibt der Begriff Psychosomatik, ab- geleitet vom Griechischen: Psyche steht für Seele und Soma bedeutet Körper. „Ein psy- Foto: HELIOS Kliniken Wer kennt das nicht: Man hat Stress und prompt drückt ein Herpesbläschen an der Lippe heraus. Eine Vielzahl von Hauterkran- kungen hat seelische Ursachen. So können auch Neurodermitis oder Schuppenflechte psychisch bedingt auftreten. „Gerade die Haut reagiert häufig als Überdruckventil der Seele“, sagt Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick, Hautklinik-Chefarzt. Das Wech- selspiel von Körper und Seele zeigt sich auf unserer Haut besonders deutlich. „Emo- Unsere Haut – Spiegelbild der Seele? tionale und psychische Konflikte, die wir nicht verarbeiten, können die Haut krank machen“, so Kowalzick. Ein Beispiel: Ein 38-jähriger Geschäftsmann entwickelte eine Schuppenflechte, als er die Verantwortung in der elterlichen Firma übernahm und gleichzeitig Vater wurde. Später verschlim- merte sich die Krankheit jedes Mal, wenn er unter Stress und Versagensängsten litt. „Untersuchungen zeigen, dass der Anteil der psychischen Gründe bei Hautkrankhei- ten zwischen 30 und 60 Prozent schwankt“, sagt der Chefarzt. Doch nicht alle Hautpro- bleme haben seelische Ursachen. „Viele in- ternistische Erkrankungen wie Leberent- zündungen, Herzschwäche oder Diabetes mellitus gehen mit Veränderungen der Haut, Schleimhäute, Haare oder Nägel einher“, so Prof. Kowalzick. Werden diese Hautverän- derungen früh und richtig erkannt, können Grunderkrankungen schneller diagnostiziert und behandelt werden. Schwer zu verdauen Er ist nicht gefährlich, aber ausgesprochen lästig und tritt bei fast einem Fünftel der deutschen Bevölkerung auf: der Reizdarm. Verstopfungen, Blähungen, Durchfall, Bauch- schmerzen machen früher oder später jedem einmal zu schaffen. Doch wenn die Beschwer- den über mehrere Monate anhalten, ist dies ein Zeichen dafür, dass die Funktion des Ver- dauungstrakts gestört ist. „Frauen sind vom Problem Reizdarm häufiger betroffen als Männer“, so Dr. Alexander Horn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I. Die genaue Ursache für das Reizdarm-Syndrom ist bis heute nicht bekannt. Sicher ist aber, dass die Entwicklung dieses Syndroms durch be- stimmte Umstände gefördert wird, beispiels- weise durch Stress, psychische Konflikte, falsche Ernährung, Medikamente, Störungen der Immunabwehr. Möglich ist auch, dass eine andere Erkrankung vorausgegangen ist: eine Allergie oder eine bakterielle Darmin- fektion. „Mit einer Therapie sollen die Be- schwerden in erster Linie gelindert werden“, so der Internist. Die Ärzte verordnen Medi- kamente, stellen mit dem Patient falsche Er- nährungsgewohnheiten um. Auch Entspan- nungstechniken und mehr Bewegung können helfen. „Bei vielen Patienten ist es zudem wichtig, sie von der ständigen Beobachtung der Symptome abzubringen“, so Horn. eventuell so überfordernd ist, dass es zur psychosomatischen Symptombildung kommt, ist zu einem großen Teil vom Alter und Ent- wicklungsstadium abhängig. „Während die Trennung von der Hauptbezugsperson für ein Kleinkind belastend ist, kann sie von einem Jugendlichen meist ohne weiteres ver- kraftet werden“, so Fährmann. Foto: HELIOS Kliniken Spezialsprechstunden Psychiatrische Institutsambulanz Anmeldung unter (03741) 49-33 74 Praxis für Physikalische und Rehabilitative Medizin Anmeldung unter (03741) 384 12 41 Praxis für Innere Medizin – Gastroenterologie Anmeldung unter (03741) 49-37 01 Praxis für Kinder- und Jugend- psychiatrie/-psychotherapie Anmeldung unter (03741) 49-48 37 Kinderambulanz Anmeldung unter (03741) 49-132 37 Schmerz lass' nach! Schmerzen sind nichts Schlechtes: Sie war- nen bei Verletzungen und alarmieren uns bei Krankheiten. Doch Schmerzen können sich, ohne dass die Ursache erkennbar ist, verselbständigen. „Existiert ein Schmerz mehr als sechs Monate, gilt er als Dauer- schmerz“, erklärt Dr. Michael Borchers, Lei- ter des Inter- disziplinären Schmerzzent- rums und Geri- atrie-Chefarzt. Solche Schmerzen können den ganzen Kör- per betreffen, besonders häufig sind Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen. Bei Schmer- zen, die keine erkennbare organische Ur- sache haben, sondern durch eine seelische Belastung ausgelöst werden, kommt es oft zu einem Teufelskreis: Der Schmerz selbst kann psychische Probleme nach sich ziehen. „Schmerzen psychosomatischer Ursache können in sehr vielen Formen auftreten, ent- sprechend unterschiedlich sind auch die Behandlungsansätze“, so Borchers. In jedem Fall erkundet der Arzt, wann die Schmerzen besonders stark auftreten. Er arbeitet mit dem Patienten mitunter auch Konflikte aus dessen Vergangenheit und aktueller Lebens- situation heraus. Die Patienten werden außerdem geschult, den Zusammenhang zwischen ihrem Schmerz, der Psyche und ihren Lebensumständen zu verstehen, sich selbst besser zu beobachten und mit dem Schmerz zunächst besser umgehen zu kön- nen. „Stressbewältigung und die Aktivie- rung von Patienten, die sich stark zurück- gezogen haben, sind zwei weitere therapeu- tische Ansätze.“ Schmerztelefon (03741) 49-145 00 Viele Hauterkrankungen haben psychische Gründe. Foto: HELIOS Kliniken Neuser. Häufige Ursachen für Herz-Angst- Neurosen sind Stress, heftige Emotionen wie Wut oder Angst und nicht verarbeitete Konflikte. Auch wenn der Arzt seinem Pa- tienten versichern kann, dass keine organische Krankheit vor- liegt, hören bei Herzphobikern die Symptome nicht einfach auf. Hier setzt die psychoso- matische Behandlung ein. „Der Patient lernt, sein Herz ohne Angstattacken zu beobachten“, erklärt Dr. Francisco Pedrosa Gil, Chefarzt der Psychosoma- tischen Klinik. Wichtig ist es auch, einer Art Schonhaltung gegenzusteuern. „Viele Patienten mit Herz- angst neigen dazu, sich weniger zu bewe- gen, doch dies mündet in einen Teufelskreis“, warnt Dr. Neuser. Daher heißt es Sport frei: Bewegung und Konditionstraining stärken das Herz. Wie sehr das Herz auf Gefühle reagiert, hat jeder schon einmal an sich selbst beobachtet. „Die Erfahrung, dass das Herz schneller schlägt, wenn es bei körperlicher Anstren- gung mithalten muss, wenn es auf große Angst oder auf freu- dige Erregung reagiert, ist so- weit ganz normal“, sagt Dr. Hans Neuser, Kardiologie-Chefarzt in Plauen. Doch fängt das Herz an zu stolpern, zu rasen, auszu- setzen oder ungleichmäßig zu schlagen, ist der Arzt gefragt. Bei etwa 20 Prozent der Patien- ten können organische Ursa- chen ausgeschlossen werden, es dominiert die Angst, eine Herzkrankheit zu haben oder einen Herzinfarkt zu erleiden. „Dennoch dürfen Beschwerden nicht ein- fach als seelisches Problem abgetan werden und die notwendige Diagnostik sowie die oft heilsame Therapie unterbleibt“, so Dr. Das Herz schlägt mir bis zum Hals Foto: HELIOS Kliniken Unser Experte dieser Ausgabe Priv.-Doz. Dr. med. Francisco Pedrosa Gil Telefon (03741) 49-33 04 [email protected] Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Wohltuende Gewürze Wenn die Tage kürzer werden und die Tem- peraturen sinken, verdunkelt sich oft auch die Stimmung. Die Füße frieren, die Nase läuft. Typische Weihnachtsgewürze wie Anis, Nelke und Vanille helfen dann weiter: Ihre wohltuende Wirkung kommt uns in den düsteren Herbst- und Wintermonaten auf vielfältige Weise zugute. „Ingwertee wirkt entspannend und stärkt das Immunsystem“, sagt Ivonne Matz, Diabetesberaterin am Plauener Klinikum. Muskat vertreibt Trau- rigkeit, Trägheit und macht den Kopf frei. Und Vanille riecht nicht nur gut, sondern hellt auch die Stimmung auf: Das Aroma be- einflusst die Serotonin-Ausschüttung. Die- ser Botenstoff fördert die gute Laune. Typische psychosomatische Krankheiten Magen-Darm-Störungen (Darmentzün- dungen, Blähungen, Verstopfung, Ma- gengeschwüre, Erbrechen, Durchfall) Hautveränderungen (Warzen, Rosazea, Herpes, Schuppenflechte, Ekzeme) Gelenk- und Muskelschmerzen Gefäßerkrankungen (Bluthochdruck) Stoffwechselstörungen Schlafstörungen Essstörungen (Bulimie, Magersucht, Ess-Sucht, Übergewicht) Asthma Migräne Tinnitus Wohltuend und wirkungsvoll: Gewürztees hellen die Stimmung auf. Foto: HELIOS Kliniken

2. Jahrgang | November 2015 Gesundheit im Vogtland · somatik am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen. Von Herzrasen bis zum Kloß im Hals Ein mulmiges Bauchgefühl, Herzklopfen, schweißnasse

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Page 1: 2. Jahrgang | November 2015 Gesundheit im Vogtland · somatik am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen. Von Herzrasen bis zum Kloß im Hals Ein mulmiges Bauchgefühl, Herzklopfen, schweißnasse

Jeder Moment ist Medizin

Gesundheit im VogtlandDie exklusive Medizinserie des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen

Ausgabe 13 – Unsere Psyche

www.helios-kliniken.de/plauenDie nächste Ausgabe unserer Medizinserie erscheint am Samstag, 9. Januar 2016.

2. Jahrgang | November 2015

Die 85. Plauener Mittwochsvorlesung

fi ndet am Mittwoch, 25. November 2015, um 17 Uhr im Konferenzzentrum des

HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen statt.

Der Chefarzt der Klinik für Innere Medi-

zin I, Dr. med. Alexander Horn, spricht

zum Thema: „Es brennt! – Volkskrank-

heit Sodbrennen“.

Die nächste Mittwochsvorlesung

Wenn eine geplagte Kinderseele Schmerzen auslöst

Nächtliches Einnässen, morgendliche Bauch- oder Kopfschmerzen – was steckt dahinter?Etwa jedes zehnte Kind hat Beschwerden, bei denen keine hinreichende organische Ursache zu fi nden ist. „Solche somatoformenoder psychosomatischen Erkrankungen sindoft nicht leicht zu diagnostizieren und die Behandlung erfordert viel Geduld und Ein-fühlungsvermögen“, sagt Dr. Simone Pötzsch,Chefärztin der Kinderklinik. Psychische Störungen machen sich bei Kindern häufi g mit körperlichen Symptomen bemerkbar. Hinter immer wiederkehrenden Bauch-schmerzen können sich beispielsweise Äng-

ste, Depressionen oder verschiedenste Artenvon Überforderung verbergen, sagt AndreasFährmann. Fünf bis zehn Prozent der Kin-der und Jugendlichen leiden an Angststö-rungen. „Psychosomatische Störungen beiunter 18-Jährigen nehmen generell zu“, so der Diplom-Psychologe. Diesen Trend kannauch Cathrin Preuß, Ärztin für Kinder- undJugendpsychiatrie /-psychotherapie der MVZ-Praxis am Plauener Klinikum, bestä-tigen. Im Teenageralter treten Essstörungennoch besonders häufi g auf. Magersucht oder Bulimie können sogar lebensbedroh-liche Konsequenzen haben und müssen

deshalb früh erkannt und behandelt wer-den. Die Ursachen psychosomatischer Er-krankungen sind vielfältig. „Kinder reagie-ren auf schwierige Familienverhältnisse, aufden wachsenden Leistungsdruck an Schu-len und auf den Stress in der Gesellschaft“, sagt Andreas Fährmann. Häufi g auch Aus-löser für psychosomatische Beschwerden im Kindes- und Jugendalter: Trennung derEltern, Gewalt, sexueller Missbrauch, schwerekörperliche Erkrankungen eines Elternteils,chronisch kranke Geschwister sowie Über-lastung allein erziehender Eltern. Was für ein einzelnes Kind psychisch belastend und

Kinder drücken psychische Not oft mit Schmerzen aus: Ständige Erkältungen, Schlafstörungen, Bauchweh oder Kopfschmerzen können Warnhinweise sein, dass die Seele krank ist.

Körper und Psyche beeinfl ussen sich gegenseitig. Wenn die Seele leidet, leidet auch der Körper. Psychische Probleme äußern sich deshalb oft in körperlichen Beschwerden. Die Folge: psychosomatische Erkrankungen.

chosomatisch Erkrankter kann die erlebten Gefühle nicht hinreichend wahrnehmen und beschreiben“, erklärt Dr. Pedrosa Gil, Experte auf dem Gebiet der Psychosomati-schen Medizin. „Der Patient fi ndet keinen Zugang zu seinen Emotionen und schildert vorrangig körperliche Symptome. Außer-dem nimmt er körpereigene Vorgänge und Reize weitaus intensiver wahr, als das bei einem gesunden Menschen der Fall ist“, so Pedrosa Gil. Der Arzt oder auch ein Ver-trauter des Patienten können also nur helfen,wenn sie dem Betroffenen aktiv zuhören. „Sie müssen auf kleine sprachliche Details achten, umso eine Bedeutung herausfi nden zu können, was hinter der körperlichen Er-krankung stecken kann.“

Was dahinter stecktEtwa 25 Prozent der Erwachsenen leiden mindestens einmal im Leben an psychi-schen Beschwerden, die sich in einer kör-perlichen Erkrankung ausdrücken. Die am häufi gsten auftretenden Krankheiten sind die nervösen Störungen: Nervöse Herz- oder Magenbeschwerden, Schlafstörun-gen, Schmerzsyndrome und allgemeines körperliches Unwohlsein, Müdigkeit sowie Zerschlagenheit. „Eine Hauptursache für seelische Belastungen sind Konfl ikte“, so

der Chefarzt. Sie können die körperlichen Funktionen sowie das Wohlbefi nden be-einträchtigen und die Entstehung von Ent-zündungen oder auch andere krankhafte Prozesse begünstigen. Ein Krankheitsfak-tor, der am häufi gsten auftritt, ist Stress. Er wird vor allem ausgelöst durch beruf-liche Belastung, familiäre Sorgen, aber auch soziale Unsicherheit.

Diagnose und TherapieUm psychosomatisch erkrankten Menschenhelfen zu können, wird zuerst die Vorge-schichte sowie die Beschwerdesymptomatik des Patienten ausführlich erarbeitet. „Für den Patienten ist es wichtig, als Gesamtper-sönlichkeit wahrgenommen zu werden. Er braucht Beachtung und keinesfalls das Ge-fühl, nur als „Fall“ behandelt zu werden“, betont Pedrosa Gil. Bei den Untersuchungenwird entsprechend das Hauptaugenmerk auf die Gespräche gelegt. Des Weiteren sollteeine exakte organische Funktionsdiagnos-tik erstellt und der Patient sollte tiefgreifendpsychologisch untersucht werden. Nach diesen Untersuchungen wägt der Arzt zu-sammen mit dem Patienten die möglichen Therapieverfahren von therapeutischen Ge-sprächen, über Verhaltenstherapie bis hin zu Psychotherapie ab.

Körper und Seele in Einklang Kopf-, Brust-, Bauch- und Rückenschmer-zen sind neben Müdigkeit, Schwindel, Atem-not und Schlafstörungen die häufi gsten Be-schwerden, weswegen ein Patient zum Arztgeht – und die häufi gsten, bei denen nicht immer eine organische Ursache gefunden wird. Daher ist es bei der Behandlung dieserProbleme besonders wichtig, psychische undkörperliche Aspekte gleichermaßen zu be-rücksichtigen. Denn Körper und Seele sind eine Einheit. „Wenn es der Seele gutgeht,ist der Körper gesünder. Wenn es der Seeleschlecht geht, dann geht es auch dem Kör-per schlecht“, sagt Priv.-Doz. Dr. med. Fran-cisco Pedrosa Gil, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psycho-somatik am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen.

Von Herzrasen bis zum Kloß im HalsEin mulmiges Bauchgefühl, Herzklopfen, schweißnasse Hände oder der berühmte Kloß im Hals sind Phänomene, die wohl je-der in psychisch anstrengenden Situationenschon an sich beobachten konnte. Sie zeigen,wie sich seelische Vorgänge auf den Körperauswirken können. Diesen Zusammenhangbeschreibt der Begriff Psychosomatik, ab-geleitet vom Griechischen: Psyche steht für Seele und Soma bedeutet Körper. „Ein psy-

Foto: HELIOS Kliniken

Wer kennt das nicht: Man hat Stress und prompt drückt ein Herpesbläschen an der Lippe heraus. Eine Vielzahl von Hauterkran-kungen hat seelische Ursachen. So können auch Neurodermitis oder Schuppenfl echte psychisch bedingt auftreten. „Gerade die Haut reagiert häufi g als Überdruckventil der Seele“, sagt Prof. Dr. med. habil. Lutz Kowalzick, Hautklinik-Chefarzt. Das Wech-selspiel von Körper und Seele zeigt sich auf unserer Haut besonders deutlich. „Emo-

Unsere Haut – Spiegelbild der Seele?tionale und psychische Konfl ikte, die wir nicht verarbeiten, können die Haut krank machen“, so Kowalzick. Ein Beispiel: Ein 38-jähriger Geschäftsmann entwickelte eineSchuppenfl echte, als er die Verantwortung in der elterlichen Firma übernahm und gleichzeitig Vater wurde. Später verschlim-merte sich die Krankheit jedes Mal, wenn er unter Stress und Versagensängsten litt.„Untersuchungen zeigen, dass der Anteil der psychischen Gründe bei Hautkrankhei-ten zwischen 30 und 60 Prozent schwankt“, sagt der Chefarzt. Doch nicht alle Hautpro-bleme haben seelische Ursachen. „Viele in-ternistische Erkrankungen wie Leberent-zündungen, Herzschwäche oder Diabetes mellitus gehen mit Veränderungen der Haut,Schleimhäute, Haare oder Nägel einher“, soProf. Kowalzick. Werden diese Hautverän-derungen früh und richtig erkannt, könnenGrunderkrankungen schneller diagnostiziertund behandelt werden.

Schwer zu verdauenEr ist nicht gefährlich, aber ausgesprochen lästig und tritt bei fast einem Fünftel der deutschen Bevölkerung auf: der Reizdarm. Verstopfungen, Blähungen, Durchfall, Bauch-schmerzen machen früher oder später jedemeinmal zu schaffen. Doch wenn die Beschwer-den über mehrere Monate anhalten, ist diesein Zeichen dafür, dass die Funktion des Ver-dauungstrakts gestört ist. „Frauen sind vomProblem Reizdarm häufi ger betroffen als Männer“, so Dr. Alexander Horn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I. Die genaue Ursache für das Reizdarm-Syndrom ist bis heute nicht bekannt. Sicher ist aber, dass dieEntwicklung dieses Syndroms durch be-stimmte Umstände gefördert wird, beispiels-weise durch Stress, psychische Konfl ikte, falsche Ernährung, Medikamente, Störungender Immunabwehr. Möglich ist auch, dass eine andere Erkrankung vorausgegangen ist:eine Allergie oder eine bakterielle Darmin-fektion. „Mit einer Therapie sollen die Be-schwerden in erster Linie gelindert werden“,so der Internist. Die Ärzte verordnen Medi-kamente, stellen mit dem Patient falsche Er-nährungsgewohnheiten um. Auch Entspan-nungstechniken und mehr Bewegung könnenhelfen. „Bei vielen Patienten ist es zudem wichtig, sie von der ständigen Beobachtung der Symptome abzubringen“, so Horn.

eventuell so überfordernd ist, dass es zurpsychosomatischen Symptombildung kommt,ist zu einem großen Teil vom Alter und Ent-wicklungsstadium abhängig. „Während dieTrennung von der Hauptbezugsperson für ein Kleinkind belastend ist, kann sie von einem Jugendlichen meist ohne weiteres ver-kraftet werden“, so Fährmann.

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Spezialsprechstunden

Psychiatrische Institutsambulanz

Anmeldung unter (03741) 49-33 74

Praxis für Physikalische

und Rehabilitative Medizin

Anmeldung unter (03741) 384 12 41

Praxis für Innere Medizin –

Gastroenterologie

Anmeldung unter (03741) 49-37 01

Praxis für Kinder- und Jugend-

psychiatrie /-psychotherapie

Anmeldung unter (03741) 49-48 37

Kinderambulanz

Anmeldung unter (03741) 49-132 37

Schmerz lass' nach!Schmerzen sind nichts Schlechtes: Sie war-nen bei Verletzungen und alarmieren uns bei Krankheiten. Doch Schmerzen können sich, ohne dass die Ursache erkennbar ist, verselbständigen. „Existiert ein Schmerz mehr als sechs Monate, gilt er als Dauer-schmerz“, erklärt Dr. Michael Borchers, Lei-

ter des Inter-disziplinären Schmerzzent-rums und Geri-atrie-Chefarzt.

Solche Schmerzen können den ganzen Kör-per betreffen, besonders häufi g sind Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen. Bei Schmer-zen, die keine erkennbare organische Ur-sache haben, sondern durch eine seelische Belastung ausgelöst werden, kommt es oftzu einem Teufelskreis: Der Schmerz selbst kann psychische Probleme nach sich ziehen.„Schmerzen psychosomatischer Ursache können in sehr vielen Formen auftreten, ent-sprechend unterschiedlich sind auch die Behandlungsansätze“, so Borchers. In jedemFall erkundet der Arzt, wann die Schmerzenbesonders stark auftreten. Er arbeitet mit dem Patienten mitunter auch Konfl ikte aus dessen Vergangenheit und aktueller Lebens-situation heraus. Die Patienten werden außerdem geschult, den Zusammenhang zwischen ihrem Schmerz, der Psyche und ihren Lebensumständen zu verstehen, sichselbst besser zu beobachten und mit dem Schmerz zunächst besser umgehen zu kön-nen. „Stressbewältigung und die Aktivie-rung von Patienten, die sich stark zurück-gezogen haben, sind zwei weitere therapeu-tische Ansätze.“

Schmerztelefon

(03741) 49-145 00

Viele Hauterkrankungen haben psychische Gründe.

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Neuser. Häufi ge Ursachen für Herz-Angst-Neurosen sind Stress, heftige Emotionen wie Wut oder Angst und nicht verarbeitete Konfl ikte. Auch wenn der Arzt seinem Pa-

tienten versichern kann, dass keine organische Krankheit vor-liegt, hören bei Herzphobikerndie Symptome nicht einfach auf. Hier setzt die psychoso-matische Behandlung ein. „DerPatient lernt, sein Herz ohne Angstattacken zu beobachten“,erklärt Dr. Francisco Pedrosa Gil, Chefarzt der Psychosoma-tischen Klinik. Wichtig ist es auch, einer Art Schonhaltung

gegenzusteuern. „Viele Patienten mit Herz-angst neigen dazu, sich weniger zu bewe-gen, doch dies mündet in einen Teufelskreis“,warnt Dr. Neuser. Daher heißt es Sport frei: Bewegung und Konditionstraining stärken das Herz.

Wie sehr das Herz auf Gefühle reagiert, hatjeder schon einmal an sich selbst beobachtet.„Die Erfahrung, dass das Herz schneller schlägt, wenn es bei körperlicher Anstren-gung mithalten muss, wenn esauf große Angst oder auf freu-dige Erregung reagiert, ist so-weit ganz normal“, sagt Dr. HansNeuser, Kardiologie-Chefarzt in Plauen. Doch fängt das Herzan zu stolpern, zu rasen, auszu-setzen oder ungleichmäßig zu schlagen, ist der Arzt gefragt. Bei etwa 20 Prozent der Patien-ten können organische Ursa-chen ausgeschlossen werden,es dominiert die Angst, eine Herzkrankheitzu haben oder einen Herzinfarkt zu erleiden.„Dennoch dürfen Beschwerden nicht ein-fach als seelisches Problem abgetan werdenund die notwendige Diagnostik sowie die oft heilsame Therapie unterbleibt“, so Dr.

Das Herz schlägt mir bis zum Hals

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Unser Experte dieser Ausgabe

Priv.-Doz. Dr. med. Francisco Pedrosa Gil

Telefon (03741) 49-33 [email protected]

Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

Wohltuende GewürzeWenn die Tage kürzer werden und die Tem-peraturen sinken, verdunkelt sich oft auch die Stimmung. Die Füße frieren, die Nase läuft. Typische Weihnachtsgewürze wie Anis, Nelke und Vanille helfen dann weiter: Ihre wohltuende Wirkung kommt uns in dendüsteren Herbst- und Wintermonaten auf vielfältige Weise zugute. „Ingwertee wirkt entspannend und stärkt das Immunsystem“,sagt Ivonne Matz, Diabetesberaterin am Plauener Klinikum. Muskat vertreibt Trau-rigkeit, Trägheit und macht den Kopf frei. Und Vanille riecht nicht nur gut, sondern hellt auch die Stimmung auf: Das Aroma be-einfl usst die Serotonin-Ausschüttung. Die-ser Botenstoff fördert die gute Laune.

Typische psychosomatische Krankheiten

Magen-Darm-Störungen (Darmentzün-

dungen, Blähungen, Verstopfung, Ma-

gengeschwüre, Erbrechen, Durchfall)

Hautveränderungen (Warzen, Rosazea,

Herpes, Schuppenfl echte, Ekzeme)

Gelenk- und Muskelschmerzen

Gefäßerkrankungen (Bluthochdruck)

Stoff wechselstörungen

Schlafstörungen

Essstörungen (Bulimie, Magersucht,

Ess-Sucht, Übergewicht)

Asthma

Migräne

Tinnitus

Wohltuend und

wirkungsvoll:

Gewürztees hellen

die Stimmung auf.

Foto: HELIOS Kliniken